Eva - Gerhard Vohs - E-Book

Eva E-Book

Gerhard Vohs

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Beschreibung

Seit langem lebt er alleine, hatte bereits das Interesse an einer Partnerschaft verloren und sich mit seinem Junggesellenleben abgefunden. Auf einer Grillparty wird er von einer Frau beobachtet, dessen Blicke er nicht wahr nahm. Wochen später steht er Berufsbedingt vor ihrer Tür und konnte ihren Reizen nicht lange widerstehen. Sie verlieben sich ineinander und eine leidenschaftliche Romanze die von Begierde, Besessenheit und Süchtigkeit dominiert wird, nahm seinen Lauf. Eine Liebe, die körperlich und geistig vom Schicksal zusammengeführt wurde, die die Brücke des Vertrauens auf behutsamer Weise festigte, die Gedanken wortlos bei dem anderen landen lässt, Blicke die Sonne ins Herz zaubert und Umarmungen die besagen, wie sehr man sich mag. Sein Freund hatte sich in die gleiche Frau verliebt, ein früherer Schulkamerad von ihr. Keine leichte Situation, ihm zu offenbaren, dass seine Bemühungen aussichtslos seien, ohne die Männerfreundschaft zu gefährden. Ein gemeinsamer Urlaub soll herausfinden, ob der Partner wirklich zu einem passt, ob die gleichen Gemeinsamkeiten gegeben sind, wie im Alltag. Doch es kam viel schöner.

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Seitenzahl: 216

Veröffentlichungsjahr: 2013

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Gerhard Vohs

Eva

eine kleine Hexe und ein erotischer Engel zugleich

Eine Liebesgeschichte voller Romantik und Enthusiasmus

Foto Umschlagseite: Eden Keller, „Dead Love“, CC-Lizenz (BY 2.0)http://creativecommons.org/licenses/by/2.0/de/deed.de

Umschlaggestaltung, Illustration: Gerhard Vohs

Basis-Lektorat, Korrektorat: Jörg Querner

Verlag: tredition GmbH, Hamburg

ISBN: 978-3-8495-5101-8

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

Inhaltsverzeichnis:

Erstes Kapitel: Eine Frau, um auf die Knie zu fallen und Gott zu danken, ein Mann zu sein

1.1 Eine beschissene Woche

1.2 Ihr Anblick erwärmt sofort mein Herz

1.3 Das Wochenende vergeht wie eine wandelnde Schlaftablette

1.4 Sie geht mir einfach nicht aus dem Kopf

1.5 Mein Herz rast und die Hand, die den Autoschlüssel hält, zittert

1.6 Ich kaufe Blumen und Champagner

Zweites Kapitel: Sie bewirkt einen Zauber in mir, dem ich nicht widerstehen kann

2.1 Als ob sie mir die Hand hinhält und mich in ihrem Leben willkommen heißt

2.2 Die Liebe ist wie ein großes Spiel

2.3 In meinem Kopf beginnt sich die Eifersuchtsspirale zu drehen

2.4 Aus dem Lagerfeuer ist längst ein Flächenbrand entstanden

2.5 Niemals möchte ich wie eine Eisenbahnschiene neben ihr liegen

2.6 Ich bin ein Gefangener ihrer Liebe

Drittes Kapitel: Jeg elsker dig heißt: ich liebe dich

3.1 Der erste gemeinsame Urlaub wird gebucht

3.2 Dänemark, das Land der Wikinger und Moorleichen

3.3 Ein verregneter Tag

Erstes Kapitel: Eine Frau, um auf die Knie zu fallen und Gott zu danken, ein Mann zu sein

1.1 Eine beschissene Woche

E

s war mal wieder eine dieser beschissenen Wochen, in denen sich gar nichts tat, aber auch rein gar nichts.

