Falsches Bett, richtiger Mann - Kate Hoffmann - E-Book
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Falsches Bett, richtiger Mann E-Book

Kate Hoffmann

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Beschreibung

VOR SCHÖNEN MÄNNERN WIRD GEWARNT

Paul sieht einfach verboten gut aus! Doch Gwen ahnt: Sicher kommt für ihn nur eine makellose Schönheit wie ihre Schwester in Frage. Aber dann küsst er Gwen so heiß, dass sie nach Atem ringen muss. Hat sich Mr. Perfect etwa in sie verliebt?

IM BETT MIT ADAM

Drei lustvolle Tage hat die Radiomoderatorin Erica mit ihrem Kollegen Adam im Bett verbracht - und will mehr! Dabei sind Affären im Sender absolut tabu. Aber verbotene Früchte reizen ganz besonders...

HEMMUNGSLOSE LUST EINER NACHT

Und hier ist das … Als Maklerin Hailey die Tür zum Schlafzimmer des Anwesens öffnet, ist sie sprachlos: In dem Bett liegt ein Fremder! Ein faszinierender Fremder. Wie gerne würde sie … Und Rob scheint für alles zu haben zu sein - nur nicht für eine gemeinsame Zukunft …

TRÖSTE MICH, VERFÜHRE MICH

Verblüfft starrt Mitch Kate an, die sich verführerisch auf seinem Bett rekelt. Früher hat er oft mit der kleinen Katie gespielt, sie sogar oft getröstet. Jetzt ist sie erwachsen - und leider mit einem Schuft verlobt. Sucht sie auch diesmal bei Mitch nur Trost - oder mehr?

VERFÜHRUNG IM MONDLICHT

Mit 18 hat sie ihm ein fast unwiderstehliches Angebot gemacht, doch damals blieb Alan standhaft. Jahre später sieht er sie wieder - und verspürt dasselbe Kribbeln: Caley ist einfach hinreißend. Diesmal wird er nicht Nein sagen! Falls er eine zweite Chance bekommt …

DER MANN VOM STRAND - EINE SÜNDE WERT

Ein Blick - und es gibt kein Zurück mehr. Sinnlich prickelt der Wind auf Ambers Haut, als sie gemeinsam mit dem attraktiven Fremden die Bar verlässt und an den Strand geht. Hemmungslos genießt sie ihren allerersten One-Night-Stand. Bis sie merkt, wer ihr Verführer wirklich ist …

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Seitenzahl: 1180

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Jo Leigh, Cindi Myers, Nancy Warren, Debbi Rawlins, Kate Hoffmann, Joanne Rock

Falsches Bett, richtiger Mann

IMPRESSUM

Vor schönen Männern wird gewarnt erscheint in der HarperCollins Germany GmbH

Redaktion und Verlag: Postfach 301161, 20304 Hamburg Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0 Fax: +49(0) 711/72 52-399 E-Mail: [email protected]
Geschäftsführung:Jürgen WelteLeitung:Miran Bilic (v. i. S. d. P.)Produktion:Jennifer GalkaGrafik:Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn, Marina Grothues (Foto)

© 2008 by Jolie Kramer Originaltitel: „Ms. Match“ erschienen bei: Harlequin Enterprises Ltd., Toronto Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe TIFFANY SEXYBand 63 - 2009 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg Übersetzung: Christian Trautmann

Umschlagsmotive: GettyImages

Veröffentlicht im ePub Format in 10/2019 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783733728045

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BACCARA, BIANCA, JULIA, ROMANA, HISTORICAL, TIFFANY

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1. KAPITEL

Der Coffeeshop in Beverly Hills war wie immer um kurz vor sieben völlig überfüllt. Eine lange Schlange aus Frauen und Männern in Anzügen und Businesskostümen wand sich zwischen den kleinen runden Tischen bis hinaus auf die Straße. Paul Bennet überlegte, ob er auf seinen Bagel verzichten und sich gleich auf den Weg ins Büro machen sollte, aber am Vorabend hatte er bloß zwei Hot Dogs zum Abendessen gehabt, und er wollte den Tag nicht hungrig beginnen.

Dieser Tag würde ohnehin anstrengend werden. Er musste einen neuen Kunden betreuen, eine Fernsehproduktionsfirma, die auf Heimwerkershows spezialisiert war. Sie hatten Pauls Public-Relations-Unternehmen engagiert, nachdem sie von mindestens fünf anderen Unternehmen umworben worden waren. Er hatte die letzte Präsentation selbst gemacht, und sie war fantastisch gewesen.

Er stieß gegen den Arm einer jungen Frau, die ihn wütend anfunkelte. Er lächelte, und ihre Wut verflog sofort.

„Verzeihung“, sagte sie leicht errötend.

„Macht nichts.“

Sie setzte ihren Weg fort, und er beschwor die Schlange im Stillen, sich schneller zu bewegen. Er könnte warten und dann Tina, seine Sekretärin, bitten, telefonisch etwas ins Büro zu bestellen. Aber sie kam nicht vor neun.

Paul war gern der Erste im Büro, um ganz in Ruhe seine Telefonate mit Übersee oder der Ostküste zu führen, seine E-Mails zu lesen und den Großteil der eigentlichen Arbeit zu erledigen. Ab neun war er hauptsächlich damit beschäftigt, zu reden, zu reden und nochmals zu reden. Aber er sollte sich nicht beklagen, denn schließlich war es das, was er am besten konnte und der Grund dafür, warum Bennet Inc. erfolgreich war.

An diesem Morgen würde er allerdings zuerst Autumn Christopher anrufen. Sie würde mittlerweile in ihrem Hotel sein, sich bei einem Drink entspannen und die Aussicht auf die Piazza di Spagna genießen.

Er stellte sie sich in ihrer knallroten Stewardessenuniform vor, mit ihren langen, züchtig hochgesteckten blonden Haaren. Ihr Lippenstift würde zur Farbe ihrer Uniform passen, ihre Lippen feucht und glänzend aussehen, aber dank irgendeines weiblichen Zaubers keine Spur an ihrem Glas hinterlassen. Das war nur eines der Dinge, mit denen sie ihn verrückt machte. Wie ihre rauchgrauen Augen, mit denen sie ihn von Kopf bis Fuß musterte. Der Klang ihres Lachens. Die Tatsache, dass, egal, was er tat, wie charmant oder großzügig er war und wie sehr er alles richtig machte, sie einfach nicht mit ihm schlafen wollte.

Die Frau war nicht dumm.

Die Jagd hatte ihn stets fasziniert. Bis zu einem gewissen Punkt, den er bei Autumn längst überschritten hatte. Warum wollte er dann noch immer etwas von ihr? Er hätte sie schon vor Monaten ziehen lassen und sich anderen Verlockungen zuwenden sollen. Schließlich gab es genügend andere wunderschöne und außergewöhnliche Frauen in Los Angeles.

Endlich erreichte er den Tresen, wo er sein Lächeln erneut einsetzte und vage die Reaktion der Bedienung registrierte. Das Mädchen errötete und senkte den Blick.

„Hallo, Carol. Ich hätte gern einen Zwiebelbagel mit Streichkäse light, dazu einen Becher Kaffee, schwarz. Und ich wäre hocherfreut, wenn Sie dieser Bestellung ein Lächeln hinzufügen könnten.“

Obwohl er den gleichen albernen Spruch jedes Mal benutzte, verfehlte er seine Wirkung auf Carol nicht. Nervös beeilte sie sich für ihn besonders, was sein eigentliches Ziel war. Er stand nicht gern in einer Schlange und wartete.

Schneller als es möglich zu sein schien, kehrte sie mit seiner Bestellung zurück. „Ich habe Ihren Bagel schon aufgewärmt, als noch zwei Kunden vor Ihnen dran waren“, erklärte sie gerade laut genug, dass es nur für seine Ohren bestimmt war.

„Das liebe ich an Ihnen, Carol“, erwiderte er und gab ihr einen Zehner, der bereits ein großzügiges Trinkgeld beinhaltete. „Sie sind ein Schatz.“

Verlegen strich sie sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht. „Danke, Mr. Bennet.“

„Bis bald.“

In zwei Minuten war er wieder draußen und in seinem Bürogebäude. Er hatte in dem Hochhaus eine ganze Etage gemietet. In den unteren Stockwerken waren Banker untergebracht, doch in den oberen arbeiteten Filmproduktionsfirmen, Werbeunternehmen, die für die Filmbranche tätig waren, eine Casting-Agentur und zwei Buchhaltungsfirmen für Klienten aus dem Filmbusiness. Hier oben drehte sich alles ums Showbusiness. Sein Unternehmen beispielsweise beschäftigte sich mit Stars, Filmausrüstern, Produktionsfirmen, einem der kleineren Filmstudios und drei verschiedenen Werbesendern. Sie betreuten außerdem Sportler, Verlage und sechs Autoren.

Er öffnete die Tür zum Empfang, der von einem der führenden Bühnenbildner Hollywoods gestaltet worden war. Das allein hatte Paul mehr gekostet, als er in den ersten zwei Jahren verdient hatte. Es roch nach den frischen Blumen, die wöchentlich geliefert wurden, und nach Geld. Nichts in diesem Geschäft war billig, und genau das gefiel ihm.

Mit seinem Bagel und dem Kaffee in der Hand ging er den Flur entlang zu seinem Büro. Hier, im zwanzigsten Stock, wurde er mit einem phänomenalen Blick über die Stadt belohnt. Vom Rodeo Drive bis zu den Hollywood Hills war dies der Inbegriff von Luxus. Leider gab es nicht viele klare Tage mit einer guten Aussicht.

Er setzte sich hinter seinen Schreibtisch und schaltete den Computer ein. Während er aß, überflog er seine E-Mails. Einige erforderten eine rasche Antwort, doch die meisten konnten warten. Er achtete sehr genau auf das Timing, da seine Kunden maßlos wurden, wenn er zu schnell auf ihre Anfragen reagierte.

