Falsche Engel - Kitty Blue - E-Book
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Falsche Engel E-Book

Kitty Blue

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Beschreibung

Im Jahr 2212 als gläubiger Christ aufzuwachsen, ist schon eine Herausforderung an sich. In der Schule sieht sich Bastian, der nur als der "Priesterboy" bekannt ist, täglichen Hänseleien ausgesetzt. Er möchte nichts weiter, als ein gottgefälliges Leben zu führen. Doch als er dem Engel Marcel begegnet, beginnt er alles zu hinterfragen.

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Inhaltsverzeichnis

Prolog

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

Kapitel 29

Kapitel 30

Kapitel 31

Kapitel 32

Kapitel 33

Kapitel 34

Kapitel 35

Kapitel 36

Kapitel 37

Kapitel 38

Kapitel 39

Kapitel 40

Epilog

Prolog

Wie ein unsanftes Streicheln glitt die Ohrfeige seiner Mutter an Bastians tränennasser Wange ab. Er hockte auf dem Boden, den Kopf gesenkt, traute sich nicht, aufzublicken.

»Jetzt ist aber mal gut!«, fuhr sie ihn an. »Was sollen denn die Leute denken?«

Bastians Weinen hatte schon andere aus der Gemeinde aus ihrer Trance gerissen, die nun vorwurfsvoll auf ihn hinunter sahen. Er zog die Nase hoch und blinzelte eilig die letzten Tränen weg.

»Gut, und jetzt sieh nach vorne.«, befahl seine Mutter.

Bastian schüttelte heftig den Kopf. Er wollte das nicht mehr sehen. Doch sie griff nach seinem Kinn und zwang ihn, den Kopf zu heben.

»Weißt du, was wir hier tun, Bastian?«

Der Sechsjährige suchte in seinem Gedächtnis nach einer passenden Antwort, aber der Schock saß zu tief.

»Du hast dich täuschen lassen.«, begann seine Mutter zu erklären. Ihre Stimme war wieder liebevoll. »Das ist nichts weiter als ein Ketzer. Er verspottet unseren allmächtigen Vater und versucht unsere geliebten Brüder und Schwestern auf den unrechten Pfad zu führen. Soll einer wie er weiter auf der Erde, die Gott allein für uns Menschen geschaffen hat, wandeln dürfen, um seiner zu spotten?«

Bastian schüttelte erneut den Kopf. »Nein, Mama.«

Zufrieden streichelte sie die kurzen blonden Haare ihres Sohnes. »Natürlich nicht. Und genau deswegen sind wir hier. Also, was siehst du?«

Langsam ließ Bastian seinen Blick schweifen, zögerte den Augenblick, in dem er das Grauen wieder betrachten musste, so lange wie nur möglich hinaus. Er war in einer Kirche. Eine gewaltige Halle, deren Deckenbögen mit Schnörkeln und Symbolen verziert waren. Bunte Fenster zeigten die Geschichten von Jesus. Es roch nach kaltem Weihrauch und altem Holz.

Vorne war der Altar. Ein großes, goldenes Kreuz ließ einen warmen Schimmer auf die vorderen Bänke fallen.

Und vor ihm hing an Ketten ein Mann von der Decke. Seine Augen waren vor Entsetzen geweitet, aber sein Mund hatte endlich aufgehört zu schreien. Lange dunkle Haaren fielen ihm über stählerne Brust- und Bauchmuskeln. Adern drückten von unten gegen die Haut und zogen sich wie ein bizarres Netz über seine Arme. Doch was Bastians Blick am stärksten auf sich zog, waren die beiden gigantischen graubraunen Flügel, die aus dem Rücken des Mannes ragten.

»Er sieht aus wie ein Engel.«

»Und welcher Engel soll das sein?«, wollte seine Mutter von ihm wissen. »Gabriel? Oder vielleicht Raphael? Könnte es Uriel sein?«

Bastian blickte wieder auf seine Fußspitzen und schüttelte zaghaft den Kopf. »Er hat gesagt, er heißt Achim.«

»Kennst du einen Diener Gottes mit diesem Namen?«

Er wünschte sich, dass die Befragung endlich ein Ende hätte. »Nein.«, antwortete Bastian gehorsam. »Priester Emil hat gesagt, falsche Engel wie er kommen von Lucifer.«

Endlich schien seine Mutter zufrieden zu sein. »Na also. Du bist doch schon ein großer Junge, warum nicht gleich so?«

Gemeinsam fingen sie wieder an zu beten, aber dieses Mal schaffte Bastian es nicht, seine Gedanken beiseite zu schieben. Zu Beginn der Zeremonie hatten das Gebet und die Gesänge der Gemeinde die gesamte Kirche wie ein warmes Summen erfüllt. Er hatte sich mitreißen lassen und war eins mit ihnen geworden. Nach einiger Zeit hatte er dann begonnen, um jeden Einzelnen herum ein Leuchten, ihre Seelen zu sehen. Er kannte nichts Schöneres.

Dann hatte man den falschen Engel mit den Armen über dem Kopf aufgehängt. Auch ihn hatte dieses Leuchten umgeben. Zwei Richter Gottes waren nach vorne gegangen, um ihn für seine Sünden zu bestrafen.

Bastian hatte erwartet, dass der falsche Engel würde beichten und beten müssen, so wie er selbst, wenn er etwas angestellt hatte. Aber dafür brauchte es nicht die Richter.

Richter Gottes können Seelen nicht nur sehen. Sie können sie auch greifen.

Stück für Stück rissen sie das Leuchten aus dem Mann heraus. Er hatte fürchterlich geschrien, obwohl sein Körper völlig unversehrt blieb. Bastian hatte gesehen, wie ein leuchtendes Abbild eines Flügels unkontrolliert die Luft peitschte, während das Gegenstück aus Fleisch und Blut wie tot zu Boden fiel.

Warum waren sie so grausam? Der Anblick hatte ihn vergessen lassen, wie man atmet. Sein junges Herz hatte einige Schläge ausgesetzt, kurz bevor sein Magen sich schmerzhaft verkrampfte.

Da hatte er angefangen zu weinen, hatte sich auf den Boden geschmissen und sich die Ohren zugehalten. Nach der Ohrfeige seiner Mutter war er vollkommen aus der Trance gerissen worden, was sich mittlerweile mit pochenden Kopfschmerzen rächte.

Das Leuchten sah er jetzt nicht mehr. Stattdessen beobachtete er ein groteskes Theaterstück, in dem die beiden Richter vorne an unsichtbaren Seilen zogen, bis der Engel in seinen Fesseln völlig erschlaffte.

Damit war es endlich vorbei.

Kapitel 1

Könnte man Nervosität mit einem Thermometer messen, hätten die Klimaanlagen der Schule in Bastians Gegenwart völlig verzweifeln müssen. Sein Herz schlug zu schnell, in seinem Hals war ein Klos und seine Finger zitterten so sehr, dass er sie tief in den Hosentaschen vergrub, um es zu verbergen.

Beruhig dich!, schalt er sich selbst. Was soll denn schon passieren?

Ja, was sollte schon passieren. Er würde bloß in eine neue Klasse mit neuen Mitschülern kommen. Alle älter als er.

Schon in seiner alten Klasse war er nicht sonderlich beliebt gewesen. Der Streber, der immer alles wusste, und doch die Witze seiner Mitschüler nicht verstand. Der nie mit zu einer Party kam. Der nie eine Schulstunde schwänzte und der zu schüchtern war, um mit irgendwem zu reden.

Was soll da schon passieren?

Ungeduldig wippte er von einem Fuß auf den anderen. Das billige Linoleum quietschte unter seinen Schuhsohlen. Die frisch weiß gestrichenen Wände wirkten grell und steril. Fast wie in einem Krankenhaus.

Stumm schickte er ein Gebet nach oben zum Herrn und hoffte, dass er heute besonders nahe bei ihm sein würde. Auf Gott hatte er sich bisher immer verlassen können.

Worte, die er schon hunderte Male in der Bibel gelesen hatte, flossen gemächlich durch seine Gedanken. Endlich wurde er etwas ruhiger. Er würde diesen Tag überstehen, wie er jeden anderen Tag der vergangenen Jahre überstanden hatte.

Die Tür des Lehrerzimmers öffnete sich und Herr Bickermann trat heraus. Seine stets so strenge Miene verzog sich zu einem kurzen Lächeln, als er Bastian sah.

»Ah, guten Morgen Herr Spaemann. Wie schön Sie zu sehen. Kommen Sie mit, ich bringe Sie beide zu Ihrem Klassenraum.«

Beide? Gab es noch einen neuen Schüler? Davon hatte Bastian nichts gewusst. Überrascht sah er sich um. Außer ihm war doch bis eben keiner hier gewesen.

Als sein Blick auf einen weiteren Jungen fiel, erstarrte er und sein Mund wurde trocken. In seinem Verstand hörte er für einen Augenblick nichts anderes mehr, als ein großes, lautes, alles verschlingendes NEIN.

Er hatte davon gehört, dass so etwas auf seine Schule ging. Einmal hatte er sogar einen gesehen und war schnell in eine andere Richtung gelaufen. Nie aber hätte er damit gerechnet, dass Gott es zulassen würde, dass er sogar eine Klasse mit so einer Abscheulichkeit würde teilen müssen.

Eilig bekreuzigte er sich. Oh Herr, schütze meine Seele vor dem giftigen Einfluss eines falschen Engels. Gib mir die Kraft, seiner Verdorbenheit zu widerstehen, und zeige mir stets den rechten Pfad.