Am Montag kam ich mir vor, als wenn ich im Kohlenkasten geschlafen hätte und sich tote Ratten in meinen Mund suhlten, nur weil ich am Tage zuvor auf einer Geburtstagsparty war und dort mich an einer falschen Karaffe bediente. Zum Verdünnen mit Cola hat sich dieser braune Zuckerrohrverschnitt vorzüglich geeignet. Doch als ich nach Verköstigung von drei dieser Drinks anfing, die eine Breitarschgazelle mit der Blutgruppe Frittenfett, die ihre Haare zu einem Knoten gebunden hatte, eine Brille trug, die viel zu tief auf der Nase saß, mich mit strengem Blick musterte und eine Vorliebe für graue Kostüme hatte, fast in den Ausschnitt fiel, wurde ich von dem Gastgeber gefragt:

»Sag mal, was ist denn mit dir los. Seit wann flirtest du mit meiner Schwiegermutter? Hast du Notstand oder kannst du den Schnaps nicht mehr ab? Was trinkst du da eigentlich?«

»Watt is? Hick, isch trinke Gola Rum, de häd aber so komisch schmeckt. Mene Sunge fülscht sich an wie son oller Per…‚ Per…‚ Perserteppisch. Watt hasse denn da föan Fusel kauft?«

»Aus welcher Karaffe hast du denn genommen?«

»Na ausch de dicken doar. Die woar am vollschten, hick.«

»Hä, hä, hä, das ist zwar Rum, aber 80prozentiger, das ist Stroh-Rum. In der Karaffe daneben, da ist Captain Morgan drin.«

»Ick happ…‚ haff…‚ jene Ahnung. Wi soll ich chen dat wiisen? Isch glaub, isch musse nach Hause‚ de Busch fährt nich alene. Uffa, is dat ein Windtt heude, ka man kaum mer stehn.«

»Ne, bleib ruhig sitzen, so kommst du mir nicht nach Hause. Ich koch dir erst mal einen starken Kaffee und dann sehen wir weiter.«

»Tanke schönn, du bischst wie ene Mudda schu mir.«

Na ja, ich hatte, nachdem ich die ganze Kanne Kaffee ausgetrunken hatte, mir noch ein paar Cola Rum genehmigt und ließ über Nacht meinen Schädel im Karussell des Todes fahren. Den ganzen Tag hatte ich stechende Schmerzen unter meiner Kopfhaut, eine Art Schädeldeckenkatarr. Ich merkte doch immer wieder, dass ich keine siebzehn mehr war.

Am Dienstag hatte ich mir gerade eine Route zurechtgelegt, um diverse Kunden zu besuchen, als mein Nachbar Fanny hereinkam. Er hatte Zeit im Überschuss, weil er frei hatte und nicht wusste, wie er die Zeit totschlagen sollte. Er erzählte mir von seiner neuesten Weibergeschichte, von einer Frau, die er kennengelernt hatte, sie jeden Tag nach Feierabend in ihre dreißig Kilometer entfernte Wohnung fuhr und sie nun auf einmal nichts mehr von ihm wissen wollte.

Mann, Junge, das nervte, ich kannte all die Geschichten. War genauso mit der Frau, der er ständig den Garten gemacht hatte, und bevor es dazu kam, sie zum Essen einzuladen, da hatte sie sich bereits in einen anderen verknallt und den später geheiratet. Damals war er völlig außer sich, hätte den Typ am liebsten verprügelt.

»Mensch, Fanny, du musst dich nicht immer verstellen. Weißt du, die einen Männer tun das, um besonders klug und kompetent zu wirken, die anderen versuchen Frauen durch unpersönliche Sprüche zu beeindrucken, während du durch deine Hilfsbereitschaft oder durch dein total überzogenes Nettsein Frauen imponieren willst. Da gehst du total falsch vor, blockierst dich innerlich. Frauen mögen es, wenn man ihnen mit Humor und Natürlichkeit begegnet. Und wenn du sie ansprichst, solltest du dich nicht künstlich verhalten.«

»Ja, aber wenn ich sie von vorn gleich anspreche, dann werde ich nervös und krieg meistens kein Wort heraus.«

»Zu deiner Nervosität und Unsicherheit solltest du stehen, da brauchst du keine Angst vor ihrer Reaktion haben, das ist normal. Beim Flirt verlieren derartige Eigenschaften schnell ihre Bedeutung und was dann nur noch zählt, ist allein das Gefühl, was du in ihr auslöst.«

»Das ist leichter gesagt als getan. Ich bin da ein bisschen schüchtern, nicht so wie du. Du hast damit keine Probleme, dich mögen die Mädels.«

»Ja, weil ich mich natürlich gebe und eigentlich im Hinterstübchen gar nicht auf der Suche nach meiner Traumfrau bin. Sollte sie dennoch dabei sein, würde auch ich anfangen nervös und verkrampft zu werden. Nichts ist schlimmer als gleich am Anfang seine ganze Hoffnung auf den Kontakt zu einer bestimmten Frau zu setzen und sich die unbedingte Gegenliebe zu erhoffen, sie zu bewundern, auf Händen zu tragen, ihr nach dem Mund zu reden und alles für sie zu tun.«

