Falsche Liebe – echte Freunde - Anna Sonngarten - E-Book

Falsche Liebe – echte Freunde E-Book

Anna Sonngarten

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Beschreibung

In diesen warmherzigen Romanen der beliebten, erfolgreichen Sophienlust-Serie wird die von allen bewunderte Denise Schoenecker als Leiterin des Kinderheims noch weiter in den Mittelpunkt gerückt. Denise hat inzwischen aus Sophienlust einen fast paradiesischen Ort der Idylle geformt, aber immer wieder wird diese Heimat schenkende Einrichtung auf eine Zerreißprobe gestellt. Diese beliebte Romanserie der großartigen Schriftstellerin Patricia Vandenberg überzeugt durch ihr klares Konzept und seine beiden Identifikationsfiguren. Der See lag am frühen Morgen spiegelglatt vor ihr und wie jeden Morgen sprang Teresa Mayer mit einem Kopfsprung vom Steg, tauchte mit einem tiefen Atemzug ein und kam erst nach zehn Metern an die Wasseroberfläche zurück. Sie atmete erneut, befreit und glücklich, denn das war der einzige Moment des Tages, den sie nur für sich hatte. Ein Moment der Leichtigkeit und Schwerelosigkeit, der sie alle Sorgen vergessen ließ und in dem der See wie ein Versprechen vor ihr lag. Eine halbe Stunde, die sie nutzte, um mit geübten kräftigen Schwimmzügen Strecke zu machen. Dann eine kleine Pause: auf dem Rücken liegend und in den Himmel schauend, der heute Morgen bleigrau war. Deshalb hatte der Wörthersee nicht die türkisblaue Farbe, für die er berühmt war, sondern lag dunkel in dem weiten Tal, das von hohen Bergen umfangen wurde. Auf dem Weg zurück begleitete sie in gebührendem Abstand ein Haubentaucher. Er kam aber doch so nah, als wolle er die Schwimmerin begrüßen, die jeden Morgen die Fluten mit ihm teilte. Auf einigen Stegen regte sich langsam etwas, aber so früh am Morgen blieb es eher ruhig. Teresa Mayer war zur Gartenpromenade des »Hotel Schloss Seefels« zurückgeschwommen, aber sie wollte von möglichen Gästen nicht gesehen werden und stieg seitlich davon aus dem Wasser. Jetzt schnell unter die Dusche, die Badekappe abziehen, die blonden Locken aufschütteln und in die Arbeitskleidung schlüpfen. Dafür brauchte sie keine fünf Minuten, wenn sie auf das Make-up verzichtete. Das wurde nicht gerne gesehen, aber Teresa reichte Lippenstift. Ihr morgendliches Bad im See sorgte für einen frischen Teint, um den sie viele Kolleginnen beneideten. Aber niemand von ihnen wäre freiwillig jeden Morgen in den See gesprungen. Teresa war wie immer pünktlich zur Morgenbesprechung und würde danach den Nachtportier mit ihrem Team an der Rezeption ablösen. Viktor Cordes richtete seine Krawatte und warf einen Blick in den Spiegel. Er strich ein letztes Mal über seine fast schwarzen akkurat geschnittenen Haare. Sein scharf geschnittenes Gesicht verlieh ihm Strenge und Würde.

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Seitenzahl: 122

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Sophienlust - Die nächste Generation – 143 –Falsche Liebe – echte Freunde

