Ferne Stätten - Daniel Heße - E-Book

Ferne Stätten E-Book

Daniel Heße

4,0

Beschreibung

Die Menschheit bricht zu den Sternen auf. Ihre erste Reise führt sie 40 Lichtjahre tief in den interstellaren Raum. Thorsten Kemp hat fähige Wissenschaftler um sich geschart und sie ebnen den Weg in ein neues Zeitalter. Die Besatzung der YOSHIDA findet einen paradiesischen Planeten, doch er birgt ein gefährliches Geheimnis. Eine Pyramide zeugt von längst vergangenen Zeiten.

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Ferne Stätten

FerneDANKSAGUNGPrologKapitel 1Kapitel 2Kapitel 3Kapitel 4Kapitel 5Kapitel 6Kapitel 7Kapitel 8Kapitel 9Epilog

Ferne Stätten

Texte: © Copyright by Daniel Heße Umschlaggestaltung: © Copyright by Daniel Heße Verlag: Daniel Heße En et Bennert 3 47804 Krefeld [email protected]

Alle Rechte vorbehalten.

Danksagung

An dieser Stelle ergeht ein großer Dank an meine wunderbare Freundin und meine wunderbare Familie, die mich bei der Entstehung dieses Romans immer unterstützt haben.Außerdem muss ich meinen Inspirationsquellen danken.Da wären einmal das Autorenteam von „Perry Rhodan“, für jahrelange Unterhaltung mit dem gewissenSense-of-Wonder.Und den Bands Elvellon, Lost in Grey und Mechina, deren Musik mich in andere Welten flüchten lassen.

Vielen Dank! Ohne euch wäre diese Geschichte wohl nie entstanden…

Euch allen ist dieses Buch gewidmet!

„We are searching another cradle some lightyears away

not far away in our Milky Way”

- Lost in Grey, Far Beyond and Further

Prolog

»Alle Systeme startbereit«

»Ortung läuft. Keine großen Hindernisse«

»Meiler fahren hoch. Energieoutput bei 65%, steigend mit Ziel 75!«

»Sublicht-Triebwerke im Leerlauf«

Die Stimmen in der Zentrale überschlugen sich. Niemand schrie, aber es war schwer dem Funkverkehr zu folgen. Thorsten Kemp erhob sich von seinem Platz und betrachtete die Männer und Frauen im Raum um ihn. Es herrschte geschäftiges Treiben, aber keine Hektik. Koordiniert liefen die Vorbereitungen ab.

»Setzen Sie den extrasolaren Kurs. Zielgeschwindigkeit 75 Prozent Licht. Bereiten Sie den Überlichtantrieb vor.« Seine Anweisungen wurden an allen Stationen gehört und die zuständigen Offiziere bestätigten. Der Boden der Zentrale begann zu vibrieren, nur Sekunden später fielen die Absorber ein und das Schiff war wieder ruhig. Die Triebwerke liefen an.

»Setzen Sie den Countdown für den Start. Fünf Minuten ab jetzt. Klarmeldung von allen Abteilungen!«

Es dauerte nicht lange, da liefen die ersten Bestätigungen ein. Maschinenraum, Astrogation und Kraftwerke meldeten Grün, wenig später auch die restliche Mannschaft. Siebenhundert Personen hielten sich bereit und fieberten dem großen Moment entgegen. Die Spannung war förmlich spürbar.

Noch eine Minute. Groß leuchteten die Zahlen im Hauptholo inmitten der Zentrale. Rundherum liefen Datenkolonnen durch. Das alles geschah in einem Tempo, dass niemand verfolgen konnte, was eigentlich genau passierte. Der Hauptcomputer des Schiffes hatte jetzt die Kontrolle. Es waren komplizierte Berechnungen nötig, um Energieerzeugung, Navigation und Steuerung der Maschinen unter Kontrolle zu bringen. Kein Mensch konnte das leisten, sie waren dazu da, um dem Rechengehirn zu sagen, was es zu tun hatte. Wie es das tat, entschied es selbst.