»Aber wenn du gleich mit der Tür ins Haus fällst, dann denken die doch, du willst sie nur poppen.«

»Das ist doch Schwachsinn, was du da erzählst. Frauen stehen auf Männer, die sich nicht verstellen, keine Angst vor ihnen haben, den Mut haben, auf sie zuzugehen und den ersten Schritt zu riskieren. Das hat erst mal nichts mit der Popperei zu tun, was später daraus wird, ist eine andere Sache. Du kennst so viele hübsche Frauen, mit denen du dich unterhältst, da bist du ganz natürlich, warum nicht auch bei denen, die dich interessieren?«

»Die kenn ich ja schon seit Jahren, einige noch aus meiner Schulzeit, aber die sind nichts für mich, teilweise haben sie auch einen festen Freund und den kenne ich auch gut.«

»Du siehst ja, was mit Christa gewesen ist, bums, weg war sie und hat geheiratet. Und bei der jetzigen ist es nicht anders. Wenn sie nur deine Gefälligkeiten ausnutzen, dann kannst du sie mit deinem Schatten vergleichen, halten sich dicht hinter dir, solange die Sonne scheint, und verlassen dich sofort, wenn es dunkel wird.«

Das Gespräch war natürlich noch lange nicht zu Ende und in Gedanken konnte ich meine Besuche abhaken. Am liebsten hätte ich ihm ein Schnitzel um den Hals gebunden und ihn auf die Straße gestellt, damit er andere Spielkameraden findet. Nur weil ich Selbstständig war, mein Büro zu Hause hatte, musste man mich doch nicht den ganzen Tag mit den gleichen Sachen nerven, dafür war der Feierabend da. Nachdem er dann endlich zur Abendbrotzeit gegangen war, war wirklich Feierabend für mich, und wieder hatte ich nichts geschafft.

Am Mittwoch hatte ich einen Zahnarzttermin, um den Dentisten mit Klempnerarbeiten an meinen Zähnen sein Geld verdienen zu lassen. Ich kam in ein überfülltes Wartezimmer, setzte mich auf den letzten freien Stuhl zwischen zwei Damen, die wahrscheinlich schon Jahrzehnte in diesem Warteraum zugebracht hatten. Sie entbrannten in einen wahren Wettstreit, wer von denen die größten Gebrechen vorzuweisen habe.

»Letztens musste er eine Wurzelbehandlung bei mir durchführen, da hat er mit so einer langen Nadel im Zahn herumgestochert, ich dacht, die kommt aus dem Kiefer wieder raus«, meinte die linke und spreizte ihren Daumen und Zeigefinger so weit auseinander, dass mindestens ein dreitausend Seiten starkes Buch dazwischen Platz gehabt hätte, worauf die rechte burschikos antwortete:

»Mir hat er einen Zahn gezogen, mit einer Zange, die wohl vorher im Becken einer Folterkammer auf glühenden Kohlen gelegen hatte, das war vielleicht ein Gefühl.«

»Ja, und dann hat er mir eine Zahnfüllung verpasst, ich glaub, das war Quecksilber, die fiel immer wieder raus, nun hab ich Porzellan drin.«

»Porzellan?«, warf die andere verächtlich ein. »Ich hab mir Jacketkronen machen lassen, mit Goldkern und Keramikverblendung.«

Jedesmal, wenn eine anfing zu sprechen, beugte sie sich vor und schaute an mir vorbei zu der anderen. Irgendwann hatte ich die Schnauze voll und fragte:

»Wollen wir mit den Stühlen tauschen? Dann brauchen Sie sich nicht gegenseitig anzubrüllen.«

Schlagartig wurde es still und sie sagten keinen Mucks mehr, nur die anderen Patienten fingen an zu schmunzeln. Meinen Stuhl durfte ich weiter behalten und es dauerte auch nicht lange, da wurde die eine Patientin aufgerufen.

Hier wartete ich nun und freute mich eigentlich über die Fülle dieses Raumes, was von einem guten Arzt zeugt. Anders bei den Wartesälen der Bahn, je voller die sind, desto verspäteter kommt der Zug.