Ihr Geheimnis belastet Teresa immer heftiger

Anna Sonngarten

Der See lag am frühen Morgen spiegelglatt vor ihr und wie jeden Morgen sprang Teresa Mayer mit einem Kopfsprung vom Steg, tauchte mit einem tiefen Atemzug ein und kam erst nach zehn Metern an die Wasseroberfläche zurück. Sie atmete erneut, befreit und glücklich, denn das war der einzige Moment des Tages, den sie nur für sich hatte. Ein Moment der Leichtigkeit und Schwerelosigkeit, der sie alle Sorgen vergessen ließ und in dem der See wie ein Versprechen vor ihr lag. Eine halbe Stunde, die sie nutzte, um mit geübten kräftigen Schwimmzügen Strecke zu machen. Dann eine kleine Pause: auf dem Rücken liegend und in den Himmel schauend, der heute Morgen bleigrau war. Deshalb hatte der Wörthersee nicht die türkisblaue Farbe, für die er berühmt war, sondern lag dunkel in dem weiten Tal, das von hohen Bergen umfangen wurde. Auf dem Weg zurück begleitete sie in gebührendem Abstand ein Haubentaucher. Er kam aber doch so nah, als wolle er die Schwimmerin begrüßen, die jeden Morgen die Fluten mit ihm teilte. Auf einigen Stegen regte sich langsam etwas, aber so früh am Morgen blieb es eher ruhig. Teresa Mayer war zur Gartenpromenade des »Hotel Schloss Seefels« zurückgeschwommen, aber sie wollte von möglichen Gästen nicht gesehen werden und stieg seitlich davon aus dem Wasser. Jetzt schnell unter die Dusche, die Badekappe abziehen, die blonden Locken aufschütteln und in die Arbeitskleidung schlüpfen. Dafür brauchte sie keine fünf Minuten, wenn sie auf das Make-up verzichtete. Das wurde nicht gerne gesehen, aber Teresa reichte Lippenstift. Ihr morgendliches Bad im See sorgte für einen frischen Teint, um den sie viele Kolleginnen beneideten. Aber niemand von ihnen wäre freiwillig jeden Morgen in den See gesprungen. Teresa war wie immer pünktlich zur Morgenbesprechung und würde danach den Nachtportier mit ihrem Team an der Rezeption ablösen.

Viktor Cordes richtete seine Krawatte und warf einen Blick in den Spiegel. Er strich ein letztes Mal über seine fast schwarzen akkurat geschnittenen Haare. Sein scharf geschnittenes Gesicht verlieh ihm Strenge und Würde. Das gefiel ihm. Er war nicht sehr groß, deshalb hielt er sich sehr gerade. Er lächelte schmallippig, umsofort wieder zu dem unnahbaren Gesichtsausdruck zu wechseln, den er für seine Mitarbeiter zur Schau stellte. Ein Blick, der ihnen Respekt und Achtung einflößen sollte.

»Ich bin der Manager vom Hotel Schloss Seefels. Ohne mich geht hier gar nichts«, sagte er zu seinem Spiegelbild und drehte sich noch einmal um die eigene Achse. »Perfekt«, befand er, lächelte selbstzufrieden und ging zur Morgenbesprechung.

Viktor Cordes wurde von seinen Mitarbeitern hinter seinem Rücken »der Fels« genannt. In Anspielung auf den Namen des renommierten Hotels Schloss Seefels und weil es zu seinem Charakter passte. Er war hart zu sich selbst, aber vor allem zu seinen Untergebenen. Und an ihm kam niemand vorbei. Cordes hielt sich nicht lange mit Höflichkeiten auf, sondern kam sofort zum Punkt. Er führte ein strenges Regime. Er ließ keine Nachlässigkeit durchgehen. Außer einer Sache, die er im Rückblick als »unverzeihlich« einstufte, konnte man ihm in all den Jahren keinen Fehler nachweisen. Aber diese unerfreuliche Angelegenheit hatte er abgewickelt. Diskret und effektiv, wie man es von einem Manager erwarten durfte. Er hatte sich auf die schöne junge Teresa Mayer eingelassen. Viktor hatte geglaubt, sich verliebt zu haben und hatte diesem unbekannten Gefühl nachgegeben. Dabei war er vor allem in sich selbst verliebt. Doch plötzlich gefiel er sich in der Rolle des Rosenkavaliers und hatte die unerfahrene Teresa mit Aufmerksamkeiten und Komplimenten überschüttet, bis sie ihm tatsächlich glaubte, dass seine Liebe echt war. Das hatte Folgen gehabt. Unerwünschte Folgen, die er wie ein Problem betrachtete, dass aus der Welt geschafft werden musste. Ganz aus der Welt ließ sich das Problem aber nicht schaffen. Er hatte Teresa nicht dazu bewegen können, in eine Klinik zu fahren. Und er war ja kein Unhold. Er war ein Gentleman, wie er sich selbst einredete. Nelly war jetzt anderthalb und ihre Mutter arbeitete immer noch an der Rezeption. Und niemand wusste etwas von ihrer Liaison. Zu diesem Kunststück beglückwünschte er sich, sooft er Teresa sah. Dabei ignorierte Viktor Teresas stummen anklagenden Blick, in dem auch eine Spur Verzweiflung lag. Was wollte sie mehr? Sie hatte ihren Job behalten und für Nelly war gesorgt. Mehr durfte sie nicht von ihm erwarten.

