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Nachdem Dan Jared, den Bruder seiner ersten Freundin, nackt unter der Dusche gesehen hat, bekommt er ihn nicht mehr aus dem Kopf. Er denkt dauernd an ihn, auch in Situationen, in denen er bestimmt nicht an andere Männer denken sollte. Als er Jared auf einer Party wiedersieht, beschließt Dan, ihn zu konfrontieren. Wenn er schwul ist, dann ist es Jareds Schuld und dafür sollte er Verantwortung übernehmen! Dan will ihn dazu überreden, seine ersten Erfahrungen mit ihm zu machen. Jared ist beeindruckt von so viel Dreistigkeit und Naivität. Immer wieder erteilt er Dan eine Abfuhr, doch dieser lässt nicht locker …
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Veröffentlichungsjahr: 2016
Ich gab Jared Campbell die Schuld daran, dass ich schwul war. Bevor ich ihn nackt unter der Dusche gesehen hatte, war mein Leben normal gewesen. Ich hatte die richtigen Pornos gesehen, zu den richtigen Bildern masturbiert und ich ging mit dem schönsten Mädchen der ganzen Schule, Beth, Jareds Schwester. Sie war großartig. Die Art von Mädchen, die deine Eltern lieben, die aber trotzdem unanständig genug war, dass sie nichts dagegen hatte, wenn du sie heimlich im Kino befummelst. Sie hatte ein Lächeln, das auf der einen Seite immer schief nach oben ging und sie roch nach Erdbeeren und Zitronengras. Wir hatten uns bereits geküsst und einmal ließ sie mich auf der Rückbank im Wagen ihres Vaters ihre Brüste berühren.
Damals dachte ich, ich wäre verliebt, aber machen wir uns nichts vor. Ich war ein Teenager. Ich war dauergeil. Ich hätte einem Baum meine Liebe geschworen, wenn er mir dafür einen runtergeholt hätte.
Und dann traf ich Jared.
Beths Eltern machten irgendwas in der Politik und waren das Wochenende über zu einem Kongress gefahren. Ich hatte Beth überreden können, dass ich bei ihr übernachten durfte. Wir wussten beide, was das bedeutete. Davor hatten wir nie eine Nacht gemeinsam verbracht. Ich hatte Kondome gekauft und sogar Kerzen, weil ich wo gelesen hatte, dass Mädchen so was mochten. Ich war so aufgeregt, dass ich nicht sicher war, ob ich überhaupt einen hochkriegen würde.
Ich wusste, dass Beth einen Bruder hatte. Und ich wusste, dass der schwul war. Anfangs hatte mich das nervös gemacht. Ich hatte keine Erfahrung mit Schwulen. Was wenn er mich anmachte? Aber dann sah ich ihn nie. Jared übernachtete meist woanders, und als er ins College kam, nahm er sich ein Apartment dort in der Nähe. Das eine Mal, als wir uns flüchtig im Flur begegneten, ignorierte er mich. Ich hielt ihn für ein Arschloch. Dann vergaß ich irgendwann, dass er überhaupt existierte.
Umso überraschter war ich, als er an diesem Abend plötzlich im Wohnzimmer auftauchte. Der Film, den Beth und ich uns angesehen hatte, war gerade zu Ende und wir machten auf dem Sofa rum, während im Hintergrund der Abspann lief. Meine Hand glitt gerade unter ihr Top und ihren nackten Rücken hinauf, als er sich räusperte. Sofort sprangen Beth und ich auseinander. Mein Herzschlag raste und ich zog hastig mein T-Shirt nach unten, um meine Erektion zu verbergen.
Jared wirkte amüsiert. Er hatte eine Braue raufgezogen, aber da war auch ein warnendes Funkeln in seinen Augen, das mir Angst machte. Er war gutaussehend. Ich weiß noch, dass mich das irritierte. Dichtes, dunkles Haar, das ihm unordentlich in die Stirn fiel und ein scharfkantiges Gesicht mit einem Dreitagesbart, das ihn wie einen Verbrecher aussehen ließ. Über seinen muskulösen Oberkörper spannte sich ein enges T-Shirt, abgesehen davon sah er gar nicht schwul aus. Eher wie jemand, bei dessen Anblick man die Straßenseite wechselt, wenn er einem nachts im Dunklen entgegenkommt. Wie jemand, der jedes Mädchen haben konnte.
