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Corelli ist in Padua stationiert. An seinem freien Tag, mischt er sich auf dem Platz vor der Basilika des Stadtheiligen unters Volk und verliebt sich in eine aufreizende Rotehaarige, als er zum Jugendknast gerufen wird.
Dort hat Fabiola, eine Siebzehnjährige, den Gefängnisdirektor in ihrer Zelle erstochen und ist auf der Flucht. Ein Küchenmesser und eine Henker-Schlinge liegen bei der Leiche. Eine sofort eingeleitete Großfahndung bleibt erfolglos. Sie hält sich gut versteckt und findet dort alles, was sie braucht, sogar ein Radio. Eine Live-Diskussion läuft. Es gelingt ihr, sich telefonisch einzuklinken und zu behaupten, der Chef habe sie aufhängen wollen. Er samt Sozialarbeiter hätten sie missbraucht; ebenso ihr Onkel, bei dem sie zuvor als Waise leben musste. Manche glauben ihr, andere halten sie für eine Lügnerin. Corellis Vorgesetzte fordern, bei Widerstand auf sie zu schießen. Corelli ist dagegen und kriegt Ärger.
Fabiola klaut einen Wagen und vergnügt sich einen Tag in Venedig, bis sie in die Fänge der Carabinieri gerät. Im Revier, wo sie festgesetzt ist, kommt es zum dreifachen Polizistenmord. Fabiola gelingt wieder die Flucht. Ein auf sie angesetzter Killer kommt der Polizei zuvor und stöbert sie auf. Sie rennt um ihr Leben, während Corelli herausfindet, dass es in diesem Fall um viel, viel Geld geht …
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Veröffentlichungsjahr: 2025
Meinhard-Wilhelm Schulz
Fabiola und der Killer
Ein Fall für Corrado Corelli
Ein Venedig-Krimi
Copyright © by Authors/Bärenklau Exklusiv
Cover: © by Claudia Westphal nach Motiven, 2025
Korrektorat: Claudia Müller
Verlag: Bärenklau Exklusiv. Jörg Martin Munsonius (Verleger), Koalabärweg 2, 16727 Bärenklau. Kerstin Peschel (Verlegerin), Am Wald 67, 14656 Brieselang
www.baerenklauexklusiv.de
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Inhaltsverzeichnis
Impressum
Das Buch
Ort, Zeit und Personen
Fabiola und der Killer
Vorwort des Dr. Sergiu Petrescu
1. Teil: Vor der Basilica del santo Antonio (13. 6. 64)
2. Teil: Corrado in der Jugendhaftanstalt
3. Teil: Was Fabiola inzwischen erlebte
4. Teil: Kleine Rückblende
5. Teil: Antonio Fanciullo erfährt von der Untat der Nichte
6. Teil: Fabiola und das Luxushaus
7. Teil: Was derweil im Jugendknast geschah
8. Teil: Was Fabiola nun im fremden Haus unternahm
9. Teil: Lucio Andresti, Rundfunkmoderator
10. Teil: Fabiola auf Sendung
11. Teil: Fabiola klagt an
12. Teil: Unmittelbar nach dem Interview
13. Teil: Kriminalkommissar-Anwärter Dino Veronese in Aktion
14. Teil: Davide Donatello
15. Teil: Vorkommnis im ›Gambero Rosso‹
16. Teil: Was Fabiola in eben diesen Minuten machte
17. Teil: Andresti nach seiner bemerkenswerten Sendung
18. Teil: Corelli wieder zu Besuch im Jugendknast
19. Teil: Corrado und Giacomo
20. Teil: Antonio Fanciulli in der Notaufnahme
21. Teil: Fabiola in voller Aktion
22. Teil: Erwachen aus dem Alptraum
23. Teil: Fabiolas nächste Station
24. Teil: Commissario del Bosco im Mädchenknast
25. Teil: Familie Gentiliani kommt nach Padua zurück
26. Teil: Vor dem Haus des Signore Antonio Fanciulli
27. Teil: Corelli bei Familie Gentiliani
28. Teil: Was KKA Veronese inzwischen unternahm
29. Teil: Fabiola erneut auf Sender
30. Teil: Giorgio Pontini greift ein
31. Teil: Was Corrado Corelli inzwischen tut
32. Teil: Fabiola in Venedig; das Desaster
33. Teil: Davide Donatello greift ein
34. Teil: Fabiola erneut auf freiem Fuß
35. Teil: Was nach dem Polizistenmord geschah
36. Teil: Weitere Entwicklung
37. Teil: Nächster Abschnitt des Dramas
38. Teil: Andresti wieder auf Sendung … und mehr
39. Teil: Die Jagd auf Fabiola
Nachwort des Dr. Sergiu Petrescu
Folgende Bände von Meinhard Wilhelm Schulz sind ebenfalls erhältlich oder befinden sich in Vorbereitung:
Corelli ist in Padua stationiert. An seinem freien Tag, mischt er sich auf dem Platz vor der Basilika des Stadtheiligen unters Volk und verliebt sich in eine aufreizende Rotehaarige, als er zum Jugendknast gerufen wird.
