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Das Zwanziger-Jahre-Babylon BERLIN von einer anderen Seite: Hermann Grau arbeitet dort in einer obskuren Behörde des Geheimdienst-Dschungels. Ohne jede Verbindung zu anderen, ohne jeden Auftrag entschließt er sich 1932 dazu, Adolf Hitler zu erschießen. Inmitten seiner Vorbereitungen lernt er die unglücklich verheiratete Vera kennen, verliebt sich in sie, beginnt ein Verhältnis mit ihr – im Gepäck ein Geheimnis, das außer ihm niemand kennt. Ein Einzelner, der alles riskiert, steht auf gegen die politischen Großsprecher und Großverbrecher. Erste und letzte Fragen, spannend, aber ohne klare Antwort: Liebe, Tod, Schicksal, Schuld, Glück …
Alles rutscht und rotiert.
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Veröffentlichungsjahr: 2023
Rolf Stolz
Fast
ein
Attentat
Roman
Copyright © by Authors/Bärenklau Exklusiv
Cover: © by Steve Mayer, 2022
Verlag: Bärenklau Exklusiv. Jörg Martin Munsonius (Verleger), Koalabärweg 2, 16727 Bärenklau. Kerstin Peschel (Verlegerin), Am Wald 67, 14656 Brieselang
Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.
Alle Rechte vorbehalten
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Inhaltsverzeichnis
Impressum
Das Buch
1. Kapitel
2. Kapitel
3. Kapitel
4. Kapitel
5. Kapitel
6. Kapitel
7. Kapitel
8. Kapitel
9. Kapitel
10. Kapitel
11. Kapitel
Epilog
Rolf Stolz
Weitere Werke des Autors
Das Zwanziger-Jahre-Babylon BERLIN von einer anderen Seite: Hermann Grau arbeitet dort in einer obskuren Behörde des Geheimdienst-Dschungels. Ohne jede Verbindung zu anderen, ohne jeden Auftrag entschließt er sich 1932 dazu, Adolf Hitler zu erschießen. Inmitten seiner Vorbereitungen lernt er die unglücklich verheiratete Vera kennen, verliebt sich in sie, beginnt ein Verhältnis mit ihr – im Gepäck ein Geheimnis, das außer ihm niemand kennt. Ein Einzelner, der alles riskiert, steht auf gegen die politischen Großsprecher und Großverbrecher. Erste und letzte Fragen, spannend, aber ohne klare Antwort: Liebe, Tod, Schicksal, Schuld, Glück … Alles rutscht und rotiert.
***
Lebe selbst!
Das Schicksal hat es anscheinend so gewollt …
Er war ein Mann ohne Freunde. Nur wenige wussten ein paar Belanglosigkeiten über ihn, etwa dass er Bratkartoffeln niemals anders als mit einem Spiegelei aß, dass er die vier bis fünf Glas Bier, die er an einem Abend zu trinken pflegte, gern unterfütterte mit einem Solei, welches er, während er es mit der Rechten pellte, mit der Linken mit Senf bestrich. Was sollte man daraus auf ihn schließen – außer, dass er im Grunde ein Mann wie andere auch war, ein normaler Nullouvert-Mann? Von seinen Eltern, von eventuellen Geschwistern oder anderen Anverwandten war nie die Rede, auch nicht davon, was er vor seinen Bürozeiten gelernt hatte, wenn er denn damals etwas gelernt hatte außer Lebenlernen. Dass er verheiratet gewesen war und dass aus dieser kurzen Ehe ein Sohn hervorging, war ein Staatsgeheimnis.
War er selbstbewusst? Auf einige wirkte er so, und in der Tat hielt er sich trotz einiger Zweifel an den eigenen Kräften und Säften nach außen hin ziemlich lotrecht. Aber da war auch eine Zögerei und Wackligkeit in seinem Auftreten, eine gelegentlich in Erröten und Händezittern sichtbar werdende Verunsicherung.
Es war der Tag, an dem sein Hund gestorben war, den er HERO genannt hatte: ein schwarzer Schäferhund. Er hatte diesen Tod hingenommen, wie er alles hingenommen hatte, das seine Wünsche durchkreuzte: den Tod seiner Eltern, das erste Zerwürfnis seiner ersten Liebe und deren erstes vorläufiges und zweites endgültiges Ende. Die Schmerzmomente, das Zusammenzucken mitten in einem Gespräch oder bei einem Spaziergang am Wannsee kamen erst später.