Einige Minuten später, gestärkt von seinem zugegebenermaßen bescheidenen Frühstück, setzte er sein Headset auf und wählte Autumns Handynummer. Nach dem dritten Klingeln war ihr liebliches, sanftes „Hallo“ zu hören.

„Hallo, meine Schöne.“

„Paul“, sagte sie und legte ihren ganzen Charme in dieses eine Wort hinein.

„Wie ist Rom?“

„Heiß.“

„Armes Ding.“

„So schlimm ist es auch nicht. Es gibt einen Hotelpool. Ich wollte mir gerade meinen Badeanzug anziehen.“

„Anzug? Ist das nicht ein bisschen übertrieben für diesen Bikini, der nicht größer ist als vier Post-it-Zettelchen?“

Sie lachte, und wie immer erregte ihn ihr Lachen.

„Ich weiß genau, was du tun solltest“, sagte er. „Benutz die Videofunktion deines Handys, und lass mich dir beim Ausziehen zusehen.“

Autumn seufzte. „Eines muss ich dir lassen, Paul. Du gibst nicht leicht auf.“

„Da hast du verdammt recht.“

„Das gefällt mir. Aber ich muss das Thema wechseln.“

„Ach?“

„Ja, denn ich muss dich um einen Gefallen bitten.“

Insgeheim hoffte er, dass Unterwäsche und Champagner dabei eine Rolle spielen würden. Er schwang den Sessel herum, um auf die Stadt und das geschäftige Treiben hinunterzuschauen. In New York trug fast jeder Schwarz. Nicht so in der Stadt der Engel. Es war warm, und die Menschen trugen Kleidung, deren Farben so bunt waren wie die der Blumen entlang des Rodeo Drives.

„Meine Eltern feiern Freitag ihren fünfzigsten Hochzeitstag“, erklärte Autumn. „Und ich kann nicht kommen.“

„Ich verstehe“, sagte er.

„Die Sache ist die, dass meine Schwester kein Date hat.“

„Deine Schwester …“

„Ja, Gwen. Sie sagt zwar, es mache ihr nichts aus, allein hinzugehen, aber ich weiß, dass das nicht stimmt. Daher habe ich mich gefragt …“

„Wenn sie Ähnlichkeit mit dir hat, wäre es mir eine Ehre, sie zu begleiten.“

Autumn lachte erneut. „Nein, nicht du. Aber du kennst bestimmt jemanden, dem es nichts ausmacht.“

„Warum sollte es irgendjemandem etwas ausmachen?“

Sie seufzte frustriert. „Ich will nicht gemein sein, aber Gwen entspricht nicht … nun, sie ist sehr intelligent.“

„Ah, sie ist eine interessante Persönlichkeit.“

„Genau.“

„Wie interessant?“

„Sie ist kein Troll oder so was, aber, na ja. Für sie spricht, dass sie wirklich interessant und witzig ist.“

„Verstanden. Kein Problem. Ich habe schon den geeigneten Mann im Sinn. Gib mir ihre Nummer.“

„Er soll nicht anrufen. Sag ihm, er soll sie abholen. Ich werde ihr sagen, dass er kommt. Ach ja, es ist ein feierlicher Anlass.“

Autumn nannte ihm die Adresse und weitere Einzelheiten. Er schrieb pflichtbewusst alles auf, während er sich insgeheim fragte, wie viel Punkte ihm dieser Gefallen bei ihr einbringen würde. Er würde sie mit fliegenden Fahnen erobern, denn sie würde sich bei ihm bedanken müssen, und da fielen ihm hundert verschiedene Möglichkeiten ein.

„Das ist superlieb von dir, Paul. Im Ernst. Diese Jubiläumsfeier ist sehr wichtig. Danke.“

„Bis jetzt habe ich noch nichts getan.“

„Das wirst du noch. Du warst der Erste, an den ich gedacht habe.“

„Gut, so sollte es auch sein.“

Sie lachte, und aus irgendeinem Grund wusste er, dass das Gespräch beendet war – keine Videobotschaft, kein weiteres Necken. Das war Autumns Art.

„Ich muss los, wenn ich noch schwimmen will.“

„Wann kommst du zurück?“

„Sonntag.“

„Ich kann es kaum erwarten“, sagte er und wusste, dass jede andere Frau bei diesen Worten dahingeschmolzen wäre. Aber nicht sie. Nicht Autumn.

Um vier Uhr vierzig am Freitagnachmittag stellten sich im Büro gedanklich alle allmählich auf das Wochenende ein. Paul hatte sein letztes Telefonat absolviert und machte sich für die kommende Woche Notizen. Er freute sich auf den Abend, weil da sein monatliches Pokerspiel stattfand. Frauen spielten dabei keine Rolle, nur Bier, gute Zigarren und derber Blödsinn, wie er nur von einem Haufen kommen konnte, der sich seit dem College kannte.

Als Sam Ensler sein Büro betrat, ließ Pauls gute Laune schlagartig nach.

„Tu mir das nicht an, Sam.“

„Du weißt, dass ich es nicht tun würde, wenn mir eine andere Wahl bliebe.“

„Heute Abend ist das Hochzeitsjubiläum.“

Sam, sein Mann für literarische PR, sah zerknirscht aus. „Ich muss nach Michigan“, erklärte er. „Meine Mutter hat sich die Hüfte gebrochen und wird morgen früh operiert.“

„Mist.“

Sam nickte. „Sie hat sonst keinen, und sie ist schon fünfundachtzig.“

„Ich verstehe. Geh nur, und kümmere dich um sie. Nimm dir die Zeit, die du brauchst.“

„Es tut mir wirklich leid, Paul.“

„Schon gut. Um wie viel Uhr erwartet Gwen dich?“

„Um sieben.“ Er legte ein Blatt Papier auf Pauls Schreibtisch. „Das ist ihre Adresse.“

Paul überlegte bereits fieberhaft, welcher seiner Freunde und Bekannten einspringen könnte. „Halte mich auf dem Laufenden, wie es deiner Mutter geht, ja? Und lass dein Handy eingeschaltet.“

Sam lächelte grimmig und verschwand.

Sobald er allein war, fluchte Paul herzhaft. Er hatte keine Ahnung, wen er so kurzfristig fragen konnte. Woody? Nein, der war in New York. Vielleicht Jeff … Mist, der würde einen Freitagabend nicht dafür opfern, um mit einer unattraktiven unbekannten Frau auszugehen. Wem wollte er etwas vormachen? Keiner seiner Freunde würde sich darauf einlassen. Pauls einzige Hoffnung war jemand, der für ihn arbeitete oder ihm einen Gefallen schuldete. In der zweiten Gruppe hätte es noch Möglichkeiten gegeben, wenn es nicht Freitag und noch Zeit gewesen wäre.

Er fluchte erneut, wählte Carys Nummer und hinterließ eine Nachricht auf dem Anrufbeantworter, dass er es nicht zur Pokerrunde schaffen würde. Dann schaute er sich Gwens Adresse an. Sie wohnte in Pasadena. Er würde sich beeilen müssen, wenn er pünktlich sein wollte. Zum Glück hatte er stets mindestens einen Smoking parat.

Dafür schuldete Autumn ihm einen sehr großen Gefallen.

Du lieber Himmel, sah der gut aus.

Groß, zerzaustes dunkles Haar, umwerfende braune Augen – ein Mann wie vom Titelbild der GQ. Er war einer der attraktivsten Männer, die Gwen Christopher jemals in natura gesehen hatte. Armer Kerl. Autumn hatte ihn immer noch nicht rangelassen. Das war der einzige Grund, der ihr einfiel, weshalb ein Mann mit seinem Aussehen sich einverstanden erklären würde, sie zu begleiten. „Das wird nicht funktionieren.“

„Wie bitte?“

Sie hielt ihm die Tür auf. „Cinderella wird nicht mit Ihnen schlafen, nur weil Sie mit der hässlichen Schwester zum Ball gehen. Sie wird Sie weiterhin zappeln lassen.“

Der blendend aussehende Mann wirkte auf äußerst charmante Weise verwirrt. „Ich bin nicht …“

Seufzend schloss sie die Tür hinter ihm. „Ich weiß es zu schätzen, dass Sie sich in Schale geworfen haben, deshalb werde ich es Ihnen leicht machen. Ich werde Autumn sagen, dass Sie vollkommen waren, ein wundervolles Date. Und ich werde Ihnen sogar einen Tipp geben: Sie wird Sie erst wollen, wenn Sie sie nicht mehr wollen. Dann werden sich ihre Beine teilen wie das Rote Meer. Der Abend ist noch jung. Wenn Sie sich beeilen, schaffen Sie es noch zu einer Premiere oder sonst einer Veranstaltung, die schöne Menschen für gewöhnlich an einem Freitagabend besuchen.“

„He, Lady, ich bin bloß hier, um Ihnen den Wachturm anzudrehen.“

Gwen lachte, überrascht, dass jemand, den Autumn kannte, Humor besaß. „Sehr gut. Sam, nicht wahr?“

„Nein, Paul. Paul Bennet. Ich bin Sams Ersatzmann. Er musste weg. Seine Mutter hat sich die Hüfte gebrochen.“

„Ah, dann haben Sie wirklich Pech gehabt. Im Ernst, Sie brauchen nicht zu bleiben.“

„Ich hätte nicht einmal herkommen müssen, aber ich würde Sie trotzdem gern zu der Party begleiten.“

„Glauben Sie mir, das wollen Sie nicht.“

Paul neigte den Kopf zur Seite und hob eine Braue, was ihn noch attraktiver machte. „Na schön, Sie sind tatsächlich Autumns Schwester.“

„Wie meinen Sie das?“

„Sie sind genauso störrisch.“ Er machte einen Schritt auf sie zu. „Ich habe heute Abend nichts vor, bin dem Anlass entsprechend gekleidet und hätte nichts dagegen, den Rest der Familie kennenzulernen.“

Würde ihre ganze Familie nicht staunen, wenn sie mit Paul Bennet auftauchte? Natürlich würde es nicht lange anhalten – sobald sich der Schock gelegt hätte, würden sie schnell begreifen, dass er sie nur aus Mitleid begleitete. Trotzdem wäre es nett, zu sehen, wie Faith die Kinnlade herunterklappte. „Ich habe Ihnen das Geheimnis verraten, wie Sie Autumn ins Bett bekommen. Glauben Sie mir etwa nicht?“

„Ich bevorzuge es, meine eigenen Schlüsse zu ziehen. Was sagen Sie nun?“

„Ich sage, dass Sie verrückt sind.“

„Das stimmt wahrscheinlich. Andererseits war von einer Bar und einem tollen Buffet die Rede.“

„Schon, aber so viel Alkohol gibt es gar nicht, um die Veranstaltung zu einem angenehmen Abend zu machen.“

„Ich riskiere es trotzdem.“

Sie musterte ihn, immer noch erstaunt, wie gut aussehend er war. Das war geradezu lächerlich. Niemand sollte so attraktiv sein dürfen. Aber Attraktivität hatte nichts mit Fairness zu tun. Sie sollte diesem Unsinn jetzt ein Ende bereiten. Die ganze Situation war grotesk. Zog sie wirklich in Erwägung, mit diesem Adonis zur Feier ihrer Eltern zu gehen?

