Feuersucher - Gottfried Schatz - E-Book

Feuersucher E-Book

Gottfried Schatz

4,6
21,99 €

oder
-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

"Feuersucher" schildert auf packende Weise, wie das Rätsel der Energieproduktion bei der Zellatmung gelöst wurde und liefert eine atmosphärische Schilderung der Forschungslandschaft im Nachkriegsösterreich und -deutschland sowie in den USA und in der Schweiz.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern

Seitenzahl: 208

Bewertungen
4,6 (16 Bewertungen)
10
6
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Inhaltsverzeichnis

Die Generation ohne Eigenschaften

Ödland

Feuerspiele

Anfänge

Feuerpilger

Unter Einwanderern

Miriam

Freunde trotz allem

Oasenjahre

Revolutionen

Das Herz der Feuermaschine

Irrlichter

Stillstand

Des Rätsels Lösung

Unter Brandstiftern und Blumenkindern

Der Sieg einer Idee

Auf der Insel der Seligen

Kämpfe in Bern

Endspiel

Bestandsaufnahme

Epilog

Dank

Anhang

1 ATP (Adenosintriphosphat)

2 Laden und Entladen der »ATP-Batterie«

3 Die beiden Membranen eines Mitochondrions

4 ATP-Bildung bei der Vergärung von Zucker zu Milchsäure

5 Mitchells Hypothese zur ATP-Bildung in Mitochondrien

6 Die beiden Arbeitsweisen des F1.Fo-Komplexes

7 Das Racker–Stoeckenius-Experiment, das Mitchells Hypothese zum Sieg verhalf

8 Die historische »Friedenserklärung« von 1977

9 Aufbau und Wirkungsweise der protonengetriebenen F1.Fo-Turbine

10 Wichtige Etappen auf dem Weg zur Enträtselung der Lebensfeuer

Index

1. Auflage 2011

 

Alle Bücher von Wiley-VCH werden sorgfältig erarbeitet. Dennoch übernehmen Autoren, Herausgeber und Verlag in keinem Fall, einschließlich des vorliegenden Werkes, für die Richtigkeit von Angaben, Hinweisen und Ratschlägen sowie für eventuelle Druckfehler irgendeine Haftung

 

Autor

 

Gottfried Schatz

Unterer Rebbergweg 33

4153 Reinach

Schweiz

 

Illustrator

 

P. Leslie Dutton

422 Curie Boulevard

Philadelphia, PA 19104-6059

USA

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über <http://dnb.d-nb.de> abrufbar.

© 2011 Wiley-VCH Verlag & Co. KGaA, Boschstr. 12, 69469 Weinheim, Germany

Alle Rechte, insbesondere die der Übersetzung in andere Sprachen, vorbehalten. Kein Teil dieses Buches darf ohne schriftliche Genehmigung des Verlages in irgendeiner Form – durch Photokopie, Mikroverfilmung oder irgendein anderes Verfahren – reproduziert oder in eine von Maschinen, insbesondere von Datenverarbeitungsmaschinen, verwendbare Sprache übertragen oder übersetzt werden. Die Wiedergabe von Warenbezeichnungen, Handelsnamen oder sonstigen Kennzeichen in diesem Buch berechtigt nicht zu der Annahme, dass diese von jedermann frei benutzt werden dürfen. Vielmehr kann es sich auch dann um eingetragene Warenzeichen oder sonstige gesetzlich geschützte Kennzeichen handeln, wenn sie nicht eigens als solche markiert sind.

