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Ein Spiel mit dem Feuer Kalifornien, 1980er: Detective Tom Shepard kehrt in seine Heimatstadt Laguna Beach zurück, um den Dämonen seiner Vergangenheit zu entkommen. Doch statt der ersehnten Ruhe bekommt er es in der Provinz gleich mit zwei brutalen Mordfällen zu tun: Zwei Männer, mit Terpentin übergossen und bis aufs Unerkenntliche verbrannt. Seine Ermittlungen führen ihn weit in die Vergangenheit – und zu seiner eigenen Familie: Alles macht den Anschein, als könnte sein Vater, der allseits populäre Reverend Wade, in den Fall verwickelt sein. Shepard muss den echten »Feuerkiller« finden – nur so kann er die Unschuld seines Vaters beweisen. Doch selbst als er die schreckliche Wahrheit erfährt, ist die Gefahr noch längst nicht vorbei … »›Feuerkiller‹ wird im Gedächtnis bleiben, lange nachdem alle Puzzleteile endlich an ihrem Platz sind.«―The Washington Post. Der gefeierte Debutroman des Bestsellerautors, der es auch als Film (»Laguna Heat«) auf die internationalen Leinwände schaffte. Für Fans von Harlan Coben und Michael Connelly.
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Seitenzahl: 485
Veröffentlichungsjahr: 2025
Kalifornien, 1980er: Detective Tom Shepard kehrt in seine Heimatstadt Laguna Beach zurück, um den Dämonen seiner Vergangenheit zu entkommen. Doch statt der ersehnten Ruhe bekommt er es in der Provinz gleich mit zwei brutalen Mordfällen zu tun: Zwei Männer, mit Terpentin übergossen und bis aufs Unerkenntliche verbrannt. Seine Ermittlungen führen ihn weit in die Vergangenheit – und zu seiner eigenen Familie: Alles macht den Anschein, als könnte sein Vater, der allseits populäre Reverend Wade, in den Fall verwickelt sein. Shepard muss den echten »Feuerkiller« finden – nur so kann er die Unschuld seines Vaters beweisen. Doch selbst als er die schreckliche Wahrheit erfährt, ist die Gefahr noch längst nicht vorbei …
eBook-Neuausgabe Oktober 2025
Die amerikanische Originalausgabe erschien erstmals 1985 unter dem Originaltitel »Laguna Heat« bei St. Martin’s Press, New York
Copyright © der amerikanischen Originalausgabe 1985 by T. Jefferson Parker
Copyright © der deutschen Erstausgabe 1987 by Wilhelm Goldmann Verlag, München
Copyright © der Neuausgabe dotbooks GmbH, München
Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.
Titelbildgestaltung: Nele Schütz Design unter Verwendung von Shutterstock/Pixiels Park und AdobeStock/Lucianadtudio
eBook-Herstellung: dotbooks GmbH unter Verwendung von IGP (fe)
ISBN 978-3-69076-363-9
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T. Jefferson Parker
Kriminalroman
Aus dem Amerikanischen von W.M. Riegel
Für Robert und Caroline, für ihr Vertrauen,
und für Lori, für ihre Geduld
Es war ein vollkommener Morgen in einer Stadt, in der jeder Morgen vollkommen ist. Ein Künstler hätte ihn als Sujet verwenden, ein Gott hätte von ihm zum Bleiben verleitet werden können.
Das Kabriolett fuhr langsamer, als es sich den Ställen näherte, und holperte dann von der Straße auf den Schotterweg. Die Scheinwerferlichter tanzten hin und her. In ihrem Lichtstrahl wirbelte der Staub auf. Schottersteine ploppten unter den Reifen wie brutzelndes Fett in der Pfanne.
Der Fahrer, obwohl üblicherweise ein Frühaufsteher, war bis vor einigen Augenblicken noch nicht recht wach gewesen – bis zu dem Moment, als ihm ein Rehkitz über den Weg gelaufen war. Er hatte das Steuerrad herumgerissen und in erstarrter Panik zugesehen, wie das Tier wie gelähmt auf seinen dürren Beinen stehen blieb und vom Scheinwerferlicht gebannt war. Aber das Geräusch eines Zusammenstoßes blieb aus. Im Rückspiegel sah der Fahrer, wie etwas schemenhaft unter einer Krüppel-Eiche neben der Straße verschwand. Sein Name war Tom Shephard, er war Kriminalbeamter und das neue und einzige Mitglied der Mordkommission von Laguna Beach. Shephard folgte dem breiten Schotterweg an einer Koppel vorbei. Er schaltete die Scheinwerfer aus und stellte den Motor ab, als drei Gestalten schemenhaft in dem Dämmerlicht des frühen Morgens vor ihm auftauchten. Im Osten kündigte ein orangener Lichtschein die Sonne an, im Westen begann der schwarze Himmel ins Graue aufzuweichen. Nur noch kurze Zeit, und die Sonne würde hinter dem höchsten Hügel hervorkommen und sich dann der Stadt ankündigen, die sich an die Pazifikküste schmiegte, jetzt aber noch schlief.
Er fuhr den Mustang unter einige Eukalyptusbäume. Das wilde, scharfe Aroma der Bäume umfing ihn, als er ausstieg und die Tür zuschlug. Ein Baumblatt, das wie ein Komet aussah, trudelte in den Kofferraum, während er dort seine Taschenlampe suchte. Er fand sie in einer Box mit Lappen und Wagenpolitur. Als er den Kofferraumdeckel schloß, begann eine Spottdrossel ihren Morgengesang. Dieser begleitete ihn den ganzen Weg bis zu den drei Gestalten, die dort noch immer mit gesenkten Köpfen standen, aber die Kegel ihrer Taschenlampen nach vorne gerichtet hielten.
Am Boden lag über einer kleinen Erhebung eine Decke. Shephard erkannte seine Polizeikollegen an ihrer Erscheinung. Rechts, das war unübersehbar der sagenhafte Umfang von Sergeant Grimes. Links, das war das fast schulterlose schlottrige Gestell von Carl Pavlik, des Polizeispurensicherers. Zwischen ihnen stand Lydia Worth mit ihren beachtlichen Kurven, welche auch die Dienstuniform nicht verbarg. Sie stand am weitesten abseits von der Decke und ergriff als erste das Wort.
»Ich fand ihn hier auf dem Weg, als ich wenden wollte, um zur Stadt zurückzufahren«, berichtete sie. »Die Tür des Hauses stand offen.« Sie hob ihre Taschenlampe und wanderte mit deren schwachem Lichtstrahl über das Haus und dann zur offenen Tür. »Ich weiß nicht, ob es Tim ist. Aber das Haus und der Stall gehören ihm.«
Shephard kniete nieder und zog die Decke etwas zur Seite. Er hatte die Maske des Todes in vielerlei Form und Ausdruck gesehen. Hundert Gesichter, hundert Tode; hundert Gelegenheiten, sich innerlich auf den nächsten einzustellen. Aber auch Tausende hätten ihn nicht auf diesen hier vorbereiten können. Seine Knie wurden weich, er ließ die Decke wieder fallen und stand auf.
»Na, was halten Sie davon?« fragte Grimes und leuchtete hart und grob in Shephards Gesicht. »Das ist ja wohl Ihr erster Mord in Laguna? Wir wollten Sie eben nicht eigens aus Los Angeles hierherkommen und in dem Glauben lassen, dies hier sei einfach so ein ruhiges kleines Städtchen.«
Shephard nahm ihm die Taschenlampe aus der Hand, schaltete sie aus und gab sie Grimes zurück. Er fragte Lydia mit einer Stimme, die ihm selbst fremd und anonym vorkam: »Kehren Sie hier üblicherweise immer um?«
»Erst seit letzter Woche. Ich traf Tim in der Stadt, und er bat mich, einmal die Woche nachts bei ihm vorbeizuschauen. Bis dahin fuhr ich immer eine halbe Meile von hier auf der Straße.« Selbst in dem rötlichen Widerschein der aufgehenden Sonne auf der einen Seite ihres Gesichts konnte Shephard erkennen, daß Lydia Worth bleich und erschüttert aussah.
»Und warum wollte Tim das?« fragte er. Das Licht der Scheinwerfer weckte doch das Haus auf, und das Autogeräusch mußte die Pferde erschrecken. Pferde? dachte er. Er hatte nicht eines gesehen. Er warf einen kurzen Blick über die Pfähle der leeren Koppel.
»Er fürchtete Landstreicher.«
»Sperren Sie doch bitte oben an der Straße die Zufahrt. Und zwar beide Richtungen. Grimes, helfen Sie ihr.« Shephard fand Gefallen daran, Grimes Befehle zu erteilen. Der rührte sich aber nicht.
»Meinen Sie, Shephard, daß Sie den Fall mit Ihrer tollen Großstadtroutine lösen?«
»Wenn einem Könner wie Sie assistieren, Jerry, kann nichts schief gehen.«
Grimes unterdrückte einen Grunzer, der alsbald in einem phlegmatischen Raucherhusten unterging. Shephard bot ihm eine Zigarette an, aber Grimes setzte seinen Wanst in Richtung Straße in Bewegung und spuckte aus. »Leute wie ich schießen jedenfalls keine Kinder nieder«, brummte er.