Nachdem ich gefühlte drei Stunden im Wartezimmer verbracht hatte, ich mich daraufhin beschwerte, wurde festgestellt, dass meine Behandlungskarte verschwunden sei. Sie wurde verlegt und keiner wusste wo, aber ich brauchte mir keine Sorgen machen, denn ich würde unverzüglich drankommen. Meine Geduld wurde dann damit belohnt, dass ich noch weitere eineinhalb Stunden ausharren durfte, um dann eine fünfminütige Behandlung über mich ergehen zu lassen. Folglich war auch dieser Tag für mich gelaufen.

Den Donnerstag verbrachte ich auf einem Seminar, wo es zuging wie auf einer Versammlung von Comicfiguren. Der Leiter arbeitete mehr oder weniger nur aus Alibigründen, um sich im Gegenzug zu seinem üppigen Gehalt auch mal als Lehrer beweisen zu können. Seine flachen Anekdoten waren so was von langweilig, dass sie mich immer wieder zum Einnicken brachten. Im Grunde war ich nur mitgegangen, weil mein Kollege meinte, das Buffet wäre enorm, und das war es auch.

Da gab es Vorspeisen wie hausgeräucherten Lachs mit Sahnemeerrettich, Schwarzwälder Schinken mit Melonenfächern, Geflügelsalat mit Ananas und Curry und frische Salate der Saison mit verschiedenen Dressings. Der Hauptgang bestand aus Schweinelendchen in Champignonrahmsauce mit Spätzle und Poulardenbrust im Speckmantel in Burgundersauce mit Kartoffelgratin. Als Nachtisch wurde Bayrisch-Creme mit Aprikosensauce und Mousse au aufgetischt.

Mit dem Essen ist es wie mit dem Sex, selber machen oder kommen lassen, ich fuhr lieber hin. Nach dem Essen ging die Veranstaltung weiter und ich nickte wieder ein, bis mein Kollege mich anstieß und meinte:

»Ey, du hängst da im Sekundenschlaf.«

»Was, wie, wo, wer? Sekundenschlaf? Du, den könnt ich jetzt stundenlang halten, so vollgefressen bin ich. Ich konnte gar nicht so viel essen, wie ich jetzt kotzen könnte.«

»Und wer soll den Dreck dann wegmachen?«

Ich schaute auf meine Armbanduhr und sagte:

»Mach dir keine Sorgen, da kommt nichts raus, da bin ich viel zu geizig. Du weißt doch, essen ist Silber, fressen ist Gold. Oh, so spät schon, dann ist diese Scheiße ja gleich vorbei.«

Und so war es dann auch. Ich fuhr schließlich ausgeruht und völlig satt nach Hause und hatte auch an diesem Tag nichts geschafft.

Heute war Freitag, der fünfte Tag in dieser Woche, und wieder passierte nichts, aber wirklich gar nichts. Ich saß hier in meinem Büro, das ich bequemerweise in meinem Haus hatte, und wartete, dass das Telefon mal klingelte. Aber nicht mal das war gut aufgelegt. Meine Bestandskunden konnte ich nicht erreichen, um die quotierten Angebote zu realisieren, denn die einen waren nicht da, die anderen hatten keine Zeit und der Rest litt unter der Paranoia, in den Urlaub fahren zu müssen.

So saß ich nun da und hatte diese Woche unter der Rubrik ›außer Spesen nichts gewesen‹ abgehakt. Nicht, dass ich das brauchte, nein, mein Bestand war groß genug, der ließ mich nicht verhungern, und als Alleinstehender brauchte ich nicht viel. Am Wochenende sich mal ’n Lütten gönnen, ein-, zweimal im Jahr das Nervenkostüm zum Schneider bringen, also Urlaub machen, und mit ein paar Talern für mein Alter vorsorgen.

Aber irgendwie hat man als Autonomer einen innerlichen, unkontrollierten Drang oder auch einen inneren Beweggrund, mehr zu erreichen als andere Kollegen. Eine intrinsische Motivation, etwas um seiner selbst willen zu tun, lieber Schmuck als Schweißperlen zu tragen und auch mal das schärfste Chili am Strauch zu sein.

