Fantastische Aussichten: Fantasy & Science Fiction bei Knaur #7 - Kai Meyer - kostenlos E-Book

Fantastische Aussichten: Fantasy & Science Fiction bei Knaur #7 E-Book

Kai Meyer

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Beschreibung

Bist du bereit für eine aufregende Reise in fremde Welten? Bist du bereit, dich von fantastischen Geschichten verzaubern zu lassen? Dann ist dieser Leseproben-Mix genau das Richtige für dich! Auf dich wartet mit »Imperator« der Auftakt einer neuen Mystery-Serie, in der uns Kai Meyer und Lisanne Surborg in das Rom der 60er Jahre entführen - in eine Stadt der Filmstars und Verbrecher, der Starlets und Geisterbeschwörer - doch hinter dem Glamour lauert eine uralte Verschwörung ... Fiebere in Laura Lams »Das ferne Licht der Sterne« mit der Biologin Naomi Black und ihrer Adoptivmutter und Tech-Visionärin Valerie mit, die alles versuchen, um für die aussterbende Menschheit einen bewohnbaren Planeten zu finden - während eine der Frauen ein tödliches Geheimnis mit sich trägt. Oder begleite die Amazone Areto auf ihrem schicksalhaften Weg, nachdem die Göttin Artemis gerade sie, die keine Kriegerin ist, dazu auserwählte, das Amazonenvolk zu einen. Denn in Nora Bendzkos »Die Götter müssen sterben« steht der Trojanische Krieg kurz bevor, der den Amazonen den Untergang bringen könnte. Diese und weitere fantastische Geschichten von AutorInnen wie Markus Heitz, Nora Bendzko und Boris Koch findest du in der Leseproben-Sammlung zu den Fantasy- & Science-Fiction-Titeln des Knaur Verlags. Das kostenlose eBook enthält Leseproben zu: - Kai Meyer & Lisanne Surborg, »Imperator« - Markus Heitz, »Die Meisterin: Alte Feinde« - Laura Lam, »Das ferne Licht der Sterne« - Eleanor Bardilac, »Knochenblumen welken nicht« - Nora Bendzko, »Die Götter müssen sterben« - Boris Koch, »Narrenkrone« - Micaiah Johnson, »Erde 0«

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Seitenzahl: 213

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Fantastische Aussichten: Fantasy & Science Fiction bei Knaur

Ausgewählte Leseproben von Kai Meyer & Lisanne Surborg, Markus Heitz, Nora Bendzko, Laura Lam uvm.

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Über dieses Buch

Bist du bereit für eine aufregende Reise in fremde Welten? Bist du bereit, dich von fantastischen Geschichten verzaubern zu lassen? Dann ist dieser Leseproben-Mix genau das Richtige für dich!

Auf dich wartet mit »Imperator« der Auftakt einer neuen Mystery-Serie, in der uns Kai Meyer und Lisanne Surborg in das Rom der 60er Jahre entführen - in eine Stadt der Filmstars und Verbrecher, der Starlets und Geisterbeschwörer - doch hinter dem Glamour lauert eine uralte Verschwörung ...

Fiebere in Laura Lams »Das ferne Licht der Sterne« mit der Biologin Naomi Black und ihrer Adoptivmutter und Tech-Visionärin Valerie mit, die alles versuchen, um für die aussterbende Menschheit einen bewohnbaren Planeten zu finden - während eine der Frauen ein tödliches Geheimnis mit sich trägt.

Oder begleite die Amazone Areto auf ihrem schicksalhaften Weg, nachdem die Göttin Artemis gerade sie, die keine Kriegerin ist, dazu auserwählte, das Amazonenvolk zu einen. Denn in Nora Bendzkos »Die Götter müssen sterben« steht der Trojanische Krieg kurz bevor, der den Amazonen den Untergang bringen könnte.

Diese und weitere fantastische Geschichten von AutorInnen wie Markus Heitz, Nora Bendzko und Boris Koch findest du in den Vorab-Leseproben zu den Fantasy & Science-Fiction-Titeln des Knaur Verlages, die im Frühjahr und Sommer 2021 erscheinen.