Bastian folgte Herrn Bickermann und dem anderen Schüler mit etwas Abstand. Sie schienen nicht zu bemerken, wie sehr er gerade mit Abscheu zu kämpfen hatte. Aber auch mit einer gewissen Faszination. Verärgert über sich selbst stellte er fest, dass er nicht aufhören konnte, den anderen anzustarren. Er ließ seinen Blick einfach nicht los. Das war wohl der Zauber des Bösen. Eine verführerische Ästhetik, derer man schnell verfallen konnte, wenn man nicht aufpasste. Der Teufel war ein durchtriebener Spieler.

Bastian wurde jäh aus seinen Gedanken gerissen, als sich vor ihm die Tür zu einem Klassenzimmer öffnete. Als sie den Raum betraten, lagen sofort etliche Blicke auf ihnen.

»Willkommen zurück aus den Sommerferien.«, tönte die Stimme des Lehrers. »Wie Sie sehen können bin ich in der Oberstufe ihr Klassenlehrer. Wir kennen uns ja bereits aus dem Matheunterricht.«

Einige Schüler stöhnten leise auf. Herr Bickermann war nicht sehr beliebt. Zu Unrecht, wie Bastian fand. Er war zwar streng, aber fair.

»Außerdem habe ich Ihnen zwei neue Mitschüler mitgebracht.«, fuhr der Lehrer fort. »Wollen Sie sich eben selbst vorstellen?«

Während Bastian noch zögerte, trat der andere selbstbewusst vor. Er war etwas größer als Bastian, hatte schwarze Haare und ein schiefes Grinsen. Aber am auffälligsten waren die gefiederten Schwingen auf seinem Rücken.

»Moin, Leute.«, setzte der Neue an. Die Daumen hatte er lässig an die Hosentaschen seiner Jeans gehängt. »Ich bin Marcel Nowark, wiederhole die zehnte Klasse. Wer cool ist, kann heute Abend zu mir kommen. Gibt ne Party.«

Zustimmender Jubel erfüllte in der Klasse.

»Jo, Flattermann!«, rief ein Troll aus der letzten Reihe. Sein gräulich-grüner Körper wirkte viel zu groß für den einfachen Stuhl, auf dem er saß. »Du kannst hier nach hinten kommen, da haste genug Platz.«

Ohne zu zögern, steuerte Marcel auf den ihm angebotenen Platz zu und setzte sich breitbeinig hin. Seine taubengrauen Flügel breitete er hinter sich aus, als würde all der Platz ihm allein gehören.

Jetzt waren alle Blicke erwartungsvoll auf Bastian gerichtet. Er starrte nur mit offenem Mund zurück und hoffte nicht allzu rot zu werden.

»Hey, Priesterboy!«, rief irgendwer. »Du bist dran.«

Er hasste diesen Spitznamen. Wie hatte der sich so schnell in der ganzen Schule verbreiten können?

Mit einem Räuspern fand er seine Stimme wieder. »Mein Name ist Bastian Spaemann. Ich habe die neunte Klasse übersprungen.«

Für einen Moment waren die Blicke noch auf ihn gerichtet. Dann machte sich eine unterschwellige Enttäuschung breit, dass der »Priesterboy« nicht mehr zu sagen hatte.

»Wo ist hier noch ein Platz frei?«, fragte Herr Bickermann an seiner Stelle.

Rechts am Fenster meldete sich ein bekanntes Gesicht. »Hier, neben mir.«

Erleichterung durchflutete Bastian, sodass ihm für einen Moment schwindelig wurde. Eilig stieg er über achtlos im Gang stehengelassene Schultaschen, um zu seiner besten und einzigen Freundin seit der Grundschule zu gelangen.

»Hey, Janine!« Sein Herz machte einen kleinen Sprung, so sehr freute er sich, sie zu sehen.

Sie begrüßte ihn mit einem breiten Lächeln. »Hey, Basti.«

»Uuuuh!«, stichelte ein rothaariges Mädchen hinter ihnen. »Janine steht wohl auf den Priesterboy!« Einige andere kicherten.

»Halt die Klappe, Lana.«, zischte Janine. Dann flüsterte sie Bastian zu: »Cool, dass du in meiner Klasse bist. Das geistige Niveau in diesem Raum musste dringend mal angehoben werden.« Sie kicherten einander zu und wandten sich dann nach vorne.

Danke Gott, dass du mich erhört hast und auf mich aufpasst!

Die makellos weiße Wand vor der Klasse flimmerte kurz, als die SmartWall aus dem Standby erwachte, dann begann Herr Bickermann einige Matheaufgaben aus dem letzten Jahr zu wiederholen.

Mit simplen Handbewegungen schrieb er Zahlen und Buchstaben an die Wand und vergrößerte sie so, dass auch in der letzten Reihe alles gut zu lesen sein musste.

Bastian machte sich in seinem Heft aufmerksam Notizen. Als Janine bemerkte, dass er nicht wie alle anderen die digitale Oberfläche seines Tisches nutzte, verdrehte sie die Augen, sagte aber nichts dazu.

»Pst.« Das war Lana hinter ihnen. Bastian tat so, als hätte er sie nicht gehört. Wenn sie etwas von ihm wollte, sollte sie bis zur Pause warten.

»Pst! Hey, Priesterboy!«

Er stockte kurz in seiner Bewegung, bevor er weiter schrieb. Das hatte ihn verraten. So ein Mist!

»Hey, ich weiß, dass du mich hörst.«

Genervt schaute er kurz über die Schulter. »Was?«

»Warum trägst du bunte Kontaktlinsen in der Schule?«

Er verdrehte die Augen. Er konnte diese Fragen nicht mehr hören. Selbst völlig fremde Leute auf der Straße sprachen ihn manchmal darauf an.

»Das sind keine Kontaktlinsen.« Damit wandte er sich zurück nach vorne. Doch es dauerte nicht lange, da meldete sich die Nervensäge von hinten wieder.

»Pst.«

»Man, was?«

Sie hatte abschätzig die Nase gerümpft. »Als ob das keine Kontaktlinsen sind. Gibs doch einfach zu.«

Bastian schnaubte. »Ey, was willst du? Ich hab doch gesagt, dass das keine Kontaktlinsen sind.«

Er hatte schon öfter darüber nachgedacht, tatsächlich Kontaktlinsen zu tragen, um eben solche Gespräche zu vermeiden. Aber seine Eltern waren dagegen. Warum sollte er diese Besonderheit, die Gott ihm geschenkt hatte, verbergen?

»Pst.« Lana hatte offensichtlich nicht vor, aufzugeben. Zähneknirschend ignorierte Bastian es.

»Hey, Priesterboy. Hallo!«

Allmählich wurde Bastian aggressiv. »Meine Fresse, was ist dein Problem?«

»Alta! Ich würde viel lieber wissen, was dein Problem ist! Warum hast du es nötig dein Aussehen zu faken? Willst du wie irgendein Heiliger wirken oder so? Ich finde das ziemlich krank.«

Bastian hatte nicht die geringste Ahnung, was die Augenfarbe eines Menschen mit einem Heiligen zu tun haben sollte. Auch nicht, wenn die Augen in einem derart unnatürlich klaren Grün strahlten wie seine.

Demonstrativ drehte er sich wieder nach vorne und fixierte angestrengt den Lehrer.

»Pst!«. Er reagierte nicht. »Hey, Priesterboy!«

Selbst Janine verdrehte schon genervt die Augen, mischte sich aber nicht ein. Sie wusste mittlerweile, wann Bastian selbst mit jemandem klar kam und wann sie ihn retten musste. Trotzdem wünschte er sich, sie würde öfter für ihn die Löwenmutter spielen. So wie damals in der Grundschule, wo sie es sich zur Aufgabe gemacht hatte, ihn vor all den Hänseleien zu beschützen.

»Hey!« Bastian musste all seine Konzentration aufwenden, um dem Lehrer zuzuhören, aber er hatte längst den Faden verloren. »Alta, warum ignorierst du mich jetzt?«

Er hielt es nicht mehr aus. So konnte es doch nicht weitergehen! Bastian schlug mit der flachen Hand auf den Tisch und fuhr die Rothaarige etwas zu laut an: »Jetzt halt mal die Klappe, okay?«

Es wurde still. Sehr still. Alle starrten ihn an.

»Herr Spaemann.« Der Lehrer stand mit einem Mal direkt vor ihm. »Es wäre ganz reizend von ihnen, wenn Sie Ihre privaten Unterhaltungen auf die Pausen verschieben würden. Andernfalls werden Sie die versäumte Unterrichtszeit später nachholen müssen.«

Am ersten Schultag gleich eine Verwarnung. Was ein großartiger Start. Genau deswegen kam er mit Anderen nicht klar. Da würde auch diese Klasse keine Ausnahme darstellen.

Mit dem Läuten der Pausenglocke brach Chaos aus. Tablets wurden so achtlos in Taschen geschmissen, dass es ein Wunder war, dass keines zu Bruch ging. Bastians Mitschüler strömten so hektisch zur Tür hinaus, als sei jede Sekunde länger im Klassenraum pures Gift.