„Also abgemacht. Holen Sie Ihre Tasche, Gwen, und lassen Sie uns Spaß haben.“

Obwohl sie den Kopf schüttelte, ging sie zum Esszimmertisch und holte ihre Handtasche. Und als Paul ihr seinen Arm anbot, hakte sie sich unter. Es überraschte sie nicht, dass er einen eleganten schwarzen Mercedes fuhr. Verblüffender war da eher das leichte Kribbeln, das sie verspürte, als er ihr beim Einsteigen half.

Auf der Autobahn warf Paul seiner Begleitung einen verstohlenen Blick zu. Autumn hatte schwer übertrieben – so unattraktiv war ihre Schwester gar nicht. Sie spielte nicht in Autumns Liga, aber hässlich war sie absolut nicht. Gwen besaß eher eine natürliche Ausstrahlung und wirkte selbstbewusst. Ihre Augen waren hübsch, die Nase war vielleicht einen Tick zu groß. Auf einer Party wäre sie ihm vielleicht nicht auf den ersten Blick aufgefallen, wohl aber auf den zweiten.

„Woher kennen Sie sie?“, wollte Gwen wissen.

„Ich bin Autumn auf der Party einer meiner Autoren begegnet.“

„Autumn kennt einen Schriftsteller? Sie kann lesen?“

„Ich glaube nicht, dass sie ihn kannte“, erwiderte er, den Seitenhieb ignorierend. „Sie war in Begleitung von jemandem da.“

„Sie müssen meine Verwirrung verstehen, denn sie ist nicht gerade ein Bücherwurm.“

Er lächelte und dachte, dass Gwen recht hatte. „Dafür hat sie andere Vorzüge.“

„Ja, vermutlich.“

„Sie beide stehen sich nicht nahe?“

„Nein. Wir verkehren in völlig unterschiedlichen Kreisen.“

„Erzählen Sie mir von Ihren Kreisen.“

Sie bedachte ihn mit einem Blick, der in ihm den Wunsch weckte, ihr sein College-Diplom zu zeigen. „Ich bin Headhunter bei Rockland-Stewart, hauptsächlich für wissenschaftliche Positionen.“

„Wirklich? Ich habe ein- oder zweimal einen Headhunter in Anspruch genommen.“

„Für …?“

„Public Relations, vorrangig im Bereich Entertainment.“

„Das passt“, sagte sie.

„Warum?“

Sie sah wieder geradeaus auf die Straße. „Sie wirken wie ein Mensch, der in der Unterhaltungsbranche tätig ist.“

„Höre ich da eine gewisse Verachtung heraus?“

„Nein, es ist bestimmt eine faszinierende Arbeit.“

„Das ist sie tatsächlich.“

„Warum PR?“, wollte sie wissen.

„Warum nicht? Ich bin gut darin.“

„Davon bin ich überzeugt. Sie haben Ihre Rolle bisher ziemlich gut gespielt.“

„Wäre Ihnen das ursprünglich geplante Arrangement lieber gewesen? Sam ist ein interessanter Typ.“

Gwen seufzte. „Ich benehme mich schrecklich, verzeihen Sie. Meine Schwester glaubt, sie tut mir einen Gefallen mit diesem Date. Ich habe ihr schon ein Dutzend Mal gesagt, dass ich mich selbst um einen Begleiter kümmern werde, wenn ich einen will.“

„Gehen Sie gern solo aus? Auch auf eine solche Veranstaltung?“ Paul musste die Spur wechseln, weil sie am Autobahnkreuz angelangt waren. Die Party fand im Marriott Hotel in Burbank statt. Das war nicht weit von Gwens Wohnung in Pasadena entfernt, jedenfalls nicht für L. A.

„Kommt drauf an.“

„Worauf?“

Sie warf ihm erneut einen Blick zu, den er nicht deuten konnte, weil ihr Gesicht jetzt im Dunkeln lag. „Meine Schwester und der Großteil meiner Familie haben keine Ahnung, wie ich lebe, und umgekehrt verhält es sich genauso. Es ist unkomplizierter, allein zu Familienfeiern zu gehen.“

„Ich verstehe.“

„Aber es besteht die Chance, dass Sie sich amüsieren“, erklärte sie. „Es wird voll sein. Außer den Freunden meiner Eltern ist da noch meine große Familie. Wir waren acht Kinder, müssen Sie wissen. Fünf sind mittlerweile verheiratet, Faith ist verlobt. Dann kommen noch deren Kinder dazu.“

„Wow, ich hatte ja keine Ahnung.“

„Und alle ähneln Autumn mehr als mir. Mein Leben lang machten sie Witze darüber, dass meine Mutter eine Affäre mit dem Postboten hatte.“

„Es ist doch gut, etwas Besonderes zu sein.“

„Da spricht der PR-Experte.“

Abgesehen davon, dass Gwen recht hatte, gefiel ihm das Ganze nicht. Schließlich tat er hier jemandem einen großen Gefallen, da konnte sie ruhig ein bisschen dankbarer sein.

„Tut mir leid, ich fange schon wieder an. Es ist nichts Persönliches, ehrlich“, versicherte sie ihm.

„Ist schon gut.“

„Nein, ist es nicht. Was Sie tun, ist sehr nett, auch wenn Ihre Motive nicht ganz koscher sind.“

„Na schön, ich bin kein Heiliger. Trotzdem glaube ich, dass wir das Beste daraus machen können. Wenn Sie sich dadurch besser fühlen, kann ich Sie dort einfach absetzen und Ihnen für die Rückfahrt ein Taxi besorgen.“

Das schien sie zu erschrecken, doch da er dabei war, von der Autobahn herunterzufahren, konnte er sie nur kurz ansehen. Sie antwortete erst, als er an einer Ampel hielt.

„Das überlasse ich Ihnen. Trinken und essen Sie etwas, und gehen Sie, sobald Ihnen danach ist. Um einen Wagen für mich brauchen Sie sich nicht zu kümmern, das kann ich auch selbst erledigen.“

„Gut. Schauen wir mal, wie es läuft.“

Obwohl er ihr Gesicht nicht sehen konnte, hatte er den Eindruck, dass sie sich allmählich entspannte. Er fühlte sich ebenfalls besser. Jetzt, da er die Möglichkeit hatte, mit Anstand davonzukommen, würde er es vielleicht doch noch rechtzeitig zur Pokerrunde schaffen. Lächelnd bog er in die Auffahrt zum Marriott ein.

2. KAPITEL

Als die Fahrstuhltüren aufgingen, hörte Gwen ein Orchester und wusste, dass ihre Eltern im siebten Himmel schwebten. Sie waren beide Anfang siebzig und noch immer sehr verliebt. Gwen vermutete, dass sie deshalb so viele Kinder hatten. Früher waren sie herausragende Tänzer gewesen und hatten alle möglichen Preise gewonnen. Sie lebten für ihr Publikum und eine große Tanzfläche. Wenn sie in Schwung kamen, hielten sie länger durch als viele jüngere Paare.

Kurz vor dem Eingang zum Ballsaal dachte Gwen an die Gesichter, die ihre Familie und deren Freunde machen würden, wenn sie sie mit einem Mann wie Paul hereinkommen sahen. Diese Vorstellung brachte sie zum Lächeln. Sie hoffte nur, dass Paul es nicht bemerkte.

„Gwen?“

Als sie die Stimme ihrer Schwester Faith hörte, verlangsamte sie ihre Schritte. Faith war sechs Jahre älter und Einkäuferin bei Neiman Marcus. Ihr Verlobter Bret, der neben ihr stand, war ebenfalls Einkäufer. Die beiden waren ein Traumpaar. Zusammen hatten sie beinah ein ganzes Gehirn.

„Ja, Faith, ich bin es, Gwen.“

„Und wer ist das?“ Faith musterte Paul, als wäre er ein angesagtes neues Designerjackett. Auf ihrem Gesicht spiegelte sich Neugier wider, was sie noch schöner machte. Alle fünf Schwestern hatten irgendwann einmal gemodelt. Obwohl Faith schon vierunddreißig war, bekam sie noch immer Angebote von Fotografen.

„Paul Bennet, meine Schwester Faith.“

Paul deutete eine Verbeugung an, was Faith ein Seufzen entlockte, ehe sie sich wieder an Gwen wandte. „Ich muss unbedingt den Namen des Begleitservices haben. Nicht für mich, selbstverständlich, aber ich kenne viele Frauen …“ An ihn gewandt sagte sie: „Wie dem auch sei, ich bin entzückt, Sie kennenzulernen.“

Gwen registrierte Pauls geschockte Miene, aber er gewann seine Fassung rasch wieder.

