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Richard Berczeller, zu Lebzeiten angesehener Arzt in New York, beginnt mit 60 Jahren Kurzgeschichten über seine Lebenserfahrungen als Arzt, Jude und Sozialdemokrat zu schreiben und erfolgreich zu veröffentlichen. Die nun zum ersten Mal auf Deutsch vorliegenden Kurzgeschichten sind in loser Folge zwischen 1963 und 1974 im New Yorker erschienen. Berczeller beschreibt auf berührende Weise sein Leben im Wien der 20er- und 30-er Jahre als Medizinstudent und Filmschauspieler unter dem später vor allem für den Film Casablanca weltbekannten Regisseur Michael Curtiz, seine Erfahrungen als Jungarzt im Burgenland, seine Inhaftierung durch die Nazis, seine Flucht nach Frankreich und letztlich sein Leben in Amerika. Mit einem Vorwort von Joachim Riedl. Übersetzung aus dem Englischen von Jacqueline Csuss.
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Seitenzahl: 254
Für meine Enkelkinder Paul und John
Gedruckt mit Unterstützung der Kulturabteilung der Stadt Wien (MA7), der burgenländischen Landesregierung, des Zukunftsfonds der Republik Österreich, des Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus und der Gesellschaft der Freunde der Österreichischen Exilbibliothek.
Berczeller, Richard: Fahrt ins Blaue und andere Geschichten aus dem New Yorker / Richard Berczeller Wien: Czernin Verlag 2012 ISBN: 978-3-7076-0418-4
© 2012 Czernin Verlags GmbH, Wien Übersetzung: Jacqueline Csuss Lektorat: Eva Steffen Umschlaggestaltung: sensomatic Produktion: www.nakadake.at ISBN E-book: 978-3-7076-0418-4 ISBN Print: 978-3-7076-0397-2
Alle Rechte vorbehalten, auch das der auszugsweisen Wiedergabe in Print- oder elektronischen Medien
Joachim Riedl
Sehen Sie, teurer Freund, das ist eben der geheime Fluch des Exils, dass uns nie ganz gewöhnlich zu Mute wird in der Atmosphäre der Fremde, dass wir mit unserer mitgebrachten, heimischen Denk- und Gefühlsweise immer isoliert stehen ... Ach! das geistige Klima ist uns in der Fremde eben so unwirtlich wie das physische; ja, mit diesem kann man sich leichter abfinden, und höchstens erkrankt dadurch der Leib, nicht die Seele!
Heinrich Heine
Und wirklich, durch mehr als nur durch Ahnung kündigte sich der kommende Niedergang an. Man konnte es hören und lesen, man hätte es wissen können. Denn die barbarische Epoche war ja kein apokalyptischer Schicksalsschlag, den ein unversöhnlicher Himmel geschickt haben mochte. Kein: Out of the blue and into the black.
Noch heute wird darüber gerätselt, wie eine ganze Zivilisation hatte entgleisen können. Es gibt viele Erklärungsmuster, versöhnliche und unversöhnliche. Wir begreifen viele der gesellschaftlichen Mechanismen, die am Werk waren. Wir haben die Biographien der Täter rekonstruiert, die ein warnendes Beispiel für alle Zeiten sein sollen, auch wenn wir die meisten von ihnen ungeschoren haben davonkommen lassen. Wir haben gelernt, nachzuvollziehen, wie sich langsam eine massenmörderische Gesinnung hatte herausbilden können, der wir heute den Namen der Todesfabriken geben, die auf verbrannten Landstrichen errichtet worden waren. Zugleich starren wir in ein schwarzes Loch der Geschichte, wobei das Erschrecken immer größer sein wird als das Erkennen.
Vielleicht kam der Untergang vor der Zeit. In den Salons der guten Gesellschaft legte sich rasch wieder der Staub. Wäre das langsame, stetige Versinken in den Morast der Geschichte abwendbar gewesen, hätte man Tritt fassen, festen moralischen Boden gewinnen können? Diese Frage war zur nämlichen Zeit des Epochenbruches von untergeordneter Bedeutung. Es war, zunächst jedenfalls, nur eine genheit der allerbesten Familien, die sich ein Jahrzehnt und noch länger in Witwenschleier hüllten, ihrem verlorenen Imperium nachtrauerten und lediglich ihre Flaneure zur Totenwache für das alte Regime abstellten. Es war unter blutigen Zuckungen dennoch selig entschlafen und bestand nun nur mehr aus verklärter Erinnerung. Ihre Trauerarbeit bestand in vollkommener Untätigkeit, im Verharren und Erstarren. Sie verweigerten sich ganz allgemein der Zeit.
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
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