Ich war Verkäufer, Verkäufer einer unsichtbaren Ware, die erst sichtbar wird, wenn ein Schaden eintritt. Nein, kein Treppenterrier der Humbug Mülleimer, die ihre Leute in einem dreistündigen Seminar irgendwo im Keller ausbilden und dann mit ihrer Unerfahrenheit auf die Menschheit loslassen. Nein, ich habe meinen Job gelernt, drei Jahre auf einer höheren Handelsschule, war dann zehn Jahre im Innendienst gewesen, dann als Direktionsbevollmächtigter und Abteilungsleiter in den Außendienst gegangen und rühmte mich nun, einen Maklerschein zu besitzen, um so meinem Kundenkreis eine effizientere und leistungsfähigere Beratung zu gewährleisten.

Das hatte sich auch bewiesen, denn mein Bestand, den ich mittlerweile zwanzig Jahre pflegte, hatte einen enormen Zuwachs, allein durch die Mundpropaganda meiner Kunden, erhalten. Es ging nicht darum, Unfallversicherungen für das Schneiden an Papierkanten, Feuerversicherungen für Eisenbahnschienen unter Wasser und Hochwasserschutz im Himalaja zu verkaufen, das ist Sache der Klinkenputzer. Unsere Aufgabe war es dann, solche Fehlverkäufe wieder gerade zu biegen und manchmal kriegte ich einen Hals wie eine dänische Butterkeksdose, wenn ich da sah, was die für einen Scheiß verkaufen.

Eigentlich könnte ich jetzt Feierabend machen, in den Dorfkrug gehen, Bierchen trinken, was essen und mit anderen geistlose Plaudereien über Weltprognosen führen. Und so schichtete ich die Arbeit auf dem Schreibtisch von einem Stapel auf den anderen und wunderte mich, wie viel Arbeit hier herumlag, obwohl ich immer der Meinung war, ich hätte nix zu tun. Nun gut, was du heute kannst besorgen, verschiebe ruhig auf morgen beziehungsweise auf Montag. So beobachtete ich noch minutenlang den Bildschirmschoner, wie er mein Firmenlogo von einer Seite auf die andere Seite wandern ließ, um mein beschämendes Nichtstun zu verstecken.

Ich war so richtig versunken in meinen Screensaver, träumte von meinem nächsten Urlaub an der türkischen Adria, von dem glasklaren Wasser, sodass man an seichten Stellen jeden Stein auf dem Meeresboden erkennen kann, von den Leuchtreflexen, die das Meer türkisgrün bis tiefblau erscheinen lassen, und den verschwiegenen Buchten, in denen man baden, surfen, sonnen oder einfach auf der Schattenbank parken kann, als plötzlich das Telefon klingelte.

Ich hatte mich dermaßen erschrocken, dass ich fast vom Stuhl fiel. Die Nummer auf dem Display erschien mir unbekannt, konnte also nur ein Kunde sein und das am Freitag um diese Mittagszeit? Nun gut, konnte was Wichtiges sein und für meine Kunden war ich eigentlich immer erreichbar.

Ich legte meine Hand auf den Hörer und wartete taktisch klug, sodass es noch drei-, viermal klingelte. Schließlich wollte ich ja nicht den Eindruck erwecken, dass ich gelangweilt davor sitze und angestrengt den Bildschirm anstarre. Nein, man musste schon den Eindruck erwecken, ein viel beschäftigter Mann zu sein und dass das Klingeln eines Telefons eigentlich stört. So nahm ich den Hörer auf und meldete mich betont lässig, als wenn ich kurz vor einem Herzinfarkt sei.

»Haaallooo?«

»Ja, guten Tag, ich habe ihre Telefonnummer von einem Bekannten und würde mich für eine Rechtsschutzversicherung interessieren. Wann hätten Sie Zeit vorbeizukommen?«

Eine Empfehlungskundin, die mit einem Abschluss droht, so was mögen wir gerne. Ich musste überlegen und blätterte dabei laut in meinem terminlosen Terminplaner herum, um meiner Wichtigkeit besonderen Nachdruck zu verleihen.

