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“Farben von nichts” ist eine viergliedrige Lyriksammlung. Eine Fluoreszenz zwischen Lächeln und Krieg. Ein Bild des Existenzialismus zwischen Flüchtlingskrise und Gewalt, Romantik und Zeitgeist nach den Anschlägen von Paris.
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Seitenzahl: 16
Veröffentlichungsjahr: 2016
Farbwellen
Goldwespen
Spiegelsand
Fluoreszenz
Als Kind
stand ich
zwischen langen Tüchern
wehend im Wind
Sie zogen wie Arme
leblos bunt
durch die Luft
meine Finger streifend
Von Tüchern umringt
fiel Regen
und laut
nach Farben sortiert
klatschten die Tücher
in mein Gesicht
Ein Wind
trieb sie:
Blau
nach Osten
Rot
nach Westen
Bunt
zerfiel die Welt
Gegeneinander
zogen sie
durch mich
hindurch
Sie hatten ein Ziel
nur ich
kreiselte
dazwischen
und schwankend
zählte ich Farben
Generatorenlärm.
Ein Leben aus Husten und Matsch.
Stacheldraht beobachtet dich,
wie du liegst,
hinter wehender Plane.
Kinderlungen rasseln
im Plastikrauch der Blechöfen.
Kälte in Dreck,
zwei Mädchen in Flip-Flops
zeigen auf mein Piercing.
Dezember in Calais.
Ein Junge steht am Stöckerzaun,
ein Mädchen davor,
sie dreht den Fuß auf dem Boden,
das Bein angewinkelt,
spielt sich an den Haaren -
er lächelt sie an.
In Bretterhütten
mit Teppichböden
fällt nur wenig Licht.
„Ist genug Zucker in deinem Kaffee?“
Im Hemd steht er,
kleiner Oberlippenbart,
Rosa gestreift,
er ist Anfang zwanzig,
mit geschwollenen Füßen,
Schlagstockgeprellt.
Nun sitzen wir
auf Holzpodesten,
auf Bänken.
Man serviert das Essen,
draußen rennen Kinder.
Augen liegen leblos
auf den glänzenden Bildern
des Fernsehers.
Glück löst sich unerkennbar auf,
homöopathisch verdünnt,
im Mittelmeer
zwischen Leichen,
in libyschen Fabrikhallen.
Mit Fladenbrot schaufel' ich Reis,
kleckernd.
„Kannst du nicht essen?“,
fragt Ahmed lachend,
hinterm Stöckerzaun sitzend,
davor schlendern die Leute,
zwischen Schlammhügeln,
versinken Menschen.
Hier liegen Mütter in Zelten
und das Leben gräbt sich frei,
geschüttelt von Wehen.
Ich liege
im Bett
im Haus
aus Wolken
Der Wind
dreht
Die Sonne
weht
Der Boden
steigt
Die Decke
neigt
Ich stehe
vor Fenstern
aus reiner Luft
Die Erde
bei Nacht
wird zur Landschaft
und
Städte
glitzern
In Wolken treibend
sehe ich Länder
überflutet mit Licht
Doch unter mir scheint
die Nacht absolut
Das Dunkel liegt
noch sicher und fest
Weit weg
die Grenze
von Schatten und Licht
Menschen mit Lampen