Normalerweise kümmerte Bastian das nicht weiter. Er blieb geduldig auf seinem Platz, bis sich das größte Getümmel nach draußen verlagert hatte. Warum sollte er sich diesem Gedränge auch aussetzen? Doch heute war es anders. Bevor er überhaupt seine Sachen gepackt hatte, war Janine schon mit einer Traube von Mädchen zur Tür hinaus. Wie konnte sie ihn am ersten Schultag nur allein lassen?

Eilig schmiss er sein Notizbuch in den Rucksack, schwang ihn sich über die rechte Schulter und stieß mit der Hüfte schmerzhaft gegen einen Tisch. Noch konnte er ihre unverwechselbaren Haare in der Menge ausmachen, aber sie entfernte sich immer weiter von ihm, während er von etlichen Gestalten hin und her gestoßen wurde wie ein Pingpongball.

Gerade als er es durch die Klassentür geschafft hatte und losrennen wollte, wurde er von einem heftigen Ruck nach hinten aufgehalten. Ja super, jetzt tat ihm auf noch das Steißbein weh! Der lose Träger seines Rucksacks hatte sich ausgerechnet an der Türklinke verfangen.

Irgendwer lachte über ihn, aber Bastian versuchte, es zu ignorieren. Er zog den Kopf ein, als könne er so unsichtbar werden und befreite seinen Rucksack. Janine hatte er zwischen all den anderen Schülern aus den Augen verloren.

Als er es endlich bis auf den Schulhof geschafft hatte, raste sein Herz und er fühlte sich zittrig. Menschenmengen machten ihn nervös, als würden all die anderen ihm die Luft wegatmen.

Bastians Blick sprang von einer Ecke des Platzes zur nächsten. Janine, wo war sie nur? So riesig war der Schulhof doch gar nicht. Irgendwo musste sie sein.

Er konzentrierte sich auf die Gruppen von Mädchen, die überall verteilt waren. In der einen Ecke trugen sie allesamt schwarze Klamotten, was in der Sommerhitze furchtbar warm sein musste. Eine andere Gruppe stand zwar beisammen, aber alle starrten auf die Smarties an ihren Handgelenken, ohne miteinander zu reden. Zwei weitere Mädchen hatten ein langes Gummiband zwischen ihren Beinen gespannt und eine Dritte sprang darüber.

Schließlich entdeckte Bastian sie in einer Gruppe von etwa einem Dutzend Mädchen, die sich im Schatten eines Baumes versammelt hatten. Eine von ihnen hatte straßenköterblondes Haar mit leuchtend pinken Strähnen darin. Das war sie, Janine.

Als er auf sie zulief, war sie gerade leidenschaftlich am Diskutieren. Sie sah sich gar nicht um, bemerkte ihn nicht, war ganz in das Gespräch mit einem anderen Mädchen vertieft.

Bastian stoppte sich selbst, bevor er Janine erreichte. Sie beide gingen schon seit Jahren auf dieselbe Schule, nur bisher in unterschiedlichen Klassen. Nie hatten sie die Pause zusammen verbracht. Warum sollte sich das gerade jetzt ändern? Er kam sich unendlich dämlich vor, als er sie inmitten ihrer Freundinnen sah und selbst völlig verloren da stand.

Mit hängenden Schultern wandte er sich ab und lies seinen Blick ziellos schweifen. An einem Treppenaufgang entdeckte er Kai-Uwe und Simon aus seiner alten Klasse. Sie hatten oft miteinander herumgehangen, all die unbeliebten Streber auf einem Haufen. Aber seit Bastian erfahren hatte, dass er eine Klasse überspringen würde, hatten die beiden ihn gemieden.

Kai-Uwe drehte unvermittelt seinen Kopf in Bastians Richtung, der ihm etwas unbeholfen zuwinkte. »Hey!«

Jetzt drehte auch Simon sich um und verschränkte die Arme. »Nein, wen haben wir denn da?«

Bastian legte eine Hand in seinen Nacken, als könne er sich daran festhalten und zuckte mit den Schultern. Er schaffte es kaum, ihnen in die Augen zu sehen. »Wie gehts euch?«

Anstatt auf seine Frage zu antworten, entgegnete Kai-Uwe mit einem kalten »Was willst du denn?«

Bastian sackte noch mehr in sich zusammen als ohnehin schon. »Ich dachte, wir könnten ein wenig quatschen oder so.«

»Ganz sicher nicht.« Damit drehte Simon sich wieder um und die beiden ignorierten ihn demonstrativ. Das versetzte Bastian einen Stich ins Herz. Er konnte sich beim besten Willen nicht erklären, warum sie so abweisend zu ihm waren. Wahrscheinlich würde er es auch nie erfahren. Überrascht war er nicht.

Mit einem Klos im Hals drehte er sich weg und lief ziellos vor sich hin. Was er auch tat, er war ein Außenseiter. Und selbst schuld war er auch noch. Er konnte nicht leugnen, dass er die allermeisten anderen Jungs nicht mochte. Mit dieser Einstellung wirkte er mit Sicherheit nicht, wie jemand, mit dem man gerne seine Zeit verbringen wollte. Dazu kam noch, dass er schüchtern war, unsportlich, eine mehr als merkwürdige Familie hatte und obendrein ein glatter Einser-Schüler war. Sein Coolness-Faktor dürfte im negativen Bereich liegen.

»Hey, ist der Priesterboy am heulen?«

Erst jetzt fiel Bastian auf, dass Tränen sich in seinen Augen gesammelt und ihren Weg über seine Wangen gefunden hatten. Eilig wischte er sie weg und versuchte vergebens ein Lächeln aufzusetzen.

»Krass, der flennt wie ein kleines Mädchen.«

»Achtung, Achtung! Der größte Streber der Schule will von seiner Mami abgeholt werden. Ich wiederhole, Streber will zur Mami!«

Der Spott kam aus allen Richtungen, sodass Bastian nicht einmal wusste, wohin er fliehen sollte. Die Worte verschwammen zu einem einzigen bösartigen Gelächter, das seine Schultern nach unten drückte, als würde er eine ganze Tonne von Gewichten mit sich herumtragen.

»Halts Maul du Arschloch!« Eine engelsgleich schöne Stimme ließ ihn aufhorchen. »Wie wärs wenn du dich mit jemanden in deiner Größe anlegst?«

Einige der Mobber wichen grinsend ein paar Schritte zurück und hoben abwehrend die Hände. Seine Löwin war da! Janine packte ihn am Arm und zog Bastian hinter sich her. Bereitwillig folgte er ihr und flüsterte ihr innerlich bereits ein »Danke« zu.

Als sie endlich eine ruhige Ecke gefunden hatte, stellte Janine sich direkt vor ihn und zwang ihn zu ihr nach oben zu schauen.

»Du brauchst dringend mehr Selbstbewusstsein, Kleiner.«

Bei ihrem sanften Blick fiel alle Anspannung von Bastian ab. Sie nahm ihn in den Arm und er fühlte sich direkt sicher und geborgen.

Das Ende des Schultages war wie eine Befreiung. Zu Hause angekommen, wurde Bastian schon im Flur von angenehmer Kühle empfangen. Er hatte das Gefühl, dass die Sommersonne ihm einen Sonnenbrand auf der Nase verpasst hatte.

»Ich bin wieder da!«, rief er in den Flur. Kaum hatte er seine Schuhe in den Schrank gestellt, begrüßte ihn schon seine Mutter.

»Hey, mein Schatz. Wie war dein erster Schultag?« Sie wartete seine Antwort gar nicht ab, sondern schob ihn in ihrer üblichen Eile in die Küche. »Erzähl uns beim Essen, ob du schon Freunde gefunden hast. Ich habe Kartoffelgratin gemacht.«

Ein köstlicher Geruch kam Bastian entgegen und ließ ihm das Wasser im Mund zusammen laufen.

»Nun lass den Jungen doch erst einmal ankommen.« Sein Vater legte das Tablet zur Seite, auf dem er bis eben die Zeitung gelesen hatte.

Überrascht zog Bastian die Augenbrauen hoch. »Seit wann liest du die Zeitung digital, Papa?«

Dieser schnaubte verächtlich. »Die Idioten von der Zeitung haben beschlossen, dass sich ein Druck auf Papier nicht mehr lohnt. Eine Schande, wenn du mich fragst. Irgendwann sind wir nur noch von diesen verdammten elektronischen Teilen abhängig.«

»Bitte fluch nicht am Essenstisch.«, wies Bastians Mutter seinen Vater sanft zurecht.

»Du hast recht, entschuldige Klara. Lass uns beten, damit wir endlich etwas essen können. Es riecht mal wieder herrlich.«

Bastian faltete die Hände und schloss die Augen. Seine Mutter war heute an der Reihe das Gebet zu sprechen.

»Herr, segne diese Speisen, die du uns bereitet hast. Segne sie und lass sie uns zur Stärkung dienen. Segne auch diese Familie, die zusammengekommen ist, um stets deiner zu dienen. Wir sind dankbar, für deine Gaben und für deine Herrlichkeit. Mögest du stets mit uns speisen und willkommen an unserem Tische sein. Amen.«

Sie bekreuzigen sich mehrmals, bevor Bastian wieder die Augen öffnete. Sein Vater streckte sich zufrieden und zupfte sein blaues Hemd zurecht, bevor er sich als Erster etwas vom Gratin nahm.