Shephard schluckte die Beleidigung ohne Kommentar. Er blickte wieder auf die Decke hinunter und steckte sich die Zigarette selbst an, irgendwie in dem Glauben, der Rauch halte die Todeskeime der Leiche von ihm ab, so wie er die Pest oder Mücken fernhält. Auf jeden Fall beruhigte das sein Gewissen, und außerdem war Rauchen besser als gar kein Frühstück. Der Rauch wehte über seinen Kopf und vermischte sich mit dem Eukalyptusgeruch, der dadurch fast angenehm wurde. Neben ihm wickelte Pavlik einen aromatisch riechenden Kaugummi aus dem Silberpapier und schob ihn sich in den Mund. Weintraubengeschmack, fast eine Pavlik-Erkennungsmarke. Er faltete das Papier ordentlich wieder zusammen und steckte es in die Tasche. »Lieber Carl«, sagte Shephard, »herzlichen Glückwunsch zum 25. August.«
»Morgen, Tom. Gestern sagte mein Horoskop, daß Fragezeichen am Horizont stehen. Da hast du sie, alle zusammen!« Pavlik schob sich mit seinem dünnen Zeigefinger die Brille nach oben. Er war ein schmächtiger Mann mit glattem schwarzem Haar. Sein Blick war immer so, als sei er gerade eben aufgestanden. Allein seine Augen paßten nicht zu seiner allgemeinen Erscheinung von Hinfälligkeit. Wach und lebendig wanderte ihr Blick über Shephards Gesicht und wandte sich wieder dem Boden vor ihnen zu.
»Na, dann wollen wir doch mal sehen, was wir ihnen antworten können, deinen Fragezeichen«, antwortete Shephard. Er hob die Decke wieder und sah noch einmal in das schwarze und zerschundene Gesicht. Es war versengt und deshalb völlig haarlos. Die Wangen und die Kehle waren aufgebläht wie die eines Ochsenfrosches mitten im Quaken. Aus der Stirn ragte ein geschwärzter Steinbrocken. Dann bemerkte er den scharf abgegrenzten, aber deutlichen Geruch. Verbranntes Fleisch, dachte er. Süßlich und ekelerregend. Er zog die Decke ganz beiseite. Der Körper war auf obszöne Art ebenso zugerichtet wie das Gesicht: die Brust eine aufgedunsene Ansammlung von Wunden, Leib und Genitalien mit Blasen übersät, Beine und Arme voller Brandgeschwüre. Alles, was auf Kleidungsstücke hindeutete, waren die Brandreste rund um die Leiche und der festgezurrte Ledergürtel, der noch immer stramm um seine Hüfte lag. Die große ovale Gürtelschnalle hatte sich in das Fleisch eingeschmolzen. Allein die bloßen Fußsohlen waren unversehrt.
Shephard bemerkte, daß er kaum atmete. Er erhob sich, stieß die Luft aus und nahm einen tiefen Zug aus seiner Zigarette. Gefühl von Schwummrigkeit, Kloß von Übelkeit im Magen. Er sah, wie Lydia Worth ein Sperrschild aus dem Kofferraum des Streifenwagens holte. Grimes stand daneben und sah zu.
»Fotografier’s, Carlos«, sagte er. Pavlik hielt aber die Kamera ohnehin schon in der Hand. Er setzte das Blitzgerät auf, stellte die Kamera ein und begann. Zwischen jeder Aufnahme schien die Leiche ihre Lage zu verändern. Shephard mochte nicht mehr zusehen, er drehte sich um und beobachtete die aufsteigende Sonne, die eben von dem Hügel in zwei Teile gespalten wurde. Er bemerkte, daß die Drossel noch immer fröhlich sang, unbeeindruckt von dem, was unter ihr zu sehen war. Pavlik fotografierte die 36 Bilder seines Films fast in einem Zug herunter. Shephard winkte ihn mit seiner Kamera weg und beugte sich wieder nach unten.
Er arbeitete sorgfältig, aber rasch, bog den Kopf der Leiche zurück, drückte den Mund auf und steckte zwei Finger hinein. Er zog ein grünweißes Papierknäuel heraus. Dann noch eines, und noch eines. Am Schluß waren es sechs, und noch immer steckten weitere unerreichbar tief im Schlund. Pavlik hielt schon eine Plastiktüte bereit. In diese legte Shephard die Knäuel. Den letzten behielt er. Er war so groß wie ein Golfball, aber viel leichter. Shephard stand auf und dröselte ihn auseinander. Pavlik sah neugierig hinter seiner Brille zu.
Geldscheine. Zwei Hunderter, zwei Fünfziger, zwei Zwanziger.
»340 Dollar«, sagte Pavlik, der Genauigkeitsfanatiker. Shephard wanderte mit dem Finger über die Banknote und deutete im Schein seiner Lampe auf die roten und blauen Haare. Dann schob er sie ebenfalls in die Tüte. Der Spurensicherer klatschte sie so hastig zu, als könnte das Geld einen Fluchtversuch unternehmen. Shephard sah wieder nach unten.
Offenstehender Mund. Aus der Stirn ragt wie ein Tumor ein Steinbrocken heraus. Dieses Gesicht lange zu betrachten, war unmöglich. Shephard warf stattdessen einen Blick auf seine Uhr.
Eine Meile im Westen hörte er die Brandungswellen am Badestrand, oder vielleicht waren es auch die vorbeibrausenden Autos auf der Küstenautobahn. Die frühe Morgenluft schmeckte frisch. Der Mann lag hingestreckt da, Arme und Beine standen ab, als hätte man ihn von oben heruntergeworfen. Shephard folgte dieser imaginären Fall-Linie vom Himmel zur Leiche am Boden. Die linke Hand lag offen und entspannt da, die rechte aber war sogar noch im Tod fest zur Faust zusammengepreßt. Shephard drückte sie auf, während Pavlik ein Stück weißes Papier darunterschob. Aus der weiß und unversengt gebliebenen Handfläche fiel eine kleine Handvoll Haare zu Boden. Pavlik sammelte sie sofort ein. »Hübsch«, sagte er.
»Erstaunlich«, bestätigte Shephard und faltete die Decke auseinander, um die Leiche zu bedecken. Pavlik streckte noch einmal die Hand aus und hob ein abgebranntes Streichholz vom Boden neben dem Kopf der Leiche auf.
Einige Augenblicke vertieften sich beide Männer in die Suche nach eventuellen weiteren Streichhölzern. Es war ihnen wie eine willkommene Ablenkung von dem direkten Anblick der gräßlich verstümmelten Leiche. Als sie nichts weiter fanden, erhoben sie sich schweigend und folgten den Fußspuren zum Haus. Im weichen Lehm vor der Veranda wurden diese deutlicher und tiefer. Als sich Shephard mit der Taschenlampe zu ihnen hinunterbeugte, sah er, daß eine der Spuren von einem Barfüßigen stammte. Sie begann kurz vor den Verandastufen – in der Entfernung eines kurzen Sprungs, schätzte er –, setzte sich auf strauchelnde, ungeordnete Weise fort und endete an der Leiche. Eine andere Spur zeigte die Merkmale von Cowboystiefeln: tiefer Absatzeindruck, breite Ballen, schmale Zehen. Der rechte Absatz zeigte einen fast V-förmigen Knick. Diese Spur folgte der barfüßigen bis zum halben Weg zur Leiche, scherte dann in den Kies aus und kehrte auf dem normalen Boden wieder, aber nicht hinter, sondern vor der Leiche. Shephard bemerkte auch noch andere Spuren. Sie waren älter und von diesen hier übertreten.
»Mach mir von den neuen Spuren Fotos, Carl. Und nimm sie dann ab. Sieh zu, daß du eine gute Großaufnahme von dem rechten Stiefel bekommst.«
»Warum rannte er um ihn herum; um Tim von vorne zu kriegen?« fragte Pavlik nachdenklich.
Richtige Überlegung, dachte Shephard. Tim – wenn es denn Tim war – war offenbar nicht von seinem Mörder weg-, sondern in ihn hineingerannt. Sofern der arme Teufel nicht schon mit von dem Steinbrocken gespaltenem Schädel den ganzen Weg von der Veranda dorthin gerannt war.
Shephard ging durch die offene Haustür und kam in ein ordentlich aufgeräumtes, im Cowboystil ausgestattetes Wohnzimmer. Das Licht brannte. Zwei Winchesterbüchsen hingen gekreuzt über dem Kamin, in der Mitte des Holzbodens lag ein Navajo-Teppich, die Fenstervorhänge waren aus Plaid, der Kaffeetisch aus solider Eiche. Eine Wand war getäfelt und über und über mit Fotos und Pferdegemälden bedeckt. An der gegenüberliegenden standen Bücherregale, Pflanzen und ein kleiner Fernseher. Gleich neben dem Kamin lag ein hoher, aber sauber geordneter Stapel der Rennzeitung. Ein paar weitere Exemplare davon lagen auf dem Kaffeetisch vor der ledernen Couch. Shephard sah sich die Daten an: 21. und 28. Juli, 4. und 11. August. Pferdenarr. Pferdewettennarr, dachte er. Warum aber war die Koppel draußen leer?