Als er an einem Septembersonntag aufstand und in seinen kleinen Wohnungsflur kam, lag der Hund da, als schliefe er, ohne einen Laut und ohne alles Leben. Er hatte ihn gerufen und noch vergeblich versucht, ihn wachzurütteln. Nach kurzem Überlegen beschloss er, das Tier, sobald es dunkel war, in einem nahen Waldstück zu vergraben. Das erschien ihm ebenso pietätvoll wie kostensparend.
Die braun-grün-gelben Farbfächer des Herbstes, das winzige Geräusch fallender Blätter. Wir sind zu taub, um das Gras und das Laub wachsen zu hören. Ein schwarzer Tag, aber es wird mir guttun, nicht in der Wohnung zu bleiben.
Er nahm den Hut von der Garderobe und zog seinen Kammgarnmantel an. Obwohl die Sonne schien, war angesichts der Regenwolken am Himmel kaum jemand unterwegs. Von einem kleinen Teich mit Schilfrohr flog ein Reiher hoch. An einer Wegbiegung standen, offenkundig in einem längeren Gespräch, ein Mann und eine Frau mit zwei angeleinten Hunden, einem großen Terrier und einem kleineren Mischling. Der Terrier knurrte nur leise und gelangweilt, aber die bunte Töle bellte den Vorbeiflanierenden bösartig an.
Im Weitergehen dachte er darüber nach, ob die Hunde wohl an seinem Mantel und an seiner Haut den Geruch wahrgenommen hatten, der noch von Hero übrig war, vielleicht sogar den Geruch des Todes. Was wird von mir zurückbleiben, wenn ich erst flach und ausradiert am Boden liege? Nur ein Geruch oder nicht einmal ein Geruch? Jedenfalls war es wichtig, vorwärts zu fliehen. Es gab immer einen Grund in allen Fluchten – den Grund, den man am Ende ganz unten erreicht.
Es war diese Fahrt auf einem Lastwagen hinten aufgeladen, in die Dämmerung eines Sommerabends hinein. Alles Leute aus der Straße, die meisten viel älter als er. Er hatte auf dem Bolzplatz von dieser Tour gehört, nichts Genaues. »Nichts Genaues weiß man nich’«, hatte Männel zu ihm gesagt. Aber gerade das war ja der Reiz dieser Unternehmung.
Neben ihm saß eine Frau um die zwanzig, sehr grazil gebaut. Sie hielt sich gerade, aber ein Doppelkinn und dass sie beim Sprechen ihre Lippen zusammenpresste gaben ihr etwas Grimmiges und Bissiges. Sie kannte anscheinend den Fahrer, stand vor der Abfahrt an seiner offenen Tür, fuhr aber dann doch hinten mit. Während der Chauffeur eher der Typ Kleiderständer war, hatten rechts von ihm zwei Kleiderschränke sich hineingezwängt.
Obwohl sie kräftig durchgeschüttelt wurden, als es endlich losging, schlief er ein. Plötzlich stand er an einem Abgrund, aus dessen Schwärze ein Feuer emporglühte. Vielleicht eines, das bis zum Mittelpunkt der Erde hinabreichte, aber das, was er davon sah, erinnerte an Brikettglut im Küchenherd, sobald man die Mittelplatte mit dem Eisenheber weggenommen hatte. Als müsse man nur lange genug darauf spucken, um es kalt zu kriegen. Dann aber, als er sich gerade vornüberbeugen wollte, um näher an die Flamme zu gelangen, schlug sie hoch, hauswandhoch. Ein ganzer Streifen Feuer riss sich los, flog auf, umkreiste ihn wie ein ausgehungerter Raubvogel und stürzte vor seine Füße. Er hörte eine Stimme, von fern her und seltsam verzerrt. Die Stimme eines Fremden, den er doch kannte und den er doch loswerden wollte wie einen überflüssigen Zwillingsbruder, eine nutzlose Nachgeburt. Er stammelte noch »alles brennt«, als er schon den anderen vor die Füße gerutscht war. Sie lachten sich schimmelig – wieder ein Beweis, was er für ein Eimer und ein Schiefgewickelter war, wieder eine Geschichte, die über ihn die Runde machen konnte.