»30 Sekunden bis zum Start der Sublichtmaschinen«, war die Stimme des ersten Piloten im Funk zu hören. Thorsten schaltete mit einem Tippen in sein kleines Steuerholo die Frequenz um.

»Bodenkontrolle, hier YOSHIDA. Alle Maschinen fertig zum Start. Flugbeginn in 30 Sekunden, Zuschalten der Überlichttriebwerke in 10 Minuten«

Kapitel 1

Seufzend beugte Thorsten Kemp sich nach vorne und stützte die Ellenbogen auf den Tisch. Diese Besprechung dauerte nun bereits mehr als drei Stunden und die Wissenschaftler redeten sich um Kopf und Kragen, jeder versuchte den anderen zu übertreffen. So mancher hatte wahrscheinlich bereits einen Nobelpreis vor Augen und verlor darüber den Blick auf das Wesentliche. Eigentlich sollten sie alle zusammenarbeiten.

»Meine Herren, bitte… Ich würde gerne…« Die Männer in den Kitteln ließen sich nicht beirren und fuhren fort. Gerade projizierte einer von ihnen eine komplexe Formel an die Wand und ging auf die einzelnen Faktoren ein. Er störte sich gar nicht daran, dass Kemp sprechen wollte.

»Bitte, hören Sie mir doch mal…« Der Wissenschaftler wurde lauter, damit er trotz Thorstens Einwurf noch zu hören war. Jetzt reichte es.

»Jetzt hören Sie zu!« Thorsten hieb mit der Faust auf den Tisch, sodass die Kaffeetassen wackelten. Plötzlich war es still geworden und mehrere aufgerissene Augenpaare sahen ihn entsetzt an. Normalerweise war er ruhig und besonnen, aber manchmal musste man einfach Klartext reden. Ein Mann am Tisch verschränkte die Arme vor der Brust und grinste. Er hatte bereits einmal einen solchen Ausbruch mitbekommen und wusste, dass der Anflug von Zorn bald wieder verfliegen würde.

»Danke! Also, um das alles mal abzukürzen, wo stehen wir? Und ich bitte jetzt um die Kurzzusammenfassung. Ihre Berechnungen sind garantiert spannend, aber so viel Kaffee kann ich gar nicht trinken, um mein Schlafdefizit auszugleichen und die Formeln zu verstehen. Nun?« Auffordernd sah er in die Runde. Der Forscher am Projektor raschelte nervös mit seinen Unterlagen, legte ein Blatt nach dem anderen auf den Tisch, fand schließlich das richtige und richtete sich wieder auf. Mit hochrotem Kopf fing er an zu sprechen.

»Gut. Die Konstruktion für den Gleiter ist abgeschlossen. Die Lebenserhaltungssysteme sind voll funktionstüchtig und das Fahrzeug hält einen Druck aus, der selbst in turbulenten Atmosphären nicht auftreten wird. Die Berechnungen für das Gravitationstriebwerk haben wir auch abgeschlossen und werden sobald wie möglich mit der Konstruktion beginnen.« Wieder ein Rascheln.

»Da wir Probleme mit der Materiallieferung hatten, werden sich die Arbeiten allerdings verzögern, genau wie die an den Andruckabsorbern. Aber wir sind zuversichtlich, dass wir den Gleiter in etwa zwei Monaten fertiggestellt haben« Er wirkte sichtlich erleichtert. Für diese Sätze hätte er wahrscheinlich noch eine halbe Stunde benötigt, wäre er nicht unterbrochen worden. Aber die Aussichten waren gut.

Die Wissenschaft hatte in den letzten fünfzehn Jahren viele Fortschritte gemacht. Thorsten war daran nicht ganz unschuldig, zu dieser Zeit war er zu einer beachtlichen Menge Geld gekommen und hatte es gut angelegt. In der Zwischenzeit war er CEO der weltweit größten privaten Raumfahrtorganisation geworden. Leider hatten sie noch keine einzige Rakete gestartet, aber das war auch nicht ihre Absicht. Stattdessen warb er die besten Wissenschaftler ab und stellte sie selbst an, gab ihnen große finanzielle Mittel und viele Freiheiten.