 

Das kostenlose eBook enthält Leseproben zu:

- Kai Meyer & Lisanne Surborg, »Imperator«

- Markus Heitz, »Die Meisterin: Alte Feinde«

- Laura Lam, »Das ferne Licht der Sterne«

- Eleanor Bardilac, »Knochenblumen welken nicht«

- Nora Bendzko, »Die Götter müssen sterben«

- Boris Koch, »Narrenkrone«

- Micaiah Johnson, »Erde 0«

Inhaltsübersicht

VorwortKai Meyer/Lisanne Surborg – ImperatorMarkus Heitz – Die Meisterin: Alte FeindeLaura Lam – Das ferne Licht der SterneEleanor Bardilac – Knochenblumen welken nichtNora Bendzko – Die Götter müssen sterbenBoris Koch – NarrenkroneMicaiah Johnson – Erde 0
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Selten war es schöner, dem Alltag zu entkommen, als in diesem Jahr. In andere Welten und Wirklichkeiten einzutauchen, macht insbesondere den Reiz der Fantastik aus. Deshalb haben wir hier Leseproben zu unseren fantastischen Geschichten aus dem Frühjahrsprogramm 2021 zusammengestellt, die dazu einladen, die Wirklichkeit für einen Augenblick zu vergessen und andere, spannende Welten zu besuchen.

 

Kai Meyer und Lisanne Surborg führen uns in »Imperator« in das Rom der 60er-Jahre – eine Stadt der Filmstars und Verbrecher, der Starlets und Geisterbeschwörer – doch hinter dem Glamour lauert eine uralte Verschwörung …

In Markus Heitz’ »Die Meisterin: Alte Feinde« kehren wir mit der Heilerin Geneve Cornelius zurück in ihre Heimatstadt Leipzig, wo es zu dem furiosen Finale der Meisterin-Trilogie kommt.

In »Das ferne Licht der Sterne« schildert Laura Lam eine Zukunft, die erschreckend realistisch scheint: Auf einer zunehmend unbewohnbaren Erde suchen die Tech-Pionierin Valerie Black und ihre Tochter Naomi gegen alle Widerstände nach einem Ausweg, um die Menschheit vor dem Untergang zu bewahren.

Eleanor Bardilac hat in »Knochenblumen welken nicht« eine aufregende, magische Welt erschaffen, in der die junge Aurelia versuchen muss, mit einem mächtigen Nekromanten mysteriöse Ritualmorde aufzuklären.

In »Die Götter müssen sterben« erzählt Nora Bendzko den weltbekannten Amazonen-Mythos neu – aus der Sicht von Areto, die von der Göttin Artemis erwählt und von ihrem eigenen Volk verachtet wird.

Mit »Narrenkrone« setzt Boris Koch seine düstere Märchenadaption um den »Dornenthron« fort. Um einen Tyrannen zu stürzen, folgen die Figuren einem alten Märchen.

Abschließend liefert Micaiah Johnson in »Erde 0« packende Science-Fiction, die die mittellose junge Cara in verschiedene Parallelwelten führt – doch kann sie dem Mann, der den Weg zwischen den Welten gefunden hat, wirklich trauen?

 

Gönn dir die Auszeit vom Alltag und verschwinde zwischen den Zeilen! Wo auch immer diese Geschichten dich finden, wir wünschen dir eine fantastische Lektüre.

 

Dein Droemer-Knaur-Team

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Kai Meyer/Lisanne Surborg

Imperator

Rom in den Swinging Sixties – eine Stadt der Filmstars und Verbrecher, der Starlets und Geisterbeschwörer, des alten Adels und der korrupten Politik.

Die Studentin Anna schließt sich einer Gruppe Paparazzi an, um inkognito den Mörder ihrer Mutter zu jagen. Zugleich soll der Privatdetektiv Gennaro Palladino den Tod eines wahnsinnigen Malers aufklären.

Die Suche nach der Wahrheit führt Anna zusammen mit dem jungen Fotografen Spartaco durch Paläste und verlassene Villen, durch Filmstudios und verruchte Jazzclubs – und immer wieder auf die legendäre Via Veneto, den Brennpunkt des Dolce Vita. Während die High Society im Champagner badet und Regierungsgegner die Revolution planen, ziehen finstere Mächte die Fäden. Sie wollen die Auferstehung des antiken Rom – koste es, was es wolle.

Rom 1965

Vor dem Autofenster zogen barocke Paläste und antike Ruinen vorüber, aus dem Radio ertönten italienische Schlager. Anna hatte beide Arme um die Reisetasche auf ihrem Schoß geschlungen. Mit dem Fingernagel kratzte sie gedankenverloren an einem Hennafleck auf dem hellen Stoff.