Mitte der zwanziger Jahre war er noch einmal nach Coburg gefahren. Vor einem Wirtshaus in der Stadt traf er den Maurer Fahlbusch wieder, einen Sozi, der einst mit ihm zur Volksschule gegangen war. Sie sprachen über das, was seit damals geschehen war. Rückblicke, Erinnerungsstücke, Selbstvorwürfe. Seit dem Tod seiner Frau sah Fahlbusch keinen Sinn mehr im Leben, sah keine Chance für eine andere Frau und einen Neuanfang. Hermann Grau versuchte ihm zu erklären, das sei die falsche Haltung. Er wusste, all das konnte nicht helfen und würde vielleicht eher noch Verzweiflung und Selbstmitleid bestärken.
»Wir haben heute Abend eine Demonstration auf dem Marktplatz. Mitten im Wohnzimmer aller braven Bürger. Mit dem Spielmannszug.«
»Ich weiß noch nicht, ich werde wohl kommen.« Am Abend stand er tatsächlich dort, nahe bei einer Bierbude, in sicherem Abstand zur Polizei und den ein- bis zweihundert Protestierern. Fahlbusch trug in der Linken eine rote und in der Rechten eine schwarz-rot-goldene Fahne. Er blickte zufrieden in die Runde. Die Instrumente der Blechbläser warfen die Strahlen der Abendsonne zurück. Die, die Seite an Seite schritten, sangen »Wenn wir schreiten Seit an Seit«. Grau winkte zu Fahlbusch hinüber. Der machte nur eine hilflose Geste der Einladung mitten hinein – ohne die mindeste Hoffnung, diesen glatten Aal ins Netz ziehen zu können. Schon in der Schule, dachte Fahlbusch, hat der Hermann sich immer herausgehalten und ist zwischendurch langgewurstelt. Ein hoffnungsloser Fall!
Mit einiger Verspätung hörte Hermann Grau, der abgelenkt gewesen war durch ein Geplauder mit einer Blumenverkäuferin, aus einer der Nebenstraßen das Gebrüll von Befehlen und den Gesang eines Kampflieds von Kontoren und Stuben und von Brüdern hinter dem Pflug. Dann sah man schon den Aufzug der Nazis vorstürmen gegen den roten Block. Holz splitterte, Tuch von Fahnen und Uniformen zerriss, Blut floss aus aufgeschlagenen Nasen und Lippen.
Zwei Stunden später, Hermann Grau aß gerade eine Suppe im Adler, sah er Fahlbusch noch einmal. Sein Gesicht zeigte die Spuren des Kampfabends. Er zögerte, kam dann aber doch an den Tisch und ließ sich zu einem Bier einladen. Hermann Grau legte sofort los: »Wie lange wollt ihr denn noch Musike machen, statt den Braunen zu beweisen, dass ihr den härteren Knüppel habt?«
»Du hast ja recht, aber du machst es dir sehr leicht. Letzten Monat hat uns die Stadt an den Stadtrand gezwungen. Da haben unsere Redner den Zäunen und Heuschobern gepredigt. Auf den Markt sind wir nur gekommen, weil wir dem Polizeipräsidenten garantiert haben, dass alles ruhig bleibt. Mal sehen, was jetzt passieren wird. Am Ende sind wir es dann gewesen, die die armen Nazis angegriffen haben.«
»So wird es kommen. Du weißt doch auch, wer hier im Präsidium das Zepter schwingt.«
»Mann, Hermann, was sollen wir bloß machen. Wir waren doch nach achtzehn so stark. Selbst hier in Coburg. Aber jetzt, nicht einmal die Arbeiter sind sich einig. Die einen wollen alles wie in Russland haben und die anderen sagen: ›Dann haben wir nichts mehr – keine Freiheit, kein Brot, kein Geld, vielleicht nicht einmal mehr das Leben.‹ Jetzt kannste dir nur noch den Strick kaufen oder auswandern über den großen Teich.«
»Na ja, ich wander’ morgen erst mal wieder aus nach Berlin. Ich wünsche euch jedenfalls viel Glück. Mach’s gut, Ernst.«
»Mach’s gut, Hermann.«
1929 war er für einige Tage in die Pfalz gefahren, befreit von solch grauenhaften Dingen wie den allwöchentlichen und allwöchentlich überflüssigen Montagsbesprechungen der ratlosen Komödianten, die hinausglotzen in die unerreichbare Zirkuskuppel und sich im Zerplatzen ihrer Sprechblasen abspeisen lassen von deren herrlichem Knalleffekt. Nach einer unruhigen Nacht war er früh noch vor dem Klingeln des Weckers aufgestanden und wanderte im Frühtau strohhut-behütet und knickerbockerig ziel- und planlos zwischen den Weinbergen der Rheinebene und dem Anstieg zum Pfälzer Wald herum, mit dem Rucksack auf dem Rücken und mit einem monströsen Knüppel in der Hand, auf dem silberne Wandermarken prangten, nicht selbst erschwitzte, sondern vom Vorbesitzer übernommene.
