erinnerungsleicht - Pius Strassmann - E-Book

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Pius Strassmann

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Beschreibung

Konkret fassbar sind viele Gedichte von Pius Strassmann nur beschränkt, doch merkt man beim Lesen mit der Zeit, dass der Autor gedanklich um seine unmittelbare Umgebung in Luzern kreist. Immer wieder zieht sich der Autor jedoch in die Stille des Emmentals zurück, in sein Refugium, das zu einer wichtigen Quelle seiner Inspiration geworden ist. Darüber hinaus kann sich Inspiration an vielen Orten einstellen, ausgelöst von Zügen, Schiffen, Hügeln, Seen zum Beispiel – oder von seinem kleinen DAB-Radio, das er fast nie nutzt, das aber wegzugeben er sich nicht entschliessen kann, «da es», wie Pius Strassmann sagt: «gerade stumm am meisten sendet». Impulse kommen allerdings nicht nur von aussen: die Auseinandersetzungen mit der Sprache an sich, mit der Literatur, den inneren Bildern sind ihm ebenso wichtige Quellen. Gedanklich den «flüsternden fährten» des «halbgefühlten, angedachten, ungefähren» zu folgen, dabei der Sprachmelodie zu lauschen, fasziniert beim Lesen seiner Texte, die eine Magie ausstrahlen, auf die man sich gerne einlässt, vor allem dann, wenn man bereit ist, die Überzeugung des Autors zu teilen, dass der «nicht aufzuklärende rest des textes uns berührt, uns keine ruhe lässt, sei dies in der bejahung oder in der opposition, in wohlsein oder unbehagen». In diesem Sinne kommentiert Pius Strassmann das Schreiben: «wir, die wir lyrik schreiben, versuchen doch ständig, […] (aus all den grossen sorgen und nöten dieser welt) etwas zu erarbeiten, das sich durch die wasserläufe der seelischen prozesse wandelt in etwas, das uns wirklich betrifft, das uns auf eine ganz intime art und unspektakulär nahe geht.» Im Januar 2023, Markus Diebold

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Seitenzahl: 19

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pius strassmann

erinnerungsleicht

gedichte

kein ding zeigt

die ungebrochene fülle

von licht

hortensie die blume

an die ich mich ihrer blüte wegen

seit je erinnere

ich ging als kind nicht ins kleinste

war vom grossen und ganzen bereits

dermassen verzaubert

dass ich nur farbige kugeln sah

blau blassrosa weiss

erstaunlich gross und immer noch grösser

die ich ungläubig betrachtete

wie sie vom himmel gefallen

sich ins grüne blätterbett legten

leichte weiche kugeln

gelegentlich entschwebend

aus unsichtbarer hand

Meiner Mutter, meiner Grossmutter

halt deine hand

vor die untergehende sonne

du siehst die silberschleier

allem natürlich angelegt

dem ersten feuer

nach diesem wärmenden sommer

knistern wie katzen auf brotpapier

droht farbloses erlöschen

halt deine hand

ihre innenfläche ihre linien

untröstlich warm

in die untergehende sonne

wo schwarze brüche

fern entgleiten

wirfst du die trauer ein

sie sinkt ins unbenannte

du schreitest

nicht und doch

Blick aus dem Fenster

stillstand im sommer

das blau des himmels

eine statische fläche

aus der dunkelheit erst

anscheinungen sterne

erstehen flüchtige wege

im wachsenden raum

tagsüber vergessen

dass es sie gibt

alles verriegelt

alles verrammelt

türen verschlossen

schlüssel verstaubt

konzertsaal buchhandlung

blumenladen verblühtes

ungelesenes verstummtes

die räume leer

was ging mir auf

welcher gedanke

wen liess ich ein

unvorbereitet menschlich

entdeckte ich sternraum

für mich und für uns

für jene die überlebten

für jene die starben

im restlicht leuchtet

ein weisser stern

wo nichts zu sehn ist

glimmt spät

eine vermutung

in den dampfenden wald schauen

mit der sehschicht herbst

die sich übers aug schiebt

als fallendes laub

den sommergrünen wald sehen

das reh aber das sich löst

aus der bewegungslosigkeit

erst am ende aller betrachtungen

scheit um scheit

in den korb geworfen

hand für hand greift nach wald

bespielt klangstäbe

eines nie gebauten xylofons

klingt vor dem flammenwind

über den scheitern

darin unsre wünsche rauschend

verglühn

vom irgendhaufen

zerrte ich einige äste

stellte sie ein

ab achtzehn

von asche zu glut

reicht ein scheit

für das nächste grad

nach nächten im buch

fünf weisse blüten

mir buntester frühling

erschütterung staunen

vor so viel leben

das blatt vor dem mund fällt

verfärbt sich schöner

auf der glücklichen erde

als ich kompost auf den miststock

hinter dem hof schmiss

schauten im hang stehende kühe

dem fluggemüse nach

gestern die topftanne

im wald ausgesetzt

dann fallholz gesammelt