Familie mit Herz 150 - Sabine Stephan - E-Book

Familie mit Herz 150 E-Book

Sabine Stephan

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Beschreibung

Wenn Christiane ihren kleinen Sohn in den Arm nehmen will, macht er sich steif wie ein Brett. Wenn sie ihn anlacht, starren seine Kinderaugen sie abweisend an.
Jonas hasst mich! Aber warum? Habe ich als Mutter versagt? Immer wieder stellt die junge Frau sich verzweifelt diese brennenden Fragen.
Dabei hat alles so schön begonnen. Jonas war ein Wunschkind, hineingeboren in eine intakte, glückliche Beziehung. Sie und Mike hatten tausend Pläne geschmiedet, wie sie das Leben mit ihrem Kind gestalten wollten - aber nichts davon ist Wirklichkeit geworden.
Christiane zermartert sich den Kopf, was falsch gelaufen ist. Warum Jonas nur seinem Vater seine ganze kindliche Liebe schenkt und sie, seine Mutter, so abgrundtief ablehnt ...


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Inhalt

Cover

Das Papakind

Vorschau

Impressum

Das Papakind

Wird Christiane ihren Sohn nach der Trennung verlieren?

Von Sabine Stephan

Wenn Christiane ihren kleinen Sohn in den Arm nehmen will, macht er sich steif wie ein Brett. Wenn sie ihn anlacht, starren seine dunklen Kinderaugen sie abweisend an.

Jonas hasst mich! Aber warum? Habe ich als Mutter versagt? Immer wieder stellt die junge Frau sich verzweifelt diese brennenden Fragen.

Dabei hat alles so schön begonnen. Jonas war ein Wunschkind, hineingeboren in eine intakte, glückliche Beziehung. Sie und Mike hatten tausend Pläne, wie sie das Leben mit ihrem Kind gestalten wollten – aber nichts davon ist Wirklichkeit geworden.

Christiane zermartert sich den Kopf, was falsch gelaufen ist. Warum Jonas nur seinem Vater seine ganze kindliche Liebe schenkt und sie, seine Mutter, so abgrundtief ablehnt ...

»Agoritschach – was für ein seltsamer Name für dieses verschlafene, österreichische Dorf.«

»Genau das habe ich zuerst auch gedacht.« Christiane Dorn lächelte ihren Mann zustimmend an. »Aber hübsch ist es hier. So romantisch.«

»Das macht der Schnee«, erwiderte Mike. »Ich glaube nicht, dass die Leute hier noch viel mit Romantik am Hut haben, wenn sie durch die weiße Pracht zum Herzchen-Klo stapfen oder Kohlen schleppen müssen.«

»Du Schwarzmaler. Mein Papa hat doch am Telefon erzählt, dass im Sommer die letzte Sickergrube verschwunden ist und die Propangasflaschen auch.«

»Na, Gott sei Dank. Trotzdem verstehe ich nicht, was deinen Vater nach fünfundsechzig Jahren Großstadtleben in diese Einöde getrieben hat.«

»Du vergisst, dass meine Mutter aus Kärnten stammt. Die beiden haben den Kontakt zu den Österreichern immer gepflegt. Jeden Sommer war ich als Kind hier, und bei Taufen und Beerdigungen auch noch zwischendurch. Außerdem ist Papa im Grunde seines Herzens ein Naturbursche. Das Küsterhaus zu kaufen, war seine Chance.«

Wie in Deutschland wurde auch in Österreich die Zahl der Geistlichen immer spärlicher, und so mussten viele kleine Gemeinden zusammengelegt werden. Fortan gab es auch in Agoritschach keine Messe, keinen Pastor und keinen Küster mehr.

Christianes Eltern hatten kurz entschlossen zugegriffen und von ihrem Ersparten das windschiefe Häuschen des ehemaligen Küsters gekauft. So konnten sie sich einen langgehegten Traum erfüllen und in diesem idyllischen Dorf ihren Lebensabend verbringen.