Seitdem hatten sie revolutionäre Technologien entwickelt. Zu den wichtigsten gehörten wohl die Fusionskraftwerke. Auf der Erde war kaum noch ein fossiles oder kernspaltungsbasiertes Kraftwerk zum Einsatz. Denn die neuartigen Energieerzeuger waren sauberer, sicherer und kostengünstiger. Zudem waren sie mittlerweile miniaturisiert worden, so passten sie auch in jedes herkömmliche Fahrzeug. Es gab fast kein Auto oder Schiff mehr, welches fossile Brennstoffe verlangte. Aufwändige Akkutechnologien waren überflüssig geworden, ein Mini-Fusionskraftwerk konnte mit einer Materialaufladung mehrere Jahre Energie liefern. Selbst die neue Raumstation TSS, kurz für Terran Space Station, deckte ihren Bedarf mit eben jenen Kraftwerken. Sie war mit zweien bestückt, die unabhängig voneinander liefen und redundant aufgebaut waren. Die Sicherheit der Raumfahrer war damit gewährleistet. Da an der TSS mehrere Nationen beteiligt waren, bekamen die Unternehmen, welche die Aufträge durchführten einige Vergütungen. Aus dem Verkauf der Meiler finanzierte Kemps SpaceCorp die weiteren Forschungen. Die wichtigste war wohl das eben vom Wissenschaftler erwähnte Gravitationstriebwerk.

Bereits vor drei Jahren hatten sie, so hofften sie zumindest, die Geheimnisse der Gravitation entschlüsselt. Durch Manipulation der Quanten war es möglich geworden, an einem gewünschten Ort die Schwerkraft drastisch zu ändern. In den ersten Monaten nach der Entdeckung dieser Möglichkeiten waren die Forschung in alle Richtungen gedriftet. Die Raumstation wurde dadurch mit künstlicher Schwerkraft ausgestattet und einigen Tiefseebooten wurde es damit möglich den umgebenden Druck zu verringern. So war auch die Forschung auf dem Planeten wieder in den Fokus gerutscht.

Eine Entwicklung jedoch hatte Thorsten schockiert. Einige Staaten hatten die friedliche Forschung für ihre Zwecke missbraucht und Waffen auf ihrer Basis entwickelt. Sie töteten, indem sie entweder ganze Bereiche mit extrem hoher Schwerkraft ausstatteten oder einzelne Gegner mit kleinen ‚Schwerkraftkugeln‘ beschossen. Der Vergleich war etwas weit hergeholt, aber er stimmte. In wenigen Millimetern Umkreis wurde die Schwerkraft drastisch erhöht und der menschliche Körper dadurch regelrecht zerfetzt. Es war grauenhaft gewesen, in einigen Ländern hatten bürgerkriegsähnliche Handlungen ein Ausmaß angenommen, dass nicht mehr unter Kontrolle zu bekommen war.

Damals kam eine weitere Entwicklung zum Tragen. In Zusammenarbeit mit anderen Firmen hatte SpaceCorp Energieschirme entwickelt, die viele herkömmliche und moderne Waffen aufhielten. Selbst neu entwickelte Strahlenwaffen, Waffen, die mit reiner Energie arbeiteten hatten keine Chance. Innerhalb von Wochen wurden die zivilen Gebiete in Kriegsregionen mit diesen Schutzschirmen ausgestattet und die Truppen so aufgehalten. Auf Betreiben von Hilfsorganisationen wurden die Geräte miniaturisiert und konnten jetzt am Mann getragen werden. Ärzte und Hilfskräfte konnten so geschützt werden. Die kriegstreibenden Staaten wollten diese Technologie ebenfalls für sich haben, doch alle beteiligten Firmen blieben hart. Für militärische Zwecke war sie nicht gedacht, sondern für den Fortschritt der Menschheit als Ganzes.