Dort hat Fabiola, eine Siebzehnjährige, den Gefängnisdirektor in ihrer Zelle erstochen und ist auf der Flucht. Ein Küchenmesser und eine Henker-Schlinge liegen bei der Leiche. Eine sofort eingeleitete Großfahndung bleibt erfolglos. Sie hält sich gut versteckt und findet dort alles, was sie braucht, sogar ein Radio. Eine Live-Diskussion läuft. Es gelingt ihr, sich telefonisch einzuklinken und zu behaupten, der Chef habe sie aufhängen wollen. Er samt Sozialarbeiter hätten sie missbraucht; ebenso ihr Onkel, bei dem sie zuvor als Waise leben musste. Manche glauben ihr, andere halten sie für eine Lügnerin. Corellis Vorgesetzte fordern, bei Widerstand auf sie zu schießen. Corelli ist dagegen und kriegt Ärger.
Fabiola klaut einen Wagen und vergnügt sich einen Tag in Venedig, bis sie in die Fänge der Carabinieri gerät. Im Revier, wo sie festgesetzt ist, kommt es zum dreifachen Polizistenmord. Fabiola gelingt wieder die Flucht. Ein auf sie angesetzter Killer kommt der Polizei zuvor und stöbert sie auf. Sie rennt um ihr Leben, während Corelli herausfindet, dass es in diesem Fall um viel, viel Geld geht …
***
Ort und Zeit
• Paduaner Jugendgefängnis ›Santo Domenico‹
• Von Padua bis Venedig
• Zeit: Juni 1964
Personen
• Corrado Corelli (29): Tenente; Vorgesetzter von Giacomo
• Giacomo del Bosco: Commissario; Adjutant von Corrado
• Gino Simonetta (38): Freund von Corrado
• Barbara (35) & Brigitta (17): Ginos Frau und Tochter
• Dino Veronese: Kriminalkommissar-Anwärter
• Alberto Signorelli: Capitano; Polizeichef
• Amadeo Fabbri: Commissario
• Giorgio Pontini: aufmerksamer Carabiniere
• Giancarlo Giacometti: Generalstaatsanwalt
• Fabiola Fanciulli (17): aus der Strafanstalt geflüchtet
• Antonio Fanciulli (48): ihr Onkel
• Sergio Lupi: Chef der Jugendstrafanstalt
• Eugenio Romano: sein Stellvertreter
• Federico Firenze: Sozialarbeiter an der Strafanstalt
• Davide Donatello: Mafioso; Profi-Killer
• Zwei Mafiabosse; Chefs von Davide
• Enrico Pisano (15): bei ihm versteckt sich Fabiola
• Lucio Andresti: Rundfunk-Moderator; ›la bestia‹
• Paolo Urbino: Chef der Rundfunkanstalt
• Eugenio Vivaldi: sein Stellvertreter
• Rosanna Coppa: Freundin von Urbino
***
Liebes Lesepublikum, seit einigen Jahren habe ich die Ehre, die von Freund ›Volpe‹ gelösten Kriminalfälle zu publizieren. Zu meinem Bedauern widmet sich Giuseppe Tartini allerdings in letzter Zeit nur noch seiner künstlerischen Karriere als Meistergeiger und großartiger Maler. Nichts freilich hält ihn davon ab, seine Abende den alten Freunden zu widmen. Wir treffen uns dann in seinem Palazzo ›via di cavallo No. 1‹ zu Venedig und plaudern bei einem den Gaumen reizenden süffigen Valpollicella.
Zu unserem erlauchten Klub gehört seit ungefähr einem Jahr ein gewisser Corrado Corelli. Er ist ein lebenslustiger Commissario a.D. von rund Neunzig, der in den sechziger und siebziger Jahren des alten Jahrhunderts im Veneto und bei Padua einige sensationelle Kriminalfälle so genial löste, dass er bis heute unvergessen geblieben ist. Ich durfte über einige seiner meist grausigen Fälle ausführlich berichten [Das Haus der guillotinierten Schwestern / Der Satan von Gabicce Monte / Der Palazzo in der Lagune / Das Geheimnis der anderen Alessia/ Der Werwolf vom Veneto / Böse Mädchen ertrinken am Lido].
Es war an einem lauen Septemberabend, als er in unserer geselligen Runde einen Fall auspackte, der einst großes Aufsehen erregt hatte, den Fall des Mädchens Fabiola. Sie wurde von einem Killer fast zu Tode gehetzt, ohne den Grund zu kennen. Lassen wir Corrado erzählen!
In Padua nennt man den ›Heiligen Antonius‹ nur ›il Santo‹. Die Stadt und er sind eins. Seine Kirche heißt ›Basilica del Santo‹. Der prächtige Renaissancebau mit seinen Kuppeln ist ebenso Touristenmagnet wie das gewaltige Reitermonument des ›Gatta Melata‹, in Erz gegossen von Donatello, Italiens größtem Bildhauer vor und neben Michelangelo. Zum alljährlichen Tag des Heiligen findet am 13. Juni das Stadtfest auf dem ›Campo del Santo‹ statt.