Beth war deutlich entspannter als ich. »Was machst du hier?«, fragte sie und fuhr mit den Fingern ihre Lippenkontur nach, wo ihr pinkfarbener Lippenstift verwischt war.
»Mum und Dad wollten, dass ich übers Wochenende hier bleibe«, sagte Jared und ließ eine Sporttasche neben seine Füße auf den Boden fallen. »Anscheinend machen sie sich große Sorgen um ihr Lieblingskind.« Er sah mich an und ich konnte fühlen, wie mir die Hitze ins Gesicht schoss. »Und nicht umsonst, wie’s scheint. Ich wusste gar nicht, dass wir einen Übernachtungs-Gast haben.«
»Ich brauche keinen Babysitter.«
Jared schnaubte.
»Wenn du mich verpetzt, verrate ich Mum und Dad, wo du deinen Marihuana-Vorrat versteckst.«
Jared lächelte unbekümmert. Es war klar, dass er ihre Drohungen nicht ernst nahm. »Der Kleine kann von mir aus bleiben, aber wenn ich auch nur den Bettrahmen quietschen höre, ziehe ich ihn an den Ohren auf die Straße und versohle seinen jungfräulichen Arsch.« Und er sah aus, als könnte er es. Mit solchen Oberarmen.
Beth warf ein Kissen nach ihm. Auf ihren Wangen waren kreisrunde Flecken erschienen. »Verschwinde!«
Jared wich zur Seite und hob abwehrend die Hände hoch. Er wich langsam nach hinten. »Schon gut. Ich gehe nach oben. Versucht so lange eure Klamotten anzubehalten.«
Das war kein Problem. Mir war die Lust gehörig vergangen. Dabei hatte der Abend so gut angefangen. Ich war mir sicher gewesen, heute würde es passieren. Und jetzt das. Wieso musste ausgerechnet Beths Bruder auftauchen? In dem Moment hasste ich ihn ein bisschen. Er war vier Jahre älter als ich und ich hatte keine Lust, mich mit ihm anzulegen, aber ganz wollte ich den Abend noch nicht aufgeben. Sex fiel weg, schon klar, aber vielleicht könnten Beth und ich ein wenig unter der Decke fummeln.
Beth schaltete den Fernseher aus. Wir lächelten uns schüchtern an. Ich küsste sie leicht auf die Wange, dann holte ich meine Tasche vom Hauseingang, wo ich sie vorher abgestellt hatte und trug sie in Beths Zimmer hinauf. Nachdem Jared uns unterbrochen hatte, wollten wir irgendwo hin, wo wir ungestört sein konnten. Beth legte Musik auf und ich ging ins Badezimmer, um mir die Zähne zu putzen. Körperhygiene war sehr wichtig für Mädchen. Auch das hatte ich irgendwo gelesen.
Die Campbells hatten immer Reserve-Zahnbürsten für Gäste im Schrank. Ich löste eine aus der Verpackung und stahl etwas von Beths Zahnpaste. Ich hatte die Zahnbürste gerade erst in meinen Mund geschoben, bürste über meine Backenzähne und erstickte fast daran, als Jared die Badezimmertür aufschob und auf mich zukam. Instinktiv drückte ich mich mit dem Rücken zur Wand, die Bürste in meinem Backenzwischenraum erstarrt. Ich war mir sicher, er würde mich verprügeln oder seine Drohung wahrmachen und mich an den Ohren rausschleifen. Wahrscheinlich hatte er gesehen, wie ich vorhin Beths Hintern angestarrt hatte, als sie vor mir die Treppe raufging.