Auf dem Tisch standen auch noch zwei Whiskygläser und eine halbvolle Flasche Jack Daniels. Er schnupperte daran. Schmeckten beide nach Alkohol. Licht an, Drinks eingeschenkt: ein früher Morgentrunk mit einem Freund?
Aufgeschlagen, Seiten nach unten, lag auf dem Boden neben dem Tisch auch eine Bibel. Shephard hob sie mit spitzen Fingern auf und legte sie auf die Couch. Sie war abgegriffen, aber immer noch lesbar. Das Gold der Lettern Heilige Schrift war aus der Ledereinprägung längst verschwunden, der Einband schon recht locker, aber alle Seiten noch vorhanden. Die erste Seite zierte ein phantasievoll verschnörkelter Rahmen, in dem die Worte standen: »Geschenk für«, gefolgt von drei Linien, auf die aber nichts geschrieben war. Von einem verwischten Stempel war nur noch zu lesen:
DIES BIB EIG DE
FO TAT I N
Die folgende Titelseite war mit einer Farbtafel illustriert, unter der »Jesus und die Kinder« stand. In hellroter Schrift stand unter dem Titel Heilige Schrift ein eng und sauber geschriebener Spruch:
Lügner brennen, und
Kleine Lügner brennen zuerst
Shephard spürte eine ferne Welle quer durch seine Brust laufen, als er das noch einmal las. Dann wurde es dunkler im Raum. Pavlik stand in der Tür, und das Sonnenlicht zeichnete die Silhouette seiner schlottrigen Figur scharf nach. An seiner Hand baumelte seine ständige Begleiterin: seine Instrumententasche. Er stellte sie heftig auf dem Holzboden ab. »Riegles Leute werden in zwanzig Minuten da sein und die Leiche abholen. Willst du mir beim Einstauben helfen?«
»Jeder soll das tun, was er am besten kann, Carl. Ich sehe mich mal im Haus um. Staube das Buch auf der Couch als erstes ein. Wenn du keine Fingerabdrücke entdeckst, nehme ich es mit.«
»Grimes hat dich wohl auf die Palme gebracht? Er haßt Neue. Auch ein Weg, aufzufallen.«
»Genau, lieber Carl. Eine auffällige Erscheinung.«
»Das gibt sich. Er hat keine blasse Ahnung, wie das Polizistenleben in Los Angeles ist. Ich kenne es, und ich habe keinerlei Sehnsucht dorthin zurück.«
Ich auch nicht, dachte Shephard auf dem Weg durch den kurzen Korridor. Dort hing ein mannshoher Spiegel. Er blieb stehen und betrachtete sich darin – eine Gewohnheit, die weniger Eitelkeit war als Neugier: Wer bin ich? Aus jedem Spiegel schien eine andere Geschichte zu sehen. Nur die Einzelheiten waren die gleichen: hochgewachsener, hagerer Körper, gerade Schultern, braunes Haar, ein Gesicht mit harten Falten, nur gemildert von dem schlaffen Schnurrbart, der so perfekt zu seinem Gesicht paßte, als sei dieses schon mit ihm auf die Welt gekommen.
Der erste Raum hinter dem Flur war eine Schlafkammer. Sie ließ eine Leidenschaft für Symmetrie erkennen: Das Bett in der Mitte, flankiert von zwei gleichen Nachttischen mit zwei gleichen Lampen, ein eingerahmtes Poster eines galoppierenden Pferdes auf der Mitte der Wand, kleinere Bilder genau einander gegenüber vor und hinter dem Bett, gleiches Pferd, gleiches Bild. Nichts in dem Zimmer, bemerkte er, wies darauf hin, daß es hier eine Frau gegeben hätte. Es war geradezu fanatisch sauber. Und ebenso fanatisch unbewohnt. Shephard konstatierte das Bedürfnis dieses Junggesellen nach Ordnung.
Das große Schlafzimmer am Ende des Hauptraumes war von ähnlicher Art. Auf dem Nachttisch zwei Bilder, eines zeigte einen Mann und eine Frau, das andere denselben Mann und dieselbe Frau, aber mit einem kleinen Mädchen zwischen sich. Ein ausgesprochen kaltes Zimmer. Das Bett war gemacht. Wegen des frühen Morgentrunks mit einem Freund, den er erwartet hatte? Oder war er einfach daran gewöhnt, schon vor Sonnenaufgang aufzustehen und sein Bett zu machen?
Im Wohnzimmer krabbelte Pavlik auf Händen und Knien herum und drückte fast seine Nase an ein Whiskyglas. Mit der einen Hand strich er es mit einem Pinsel vorsichtig mit weißem Pulver ein, immer mit konzentrischen Bewegungen nach außen. Mit der anderen hielt er ein Blatt schwarzes Bauzeichnungspapier hinter das Glas. Er trug dünne weiße Gummihandschuhe, und sein Gesicht, registrierte Shephard, hatte kaum mehr Farbe. Er richtete sich auf, holte tief Luft. »Nichts Besonderes«, sagte er. »Auf dem Buch ist nichts. Das Leder ist zu alt und porös. Die kleine Notiz auf der Titelseite ist allerdings interessant.«
Shephard steckte das Buch in seine Manteltasche und ging hinaus. Die Morgenluft wurde schon warm, und der Berufsverkehr auf der Laguna Canyon-Straße nach Norden hatte sich merklich verdichtet. Er sah, wie der Wagen des Leichenbeschauers langsam auf Lydia Worths Streifenwagen zurollte und dort anhielt. Grimes lehnte an diesem und paffte eine Zigarre. Als er Shephard auf sich zukommen sah, nebelte er sich in eine blaue Rauchwolke ein. Noch bevor diese sich ganz verzogen hatte, waren zwei weitere Streifenwagen aufgetaucht. Und ihnen folgte der weiße Chevy-Viertürer des Pressesprechers der Polizei. Der Chevy fuhr geräuschlos heran, und Pinkus von der Public Relations Abteilung stieg aus. Daß er ziemlich spät dran war, machte er durch amtliches Gehabe wett. Shephard baute sich vor Grimes und dessen aufgeblasenem Bulldoggengesicht auf. »Grimes, Sie nehmen die Häuser westlich. Lydia, Sie nehmen die Häuser in Richtung Osten. Wecken Sie die Leute auf und fragen Sie sie, ob sie irgendetwas gesehen oder gehört haben.«
Grimes brummte wieder etwas und stemmte sich vom Streifenwagen ab. Lydia nahm die Zigarette, die ihr Shephard anbot, und zündete sie mit noch immer zitternder Hand an. »Ich bin so etwas nicht gewöhnt, wissen Sie«, sagte sie und lächelte matt. »Vor fünf Tagen habe ich noch mit Tim Algernon gesprochen. Und jetzt könnte ich nicht einmal sicher sagen, daß er das ist, so wie er zugerichtet ist. Der Tim Algernon aber, den ich kenne, lebte allein und hat eine Tochter in der Stadt. Jane heißt sie. Diesen Reitstall hier besitzt er schon ziemlich lange. Er vermietete Pferde für Ausflüge in die Berge. Letzte Woche erzählte er mir, daß er sich jetzt endlich zur Ruhe gesetzt und alle Pferde bis auf eines verkauft habe. Seine Lieblingsstute.«
Droben am anderen Ende des Schotterweges, wo die Ein- und Ausfahrt für die Pferdetransportautos war, sah sich Shephard nach frischen Reifenspuren um. Aber der Kies war ziemlich glatt, und die wenigen schwachen Fahrspuren konnten auch schon eine Woche alt sein – oder nur eine Stunde.
Vor der Scheune entdeckte er wieder diese Stiefelspur. Die Fußspur führte in die offene Scheunentür hinein und auch wieder heraus. Shephard betrat die Scheune. Eine helle Birne brannte oben unter dem Dach, etwa in der Mitte des Ganges mit den Stallboxen zu beiden Seiten. Es roch nach Heu und Pferdedung. Dieser Geruch, dachte er, hatte sich längst in die Balken eingefressen und würde nie mehr weichen. Die Stille hier wurde nur gestört von den vorbeizischenden Autos drüben auf der Autostraße von Laguna Canyon. Er bemerkte, daß die Namensschilder der einzelnen Boxen erst vor kurzem entfernt worden waren. An diesen Stellen war die Farbe noch frischer, und auch die Schraubenlöcher bewiesen es. Er hat seine sentimentalen Erinnerungen abgenommen, dachte Shephard. Genau wie ich selbst, als ich nach der Scheidung Louises Fotos von der Wand nahm. Nur das Namensschild an der ersten Box war noch vorhanden: BECKY. Die Lieblingsstute, kein Zweifel.
Shephard bemerkte, daß auch die Zaumzeugwand leer war. Kompletter Ausverkauf, dachte er. Aber er müßte doch zumindest einen Sattel, ein Zaumzeug, ein Geschirr für Becky behalten haben? Aber er fand in der Scheune nicht die Spur von einem Sattelzeug.