Bei strahlendem Frühsommerwetter kam es auch 1964 zum großen Ereignis, beginnend am Nachmittag: Zu Füßen des hoch zu Ross einher sprengenden ›Gatta Melata‹ Jubel, Trubel, Ausgelassenheit und Heiterkeit. Für diesen Tag hatte ich freien Nachmittag und steckte bald mitten im Getümmel:
Eine Blaskapelle tobt sich aus. Der Geruch von Schweiß und Alkohol weht über den Platz. Gesang der Menge. Verkäufer schreien. Der Wein fließt in Strömen. Knarrend dreht das Riesenrad seine Runden, hinauf bis hoch ins dunkle Azur des Abendhimmels; in jeder Gondel ein junges Pärchen, das erste Versuche wagt; nicht anders unten auf dem ›Campo di Santo Antonio‹: Luftgewehre an den bunten Schießbuden knallen. Schiff-Schaukeln schwingen in atemberaubende Höhen; meist ein Junge drauf, der mit dem einen Arm sein neuestes Weib umschlingt. Wenn das Gerät dann über die Waagerechte hinausschießt und damit droht, sich zu überschlagen, quietschen die Mädchen so verrückt, dass sie den Sound der Band übertönen. Ihre kaum über den Hintern reichenden Röckchen sowie ihr meist schulterlanges Haar flattern wild im Wind.
Überall auf der Piazza machen die Jungs Jagd auf sie. Die mehr als freizügig bekleideten Biester genießen es und kreischen, wenn sie einer ungefragt abküsst oder ihr unter den Pulli greift, um eine gewisse Rundung zu ertasten. Nach neuster Mode trägt nämlich keine etwas drunter. Alte Weiber schimpfen. Alte Männer runzeln verlogen die Augenbrauen, um vor den alten Weibern ihre Ruhe zu haben und träumen von früher, als sie auch nicht ›besser‹ waren.
In Wirklichkeit sind sie nämlich angetan von dieser und jeder flotten Signorina, die sich da frech im Minikleidchen oder winzigen Höschen aufführt, aus denen unten noch ein Stück Gesäß heraushängt. Diese aus Amerika kommenden ›Hot Pants‹ ruhen tief auf den Hüften; drüber eine Pause, um Bauch mit Nabel zu zeigen; den Oberkörper verhüllt ein Hemdchen, das an Spaghetti-Trägern hängt, natürlich ohne jeden BH oder Mieder, so dass beim wilden Tanzen die Brüste fliegen. Die Modeschöpfer haben den Slogan ›burn your bra (verbrenne deinen BH)‹ ausgegeben. Was sie befehlen, wird befolgt. Gleichzeitig gilt die Devise ›zurück zur Natur‹ oder ›lasst hängen, was hängt‹.
Vieles hat sich seit Erfindung der ›Pille‹ geändert. Früher waren die Mädchen schwer zu kriegen. Sie waren spröde und wollten sich nicht auf ›Verkehr‹ einlassen, denn unweigerlich war man im Nu schwanger und werdende Mutti. Die Zeit der ›Muss-Ehen‹ ist vorbei. Jetzt sind sie außer Rand und Band und sammeln Männer wie Trophäen. Die es mit den meisten hatte, ist Königin, bedenkenlos oder schamlos, ohne sich darüber Gedanken zu machen, wie schnell das alles vorüber ist.
Der Bikini, den sie bei uns am Strand der Insel Lido oder von Jesolo an südwärts tragen, wird immer winziger. Manche trauen sich sogar, den vom deutschen Modeschöpfer ›Gernreich‹ erfundenen busenfreien Badeanzug zu tragen. Einige sah ich kürzlich am einsamen Strand südlich von Ca Pasquali (auf der Halbinsel von Jesolo gelegen) nur im neumodischen Höschen flanieren, das auf der Kehrseite lediglich aus einem dicken bunten Strick besteht; Oberkörper blank.
Ja, in Wirklichkeit sind die Mädchen schon längst zur Jagd auf uns Männer übergegangen. Doch wir Männer sind zu dumm, ihre List zu durchschauen oder stellen uns absichtlich dumm. Sie halten die Angel in der Hand. Wir Dummköpfe schnappen gierig nach dem Köder; zurück zum großen Stadtfest von Padua:
So wogt denn die Masse hin und her. Ich bin mitten unter dem nach Körper stinkenden Volk und habe einen Liter Lambrusco intus. Die Nacht ist hereingebrochen. Überall flammen die Lampions auf. Die Zeit rast. Es geht auf 23. 00 Uhr zu.
Eine beschwipste Hübsche hat sich an meinen Hals gehängt. Mir ist das recht. Sie ist ein Prachtstück. Ihr krauses feuerrotes Haar umwölkt mein Gesicht und fließt mir über Schultern und Brust. Das Gesicht der Süßen ist von tausend Sommersprossen übersät.
Nach wilden Rosen duftend, küsst sie mich. Ich öffne die Lippen, um ihrer Zunge freien Lauf zu lassen. Sie schmeckt nach süffiger ›Crema di Marsala‹. Nun lässt sie die bewegliche Schlange in meinem Munde tanzen. Vergnügt nimmt meine Zunge den Tanz auf. Pas de deux. Zunge tastet Zunge ab. Ihre Zähne klappern auf meinen Zähnen. Ich fasse sie um die Wespentaille und bin verrückt nach ihr.