»Äh, wo wohnen Sie denn?«

»In der Holperpiste drei, an der Boxengasse links.«

»Oh, das passt gut. Ich bin nachher ganz in ihrer Nähe, da könnte ich nach dem Termin vorbeischauen und mit Ihnen über unser neues Rechtschutzprogramm sprechen. Das wird so gegen 18 Uhr sein, wenn es Ihnen recht ist.«

»Das passt gut, ich bin den ganzen Nachmittag zu Hause. Bis nachher dann.«

Ich legte den Hörer auf die Gabel und fragte mich, warum ich den Termin so spät gesetzt hatte, am Freitag! Da war früh Feierabend angesagt, um am Abend fit und ausgeruht noch auf die Piste gehen zu können. Ich hätte doch auch gleich hinfahren können, ich Idiot. So beschloss ich, ihn einfach vorzuziehen und schon um 17 Uhr bei ihr aufzukreuzen mit der Ausrede, dass der Termin geplatzt sei, während ich schon unterwegs war.

Im Zuge der Scheinliberalisierung des Telefonmarktes, womit der Einzug der Handys in jedem Haushalt erfolgreich geglückt ist, ist man ja jederzeit erreichbar. Was haben wir nur damals gemacht, als es noch keine Handys gab. In Schlangen standen wir vor der Telefonzelle und warteten, die öffentliche Sprecheinrichtung nutzen zu können. Hat man dann das Glück, in dieser allseitig verglasten Zelle stehen zu dürfen, mangelte es meistens an Kleingeld oder der Hörer lag schnurlos daneben. Manchmal wurden sie auch mit einer öffentlichen Toilette verwechselt, wobei die Telefonbuchseiten als Toilettenpapier dienten. Das ist dann der Moment, wo man sich dann doch freut, dass es heute Handys gibt.

Mit den Dingern kann man aber auch alles machen. Man kann damit im Internet surfen, spielen, Nachrichten schreiben, Radio und Musik hören, Filme sehen und drehen, sich den Weg leuchten, Mathematik-Aufgaben rechnen, Fotos machen, jegliche Daten bestimmter Personen speichern, sich Daten zusenden lassen, Nachrichten abrufen, sauteure Klingelton-Abos abschließen, Termine in den Kalender eintragen, sich wecken lassen, mit der Stoppuhr den Weltrekord messen, andere ausspionieren und sogar telefonieren. Das ist Technik, die bewegt.

Apropos Telefonieren. Ich musste erst mal einen meiner Kumpels anrufen, um zu sehen, was am Abend überhaupt anlag.

»Hallo, Jürgen? … Ja hi, du, was liegt heut Abend an? … Ja OK, können wir machen, ich komme etwas später, hab noch einen Termin, dauert nicht lange. Schätze so sieben, halb acht können wir uns treffen. … Ja gut, du kommst zu mir, OK, bis dann, Schau!«

Ich nahm meinen Aktenkoffer, legte meinen Laptop hinein und ein paar sinnlose, unverständliche Schriftstücke, damit es ein bisschen nach Lohnsklaverei aussah und ich dem Finanzminister die Freude damit verkündigen konnte, ihm die Hälfte meines Einkommens als Steuern schenken zu dürfen.

Da ich noch Zeit hatte, aber nichts anderes zu tun, kochte ich mir einen Kaffee und machte das Radio an:

»Und nun die Verkehrsnachrichten. Auf dem Golfstrom zwischen München und Hamburg kommen ihnen vier BMW-Plastikradkappen der 7er-Baureihe, eine rot karierte Burka mit Schleier von Aldidas und ein Sofa im Neo-Rokoko-Stil entgegen. Weichen Sie bitte nicht aus und überholen Sie nicht. Hubschrauber des ASB sowie eine Tankerflotte der Shellibar sind unterwegs.«

Was für einen Blödsinn, dachte ich mir und wechselte zum Sender Radio Ackerfurche:

»Meine Damen und Herren, es singt für Sie ein Mann mit dem Niveau eines Chansonnier den Schlager: schwarzer Afghane. Danach hören Sie die Regensburger Dreckspatzen mit ihrem neusten Hit: Wess Brot ich ess, des Lied ich sing.«

Ich drehte weiter zu Radio Alzheimer: »Ganz in Schweiß mit einer Gangsterbraut, so standst du vor mir und sahst wie Hildegard aus. Dein Rotz lief aus der Nase, dein Haar hing bis zur Blase … «

Ich schaltete den Brüllwürfel aus, bevor ich mir eine Mittelohrvergiftung hinzuzog, und widmete mich lieber einem Computerspiel.