Zu Weihnachten hatten sie nun ihre einzige Tochter mit dem Schwiegersohn eingeladen. Auch Mikes Vater, der in zweiter Ehe verheiratet war, wollte kommen.

Bislang waren die beiden Familien nur einmal zusammengetroffen. Das war vor zwei Jahren bei der Hochzeit von Christiane und Mike gewesen. Eine gewisse Fremdheit war geblieben. Das sollte nun endlich anders werden. Denn gerade bei den Illers wurde Familienleben seit jeher großgeschrieben.

»Verdammt! Ich glaube, wir stecken fest.« Mike öffnete die Fahrertür, stieg aus – und versank in frischem Pulverschnee, der ihm fast bis zum Oberschenkel reichte. Der Mund blieb ihm offen stehen vor Überraschung. »Hast du dafür noch Worte?«

»Du Ärmster. Warte, ich helfe dir.«

Ein Schmunzeln konnte Christiane sich allerdings nicht verkneifen, denn Mike sah zu komisch aus.

»Nichts da, du bleibst schön im Auto sitzen. Du darfst jetzt nicht leichtsinnig sein. Ich hole Hilfe.«

Doch das war nicht mehr nötig. Es gab schließlich nur diese eine Straße durch das Dorf, und längst hatten die Illers den festgefahrenen roten Wagen gesichtet.

So fand die Begrüßung im Freien statt. Gemeinsam hievten die Männer das Auto mit Leichtigkeit aus der Schneewehe. Im Haus wartete schon Christianes Mutter mit einem würzigen Glühwein.

Ihr rundes Gesicht strahlte, als sie die einzige Tochter endlich wieder in die Arme schließen konnte.

»Lass dich anschauen, mein Kind. Bist du immer noch so dünn?«

»Deine Mutter hat gebacken und gekocht wie für eine ganze Kompanie«, verriet Papa Iller. »Nur damit unser Herzblatt was auf die Rippen bekommt. Dabei ist sie gar nicht mehr so dürr, will mir scheinen.«

Der Vater kniff seiner Tochter liebevoll in die Wange, und auch Margarete Iller musste zugeben: »Unsere Chrissi rundet sich. Die Ehe scheint ihr ausgezeichnet zu bekommen.«

♥♥♥

Der Heiligabend kam mit klirrender Kälte und noch mehr Schnee. Die Dorns trafen etliche Stunden zu spät ein, und jetzt war das ehemalige Küsterhäuschen wirklich randvoll.

»Sollen wir uns nicht lieber irgendwo ein Hotel suchen?«, fragte Mike leise. »Hier können wir doch unmöglich alle schlafen.«

»Lass das nur nicht Mama hören«, wisperte Christiane zurück. »Das würde sie nie zulassen. Wir zwei haben doch unser Stübchen für uns. Was willst du mehr?«

»Na ja, wenn du meinst.« Ein bisschen skeptisch schaute Mike sich in dem winzigen Raum mit den Dachschrägen um, wo er mit seinen eins sechsundachtzig kaum aufrecht stehen konnte.

Da erklangen auch schon die Glocken, die zur Christmette riefen. Ganz nah die von dem verwaisten Dorfkirchlein und von fern das mächtige Geläut aus Arnoldstein.

Dorthin fuhren sie nun alle miteinander, auch wenn Mike ebenso wie sein Vater und dessen Frau Ulla sonst keine Kirchgänger waren. Vater Iller rüstete so selbstverständlich zum Aufbruch, dass keiner der Gäste sich ausschließen mochte.

Aus vollem Herzen stimmte Christiane in die alten Weihnachtslieder ein. Mike betrachtete seine junge Frau verstohlen von der Seite. So kannte er sie kaum, so gelöst und innig zugleich.

»He du, mich gibt es auch noch«, raunte er ihr zu.

Sie drückte seine Hand, ohne sich aus dem Zauber dieses vertrauten Rituals zu lösen.