Satz TypoDesign Hecker GmbH, Leimen

Druck und Bindung Ebner & Spiegel GmbH, Ulm

Umschlaggestaltung Bluesea Design, Vancouver Island BC

ISBN Wiley-VCH: 978-3-527-33084-3

Vertrieb außerhalb der Schweiz exklusiv durch Wiley-VCH

ISBN NZZ Libro: 978-3-03823-677-1

Vertrieb in der Schweiz exklusiv durch

Verlag Neue Zürcher Zeitung, Zürich

Zu spät, aber dennoch: für Efraim Racker

Die Generation ohne Eigenschaften

Ich bin ein Kind des Mars. Sein Zweiter Weltkrieg hat meine ersten Jahre überschattet und prägt noch heute mein Denken und Tun. Dies wurde mir erst bewusst, als ich Europa verlassen hatte und mein früheres Ich wie in einem fernen Spiegel sah: Die Kindheit unter Barbaren, Bomben und Besatzern; die Jugend in einem gelähmten Österreich; den langen Weg zur Wissenschaft; und das unstete Wanderleben meiner wissenschaftlichen Generation, von der ich hier berichten will. Kein Wunder, dass ich nirgends so recht hingehöre. Die Schweiz ist mein Zuhause, doch nicht meine Heimat. Diese ist Österreich, aber mein Geburtshaus lag hart an der ungarischen Grenze, wo Kroatisch, Ungarisch und Romani sich in das singende »Heanzisch« der deutschstämmigen Südburgenländer mischten. Mein Deutsch lässt sich keiner österreichischen Gegend zuordnen, da meine Mutter mit Ungarisch aufwuchs und mir ihr blass gefärbtes Hochdeutsch vererbte. Meine Frau ist Dänin, brachte aber jedes unserer drei Kinder in einem anderen Land zur Welt. Diese sprechen mit ihr dänisch, mit mir englisch, mit ihren Freunden schwyzerdütsch, hochdeutsch, englisch oder französisch. Da sie dann Ehepartner aus Russland, der Schweiz und Rumänien wählten, könnten wir an Familientreffen mit unseren bunt gefächerten Reisepässen gemütlich Poker spielen. Und zwei Universitäten ernannten mich zum Professor für Biochemie, obwohl ich in diesem Fach weder Vorlesungen besucht noch Prüfungen abgelegt habe.

Mir behagt dieses Leben. Mars kappte zwar meine Wurzeln, schenkte mir dafür aber kritische Distanz – und damit Freiheit. Mein Inneres sträubt sich gegen Predigten, Paraden, Prozessionen, Nationalfeiern, Festansprachen, Trommelwirbel, Ehrensalven, Schützenvereine, Weihrauch, Uniformen, Orden und amtliche Kopfbedeckungen jeder Art. Dies macht mich zum unbequemen Zeitgenossen – und nicht immer beliebt. Es ließ mich jedoch schon früh die starren Traditionen erkennen, welche das Österreich meiner Jugend in eine rückwärtsblickende klerikale Republik und einen verbissenen marxistischen Gegenstaat spalteten. Starre Traditionen sind Gegner des Neuen und Wegbereiter des Vorurteils – und damit Feinde der Wissenschaft. Diese ist ja eine Reise in die unbekannte Wildnis, und mit überschwerem Gepäck und falsch gezeichneten Karten reist es sich da gefährlich.

Meine Freunde und ich fanden den Krieg nicht bedrohlich, sondern spannend. Wir hungerten zwar oft und kauerten nächtelang in kalten Schutzbunkern, fanden aber gegen Kriegsende überall Stahlhelme, scharfe Munition und spiegelblanke Bajonette, mit denen wir viel lieber Krieg spielten als mit selbstgebasteltem Pfeil und Bogen. Und nichts war aufregender als ein nächtlicher Luftkampf mit seinen dumpf dröhnenden Flugzeugen, den donnernden Flugabwehrgeschützen, den tastenden Lichtfingern der Scheinwerfer und Leuchtspurgeschosse und – als sehnlich erwarteter Höhepunkt – dem feurigen Absturz eines Flugzeugs. Als dann der Krieg kurz vor meinem neunten Geburtstag plötzlich aus war, erlebten wir dies nicht als Befreiung, sondern als Niederlage. Wir schämten uns und wollten bei unseren Kriegsspielen nicht mehr »die Deutschen«, sondern nur noch »die Amis« sein. In unserer Freizeit ergatterten wir von den Bauern der Umgebung Milch, Brot und Eier oder klauten aus zerbombten Häusern Holz für unsere Öfen. Diese Zeit brannte mir die inneren Koordinaten eines Marskindes ein, die mich für meine Kinder zum Fossil machen. Ich schalte beim Verlassen eines Raumes unbewusst alle Lichter ab, werde beim Betreten eines Gourmetladens schnell verwirrt und muss mir eine sarkastische Bemerkung verkneifen, wenn ein Restaurantgast sich darüber entsetzt, dass man ihm statt der bestellten französischen eine italienische Salatsauce zumutet. Die Zeit seit dem Zweiten Weltkrieg ist wohl die beste, die Europa je erlebte. Warum fühlen wir uns nicht alle wie im Paradies? Für Marskinder sind die inneren Koordinaten von Friedenskindern schlichtweg ver-rückt.