Wieder draußen, blendete ihn die leuchtende Morgensonne. Er ging den Stiefelabdrücken weiter nach. Sie führten hinauf zur Koppel. Dort hielt er an einer Mulde weichen Lehms unter einem Pfefferbaum an und fand, was er suchte. Der rechte Fußabdruck zeigte wieder den geknickten Absatz.
Er kehrte zur Leiche zurück und starrte auf sie hinunter. Er spürte fast körperlich diese Grenze zwischen den Lebendigen und den Toten. Er fühlte sich unbehaglich und fehl am Platze, wie ein Tourist in einem Land, dessen Sprache und Gebräuche ihm fremd sind.
Von seinem Standort aus sah er den Weg der Fußspur von der Scheune zur Koppel. Sie endete an dem jetzt offenstehenden Tor, wo sie von den tieferen Spuren der Hufe zertreten war. Becky, dachte er, die Altersversorgung eines Cowboys im Ruhestand. Das Tier hatte einen großen Bogen um den toten Mann herum gemacht, vermutlich verschreckt von den Flammen, und war dann auf eine Böschung hinter dem Haus galoppiert. Die Hufe hatten dort tiefe Eindrücke hinterlassen. Von dort war es hinunter zu einem Bachbett gelaufen, das der heiße Sommer zu lediglich noch feuchtem Schlick ausgetrocknet hatte. Während die Sonne immer heißer in seinen Nacken brannte und die Mücken ihm in den Ohren sirrten, folgte er dieser Spur bis hinauf auf das gegenüberliegende Ufer. Dort verschwand sie unter einem Eichenstand. Und da stand, keine zwanzig Meter entfernt, tatsächlich das gesattelte Pferd. Es sah dem Mann ruhig entgegen.
Die Büros des Leichenbeschauers von Orange County befinden sich in einem schäbigen Haus in Santa Ana. Der Stellvertreter des ärztlichen Leichenbeschauers stellte sich als Glen Yee vor. Er führte Shephard den langen, nach Klinik aussehenden und riechenden Flur hinunter bis zu einem Eingang mit Doppeltüren. »Shephard aus Los Angeles?« fragte er nebenbei. Er war klein, pingelig gekleidet und sah leicht orientalisch aus.
»Richtig«, entgegnete Shephard kurz und zwang sich zu dem erwarteten verbindlichen Ton.
»War ziemlich unfair, wie die Presse Sie bei Ihrer Arbeit behandelt hat. Aber willkommen in Orange County. Ich bin hier aufgewachsen, nicht weit von Disneyland. Als ich zehn war, war dies hier noch eine ruhige Gegend, in der es nur Orangenbäume und politisch Konservative gab. Aber das hat sich geändert. Ich finde es beispielsweise bemerkenswert, daß nicht weniger als sechs von den zehn Hingerichteten seit der Wiedereinführung der Todesstrafe hier in Orange County aufgewachsen sind. Das heißt, wir sind eine toll moderne Gegend mit toll modernen Problemen.« Er warf Shephard einen besorgten Blick zu. »Aber jetzt haben wir die modernen gerichtsmedizinischen Einrichtungen, um sie zu lösen.« Shephard entging ein gewisser Stolz in dieser Bemerkung nicht. »Wir haben das hier erst vor einem Jahr gebaut. Früher haben wir unsere Leichen an verschiedene Ortsfriedhöfe ›verkauft‹, sozusagen. Unsere Leichenbeschauer mußten dafür quasi Klinken putzen. Für hundert Dollar pro Stück, das läpperte sich ganz schön zusammen.«
»Wieviel hat das hier denn gekostet?«
»Um die zwölf Millionen. Aber auf lange Sicht zahlt es sich aus. Offen gesagt, der ›Quincy‹-Erfolg hat uns da zum Durchbruch verholfen. Das hier, zum Beispiel, ist eine tolle Sache.« Yee hielt etwa zwei Meter vor der Doppeltür an und tippte mit der Fußspitze auf eine schmale schwarze Linie. Sofort öffnete sich die Tür und blieb offen. »Das elektrische Auge befindet sich exakt in der Entfernung eines Leichentragekastens. Die einzige Tür in der ganzen Gegend, die darauf eingerichtet ist, sich durch Tote öffnen zu lassen.« Er lächelte. Shephard zündete sich kommentarlos eine Zigarette an und ging hinein.
Weiße Fliesen, Formaldehydgeruch, gefaltete Leintücher, graue Füße. Die Leichen lagen ordentlich an einer Wand entlang aufgereiht. An der anderen Wand gegenüber arbeiteten Assistenten eifrig auf einer Art langer Theke. Vier grelle Lampen hingen in Abständen von der Decke über den vier Tischen, auf denen seziert wurde. Yee führte Shephard an den ersten drei vorbei. Die Körper waren von der Blutleere bereits zu blassem Grau entstellt. Die Brustkörbe waren geöffnet. Hier wurde mit fabrikmäßiger Routine gearbeitet. Die Leichen machten so auf Shephard eher den Eindruck von Puppen als von Menschen. Yee blieb am letzten Tisch stehen, der noch bedeckt war, und nahm das dort liegende Brett mit dem Personalbogen zur Hand.
»Tim Algernon, Alter 64, männlich, kaukasisch. Die Verifizierung durch das Gebiß war einfach, weil der Name bekannt war und es nicht viele Zahnärzte hier in Laguna Beach gibt. Er war bis vor fünf Stunden völlig gesund. Etwa gegen sechs Uhr morgens trat der Tod ein infolge einer massiven Gehirnblutung, verursacht durch das Eindringen eines Fremdkörpers durch die vordere Schädeldecke. Der Fremdkörper wurde identifiziert als ein Gesteinsbrocken aus einer Basaltformation. Aber darüber kann Ihnen Robbins genauere Auskunft geben. Nach meiner Ansicht kann ein Sturz, nicht einmal einer infolge Bewußtlosigkeit, nicht die Ursache für das Eindringen in der vorliegenden Weise sein. Ich glaube nicht einmal, daß es bei einem Steinbrocken dieser Größe durch einen Wurf möglich wäre. Kurz, ich meine, daß dem Toten von jemandem buchstäblich das Gehirn herausgeschlagen wurde. Möchten Sie’s sehen?«
»Jetzt nicht, später.«
Die Umrisse des Kopfes unter dem Tuch waren nicht klar zu erkennen. Yee ließ das Blatt wieder los. »Die Leiche ist zu siebzig Prozent durch Verbrennungen dritten Grades versehrt«, fuhr er fort und unterbrach sich, um sich mit einer Hand durch sein schwarzes Haar zu fahren. »Genau gesagt, der gesamte Körper, soweit er keine Bodenberührung hatte, also mit Ausnahme der Fußsohlen. Fragen Sie auch dazu Robbins, der kennt sich mit Verbrennungen aus. Ich meinerseits weiß nur, daß Algernon selbst dieses Feuer trug. Das heißt also, es wurde Brennstoff benutzt. Menschenhaut ist natürlich sowohl porös wie brandresistent, was übrigens, nebenbei gesagt, auch auf die meisten grünen Pflanzen zutrifft. Mit Resistenz meine ich, daß sich Flammen auf ihr nicht von selbst ausbreiten.« Er unterbrach seinen Monolog, um jemandem auf der anderen Seite zuzuwinken. Shephard sah hinüber und erblickte eine hübsche blonde Frau, die ihre Hände gerade wieder in einer Leiche vergrub. »Nun haben wir hier aber etwas wirklich Interessantes gefunden, Detective. In der Speiseröhre unterhalb der Rachenmandeln fanden sich vier Fremdkörper aus US-Banknoten. Es handelte sich um insgesamt 22 Einzelscheine im Gesamtwert von 990 Dollar. Der Zustand der Geldscheine deutet darauf hin, daß er sie kurz vor seinem Tod ›aß‹, oder gezwungen wurde, sie zu essen. Seltsame Geschichte.« Er legte das Brett zurück und verschränkte die Arme. Seine schwarzen Augenbrauen zogen sich nachdenklich zusammen.
»Wieviel Alkohol hatte er getrunken?«
Yees Gesicht überflog ein Hauch von Betroffenheit. »Einen Blutalkoholtest haben wir allerdings nicht gemacht. Im Allgemeinen–«
»Seien Sie so nett, und holen Sie das nach. Auch sonstiger Mageninhalt interessiert mich.«
»Kommen Sie noch mal vorbei, nachdem Sie bei Robbins waren. Bis dahin habe ich diese Werte dann.« Er gab ihm mit einem Lächeln die Hand.
»Danke, Doktor. Ihr neuer Laden ist beeindruckend.«
»Willkommen in Orange County, wie gesagt. Ich hoffe, hier werden Sie besser behandelt als in Los Angeles.«
Besser behandelt, dachte Shephard, als er die Treppen zum Labor hinaufstieg. Das klang, als wäre er von einer Klinik in eine andere überwiesen worden. In seinem Gehirn blitzte das Gesicht von Morris Mumford auf, verschwand aber gleich wieder.
Der Gerichtsmediziner Ken Robbins war der glatte Gegensatz zu der orientalischen Präzision Yees. Er blickte Shephard aus trüben, rotgeränderten Augen an und wischte sich erst einmal die Brille an seinem schmutzigen Laborkittel ab. Er hatte einen großen, massiven, kantigen Kopf, auf dem eine Menge graues Haar wirr wucherte. Statt Korrektheit war ein Hauch von Wildwest um ihn.