Mit einem Lächeln drehte seine Mutters sich zu Bastian. Ihre blauen Augen waren von ebensolch leuchtender Intensität wie seine. »Jetzt erzähl. Wie sind deine neuen Mitschüler so? Sind Brüder dabei?«

Bastian zuckte mit den Schultern. »Nicht, dass ich wüsste. Ich habe nicht alle gefragt, aber um ehrlich zu sein wirkt keiner von ihnen besonders gläubig. Aber zumindest bin ich jetzt mit Janine in einer Klasse.«

Sein Vater rümpfte die Nase. »Alles Sünder. Aber die werden sich noch wundern, wenn sie eines Tages vor ihrem Richter stehen. Ich weiß allerdings nicht, ob ich es so gut finden soll, dass du jetzt noch mehr Zeit mit diesem Mädchen verbringst.«

Bastian schluckte schwer. Er wusste, dass sein Vater Janine nicht mochte. Dennoch war es immer wieder aufs Neue hart zu hören. Er wünschte sich, es wäre nicht so.

Als hätte sie seine Gedanken erraten, ergriff Bastians Mutter das Wort. »Ach, Gerd. Freu dich doch, dass dein Sohn sich so gut mit ihr versteht. Sie scheint immerhin vernünftig zu sein.«

»Aber sie ist auch eine Sünderin. Ich habe sie zumindest noch nie in der Kirche gesehen. Das ist kein gutes Zeichen, erst recht nicht bei einem jungen Mädchen.« Mit strengem Blick wandte er sich an seinen Sohn. »Sei bloß vorsichtig, Junge.«

Bastian setzte einen flehenden Blick auf. »Sie ist wirklich nicht so schlimm, wie du denkst, Papa. Sie hat ein gutes Herz.«

»Viele Menschen haben ein gutes Herz.«, belehrte er ihn. »Doch das schützt vor Sünde nicht. Wer sich nicht der gütigen Führung des Herrn anvertraut, wird sich früher oder später seine Seele verderben. Ich will einfach nicht, dass du zu viel Zeit mit solchen Leuten verbringst. Das ist nicht gut für dich.«

Bastian ließ den Kopf hängen. Vermutlich hatte sein Vater sogar recht. Wie oft hatte er schon versucht, Janine auf den richtigen Weg zu bringen. Aber sie hatte immer abgeblockt und ihm schließlich verboten, mit ihr über religiöse Themen zu reden. Sie wollte nicht, dass er ihre Seele rettete. Und er fühlte sich schuldig, dass er es aufgegeben hatte.

Eine Weile aßen sie schweigend. Nur das Klappern des Bestecks war zu hören. Als Bastian sich zum zweiten Mal eine Portion aus der Glasschale in der Mitte des Tisches nehmen wollte, nahm sein Vater das Gespräch wieder auf.

»Was ist mit deinen anderen Mitschülern? Sind irgendwelche Viecher dabei?«

Bastian schluckte schwer. Was sollte er darauf antworten?

Schon auf dem Weg von der Schule nach Hause hatte er darüber nachgedacht, ob er seinen Eltern erzählen sollte, dass er nun einen falschen Engel in der Klasse hatte. Wäre Janine nicht dabei, wäre das alles kein Problem. Sein Vater wäre sauer geworden, hätte sich beim Schulleiter beschwert und der Priesterboy, der sowieso gehänselt wurde, egal, in welcher Klasse er war, würde in eine Parallelklasse versetzt werden, um die Reinheit seiner Seele nicht zu gefährden.

Aber jetzt hatte er Janine und das wollte er nicht aufgeben. Mit ihr hatte er die Chance, dass die anderen ihn wenigstens hin und wieder in Ruhe ließen.

Was sollte Bastian jetzt sagen? Lügen konnte er nicht. Nicht nur, dass es eine Sünde wäre. Sein Vater würde ihn auch sofort durchschauen. Er sagte immer, er könne Lügner an ihren Seelen erkennen.

Bastian hoffte, mit der halben Wahrheit davon zu kommen. »Also, eine Zwergin und ein Troll sind bei uns in der Klasse.«, nuschelte er in sich hinein.

»Sprich deutlich.«, wurde er sofort getadelt. »Also zwei. Nun gut.«

»Drei«, berichtigte Bastian ihn. In derselben Sekunde biss er sich auf die Zunge. Konnte er nicht einfach mal erst denken und dann reden?

Der fragende Blick seines Vaters forderte eine sofortige Antwort. Panisch suchte Bastian in seinem Gehirn nach einem Ausweg. Er erzählte von einem Gespräch, dass er nur am Rande mitbekommen hatte. Unterm Tisch kreuzte er die Finger, in der Hoffnung, Gott würde ihm diese Halbwahrheit vergeben.

»Also, eines der Mädchen behauptet, sie sei zur Hälfte Elfe. Aber man sieht es ihr nicht an. Vielleicht will sie sich auch nur wichtig tun.«

Seine Mutter schlug die Hände vor dem Mund zusammen. »Ein Mischling?«

Sein Vater verzog verächtlich das Gesicht. »Ich erwarte, dass du um solche Personen einen großen Bogen machst.«

Bastian nickte schnell. »Natürlich Vater.«

Der Appetit war ihm vergangen. Mit verkrampftem Oberkörper versuchte er das schlechte Gewissen beiseitezuschieben. Dabei konnte er kaum den Blick vom Teller heben. Der Blick seines Vaters ruhte schwer auf ihm.

»Deine Seele ist unruhig.«

Ein kalter Schauer lief Bastians Rücken hinunter. War er aufgeflogen? Dabei hatte er nicht wirklich gelogen! Konnte sein Vater es trotzdem sehen?

»Sollen wir dich nicht doch lieber auf das katholische Internat schicken, damit du in einem sauberen Umfeld lernen kannst?«

Erleichtert stieß Bastian die Luft aus, die er unbewusst angehalten hatte. »Nein«, antwortete er. »Ich werde bald fünfzehn und irgendwann muss ich sowieso lernen, mit so etwas umzugehen. Ich schaffe das schon.«

Für einige Augenblicke starrte sein Vater ihn an. Dann endlich nickte er und wandte seinen Blick wieder ab. »Nun gut, ich bin froh so einen engagierten Sohn zu haben. Übernimm dich nur nicht.«

Bastian schüttelte den Kopf. Doch an ein gemütliches Weiteressen war trotzdem nicht mehr zu denken.

»Mama?« Sie lächelte ihn sanft an. »Es tut mir leid. Du hast so lecker gekocht, dass ich meinen Hunger überschätzt habe. Ist es ok, wenn ich die Reste auf meinem Teller mit in mein Zimmer nehme?«

»Aber natürlich.«, antwortete sie sofort, wurde aber von ihrem Mann unterbrochen.

»Bastian.« Die Strenge in der Stimme seines Vaters lies ihn zusammen zucken. »Wenn du dir mehr nimmst, als du essen kannst, zeugt das von Gier und Völlerei.«

»Ach sei doch nicht so streng mit ihm.«, verteidigte ihn seine Mutter. »Immerhin ist er noch im Wachstum.«

Sein Vater ignorierte sie. Bastian ließ betroffen den Kopf hängen. Er hatte ja recht. Er musste sich mehr zusammenreißen.

»Geh nach oben, meinetwegen nimm deinen Teller mit. Aber ich rate dir zu beten.«

Sein Vater schien nichts weiter in Verdacht zu haben. Glück gehabt!

Bastian nickte eilig. »Natürlich. Das mache ich.«

Dann drückte er schnell seiner Mutter einen Kuss auf die Wange, nahm sich seinen Teller und flüchtete aus der Küche. Er schämte sich so sehr, dass er es nicht ertragen hätte, länger dort sitzen bleiben zu müssen. Mit dem Vorsatz, sich zu bessern, ging er auf sein Zimmer und stellte seinen Teller auf dem Schreibtisch ab. Dann kniete er sich neben sein Bett und schlug die Bibel auf, die er immer auf dem Nachttisch liegen hatte. Er blätterte eine Weile, bis er den richtigen Vers gefunden hatte. Mit einem Seufzen faltete er die Hände und fing an zu lesen.

Ein schlimmer Schandfleck am Menschen ist die Lüge; im Mund des Ungebildeten findet sie sich dauernd. Besser ein Dieb als einer, der immer nur lügt; beide aber werden zugrunde gehen. Das Ende des Lügners ist Schmach, immerfort haftet seine Schande an ihm.

»Herr, bitte verzeih mir, dass ich meinen Eltern etwas wichtiges Verschwiegen habe. Das kommt einer Lüge gleich. Es geschah mit Absicht und war kein Versehen. Ich wusste, dass ich eine Sünde tat. Ich habe sie noch im selben Moment bereut. Ich würde dir gerne versprechen, es nicht wieder zu tun, aber du weißt wie schwach mein Herz ist. Deswegen bitte ich dich, habe Nachsicht mit mir und zeige mir einen besseren Weg und gib mir die Kraft diesen auch zu gehen.«

Kapitel 2

Es dauerte eine Weile, bis das Gemurmel der Schüler erstarb, nachdem der Lehrer den Raum betreten hatte. Dieser lehnte sich mit verschränkten Armen ans Lehrerpult und wartete. Sagte kein Wort.

Bastian stieß Janine mit dem Ellenbogen an. Mit einem Augenrollen in seine Richtung beendete sie ihr Gespräch mit einem der anderen Mädchen, welches sich ebenfalls ohne erkennbare Motivation dem Lehrer zuwandte. Das schien eine Welle widerwilliger Aufmerksamkeit ausgelöst zu haben, sodass es in der Klasse endlich ruhig wurde.