Ihr Blick sprang von einem Torbogen zu einer Formation verwitterter Säulen. Die Überreste einer hohen, sandfarbenen Mauer zogen vorüber, davor hatte sich eine Gruppe Touristen versammelt. Dann rollte der Wagen aus dem chaotischen Verkehr einer Kreuzung durch ein altes Stadttor.

Anna ließ von ihrer Tasche ab, als sich vor ihr eine belebte, mehrspurige Straße auftat. Auf den breiten Gehwegen hielten die livrierten Portiers der Luxushotels Ausschau nach Limousinen mit Gästen. Unter den farbigen Markisen reihten sich runde Kaffeehaustische aneinander. Dort studierten Herren in teuren Sakkos rauchend ihre Zeitungen und nippten an Kaffeetassen, während ein paar Damen winzige Hunde spazieren führten oder einander in den Fensterscheiben beobachteten.

Die altehrwürdigen Straßenzüge Roms schlugen Anna derart in ihren Bann, dass ihr die amüsierten Blicke, die Bruno ihr vom Fahrersitz aus zuwarf, beinahe entgingen. Nicht zum ersten Mal fummelte ihr Onkel am Radio herum und entschuldigte sich dafür, dass alle anderen Sender entweder rauschten oder schwiegen.

Mit jedem Meter, den Brunos Fiat zurücklegte, wuchs Annas Verständnis für das, was ihre Mutter an dieser Stadt geliebt hatte. Zugleich fiel es ihr schwerer, zu verstehen, weshalb ihre Eltern Italien nach dem Krieg den Rücken gekehrt hatten.

Anna hatte heute zum ersten Mal in ihrem Leben einen Fuß auf römischen Boden gesetzt. Sie löste ihren Zopf und stellte fest, dass in ihrem Haar nicht nur der Geruch von Räucherstäbchen hing, sondern auch der vom Gras ihrer Mitreisenden, mit denen sie eingepfercht in einem Bus von London bis Italien gefahren war.

Die gute Laune, das Gefasel von Glück und Frieden und nicht zuletzt ihr eigenes Maskenlächeln hatten die Fahrt zu genau jener Tortur gemacht, die sie erwartet hatte. Folksongs hatten sich in quälender Endlosschleife in ihrem Kopf eingenistet. Und dass sich in einem rumpelnden Bus weder Hände noch Gesichter geschickt mit Henna bemalen ließen, war außer Anna niemandem aufgefallen.

Die rauchgeschwängerte Luft und das stete Brummen des Motors hatten sie die meiste Zeit dösen lassen. Irgendwo in Frankreich hatten ihre Mitreisenden begonnen, die stille Begleiterin mit neugierigen Fragen zu löchern. Sie war heilfroh gewesen, als sie an der italienischen Grenze endlich vom Bus in einen Zug umgestiegen war.

Vor dem Fiat scherte ein roter Sportwagen aus, und Bruno ergriff die Gelegenheit, seinen Wagen in die Parklücke zu setzen.

Wenn sie ehrlich zu sich war, war auch Bruno ein Fremder für sie. Aber er wusste Bescheid und stellte keine Fragen. Während der ganzen Fahrt vom Hauptbahnhof Roma Termini bis hierher hatte er kein einziges Mal ihren Vater erwähnt. Bruno war damals zur Urteilsverkündung nach London gekommen. Kurz darauf musste er beschlossen haben, dass sein Bruder Tigano für ihn nicht mehr existierte.

Er stieg aus, schlug die Autotür zu und stemmte stolz die Hände in die Hüften. Auf seinem Gesicht lag eine Begeisterung, die Annas Reisegruppe nicht einmal beim Singen zu klimpernder Gitarre gezeigt hatte.

»Da wären wir«, verkündete er, als sie neben ihm stand. »Das ist die Via Veneto, die Straße der Reichen und Schönen von Rom – und aus dem Rest der Welt. Hier werden du und ich eine Menge Zeit verbringen.«

Aus seiner Jackentasche kramte er eine Packung Zigaretten. Bruno Savarese war Mitte vierzig, kaum größer als Anna und überaus drahtig. Er redete gern, viel und schnell. Dabei unterstrich er seine Worte mit ausladenden Gesten, schon am Steuer und nun erst recht auf dem Bürgersteig. Er erschien ihr so anders als sein Bruder. Annas Vater war ruhig und ernst, fast verschlossen – ganz sicher niemand, dem irgendwer einen Mord zugetraut hätte. Ihre Mutter hatte oft gesagt, Anna sei ihm ähnlich.