Mars soll ein miserabler Liebhaber gewesen sein, zeugte aber dennoch viele österreichische und deutsche Kriegskinder. Die meisten von ihnen führen ein ganz normales Leben; ich könnte sie nur an ihrem Alter und ihrer Herkunft erkennen, da uns Marskindern besondere Merkmale fehlen. Wir haben den Zweiten Weltkrieg weder verschuldet noch geführt und ihn überlebt, ohne seine Grauen voll zu begreifen. Vor und nach uns wollte jede Generation die Welt neu erfinden – wir wollten nur die alte wieder zusammenflicken. Am liebsten hätten wir das Rad der Zeit zurückgedreht und wie in einem rückwärts laufenden Film gesehen, wie die Bomben in ihre Flugzeuge und die Geschosse in ihre Gewehre zurückfliegen und die Trümmerhalden sich wieder zu den Wohnhäusern, Schulen und Geschäftsläden zusammenfügen, die sie einst gewesen waren. Die Arbeit vor uns war kein Neu-, sondern ein Wiederanfang, die Rekonstruktion einer Vergangenheit, die wir nur aus Erzählungen kannten. In der turbulenten ersten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts prägte fast jedes Jahrzehnt in Deutschland und Österreich seine eigene Generation. Die drei Generationen vor mir hatten entweder eine glänzende Kultur geschaffen, Revolution ausgerufen, Bürgerkrieg geführt, scheußliche Verbrechen begangen, unsagbares Leid erlitten oder nach Kriegsende über unsere Köpfe hinweg ein vereintes Europa begründet. Die Generation nach mir wollte es bereits meinen britischen und französischen Altersgenossen gleichtun, die im Überschwang des Sieges ihre Länder in soziale Utopias verwandeln wollten. Meine Generation kann mit nichts dergleichen aufwarten. Wir sind die Generation ohne Eigenschaften. Die Geschichte hatte uns dazu auserkoren, unsere zerstörten Länder wieder aufzubauen und der Generation nach uns die Steigbügel zu halten. Wir schienen dazu bestimmt, in die Vergessenheit zu treiben, ohne eine eigene Spur zu zeichnen.

Der Wiederaufbau unserer Städte und Straßen verlief erstaunlich schnell und ließ vergessen, dass der Krieg auch unser geistiges Erbe verwüstet hatte. Davon zeugten besonders unsere Universitäten, die in der Zeit des Naziwahns – nicht immer ganz unfreiwillig – ihre jüdischen oder »politisch untragbaren« Professoren und Studenten vertrieben hatten und nun in dumpfer Nabelschau vor sich hindämmerten. Ihre geistigen Feuer waren erloschen. Um sie wieder zu entfachen, mussten Marskinder ihre österreichische oder deutsche Heimat verlassen und in ferne Länder ziehen, um zündende Funken von ihren vertriebenen Landsleuten und deren Kollegen zu holen. Manche dieser Feuersucher kehrten nie mehr heim, und vielen wurde die Reise zur mühevollen Odyssee, deren Lied keine Muse je gesungen hat. Denn die Heimkehrer erwartete keine Dankbarkeit, sondern oft nur das Misstrauen und der Neid derer, die daheim geblieben waren und sich dabei sichere Dozenturen und Professuren ersessen hatten. Dennoch konnten viele Heimkehrer wissenschaftliche Schlüsselpositionen erobern. Ihnen ist es zu verdanken, dass in Deutschland und Österreich wieder Feuer der Wissenschaft brennen, die das Wohl und die Zukunft dieser Länder sichern. Vielleicht ist dies eine Spur, die meine Generation ohne Eigenschaften in den Sand der Geschichte gezeichnet hat.