»Ziemlicher Scheiß, mein lieber Shephard«, sagte er. »Sind Sie der Sohn von dem Prediger?«
»Stimmt.«
»Der Bursche, der sich diesen kleinen Totschlag hier ausgedacht hat, war an unserem lieben Jesulein wenig interessiert, sage ich Ihnen.« Shephard dachte: die Bibel in meiner Manteltasche spricht eigentlich dagegen. Aber es war nicht der Moment, darauf hinzuweisen. Robbins schüttelte Shephards Hand mit seiner mächtigen Pranke.
»Welcher Brennstoff wurde verwendet?« fragte Shephard.
»Kennen Sie sich mit Verbrennungen aus?«
»Ein wenig.«
»Der Brennstoff war Terpentin. In reichlicher Menge. Sie haben ja wahrscheinlich gesehen, daß er von oben bis unten angesengt war, auf der Vorderseite. Weil Fleisch ja nicht von allein brennt, verwendete unser Mann eben das Terpentin. Nicht schlecht ausgedacht. Es ist billig, leicht zu kriegen und brennt wie’s Höllenfeuer.«
»Schöner Vergleich«, sagte Shephard. »Terpentin wird für Farben und Lacke verwendet. Wofür noch?«
»Keine Ahnung, Shephard. Ich kenne mich mit Leichen aus und warum sie so aussehen, wie sie aussehen. In diesem Fall zum Beispiel weiß ich, daß dieser Algernon an 630 Gramm Basaltstein starb, die in seinen Kopf gehauen wurden. Da liegt er.« Robbins deutete mit dem Kopf auf den dreieckigen Stein auf dem Tisch neben einem Mikroskop. Der Brocken war faustgroß, scharfkantig und unauffällig.
»Ist er typisch für die Gegend hier?«
»Laut Literatur, ja. Ausgespuckt von alten Vulkanen, und von Erdbeben und Triften herumtransportiert. Aber Stein ist Stein. Hingegen könnten die Haare, die Sie zur Untersuchung gegeben haben, eine Goldmine sein.« Robbins deutete auf das Mikroskop und schaltete es an. Shephard beugte sich hinunter und stellte die Schärfe ein. In der Vergrößerung sahen die Haare wie Stücke von Baumstämmen aus, samt Rinde. Zwei solcher Baumstämme waren in der linken Bildhälfte zu sehen, in der rechten zeigte sich ein fetter Ring, der aussah wie eines dieser ringförmigen Gummibonbons. »Links haben Sie zwei Haare von denen, die Sie mir schickten. Rechts sehen Sie einen Querschnitt eines dritten. Das runde Zentrum zeigt, daß es ein glattes Haar ist. Ein ovales Zentrum würde auf gekräuseltes Haar hindeuten. Wegen der Beleuchtung erkennt man es jetzt nicht, aber es sind grauschwarze Haare. Bleiben Sie mal noch bei den Haaren links, ich hole sie noch näher ran, und Sie sagen mir, was Ihnen auffällt.«
Shephard beobachtete, wie sich das Präparat im Mikroskop noch dreimal vergrößerte. Dessen blaßrotes Aussehen wurde dabei noch fahler, je stärker die Vergrößerung wurde. »Sie werden größer«, meinte er.
»Lassen Sie doch den Quatsch. Was noch?«
»Buckel. Kleine Buckel darauf.«
»Wissen Sie, was die bedeuten? Tokopherolazetat. Besser bekannt als Vitamin E. Wenn Sie gutes Haarspray verwenden, haben Sie diese Buckel wahrscheinlich auch. Das ist das Entscheidende: nicht jeder kriegt sie. Haben Sie diese Haare von einem Verdächtigen?«
»Sofern Algernon sich nicht die eigenen Haare ausgerissen hat, ja.«
»In diesem Fall ist Ihr Mann alt genug, um graue Haare zu haben, und damit meine ich nicht nur eine Strähne oder zwei. Die ursprüngliche Farbe war schwarz, nicht braun. Tiefschwarz. Die Eiweißanalyse sagt eindeutig: kaukasisch. Blutgruppe 0. Und er verwendet einen Haarfestiger oder so etwas, der Tokopherolazetat enthält.«
»Das heißt, eine teure Marke«, merkte Shephard an. Er erinnerte sich, daß die Beschreibung der Inhaltsstoffe auf seinem eher billigen Haarspray schon eine ziemliche Latte war. Und das ohne Vitamin E.
»Und billige Leute kaufen ohnehin keine Haarfestiger. Weiter.« Robbins nahm das Präparat heraus und legte ein anderes ein. Er verringerte die Vergrößerung wieder. Shephard besah sich den einzelnen Baumstamm, den er jetzt erblickte. Er war dicker, dunkler und viel glatter als die anderen vorhin. Das eine Ende lief in einer fast perfekten Spitze aus, das andere war glatt durchgeschnitten. In der Mitte war der Baumstamm ausgefranst.
»Was Sie da sehen, ist ein Kamelhaar, ob Sie’s glauben oder nicht.« Shephard sah einen kurzen und unsinnigen Moment lang den Mörder auf einem Kamel heranreiten. »Es war mitten unter den Menschenhaaren. Zuerst dachte ich an eine Haarbürste. Aber dafür ist es viel zu dünn.«
»Und warum das zugespitzte Ende?«
»Eben, das frage ich mich auch. Ich dachte daran, daß es aus einer Sportjacke oder einem Pullover herausgezogen sein könnte.«
Shephard stellte die stärkere Vergrößerung ein und sah das Haar wachsen. Wieder Buckel. »Aber wer sprüht eine Jacke mit Haarspray ein?«
»Was?«
Shephard beugte sich zurück und ließ Robbins durch das Mikroskop schauen.
»Das gibt’s nicht. Ich kam bei dem gar nicht auf die Idee, es so hochzuziehen.« Robbins schüttelte verwundert den Kopf. »Das gibt’s nicht.« Er überlegte. »Dann gibt’s das aber auch nicht.« Er wechselte das Präparat noch einmal gegen ein anderes. Shephard sah durch und erblickte verwundert eine wunderschöne Blauschliere, dunkel und satt wie Lapislazuli. »Sieht aus wie ein Edelstein«, sagte er.
»Es ist ein Kobaltklümpchen«, verbesserte Robbins.
Shephard sah sich den hellen Schein von Blau noch einmal an. »Ist das radioaktiv?«
»Wenn Sie mir eine Stunde Zeit lassen, sage ich es Ihnen.«
»Wie kommt das in das Haar eines Mannes?«
»Das rauszufinden, lieber Freund, ist Ihr Job. Vielleicht benutzt er Nuklearshampoos? Ich grabe die Funde nur aus. Ihre Arbeit ist es herauszufinden, was Sie mit ihnen anfangen können. Ich arbeite noch an dem Material seines Hemdes und an dem Schmutz unter seinen Fingernägeln und an noch so ein paar Details. Viel, woran man sich halten kann, läßt Feuer freilich nicht übrig.«
»Ein Anfang ist es immerhin. Der Mörder reitet auf einem haargesprayten Kamel und wäscht sein Haar mit Kobalt. Das kommt doch jeden Tag vor.«
Robbins zuckte mit den Schultern und geleitete Shephard zur Tür. »Grüßen Sie Ihren Vater von mir. Wir waren oft zusammen, als wir beide unten in Laguna noch Polizisten waren. Seit er im Seelenrettergeschäft ist, habe ich ihn nicht mehr gesehen, aber schlechter wird der Job auch nicht sein, als den ganzen Tag auf Leichen zu starren. Wiedersehen, Shephard. Scheißberuf.«
Yee war gerade dabei, eine Handvoll von irgendwas in eine Waagschale bei Tim Algernons Leiche zu streuen, als Shephard ins Leichenschauhaus zurückkam. Die Waage bewegte sich sanft, als das Etwas auf sie fiel.
»Blutalkohol Nullkommazwei«, stellte Yee fest. »Das gilt in diesem Staat hier bereits als Trunkenheit. Wir haben noch zwei Unzen unverdauten Whiskys in seinem Magen gefunden. Nach meiner Schätzung trank er den letzten Schluck höchstens fünfzehn Minuten vor seinem Tod.«
Shephard beobachtete, wie sich die Skala der Waage bei einem Pfund vier Unzen einpendelte. »Wie ist das mit dem Geld in seiner Kehle? War es genug, daß er erstickte?«
»O ja. Genau das ist ja passiert.«
»Kann man Laute von sich geben, wenn man am Ersticken ist? Irgendwas, das laut genug ist, die Nachbarn aufzuwecken?«
»Sie meinen Schreie. Nein. Ich fürchte, dieses Geld da erschwert Ihnen die Suche nach einem Motiv. Warum sollte irgendwer jemandem, den er umbringt, auch noch tausend Dollar in den Rachen stopfen, wenn er sie in die eigene Tasche stecken kann?«
Shephard wandte sich nach einem kurzen Blick auf Yee den Doppeltüren zu. Eigentlich keine dumme Frage, dachte er. Genau die gleiche Frage, die er sich selbst seit sechs Stunden zu beantworten versuchte. Selbst noch ohne brauchbare Antwort, blieb er beim vielleicht Wahrscheinlichsten: »Vielleicht waren sie beide voll bis oben.«
Yee schüttelte den Kopf und leerte den Inhalt der Waagenschüssel mit der Routine eines Hausmeisters aus.