»Anfang der Fünfziger, als die ersten Hollywoodleute in Rom aufgeschlagen sind, da war die Via Veneto einfach irgendeine Straße mit ein paar Hotels. Aber danach konnte es zehn Jahre lang keine andere mit ihr aufnehmen.« Bruno zählte die berühmten Straßen an den Fingern ab. »Nicht die Champs-Élysées, nicht die Fifth Avenue, nicht die –« Er hielt inne und suchte ihren Blick. »Hörst du mir zu?«

»Ja«, sagte Anna. »Ich hab nur daran gedacht, wie anders hier alles ist als in London.«

Gedankenverloren blickte sie an einer Fassade hinauf, in die eine Heiligenstatue eingelassen war. Direkt daneben warb ein Aufsteller in grellen Farben für den Jazzmusiker, der heute im benachbarten Club spielen würde. Eine Papierserviette aus einem amerikanischen Restaurant trieb über den Gehweg. Ein Stück die Straße hinauf umrahmten klobige Werbetafeln Balkone mit filigranen Geländern.

Wenn Anna die Augen schloss, tanzten all die neuen Eindrücke wie Traumbilder hinter ihren Lidern. Rom erschien ihr so unwirklich, eine Stadt, in der monumentale Geschichte und heruntergekommene Gegenwart in einer der unzähligen Bars zusammen Kaffee tranken – und niemand wunderte sich darüber.

»Anders trifft es gut.« Vergnügt bot Bruno Anna eine Zigarette an, aber sie lehnte ab. Er entzündete sich selbst eine, bevor er den Faden wieder aufnahm. »Vor zwei, drei Jahren sind die ganz großen Stars abgereist. Mittlerweile kommt eher die zweite und dritte Garnitur aus den Staaten. Alle, die ihre Karriere aus irgendwelchen Gründen vor die Wand gefahren haben, landen hier bei uns in Rom. Und sie hoffen, dass die Filme, die sie hier drehen, zu Hause keiner sieht.« Schmunzelnd schwadronierte Bruno von billigen Agentenfilmen, die derzeit in Rom wie am Fließband entstanden und deren Helden nicht 007, sondern 006 oder 008 hießen.

»Und das guckt sich irgendwer an?«, fragte sie.

»Den Leuten in den Vorstadtkinos reicht das. Jetzt fangen sie auch noch mit Western an. Und dann sind da immer noch die Sandalenfilme. Hercules. Ursus. Maciste.«

Anna lächelte beschämt. »Nie davon gehört.«

»Cleopatra? Ben Hur?«

»Ja, klar, von denen schon.«

Bruno sah zufrieden aus. »Das waren zwei von den großen amerikanischen Kostümschinken, die sie hier bei uns gedreht haben. Clevere Studiochefs haben all die Kulissen und Kostüme eingelagert, und damit fabrizieren sie jetzt einen Film nach dem anderen über irgendwelche antiken Muskelmänner und ihre halb nackten Sklavinnen.« Sein beschwingter Tonfall verschwand, als er sachlicher hinzufügte: »Für uns Fotografen ist eigentlich nur wichtig, dass die Via Veneto der Ort ist, wo die ganze Bagage nach Drehschluss auftaucht. Erst in den Cafés, im Strega, im Paris oder dem Doney.«

Er deutete auf einen Laden mit mächtigen Glastüren und ausladenden Markisen auf der anderen Straßenseite. Üppige Blumenrabatten und hohe Platanen trennten die Tischreihen auf dem Bürgersteig von der Straße. Anna ließ den Blick über die Gesichter der Gäste wandern, erkannte aber kein einziges. Zumindest waren unter den Frauen mit ihren eleganten Hochsteckfrisuren, Seidenschals und roten Lippen einige, die sie sich als Filmdiven vorstellen konnte.

»Sind gerade irgendwelche Prominenten hier?«

Bruno sah nur flüchtig zu den Gästen im Café Doney hinüber und schüttelte lächelnd den Kopf. »Die kommen frühestens in ein paar Stunden. Danach ziehen sie weiter in die Nachtclubs in den Seitenstraßen. Und in ein paar Etablissements, die du auf keinen Fall von innen sehen wirst.«

»Ich bin fast zwanzig«, sagte sie, während sie an den Tischen vorüberschlenderten.