»Guten Morgen alle zusammen. Mein Name ist Hendrik Otten und ich bin Ihr Geschichtslehrer.« Er ließ seinen Blick über die versammelten Schüler schweifen. »Die meisten von Ihnen kenne ich noch aus der siebten Klasse. Schön, das Sie es bis hier hin geschafft haben.« Er nahm eine Liste zur Hand und überflog die Namen darauf. »Sie haben wohl zwei neue Mitschüler, wie ich sehe. Der eine ist mir direkt aufgefallen.« Er schaute in die letzte Reihe zum Engel. »Herr Nowark, nehme ich an?«

Marcel nickte knapp.

»Dann ist hier noch ein Herr Spaemann vermerkt. Würden Sie sich bitte einmal melden?«

Bastian hob seine Hand. Ein Lächeln flog über das Gesicht des Lehrers und er strich sich durch den bereits ergrauten Bart.

»Ach, Sie sind das. Ihre Noten sollen ja hervorragend sein. Ich freue mich schon auf den Unterricht mit Ihnen.«

Damit hatte er eine Welle des Spotts unter den Schülern losgetreten.

»Uuuh, der Priesterboy ist Lehrerliebling. Wie schön für ihn.«

»Bei wem hat der sich denn alles eingeschleimt?«

»Hat der Streber dem auf’m Klo einen geblasen, oder was?«

Bastian ließ seinen knallroten Kopf hängen und wünschte sich, er sei unsichtbar. Unterm Tisch griff Janine nach seiner Hand und drückte sie leicht um ihn daran zu erinnern, sich gerade hinzusetzen. Wenigstens den Schein von Selbstbewusstsein könnte er versuchen zu wahren.

Herr Otten blieb gelassen. »Bitte, bitte. Nehmen Sie sich etwas zurück. Würden Sie sich auch nur halb so sehr bemühen wie ihr Klassenkamerad dürften auch Sie sich guter Noten erfreuen. Zudem ist nicht einer von Ihnen ansprechend genug, als dass ich ihn mit auf die Toilette nehmen würde. Bei mir punkten Sie ausschließlich mit Fleiß.«

Einem blonden Mädchen in der zweiten Reihe klappte die Kinnlade herunter. »Ey, hat der uns gerade hässlich genannt?«

Der Lehrer ignorierte den letzten Kommentar und drehte sich zur Wand, die er mit einem Wink aktivierte. Er malte einen Zeitstrahl auf, beginnend im Jahre 2038, bis heute 2212. Dann wandte er sich wieder den Schülern zu.

»Wer von Ihnen kann sich denken, worum es in diesem Halbjahr gehen wird?«

Fast wie automatisch schoss Bastians Hand in die Höhe, im selben Moment bereute er es. Er ist doch eben erst als Streber beschimpft worden. Aber es war zu spät, Herr Otten hatte ihn gesehen.

»Ja bitte, Herr Spaemann. Klären Sie uns auf.«

Er atmete einmal tief durch, bevor er antwortete. »2038 trafen die verschiedenen nicht menschlichen Rassen aus Seldohvan zum ersten Mal auf die Menschheit. Da eine Rückkehr aufgrund ungeklärter Ursachen nicht möglich ist, hat bis heute die Integration dieser Rassen in unser Gesellschaftssystem stattgefunden.«

Der Lehrer nickte zufrieden. »Wir werden uns also mit den wichtigsten historischen Daten in diesem Zeitraum beschäftigen. Die ersten Begegnungen, die große Unsicherheit und Rassenjagd, die ersten angepassten Menschenrechtserklärungen und die Gleichstellung auf einem Großteil der Erde. Dass das alles in nicht ganz zweihundert Jahren vonstatten gegangen ist, ist äußerst beeindruckend. Gemeinsam werden wir beleuchten, wie das möglich war und aus welchen noch älteren historischen Beispielen wir gelernt haben.«

Herr Otten blickte jeden einzelnen Schüler der Reihe nach an. »Wie ich sehe haben wir sogar drei Vertreter der sechs neuen Rassen in der Klasse. Das trifft sich gut. Sie werden Referate zu den ersten Begegnungen nach dem Zusammenbruch der Tore halten. Außerdem wird eine siebte Gruppe erläutern, was an dem Rassenbegriff problematisch ist und warum er dennoch gebraucht wird.«

Die Klasse stöhnte auf. Ausnahmsweise teilte Bastian die Unlust seiner Mitschüler, wenn auch aus anderen Gründen. Er hasste Gruppenarbeiten. Er arbeitete viel lieber alleine. In der Hoffnung, wenigstens eine Person dabei zu haben, auf die er sich verlassen konnte, sah er zu Janine hinüber. Sie suchte bereits den Blickkontakt zu ihren Freundinnen und beachtete Bastian gar nicht.

»Herr Nowark, kommen Sie bitte nach vorne.«, forderte Herr Otten.

Widerwillig stand Marcel auf und schlenderte betont langsam nach vorne zum Pult.

»Sie werden die Gruppe mit dem Referat zu den Engeln repräsentieren.«

Marcel drehte sich zur Klasse um und breitete mit einem Schlag seine Flügel aus, was beinahe die gesamte Breite des Klassenzimmers einnahm. »Ja genau, ich bin ein Engel. Ich überbringe euch die Nachrichten eures mickrigen Gottes, ihr Würmer. Also sauft und tanzt bis ihr umfallt!«

Vor allem die Jungen aus den hinteren Reihen grölten vor Lachen. Bastian hingegen entfuhr nur ein langgezogenes »Uff.« Was für ein ätzender Macho.

Der Troll - er hieß Timo, wenn Bastian sich richtig erinnerte - übertönte mit seiner Stimme den Lärm der anderen. »Jetzt halt mal die Luft an, Flattermann. Sonst rupf ich dir deine verdammten Federn.«

Herr Otten hatte die Hände in die Hüften gestemmt und schaute ernst von einem zum anderen. »Meine Herren, das reicht jetzt. Herr Nowark, ich würde es bevorzugen wenn Sie Ihre Ansprachen etwas dezenter halten würden. Und Herr Wonn«, damit sah er zum Troll. »Sie unterlassen es bitte Ihren Klassenkameraden mit Handgreiflichkeiten zu drohen.«

Marcel klappte seine Flügel wieder ein und entfernte sich einen halben Schritt von Herrn Otten. »War doch alles nur ein Spaß.«

Der Lehrer ignorierte ihn. »Herr Wonn, Sie dürfen direkt auch nach vorne kommen.«

Der Troll schnaubte beleidigt und erhob sich erstaunlich schnell von seinem Stuhl. Während er nach vorne ging, bildete Bastian sich ein, dass sein Tisch mit jedem Schritt ein wenig wackelte.

Mit in den Hosentaschen versenkten Händen stand der Troll nun neben Marcel. »Jo, ich denke, ich vertrete dann mal die Elfen.«

Wieder ging ein Lachen durch die Klasse.

»Zu guter letzt haben wir auch noch eine Vertreterin der Zwerge unter uns. Frau Urtica, bitte kommen auch Sie nach vorne.«

Zögerlich erhob sich ein kleines, pummeliges Mädchen in der ersten Reihe. Nervös kratzte sie sich am Arm und schlurfte nach vorne.

Zufrieden schaute Herr Otten in die Runde. »Nun fehlen uns nur noch drei Freiwillige, die die Referate zu den Elfen, den Nymphen und den Gnomen halten. Und natürlich eine siebte Gruppe für die Begriffsdiskussion.«

Die Hände einiger stark geschminkter Mädchen schossen in die Höhe. Der Lehrer wählte eine von ihnen aus.

»Ich möchte das Referat zu den Elfen halten!«, verkündete sie schnell. Ein weiteres Mädchen meldete sich für die Nymphen. Albern kichernd stellten die beiden sich nach vorne.

Wenig überraschend war, dass sich für die Gnome plötzlich keiner mehr interessierte. Um das ganze Prozedere nicht unnötig in die Länge zu ziehen, überlegte Bastian, sich einfach zu melden. Ihm war es reichlich egal, welches Referat er halten sollte. Der Lehrer bemerkte sein Handzeichen jedoch nicht, da er bereits einen hageren Jungen am anderen Ende der Klasse im Visier hatte. Dieser willigte schulterzuckend ein und stakste auf viel zu langen Beinen zum Pult. Ihm folgte ein Mädchen mit Rasterlocken, das die siebte Gruppe vertreten sollte.

Sichtlich erfreut klatschte der Lehrer in die Hände. »Jetzt wählen Sie nacheinander zwei bis drei Mitstreiter pro Gruppe. Aber«, fügte er in ernstem Ton hinzu. »Gerade diejenigen unter Ihnen, die im letzten Jahr mit nicht allzu guten Noten davon kamen, sollten sich gut überlegen, mit wem sie ein Team bilden möchten.«

Sein Blick ruhte dabei auffällig lange auf Marcel. Dieser rümpfte die Nase. »Wenn das so ist, will ich den Streber in meiner Gruppe haben.«

Er deutete auf Bastian, der erschrocken zusammenzuckte. »Wie jetzt, ich?«

Sein Herzschlag setzte für eine Sekunde aus. Das geht doch nicht! Aber ein Klos in seinem Hals verhinderte, dass er dagegen protestieren konnte.