Cordes blickte streng in die Runde. Alle Mitarbeiter waren pünktlich zur Morgenbesprechung angetreten und standen aufgereiht wie eine Brigade vor ihm. Er räusperte sich.

»Gestern ist noch spät am Abend ein Ehepaar angereist. Familie von Schoenecker. Sie haben die »Classic Suite« mit Seeblick bezogen. Heute reisen zwei Familien ab und zwei Gentlemen checken ein. Ich bin ganz erleichtert, dass die Kinder nichts demoliert haben. Die Möbel sind noch in einem passablen Zustand und die Familiensuite musste auch nicht renoviert werden«, berichtete Viktor mit einem schiefen Lächeln. Es sollte ein Witz sein und weil das jeder wusste, lachten die Mitarbeiter beflissen. Alle außer Teresa. Zum einen mochte sie keine Anspielungen auf lebhafte Kinder, als kämen sie aus einer fernen Galaxie, um im »Seefels« Unheil anzurichten. Zum anderen beschäftigte sie eine Frage.

»Herr Cordes, entschuldigen Sie bitte. Die Familie Schoenecker? Woher genau kommt sie?«

Viktor Cordes blätterte in seinen Unterlagen. Er wurde nicht gerne unterbrochen und mit unwichtigen Fragen belästigt.

»Gut Schoeneich bei Maibach. Ist das wichtig? Die Familie ist zum ersten Mal im Hotel.«

»Nein, entschuldigen Sie. Ich dachte…«

»Eine Vorzugsbehandlung ist also nicht von Nöten, Frau Mayer, aber Zuvorkommenheit steht bei uns grundsätzlich an erster Stelle«, wiederholte Viktor Cordes sein Credo, das er ständig wie ein Mantra repetierte. Damit war die Morgenbesprechung zu Ende und ein neuer Tag im »Hotel Schloss Seefels« am Wörthersee begann.

*

Denise von Schoenecker genoss den Blick vom Balkon über den Wörthersee. Ein Traum. Sie schaute zurück in die elegant ausgestattete Suite. Die luftig leichten Gardinen bauschten sich sacht im Seewind. Alexander von Schoenecker schlief noch selig. Denise lächelte. Es war eine gute Idee gewesen, hierher zu kommen. Alexander hatte an einer schweren Influenza laboriert. Er hatte abgenommen und fühlte sich nach wie vor schwach. Magda hatte alle Hausmittel, die sie kannte, zum Einsatz gebracht und literweise Hühnersuppe gekocht. Die Köchin von Sophienlust war äußerst besorgt gewesen, denn der Gutsherr war eigentlich für seine robuste Gesundheit bekannt. Sein Adoptivsohn Dominik von Wellentin-Schoenecker hatte ihm dann zugeraten, einfach mal Urlaub zu machen.

»Ich passe auf meinen Bruder auf. Henrik kann solange ihr fort seid bei uns in Sophienlust wohnen. Dort ist er ohnehin am liebsten. Dann könnt ihr mal richtig entspannen«, hatte Nick vorgeschlagen.

Nick, wie er von allen genannt wurde, leitete das Kinderheim Sophienlust. Er hatte es von seiner Urgroßmutter Sophie von Wellentin geerbt. Ein schlossähnliches Herrenhaus mit einem großen Anwesen. Dieses Haus zu einem Kinderheim umzugestalten, war Sophies Auflage gewesen. Denise hatte das Anwesen viele Jahre für ihren Sohn verwaltet, aber nun war der Zwanzigjährige allein verantwortlich. Denise lebte mit ihrem zweiten Mann Alexander und Söhnchen Henrik auf Gut Schoeneich, unweit von Sophienlust. Denise war sehr stolz auf Nick. Er war noch jung und doch so unvergleichlich verantwortungsbewusst, empathisch und zugewandt. Dass er den Vorschlag gemacht hatte, auf Henrik aufzupassen, damit sie gemeinsam in einen Erholungsurlaub fahren konnten, war so typisch für Nick. Dabei hatte er nicht gerade wenig zu tun. Denise seufzte und sah wieder auf den See. Die dichte Wolkendecke riss auf und das Blau des Himmels spiegelte sich im See.