Sie schmiegt sich an mich. Unsere Körper verschmelzen. Heiß spüre ich ihre rechte Hand auf meinem Rücken, während sich ihre linke vorne fünf Zentimeter tief krabbelnd und tastend unter meinen Gürtel verirrt und das Kraushaar erreicht. Ich bin kurz davor, verrückt zu spielen. Meine linke Hand macht sich selbständig. Sie gleitet aufwärts, über des Mädchens vorgewölbten bloß liegenden Bauch mit seinem tief eingegrabenen Nabel und den angedeuteten Wülsten, um sich dann unter den hinter dem Nacken geknoteten rückenfreien Fummel zu quetschen und mit ihren weich und mollig und schlapp herab baumelnden Brüsten zu spielen. Sie gurrt und stöhnt dazu mit einer Stimme wie dunkler Samt.
Mehr will mir aber nicht gelingen. Mehr wage ich nicht, denn wir stehen unter Beobachtung und sind Getriebene der Masse. Man schiebt und rempelt uns hin und her, ohne uns trennen zu können. Unaufhörlich küssend, gelangen wir schließlich ans Riesenrad. Es steht gerade still; Personenwechsel.
Rasch löse ich eine Karte für zwei. Wir steigen in die letzte noch freie Gondel ein und setzen uns einander gegenüber. Ihr Bäuchlein hat sich zu drei weichen Ringen verwandelt, die schweißnass im bunten Licht der zahllosen Lampions flimmern. Ruckelnd geht es los.
Luftig schweben wir durch den Nachthimmel. Sterne funkeln. Ein Sichelmond hängt gelblich über dem Horizont und sendet trübes Licht aus. Sie öffnet den einzigen Träger des am Körper klebenden giftgrünen Oberteils, das unten von einem Gummi gehalten wird. Es rutscht ihr bis auf die Hüften hinab. Ich erstarre und blicke auf ihre feuchten Brüste. Sie ruhen jetzt auf dem obersten der drei Wülste, während die Brustwarzen nach oben zeigen.
Eine frische Brise fegt über den Campo und lässt den Hauch einer Gänsehaut über ihren matt glänzenden Körper gleiten. Jetzt setzt sie sich neben mich. Ein Wenig fröstelnd, knöpft sie mir das Hemd auf und schmiegt sich an mich. Ihre im Windhauch erstarrten Brustwarzen fühlen sich hart und kühl an. Ich bin verrückt nach ihr. Ich will sie haben. Sie ist meine Traumfrau. Etwas Schöneres habe ich noch nie gesehen. Schon bin ich ihr verfallen. Sie könnte mich um den kleinen Finger wickeln. Ich zeige auf mich und sage, als wir wieder im Zenit schweben, ›Corrado‹. ›Renata‹, antwortet sie, und ihre rauchige Stimme ist betörende Musik in meinen Ohren. Bin ich wahnsinnig geworden? Oder betrunken? Habe ich den Verstand verloren?
Bevor ich ihr noch sagen kann, dass ich sie liebe, ist alles vorbei. Unsere Gondel bleibt unten stehen. Der Angestellte öffnet das Türchen und lässt uns heraus. Meine Puppe heißt Renata. Renata ist der schönste Name, den es gibt. Renata hatte keine Zeit mehr gehabt, das Oberteil zu richten. Mädchen kichern. Jungs pfeifen. Hektisch zerrt sie den Fummel über die Blöße und verknotet den Träger im Nacken.
Im Gedränge, Renata im Arm, ringe ich nach Atem. Wir haben einen Halbliter-Becher mit dem Süßwein aus Marsala erstanden und süffeln ihn abwechselnd aus. Zwischendurch tauschen wir neue Küsse. Es ist kurz nach Mitternacht. Der Trubel geht seinem Höhepunkt entgegen. Alles habe ich vergessen.
Ich bin wie in Trance. Wie ein verrückt gewordener Kreisel wirbelt der überfüllte Campo um mich und die süße Rothaarige herum. Das uralte Pflaster schwankt unter meinen Tritten. Wie wäre es, wenn ich sie jetzt in meine Junggesellenbude verschleppte, um sie zu verführen? Oder mich verführen zu lassen? Für diese eine Nacht und dann auf immer und ewig? Sie ist das begehrenswerteste Weib, das ich jemals gesehen habe. Die Vorstellung, sie zu meiner Frau zu machen, beherrscht mich. Doch da …
Da meldet sich der elende Pieper in meiner Hosentasche, den ich, obwohl ich dienstfrei gestellt bin, als Commissario dabei haben muss. Ich melde mich mit einem versuchsweise trockenem »Tenente Commissario Corelli«. Die rote Hexe löst sich von mir, zerrt trotzig den zur Seite gerutschten Fetzen über die Brust, wendet sich ab und sagt im Gehen, »dio mio, ein Bulle! Auch das noch! Addio, caro mio!«
Ich blicke ihr hinterher, wie sie sich mit auf und ab gehendem Hintern in die Meute drängt, bis sie nicht mehr zu sehen ist; eine Männer mordende Bestie; vielleicht eine Nutte. Schwein gehabt! Verdammtes Glück! An mir hätte es nämlich nicht gelegen, wenn es nicht zum Äußersten gekommen wäre. Ich versuche, zu Atem zu kommen und den Gelassenen zu spielen. Mein Gott, fällt mir das schwer! Ich bin bis über die Ohren in die sommersprossige Rote verliebt.