»Du bist meine Nichte. Ich bin jetzt für dich verantwortlich, und hier wird nichts passieren, das deiner armen Mutter nicht gefallen hätte. Die heilige Maria sei mein Zeuge.«

»Halleluja«, sagte sie leise, aber natürlich hörte er es trotzdem und schien sich ein Lächeln zu verkneifen.

Als sie beschlossen hatte, nach Rom zu gehen, war sie sich nicht sicher gewesen, was genau sie hier suchte. Ein Teil von ihr hatte sich darauf verlassen, dass die Erkenntnis sie wie ein Blitzschlag treffen würde, wenn sie erst einmal angekommen war. Womöglich ein Trugschluss. Aber was es auch war, eine Gouvernante brauchte sie dabei bestimmt nicht.

Bruno bedeutete ihr, die Straße zu überqueren. »Wir werden diese Leute fotografieren, wo sie uns vor die Kameras laufen, aber ansonsten hältst du dich von denen fern, okay? Die sind nichts für ein anständiges Mädchen und –«

Der Rest seines Satzes ging im monumentalen Getöse von Kirchenglocken unter.

Anna unterdrückte den Reflex, sich die Hände auf die Ohren zu pressen. Jeder Glockenschlag hallte als zitterndes Echo in ihr nach. »Shit, was ist das denn?«

Es war, als hätten sich mit einem Mal alle Kirchen Roms unbemerkt herangeschlichen. Während Anna sich staunend im Kreis drehte, erwartete sie fast, dass sich Turmspitzen wie Riesen über die Dächer beugten und argwöhnisch auf sie herabblickten. Aber das Glockenspektakel schien direkt aus dem blauen Himmel über den Palazzi und Wohnhäusern zu beiden Seiten der Straße zu kommen.

»Wart’s nur ab!« Bruno nahm mit gelassenem Lächeln einen Zug von seiner Zigarette.

Ein Stück weit die Straße hinunter stürmte der Besitzer eines Kiosks ins Freie und schimpfte zu den Dächern hinauf. Autos stauten sich auf der Via Veneto, als neugierige Fahrer anhielten und die Köpfe aus den Fenstern reckten.

Nach einer Minute, vielleicht zweien, brach das Glockengeläut so abrupt ab, wie es begonnen hatte. Zu dem leisen Pfeifen in Annas Ohren gesellte sich vereinzeltes Autohupen.

Gleich darauf donnerte eine majestätische Stimme von den Dächern auf die Straße herab. Irgendwo musste jemand alle Regler für Echo und Hall auf Anschlag gezogen haben.

»Meine Kinder, ich segne euch!«, erklang es tief und gebieterisch. »Von meinem Thron in den höchsten Himmeln blicke ich auf euch nieder, und ich sehe, wie ihr darbt in schwerer Arbeit und schweren Gedanken. Das Leben, das ich euch schenkte, die Welt, die ich euch schuf … auf all dem lastet die Bürde eines grauen Alltags.«

»Heilige Scheiße«, entfuhr es Anna, als sie ahnte, was hinter dem Spektakel steckte.

»Darum höret meinen Rat!«, rief die Stimme. »Ist die Last eurer Sorgen zu groß, ist euch zu warm, die Sonne zu grell? So suchet ein klimatisiertes Filmtheater auf und fraget nach dem neuen gewaltigen Epos Als Gott den Menschen schuf! Eine Schöpfung so makellos, dass nicht einmal ich sie in sieben Tagen hätte vollbringen können.«

Anna fand Brunos Blick. Grinsend deutete er auf die Gebäude gegenüber. »Da sind Lautsprecher auf den Dächern. Gestern war die Piazza Navona dran. An der Spanischen Treppe waren sie auch schon.«

»Merket euch meine Worte und folget dem Willen des Allmächtigen!«, befahl die Stimme. »Als Gott den Menschen schuf! Sehet und ihr werdet die Wahrheit erkennen. Und die Wahrheit wird euch glücklich machen. Als Gott den Menschen schuf! Amen. Amen. Amen!« Das letzte Amen brüllte er so inbrünstig, dass es blechern über die Straße schallte.

Ihr werdet die Wahrheit erkennen. Und die Wahrheit wird euch glücklich machen.

Die Autos fuhren langsam wieder an. Einige Leute in den Cafés lachten, ehe sie ihre Gespräche wieder aufnahmen. Andere zeigten sich entrüstet. »Die schrecken vor nichts zurück«, sagte ein Mann im Vorbeigehen. Ein weiterer schüttelte verständnislos den Kopf. Hinter Anna widmete ein Portier sich neuen Gästen, und die Veneto kehrte zum Tagesgeschäft zurück.