»Schön war es. Wunderschön!«

Die Orgel verebbte, und langsam schritten sie durch das Kirchenschiff, dem die vielen brennenden Kerzen eine milde Festlichkeit verliehen.

Am Portal stand der Pastor und schüttelte jedem die Hand. »Frohe Weihnacht.«

»Frohe Weihnachten auch.«

Daheim schlug ihnen wohlige Wärme und der köstliche Geruch des Puters entgegen. Margarete Iller hatte alle Register ihrer Kochkunst gezogen. Dem typisch deutschen Hauptgang folgte zum Dessert ein original österreichischer Topfenstrudel.

Sogar Ulla Dorn, die sich gern etwas geziert gab, taute allmählich auf.

»Gemütlich ist es bei Ihnen. Alles so ländlich und wie bei Muttern. Fast so wie in der Werbung für ...«

Weiter kam sie nicht, denn ihr Mann stieß sie warnend mit dem Ellbogen an. Manchmal plapperte sie recht unbedacht drauflos. Er hielt es ihrer Jugend zugute, denn immerhin war Ulla kaum älter als sein Sohn Mike.

Dann, als alle richtig satt waren, folgte die Bescherung. Für jeden war eine kleine Insel mit bunten Päckchen aufgebaut. Da raschelte Papier, und freudige Ausrufe wurden laut.

»Schau nur, eine neue Kamera und sogar ein Stativ dazu«, rief Mike freudig.

Und seine jugendliche Stiefmutter legte sich soeben ein wollenes Tuch um die Schultern, das mit warmen Erdtönen das schrille Glitzern ihres Paillettenkleides dämpfte.

»Jetzt muss Karl-Heinz mir auch ein Dirndlkleid dazu kaufen«, frohlockte sie und bedankte sich bei den Gastgebern für ihr Geschenk.

»Nanu, Frau Iller, Sie haben ja noch gar nichts ausgepackt«, wunderte Ulla sich, als sie Christianes Mutter die Hand schüttelte.

»O doch. Ich glaube, mein schönstes Weihnachtsgeschenk seit Jahren habe ich gerade bekommen.«

Margarete Iller wies auf den Briefumschlag in ihrer Hand, doch das half der mondänen Frau Dorn auch nicht weiter.

»Geld?«, riet sie taktlos.

Christianes Mutter schüttelte nur den Kopf.

»Ludwig«, rief sie ihren Mann. »Ludwig, komm doch mal schnell.«

Nun wurden auch die anderen aufmerksam und scharten sich um Ludwig Iller, der umständlich seine Brille zurechtrückte und dann laut vorlas:

»Liebe Eltern, leider kommt unser Weihnachtsgeschenk für euch mit Verspätung an. Es ist etwa fünfzig Zentimeter lang und wiegt ohne Verpackung gut drei Kilo. Wir hoffen, ihr habt Geduld bis Ende März. Christiane und Mike.«

»Verstehe ich nicht«, platzte Ulla heraus. »Weißt du, was das bedeuten soll, Karl-Heinz?«

»Ich glaube schon«, antwortete dieser schmunzelnd. »Das betrifft auch uns beide, stimmt's?«

Christiane und Mike nickten heftige Zustimmung, und bei Mutter Iller flossen schon die Tränen.

»Kinder, bin ich glücklich! Ist das eine Freude. So sag doch endlich auch was, Ludwig.«

Aber Herrn Iller fehlten die Worte. Er schniefte verlegen, und seine Augen schimmerten verdächtig feucht. Seine kleine Christiane! Nein, so was!

»Was ist denn nur los mit euch?«, beharrte Ulla verständnislos. »Spielt ihr jetzt alle verrückt?«

»Begreif doch endlich: Du wirst Großmutter, mein Schatz. Christiane und Mike bekommen in Kürze ein Baby.«

Während Ulla noch entgeistert vor sich hin starrte und den Mund nicht mehr zubekam vor Schreck, ließ Mike den ersten Sektkorken knallen. Er hatte draußen im Schnee zwei Flaschen kaltgestellt.