Was soll ich tun? Renata ist im Gewühl untergetaucht. Ich kenne keinen Zunamen, keine Adresse. Sonst würde ich sie bei nächster Gelegenheit aufsuchen. Sie ist meine Traumfrau, ungefähr so groß wie ich … und diese rote gekräuselte Pracht! Diese Sommersprossen! Daran würde ich sie mühelos wiedererkennen.
An Oscar Wilde muss ich denken, den berühmten Autor, der einst sagte, man dürfe keine verführerische Gelegenheit auslassen, weil man ja nie wisse, ob sie wiederkehre. Verdammt noch mal, warum habe ich sie laufen lassen? Oh, das werde ich mir nie verzeihen; verfluchter Mist-Beruf! Ich liebe dich, Renata!
Als ich ihr im August desselben Jahres am einsamen Strand südlich von Ca Pasquali begegnete, ganz in der Nähe der Hütte, in der sich der berüchtigte Strandmörder eingenistet hatte (nachzulesen in meinem Fall ›Böse Mädchen ertrinken am Lido‹), trug sie nur ein Bikinihöschen, das vorne aus einem grünen Dreieck mit gelben Herzen drauf bestand. Es war auf eine blau-weiße Schnur gefädelt, die ihr tief in die breiten weichen wogenden Hüften einschnitt, während sich auf der Kehrseite nur ein dicker blau-weißer Strick in die Kerbe eingrub.
Sie tat, als würde sie mich nicht kennen. Die feurige Löwenmähne hatte sie auf den Rücken geschleudert und mit einem grünen Band aus Samt zusammengefasst. Der junge Spund, der ihr schmachtend am Arm hing, tat mir leid. Ich dachte an eine saftige Fliege, gefangen im Netz der Spinne und darauf wartend, ausgesaugt zu werden.
Bei grellem Sonnenlicht wirkte Renata nicht mehr so jung, wie ich sie in Erinnerung hatte. Ich schätzte sie nun, gnädig, wie ich war, auf Ende Dreißig, satte zehn Jahre älter als ich; eher rot denn braun gebrannt; alle zehn Nägel giftgrün gefärbt; hübsches Gesicht mit großen braunen Kulleraugen, aber überall von Sommersprossen übersät und beherrscht; kleiner Ansatz zum Doppelkinn; breite Schultern; so muskulöse Arme, wie man sie nur im Fitnessstudio erarbeitet; schwere, nach unten schaukelnde Brüste mit oben drauf schwimmenden auffällig breit hofierten dunkelbraunen knorrigen Warzen; dazu der Ansatz von Speck am vorgewölbten Bauch; recht großer tiefer Nabel; immerhin dennoch erkennbar eine Taille; sehr weibliches Gesäß, stark abgesunken, beim strammen Gehen zappelnd; mollige Oberschenkel, nicht frei von Zellulitis; Waden wie auf dem Kopf stehende Sektpullen; eine Süße trotz allem, eine, auf die ich zum zweiten Mal abfuhr.
Scheinbar achtlos ging das idiotische Pärchen an mir vorüber. Kurz nur zwinkere sie mir jetzt zu, ohne dass der Junge es bemerken konnte. Mir schien es, als wollte sie sagen, der Kleine sei nur zum Zeitvertreib an ihrer Seite und sie warte auf mich.
Noch lange, lange sah ich wie gebannt meiner Zuckerpuppe hinterher, bis sie zum feuerrot flimmernden Punkt in der Ferne geschrumpft war. Was mir blieb, war unstillbare Sehnsucht.
Vielleicht waren wir von Gott dazu ausersehen, ein glückliches Paar zu werden. An mir lag es nicht, wenn es nicht dazu kam. Oder doch? Wer weiß? Warum ließ ich mich so leicht abschütteln? War es nicht fair von Renata, auf den Altersunterschied zu verweisen? Ja, hätte ich mal, dann wäre die Süße am Leben geblieben.
Immerhin hatte ich jetzt herausgefunden, wo sie am liebsten verweilte. Nichts mehr hielt mich jetzt davon ab, sie möglichst oft wiederzusehen. Sobald ich dienstfrei hatte, suchte ich den stillen Strand südlich von Ca Pasquali auf. Sie wartete auf mich. Dann durfte ich in ihrer Begleitung den Strand entlang joggen. Es war wieder genauso bezaubernd wie auf dem nächtlichen Campo unter der Reiterstatue des Gatta Melata vor der ›Basilica del Santo‹ zu Padua am 13. Juni 1964.