In Maikammer kam er so kostümiert in eine Weinstube, setzte sich direkt am Eingang hin, studierte die Speisekarte und musterte über deren Oberkante hinweg die anderen Gäste. Auch umgekehrt wurde gespinkst und getuschelt über einen, der nicht von hier war und dem man nicht gleich ansehen konnte, was er von Beruf war und was er hier wollte. Er entschied sich dafür, das zu übersehen, lächelte die reichlich mürrische Serviererin an, fragte nach einer Übernachtungsmöglichkeit für zwei Nächte und bestellte ein großes Bier und einen Strammen Max. Während er trank und aß, begann er in den Gesichtern zweier alter Frauen aus seinem Genre zu lesen. Auch das alte Beziehungen, übernommene Einsortierungszwänge.
Wie wir gezeichnet sind, dachte er, wie wir bei all unserer angeborenen oder anerzogenen Fähigkeit zur Mimikry nicht wechseln können. Wie wenig uns unser Hochmut helfen wird oder die kurzzeitige scheinbare Sicherheit des Reichtums – die goldene Rüstung, die wir vorzeigen oder vor dem Raubblick der Nachbarn verbergen.
Dann schrieb er seinen Beschwerdebrief: »Dumm wie ich bin, habe ich gedacht, dass Du endlich an die Postlagernd-Adresse geschrieben hast, die ich Dir gegeben hatte. Aber Fehlschlag! Seit einer Woche habe ich nichts mehr von Dir gehört – und begreife gar nichts mehr. Was ist mit Dir, Du Rätsel zum Quadrat? Ich weiß es nicht und wüßte es so gern. Wir lernen uns kennen, sprechen lange miteinander, sehen uns erneut. Du feierst Deinen Geburtstag mit mir, bleibst bis zum nächsten Abend. Erst Dein Versprechen, mir zu schreiben – und dann eine Woche NICHTS, NULL-KOMMA-NULL. Funkstille, Sendepause. Bist Du tot oder krank oder was ist es sonst? Bist Du zurückgekehrt zu Deinem alten Unglück? Willst Du mich sprechen und sehen oder willst Du es nicht? Fragen über Fragen. Es ist einfach nur schlimm, so ohne Antwort zu warten, in der Luft und in den Seilen zu hängen. Gib Dir einen Ruck. Vieles, was man befürchtet, löst sich in Luft auf, wenn man es nur probiert. Und der Rest, der am Ende bleibt, ist auch niederzuzwingen – zu zweit besser als allein. Ich habe ein großes und weites Herz und viel Verständnis für die ungeraden Wege des Lebens, aber ich habe nicht einmal die Chance, es Dir zu zeigen. Ich habe so einige Frauen kennengelernt, aber Du fällst aus diesem Rahmen heraus, als Überraschung und Sonderfall. Ich kann Dich nur bitten, dass Du wenigstens ein kurzes Signal sendest. Ich habe ein Recht darauf, zu wissen, woran ich bin mit Dir und wie Du zu mir stehst. Ich bin kein Mensch, den man sich gut gekühlt aufheben kann für eventuellen Bedarf.
Ich bin so sicher, von Dir zu hören und freue mich so sehr darauf. Gestern habe ich schon insgeheim auf Dich das Sektglas erhoben – bei einem Empfang, den ich für mich selbst organisiert hatte und bei dem ich nur mich eingeladen hatte.
Ich zerbreche mir den Kopf über Dich. Ist doch nicht falsch? Wir alle tun immer mehr, als wir wissen. Es ist entscheidend, sich hinter den Maskeraden exakt anzuschauen.