Moorhuhn, das braune Huhn mit den Glubschaugen, von dem man möglichst viele abschießen muss. Ein Werbespiel, entwickelt für die schottische Whisky-Marke Johnny Walker. Nachdem ich nun Hunderte von Hanghähnen, Zwerghähnen und Wasserhähnen abgeschossen hatte und mir das goldene Ei nicht ausgehändigt wurde, stellte sich mir die Frage, ob es ein Leben nach dem Frikassee geben würde. Die Antwort blieb aus.

Ich spielte ein anderes Spiel. Solitär, das klassische Kartenspiel mit sieben Kartenstapeln war gefragt, das man alleine spielen kann. Ziel des Spiels ist es, Serien zu bilden, die abwechselnd aus roten und schwarzen Karten bestehen. Die Serien beginnen mit dem Ass und laufen hoch bis zum König. Ein Spiel für hochgradig bekiffte.

Schach, das Pokerspiel für den gebildeten Menschen. Ein hochinteressantes Spiel, bei dem man stundenlang vor dem Bildschirm sitzen kann, ohne zu kapieren, um was es eigentlich geht. Ein ultimativer Kampf zwischen Schwarz und Weiß. Eigentlich ein rassistisches Spiel, da grundsätzlich Weiß anfangen darf.

Die Zeit lief und es kam der Augenblick, wo ich mich fertig machen musste. So nahm ich meine Köfferchen, steckte mir noch zusätzlich drei Kugelschreiber ein, mit der Aufschrift meiner Agentur, eine besondere Form der getarnten Werbung mit dem Zweck, dass sich der Name in den Köpfen meiner Kunden einschleicht und hängenbleibt.

Mit meinem Navigationsgerät, ein Shell-Atlas aus dem Jahre 1977, fand ich die Straße auf Anhieb. Ein Parkplatz ganz in der Nähe war frei, sodass ich nicht lange laufen brauchte.

Eine Reihenhaussiedlung, ich witterte weiteres Geschäft, Gebäude-, Grundstückshaftpflicht-, Unfall-, Hausratversicherung, vielleicht Umfinanzierung der Hypothek mit einer Tilgungsaussetzungsversicherung, so was bringt hohe Provision. Eine verkaufsstrategische Erwägung wäre, sämtliche Unterlagen mitzunehmen und die durch ein Programm laufen lassen, das eine vermeintlich optimale Lösung zusammenstellt und Hoffnung für den Kunden, auf Geldeinsparung gibt.

1.2 Ihr Anblick erwärmt sofort mein Herz

Ich klingelte, die Tür ging auf und da stand eine Frau vor mir, die sich durch äußerliche körperliche Merkmale wie Proportionen, Gestik, Mimik und Körpersprache mir doch glatt den Atem verschlug.

Ihre Lippen, die in leicht nach oben strebenden Mundwinkeln mündeten, ihre schmale, ebenförmige, nicht zu sehr geschwungene Nase, hoch sitzende Wangenknochen, langen Augenwimpern und klaren blauen Augen ließen mich erstarren. Ihr Teint war leicht gebräunt und makellos glatt. Die Zähne erstrahlten in einem fast durchsichtigen Weiß, als wenn sie gerade von Karies und Parodontose freigewaschen worden waren. Eine Frau, von der jeder Mann feuchte Träume kriegen würde.

»Entschuldigung, dass ich früher komme, aber mir ist da eben der Termin geplatzt und bevor ich eine Stunde im Auto herumgammele, dachte ich mir, weil Sie ja erwähnten nachmittags zu Hause zu sein, ich versuch es mal etwas früher.«

»Kein Problem«, meinte sie, »kommen Sie rein. Lassen Sie uns ins Esszimmer gehen.«

Sie ging vor und ich inspizierte ihre Figur. Sie war nicht größer als 1,60, um die fünfzig Kilo schwer und ihr Body-Mass-Index dürfte demzufolge nicht höher als zwanzig kg/m2 betragen. Ihr Hintern, der sich leider hinter einer Jeans versteckte, war geformt wie eine Cox Orange, mit dem man schon die Menschheit aus dem Paradies vertrieb.

»Möchten Sie was trinken«, fragte sie, »Kaffee, Wasser, Brause oder ein Bier?«

»Ach, wenn Sie mich so fragen, dann nehme ich doch gerne ein kühles Bier.«

Ihre Stimme klang wie ein Musikinstrument, war fein, klar und klingend, cremig und einfühlsam, spitzbübisch und überlegen. Sie klang wie Sahne schmeckt, bevor sie auf heißer Schokolade schmilzt, und so schmolz auch ich dahin.