»Bist du schon munter?«, hörte er Alexander verschlafen fragen.

»Ja, aber lass dir Zeit. Keine Eile. Frühstück gibt es bis elf.«

»Gut«, antwortete der Gutsherr und drehte sich noch einmal um.

Eine gute Stunde später saßen Denise und Alexander auf der Terrasse direkt am See. Denise hatte den »Frischekick am Morgen« bestellt, ein Frühstück das gesund und lecker sein sollte. Alexander zog die Augenbrauen hoch. Er war skeptisch, was unter »Frischekick« zu verstehen war, denn auf Eier und Speck wollte er ungern verzichten. Aber die köstlichen Früchte, die appetitlich auf einer Etagere angerichtet wurden, waren eine akzeptable Alternative. Eine große Auswahl an Mehl- und Eierspeisen, Brötchen und Aufschnitt rundeten das Gesundheitsfrühstück zu Alexanders Zufriedenheit ab. Man war schließlich in Österreich, das für seine gut Küche bekannt war.

»Was hast du dir denn für heute überlegt, Denise? Was sollen wir unternehmen?«, wollte Alexander nun wissen und füllte eine kleine Schale mit Beerenobst, die er demonstrativ herzeigte. Denise sollte sehen, dass er das Thema Gesundheit ernst nahm.

»Dr. Gerlach sagte, dass wir es langsam angehen lassen sollen. Wir sollten nicht sofort auf die »Gerlitzen Alpe« hochfahren. Sie liegt auf knapp 2000 Metern. Die Höhenluft sei zu anstrengend für dich.«

»Na ja, der gute Doktor ist halt sehr vorsichtig. Aber ich besteh nicht drauf. Wir können auch hier auf der Seeterrasse im Liegestuhl liegen und auf den See schauen.«

»Hm. Ich weiß nicht recht, mein Lieber, wie lange du das aushältst. Ich frage gleich mal an der Rezeption, was man hier in der Gegend unternehmen kann. Hast du eigentlich deine Schwimmhose eingepackt?«

»Meine was? Schwimmhose?« Alexander tat so, als wüsste er nicht, was das war und was man damit machte. In Wahrheit ging er nicht so gerne schwimmen. Denise verdreht die Augen, aber sie war erleichtert. Alexander machte schon wieder Scherze. Das war ein gutes Zeichen.

Kurz darauf erlebte die Familie von Schoenecker an der Rezeption eine Überraschung. Eine junge hübsche Frau, die ihre blonden Locken in einer Hochsteckfrisur bändigte, sprach sie direkt an.

»Ah, da sind Sie ja. Ich wusste es. Herr und Frau von Schoenecker. Erkennen Sie mich wieder? Ich bin es. Teresa Mayer aus Maibach.« Sie schenkte den beiden ein strahlendes Lächeln. Doch Alexander und Denise schauten die junge Frau irritiert an. Sie hatten absolut nicht mit einer Bekannten an der Rezeption gerechnet und schauten Teresa Mayer groß an. Sie merkte es und half den Eheleuten auf die Sprünge. Ich bin eine Tochter der sechs Mayer-Töchter. »Bäckerei Mayer«. Ich bin die Jüngste, die Teresa.«

»Ach natürlich. Die Bäckerei Mayer«, rief Denise.

»Teresa!? Bist du nicht nach Österreich in ein Hotel gegangen, um Hotelfachfrau zu werden?«, fragte Alexander verblüfft.

»Genau. Ich bin nach Pörtschach gekommen um im »Hotel Schloss Seefels« meine Ausbildung zu machen. Das habe ich getan und nun stehe ich hier«, sagte sie lachend.

»Das ist ja eine Überraschung. Du warst aber schon lange nicht mehr in Maibach, stimmt`s.«

Denise konnte sich nicht erinnern, Teresa in den letzten zwei Jahren mal in Maibach gesehen zu haben, aber wie selbstverständlich duzte sie die junge Frau, die sie schon seit ihren Kindertagen kannte.