Ödland

»So, da håbn’s eanere Extrawürschtln, Herr Daukta« knurrte Aloysius Zacherl durch das Ausgabefenster unserer Grazer Universitätsbibliothek und verschob drei abgegriffene Lehrbücher der Physiologischen Chemie um einige Millimeter in meine ungefähre Richtung. Amtsgehilfe Zacherl war, wie meine Tante aus sicherer Quelle wusste, der außereheliche Spross eines dem obersteirischen Erbadel entstammenden »Wirklichen Hofrats« und einer Kleinbauerntochter aus dem oststeirischen Sinabelkirchen. Diese sündige Mesalliance zweier unvereinbarer Welten hatte einen Kentauren österreichischer Prägung gezeugt, dessen vornehm geschwungener, vom Vater ererbter Mund dazu verdammt war, dem abscheulichen sinabelkirchner Dialekt der Mutter zu dienen. Zacherl hatte das Studium der Jurisprudenz frühzeitig abgebrochen und sich zum bösartigen Bibliotheksdiener gewandelt, der Bücher über alles, Studenten aber gar nicht schätzte und sich deshalb redlich bemühte, diese von jenen fernzuhalten. Mit dem unverdienten Doktortitel wollte er mir diesmal wohl klar machen, dass ein studentisches Nichts wie ich nicht Lehrbücher verlangen dürfe, die keiner angekündigten Vorlesung entsprachen. Als gelernter Österreicher war ich zwar gegen das unfreundliche Wiehern von Amtsschimmeln immun; schlimm war jedoch, dass die Lehrbücher aus der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg stammten, wir aber bereits das Jahr 1956 schrieben. Diese in Ehren ergrauten Wälzer waren kaum geeignet, mir das Tor zur Biochemie (die damals noch »Physiologische Chemie« hieß) zu öffnen. Die chemischen Vorgänge in lebenden Zellen hatten mich nämlich schon als Gymnasiast in ihren Bann gezogen, doch meine Lehrer wussten darüber nichts – und auch an unserer Universität gab es damals für diese neue Wissenschaft weder Professoren noch Vorlesungen. Da ich mir ein Studium in einer anderen Stadt nicht leisten konnte und es keine Stipendien gab, hatte ich mich entschlossen, Chemie zu studieren und die Biochemie auf eigene Faust zu erlernen. Wie ich aber nun wusste, konnte ich dabei nicht auf Lehrbücher aus unserer Universitätsbibliothek zählen. Also versuchte ich es bei unseren Buchhandlungen. Diese hatten seit Kriegsende ihre liebe Mühe, da ihre bewährten Verkaufsrenner – die Blut-, Schollen- und Sippenschinken – plötzlich aus der Mode waren und nun als Ladenhüter vor sich hinschmollten. Sie waren dabei immer noch besser dran als Hitlers »Mein Kampf«, der sich beim Einmarsch der Sowjetsoldaten in Tausenden von Haushalten buchstäblich über Nacht in seine einzelnen Seiten aufgelöst hatte, um als Toilettenpapier in einem ihm würdigen Ambiente weiterhin für die Reinheit der arischen Rasse zu sorgen. Ich hatte wenig Hoffnung, in diesen tristen Buchhandlungen fündig zu werden. Mein erster Versuch bei unserer »Universitätsbuchhandlung« im Stadtzentrum war beispielhaft für alle, die noch folgen sollten. »Habe die Ehre, der Herr« grüßte mich der kantige Verkäufer Franz Kroissenbrunner, von dem man munkelte, er sei einer der »illegalen« Grazer Nazis gewesen, die Hitlers Weg nach Österreich geebnet und damit Graz zum fatalen »Stadt der Volkserhebung« verholfen hatten. Auf meine Bitte »Ich hätt’ gern ein Lehrbuch der Physiologischen Chemie« legte er mir das vor kurzem erschienene Lehrbuch des Zürcher Biochemikers Franz Leuthardt auf den Ladentisch. »Sunst hamma nix, aber des da is sicha naimodischer als a amerikanischer Schmarrn«, ließ er mich wissen. »Sauteuer is er hålt, der Schweizer Herr«, fügte er hinzu und begrub damit meine Hoffnungen, denn der Preis des Buches entsprach etwa einem Wochenlohn meines Vaters. Und auf meine Frage nach englischen Lehrbüchern antwortete Kroissenbrunner nur mit einem verächtlichen Kopfschütteln.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!