Bis Mitte Juli 1964 ließ sie mich zappeln. Doch eines Tages war es so weit. Nach unseren üblichen Spielen in der Brandung des Meeres liebten wir einander in der Glut der Dünen. Ihr Widerstand war gespielt. Sie wollte, dass wir uns paarten. Es war der Himmel auf Erden. Nie hatte ich etwas Schöneres erlebt. Noch heute träume ich davon. Nie wieder liebte ich ein Mädchen so wie Renata. Nachdem wir uns die Seelen aus dem Leib gekeucht hatten und erschöpft nebeneinander im Sand lagen, Hand in Hand auf dem Rücken, fragte ich sie, ob sie meine Frau werden wolle. Schmunzelnd lehnte sie ab und erzählte mir in wenigen Worten von ihrem Schicksal:
»Mit Vierzehn habe ich mich in den sechzehnjährigen Guglielmo verliebt und er in mich. Ich war für mein Alter über-entwickelt. Er war verrückt nach mir. Ich fühlte mich geschmeichelt und hatte noch gar keine Erfahrung mit Männern und hielt es für die große Liebe.
Als er Neunzehn war, zogen wir zusammen. Ich wartete vergebens auf einen Heiratsantrag. Umso höher schätze ich deinen, Corrado. Je länger wir in derselben Wohnung lebten, desto größer wurde mein Verdacht, dass er nicht treu sein konnte. Einmal erwischte ich ihn am Strand der Insel Lido mit einer anderen. Er sagte, es habe nichts zu bedeuten. Nichts sei geschehen. Ich versuchte, ihm zu glauben. Es ist seltsam, wenn man als Frau einem bestimmten Mann verfallen ist. Ich wollte ihn verlassen, konnte es aber nicht.
Zehn Jahre waren wir schon zusammen, da hat er mich plötzlich mit der Bemerkung verlassen, ich sei ihm zu alt und Sommersprossen fände er hässlich. Meine ausufernden Brüste, für die er einst geschwärmt hatte, verachtete er jetzt, weil sie inzwischen hingen. Dass ich keine Kinder kriegen konnte, schilderte er nun als Katastrophe, während er es früher als Vorteil erachtet hatte. Er ließ mich einfach sitzen, verließ die gemeinsame Wohnung für immer und dachte nicht daran, mir auch nur eine einzige Lira zu zahlen. Einer gerichtlichen Scheidung bedurfte es nicht. Geheiratet hatte ich ja nie, weil er sich stets weigerte, mit mir aufs Standesamt zu gehen.
Für mich ist damals eine ganze Welt zusammengebrochen. Er war doch mein Erster und Einziger gewesen! Danach habe ich jeden Halt verloren und mich den Männern hemmungslos an den Hals geworfen. Es wollte mir so vorkommen, als müsste ich die an seiner Seite vergeudete Zeit nachholen. So ging das ein volles Jahrzehnt. Jetzt, mit Anfang Vierzig, ist mein Leben vorbei.
Ein smarter Zwanzigjähriger begegnete mir gestern hier am einsamen Strand. Wie üblich, hatte ich nur das winzige Höschen an. Seins war fast noch winziger, ein Minislip. Wenn ich sage, dass er ein wahrer Adonis war, ist das nicht übertrieben. Sein Anblick machte mich kribbelig. Meine Hormone spielten verrückt.
Herausfordernd lächelte ich ihn an. Er musterte mich von oben bis unten und meinte dann:
»Oma vielleicht gönnst du dir doch mal einen Büstenhalter, dem ausufernden Gehänsel zuliebe.«
Auflachend joggte er davon. Deprimiert sah ich ihm hinterher. Eine vielleicht Achtzehnjährige kam ihm im roten Gernreich entgegen. Sie fielen einander um den Hals und küssten sich. Kurz darauf verschwanden sie im Reich der Dünen.
Jetzt wusste ich endgültig Bescheid. Hier halfen keine Illusionen mehr weiter. Ich begriff ein für alle Mal, dass ich eine stark alternde Frau war. Das gab mir den Rest. Ich gedenke, mich demnächst umzubringen, entweder aufzuhängen oder vielleicht besser ins Meer hinausschwimmen und mich dort willenlos dem Wogen überlassen.«
Als ich ihr sagte, dass ich wenigstens sie trotz des unbedeutenden Altersunterschiedes liebte und für wunder-wunderschön hielte, musste sie langanhaltend kichern und meinte dann schnippisch:
»Corrado! Nimm dir lieber eine halb so alte zur Frau und habe mit ihr viele, viele Bambini. Für mich ist der Zug abgefahren. Von wegen hübsch! Oberschenkel, Gesäß, Hüften und Bauch sind wabbelig geworden; Brüste zu groß und viel zu tief! Meine Zeit ist abgelaufen.«
Das sagte sie, nachdem wir noch wenige Minuten zuvor die glücklichsten Menschen der Welt gewesen waren! Schluchzend erhob sie sich, öffnete ihre Badetasche, fischte ein grünes Minikleid heraus und zwängte sich hinein. So in Schale geworfen, reckte und streckte sie sich gähnen. Mir kam sie mit ihrer roten Mähne, die über das grüne Textil flutete, noch viel begehrenswerter vor, als wenn sie, wie zuvor, nackend wäre. Einmal mehr faszinierten mich ihre bloß liegenden herrlichen Schenkel die wunderschönen Füße … und das bezaubernde sommersprossige Gesicht, über das Tränen rannen. Sollte es das gewesen sein? Dumpfe Verzweiflung griff nach meiner Seele. Die Stimmung war binnen Minuten von ›Himmelhoch Jauchzen‹ in den Kohlenkeller gerauscht. Leise murmelte ich:
»Renata! Liebste! Schatz! Ist das endgültig? Du gibst mir wirklich den Laufpass? Wie soll ich das überleben?«
»Es muss sein. Wir liefen sonst sehenden Auges ins Unglück.«
Mir stockte der Atem. Wir erhoben und trennten uns, ohne Umarmung, ohne Kuss. Sie wollte es so. Ich musste mich fügen und ging nordwärts in Richtung der Campingplätze von Ca Pasquali. Sie entfernte sich in entgegen gesetzter Richtung.