„Ich sehe die Bar“, sagte er, Faith und ihre idiotische Bemerkung ignorierend. „Wollen wir etwas trinken?“

„Gern.“ Gwen hakte sich bei ihm unter, und gemeinsam drangen sie weiter ins Feindesland vor. Sie überlegte, ob sie sich für Faith entschuldigen sollte, doch wenn sie damit erst einmal anfing, würde sie sich den ganzen Abend lang entschuldigen müssen. Was soll’s. Sie würde etwas trinken, Paul verabschieden und sich ein Taxi bestellen. Im Nu würde es vorbei sein und sie den ganzen Unsinn vergessen können.

Das Orchester war fabelhaft, es spielte all die Sachen, mit denen sie aufgewachsen war, hauptsächlich Swing und dazwischen einige ruhige Klassiker. Bis jetzt hatte sie ihre Eltern noch nicht entdeckt, aber dann sah sie Danny und seine Frau Sandy. Und ihre Schwestern Bethany und Eve.

„Was möchten Sie trinken?“, fragte Paul.

„Gin Tonic, bitte.“

„Keinen Champagner?“

„Nein. Um diesen Abend zu überstehen, brauche ich etwas Stärkeres. Deshalb nehme ich auch einen Doppelten.“

„Klingt sehr vernünftig“, sagte er. „Also, wie viele sind hier?“

Sie wusste genau, was er meinte. „Alle sechs. Und ihre Partner.“

„An welcher Stelle stehen Sie?“

„Jess und Autumn sind jünger als ich, die anderen älter, wenn auch nicht klüger. Mein Angebot gilt noch, Sie können jederzeit gehen. Ich bin an meine Familie gewöhnt.“

„Ich weiß nicht. Das Buffet sieht gut aus.“

„Das ist es bestimmt auch. Meine Familie versteht es, eine Party zu schmeißen.“

Er sah zum Orchester auf der anderen Seite des riesigen Ballsaals. „Das sehe ich. Tanzen Sie?“

„Wir haben es alle gelernt. Meine Eltern waren semiprofessionelle Tänzer, als sie noch jünger waren. Statt Schlaflieder hörten wir Swingbands.“

„Ich musste eine Tanzschule besuchen. Der reinste Albtraum. Ich wurde regelmäßig verprügelt, und, nein, Foxtrott zu lernen machte mich nicht so schnell, dass ich ungeschoren davonkam. Bis zu meinem fünfzehnten Lebensjahr hatte ich ständig ein blaues Auge.“

„Aber heute sind Sie froh?“

„Klar. Ich hatte seit Jahren kein blaues Auge mehr.“

Sie grinste. „Ich meinte wegen des Tanzens.“

„Ja, es ist nicht schlecht, tanzen zu können, obwohl es heutzutage nur noch wenige Anlässe gibt, bei denen man seine Fähigkeiten einsetzen kann.“

„Das stimmt, und es ist traurig.“

„Im Valley gibt es ein paar Swingclubs.“

Die Frau vor ihnen in der Schlange an der Bar drehte sich zu Paul um. Er räusperte sich. „Swingtanzclubs“, präzisierte er. „Die anderen gibt es dort aber vermutlich auch.“

Die Frau, die sich zu ihnen umgedreht hatte, war eine der Golfbekanntschaften ihrer Eltern, die einem Club angehörten, dessen Mitgliedsbeiträge ein Vermögen kosteten. Dort verbrachten sie ihre Zeit mit Kartenspielen, Tennis und Rasenbowling. Gwen freute sich für sie, dass sie Geld genug hatten, um ihren Ruhestand genießen zu können.

„Gwen, schön, dich zu sehen. Es ist Ewigkeiten her.“

Wie war noch ihr Name? Bitsy, Kiki oder etwas ähnlich Albernes, nur konnte Gwen sich beim besten Willen nicht erinnern. Aber das war auch egal, da die Dame den Blick ohnehin nicht von Paul abwenden konnte. „Freut mich auch, dich zu sehen. Das ist übrigens Paul Bennet, ein Freund von Autumn.“

Die Frau nickte, als ergäbe das plötzlich alles einen Sinn. „Wo ist denn deine Schwester?“

„In Rom.“

„Die Glückliche. Rom ist herrlich um diese Jahreszeit, finden Sie nicht?“

Paul sah zu Gwen. „Ich bin sicher, Autumn wäre lieber hier.“

„Oh, natürlich.“

Paul stand sehr dicht neben Gwen, berührte sie jedoch nicht. „Genau das denke ich auch.“

Mit einem leicht verwirrten Lächeln wandte die Frau sich ab und ließ Gwen mit der Sehnsucht nach einem Drink und anschließender Flucht zurück.

„Mögen Sie generell keine Partys oder nur keine Familienfeiern?“ Er sprach leise, doch sie hörte ihn trotz des Lärmpegels und spürte seinen Atem seitlich an ihrem Hals.

„Mir ist gemütliches Beisammensein mit Gesprächen und guter Laune lieber. Ah, endlich.“

Sie waren am Tresen angelangt, und Paul bestellte die Getränke. Nachdem sie sie bekommen hatten, trank Gwen einen Schluck und führte Paul zu dem üppigen Buffet mit der Eisskulptur. Alles war wunderbar präsentiert, das Servicepersonal aufmerksam und höflich. Wenn sie sich nur entspannen und es genießen könnte. Sie balancierte ihr Glas und ihren Teller, bis sie genug Essen hatte, um nicht richtig betrunken zu werden, dann ging sie in den hinteren Teil des Ballsaals, wo es ein paar Sitzplätze gab.

Paul fand zwei freie Plätze, und sie setzten sich zu einer Gruppe Fremder. Gwen erkannte einige, konnte sich aber nicht an die Namen erinnern. Es war trotzdem ganz nett, weil das Essen und Trinken eine Unterhaltung schwierig machten. Sie überlegte, ob sie ihm noch einmal sagen sollte, dass er jederzeit gehen konnte, oder ob es sich anhören würde, als wollte sie ihn hinauswerfen.

„Das muss eine von Ihren Schwester sein“, bemerkte Paul.

Sie folgte seinem Blick zum Rand der Tanzfläche. Bethany, die einzige ihrer Schwestern, mit der sie eine gewisse Nähe verband, stand dort mit ihrem Mann Harry. Sie sahen beide toll aus. Beth trug ein langes schimmerndes Silberkleid, das ihre perfekte Figur umschmeichelte. „Das ist Bethany. Ihr Mann heißt Harry. Sie haben eine Tochter, Nickie, knapp ein Jahr alt.“

„Noch eine?“ Er deutete zum Eingang.

„Ja, das ist Eve. Allerdings sehe ich den Rest ihrer Brut nicht.“

„Von den Brüdern erkenne ich keinen.“

Sie hielt Ausschau, konnte aber auch keinen entdecken. „Ich werde sie Ihnen zeigen, wenn sie vorbeikommen.“

„Wie war das, mit so vielen Geschwistern aufzuwachsen?“

„Schön, als ich ganz klein war. Später nicht mehr, da war die Konkurrenz zu groß.“

„Konkurrenz?“

„Im Gegensatz zu diesen wunderbar fröhlichen Großfamilien im Fernsehen ging es bei uns nur um Football, Modelverträge, Cheerleadertruppen.“

„Bildung zählte nicht?“

Sie winkte ab. „Nein, gute Zeugnisse hatten nicht den gleichen Stellenwert. Und bei Ihnen?“

„Bei mir wurden gute Noten erwartet. Es gab nur mich und meine Schwester Val. Sie ist drei Jahre jünger und beängstigend klug. Da musste ich mich ganz schön ranhalten.“

„Haben Sie es geschafft?“

„Ja, ich studierte in Yale Jura, doch sehr zur Enttäuschung meines Vaters gefiel es mir nicht.“

„Sie Glückspilz, Sie haben Ihre Berufung gefunden.“

„Ja, das habe ich.“

Gwen war mit dem Essen fertig und musste erst einmal verarbeiten, dass der Schönling Bennet in Yale studiert hatte. Sie sollte sich wegen ihrer Vorurteile schämen. Ihrer Erfahrung nach besuchten Männer, die aussahen wie Paul, keine Eliteuniversitäten. Ihre Brüder waren mit einem Studium auf mittelmäßigen Colleges ganz gut durchs Leben gekommen. Sie hatten früh gelernt, dass Charme und Schönheit eher Türen öffneten als Abschlüsse von renommierten Universitäten.

„Möchten Sie noch etwas? Noch mehr Shrimps? Einen weiteren Drink?“

„Nein danke.“

Er stand auf, und sie entspannte sich, da sie bald gehen konnte. Paul hielt ihr die Hand hin, doch statt sich zu verabschieden, zog er sie hoch. „Wollen wir tanzen?“

„O nein, ich …“

„Denken Sie daran, was ich wegen meiner jahrelangen Tanzstunden alles durchmachen musste.“

Paul hielt Gwens Hand, bis sie in der Mitte der überfüllten Tanzfläche angekommen waren, aus Angst, sie könnte ihm weglaufen, wenn er sie vorher losließ. Als er sie an sich zog, stellte er zu seiner Verblüffung fest, dass sie lächelte.

Seit Jahren hatte er nicht mehr so getanzt, seit der kurzen Phase, in der Swing wieder angesagt war. Natürlich fiel es ihm leicht mit einer so guten Partnerin.

Als er sie einmal herumwirbelte, warf sie den Kopf zurück und lachte, was ihn ebenfalls zum Lachen brachte, einfach weil es ein fantastisches Gefühl war.

Die ganze Angelegenheit war verrückt – hier mit Gwen zu tanzen und sich so prächtig zu amüsieren, dass er nach diesem Song nicht gehen wollte. Einer mehr konnte schließlich nicht schaden.