Aber Jared beachtete mich nicht einmal. Er ging an mir vorbei, ohne mich anzusehen und zog zeitgleich sein T-Shirt über den Kopf. Dann öffnete er seinen Jeansknopf und ich wendete den Blick hastig zur Decke.
Ich hielt die Zahnbürste so fest umklammert, dass meine Finger taub wurden. Aus den Augenwinkeln sah ich seine Unterhose zu Boden fallen. Ich zwang mich, die Zahnbürste erneut zu bewegen. Ganz gemächlich. Als wäre es das normalste auf der Welt, dass Beths schwuler Bruder sich neben mir auszog. Störte mich überhaupt nicht. Ich war cool. So was von cool.
Ich hörte das Duschwasser prasseln und blickte nach unten. Gerade rechtzeitig, um einen guten Blick auf Jareds nacktes Hinterteil zu erhaschen, als er in die Dusche kletterte. Jareds wirklich knackiges Hinterteil.
Großer Gott.
Ich musste raus hier. Zwar hatte ich erst angefangen mit dem Zähneputzen, aber ich tat, als wäre ich fertig, spuckte ins Waschbecken und spülte meinen Mund. Einfach unauffällig bleiben. Jared würde mich gleich wieder vergessen.
Ich ließ meine Zahnbürste neben die von Beth in einen pinken Becher zurückfallen und wandte mich der Tür zu.
»Ich hoffe, du erwartest heute nicht mehr allzu viel Action.« Jareds Stimme wurde vom Rauschen der Dusche übertönt, aber ich konnte ihn trotzdem hören.
»Was?«
»Ich hab die Kondome in deiner Tasche gefunden.«
»Du warst an meiner Tasche?«, fragte ich laut. Der Gedanke machte mich wütend genug, dass ich meinen Schreck vergaß. Was bildete sich dieser Kerl bloß ein?
»Ein ganzer Streifen?« Jared gluckste vergnügt. »Sehr optimistisch. Du darfst dir die Kondome wieder abholen, wenn du Bartwuchs entwickelt hast.«
»Was soll das heißen?«, fragte ich und schlug mit der flachen Hand gegen die Duschwand. Ich konnte seine Silhouette dahinter eingehüllt in Dampf und Wasser erkennen. Ich wollte es nicht zugeben, aber er hatte einen echt tollen Körper. »Hast du meine Kondome geklaut?« Das war doch wohl nicht sein Ernst. Das Zeug war verdammt noch mal teuer! Und ich hatte sicher zehn Minuten vor dem Laden verbracht, bis ich genug Mut gesammelt hatte, um welche zu kaufen.
»Verschwinde lieber, bevor ich mir noch andere Vorsichtsmaßnahmen ausdenke. Oder dachtest du wirklich, du könntest meine kleine Schwester entjungfern, während ich im Haus bin?«
Meine Hand berührte noch immer die Dusche. Ich wich nicht zurück. Meine Stimme raunte, »Wer sagt, dass Beth noch Jungfrau ist?«
Ich sah Jareds Figur kurzfristig erstarren. Er stellte das Wasser ab, drehte sich um. Die Duschwand war beschlagen, aber Jared wischte mit der Handfläche über das Glas, bis er mich wieder sehen konnte. Wasser tropfte von seinen Haaren in sein Gesicht. Meine Lippen standen offen und ich konnte fühlen, wie mein Mund trocken wurde.
»Du willst hoffentlich nicht, dass ich zu dir rauskomme«, sagte er, sein Tonfall gefährlich ruhig, fast einlullend. Dann lächelte er und lehnte sich vor, sodass seine Stirn das Glas berührte. »Oder du kommst zu mir rein und wer weiß, vielleicht verliert heute doch noch jemand seine Jungfräulichkeit.«
Mein Herz sprang gegen meinen Brustkorb und ich stolperte zurück. Ich hörte Jared noch lachen, als ich die Badezimmertür aufriss und nach draußen flüchtete. Ich konnte nur daran denken, wie knapp ich daran vorbeigeschrammt war, von einem nackten, schwulen Kerl in dessen Badezimmer überfallen zu werden. Und wie falsch es war, dass ich eine Erektion hatte.