Bruno schnippte seinen Zigarettenstummel in die Rabatten. »Willkommen in der Stadt des Herrn, Anna. Willkommen in Rom.«

 

Die schwarze Limousine rollte langsam auf einen mächtigen Torbogen zu. Er war das Portal zu Roms kleinstem und ungewöhnlichstem Viertel, dem märchenhaften Quartiere Coppedè.

Gennaro Palladino verirrte sich nicht oft hierher, und ihm war, als wüsste das auch das steinerne Gesicht auf der Frontseite des Bogens, das ihn mit seinem pupillenlosen Blick zu verfolgen schien. In der Wölbung des Tors, hoch über dem Straßenpflaster, hing ein eiserner Kronleuchter, mehrere Meter im Durchmesser.

Im Herzen des Viertels trafen sich fünf schmale Straßen auf der Piazza Mincio mit ihrem plätschernden Jugendstilbrunnen. Die Limousine umrundete ihn langsam.

Mehr noch als der Brunnen prägten das Quartiere Coppedè die Palazzi mit ihren breiten Aufgängen und hohen Portalen, verschachtelten Dächern und zinnenbewehrten Türmen, aufwendigen Balustraden und einer Fülle okkulter Symbole, die als Schmuckwerk in die Fassaden eingelassen waren. Verspielte Reliefs, gezwirbelte Säulen und Malereien von Tierwesen mit Mähnen und Flügeln umfassten ganze Stockwerke. Über dem Eingang eines Palastes wachte das Mosaik einer Spinne in ihrem goldenen Netz.

Wen es zufällig hierher verschlug, der ahnte nicht, dass all diese Bauten eine Art steinernes Zauberbuch bildeten, ein magisches Manifest des Architekten Gino Coppedè.

In den Gebäuden rund um die Piazza wohnten all jene Wohlhabenden der Stadt, die einen Hang zum Esoterischen hatten, zu Mystik und Magie. Hier lebten sie verborgen hinter diskreten Messingschildern mit Abkürzungen und Nummern und gingen ihren exzentrischen Interessen nach.

Vor einem siebenstöckigen Ungetüm in Weiß und Ocker rollte die Limousine aus. Als Palladino an der Fassade des Palazzo Amarante hinaufsah, fiel ihm auf, dass die Fenster unterschiedliche Formen und Größen hatten. Manche Balkone lagen im Schatten orientalischer Säulenbögen, andere waren von gotischer Schwere.

Der Chauffeur parkte die Limousine unmittelbar vor dem ausladenden Portal. Palladino stieg hinter Sandro eine Steintreppe hinauf, die zu einer Eingangstür aus dunklem Holz führte. Beidseits und über seinem Kopf wachten steinerne Adler. Malereien von Echsen, Seepferdchen und Sternen zierten das Gewölbe.

Sandro öffnete die Tür und bat Palladino wortlos in den Eingangsbereich. Es war kühl. Der Raum lag im Halbdunkel, die Fenster waren mit Stoffen verhangen. Der Marmorboden und die goldgeprägten Tapeten entsprachen dem, was Palladino hinter dieser Fassade erwartet hatte. Die glänzenden Ornamente der Wände spiegelten vage seinen Umriss, als er Sandro folgte. Er kam ihm vor wie der Schatten eines sehr viel größeren Mannes.

Bevor Palladinos Augen sich an die veränderten Lichtverhältnisse gewöhnen konnten, führte Sandro ihn eine Treppe hinunter und wieder ins Freie. Sie traten in einen efeuumrankten Innenhof, in dessen Zentrum ein hoher Walnussbaum stand. Seine Krone berührte die vier umliegenden Fassaden und tauchte den Boden in Düsternis.

Die hohen Mauern schirmten den Garten vor der Geräuschkulisse der Großstadt ab. Kurz dachte Palladino an das alte Bauernhaus seiner Eltern, wo die Stille vollkommen war.

»Der Baum hat nicht immer hier gestanden«, sagte jemand von der anderen Seite des Innenhofs.

Im ersten Moment hatte Palladino die Frau auf der Steinbank übersehen. Ganz in Schwarz gekleidet verschmolz sie mit dem Schatten des Walnussbaums. In ihrer Stimme lag ein Hauch von Wehmut.