So kam eines zum anderen. Und jetzt saßen sie hier. Kemp nickte schließlich und ging zum nächsten Tagesordnungspunkt über.

*

Die Forscher und Ingenieure hatten Wort gehalten. Innerhalb von sieben Wochen war der Gleiter fertiggestellt. Es war ein Prototyp, ausgestattet mit Energieschirmen, künstlicher Schwerkraft und vor allem Gravitationsantrieb. Der neuartige Antrieb erlaubte es dem Gefährt ohne zusätzliche Treibstoffe vom Planeten abzuheben und auch wieder zu landen. Ein integriertes Fusionskraftwerk stellte die benötigte Energie zur Verfügung. Gemeinsam mit drei Ingenieuren und einigen hochrangigen Politikern ging Thorsten um das Schiff herum.

»Und hier sehen Sie die Ausbuchtungen des Gravitationsantriebs. Einige Teile müssen außerhalb des eigentlichen Rumpfes angebracht sein, damit die Schwerkraftblase gezielt erzeugt werden kann…« Thorsten hörte weg. Er kannte diesen Vortrag zur Genüge, hatte ihn bereits mehrmals gehört. Diese Vorführung war für die Politiker. Er selbst schaute verträumt zu dem Gleiter. Noch am selben Tag sollte ein Testflug ins All stattfinden. Einmal TSS und zurück, natürlich mit Zwischenaufenthalt. Selbstlos hatte Thorsten sich bereit erklärt, diesen Flug durchzuführen. Schließlich war er derjenige, der die Forschung in Auftrag gegeben hat und er konnte von niemandem verlangen, dass er oder sie sich in Gefahr begaben. Er musste grinsen. Selbstlos…

Eine Stunde später saß er in der Kanzel. Zum Schutz trug er einen Raumanzug der neuesten Generation, nicht sehr viel anders als ein herkömmlicher Trainingsanzug. Die Aggregate waren in einem Gürtel verstaut, darunter ein kleiner Schirmfeldgenerator und ein Gerät zur Lebenserhaltung. Mit dem erzeugten Sauerstoff würde er im Falle des Falles mehrere Stunden überleben können. Die Flugroute war so angelegt, dass er maximal eine Stunde mit dem kleinen verbauten Gravitationsantrieb bis zur TSS benötigte.

»Letzter Systemcheck«, sprach er gerade in das Mikrofon, welches ihn per Funk mit der Flugüberwachung verband. »Reaktor– OK. Lebenserhaltung – OK. Schutzschirme – OK. Radarortung – OK. Antrieb – Grünes Licht. Alle Systeme laufen innerhalb der Parameter. Erbitte Starterlaubnis« Er lehnte sich zurück und wartete. Im Zentrum der Flugüberwachung musste jetzt hektischer Betrieb herrschen. Sein Flug war nicht aufregend, aber die Vereinten Nationen mussten informiert, der Luftraum freigehalten werden und vieles mehr. Seine Aufgabe würde gleich erst richtig anfangen. Dann würde er in den Weltraum vorstoßen und…

»GENESIS, Sie haben Starterlaubnis!«, krächzte es im Kopfhörer des Funkgerätes. Thorsten wurde aus seinen Gedanken gerissen, fing sich aber schnell wieder.

»Danke. Ich gebe den Kurs ein und starte den Countdown. Abheben in… zehn Sekunden!« Auf seinem Display leuchtete der Countdown auf und zählte herunter. Als die Ziffern alle auf 0 sprangen, drehte der Generator auf Hochtouren. Thorsten löste die Arretierung des Steuerknüppels und zog ihn hoch.

Das Schiff hob gemächlich vom Boden ab. Der Diskus mit 25 Metern Durchmesser gewann an Höhe, immer schneller und verschwand senkrecht im Himmel. Der Kurs war so bemessen, dass Thorsten die TSS quasi nicht verfehlen konnte. Sofern alles funktionierte. Und er wollte die Sicherungssysteme testen. Also zog er am Steuer und änderte den Kurs.