Auch in dieser Pause hatte Janine ihn retten müssen. Dass sie jetzt bei ihm stand und nicht bei ihren Freundinnen bedeutete Bastian viel. Er wusste, dass die anderen Mädchen schon hinter ihrem Rücken tuschelten. Trotzdem schien ihr das nichts auszumachen. Er wünschte sich, er könne selbst so gelassen und cool sein wie seine beste Freundin.

»Auf Timo!« Janine gestikulierte wild mit den Händen. »Wie kann man auf Timo stehen? Ich meine, ich bin ja keine Rassistin, aber es ist einfach Fakt, dass Trolle nicht gerade zu den attraktivsten Rassen gehören. Oder was denkst du?«

Bastian hatte ihr nur zur Hälfte zugehört, deswegen nickte er einfach schnell. »Ja, ja da hast du recht.«

Sie nickte heftig zurück. »Eben! Ich meine, wenn er wenigstens ein netter Kerl wäre und nicht so ein Großkotz. Das Äußere spielt ja eigentlich auch keine Rolle bei der Liebe. Aber ich bin auch nicht blind, deswegen ist es mir schon wichtig, dass der andere wenigstens ein bisschen gut aussieht.«

Bastian nickte weiter, während er auf einer Möhre kaute. Wenn er so darüber nachdachte, war es faszinierend, dass eine Möhre gleichzeitig hart und saftig sein konnte. Kannte er irgendein anderes Gemüse, das so eine verwirrende Konsistenz hatte?

»Was ist mit dir?«, fragte Janine.

»Huh?« Bastian erschrak und schämte sich ein wenig dafür, dass er eine Möhre interessanter fand als den ewigen Redeschwall seiner besten Freundin.

»Na, wen magst du? Gefällt dir irgendein Mädchen aus unserer Klasse?« Sie grinste breit. »Mir kannst dus doch sagen.«

Bastian schaute in ihre grau-blauen Augen und versuchte, darüber nachzudenken. Was mochte er an Mädchen? Im Grunde müsste eine Freundin für ihn sein wie Janine. Freundlich, intelligent, hübsch, nicht zickig. Einfach ganz normal.

Er zuckte mit den Schultern. »Keine Ahnung. Ich kenne die ja alle noch nicht wirklich. Wenn ich mal eine Freundin habe, möchte ich nur, dass sie nett ist.«

Janine schüttelte leicht den Kopf, sah aber nicht überrascht aus. »Du bist so süß, Kleiner.«

Ein paar Schritte von Ihnen entfernt spielten einige Jungs Fußball. Janine schaute mit verträumten Blick über die Schulter.

»Also ich finde ja Marcel ziemlich heiß.«

Bastian verschluckte sich fast an seiner Möhre. »Marcel? Ehrlich?«

»Ja! Schau doch mal wie breit seine Schultern sind. Und die Flügel sind auch ganz nice.«

Die Skepsis stand Bastian ins Gesicht geschrieben. Das konnte sie doch nicht ernst meinen! Hatte sie denn gar nicht mitbekommen, wie der Kerl sich benimmt?

»Ach komm schon, du musst zugeben, er sieht gut aus. Oder bist du etwa eifersüchtig?«, zog sie ihn auf.

Jetzt musste er wirklich lachen. »Davon träumst du wohl. An dem gibt es absolut nichts, worauf man eifersüchtig sein könnte.«

»Dann ist doch alles bestens.«, sagte Janine mehr zu sich selbst, als zu Bastian, während sie mit verklärtem Blick den Engel beobachtete.

Bastian klappte der Unterkiefer herunter. Seine beste Freundin stand also auf zurückgebliebene Proleten? Das konnte und wollte er nicht glauben.

»Du bist doch in Geschichte mit ihm in einer Gruppe.«, stellte Janine fest. »Wann trefft ihr euch denn?«

»Schon morgen Nachmittag.«, antwortete Bastian mit deutlichem Unbehagen.

Begeistert klatschte Janine in die Hände. »Kannst du mir dann seine ID besorgen? Bitte, bitte, bitte!«

Er runzelte die Stirn. »Wie soll ich das denn machen?«

»Na, ganz einfach. Du fragst ihn.«

Bastian legte den Kopf schief. »Und das wirkt auch garnicht komisch, wenn ich ihn nach seiner ID frage, wo ich doch gar kein Smartie habe.« Er hielt ihr demonstrativ sein nacktes, unversehrtes Handgelenk unter die Nase.

Janine seufzte. »Ach ja. Hab vergessen, dass du der letzte Mensch auf der Welt bist, der noch ein Handy benutzt. Nagut, dann frag ihn nach seiner Nummer, damit krieg ich seine ID schon raus.«

Bastian verdrehte die Augen. Darauf hatte er so gar keine Lust. »Warum fragst du ihn nicht selbst?«

Janine schnipste ihm gegen die Stirn. »So funktioniert das nicht. Sonst könntest du doch auch einfach zu den Mädels rüber gehen und eine nach ihrer Nummer fragen, oder?«

Er verschränkte die Arme. »Na schön. Janine, kann ich deine Nummer haben?«

Sie stutzte kurz, dann lachte sie laut auf. »Du bist manchmal so ein Idiot, Kleiner, weißt du das?«

Er zuckte wieder mit den Schultern. »Wenn du das sagst.«

Kapitel 3

Der nächste Schultag verging Bastians Geschmack nach zu schnell. Die Glocke, die das Ende der letzten Stunde ankündigte, ließ ihn aufstöhnen. Janine erinnerte ihn unnötigerweise daran, dass er für sie Marcels Nummer zu erfragen hatte, bevor sie aus dem Klassenraum eilte. Für einen Moment dachte Bastian darüber nach, wie schwer wohl die Buße dafür wäre, wenn er ihr mit einer herausgestreckten Zunge antwortete.

Betont langsam packte Bastian seine Sachen zusammen und schlurfte aus dem Klassenraum. Zuhause hatte er vorgearbeitet, sodass sie hoffentlich schnell fertig werden würden. Damit hatte er schon jetzt wieder einmal die meiste Arbeit erledigt, aber nur so konnte er sicher stellen, dass das Referat seinen Notenschnitt nicht ruinierte.

Draußen entdeckte er Marcel sofort. Er hatte seine Flügel prahlerisch ausgebreitet und fächelte einem Mädchen damit Luft zu, während sie andauernd seinen Oberarm betatschte. Bastian wusste beim besten Willen nicht, woher Marcel diese Überheblichkeit nahm. Er hatte schon Engel gesehen, deren Flügel aussahen wie die von Adlern, oder so bunt wie von einem Papagei. Aber der da war einfach eine Taube. Unspektakuläre Grauschattierungen. Absolut nichts Besonderes.

Nur dieses Mädchen sah das offensichtlich anders. Sie himmelte ihn förmlich an und er grinste dabei so dämlich, als hätte er sein gesamtes Gehirn gegen Oberarmmuskeln getauscht.

Bastian atmete einmal tief durch. Er durfte nicht so passiv aggressiv an die Sache herangehen, das gäbe am Ende nur unnötigen Ärger. Er konzentrierte sich darauf, seine innere Abneigung so weit wie nur möglich herunter zu schrauben, und ließ Gleichgültigkeit durch seine Seele strömen. Ein kurzes Gebet zum Herrn half ihm dabei.

Das Mädchen bemerkte ihn zuerst. »Da ist der Priesterboy ja endlich.«

Marcel klappte seine Flügel wieder ein. »Hey Streber, was brauchst du denn so lange?«

Bastian zuckte mit den Schultern. »Bin doch jetzt da. Also, können wir los?«

Marcel zögerte kurz, als wisse er nicht, was er mit dieser Antwort anfangen sollte. »Klar.« Dann ging er voran. Das Mädchen hing ihm weiterhin am Arm.

Bastian folgte mit einigen Schritten Abstand. Die Parfümwolke des Mädchens bereitete ihm Kopfschmerzen, während er das belanglose Gespräch über irgendeine Party zu überhören versuchte.

Zuerst wollte Bastian die beiden ebenso ignorieren, wie sie ihn ignorierten. Das wäre mit Abstand das Angenehmste gewesen. Aber wenn sie halbwegs ordentlich zusammenarbeiten sollten, wäre es hilfreich, sich wenigstens ein bisschen zu verstehen. Außerdem sagte schon der Herr »Liebe deinen Nächsten«, egal wie unsympathisch der Nächste war.

»Hey, Marcel.« Bastians Stimme klang so dünn, dass er selbst überrascht war, dass er überhaupt gehört wurde.

Marcel zog eine einzelne Augenbraue hoch und drehte sich zu ihm um. »Was ist?«

Das Herz rutschte ihm in die Hose. Was sagte man eigentlich zu jemanden, den man nicht kannte? Er starrte Marcel nur mit offenem Mund an, bis dieser sich mit einem Schnauben wieder von ihm abwandte.

Bastian räusperte sich und versuchte es erneut. Sein Innerstes sträubte sich gegen das, was er sagen wollte.

»Du bist neu, ich bin neu. Da haben wir ja schon etwas gemeinsam. Und wenn wir jetzt zusammen ein Referat halten sollen, wäre es doch gut, wenn man sich versteht und etwas kennen lernt.«

Das Mädchen musste ein Lachen unterdrücken, Marcel wandte sich ihm nicht einmal zu, als er antwortete. »Okay, Mister Psychodoc. Ist das eine Freundschaftsanfrage oder eine Liebeserklärung?«

Bastian lief rot an und war froh, dass die anderen beiden sich nicht umdrehten, um das zu sehen.