Nun prosteten sich alle zu, und eine Flut von Fragen prasselte auf die werdenden Eltern ein: »Wie habt ihr das nur so lange für euch behalten können?« – »Bist du wirklich schon im sechsten Monat?« – »Deshalb siehst du so rundlich aus!«

Diese Überraschung war gelungen.

Das Paar erzählte und sonnte sich im allgemeinen Jubel. Nur Ulla hielt sich etwas abseits. Ihre plötzliche Wortkargheit passte gar nicht zu ihrem vorlauten Wesen.

»Es muss schon ein komisches Gefühl für sie sein«, meinte Christiane mitfühlend. »Sie könnte doch selbst noch schwanger werden ... und dann schon Großmutter.«

»Das hätte sie sich besser überlegt, bevor sie einen dreißig Jahre älteren Mann geheiratet hat. Außerdem, man kann ja nie wissen. Vielleicht bekommt unser Baby am Ende noch eine Tante oder einen Onkel, die jünger ist als es selbst.«

»Nichts da«, protestierte Herr Dorn senior, der die letzte Bemerkung seines Sohnes aufgeschnappt hatte. »In fünf Jahren setze ich mich zur Ruhe. Da will ich etwas vom Leben und von meiner jungen Frau haben. Kümmert ihr euch mal schön um den Fortbestand der Familie. Wir haben unseren Teil dazu beigetragen. Nun seid ihr an der Reihe. Mir reicht es voll und ganz, wenn ich ab und zu mit eurem Nachwuchs in den Zoo oder zum Entenfüttern gehen darf.«

♥♥♥

Auch an den folgenden Tagen blieb das Baby Thema Nummer eins. Das Christfest, die verschneite Märchenlandschaft und das große Feuerwerk zu Silvester verblassten dagegen. Alles drehte sich nur noch um das freudige Ereignis, und naturgemäß kam man bald auch auf die praktischen Seiten des Elterndaseins zu sprechen ...

»Am Anfang wird dir die Zeit davonrennen, Kind. Aber wenn du erst etwas Routine mit dem Kleinen hast, wirst du auch wieder mehr Zeit für dich und deinen Haushalt haben. Warte nur ab, wie schnell du Gefallen am Kochen und Backen findest. Schließlich bist du meine Tochter.«

Schmunzelnd legte Vater Iller den Arm um seine Frau.

»Margarete, gib Ruhe. Das wird schon kommen. Erst mal muss Christiane ganz zu Hause sein. Zu welchem Termin steigst du eigentlich in deiner Firma aus?«

»Gar nicht«, antwortete Christiane wie aus der Pistole geschossen.

»Du willst doch nicht etwa euer Kind in der wichtigsten Prägungsphase einer wildfremden Person anvertrauen?«, rief Margarete Iller entsetzt.

Auch dem zukünftigen Großvater gefiel diese Vorstellung gar nicht.

»Hört mal, wenn ihr finanziell knapp seid, da helfen wir euch schon. Zur Not nehmen wir eben einen Kredit auf.«

»Papa, du bist ein Schatz. Aber das wird nicht nötig sein. Natürlich kümmern wir uns selbst um unser Baby. Aber alle beide. Jeder nimmt den halben Erziehungsurlaub, und unseren Job teilen wir uns danach auch. Mit unserem Chef haben wir schon gesprochen. Das geht klar.«

Diese Nachricht schlug erst recht wie eine Bombe ein. Mikes Vater berappelte sich als Erster. Er sah seinen Sohn an, als wolle er innerlich den Hut vor ihm ziehen.

»Junge, das hätte ich dir nie zugetraut. Du hast als Bub schon ewig und drei Tage gemeckert, wenn du mal den Mülleimer leeren solltest. Und dein Zimmer sah, mit Verlaub gesagt, meistens wie ein Saustall aus. Wenn du ehrlichen Herzens den Haushalt und das Baby zur Hälfte übernehmen willst, dann finde ich das sehr beachtlich.«