Dem mächtigen Gefühl, mich umzudrehen und ihr hinterher zu blicken widerstand ich. Ob sie es ebenso machte, weiß ich nicht. Es war ein Abschied für immer; ein bitteres Ende einer großen Liebe.
Ich hätte sie nicht ihrem Schicksal überlassen dürfen. Es war der größte Fehler meines Lebens. Nie wieder haben wir uns gesehen. Alles, was mir blieb und bleibt, ist die Sehnsucht sowie ein reizendes Foto von ihr, das ich von ihr machen durfte.
Es zeigt sie als bezaubernde Venus im Schaum der Wogen. Ich habe es auf Lebensgröße ausdehnen lassen. Es hängt in meinem Schlafzimmer. Noch oft suchte ich den Strand bei Ca Pasquali auf, doch sie ließ sie sich nie wieder blicken.
Mitte Juli wurde eine unbekleidete Frauenleiche ebenda an den Strand gespült. Mit Kollege Giacomo del Bosco wurde ich als zuständiger Commissario herbeigerufen. Ein seltsames Bild bot sich uns: Eine unübertrefflich schöne Frau von gut vierzig war angespült worden. Sie lag im flachen Wasser auf dem Rücken, als ob sie schliefe. Das feuerrote Haar breitete sich hinter ihrem Kopf wie ein Heiligenschein aus. Das Gesicht war von Sommersprossen übersät. Fassungslos betrachtete ich die Leiche, die Leiche meiner Traumfrau Renata … und schluchzte hemmungslos.
Laut Obduktion war meine Geliebte nur ertrunken. Ich, der ich mit ihr so oft um die Wette geschwommen war, konnte es einfach nicht glauben. Da stimmte etwas nicht. Entweder hatte sie sich freudig lächelnd das Leben genommen oder sie war von einem unbekannten Täter ertränkt worden. Wenn die zweite Version zutraf, dann war es erstaunlich, dass sie nicht zuvor vergewaltigt worden war.
Zunächst verliefen meine Untersuchungen im Sande. Licht kam erst in die Sache, als der Fall des Strandmörders ganz Italien erschütterte. Ich vermute, auch sie war ein Opfer des damals noch unbekannten Unholdes von Ca Pasquali geworden, von dem ich bereits unter den Titel ›Böse Mädchen ertrinken am Lido‹ berichtet habe.
Es fand sich nämlich in der Wohnung des Mädchenmörders, fein säuberlich in einer Schachtel mit der Aufschrift ›Renata‹ verpackt, ein Bikinihöschen, das vorne aus einem grünen Dreieck mit gelben Herzen bestand, das unterhalb der Taille auf eine Schnur gefädelt war. Im Bereich der Kehrseite, ging es in einen blau-weißen Strick über:
Wie so viele andere, war auch Renata wahrscheinlich vom selben Schuft geködert und ertränkt worden. Beweisen ließ sich nichts. Wie ihr ja wisst, wurde er nie gefasst und hat zuletzt eine meiner liebsten Kolleginnen ertränkt. Da er meines Alters war, gehe ich davon aus, dass er inzwischen zur Hölle gefahren ist.
Bis heute träume ich von der roten sommersprossigen Renata. Wenn ich einmal einsam bin, unterhalte ich mich mit ihr. Ihr sonorer Alt schmeichelt dann meinen Ohren. Renata war und ist ein Teil von mir. Immer noch liebe ich sie wie am ersten Tag, auch wenn ich mich oft mit reizenden anderen getröstet habe.
Sie wäre inzwischen über Hundert. Noch immer kommt in mir die Sehnsucht auf, sobald ich irgendeine Rote mit Sommersprossen erblicke. Kinder! Kinder! So vergeht die Zeit. Ja, wirklich! Ich hätte sie geheiratet, das könnt ihr mir glauben. Ich habe nie geheiratet, wie ihr wisst. Ach, meine Renata! Die paar Jährchen, die uns noch trennen! So Gott will, sehen wir uns demnächst wieder.
Doch jetzt rasch zurück zum Fall der reizenden Fabiola, wegen der ich die Rote vorübergehend aus den Augen verlor!