Das Kichern des Mädchens war unangenehm schrill. »Der ist in irgendeiner Sekte oder so. Die stehen doch so auf Engel. Pass auf, sonst wirft er sich noch vor dir auf den Boden und erklärt dich zu seinem Gott.«

Marcel lachte laut und breitete einen Flügel aus, um ihn theatralisch über dem Mädchen schweben zu lassen. »Wer kann dem auch widerstehen?«

Pah, von wegen liebe deinen Nächsten. Das galt ohnehin nur für die von Gott geschaffenen Menschen. Ganz sicher waren damit keine falschen Engel gemeint. Nicht ohne Grund hatte Priester Emil ihn sein Leben lang vor ihnen gewarnt.

Nach ein paar Minuten standen sie vor einer schwarzen Haustür, die Bastian an einen Bunker denken ließ. Sie wurde ihnen von einer dunkelhaarigen Frau mit taubengrauen Flügeln geöffnet.

»Ach da seid ihr ja! Ich bin Anna, die Mutter von Marcel. Kommt rein.«

Wie in den meisten öffentlichen Gebäuden auch waren die Tür und der Flur dahinter ungewöhnlich breit, damit ein Engel mit seinen Flügeln nirgends hängen blieb. Diese Weite fühlte sich bedrückend an. Das hatte nichts mit der Gemütlichkeit zu tun, die er von zu Hause kannte.

Das Mädchen begrüßte die Mutter überschwänglich. »Hallo Anna, wie schön Sie kennen zu lernen. Ich bin Ina.«

Bastian war erleichtert, dass er auf diesem Wege erfahren hatte, wie sie hieß. Er hatte sich bisher keinerlei Mühe gegeben, die Namen seiner Klassenkameraden zu lernen.

Höflich schüttelte er Annas Hand und stellte sich vor. Sie lächelte ihn herzlich an. »Nicht so schüchtern Bastian, wir beißen nicht.«

An einem großen Esstisch wurden ihnen Teller mit Salat und Hähnchenfilets gereicht. Bastian war überrascht, dass er sofort etwas zu Essen bekam. Er war doch nur zum Arbeiten hier.

»Wer kann sich denn schon mit leerem Magen konzentrieren?«, fragte Anna mit einem Augenzwinkern.

Bastian hatte ein schlechtes Gewissen, dass er nur den Salat gegessen und das Hähnchen liegen gelassen hatte. Seine Mutter beklagte sich so oft über die hohen Fleischpreise.

Marcels führte sie auf den ausgebauten Dachboden. In den Schrägen waren große Fenster eingelassen und der ganze Raum war von Licht durchflutet. Zugleich staute sich die Hitze des Sommers hier oben unerträglich. Ächzend öffnete Marcel sofort alle Fenster, um für ein wenig Durchzug zu sorgen.

Ina fing sofort an, sich umzusehen. »Oh wow, du hast so ein schönes Zimmer, Marcel! Und so ein großes Bett. Da schläfst du doch nicht alleine drin, oder?«

Ina ließ sich auf die Bettkante sinken. Ein Träger ihres Tops war heruntergerutscht und ein kleines Stück eines mit Spitze besetzten BHs war zu sehen. Sie lächelte Marcel unschuldig an.

Der verstand die Anspielung nicht oder ignorierte sie gekonnt. »Doch natürlich schlafe ich da alleine drin. Was denn sonst?«

Bastian fiel auf, dass es zwar ein Kopfkissen, aber keine Decke gab. Nicht, dass man bei dieser Hitze eine gebraucht hätte. Er selbst konnte trotzdem nicht ohne schlafen, auch wenn er sie nur im Arm hielt, anstatt sich damit zuzudecken. Eine komische Angewohnheit.

Ina stand auf und stellte sich dich vor Marcel, legte ihre Hände auf seine Brust und brachte ihr Gesicht nah an seines heran. Musste das sein? Sie waren doch für das Referat hier.

»Also hast du keine Freundin?«, hauchte Ina und legte ihren Kopf leicht schief.

Marcel wandte sich stirnrunzelnd ab. »Kein Bedarf. Lasst uns lernen.«

Inas Gesichtsausdruck war so überrascht, dass Bastian fast laut losgelacht hätte.

Marcel ließ sich mitten im Zimmer in den Schneidersitz sinken.

Ina sah überhaupt nicht mehr begeistert aus. »Ehrlich? Wir sollen auf dem Boden hocken?«

Marcel machte eine lässige Handbewegung in Richtung eines Tisches. »Na, da ist ja offensichtlich kein Platz und ich habe auch nur einen Stuhl.«

Sein Schreibtisch war kaum als solcher zu erkennen, so viel Kram stapelten sich darauf. Bastian sah Berge an Papier, Tassen, offensichtlich dreckige Teller, sogar Socken.

Dankbar, nicht an diesem Tisch arbeiten zu müssen, setzte er sich zu dem Engel auf den Boden. Ina rümpfte noch ein letztes Mal die Nase und gesellte sich dann dazu.

Erleichtert, dass es endlich losgehen konnte, fing Bastian an, seine Tasche auszupacken. »Also, ich habe schon ein wenig vorgearbeitet. Im Grunde müssen wir uns nur noch einigen, wer welchen Part der Präsentation übernehmen möchte und das dementsprechend einüben.«

Ina grinste breit. »Marcel, die Idee den kleinen Streber mit in die Gruppe zu nehmen war genial! Wir müssen ja überhaupt nichts mehr machen.«

Marcel nickte abwesend. »Ja, langsam Tina.«

Ihr Blick wurde düster. »Ich heiße Ina.«

Marcel ignorierte sie und konzentrierte sich auf Bastians Notizen. »Du hast echt alle Informationen schon zusammen gesucht und sortiert?«

Bastian nickte und versuchte, sich nicht anmerken zu lassen, wie verwirrt er war. Wollte Marcel jetzt ernsthaft arbeiten? Das hätte er ihm nicht zugetraut.

»Wie genau hast du dir das gedacht?«, wollte der Engel wissen.

Bastian legte die handschriftlichen Notizen zu Stapeln zusammen. »Wir teilen das in drei Blöcke auf. Einmal die politische Situation bei den Menschen auf der Erde und bei den Engeln in Seldohvan vor dem Einbruch der Tore. Also quasie die Vorgeschichte, wie es zu alledem kam. Der zweite Block befasst sich mit den Ereignissen unmittelbar nach dem Zusammenbruch der Tore und die allerersten Begegnungen und die weltweite Reaktion. Hier ist vor allem der religiöse Part spannend. Im dritten Teil geht es um die politischen Folgen und die ersten Eingliederungsversuche. Sucht ihr euch einfach aus, welchen Part ihr am liebsten übernehmen würdet und ich nehme das was übrig bleibt. Das macht mir nichts aus.«

Marcel nickte langsam und sah dabei nachdenklich aus. Ina hingegen hatte sich gelangweilt zurückgelehnt und starrte an die Decke. »Ich nehme den Teil, bei dem ich am wenigsten reden muss!«

Marcel ignorierte sie weiterhin. »Okay, das wäre mit Sicherheit ein sehr gutes Referat.«

»Ja, richtig.« Bastian kniff die Augen zusammen und versuchte, zu erraten, was dieser dämliche Engel dachte. »Aber?«

Marcel sah ihm direkt in die Augen. Sein Blick war so durchdringend, dass Bastian schnell wegschaute und so tat, als würde er sich auf irgendeinen Zettel konzentrieren.

»Wenn wir das so machen, wie du sagst, kriegen wir mit Sicherheit eine Eins vom Lehrer, während der Rest der Klasse vor Langeweile einschläft.«

Und? So war das nun mal bei Referaten. Niemand interessierte sich dafür. Es ging nur darum, den Lehrer zufrieden zu stellen.

»Ich würde das gerne mal anders machen. Interessanter.« Marcels Grinsen war so breit, dass es fast bis zu seinen Ohren reichte.

Bastian erschrak vor seiner eigenen aufkeimenden Neugier. »Und wie?«

Marcel lehnte sich lässig zurück. »Was hältst du davon, wenn wir die Ereignisse ein bisschen wie in einem Theater aufführen?«

Jede Art von Erwartung in Bastian fiel schlagartig in sich zusammen und er unterdrückte das dringende Bedürfnis, sich selbst mit der flachen Hand gegen die Stirn zu schlagen.

»Ein Theaterstück? Im Geschichtsunterricht?« Allein sein Gesichtsausdruck musste den anderen deutlich machen, was für eine blödsinnige Idee das war. Die Schule war immerhin keine Zirkusveranstaltung.

»Na, wenn man das Ganze etwas lustig macht, hören einem die Anderen auch mal zu.« Marcel beugte sich wieder vor und begann wild zu gestikulieren. »Also, ich wäre der General der Engel, du dieser menschliche Militärfutzi und Ina ist deine Frau, die ich dir ausspanne.«

»Ih!« Ina verzog angewidert das Gesicht. »Ich will nicht die Frau vom Priesterboy sein!«

Marcel warf ihr einen eindeutigen Schlafzimmerblick zu, dass Bastian übel wurde. »Aber ich spann dich ihm doch aus.«

Ina schmolz dahin. »Na wenn das so ist, dann opfere ich mich für die Gruppe.« Sie kicherte verlegen und griff schon wieder nach Marcels Oberarm.