„Das war wundervoll“, sagte Gwen und wedelte mit dem Saum ihres Kleids, um sich Kühlung zu verschaffen. „Sie sind ein ausgezeichneter Tänzer.“

„Dann hat sich die Prügel gelohnt?“

„Ich würde sagen, ja.“

„Wollen wir zuerst etwas trinken oder abwarten, was sie als Nächstes spielen?“

In diesem Moment setzte die Musik wieder ein. Paul kannte den Song nicht, aber er fand sofort den Rhythmus. Er schnappte sich Gwen, und sie tanzten so gut, dass sich die Tanzfläche mehr und mehr leerte.

Nach diesem Lied waren sie beide ein wenig außer Atem, und Gwen führte ihn zur Bar, wo sie sich Wasser und einen weiteren doppelten Gin Tonic bestellte. Paul sah keinen Grund, es ihr nicht gleichzutun. Kaum hatte er sein Wasser ausgetrunken, tauchte eine der Schwestern auf. Es war Eve, und ihr Interesse galt allein Paul.

„Ich habe Sie tanzen sehen“, sagte sie, während sie ihn von Kopf bis Fuß musterte. „Wie, um alles in der Welt, hat Gwen Sie gefunden? Erzählen Sie mir nicht, Sie seien einer ihrer Kneipenfreunde.“

„Er war eine Gratisbeilage zu irgendetwas“, erklärte Gwen genervt. „Du weißt ja, dass ich Coupons liebe.“

Paul legte ihr die Hand auf den Rücken und setzte ein strahlendes Lächeln auf. Erst dann sah Eve ihre Schwester an, und ihre Miene ließ keinen Zweifel daran, dass sie Gwen geschmacklos fand.

Er drehte Eve halb den Rücken zu und sagte zu Gwen: „Bereit für die nächste Runde?“

Lächelnd stellte sie ihr fast leeres Glas auf ein Tablett. Paul trank sein Glas aus, und dann ließen sie Eve einfach stehen.

Diesmal war es ein Samba, ein aufregender lateinamerikanischer Rhythmus, und erneut erwies Gwen sich als perfekte Partnerin. Die wahre Überraschung kam allerdings erst eine Stunde später, nach einer weiteren Runde Drinks, als das Orchester beschloss, dem Publikum eine Pause zu gönnen, und ein paar Songs spielte, bei denen man kein Können zeigen musste, sondern sich eng aneinanderschmiegen konnte.

Ohne groß zu überlegen, zog Paul Gwen an sich. Es gefiel ihm, sie in den Armen zu halten, die Art, wie sie seine Bewegungen vorausahnte. Als er den Duft ihres Parfums einatmete, süß und rauchig trotz der körperlichen Anstrengung, die bereits hinter ihr lag, fragte er sich unwillkürlich, ob sie im Bett genauso auf ihn eingehen würde.

„Was ist los?“

Fragend sah er sie an. „Was?“

„Sie haben aufgehört zu tanzen. Stimmt etwas nicht?“

Verdammt. Er fing wieder an, sich zu bewegen. Es war doch ganz natürlich, dass er sie sich im Bett vorstellte. Er war schließlich ein Mann. Sie war eine Frau. Tanzen war eine intime Angelegenheit, also hatte das überhaupt nichts zu bedeuten.

Auch später nicht, als er feststellte, dass sich der Ballsaal bereits zur Hälfte geleert hatte und dass es am Buffet inzwischen Kaffee und Kuchen gab. Der Abend war wie im Flug vergangen. Irgendwann war Paul Gwens Eltern vorgestellt worden, danach weiteren Brüdern und Schwestern, die sich alle darüber lustig machten, dass er Gwens Date war. Die meiste Zeit über hatten sie jedoch getanzt, bis sie nicht mehr konnten und sich setzen mussten.

Bei jeder Pause nahmen sie weiter weg von der Musik und den anderen Gästen Platz. Gwen suchte einen Tisch, er besorgte die Drinks, und nachdem er festgestellt hatte, dass sie ein Fan der Dodgers war, wurde der Abend noch besser.

Er hätte nie gedacht, dass es ihm so leichtfallen würde, mit einer Frau zu reden, wenn es nicht ums Flirten ging. Ihm waren schon viele Frauen begegnet, für die er sich nicht auf diese Weise interessierte, nur verbrachte er dann auch nicht viel Zeit mit ihnen. An diesem Abend fiel er aus der Rolle. Sicher, er sammelte auch Pluspunkte bei Autumn, aber ansonsten war es völlig entspannt. Es war ganz anders als sonst in seinem Leben, in dem sich alles entweder um Sex oder Geld drehte. Selbst seine geliebten Pokerabende waren von Konkurrenzdenken geprägt.

Heute aber kam es ihm wie das Natürlichste der Welt vor, zu lachen und zu tanzen und zu viel zu trinken. Letzteres hatte zur Folge, dass er auf keinen Fall mehr nach Hause fahren konnte.

„Alles in Ordnung?“

Gwen sah hübsch aus mit ihrem offenen blonden Haar, das ihr auf die Schultern fiel. „Ich muss herausfinden, ob ich hier noch ein Zimmer bekomme.“

Erschrocken schaute sie auf ihre elegante silberne Armbanduhr. „Wow, es ist schon spät. Besser gesagt, früh.“

„Genau.“

„Ich hoffe, es gibt noch zwei freie Zimmer.“

Plötzlich spürte er, wie erschöpft er war. „Wenn nicht, nehmen wir uns ein Taxi.“

„Wo wohnen Sie?“

„Los Feliz.“

„Das ist sehr weit.“

„Ich weiß.“

Sie sah ihn an. „Ich bin ziemlich betrunken.“

„Auch das weiß ich.“ Er nahm ihre Hand und führte Gwen aus dem Ballsaal zum Empfang. Vor ihnen waren noch andere Partygäste an der Reihe, aber das war nicht der Grund, weshalb er seine Schritte verlangsamte.

Er betrachtete Gwen. Sie schien zu leuchten in ihrem hübschen Kleid, und das Gefühl, sie in den Armen zu halten, war noch da. „He.“ Er blieb stehen und drehte sie so, dass sie ihn ansehen musste. „Wie wäre es, wenn wir uns nach nur einem Zimmer erkundigen?“

„Warum?“

Er lachte. „Sie haben wirklich viel getrunken, wenn Sie noch fragen müssen.“

Sie starrte ihn an, als hätte er den Verstand verloren. Und wer weiß, vielleicht hatte er.

Gwen war nicht mehr so betrunken gewesen, seit sie aus der Hausbar ihrer Eltern eine Flasche Brombeerschnaps gestohlen hatte, als sie noch zur Highschool ging. Sie hatte das Gefühl, noch immer zu tanzen und sich zu drehen und alles um sich herum zu vergessen, während sie in diese unglaublichen braunen Augen sah.

Sie wusste, dass sie sich weder verhört noch seine Worte falsch gedeutet hatte. Paul wollte die Nacht mit einem Quickie beenden. Sie holte tief Luft und blieb so ruhig sie konnte. „Sind Sie verrückt geworden? Ich werde unter gar keinen Umständen mit Ihnen schlafen.“

Sein Lächeln erstarb, und er machte ein enttäuschtes Gesicht. „Warum nicht?“

Gwen wünschte, der Raum würde aufhören, sich zu drehen. „Ich bin betrunken, aber nicht blöd.“

„He, ich habe nie behauptet …“

„Kommen Sie.“ Sie zerrte ihn weiter Richtung Empfang. Vor ihnen waren noch drei Leute in der Schlange. „Besorgen wir uns jeder ein Zimmer und legen uns schlafen. Morgen wird es Ihnen besser gehen.“

„Ich verstehe nicht, warum Sie es nicht wenigstens in Erwägung ziehen.“

Er hörte sich gar nicht allzu betrunken an, doch sie wusste in etwa, wie viele Drinks er gehabt hatte. Und hätte sie es nicht gewusst, wäre sein Angebot Beweis genug für seinen Zustand gewesen. Andernfalls würde er nicht die Nacht mit ihr verbringen wollen. Abgesehen davon war er mit Autumn zusammen. Das allein disqualifizierte ihn schon. Bei der Vorstellung schauderte es sie.

„He“, sagte er wieder, nur dass es diesmal gekränkt klang.

„Was?“

„Ich habe Ihren Blick sehr wohl registriert. Eigentlich dachte ich nicht, dass ich so schlimm bin.“

Sie brachte ein Lächeln zustande, obwohl ihr die Füße wehtaten. „Das war nicht Ihretwegen.“

„Sondern?“

„Wegen Autumn.“ Sie verzog das Gesicht, da sie das eigentlich nicht hatte aussprechen wollen.

„Meine Autumn?“

„Wir sind gleich an der Reihe“, erklärte sie.

Er drehte sich um und schwankte leicht. „Ich fürchte, ich habe mehr getrunken, als ich dachte. Beim Tanzen war mir noch nicht schwindelig.“

Sie nickte, hörte jedoch sofort damit auf, weil ihr flau wurde. Die ganze Situation war lächerlich. Sie wollte nicht im Hotel übernachten. Sie hatte nichts dabei, keine Kleidung zum Wechseln, nicht einmal eine Zahnbürste. Aber mit dem Taxi nach Hause fahren wollte sie auch nicht, weil ihr schon allein bei dem Gedanken daran übel wurde.

Am Empfangstresen brauchte Paul einen Moment, bis er seine Brieftasche hervorgekramt hatte. Dann knallte er eine Kreditkarte auf den Tresen. „Zwei Zimmer bitte.“

„Tut mir leid, Sir. Alles, was wir noch haben, ist ein Einzelzimmer.“

„Dann eben zwei Einzelzimmer.“

„Es gibt nur noch ein Einzelzimmer.“

Paul sah Gwen an, dann wieder den Hotelangestellten. „Wir nehmen es.“

„Warten Sie einen Augenblick.“ Gwen zog Paul ein Stück vom Tresen fort.

„Keine Sorge“, sagte er, bevor sie protestieren konnte. „Sie können das Zimmer haben. Ich nehme ein Taxi.“

„Nein, ich nehme das Taxi.“

„Auf keinen Fall. Sie müssen ins Bett.“

„Sie aber auch“, sagte sie.

Er betrachtete sie, bis er anfing zu schwanken. „Na schön, dann teilen wir uns das Zimmer.“

„Äh …“

„Keine Sorge, ich werde der perfekte Gentleman sein.“

„Ach, na dann.“

Gwen war nicht besorgt, zumindest nicht wegen Paul. Viel mehr Sorgen bereitete ihr ihr Verstand. Und die fehlende Zahnbürste.

Zusammen mit dem Schlüssel händigte der nette Angestellte Paul zwei Körbe mit dem Notwendigsten für die Nacht aus. Einschließlich zweier glänzender Kondompäckchen.

Das Zimmer war praktisch eingerichtet und mit einem schmalen Doppelbett ausgestattet. Erneut überlegte Gwen, ob sie sich ein Taxi rufen sollte, doch die Ausschweifungen des Abends gaben den Ausschlag, sich für das Hotelzimmer zu entscheiden. Mit ihrem kleinen Korb ging sie ins Badezimmer und schloss die Tür hinter sich ab.

Der Inhalt des Korbes reichte für eine notdürftige Toilette, aber weder Make-up-Entferner noch Gesichtscreme waren dabei. Sie putzte sich die Zähne und überlegte, ob sie ihr Kleid anbehalten sollte. Es war sehr schön, und sie wusste nicht, wie es aussehen würde, wenn sie darin geschlafen hatte. Die Alternative allerdings waren Slip und BH.Vielleicht wenn das Licht aus war und er schon schlief. Wenn sie es schaffte, sich auszuziehen, ohne auf dem Hintern zu landen. Im Augenblick konnte sie trotz einer Hand am Waschbecken kaum das Gleichgewicht halten.

Als sie aus dem Bad kam, lehnte Paul an der Wand, ohne Krawatte und mit halb aufgeknöpftem Hemd. Sein Jackett hing über einem der Sessel. Trotzdem sah er noch unverschämt gut aus. „Es gehört Ihnen.“

Kaum lag ihr Kopf auf dem Kissen, drehte sich alles. Nach einer Weile hörte sie Paul wieder aus dem Badezimmer herauskommen, doch sie drehte sich nicht zu ihm um, sondern schloss die Augen, auch wenn der Schwindel dadurch zunahm.

Sie spürte, wie die Decke zurückgeschlagen wurde und sein Gewicht die Matratze herunterdrückte. Mit dem Klicken des Lichtschalters wurde es dunkel im Zimmer. Dann legte er sich neben sie.

Gwen machte die Augen wieder auf und hoffte, sie würde einfach ohnmächtig werden, damit sie sich der Nähe dieses Fremden nicht so sehr bewusst wäre. Er stöhnte, und sie fühlte mit ihm. Ein paar Sekunden später, nachdem er noch einige Male hin und her gerutscht war, lag er still da. Sie entspannte sich ein wenig.

Er duftete nach Seife und feuchten Haaren – ein sehr intimer Duft. Gwen musste daran denken, dass sie in Unterwäsche neben ihm lag. In ihrem schlichten Kaufhausslip und dem BH.

Trug auch er nur Unterwäsche? Boxershorts? Slip? Eine dieser europäischen Unterhosen, die in den Zeitschriften immer so sexy aussahen? Bestimmt war er nicht nackt.

Sie schloss wieder die Augen, und diesmal war sie es, die stöhnte. Aber nicht nur wegen des Schwindels.

„Ist alles in Ordnung?“, flüsterte er.

„Nein. Ich bin ein Idiot.“

Er seufzte. „Ich auch. Alles dreht sich.“

„Ich bin zu alt für diesen Unsinn.“ Sie bewegte sich, hielt aber sofort inne, weil sie ihn nicht berühren wollte. „Selbst als ich jung war, war ich schon zu alt dafür.“

„So schlimm ist es nun auch wieder nicht. Ich zum Beispiel werde mich an diese Nacht nicht erinnern, weil ich betrunken war, sondern weil ich mich prächtig amüsiert habe. Ich weiß gar nicht, wann ich zuletzt so getanzt habe.“

Gwen musste lächeln. „Ja, das war schon toll.“

Sie wartete darauf, dass er weitersprach, doch es war nur sein Atem zu hören. Vielleicht war er eingeschlafen. Bestimmt, denn es war schon sehr spät.

Sie versuchte wieder, die Augen zu schließen, und wieder stöhnte sie. Unter der Decke legte Paul ihr die Hand auf den Arm.

„Ich kann Alka Seltzer kommen lassen“, bot er an. „Das fehlte in den Körbchen.“

„Nein danke. Der Schwindel wird bald nachlassen.“

„Versprechen Sie mir das?“

„Ich wünschte, ich könnte es.“

„Es hilft, zu reden und sich abzulenken“, sagte er. „Mir jedenfalls. Aber das ist dumm, also vergessen Sie es.“

„Nein, ist es nicht“, widersprach sie und wünschte, er würde seine Hand fortnehmen. „Ich glaube auch, dass es hilft.“

„Mist.“

„Was ist denn?“ Fast hätte sie sich umgedreht, konnte sich aber gerade noch beherrschen.

„Ich habe vergessen, Wasser zu holen. Bin gleich wieder da.“

Er nahm seine Hand fort, und Gwen atmete auf. Während die Matratze schaukelte, kam ihr in den Sinn, dass Betrunkensein nicht ihre schlimmste Sünde in dieser Nacht war. Diese Ehre wurde ihrer Albernheit zuteil, denn sie benahm sich kindisch und dumm, so wie eine von ihren Schwestern.

Das Licht vom Kühlschrank veranlasste sie, Paul zu betrachten. Boxershorts. Hübsch, aber nicht die Sorte, auf die sie gehofft hatte.

„Möchten Sie auch welches?“, erkundigte er sich.

„Nein danke.“

Er stand da, nackt bis auf die Unterwäsche, den Kopf zurückgelegt, die Wasserflasche an den Lippen. Er trank gierig, und selbst in dem schwachen Licht konnte sie seinen Adamsapfel hüpfen sehen.

Na ja, ganz so kindisch war ihre Reaktion nicht, denn dieser Mann war wirklich außergewöhnlich und die Situation sehr intim. Wen hätte das nicht eingeschüchtert?

Paul wandte sich ihr zu. Das Kühlschranklicht war die perfekte Hintergrundbeleuchtung. „Das tat gut. Wollen Sie wirklich nichts?“

„Ich habe eine Flasche hier.“ Sie versuchte, den Blick auf sein Gesicht gerichtet zu lassen, doch das schaffte sie nicht. Sie betrachtete seine muskulöse Brust und die schmale Taille, bis Paul die Kühlschranktür zumachte.

Im Nu war er wieder bei ihr im Bett. Während sie darauf achtete, ihn ja nicht zu berühren, machte er nicht nur Lärm, sondern drängte sich auch noch an sie. Eine Drehung genügte, und sie würde auf ihm liegen.

„Wäre es Ihnen lieber, wenn ich in der Badewanne schlafe?“, fragte sie.

„Was? Warum?“

„Sie scheinen ziemlich viel Platz zu brauchen.“

„Nein, eigentlich nicht. Ich will nur nah bei Ihnen sein.“

„Ich habe meine Meinung nicht geändert, Paul. Außerdem sind Sie gar nicht in der Verfassung.“

„Da irren Sie sich. Aber ich bin mir sehr wohl bewusst, dass Sie Nein gesagt haben, und deshalb werde ich das Thema nicht weiter strapazieren.“

„Warum wollen Sie mir dann nah sein?“

„Sie duften so gut, und ich will reden.“

Sie schluckte angesichts dieses Kompliments, sagte aber nichts dazu. „Worüber wollen Sie reden?“

„Wir könnten mit Ihren Kneipenfreunden beginnen.“

Gwen seufzte. „Na dann, rücken Sie rüber.“ Brüste hielt, und legte sich ein Kissen hinter den Rücken.

Paul hielt das offenbar für eine gute Idee, denn er folgte ihrem Beispiel. „Kneipenfreunde?“

„Das hat nichts zu bedeuten. Montagabend besuche ich eine Sportkneipe, wo wir ein Sportquiz spielen.“

„Sind Sie gut darin?“, wollte er wissen.

„Sehr gut.“

Paul brummte.

„Was?“

„Nichts.“

Sie sah ihn an, wacher als noch eine Minute zuvor. „Letztes Jahr habe ich die Meisterschaft gewonnen.“

„In allen Sportarten?“

„In allen wichtigen Sportarten. Es ist nicht nur ein lokaler Wettbewerb, sondern landesweit, einschließlich Kanada. Ich spiele im ‚Bats and Balls‘, aber es gibt hunderte Bars, die daran teilnehmen.“

„Es war nicht meine Absicht, Ihre Sachkenntnis anzuzweifeln, aber das beantwortet nicht meine Frage.“

„Wie lautete die gleich?“

„Was ist mit den Kneipenfreunden?“

„Ja, Männer spielen auch dort. Eve findet es verdächtig, dass ich mich mit Männern treffe und wir nur befreundet sind.“

Er sah sie an, doch konnte sie seine Miene nicht deuten. „Eve ist blöd.“

„Ja, das ist sie“, räumte sie lächelnd ein.

Paul streckte sich im Bett. Der Schwindel war zum Glück verflogen und Schlaf wahrscheinlich endlich möglich. Trotzdem wollte er nicht, dass Gwen aufhörte zu reden. Er wollte beim Klang ihrer sanften Stimme einschlafen. Und er wünschte, das wäre alles, was er wollte.

Sie hatten über Baseball geredet, über Football und waren irgendwie auf ihre Lieblingspizzerias gekommen. Worüber sie gerade sprach, wusste er nicht, da er die Bedeutung ihrer Worte schon vor einer Weile ausgeblendet hatte, um sich ganz auf den sinnlichen Klang ihrer Stimme zu konzentrieren. Dabei waren seine Gedanken abgeschweift. Er wusste, dass er nicht mehr lange wach bleiben konnte, trotzdem wollte er sie berühren. Sie einfach nur berühren.

Sie verstummte, und die Stille war nicht halb so angenehm, doch dann bewegte sie sich und lag neben ihm, allerdings mit gebührendem Abstand zwischen ihnen.

Paul drehte sich auf die Seite, um sie anzusehen, und als sie nicht protestierte, rutschte er ein Stückchen näher. In der Dunkelheit konnte er nicht erkennen, ob es ihr unangenehm war, aber er wollte sie auf keinen Fall verschrecken. „Sind Sie noch wach?“, flüsterte er.

„Halbwegs.“

„Würde es Ihnen etwas ausmachen, wenn ich näher komme?“

Sie schwieg einige Sekunden lang, was Antwort genug war.

„Schon gut. Süße Träume.“ Es war ohnehin eine törichte Idee. Er war noch nie ein Kuscheltyp gewesen, und wahrscheinlich hatte dieses seltsame Gefühl eher mit dem Alkohol zu tun als mit Verlangen.

Sie bewegte sich erneut, und diesmal streifte ihr Po seine Hüfte. Aber was er fühlte, hatte nichts mit Sex zu tun. Er legte den Arm um sie und spürte die vollkommene zarte Haut an ihrem flachen Bauch. In der Löffelchenstellung schmiegte er sich an sie und lächelte zufrieden, denn genau das war es, wonach er sich gesehnt hatte. Und ihrem Seufzen nach zu urteilen, war auch sie nicht unglücklich darüber.

Daher schloss er die Augen und schlief ein.

3. KAPITEL

Gwen erwachte, spürte Pauls Penis an ihrem Po und erstarrte vor Entsetzen. Aber offenbar schlief er noch, denn andernfalls hätte sie dafür gesorgt, dass er für lange Zeit niemanden mehr mit seinem besten Stück bedrängen konnte.

Seine Hand lag auf ihrer Taille, und seine Knie schmiegten sich an ihre Oberschenkel. Warmer Atem streifte ihren Nacken, und sie entspannte sich ein wenig. Er schlief wirklich noch, also konnte sie in Ruhe ihre Flucht planen. Irgendwie musste sie aus dem Bett und ins Badezimmer kommen, ohne ihn aufzuwecken.

Es war zwar dunkel im Zimmer, aber sie wusste, dass es schon hell draußen war. Sie war durstig, ihre Schläfen pochten, und sie wollte nur noch nach Hause. Äußerst vorsichtig hob sie seine Hand und rutschte Zentimeter für Zentimeter zur Bettkante. Sie hätte die Nacht niemals in diesem Hotelzimmer verbringen dürfen. Was hatte sie sich bloß dabei gedacht?

Gleich hatte sie es geschafft. Fast war sie frei. Sie hielt seine Hand hoch, um ihr Kissen als Ersatz für ihren Körper darunterzuschieben. Lautlos setzte sie sich auf und drehte sich zu um.

Das war ein Fehler.

Er sah aus wie ein Filmstar – einfach umwerfend. Gwen gab sich keinen Illusionen über ihr Aussehen gleich nach dem Aufwachen hin. Das Leben war einfach nicht fair. Noch schlief er, sie sollte sich beeilen zu verschwinden.

Langsam stand sie auf, nahm ihre Wasserflasche vom Nachttisch, schnappte sich ihr Kleid und lief ins Badezimmer. Erst dort wagte sie wieder zu atmen. Die Frau im Spiegel sah allerdings schrecklich aus. Wenigstens hatte sie Seife und Zahnpasta.

Sie brauchte nicht lange, um sich anzuziehen. Das Einzige, was im Bad fehlte, war ein Notizblock, denn es wäre unhöflich, zu verschwinden, ohne wenigstens ein paar Zeilen zu hinterlassen. Andererseits würde sie Paul Bennet nie wiedersehen, wozu sich also die Mühe machen?

Nein, so herzlos konnte sie nicht sein. Er war so nett zu ihr gewesen, das beste Date, das sie je gehabt hatte. Sie würde sich gern daran zurückerinnern. Mit der Bürste in der Hand öffnete sie die Badezimmertür und machte sich auf die Suche nach Briefpapier.

Leider schlief Paul nicht mehr, sondern stand direkt vor ihr, nur etwa zehn Zentimeter von ihr entfernt. In seiner Boxershorts. Im Licht, das aus dem Bad ins Zimmer fiel. Und sah dabei aus wie eine antike Statue. Er wirkte ein wenig verzweifelt, als er an ihr vorbei ins Badezimmer eilte. Gwen straffte sich, schüttelte ihre Benommenheit ab, knipste die Nachttischlampe an und fand das Hotelbriefpapier. Hastig kritzelte sie ein Dankeschön auf ein Blatt, riss es ab und schrieb eine neue Nachricht, diesmal etwas netter. Sie war mit ihrer Handtasche schon auf dem Weg nach draußen, als Paul wieder aus dem Bad kam.

Sie hätte keine zweite Nachricht schreiben dürfen, denn dadurch hatte er Zeit gehabt, sich das Gesicht zu waschen und die Haare zu kämmen. Außerdem registrierte sie, dass seine Erektion sich gelegt hatte. Warum auch nicht, die hatte er schließlich nicht ihretwegen gehabt.

„Sie brechen schon auf?“

„Ich brauche Kaffee und eine Dusche.“

„Klar. Soll ich etwas beim Zimmerservice bestellen? Ich bin im Nu angezogen.“

„Nein, schon gut.“ Sie zwang sich, ihm ins Gesicht zu sehen. „Lassen Sie sich Zeit. Ich werde mir ein Taxi nehmen, so weit weg von hier wohne ich ja nicht.“

Er nickte. „Ich verstehe.“

Wenn sie sich nicht irrte, klang er ein wenig enttäuscht, was überhaupt keinen Sinn ergab. Vermutlich war es nichts. Sein Kopf musste sich genauso schlimm anfühlen wie ihrer, deshalb konnte sie sich nicht vorstellen, dass er dies hier noch unnötig in die Länge ziehen wollte.

„Ich habe Ihnen eine Nachricht zum Abschied geschrieben“, erklärte sie. „Aber jetzt kann ich mich ja persönlich bedanken. Der gestrige Abend hat mir gut gefallen. Sie sind ein toller Tänzer.“

„Mir hat es auch Spaß gemacht. Komisch, was?“

„Sehr.“ Sie wollte an ihm vorbeigehen, doch er berührte ihren Arm.

„Autumn hatte recht.“

„Womit?“

„Dass Sie interessant und amüsant sind.“

„Ich war total betrunken.“

Er grinste.

„Haben Sie auch solche Kopfschmerzen?“

Reumütig wie ein kleiner Junge nickte er.

„In der Lobby gibt es bestimmt jede Menge Aspirin. Tja dann …“

„Tja dann …“

Sie schaute auf seine Hand, die auf ihrer nackten Haut lag. Es war eine ganz harmlose Berührung, nur fühlte sie sich leider überhaupt nicht so an.

Einen Moment später registrierte sie, dass er sich zu ihr herüberbeugte. Sie sah genau in der Sekunde auf, in der seine Lippen ihre trafen.

Paul küsste sie.

Gwen erstarrte zum zweiten Mal an diesem Morgen, wagte nicht zu atmen und wartete darauf, dass etwas passierte. Zum Beispiel, dass er sich abrupt wieder von ihr löste oder lachte oder einfach ihren Arm losließ. Stattdessen küsste er sie weiter.

Sie schloss die Augen, obwohl sie das gar nicht wollte und obwohl sie sich ermahnte, diesen Unfug auf der Stelle zu beenden und nach Hause zu fahren. Aber stattdessen erwiderte sie den Kuss voller Hingabe.

Paul seufzte, und sie nahm seinen Atem wahr, der frisch und nach Pfefferminz roch. Die Zeit schien stillzustehen, ihre Gedanken überschlugen sich, und Gwen war zu keinerlei Reaktion mehr fähig.

Dann wich er plötzlich zurück und ließ sie los. Er sah erschrocken aus. „Wow. Tut mir leid. Ich wollte nicht …“

„Macht nichts. Man kann sich ja mal irren. Tja dann …“

„Genau.“ Er machte einen Schritt rückwärts, dann noch einen. „Tja dann …“

„Dann werde ich mal …“

„Klar. Gut.“

Sie schüttelte ihm die Hand und suchte die Tür. „Es hat mir Spaß gemacht. Das Tanzen.“

„Spaß gemacht, sicher.“ Er wich zurück, bis er ans Bett stieß.

Zum Glück fand sie die Tür, bevor sie noch weiteren Blödsinn von sich geben konnte. Auf dem Weg zum Fahrstuhl fragte sie sich immer wieder, was in sie gefahren war. Es war alles sehr seltsam, aber sobald ihr Kopf nicht mehr wehtat, würde sie sicher eine Erklärung für die Schmetterlinge im Bauch finden. Oder einfach so tun, als hätten dieser Abend und dieser Morgen nie existiert.

Paul schaute erneut auf seine Uhr. Autumn verspätete sich zu diesem Abendessen noch mehr als sonst, und er hatte Hunger. Den Tisch im Nobu hatte er vor vierzig Minuten bekommen, weshalb der Kellner allmählich unruhig wurde. Von Pauls Drink waren nur noch die Eiswürfel übrig. Wo steckte sie nur? Schließlich war es ihre Idee gewesen, sich hier mit ihm zu treffen, ein Dankeschön dafür, dass er mit Gwen zum Hochzeitstag ihrer Eltern gegangen war. Allerdings hatte sie zwei Wochen gebraucht, um ihn zu diesem Abendessen einzuladen.

Er wusste nicht einmal, warum er sich diese Mühe machte. Autumn war toll – aber rechtfertigte das eine vierzigminütige Verspätung sowie ein zweiwöchiges Warten?

Er hatte volle vierundzwanzig Stunden gebraucht, um sich von dem Abend mit Gwen zu erholen, und länger, als es gut für ihn war, bis er nicht mehr darüber nachdachte. Noch immer konnte er kaum glauben, dass er mit Autumns Schwester hatte schlafen wollen. Sie war nicht nur nicht sein Typ, es wäre auch schändlich gewesen, weshalb er ernsthaft erwogen hatte, nie wieder Alkohol zu trinken.

Endlich entdeckte er Autumn am Empfang. Es war ein für sie typischer Auftritt, selbstbewusst bis zur Extravaganz. Sie trug ein rotes Kleid, das kurz genug war, um ihre fantastischen Beine zur Geltung zu bringen. Ihre blonden Haare fielen ihr wie Seide auf die Schultern, und ihr Gang war der einer Frau, die sich ihrer Ausstrahlung vollkommen bewusst war.

„Paul“, begrüßte sie ihn lächelnd.

Er stand auf und küsste sie auf die Wange. Allein ihr Duft genügte, um jeden kritischen Gedanken auszulöschen. Verdammt.

Sie orderte sofort einen Nobu-Martini, und er bestellte sich einen neuen Drink. Kaum waren sie allein, schenkte sie ihm einen Blick, der seinen Testosteronspiegel schlagartig erhöhte. „Es geht das Gerücht, du und Gwen hättet einen tollen Abend zusammen verbracht.“

„Fängst du schon wieder damit an? Ich habe es dir doch erklärt. Wir haben getanzt. Es hat Spaß gemacht.“

„Laut Faith sah es nicht so aus, als würdest du mir nur einen Gefallen tun.“

„Was?“

„Sie hat gesagt, beim Engtanz hätte kein Blatt Papier mehr zwischen euch gepasst.“

„Gwen ist eben eine gute Tänzerin.“

Autumn betrachtete ihn eine Weile, dann brach sie in helles Gelächter aus. „Du lieber Himmel, du solltest dein Gesicht sehen! Als wenn du und Gwen …“ Sie lachte noch ein wenig und erntete so viel Aufmerksamkeit, wie sie konnte, ohne es zu übertreiben. „Sie muss glatt umgefallen sein, als sie dich vor ihrer Tür stehen sah. Oh, ich wünschte, ich hätte es sehen können.“

„So lustig war es nicht.“

„Ach, komm schon, Paul. Ich kenne meine Schwester. Das war bestimmt amüsant.“ Sie tupfte sich die Augenwinkel mit der Serviette. „Ich bin dir sehr dankbar für das, was du getan hast. Es muss schrecklich gewesen sein. Faith meinte, du hättest dich den ganzen Abend wie ein echter Gentleman benommen. Sie konnte es gar nicht fassen, dass du nicht bei der erstbesten Gelegenheit verschwunden bist.“

Paul nahm seine Speisekarte, weil er sich darüber ärgerte, wie Autumn über ihre Schwester sprach. Am besten hielt er sich da raus. Autumns Beziehung zu Gwen, wenn man es denn so bezeichnen konnte, ging ihn nichts an. „Ich habe dir gern einen Gefallen getan. Möchtest du eine Vorspeise?“

Sobald Autumn in ihre Speisekarte blickte, wechselte er das Thema, denn es war nicht klug, jetzt an Gwen zu denken. Er wollte das Essen hinter sich bringen und zum angenehmen Teil des Abends mit Autumn kommen. Für diese Gelegenheit hatte er extra neue Kondome gekauft.

Nachdem die Drinks gekommen waren und sie ihre Bestellung aufgegeben hatten, lauschte er Autumn, wie sie von ihren Abenteuern in Rom berichtete, und freute sich bereits auf das, was die Nacht für ihn bereithielt. Sie würden zu ihm nach Hause fahren. Seine Haushälterin war am Nachmittag da gewesen, deshalb sah alles sauber und ordentlich aus. Im Kühlschrank warteten Champagner und teurer Beluga-Kaviar.

„Woran denkst du?“, fragte sie.

„Hm? Oh. An dich natürlich. Nur an dich.“

Gwen verteilte das Popcorn auf dem Backblech, spritzte Butterspray darüber und würzte es mit ihrer Spezialmischung aus Chili, Zitrone und Salz.

„Bringst du mir ein Bier mit?“

Sie schüttete das Popcorn in eine riesige Schüssel, nahm ein Bier für Holly und eine Cola light für sich selbst und kehrte ins Wohnzimmer zurück.

Holly hatte es sich wie eine zufrieden schnurrende Katze auf dem Sofa bequem gemacht. Sie war im Pyjama und in Hausschuhen vorbeigekommen. Wenn der Film zu Ende war, brauchte sie nur in ihre Wohnung zwei Stockwerke über Gwen zu gehen. Das war praktisch, besonders weil Holly auch bei Rockland-Stewart arbeitete, wo sie sich kennengelernt hatten. Sie verstanden sich auf Anhieb, und als die Wohnung oben frei geworden war, hatte Holly begeistert zugegriffen.

„Sind wir so weit?“, fragte Gwen. „Fehlt noch etwas?“

Holly nahm ihr Bier und eine Handvoll Popcorn. „Nein, ich glaube, alles ist bestens. Wenn man davon absieht, dass wir an einem Freitagabend hier im Pyjama sitzen und uns einen Film anschauen.“

„Meiner Meinung nach gibt es nichts Besseres.“ Gwen öffnete ihre Cola und goss sie in ihr großes Glas.

Holly hob die Fernbedienung für den DVD-Spieler, drückte aber noch nicht den Startknopf. „Ich glaube, Ito mag dich.“

„Was?“

„Ich glaube, er schwärmt für dich.“

Gwen musste lachen. „Ito? Du spinnst ja. Ich bin seine Konkurrentin. Er hasst mich, weil ich öfter gewinne als er.“

„Nein, er ist in dich verliebt.“

„Holly, starte den Film.“

„Jawohl, Ma’am.“ Sie drückte den Knopf, hielt beim Vorspann aber wieder an. „Du meine Güte, das habe ich ja ganz vergessen, dir zu erzählen. Ich habe ein Foto von Paul Bennet gesehen. Warum hast du mir verschwiegen, dass er noch besser aussieht als Brad Pitt?“

„Weil das nicht stimmt. Können wir uns jetzt den Film ansehen?“

Holly warf ihr einen vernichtenden Blick zu. „Wie können wir befreundet sein, wenn du so gemein zu mir bist?“

„Mir kommen gleich die Tränen.“

„Ach, halt den Mund. Er war jedenfalls der attraktivste Mann, den ich je gesehen habe. Keine Ahnung, was ich getan hätte, wenn der vor meiner Tür gestanden hätte.“

„Er ist mit Autumn zusammen.“

„Dann ist er nicht allzu helle. Man kann Ausnahmen machen.“

„Nein“, erwiderte Gwen scharf, „kann man nicht.“

„Wie war es, in seinen Armen zu liegen?“, wollte Holly wissen, als hätte Gwen nicht protestiert.

„Er war ein guter Tänzer. Sobald ich betrunken genug war, konnte ich mich gut mit ihm unterhalten.“

Holly nahm noch eine Handvoll Popcorn. „Er steht auf die Dodgers.“

„Wir sind in L. A., also ist das keine große Überraschung.“

„Er hat dir ein Zimmer besorgt. Das war nett.“

„Charmant. Lass uns den Film sehen.“ Sie wollte keine Fragen mehr über jene Nacht beantworten. Sie wollte ja nicht einmal daran denken, obwohl ihr das nicht gelang.

„Warum tust du mir das an?“, fragte Holly vorwurfsvoll. „Ich habe kein Liebesleben, und ich brauche mehr als Büroklatsch. Dieser Mann ist das Interessanteste, was uns seit Jahren passiert ist.“

„Er ist mit Autumn zusammen“, wiederholte Gwen. „Können wir uns jetzt bitte den Film ansehen?“

„Spielverderberin.“

Gwen schob sich Popcorn in den Mund und ärgerte sich zum wiederholten Mal, dass sie Paul Bennet nicht aus ihren Gedanken verbannen konnte.

Paul holte den Champagner aus dem Kühlschrank und ließ den Korken knallen. Er hob den Flaschenhals an die Lippen, um den aufsteigenden Schaum aufzufangen. Es kümmerte ihn nicht, dass das meiste auf den Boden tropfte.

Er nahm die Kaviardose und einen Löffel und setzte sich an seinen Küchentresen. Allein.

Sie hatte es schon wieder getan. Dabei hatte er sich bis zur letzten Sekunde Hoffnungen gemacht. Der Mann vom Parkservice hatte sein Trinkgeld bekommen, und Autumn stand vor ihrem Lexus. Paul wollte sie gerade auffordern, ihm hinterherzufahren, als sie ihm den Todesstoß versetzte. So gern sie mit ihm eine intime Nacht verbringen würde, heute ginge es einfach nicht. Ein Frauending.

Sie benutzte tatsächlich das Wort „Frauending“. Ihre Miene verriet, dass sie sich für anbetungswürdig hielt.

Er erklärte ihr, er sei schon ein großer Junge, dem solche „Dinge“ nichts ausmachten, aber sie blieb hart. Dann gab sie ihm einen Kuss, als sei damit alles wieder gut, fuhr davon und ließ ihn mit einer Erektion und dem neuerlichen Entschluss stehen, diese Beziehung zu beenden. Er brauchte diesen Blödsinn nicht, selbst wenn sich herausstellen sollte, dass sie die beste Geliebte auf der ganzen Welt war.