Plötzlich sprangen einige Warnsymbole an. Das System erkannte die Abweichung vom vorher programmierten Kurs und versuchte gegenzusteuern. Thorsten grinste, tippte einige Überrangbefehle ein und umging so die Automatik. Es dauerte keine zwei Sekunden, da knackte es in seinem Funkgerät.

»Hier Bodenkontrolle. GENESIS, ist alles in Ordnung bei Ihnen? Die Systeme melden eine Fehlfunktion.« Jetzt musste Thorsten lachen. Fehlfunktion… So nannte man das also heute.

»Alles in Ordnung. Ich habe die Steuerautomatik umgangen, um die Systeme vernünftig testen zu können. Die Sicherungen wollten mich wieder auf Kurs zurückbringen, da habe ich sie ausgeschaltet.« Der Ohrhörer blieb leise. Kurz prüfte er die Daten zur aktuellen Flugposition und überschlug im Kopf, dass die Signallaufzeit nicht das Problem sein konnte.

»GENESIS, wir raten dringend von diesem Vorgehen ab« Aha, da kam die Antwort.

»Bodenkontrolle, es ist alles in Ordnung. Ich befinde mich gleich im freien All, da sind die Sicherungssysteme ohnehin nicht mehr notwendig«

»Okay. Wir vermerken das in den Logs. Guten Flug. Melden Sie sich bei der TSS, sobald sie sich zum Andocken bereit machen«

»Danke. GENESIS Ende« Jetzt konnte der Spaß erst richtig losgehen. Er griff nach beiden Steuerknüppeln, erhöhte den Energieoutput des Antriebs und zog die Front des Gleiters nach oben. Vom definitionsmäßigen Weltraum trennten ihn nunmehr 80 Kilometer. Bei der aktuellen Geschwindigkeit würde er die Grenze in 12 Sekunden übertreten. Damit flog er langsamer als die alten Apollo-Kapseln beim Wiedereintritt in die Erdatmosphäre. Im Gegensatz zu den Astronauten von damals merkte er von den entstehenden Kräften nichts. Der Andruckabsorber funktionierte einwandfrei. Er projizierte ein Schwerkraftfeld ins Innere des Schiffes, das den entstehenden Beschleunigungskräften entgegenstand und für eine normale Erdschwerkraft sorgte. Einen untrainierten Körper ohne Druckanzug hätten die entstehenden Kräfte binnen Sekunden zerquetscht.

Thorsten richtete den Blick von den Kontrollen auf, als er in den Weltraum vorstieß. Der späte Nachmittag und seine nicht hundertprozentig gerade Flugbahn sorgten dafür, dass die Sonne hinter dem Diskus verschwand. Fast übergangslos sah er auf die Sterne, die nun vor ihm auftauchten. Es war wunderschön und ergreifend. Plötzlich kam er sich ganz klein vor. Von neun Milliarden Menschen auf dem Planeten Terra war es nicht vielen vergönnt ihn zu verlassen. Und jetzt gehörte er auch dazu. Die Probleme, die Kriege, alles das lag hinter ihm. Und vor ihm eine schier endlose Weite mit vielen Welten wie die, die er soeben verlassen hatte. Doch jetzt war es an der Zeit, den Test fortzuführen. Er prüfte kurz das Radar und zog sein kleines Schiff dann auf Kurs.

»Terran Space Station, hier spricht die GENESIS. Erbitte Erlaubnis zum Andocken«

*

Der Jubel war riesig, als Thorsten Kemp zwei Stunden später die GENESIS auf der Erde wieder verließ. Er wurde von den führenden Wissenschaftlern empfangen, dazu hochrangige Vertreter verschiedener Regierungen, der vereinten Nationen und natürlich die unvermeidbaren Journalisten. Die Wissenschaftler beglückwünschten ihn zu dem gelungenen Flug und machten sich sofort über die mitgebrachten Sensordaten her. Sie würden helfen, das Schiff weiter zu verbessern, es sicherer und vor allem serienreif zu machen.