Zurück auf dem Revier, zog Shephard die Bibel aus seiner Manteltasche und legte sie vor sich auf den Schreibtisch. Die Handschrift verriet Korrektheit und Ruhe: Lügner brennen, und kleine Lügner brennen zuerst. Noch einmal studierte er den unvollständigen, verschmierten Stempel.
DIES BIB EIG DE
FO TAT I N
Diese Bibel ist Eigentum der/des ... von wem? Shephard gab der Telefonzentrale Anweisung, alle Anrufe der Presse selbst zu erledigen und holte sich das Telefonbuch auf den Tisch. Er beschloß, mit dem besten Hotel zu beginnen, auf der Basis der Theorie, daß, wer es sich leisten kann, über tausend Dollar dranzugeben, sich auch das beste Hotel der Stadt leisten kann, und daß jemand, der nur zu Fuß ist, auch eine Unterkunft braucht. Wie vorherzusehen, war das Surf and Sand schon seit letztem Monat ausgebucht, und das Martinique und das Hotel California ebenso. Das Laguna Hotel berichtete einen einzigen neuen Gast am gleichen Morgen, nämlich einen »jungen Mann mit schöner Sonnenbräune«. Im Whaler’s Inn war eine Familie um neun Uhr angekommen, »Vollpensions-Touristas«, wie der Mann am Empfang sagte. Flauer Montagsbetrieb also.
Shephard telefonierte sich weiter durch das gesamte Hotelverzeichnis, einschließlich der Motels, und am Ende war er ohne Erfolg beim miesesten Haus am Platze angekommen: dem San Sebastian. Er erinnerte sich an dieses Haus aus Seiner Jugendzeit als den Ort, wo die drittklassigen Mitglieder der »Brotherhood« abstiegen, jene Geld-und-Stoff-suchenden Opportunisten, die sich in deren letzten Tagen Timothy Learys Organisation bemächtigt hatten. Der Besitzer, ein gewisser James Hylkama, sagte, daß am Morgen ein Mann ohne Gepäck »um die Sechzig« bei ihm abgestiegen sei. Er hatte seinen Namen als William Hodges aus Fresno angegeben und für drei Tage im Voraus bezahlt. Sieben, kalkulierte Shephard, das könnte genau die richtige Zeit für jemanden sein, der mit einem Pferd von der Laguna Canyon-Straße bis zum Stadtrand kam und dann zu Fuß zum Sebastian ging.
Sein Telefon summte. Chief Darrel »Pete« Hannover rief ihn mit sanfter Stimme in sein Büro. Er saß breit hinter seinem Eichenschreibtisch, Ellbogen aufgestützt, Hände gefaltet, als Shephard eintrat. Wie üblich trug er einen Anzug mit Weste, der eher nach Geschäftsmann als nach Vertreter der öffentlichen Ordnung aussah und eher nach Aktivität als nach der höflichen Trägheit, die Hannovers Markenzeichen war. Er war bekannt als guter Verwalter in einer Abteilung, in der wenig zu verwalten war, und als guter Redner, der selten etwas zu sagen hatte. Er forderte Shephard auf, sich zu setzen und bot ihm eine Zigarette an.
»Wie ich Ihnen seinerzeit schon sagte, als Sie hier anfingen, Shephard, habe ich das Prinzip, mich nicht in die Ermittlungen und die Arbeit meiner Leute einzumischen. Laguna Beach hat eine durchschnittliche Kapitalverbrechen-Rate von Nullkommafünf, was also einen Mord alle zwei Jahre bedeutet. Dieser hier ist der erste in diesem Jahr, allerdings der mit Abstand abscheulichste, den ich in meinen ganzen dreißig Jahren im Dienst der Stadt erlebt habe.« Er trug einen demonstrativ ernsten Gesichtsausdruck zur Schau. »Ich will gar nicht wissen, welche Verdachtsspuren Sie verfolgen, welche Spuren Sie haben oder welche Theorien. Profis arbeiten am besten, wenn man sie in Ruhe läßt. Ich möchte lediglich die tägliche Versicherung – für den Bürgermeister und für mich selbst-, daß Sie tun, was möglich ist, um einen Verdächtigen zu verhaften. Habe ich diese?«
»Selbstverständlich. Alles, was möglich ist.« Shephard nahm einen tiefen Zug aus der Zigarette und bedauerte sofort, daß er sowohl das Frühstück als auch das Mittagessen ausgelassen hatte. Der eine Zug verursachte ihm Schwindel.
»Wissen Sie, Shephard, wie ich an Laguna Beach gerne denken möchte? Und ich bin ganz sicher, daß die Stadträte und die Handelskammer mir da zustimmen. Ich möchte an unsere Stadt gerne als eine hübsche kleine Stadt denken, in die die Leute friedlich kommen, um ihr Geld auszugeben. Eine Touristenstadt ist nur so gut wie ihr Image. Das Einzige, was noch schlechter für sie sein könnte als ein Mord, wäre ein Riesenhai, der am Badestrand Surfer auffrißt. Sie erinnern sich doch an Der weiße Hai?«
»Guter Film.«
»Meine liebste Stelle darin war die Szene mit der Erzählung im Boot. Die vergessene Kunst des Malens mit Worten. Aber das gehört natürlich nicht hierher. Meine Gedanken heute sind vielmehr auf das Hauptproblem konzentriert, Shephard. Ich möchte lediglich, daß Sie wissen: ich bin auf Ihrer Seite und verlasse mich auf Sie. Und ich möchte, daß Sie sich Ihrerseits auf mich verlassen und auf mich zählen. Was immer die Leute über Ihren Vater und seine frühere Verbindung zu dieser Abteilung reden, ich versichere Ihnen, daß ich Sie wegen Ihrer Fähigkeiten eingestellt habe, nicht wegen irgendwelcher Gefühle. Waren Sie nicht der jüngste Kriminalbeamte in Los Angeles?«
»Ja.«
»Und Sie haben doch ein ganzes Paket Auszeichnungen und lobende Erwähnungen vor der ... bewußten Geschichte bekommen?«
»Ja, Sir. Vor der – bewußten Geschichte.«
»Und genau diese Art Arbeit erwarte ich auch hier von Ihnen, Shephard. Das wäre alles. Sie können jetzt gehen. Übrigens, wie geht es Wade Shephard denn so? Ich habe seine Predigt am Fernsehen letzte Woche gesehen.«
»Es geht ihm gut, Chef.«
»Grüßen Sie ihn von mir, Tom. Au revoir.«
Shephard fuhr in seinem Mustang durch den zähflüssigen Verkehr am Küsten-Highway in Richtung Süden zum Hotel Sebastian. An einer Fußgängerkreuzung mußte er anhalten. Während er auf Grün wartete, betrachtete Shephard das Wasser und den Himmel, das unaufhörliche Flanieren von Frauen mit hübschen Beinen an den Geschäften der Straße entlang. Die liebe Heimatstadt hat sich nicht sehr verändert, dachte er. Aber beim Anblick seines eigenen Spiegelbildes im Rückspiegel wurde ihm klar, daß sich dennoch viel verändert hatte; nämlich er selbst. Das Haar war schon dünner geworden, das Gesicht schon lange nicht mehr das eines Jünglings. Die Augen waren ruhiger und nicht mehr so begierig und unstet. Vor zehn Jahren war er hier auf der gleichen Straße mit dem gleichen Wagen gefahren, hatte möglicherweise die gleichen Geschäfte und die gleichen Touristen gesehen, aber das Gefühl war nicht mehr das gleiche. Mit zwanzig hatte er Laguna verlassen, um die Polizeiakademie in Los Angeles zu besuchen, und hatte dann auch zwölf Jahre in L. A. gearbeitet. Jetzt war er zurück, ohne die Frau, die er mitgebracht hatte, ohne die Illusionen eines einfachen Lebens. Der Kreis hat sich geschlossen, dachte er. Aus der Vaterstadt hinaus und wieder zurück. Er fühlte sich nicht eigentlich desillusioniert. Nur nichtillusioniert, allenfalls. Er war nach Laguna zurückgekommen, um neu anzufangen. Heute morgen noch hatte er sich unter der Dusche vorgenommen, neu anzufangen. War es zum hundertstenmal gewesen?
Das Hotel Sebastian hatte sich nicht verändert, soviel stand fest. Er sah die schäbigen gelben Mauern auf dem Hügel an der Landseite. Eine baufällige Bude. Man wußte nie, ob sie nicht im nächsten Augenblick zusammenfallen würde. Noch immer gab es die windige Treppe, die sich im Zickzack von der Straße aus zum Eingang hinaufwand. Und das verblichene Schild verkündete immer noch, daß das Hotel Sebastian das »Juwel am Pazifik« sei.