Bastian wusste nicht, was er sagen sollte. Das Ganze war so lächerlich, dass ihm dazu einfach die Worte fehlten. Ina hatte überhaupt keine eigene Meinung, Marcel war von sich selbst absolut überzeugt und Bastian war bloß der blöde, langweilige Streber. Er befürchtete, dass er soeben überstimmt worden war und sich demnächst vor der ganzen Klasse lächerlich machen musste.

»Marcel?« Ina drückte ihre Oberweite gegen seinen Arm. Kannte sie denn überhaupt keine Grenzen? »Ich müsste mich mal kurz frisch machen gehen. Wie wäre es, wenn du in der Zeit den Streber davon überzeugst, dass diese fünf Minuten Ehe mit mir mehr sind, als alles was er sonst von einem weiblichen Wesen erwarten kann?«

Bastian schnaubte verächtlich bei diesem Seitenhieb.

»Ja, geh nur.« Marcel wirkte wieder völlig desinteressiert, was nicht nur Ina verdutzte. Etwas zögerlich löste sie sich endlich von seinem Arm und verließ das Zimmer.

Bastian verschränkte die Arme. »Ist das mit diesem Theaterstück wirklich dein ernst?« Er konnte nichts dagegen tun, dass sein Tonfall herablassend klang. Nein, er wollte nichts dagegen tun.

»Was ist los, Streber? Probier doch einfach mal etwas Neues aus. Vielleicht kommt es ja gut an.«

Bastian verdrehte die Augen. »Ja genau. Lass den Priesterboy den geistig verwirrten General spielen, der den Engel für einen Botschafter Gottes gehalten hat und daraufhin gehörnt wurde. Wie unheimlich passend. Da kann ich mir auch gleich selbst mit Edding Looser auf die Stirn schreiben. Können wir nicht einfach etwas weniger demütigendes machen? Einen stink normalen Vortrag zum Beispiel?«

Marcel rutschte um die auf dem Boden liegenden Notizen herum, bis er neben Bastian saß. Skeptisch lehnte dieser sich ein Stück weg und kniff die Lippen zusammen.

»Siehs mal anders. Wenn du mit ganz viel Humor, wie in einer Satireshow, diese Rolle vorspielst, dann nimmst du diesem dämlichen Spitznamen die Macht. Dann bist du nämlich nicht mehr der komische Priesterboy mit dem keiner was zu tun haben will, sondern der coole, witzige Priesterboy.«

»Aha.« Bastian starrte den Engel an, der lediglich zurücklächelte. Was für ein schmieriger Macho. »Und du glaubst, ich mach mich damit nicht dermaßen zum Affen, dass es anschließend noch beschissener ist als ohnehin schon?«

Jetzt konnte auch Marcel die überdeutliche Ablehnung in Bastians Stimme nicht mehr ignorieren. »Na, wenn du so eine Fresse ziehst wie jetzt, dann hast du Recht. Wenn du nicht über dich selbst lachen kannst, dann lass dich halt weiter auslachen. War ja nur ein Vorschlag.«

Damit hatte Bastians Schlagfertigkeit bereits ihre Grenzen erreicht und er wusste nicht, was er erwidern sollte. Irgendwie erschien es einleuchtend, was Marcel sagte. Andererseits wollte er diesem eingebildeten Engel auf gar keinem Fall recht geben!

»Seit wann interessiert es dich denn, was mit mir ist?«, entgegnete er schließlich bissig.

Marcel verzog beleidigt das Gesicht. »Weißt du, ich finds einfach nicht gut, wenn einzelne ausgeschlossen und gemobbt werden. Allerdings kann man es auch selbst drauf anlegen.«

Bastian konnte Marcels Verhalten immer weniger einordnen. Das ergab doch überhaupt keinen Sinn. Niemals würde sich jemand von den Coolen für jemanden wie ihn einsetzen. So etwas gab es nur in schlechten, amerikanischen Teenie-Filmen. Da würde Marcel ohnehin gut reinpassen. Welcher 16-Jährige war schon dermaßen durchtrainiert? Das konnte doch nicht gesund sein.

»Ich hätte dich nicht für einen Wohltäter gehalten. Bisher kamst du mir mehr wie ein Macho vor.«

Frustriert warf Marcel die Hände in die Luft. »Ja, klar! Weil ich gut aussehe und bei den Mädels gut ankomme, kann ich kein guter Kerl sein. Logisch.«

Bastian zog die Augenbrauen hoch und legte den Kopf schief. »Ich meinte eher deine große Klappe und diese ganzen höchst intelligenten Kommentare, die alle so witzig finden.«

Ein kurzes, bitteres Lachen brach aus Marcel heraus. »Du hältst mich also für dumm?«

Fast hätte Bastian einfach genickt. »Naja, man könnte meinen, du hättest Hirn gegen Muskeln getauscht.«

Mit einem Naserümpfen ging der dämliche Engel endlich wieder auf Abstand. »Und du bist ein eingebildetes Arschloch. Glaubst du mit deinen 500 IQ, oder was du hast, bist du was Besseres?«

Sie wurden von Ina unterbrochen, die von der Toilette zurückkam. »So, Jungs, was habe ich verpasst?«

Marcel hatte die Arme verschränkt, wie ein bockiger kleiner Junge. »Wir lassen das besser mit meiner Idee. Ist doch zu bescheuert.«

Für eine Sekunde hatte Ina ihre Mimik nicht mehr unter Kontrolle und sah so aus, als würde sie Bastian am liebsten gegen das Knie treten. »So ein Quatsch! Marcel, die Idee ist doch total genial. Einfach mal was anders. Was Cooles.«

Marcel sah nur auf die Notizen von Bastian runter, während er mit Ina redete. »Der Streber macht nicht mit, also wird das nichts. Wir können ihn ja nicht zwingen.«

Bastians Gedanken waren noch beim letzten Satz, den Marcel zu ihm gesagt hatte. Hielt er sich selbst wirklich für etwas Besseres? Klar, er war fleißig, klug und hatte deutlich bessere Chancen eines Tages in Gottes Paradies einzutreten als diese verblendeten Idioten. Trotzdem hatte dieser dämliche Engel nicht Recht!

»Nagut«, sagte Bastian, bevor er darüber nachdenken konnte. Die beiden starrten ihn an. »Von mir aus machen wir halt eine Zirkusnummer aus dem Vortrag. Aber die Texte werden wie in einer guten Satireshow ausgearbeitet und es wird kein plumpes Religions-bashing geben. Und euch sollte klar sein, dass das nochmal deutlich mehr Arbeit wird, als bei einem normalen Referat.«

Bastian hatte erwartet, dass bei den Worten »mehr Arbeit« das ganze Thema wieder vergessen wäre. Stattdessen sah Marcel regelrecht begeistert aus. »Ich wusste es, du bist doch kein hoffnungsloser Fall. Wir werden uns da alle reinhängen, versprochen!«

In Inas Gesicht spielte sich ein stiller Protest ab, aber sie sagte nichts dazu.

Bastian glaubte dem Engel kein Wort. Provokant schob er all seine Notizen zu ihm rüber. »Deine Idee, also arbeitest du die Struktur aus. Um die genauen Texte und Umsetzung der Rollen können wir uns dann gemeinsam kümmern.«

Statt endlich einen Rückzieher zu machen und Bastian diesen Unsinn zu ersparen, hielt Marcel ihm eine Hand entgegen. »Abgemacht. Schlag ein, Bro.«

Erstaunt stellte Bastian fest, wie gut er sich jetzt fühlte. Irgendwie - respektiert?

Ina starrte konzentriert auf ihr Handgelenk, auf dem einige Textnachrichten und Bilder projiziert wurden. Marcels Grinsen hatte etwas Sadistisches, als er sie aus ihrer Gedankenwelt riss.

»Falls du dich fragst, was du tun kannst, Ina.« Ihre Augenbrauen zogen sich zusammen, während sie sich weigerte aufzuschauen. »Du bist doch ein Mädchen, du kannst bestimmt Nähen und so’n Kram. Wir brauchen nämlich noch Kostüme.«

Empört blähte sie die Wangen auf. »Wie sexistisch!«

Abwehrend hob Marcel die Hände. »Oder du schreibst eine der Szenen. Du kannst auch Recherchearbeit haben. Was auch immer du willst.«

Sie sah alles andere als begeistert aus. »Muss das sein?«

Mit dem Gefühl, mit Marcel verbrüdert zu sein, kam Bastian ihm in der Diskussion zur Hilfe. »Das hier ist eine Gruppenarbeit, da hat jeder etwas beizutragen, Süße.«

Das »Süße« war nur noch genuschelt und er lief sofort rot an. Das war doch zu viel gewesen. In seinem Kopf hatte das vorher so lässig geklungen, fast so als wäre er einer der Coolen, die sich alles erlauben konnten. Aber jetzt wollte er vor Scham im Erdboden versinken. Daran war nur dieser beschissene Macho-Engel schuld!

»Ist ja gut!« Inas Stimme überschlug sich, während sie Marcel wegschubste, der ihr mit einem echt gruseligen Grinsen sehr nahe gekommen war. »Ich kümmere mich um die Kostüme, ok? Witze schreiben und sowas kann ich nicht.«

Erfreut klatschte Marcel in die Hände. »Ja wunderbar, dann haben wir jetzt alle eine Aufgabe.«

»Ne!« Anklagend deutete Ina mit dem Finger auf Bastian. »Der da noch nicht.«

Marcel hielt ihr einige Zettel mit Bastians Notizen so dicht vor die Nase, dass sie zurückwich.