Ich stellte meinen Aktenkoffer auf den Stuhl neben mir, holte mein Laptop raus und ließ ihn hochfahren. Dabei schaute ich mich um und bemerkte, dass sie nicht nur gut aussah, sondern noch Geschmack in punkto Einrichtung aufwies. Die Wände waren hell tapeziert mit beigefarbenen Gardinen, eine Lederpolstergarnitur in Terrakotta, einen Mahagonitisch, auf den eine Spitzendecke mit einem Porzellanaschbecher stand, und zwei Beistelltische aus Glas, mit Keramiktischlampen. An den Wänden hingen Bilder, die einen dekorativen Charakter hatten. Die Essecke und Vitrine war ebenfalls aus Mahagoni, auf dem Tisch ein Spitzenläufer mit Kerzen und ein rechteckiger Porzellanascher mit Chinamuster. In der Vitrine standen diverse Kristallschalen, Vasen und Gläser.

Als sie wieder rein kam, brachte sie zwei Flaschen Bier und zwei Gläser, stellte sie auf den Tisch und schenkte ein. Sie frönte also der maskulinen Leidenschaft, das fand ich ja mal was Neues. Manche meinen, Frauen und Bier wäre nicht ladylike, aber es gibt doch nichts Schöneres als mit einer Frau gleiche Interessen zu haben und sei es beim Biertrinken.

Ich erklärte ihr das Nonplusultra des Rechtschutzprogramms, erläuterte sämtliche Bedingungen, als hätte ich sie auswendig gelernt. Ich war nur noch am Reden, um ihr immer wieder in die himmelblauen Augen schauen zu können, die durch einen dezenten Lidschatten besonders betont wurden. Normalerweise dauern solche Gespräche in der Regel eine halbe bis dreiviertel Stunde, aber hier saß ich mittlerweile schon eine Ewigkeit und war immer noch am Reden, obwohl sie bereits erwähnt hatte, den Antrag zu stellen.

Sie holte das nächste Bier und ich sah ihr wieder hinterher, hinter dieser faszinierenden Figur, die so schön geformt und sexy war, dass mein ganzer Körper anfing zu prickeln und innerlich mein Herz erwärmte. Sie war eine wunderschöne Frau, mit einer angenehmen weichen Stimme, einer ausstrahlenden Intelligenz, einer Menschlichkeit, Fröhlichkeit, Freundlichkeit, eine Grazie, ein anmutiges Wesen.

Als sie das Esszimmer wieder betrat, spürte ich den Luftzug ihrer zarten Haut, der meine Wange streifte, und sie sprach mit einer Stimme, die so hell und klar war wie Klingen kleiner Glöckchen und sie hatte ein Lächeln auf den Lippen, das man küssen möchte.

Ich redete weiter, wich immer wieder vom Thema ab, um in ihre Privatsphäre zu gelangen, und schaute dabei immer wieder in ihre Augen, die so blau waren wie der Himmel an einem klaren Sommertag. Als sie das dritte Bier holte, packte mich die Neugier, wie alt sie eigentlich sei. Viele Frauen machen ja ein Gehabe um ihr Alter wie die Henne um ihre Eier, aber direkt fragen wäre taktlos. So bereitete ich den Antrag vor, eine besondere Form der Spionageausrüstung, mit der man solche Dinge zum Beispiel erfahren kann.

»Name und Anschrift hab ich schon, bräuchte jetzt mal Ihr Geburtsdatum bitte.«

»Juli 1958.«

1958, dachte ich mit, fünf Jahre jünger als ich und dann noch Krebs, zum Hummer hat es also nicht gereicht.

»Den Namen Ihres Mannes und dessen Geburtsdatum bitte.«

»Ich habe keinen Mann, ich lebe seit einem Jahr in Scheidung«, erwähnte sie.

Sie lebte in Scheidung? Was musste das für ein Mann sein, der sich von so einer hübschen Frau trennt. Mit dem Aussehen und ihrer charmanten Art könnte sie in null Komma nichts zehn Neue an jeden Finger bekommen, aber vielleicht war sie noch nicht bereit für eine neue Beziehung oder hing noch an ihrem Mann. Ich wusste ja nicht, aus welchem Grunde hier geschieden wurde, ob sie sich getrennt hat oder er.