Thorsten hingegen war die nächsten Stunden beschäftigt. Er musste Interviews geben, sprach mit Geldgebern und Politikern, ließ sich feiern und stellte sich den Kritikern. Denn auch diese gab es, die meinten, dass die Menschheit auf ihrem Planeten bleiben sollte. Zugegeben, er dachte teilweise dasselbe. Wenn er sich überlegte, wie manche Menschen mit Terra umgangen, dann wollte er keinen anderen Planeten in ihre Hände legen. Aber es gab auch Menschen, die woanders ein besseres Leben haben könnten. Und das wollte er ihnen nicht verwehren. Doch ein anderer Planet, und besonders einer, der potenziell lebensfähig war, stand noch in ferner Zukunft. Jetzt einmal, stand ihnen das Sonnensystem offen. Denn der neue Antrieb war noch lange nicht ausgelastet. Das Solsystem wollte erkundet werden.

Kapitel 2

Fünf Jahre später stand Thorsten am Fenster seines Büros und sah auf Frankfurt herab. Er hatte einen perfekten Blick auf den Flughafen. Dort waren in den letzten Jahren noch zwei Start- und Landebahnen hinzugekommen, sodass jetzt insgesamt sieben Rollfelder zur Verfügung standen. Die beiden neuen waren insgesamt sehr kurz, denn sie wurden nicht mehr von klassischen Jets benutzt, sondern von Großraumgleitern der GENESIS-Klasse. Sie boten weniger Platz, waren dafür schneller. Benötigte man vor einigen Jahren noch mehrere Stunden für einen Flug nach Tokio, so war man jetzt nur noch eine halbe Stunde unterwegs. Auch die anderen Startbahnen wurden nur noch selten von Jets benutzt, der weltweite Flugverkehr wurde mittlerweile zum größten Teil nur noch mit modernen Gleitern bedient. Gerade flog wieder ein Gleiter an seinem Büro vorbei und stieg in die Höhe. Er würde auf dem Dach landen, dort war ebenfalls ein kleiner Landeplatz eingerichtet. Während er an seinem Kaffee nippte, klingelte sein Telefon. Er nahm das Gespräch mit seinem Headset an.

»Sir…«, meldete sich der Gesprächspartner ohne Umschweife. Thorsten hatte sich immer noch nicht daran gewöhnt, mit ‚Sir‘ angesprochen zu werden, aber immerhin flippte er nicht mehr sofort aus, wenn das passierte. »…könnten Sie bitte in Konferenzraum sieben kommen? Wir haben eine interessante Entdeckung gemacht«

Jetzt konnte Thorsten die Stimme auch einordnen. Es war Dr. Jaden Reed, US-Amerikaner und einer seiner führenden Physiker. Wenn er sagte, dass sie etwas Interessantes gefunden haben, dann war das auch so. »In Ordnung, ich mache mich sofort auf den Weg.« Er nippte noch einmal am Kaffee, stellte ihn zur Seite und ging in Richtung des Aufzugs.

»Wir waren gerade im Anflug auf den Asteroiden Makharadze, um zu überprüfen, ob es Rohstoffe gibt, bei denen es sich lohnt, sie abzubauen« Ja, das war etwas, womit sein Unternehmen hauptsächlich Geld verdiente. Neben den regelmäßigen Transporten zur Raumstation und dem Aufbau weiterer beuteten sie auch die Asteroiden des Hauptgürtels aus. Viele Rohstoffe, die auf Terra nur unter schwerster Arbeit abgebaut werden konnten, flogen dort herum. Die Asteroiden wurden kleingeschossen und dann mit großen Raumcontainern abtransportiert. Natürlich lohnte es sich nicht, jedes Steinstück einzusammeln, deswegen hatten seine Wissenschaftler einen Scanner entwickelt, der es möglich machte, in kurzer Zeit einzuschätzen, aus welchen Elementen der Asteroid bestand. Der Nachteil war die Reichweite. Noch immer musste man auf etwa 10.000 Kilometer herankommen. Doch mit den Gleitern war das kein Problem.