»Papst Pasquale hat im Mittelalter befohlen, ihn zu verbrennen, aber Kultisten haben ihn ausgegraben und an einem geheimen Ort wieder eingepflanzt. Achthundert Jahre lang stand er hier im Verborgenen, bis Gino Coppedè die alten Bauten abreißen ließ und zu Ehren des Baumes dieses Viertel errichtete.«

Über akkurat gestutztes Gras ging Palladino auf sie zu. »Ich wusste nicht, dass Nussbäume so alt werden können.«

Die Frau in Schwarz drehte ihm das Gesicht zu, und er sah, dass sie von einer herben Schönheit war, so ästhetisch und rätselhaft wie die steinernen Faungesichter an den Fassaden des Viertels.

»Dieser hier wuchs einst auf dem Grab des Kaisers Nero, wo heute die Kirche Santa Maria del Popolo steht. Jahrhundertelang tanzten Hexen um seinen Stamm. Papst Pasquale hat das Loch versiegeln und die Kirche darauf errichten lassen, nachdem ihm im Traum die Madonna erschienen war.« Sie lächelte ein wenig spitzbübisch. »Vielleicht war es wirklich die Madonna. Vielleicht auch nicht.«

Ohne aufzustehen, streckte sie Palladino den Handrücken entgegen, sodass der sich genötigt sah, sie mit der Andeutung eines Handkusses zu begrüßen.

»Contessa«, sagte er respektvoll.

»Signor Palladino. Es ist mir eine Freude, dass Sie meine Einladung angenommen haben.«

»Die Leiche in der Via Margutta hat mich überzeugt, dass es gesünder sein könnte, Ihren Wünschen Folge zu leisten.«

»Palladino.« Er spürte Sandros mahnenden Blick im Rücken, und einen Augenblick lang fragte er sich, was der Handlanger der Contessa wohl tun würde, wenn er die Warnung in den Wind schlüge.

Doch die Contessa hob die Hand, ohne den Chauffeur eines Blickes zu würdigen. »Es ist gut. Sie können gehen, Sandro. Vielen Dank für Ihre Mühe.«

»Wie Sie wünschen.« Er drehte sich um, stieg die Stufen hinauf und verschwand im Haus.

»Außerdem war ich neugierig«, sagte Palladino. »Ich mag käuflich sein, Contessa, aber ich bin kein Idiot. Sie haben mich in ein Verbrechen hineingezogen, indem Sie dafür gesorgt haben, dass ich am Tatort gesehen werde. Und jetzt glauben Sie, dass ich Ihr Angebot nicht mehr ausschlagen kann.«

Die Contessa zog die dunklen Brauen hoch. »Ich bin davon ausgegangen, dass Sie mein Angebot in jenem Moment angenommen haben, als Sie das Geld meines Mitarbeiters nicht ausgeschlagen haben.«

»Das war gerade mal genug, um ihn zu begleiten. Und um Ihnen zuzuhören.«

Wieder lächelte sie. »Würden Sie sich einen Augenblick zu mir auf die Bank setzen?« Behutsam wischte sie ein einzelnes Blatt von der Steinfläche neben sich.

Palladino erfüllte ihr den Wunsch. Unter dem Schatten der Baumkrone erklomm die Kälte der Steinbank seine Wirbelsäule.

Neben ihm streckte die Contessa Amarante elegant ihre Hand aus und deutete hinauf ins Geäst. Ihm fiel auf, dass sie nur einen einzigen schlichten Ring trug. »In diesem Baum gab es einmal ein Wespennest. Eines Tages ist es einfach heruntergefallen. Alle Wespen im Inneren waren tot. Ich hab es aufgeschnitten und fand eine Königin mit zwei Köpfen.«

Palladino musterte die Frau von der Seite. Es schien sie nicht zu stören, ihr Blick blieb unverwandt ins Blätterdach gerichtet.