»Ja, das stimmt«, sagte Teresa und es klang abwehrend. Als wollte sie auf eine rote Linie hinweisen, die man besser nicht überquerte. Denise hatte dafür eine Antenne und brachte das Gespräch auf ihr eigentliches Anliegen.

»Wir sind recht spontan nach Pörtschach aufgebrochen und kennen Kärnten nicht so gut. Was kannst du uns empfehlen? Was kann man hier in der Gegend unternehmen?«

Jetzt war Teresa in ihrem Element. Sie holte Prospekte, Flyer und Landkarten hervor und machte Vorschläge. Viele Vorschläge. Alexander entschuldigte sich nach zehn Minuten und nahm in einem bequemen Sessel in der Lobby Platz. Das üppige Frühstück hatte ihn schon wieder schläfrig gemacht. Er war wirklich noch nicht wieder auf dem Damm. Alexander nahm eine österreichische Tageszeitung zur Hand. Er konnte sich aber nicht konzentrieren, weil er unfreiwillig Zeuge eines Gesprächs wurde. Alexander konnte zwei Personen in einem Wandspiegel erkennen, obwohl sie eigentlich außerhalb seines Sichtfelds saßen. Von einem Mann mit fast schwarzen Haaren sah er nur die Rückenansicht. Vor ihm saß ein junges Mädchen, die enorm schlechte Laune zu haben schien. Sie sah übernächtigt aus.

»Ich möchte den Hotelmanager sprechen«, forderte sie schnippisch.

»Ich bin der Hotelmanager«, klärte Viktor Cordes sie auf.

»Gut, wie ist Ihr Name?«

»Viktor Cordes, gnädiges Fräulein.« Man hörte keine Ironie in Herrn Cordes Stimme, aber Alexander konnte sich nicht vorstellen, dass der Manager, diese Göre ernsthaft als gnädiges Fräulein ansah.

»Und wer hat sich über mich beschwert, Herr Cordes?«

»Der Name ist nicht von Belang. Wir möchten nur in aller Höflichkeit darauf hinweisen, dass das »Hotel Schloss Seefels« eine Oase der Ruhe und der Erholung sein soll. Wir sind kein Partyhotel und wir sind nicht auf Ibiza. Sie können sich mit ihrem Besuch an der Bar treffen, aber nicht fünf junge Leute mit auf ihre Suite nehmen und bis weit nach Mitternacht laut Musik hören, tanzen und sich lautstark unterhalten.« Viktor hatte den Verdacht, dass nicht nur Alkohol im Spiel gewesen war. Nicht auszudenken, wenn das Hotel wegen unerlaubtem Drogenkonsum in die Schlagzeilen geriet.

»Dann muss ich mir wohl ein anderes Hotel suchen, wenn hier nur Spießer absteigen«, antwortete das junge Mädchen genervt. Aber sie werden noch von meinem Vater hören. Das verspreche ich Ihnen«, drohte sie.

»Ihr werter Vater wird mir vielleicht ganz dankbar sein, wenn ich ein Auge auf Sie habe, Fräulein Hirscher.« Viktor Cordes Stimme blieb zuvorkommend.

Alexander schüttelte den Kopf. Hotelmanager wäre kein Beruf für ihn. Er hätte keinen Spaß daran, sich vor einem jungen frechen Mädchen so zu verbiegen. Hochnäsige Teenager, die jeden Respekt vermissen ließen, waren dem gutmütigen Alexander von Schoenecker ein Graus.

»Schau mal Alexander. Teresa hat jede Menge Tippps für uns. Es gibt hier in der Gegend allein sieben Schlösser und Burgen, die man besuchen könnte…«

»Gleich sieben… ich dachte wir wollen es ruhig angehen lassen.«

»Na, wir werden ja nicht alle sieben Schlösser an einem Vormittag besuchen. Schau mal hier. Schloss Velden soll sehr nett sein.« Denise fächerte einen Prospekt vor Alexander auf. Alexander seufzte, aber schließlich war er doch bereit, seinen bequemen Sessel zu verlassen und mit Denise auf Besichtigungstour zu gehen.

*