Shephard fuhr nach links in die Serra Street, die steile Anhöhe hinauf, und bog in den Hotelhof ein. Der erste Bungalow rechts trug ein Schild mit der Aufschrift: MANAGER: JAMES HYLKAMA. Er parkte auf einem freien Platz neben dem Parkplatz des Managers. Der Kies im Hof war von der Sonne gebleicht und mit Ölflecken übersät. Einige Eukalyptusbäume erhoben sich über die flachen Bungalows, die in Hufeisenform gebaut waren. Shephard registrierte, wie schäbig die Tische und Stühle im Hof vor dem Managerbungalow waren, als er dort anklopfte. Der Mann, der ihm öffnete, sah aus wie Mickey Rooney. »Ja, was ist?« fragte er. Seine Stimme war tief und klar. Shephard zeigte seine Marke her, und das öffnete ihm die Tür. Drinnen war es hell und sauber. Es roch nach Speck. Eine kräftige Frau war an einem Bügelbrett mit den Falten eines weißen Hemdes beschäftigt. Sie sah auf und lächelte ihm zu, sagte aber nichts. Der Manager sagte: »Ich bin Jimmy Hylkama. Das ist Dorothy. Was kann ich für Sie tun?«
»Ich habe vor einer Stunde angerufen, wegen William Hodges. Ich möchte zu ihm.« Der Speckgeruch erinnerte ihn an das Frühstück, das er nicht gehabt hatte.
»Scheint ein gefragter Bursche zu sein, dieser Hodges«, meinte Hylkama. Er kratzte sich an seinem schon kahl werdenden Kopf. »Um sieben kam er an, und um neun war schon ein alter Freund bei ihm. Und jetzt Sie. Das Problem ist nur, daß er gar nicht mehr da ist.«
»Ein alter Freund kam zu ihm?« fragte Shephard.
Hylkama schmückte die Geschichte weiter mit Theatralik aus. Seine kurze und dicke Hand schien ein Eigenleben zu beginnen, ging auf und ab, hin und her, flatterte wie Vogelflügel. Shephard hörte aufmerksam zu und schrieb Bemerkungen in sein kleines Notizbuch. Er brauchte nicht lange, um festzustellen, daß Hylkamas Gestikulieren nicht die Geschichten eines Lügners zudecken sollte, sondern die natürliche Begleiterscheinung eines Mannes war, der gern redete. ›Die vergessene Kunst, mit Worten zu malen ...‹: Hannover sollte dies mal sehen ...
Im Gegensatz zu dem Aufwand seiner Hände war die Erzählung des Mannes jedoch sachlich und geordnet. Kurz nach sieben hatte er heute morgen gerade gefrühstückt. Spiegeleier mit Schinken. Dot hatte es ihm zubereitet. Da klopfte es an der Tür, er hatte geöffnet, und draußen hatte »ein ältlicher Mann« gestanden; so etwa von seinem eigenen und Dots Alter, und sie beide, nebenbei, waren jetzt an die vierzig Jahre verheiratet. Er war klein gewesen, normale Gestalt, und seine Kleidung war nicht anders als die vieler – der offen gesagt Alkoholiker, welche hier bei ihm abstiegen. Grauschwarzes glattes Haar, ein bißchen lang an den Seiten. Schnurrbart und Kinnbart, beides ordentlich. Hylkamas Hand kreiste wieder herum und legte sich dann über seine Augen, als er zum nächsten Punkt kam: »Seine Augen«, sagte er. »An die erinnere ich mich. Groß wie Golfbälle und blau, wunderschön blau. Nicht, Dot?«
»Sehr schön blau, Jim, ja. Aber so groß auch wieder nicht. Ganz normal große Augen, Schatz.« Sie lächelte wieder und machte sich an dem nächsten Hemd zu schaffen. Hylkama ignorierte die Verbesserung und fuhr eifrig fort. Der Mann hatte ein Zimmer für drei Tage genommen und im Voraus bezahlt, wie es, nach Hylkamas Erklärung, im Hotel Sebastian üblich war.
»Wie hat er bezahlt?« fragte Shephard. »Die Banknoten, meine ich.«
»Zwei Zwanziger«, berichtete Hylkama. »Alte Zwanziger.« Er brachte Shephard ein altes Klemmbrett mit einer abgebrochenen Ecke und einem Bündel eingeklemmten Papiers. Der neue Gast hatte sich als William Hodges eingetragen. Die Unterschrift war sicher und fest. Auf weitere Nachfragen teilte Hylkama mit, daß, wenn er nachdachte, Hodges wohl zu Fuß gekommen sein mußte. An ein Auto oder an Gepäck erinnerte er sich nicht. Und hier im Sebastian fielen Autos durchaus auf, denn nur wenige Gäste kamen im Wagen. Hylkamas Hand mochte diesen Punkt; sie flatterte und schloß sich dann zu einer Faust mit der Bedeutung: oh, diese verdammte Armut! Jedenfalls, fuhr er dann fort, kam dann um neun, zwei Stunden später, dieser alte Freund namens Michael Stett. Aber als er ihm den Zweitschlüssel gab und Stett zu Hodges Bungalow ging, war der schon wieder fort. Hyklama beschrieb, daß seine Gäste ja meistens alle anhang- oder kontaktlos seien: »Fast alle sind an die Flasche verloren.« Und wie er sich über Stetts Ankunft deshalb gefreut habe. Wegen Hodges, natürlich. Denn dieser Stett war bestens angezogen und fuhr in einem dunkelblauen Porsche vor, der neben seinem, Hylkamas, zerbeulten Kombi »wie ein Edelstein funkelte«. Wenn dieser alte Hodges solche Freunde hat, hatte er, Hylkama, gedacht, war er nicht so schlecht dran.
»Warum wollte Stett denn den Schlüssel haben? Wenn er ein Freund war, konnte er doch einfach anklopfen?«
»Weil er ihn überraschen wollte. Er wollte nicht klopfen. Er sagte, er wollte drin sein, um dem alten Jungen ein wirklich echtes Überraschungswillkommen zu bereiten. Er schärfte mir sogar noch ein, ihm ja nicht zu sagen, daß jemand da sei, wenn Billy zurückkomme, und ihn schnell anzurufen. Und damit ich es auch nicht vergäße, gab er mir das.« Strahlend holte er mit seinen Wurstfingern einen gefalteten Hundert-Dollar-Schein aus der Tasche seines wohlgebügelten Hemdes, und dazu noch eine Visitenkarte. Die Karte, in jeder Hinsicht Standard, enthielt nur den Namen Michael Stett zusammen mit einer Telephonnummer in Newport Beach.
»Kann ich die behalten?«
»Gewiß. Mr. Stett bat darum, daß ich sein Geschenk strikt vertraulich behandle, aber für mich ist selbstverständlich oberstes Gebot, der Polizei zu helfen, wo ich nur kann. Das Hotel Sebastian legt Wert auf einen guten Ruf in dieser Stadt. Aber ich würde mir doch gern diese Nummer notieren.«
Der Mann wäre der letzte auf der Welt, dem ich ein Geheimnis anvertrauen möchte, dachte Shephard. Er steckte die Visitenkarte ein, nachdem er Hylkama die Nummer vorgelesen hatte, der sie sich in sein Meldebuch schrieb. Im Hinblick auf die Ankunft und das großzügige Geschenk des »alten Freundes« Michael Stett erwog Shephard in Gedanken mehrere Möglichkeiten, aber keine war es eigentlich wert, weiterverfolgt zu werden.
»Ich möchte gern einen Blick in den Bungalow Fünf werfen«, sagte er.
»Haben Sie einen Durchsuchungsbefehl, Mr. Shephard?« Hylkama sah mit einem Mal sehr ernst drein.
»Nein. Aber hätte ich einen, dann würde ich natürlich auch diesen Hunderter beschlagnahmen.« Dies bewirkte eine augenblickliche Entspannung von Jimmy Hyklamas angestrengtem Gesichtsausdruck.
»Natürlich, natürlich. Aber vergessen Sie bitte nicht, mir den Schlüssel zurückzubringen. Es ist schon mein Reserveschlüssel, denn Stett brachte den zweiten nicht zurück. Bungalow Fünf ist der letzte auf der anderen Seite.« Er hatte zum Schlüsselbrett gegriffen und Shephard den Schlüssel übergeben. »Ich nehme an, Sie wollen mich nicht informieren, was eigentlich los ist?«
»Nur Routineermittlungen, Jimmy.«
»Dachte mir, daß Sie das sagen würden. Bitte, mir ist es recht. In dem Geschäft hier lernt man, daß man besser keine Fragen stellt. Die meisten Antworten sind auch nicht besonders lustig.«
Shephard stapfte durch den Kies des Hofes hinüber auf die andere Seite zu den dortigen Bungalows und klopfte kräftig an die Tür von Nummer Fünf. Er wartete kurz, dann schob er den Schlüssel ins Schloß und drückte die Tür auf, die so dünn und hohl war, daß sie beim Schließen richtig hallte.