Die Zentrale der Carabinieri von Padua ist am Apparat. Ja, als Carabiniere ist man immer im Dienst. Eine Stimme näselt. Ich verstehe nichts. Das Geschrei ist ohrenbetäubend. Die Kapelle wummert wie verrückt. Ich brülle ins Mikrofon, ich werde erst mal zum Auto gehen, um mich von dort aus per Funk zu melden. Schon zwänge ich mich durch die schweißnassen Passanten, reiße mich von einem drallen Mädchen in Hot Pants los, das sich an meinen Hals hängen will und ihren üppigen rechten Oberschenkel zwischen meine Beine gezwängt hat. Endlich gelange ich in die stille Seitenstraße, steige in meinen Wagen ein, schalte das Funkgerät an und frage genervt:
»Ist das ein Notruf?«
Es dauert seine Zeit, bis sich der zuständige Beamte, dieser Lahmarsch, die Güte gibt, am Apparat zu erscheinen. Gibt es bei der italienischen Polizei nur Rennschnecken? Ich knurre verärgert:
»Was ist los? Brennt Rom?«
Ein Beamter spitz:
»Wohl übergeschnappt! Nicht meine Aufgabe, Ihnen so was zu sagen. Das werden Sie schon sehen. Ich verbinde sie mit Capitano Signorelli. Der und kein anderer will sie nämlich sprechen, und das dringend. Bleiben Sie am Apparat! Kapiert?«
Es knackt eine Weile in der Leitung; dann eine müde Stimme:
»Signorelli!«
»Hier Corelli! Was ist passiert?«
»Fahren Sie zur Jugendhaftanstalt ›Santo Domenico‹! Dort wurde allem Anschein nach jemand von einem wild gewordenen blutjungen Weibsbild umgebracht, einer Insassin. Sie sitzt, äh, saß wegen größerem Diebstahl, geklautem Auto und Fahren ohne Führerschein.«
»Ich gebe mein Bestes, aber die Gassen sind dergestalt mit Autos verstopft, dass es seine Zeit dauern wird.«
»Das ist mir egal. Tun Sie, was Sie können. Es geht auf 1.00 Uhr zu. Ich habe keinen anderen Beamten erreicht. Wenn Sie den Mordfall aufgenommen haben, melden Sie sich übers Telefon der Anstalt! Ich weiß, ich hole sie aus dem Fest. Entschuldigung! Hoffentlich habe ich Sie nicht aus den Armen einer Reizenden gerissen! Soll nie wieder vorkommen, aber sie sind mein bestes Pferd im Stall.«
»Geht in Ordnung, Signore Capitano!«
Ich schaltete das Funkgerät ab und begab mich auf die Reise. Es war eine Qual, sich durch die Unzahl der Falschparker zu zwängen. Doch was will man machen? Es ist der große Tag. Sollen wir Carabinieri den Leuten den Spaß verderben und Strafzettel verteilen?
Seit Monaten war ich nicht mehr in der Justizvollzugsanstalt gewesen. Mir graute davor. In Erinnerung hatte ich einen trostlosen Kasten aus der Jahrhundertwende, zur Zeit, als wir noch einen König hatten und Benito Mussolini noch als Baby in die Hose machte.
Hier hinein wurden jugendliche Kleinkriminelle zwar zwecks ›Besserung‹ gesteckt, aber meist von erfahrenen ›Kollegen‹ erst richtig zum künftigen Verbrecher ›ausgebildet‹. Hinein kamen sie als Würstchen; heraus gingen sie als kriminelle Profis.
Der Gebäudekomplex war von einer vier Meter hohen Mauer umgeben, auf deren Krone stählerne Spitzen nach oben starrten. In der Wand klaffte ein doppelflügeliges Tor aus schwerem verrostetem Eisen, in das eine kleine Pforte zum Durchschlüpfen eingefügt war. Von außen waren das Bauwerk vor Kurzem mit einem neuen Anstrich versehen und der Presse vorgeführt worden. Die Direktion rühmte sich bei diesem Anlass eines modernen Strafvollzugs.
Ins Innere ließ man die Journalisten aber vorsichtshalber nicht hinein. Dort war die Anstalt nämlich braun in braun gehalten; die bröckelnden Wände rissig; kalter Zigarettengestank; übler Essensgeruch; Gestank von Schweiß und Fäkalien in widerlicher Mischung.
Immer noch in Polohemd, Sandalen und Bermudas steckend, alles andere, nur nicht wie ein fescher Commissario, drücke ich auf die Klingel. Die Sprechanlage schnarrt. Der Pförtner macht auf, lässt sich meine Dienstmarke vorführen, führt mich in eine Art Innenhof; dann durch einen düsteren Korridor zum Seitenflügen des Gebäudekomplexes. Über dem eisernen Tor dazu steht in Blockschrift, EINZELHAFT TRAKT. Der Wärter raunt mir ins Ohr:
»Bis der Mord geschah, war hier nur eine einzige Zelle belegt. Da drinnen ist es passiert.«
Ein Pulk erregter Leute wimmelt vor einer klaffenden Tür. Ich erstarre im Blitzlichtgewitter. Man macht mir Platz. Ich verharre auf der Schwelle. Vor mir der Tatort, ein Bild des Grauens:
