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Sandra, ein kleines Mädchen mit strahlend blauen Augen und hellblonden Haaren, ist das Vermächtnis des Mannes, den die bezaubernde Eva einst über alles geliebt hat, der jedoch viel zu früh von ihr gehen musste.
Das Kind ist Evas Trost in vielen einsamen Stunden, doch es bürdet der jungen Frau auch eine Verantwortung auf, die sie kaum allein zu tragen vermag: Sandra ist krank, und nur eine äußerst schwierige Operation in den USA kann sie retten und ihr die Hoffnung auf eine glückliche, unbeschwerte Zukunft schenken ...
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Seitenzahl: 103
Veröffentlichungsjahr: 2017
Cover
Impressum
Sandra – mein Geschenk des Himmels
Vorschau
BASTEI ENTERTAINMENT
Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe
Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG
© 2017 by Bastei Lübbe AG, Köln
Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller
Verantwortlich für den Inhalt
Titelbild: shutterstock / Nina Buday
Datenkonvertierung eBook: Blickpunkt Werbe- und Verlagsgesellschaft mbH, Satzstudio Potsdam
ISBN 978-3-7325-5212-2
www.bastei-entertainment.de
www.lesejury.de
Sandra – mein Geschenk des Himmels
Eine Mutter kämpft um die Zukunft ihres Sorgenkindes
Von Sabine Stephan
Sandra, ein kleines Mädchen mit strahlend blauen Augen und hellblonden Haaren, ist das Vermächtnis des Mannes, den die bezaubernde Eva einst über alles geliebt hat, der jedoch viel zu früh von ihr gehen musste.
Das Kind ist Evas Trost in vielen einsamen Stunden, doch es bürdet der jungen Frau auch eine Verantwortung auf, die sie kaum allein zu tragen vermag: Sandra ist krank, und nur eine äußerst schwierige Operation in den USA kann sie retten und ihr die Hoffnung auf eine glückliche, unbeschwerte Zukunft schenken …
Die schmale Altbaustraße sah trist und düster aus, doch am Torbogen zu dem winzigen, windschiefen Hinterhofhäuschen schien eine andere, liebenswert altmodische Welt zu beginnen. Das holperige Kopfsteinpflaster bot den richtigen Rahmen für alte Steinbögen, in denen weiße Margeriten, leuchtend rote Geranien und tiefblaue Lobelien wuchsen. An den schmalen Sprossenfenstern rankten sich Efeu und Wilder Wein empor, und pinkfarbene Kletterrosen bedeckten die zwar knarrende, doch in ihren Regenbogenfarben prächtige Eingangstür.
»Wie schön es hier ist!« Eva blieb, wie an jedem Nachmittag, wenn sie aus dem Büro heimkehrte, für ein paar Minuten vor ihrem Häuschen stehen, das sie erst vor ein paar Monaten bezogen hatte.
»Die Bruchbude ist unvermietbar«, hatte der Makler damals gebrummt. »Wer will schon so etwas haben? Ohne Heizung, ohne Bad, und dann die steile Treppe, auf der man sich garantiert irgendwann das Genick bricht.«
Eva hatte gelacht, sich den Schlüssel geben lassen und war wie bezaubert die morsche Holztreppe mit dem verschnörkelten Handlauf hinaufgestiegen. Vier winzige Zimmer, eine noch winzigere Küche, ein Abstellraum, der sich als Bad eignete, was zählte es da schon, dass mindestens sieben scheußliche Tapeten übereinander verklebt waren?
»Dreihundert Euro Miete.« Darauf hatte der Makler trotz allem bestanden, ihr dafür aber einen langfristigen Vertrag angeboten. »Und dass Sie’s wissen, junge Frau: Was Sie in die Bruch … äh … in die Wohnung hineinstecken, ist verloren.«
Monatelang hatte sie renoviert, und wenn ihr manchmal auch einige Freunde halfen, durfte sie doch stolz darauf sein, fast alles allein geschafft zu haben.
Nicht ein einziges neues oder gekauftes Möbelstück stand nun in ihrem romantischen Hinterhofreich, denn fast alles stammte vom Sperrmüll, was aber niemand den zierlichen Bistrostühlchen oder dem Vertiko ansah, denn Eva hatte die unterschiedlichsten Stilrichtungen durch weiße Farbe vereinigt.
Sie sah auf die Uhr. In einer Stunde erwartete sie ihre Gäste zur Einweihungsparty. Ihr alter Chef, Dr. Huberling, würde kommen, Beate und Rita, Hans und Thomas, ihre Kollegen, natürlich auch. Ein paar Freunde aus der Schulzeit, Nachbarn aus den Vorderhäusern.
»Ihr dürft natürlich noch Leute mitbringen«, hatte sie allen erklärt.
Jetzt schnell noch die Soße über den Sommersalat gießen, die drei Tapetentische im Hof aneinanderstellen, die geliehenen Gartenstühle davor … und ihr Fest konnte beginnen.
Sie sang laut, als sie unter der Dusche stand. Doch plötzlich hielt sie inne.
»Eva Matthießen«, begann sie ihr Selbstgespräch, »worüber freust du dich eigentlich so sehr? – Ist es das Glück, endlich mal wieder ohne Malerkittel herumlaufen zu können, mit Händen, die nicht nach Farbe oder Terpentin riechen?«
Etwas Wunderschönes würde heute geschehen, glaubte sie plötzlich ganz genau zu wissen. Und wunderschöne Ereignisse erforderten ein ganz besonderes Kleid.
»Das Weiße natürlich«, entschied sie, weil der bauschige Volantrock ihre langen, gebräunten Beine noch mehr hervorhob. Sie schlüpfte hinein und bürstete anschließend ihre schulterlangen, leicht gelockten hellblonden Haare. Ein wenig Lidschatten, ein Hauch von Lippenstift … fertig.
Zufrieden und ein wenig kokett drehte sie sich vor dem Spiegel. Eine junge Frau von vierundzwanzig Jahren, die sich wunschlos glücklich fühlte.
»Hallo!« Eine fremde Männerstimme drang plötzlich durch die weit geöffnete Eingangstür zu ihr herüber. »Ist da niemand? Hallo!«
Eva lief die steile Treppe hinunter und blieb auf dem unteren Absatz fast wie geblendet stehen. Ein junger Mann stand dort, der so ungewöhnlich gut und männlich zugleich aussah, dass er einem modernen Abenteuerfilm entsprungen sein musste. Wilde, dunkelbraune Augen. Eine kühne Nase, ein weicher Mund, blitzweiße Zähne …
Eva schluckte. »Wer sind Sie denn?«, fragte sie leise.
Er deutete eine lässige Verbeugung an. »Robert Cornelius. Und Sie müssen Eva Matthießen sein, nicht? Wir haben einen gemeinsamen Freund: Hans. Der hat mich hierhergeschleppt. Er kommt gleich, jedenfalls dann, wenn er es jemals schafft, sein Auto in dieser unmöglichen Straße zu parken.«
Jetzt erinnerte sie sich: Hans hatte oft von einem Robby erzählt, Sohn eines Immobilienhändlers, der sich auf den Verkauf schöner alter Schlösser an der Loire spezialisiert hatte.
»Beneidenswert, der Robby«, hatte Hans oft gesagt. »Geld wie Heu, einen sensationellen Sportwagen, ein Luxusappartement in der Villa seiner Eltern … und das alles nur, weil er sich die richtige Familie ausgesucht hat.«
Etwas Leichtes, Spielerisches wollte Eva sagen, doch aus unerklärlichen Gründen schaffte sie das nicht.
»Wenn Sie wollen, können Sie mir helfen, die Stühle in den Hof zu tragen«, murmelte sie.
Er schien sie nicht zu verstehen, sondern starrte sie an, als müsste er sich ihr Gesicht einprägen.
»Sie sind wunderschön, Eva«, flüsterte er.
Warum zitterten ihre Finger denn so sehr? Warum ging sie, die sich sonst natürlich und weich bewegte, plötzlich hölzern wie eine Marionette?
Einmal, als sie ihm einen Stapel Klappstühle herüberreichte, berührten sich ihre Hände. Ein Zufall, der elektrische Ströme durch ihren Körper jagen ließ.
»Hallo, Eva!« Von allen Seiten, so schien es, kamen die Gäste plötzlich herbei.
Sie lachten und schwatzten, wickelten ihre Blumen selbst aus, um sie in große Bottiche neben den Tapeziertischen zu stellen. Jemand schenkte die leichte Sommerbowle aus, und dann stürzten sich alle, auch Evas alter Chef, begeistert auf das kalte Büfett.
Thomas, der Hobbymusiker, klimperte auf seiner Gitarre, und noch ehe er richtig begonnen hatte, stand der große Mann in dem lässigen, sündhaft teuren Anzug auf.
»Darf ich bitten?«
In dem kleinen Viereck, umsäumt von den alten Steintrögen, ließ Eva sich führen, fühlte seine schmale, kräftige Hand auf ihrem Rücken.
»Ein seltsames kleines Häuschen«, sagte Robert mit verwunderter Stimme. »Aber es passt zu Ihnen.«
Glühend heiß fühlte sich ihr Gesicht an. Ihre Haut schien sich plötzlich über den Wangenknochen zu spannen. Das gibt es doch gar nicht, dachte sie verwirrt. Liebe auf den ersten Blick, das ist etwas für Romane und nicht für die Wirklichkeit.
Warum sahen denn Beate und Rita, ihre Kolleginnen, sie mit einem belustigten, wissenden Blick an? Warum schmunzelte Dr. Huberling und zwinkerte ihr gar zu?
Heftig befreite sich Eva aus dem Griff der Männerarme.
»Das Lied ist doch noch gar nicht zu Ende«, protestierte Robert und zog sie mit sanfter Gewalt wieder näher zu sich heran. »Keine Angst, kleine Eva. Ich kann warten.«
Nein, sie verstand diesen Satz nicht, wollte ihn nicht verstehen.
»Kleine Eva«, wie zärtlich das klang.
Thomas spielte den Schlussakkord, doch Robert tanzte weiter, führte sie dabei zielsicher dem Hauseingang zu und blieb dort stehen, ohne sie loszulassen.
»Darf ich das Haus sehen? Ich bin schrecklich neugierig herauszufinden, wie Sie leben.« Er lachte wie ein kleiner Junge, als er die winzigen Räume durchschritt und an jeder der niedrigen Türen den Kopf einziehen musste. »So etwas Kleines, Niedliches habe ich noch nie gesehen«, gestand er.
Eva wagte nicht, ihn anzuschauen. Fast widerwillig bemerkte sie es trotzdem: Wenn Robert sprach oder lächelte, tanzten unzählige Grübchen um seinen Mund. Nicht nur verwegen ließ ihn das aussehen, sondern es ließ ihn so lebendig wirken, dass sie sich neben ihm fast brav und bieder fühlte. Regelrecht langweilig.
»Haben Sie Ihre Familie nicht eingeladen?« Mit dem Zeigefinger hielt er ihr Kinn hoch.
»Ich habe keine«, erwiderte sie leise.
Wieder lachte er. »Jeder Mensch hat doch Familie. Wenn Sie meine kennen würden … puh!« Er schüttelte sich, wie, um zu demonstrieren, dass seine Eltern und Verwandten etwas ganz besonders Abscheuliches an sich hätten.
»Meine Mutter starb vor vier Jahren«, erklärte Eva leise. »Und mein Vater überlebte sie nur um wenige Monate. Sie haben einander sehr geliebt. Keiner konnte lange von dem anderen getrennt sein.« Ein Schatten war über ihr Gesicht gefallen, und Robert war sensibel genug, ihn richtig zu deuten.
»Vor vier Jahren? Mein Gott, da mussten Sie aber sehr jung auf eigenen Füßen stehen. Arme kleine Eva.«
Draußen lief inzwischen die Stereoanlage. Laute Musik erfüllte den kleinen Hinterhof. Evas Freunde lachten und tanzten. Doch hier, in ihrem Häuschen, war es fast, als wären sie allein auf der Welt. Die Zeit schien stillzustehen.
»Eva!« Seine Finger umfingen ihr Gesicht, streichelten es zart. »Willst du mir vertrauen? Ich habe viele Mädchen gekannt. Aber diesmal …«
Er küsste ihre rechte Augenbraue. Sie zuckte so sehr, als hätte die sanfte Berührung des Mundes sie in Aufruhr versetzt. Er küsste ihre Nasenspitze, ihren Mund …
Noch nie hatte Eva sich von einem Mann küssen lassen, den sie erst ein paar Stunden kannte. Eine fast altmodische Zurückhaltung hatte sie stets davor zurückschrecken lassen. Lange war es her, seit Peter, ihre erste Liebe, eine andere gefunden hatte.
Und so sagte sie es, sprach es hastig aus: »Ich … bin das alles nicht mehr gewöhnt, Robert. Bitte lassen Sie mir ein wenig Zeit. Sie kennen mich doch gar nicht …«
Er trat einen Schritt zurück. Ein kleines, zärtliches Lächeln lag um seinen Mund.
»Aber ich darf doch bleiben, ja? Dich aus der Ferne anschauen?«
Das »Du« schien ganz natürlich zu sein. Liebe – das war es wohl. Nur Liebe ließ den Puls wie verrückt jagen. Nur Liebe brachte das Kunststück fertig, innen aufgewühlt und außen seelenruhig zu scheinen. Liebe …
Später wusste Eva nicht mehr, wie die vielen Partystunden so schnell hatten vorübergehen können. Zuerst wich sie Roberts Blick noch oft aus, doch später erwiderte sie ihn, ignorierte die Röte, die immer wieder in ihre Wangen stieg.
Weit nach Mitternacht verabschiedete sich die Schar der fröhlichen Gäste. »Dank dir, Eva!«, riefen sie.
Robert blieb am Torbogen zum Hinterhof stehen und hielt ihre Hand.
»Morgen?«, fragte er eindringlich. »Sehen wir uns morgen?«
Und sie nickte und riss sich los, lief die Stufen empor zu ihrem kleinen Schlafzimmer und warf sich auf das Bett.
»Robert«, flüsterte sie, und es klang wie eine zärtliche Liebkosung.
***
Am nächsten Morgen, kurz nach acht Uhr, klingelte es stürmisch, und als Eva die Tür öffnete, staunte sie: Ein riesiger, wunderschön gebundener Strauß langstieliger blassrosa Rosen wurde sichtbar, der das lachende Männergesicht fast völlig verdeckte.
Doch Sekunden später warf Robert die Blumen ungestüm in eine Ecke und riss sie in seine Arme.
»Ich bin sonst kein Frühaufsteher, schon gar nicht, wenn ich die Nacht zuvor kaum geschlafen habe. Aber heute …« Er stieß die Fenster auf. »Ich will dich entführen, in ein wunderschönes Haus an einem kleinen See. Wir könnten picknicken und spazieren gehen. Hast du Lust?«
»Und wie! Das wäre wunderschön!«
Eva sprang unter die Dusche, überlegte nicht lange, was sie anziehen sollte. Die leichte weiße Sommerhose, dazu eine bunte Bluse. Die Haare durchbürsten. Nein, kein Make-up. Ihre Augen strahlten so sehr, dass sie keinerlei Betonung brauchten.
Roberts offener Sportwagen musste Unsummen gekostet haben. Er fuhr ihn sicher trotz der überhöhten Geschwindigkeit.
»Du hast doch keine Angst, Eva? Das ist eine meiner vielen schlechten Eigenschaften. Ich kann nie der Versuchung widerstehen, schneller als erlaubt zu fahren.«
Ihre Haare wehten im Sommerwind. Aus der Stereoanlage klangen italienische Liebeslieder.
Wohin Robby sie wohl »entführte«? Er fuhr ja gar nicht heraus aus der Stadt, sondern lenkte das Cabriolet in einen grünen Villenvorort.
»Da ist es!«
Per Fernbedienung öffnete sich das Tor zu einer Auffahrt, wie Eva sie nur aus Filmen kannte. Ein breiter Kiesweg, der unter den Rädern knirschte, wurde umsäumt von mächtigen alten Eichen und Ahorn. Erst als sie fast fünfhundert Meter weit gefahren waren, wurde die schneeweiße Jugendstilvilla mit den beiden gegenüberliegenden Türmen sichtbar.
»Bist du erstarrt vor Schreck, Liebling?« Robert neckte sie, vielleicht, weil er ihre Ehrfurcht herunterspielen wollte.
»Hier lebst du?«, fragte Eva leise.
»Ja.«
»Und deine Eltern? Sind sie da?«
Er lachte merkwürdig. »Irgendwo werden sie schon sein. Aber das wird uns nicht stören. Sie gehen einander aus dem Weg und mir auch. Eine unglückliche Ehe, die durch sehr viel Geld zusammengehalten wird.«
Er führte sie durch das Entree, das sicher zehnmal größer als Evas gesamte Wohnung war.