»Falls es ungewöhnlich ist, Contessa, dass um Sie herum Menschen sterben – oder Wespen –, dann haben Sie mein Mitgefühl. Ich hab gehört, dass Sie kürzlich Ihren Gatten verloren haben. Auch dafür mein Beileid. Der Conte Amarante war ein einflussreicher Mann.«

»Ich schätze Sarkasmus, wo er angebracht ist. Seltsam, dass man immer annimmt, er sei bei anderen angebracht, aber nie bei einem selbst.« Sie hatte den Kopf zur Seite geneigt, das lange Haar ruhte auf ihrer Schulter und die Hände im Schoß. »Der Conte hat mir alles vererbt, und er hat es aus aufrichtiger Liebe getan. Sein Sohn aus erster Ehe hasst mich dafür. Und es gibt noch ein paar andere, die mich nicht besonders schätzen.«

»Dabei mögen Sie Bäume und trauern um Insekten. Man könnte fast meinen, Sie wünschten der ganzen Welt nur Gutes.«

Die Contessa hob das Kinn und lachte leise. Als sie ihm das Gesicht zudrehte, war alles Verträumte daraus gewichen. »Sind Sie in der Lage, herauszufinden, wer Fausto getötet hat?«

Palladino ließ ein paar Sekunden verstreichen. »Nur, wenn ich noch einmal zurück in diese Wohnung gehen kann. Und zwar ohne Ihren Handlanger. Danach können Sie die Leiche entsorgen lassen, und was sonst noch von dort verschwinden soll.«

»Einverstanden.« Die Contessa faltete ihre langen Finger ineinander, bevor sie sich wieder dem Baum zuwandte. »Aber warten Sie, bis es dunkel ist. Sie sollten nicht zweimal dort gesehen werden. Bis Mitternacht haben Sie Zeit, dann wird jemand kommen, dem Sie besser nicht begegnen – der Beauftragte eines Geschäftspartners, der Erfahrung in solchen Dingen hat.«

Palladino schmunzelte. »Das Bestattungsinstitut, nehme ich an.«

»Sie glauben, der Mord habe mit den Geschäften meines Mannes zu tun. Oder mit seinen politischen Aktivitäten. Nun, ich kann Ihnen versichern, die Mafia steckt sicher nicht dahinter. Und die Etruskische Front ist zu beschäftigt mit ihren Umsturzplänen.«

Die Fläche des Innenhofs war eben und das Gras gleichmäßig gewachsen. Nur unweit des Stamms fiel Palladino eine kleine Grube auf. Gerade tief genug für eine Urne.

»Ich muss Ihnen eine persönliche Frage stellen«, sagte er.

»Sie wollen wissen, ob Fausto und ich eine Affäre hatten.«

»Oder etwas Vergleichbares.«

Ihre Hand fand Strähnen ihres Haars und strich langsam daran entlang. Ihre Augen sahen ins Leere. Der Schmerz, der aus ihrem Blick sprach, war alt, als hätte sie schon vor Faustos Tod zu trauern begonnen. »Das ist sehr, sehr lange her. In einer anderen Zeit. Zuletzt waren wir nur noch alte Freunde mit ähnlichen Interessen. Wir haben uns gegenseitig unterstützt.«

Palladino nickte, wusste aber nicht, ober er ihr glauben wollte. »Was soll ich tun, wenn ich den Täter finde?«

»Das, was Sie für gewöhnlich tun, wenn man Sie gut genug bezahlt. Ich habe kein Interesse daran, Faustos Mörder der Justiz auszuliefern. Ich will Rache, keine Gerechtigkeit. Und ich hörte, Sie sind talentiert in diesen Dingen. Sehr gründlich, vor allem.«

Argwöhnisch musterte er sie und konnte nicht umhin, ihre statuengleiche Haltung zu bewundern. Es fiel ihm schwer, sich eine Situation auszumalen, in der diese Frau ihre Contenance verlor. »Wer hat mich Ihnen empfohlen?«

»Es wird Sie amüsieren«, sagte sie ohne eine Spur von Belustigung. »Ausgerechnet mein verstorbener Mann. Der Conte sagte, falls er eines Tages eines gewaltsamen Todes sterben werde, dann solle ich Kontakt zu Ihnen aufnehmen.« Ihre Augen blitzten. »Ein Segen, dass er friedlich im Schlaf von uns gegangen ist.«

Palladino legte den Kopf in den Nacken und ließ ihn langsam im Halbkreis rotieren, um seine Wirbel zu lockern. Sie knackten, aber es fühlte sich nicht befreiend an. Als sein Blick den Boden streifte, fiel ihm auf, dass die Schatten der Zweige wie ein gewaltiges Netz über dem Innenhof lagen.

Die schwarze Witwe lächelte, doch in ihren Augen sah er etwas, das ihn schaudern ließ: den Zorn und den Hass einer zutiefst verletzten Frau.

 

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Imperator erscheint am 03.05.2021.

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Markus Heitz

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