Seine Augen nahmen die Tatsachen wahr, aber seine Nase erfaßte die Stimmung: altes Holz, altes Bettzeug, altes Leben. Desinfektionsmittel, Stockflecken, Staub, ein leichter Waschmittelhauch, der gerade noch die Oberhand über den Modergeruch behielt. Der grüne Teppich war stark abgetreten. Die Wände waren bis zur halben Höhe fichtenholzverkleidet, und darüber klebten grüngelbe Tapeten, von denen sogar das meiste noch vorhanden war. In einer Ecke war ein Gaskocher mit verbogener Brenndüse; als wäre sie ein ausgekugelter Finger. Das Bett stand direkt an der Wand, war aber sauber gemacht. Nur in der Mitte hatte es eine Liegemulde, genau wie das Kissen.
Der andere Raum diente als Küche. Der Linoleumboden war altersbrüchig. Der Ausguß war schon gelb und abgeblättert. Die Plastikvorhänge waren zugezogen. Sie flatterten hin und her und schlugen gegen die Fensterrahmen. Shephard zog sie auseinander und sah, daß das Fenster offen war. Es hatte kein Gitter.
Im Schrank waren keine Kleidungsstücke, im Bad keine persönlichen Sachen. Ein kleines Arzneischränkchen über dem Ausguß enthielt nichts als drei rostige Borde und eine Schabe, die sich eilends in eine Spalte verflüchtigte. Die Dusche war trocken. Lediglich der Ausguß zeigte Anzeichen eines kürzlichen Gebrauchs. Es waren Wasserspritzer im Becken, und die Seife war noch, feucht. Shephard zog den Abflußstöpsel heraus und legte seinen Finger unter ihn. Der Wassertropfen, der davon auf seinem Finger blieb, war blaßrot.
Er ging in den Hauptraum zurück und setzte sich. Hodges war ordentlich, überlegte er. Stett auch. Und vermutlich haben sie nichts mit Tim Algernon zu tun. Er stand müde auf und zog ohne besondere Absicht noch eine Schublade des Nachttischs auf. Und spürte, wie sein Herzschlag schneller wurde.
In einer Ecke, ordentlich hingelegt, befand sich eine Brieftasche. Ziemlich abgewetztes Leder, vom vielen Gebrauch aufgebogen. Und daneben eine Dose Terpentin. Einsnull für Law and Order, dachte er, und sein Herz lachte.
Er nahm die Brieftasche behutsam heraus und legte sie auf den Nachttisch, faltete sie vorsichtig nur mit den Fingerspitzen auseinander und schüttelte so den Inhalt heraus. Drei Dollarscheine. Ein Führerschein. Ein Ticketheftchen. Shephard las den Führerschein: Edward Steinhelper, geboren 1921, Haare grau, Augen blau, Größe fünf Fuß neun, Gewicht 165 Pfund. Adresse: 8798 Fallbrook Street, Sacramento. So, so. Also, unser Mann hat Hylkama verscheißert, dachte er. Wer hätte das nicht? Der Mann, den das Foto zeigte, sah durchschnittlich und grimmig aus. Zu- rückgekämmtes Haar, hohe Stirn, langer, breiter Bart. Shephard starrte auf das Bild und spürte, wie sich sein Denken im Kopf in zwei berufliche Bahnen spaltete. Die eine veranlaßte ihn, das Bild, so wie es war, zu studieren und zu überlegen, was es aussagte. Die andere führte tiefer und weniger logisch in die Erinnerung zu dem Versuch, dieses Gesicht mit den vielen zu vergleichen, die er irgendwann in der Vergangenheit schon einmal gesehen hatte. Es kam nichts heraus dabei. Er wandte seine Aufmerksamkeit dem Ticketheft zu. Es trug das Datum 4. August und galt von Sacramento nach Laguna Beach. Greyhound Buslinie 52, $ 16. Abfahrt 06.30 Uhr.
Die untere Nachttischschublade war leer. Shephard nahm den Führerschein an sich und legte die Brieftasche wieder an ihren Platz zurück. Er rüttelte an der Schublade, um zu hören, ob die Terpentindose gefüllt war; sie war es.
Hylkama stand diesmal selbst am Bügelbrett, als er zurückkam. Dafür saß seine Dorothy bequem auf dem Sofa und rauchte. Shephard hatte an die Gittertür geklopft, und Dorothy ließ ihn ein. »Was gefunden?« fragte sie.
»Vielleicht. Ist das da Hodges?«
Mr. und Mrs. Hylkama besahen sich den Führerschein genau, wobei sich Dot über Jimmys Schulter beugte. Hylkama zögerte. Aber Dorothy sagte entschieden: »Ist er nicht.« Nun stimmte auch ihr James zu: »Ganz sicher nicht.«
»Und was ist mit Stett? Beschreiben Sie ihn mir, bitte.«
»Sehr großer Bursche. Sportlicher Typ, Muskeln und so. Wirklich gut angezogen. Dunkle Haare, dunkle Augen, um die Fünfundvierzig, würde ich sagen. Wie gesagt, schon komisch, daß einer wie Hodges, der ja auch eher Unterklasse ist, so einen zum Freund hat.«
»Ich werde noch einen anderen Polizisten schicken, der sich das Zimmer anschauen soll«, sagte Shephard. »Der wird Ihnen dann auch den Schlüssel zurückgeben. Besten Dank dann für Ihre Hilfe, Mr. Hylkama.«
»Nichts zu danken.« Jimmy sah etwas enttäuscht aus. »Kann ich Ihnen sonst noch Auskünfte geben? Ich helfe Ihnen wirklich gern, wenn ich kann, wie Sie sehen.«
»Nicht jetzt. Aber Sie haben mir schon mächtig geholfen, Jimbo. Mächtig.«
»Ist doch klar.« Hylkama wandte sich seiner Ehefrau zu. »Ich mach’ hier schon weiter, Dot. Nein, laß nur ...«, und er ging zum Bügelbrett, während Shephard sich entfernte.
In der Mitte des Hofes hielt er an und rekonstruierte Jimmy Hylkamas direkten unverstellten Blick auf Bungalow Fünf. Er war doch genau der Typ, dem auch nicht einer an einer Bungalowtür entging, rein oder raus, dachte er. Das gitterlose Fenster kam ihm in den Sinn. Er ging noch einmal zu den Bungalows und um die Ecke herum zur Rückseite.
Die rückwärtigen Fenster der ersten vier Bungalows hatten alle Gitter und Vorhänge. Ein unwirsches Gesicht sah ihn an, als er sich durch Mülleimer, Müll, ausrangierte Möbel, alte Reifen und alte Zeitungen arbeitete. Vor dem letzten Bungalow lag das Fenstergitter auf der Erde.
Geradezu hervorragend erhalten hatten sich in dem feuchten Boden hier die Abdrücke von Stiefeln. Sie begannen direkt unter dem Fenster und führten um den Bungalow herum. Der dreieckige Knick im rechten Absatz war unverkennbar. Shephard folgte der Spur, bis sie an der Treppe hinunter zur Küstenstraße verschwand. Hat sich vermutlich durch dieses Hinterfenster aus dem Staub gemacht, als er Stett kommen sah, dachte er. Wirklich gute Freunde.
Er ging die Treppe bis zum Bürgersteig hinunter und nach Norden bis zur nächsten Telefonzelle am Bus-Bahnhof. Er wählte Michael Stetts Nummer.
»Nullfünf-fünfnull«, meldete sich eine kurz angebundene Frauenstimme.
»Ist dort der Tidy Didy Windelservice?« fragte Shephard mit nasalem Tonfall.
»Falsch verbunden«, schnappte die Frau und hängte auf. Shephard wartete eine Minute und wählte die gleiche Nummer noch einmal. Die gleiche Frau war dran.
»Tidy Didy Windelservice?«
»Ich sagte Ihnen doch, Sir, falsch verbunden. Hier ist die South Coast Auskunftei.«
Er entschuldigte sich, rief sein Revier an und ließ nachsehen, was über Edward Steinhelper bekannt war, Fallbrook Street, Sacramento. Carl Pavlik bat er, so bald wie möglich zum Hotel Sebastian zu fahren. Pavlik war entzückt. Ein paar Minuten später wählte Shephard die Nummer der South Coast Auskunftei.
»Nullfünf-fünfnull«, sagte die Frau wieder.
»Michael Stett, bitte.«
»Worum handelt es sich?«
»Eine Erbschaftssache.«
»Mr. Stett ist nicht da. Hier ist nur die Zentrale. Wer hat sie empfohlen?«
»Man sagte mir eigentlich, daß Vertraulichkeit ...«
»Wir werden dafür bezahlt, über alle Anrufe genau Buch zu führen. Wir brauchen Ihren Namen und eine Nummer, unter der Sie erreichbar sind.«
»Randy Coax«, sagte Shephard und gab die nächste Zahl an, die der Apparat hatte, von dem aus er telefonierte.
»Ich werde Mr. Stett hinterlassen, Sie gleich nach seiner Rückkehr anzurufen.«
»Sehr freundlich«, antwortete Shephard. Aber sie hatte schon aufgehängt.
Pavlik kam zehn Minuten danach an. Er stand in der Tür des Bungalows Fünf, gebeugt von seinem Instrumentenkoffer. Mit seinem ungebügelten und schlechtsitzenden Anzug kam er Shephard wie ein versprengter Vertreter vor, der die letzte Klinke des Tages putzte.