»Hier, sehen Sie sich diese Daten an.« Reed projizierte einige Kurven auf den großen Bildschirm. Thorsten erkannte eine Elementanalyse. Die Kurve zeigte hohe Anteile von Eisen, Silizium und Gold, dazu noch einige andere Elemente, bei denen es sich ebenfalls lohnte sie abzubauen. Aber da war noch etwas anderes. Am Rand des Spektrums gab es einen großen Ausschlag. Er deutete darauf.

»Ist das ein Messfehler?«, fragte er. Reed schüttelte den Kopf.

»Wir haben mehrmals nachgemessen. Die Werte sind gesichert. Wir haben ein neues Element gefunden, weit außerhalb des Periodensystems. Und was noch viel besser ist…« Er grinste und griff in einen Koffer hinter sich. Es war ein Standard-Probenbehälter. »Wir haben einige Proben mitgebracht. Keine Sorge«, setzte er an, als er die erschrockenen Gesichter der umstehenden Menschen sah. »Wir haben alle Werte gemessen. Bei einem Element mit einer derartig hohen Ordnungszahl würde man normalerweise Radioaktivität erwarten, aber die Probe ist dahingehend fast tot. Selbst die normale Hintergrundstrahlung ist gefährlicher« Er öffnete den Koffer und holte einen faustgroßen, matt-weißen Kristall heraus. Zumindest sah es aus wie ein Kristall. Oder doch eher wie ein Stein? Kemp konnte sich nicht entscheiden. Die Probe wies augenscheinlich Eigenarten beider Elementformen auf.

»Wir würden gerne weitergehende Tests machen, die wir im All nicht durchführen konnten. Eine komplette Spektralanalyse und vielleicht noch…« Kemp unterbrach ihn.

»Doktor, wie wäre es, wenn sie das einfach machen? Sie haben freie Hand. Also, nur, dass wir uns richtig verstehen… Davon gibt es noch mehr?« Der Doktor nickte.

»Der ganze Planetoid ist voll davon. Grob geschätzt dürften das mehrere tausend Tonnen des Materials sein. Aber was wir damit anfangen können…« Er zuckte mit den Schultern.

»Wie gesagt, finden Sie es heraus!«

*

Drei Monate später waren sie noch keinen Schritt weitergekommen. Das Material war… ungewöhnlich gewöhnlich. Genau genommen war es ziemlich nutzlos. Es war nicht sehr belastbar, auch in großen Mengen zersplitterte es unter Druck schnell in winzige Einzelteile. Es war nicht in Wasser löslich, auch auf Alkohol reagierte es nicht. Nur in einem Gel, bestehend aus einer Mischung verschiedenster Flüssigkeiten löste sich das Gestein auf. Wobei Auflösen zu viel des Guten war. Das Material wurde abgetragen und hinterließ die winzigen Splitter, wie unter Druck. Allerdings war dies die einzige Flüssigkeit, von der es sich beeindrucken ließ. Kemp, Reed und einige andere Wissenschaftler standen im Labor um eine Probe des Elements herum und rauften sich die Haare. Es war einer der seltenen Momente, in denen Kemp sich selbst einen Laborkittel anzog. Er war zwar kein Wissenschaftler, hatte in den letzten Jahren aber genug Erfahrungen gesammelt, um möglicherweise doch nützlich zu sein.

»Haben sie es schon einmal unter Strom gesetzt?« Er sah fragend in die Runde. Die Männer und Frauen nickten.

»Natürlich. Das war einer der ersten Tests, die wir durchgeführt haben« Reed zog einige Messergebnisse aus einem Stapel Papier. »Die Reaktion war gleich null. Das Material ist nichtleitend, nicht einmal unter den üblichen Bedingungen, auf die Halbleiter reagieren. Egal, ob wir es erhitzen oder abkühlen, das Ergebnis bleibt dasselbe«

»Und… Haben Sie das gelöste Material getestet?«