Ich war erleichtert, als ich wieder bei Beth im Zimmer war. Meine liebe, hübsche, sichere Beth. Sie lächelte, als sie mich sah und nachdem sie bemerkte, wie nervös ich war, zog sie mich in ihre Arme und hauchte mir süße Küsse auf den Mund. Ihre Lippen waren herrlich zart und sie schmeckte nach Minze und den zuckrigen Bonbons, die sie ständig lutschte. Ich wollte gar nicht daran denken, wie es sein musste, einen Kerl zu küssen. Jared hatte Stoppeln auf den Wangen, die würden sicher kratzen. Es wäre rau, fast grob. Ganz anders als mit einem Mädchen. Und der Körper. Beth schmiegte sich ganz weich an mich. Meine Hände umfassten ihre Hüften, während ich sie immer drängender zurückküsste, drängender als wir beide es gewohnt waren und ich hörte, wie sich ihre Atmung beschleunigte. Nein, Jareds Körper würde sich ganz anders anfühlen. Sicher falsch. Viel härter, unnachgiebiger, gestählte Muskeln anstatt sanfter Rundungen. Meine Hand glitt unter Beths T-Shirt, strich über ihren Bauch. Jared trainierte, das hatte man sehen können. Beths Körper war dort weich, ganz empfindlich, aber Jared, Jared hatte -
Plötzlich spürte ich Beths Hand zwischen meinen Beinen. Sie hatte mich dort noch nie angefasst. In meinem Kopf schwirrten noch Bilder von Jared und seinen Bauchmuskeln, seinem Hintern und - das Gefühl wurde zu viel für mich. Beths Berührung war ganz zart, aber ich spürte wie etwas in mir zusammenbrach, alles sich anspannte und dann - Erlösung.
Beth starrte erst auf ihre Hand und dann auf mich. Der feuchte Fleck auf meiner Hose war deutlich sichtbar und ich spürte, wie ich feuerrot anlief. Ich fühlte mich wieder wie dreizehn. So schnell war ich nicht mehr gekommen, seitdem ich die Masturbation zum ersten Mal für mich entdeckt hatte. Und Beth starrte mich immer noch an. Kein Loch tat sich im Boden für mich auf und ich tat das erste, das mir in den Sinn kam. Ich küsste Beth panisch und mit zu viel Zunge und sagte ihr, dass ich sie liebte.
Wie man sich vielleicht denken kann, nahm ich an diesem Abend Beth nicht ihre Jungfräulichkeit. Die nahm ich ihr drei Monate später, exakt zwei Monate nachdem sie mit mir Schluss gemacht hatte und von ihrem neuen Date in der Ballnacht sitzen gelassen worden war. Dafür verlor ich etwas ganz Entscheidendes. Einen Teil meiner Würde und die Sicherheit meiner sexuellen Orientierung.
Wie gesagt, ich gab Jared die Schuld an allem.
Seit meinem Treffen mit Jared unter der Dusche waren inzwischen zwei Jahre vergangen. Beth und ich waren schon lange kein Paar mehr, aber wir blieben Freunde und ich war noch oft bei ihr, in der Hoffnung einen Blick auf ihren Bruder zu erhaschen, aber meist hatte ich kein Glück. Wenn er daheim war, schloss er sich in seinem Zimmer ein, und die paar Mal, die ich ihm tatsächlich begegnet war, hatte er keinen weiteren Blick für mich übrig gehabt. Und ich war plötzlich so nervös geworden, dass ich schnellstmöglich die Richtung wechselte, auch wenn ich eigentlich ganz woanders hin wollte.
Ich dachte oft an ihn. Auch während Tätigkeiten bei denen ich garantiert nicht an andere Männer denken sollte. Ich hatte das Gefühl, als hätte er mich verflucht. Ich ging noch oft mit Mädchen aus, Mädchen, die nicht Beth waren, aber es war nie wieder dasselbe. Immer wenn ich sie berührte, küsste und streichelte, immer dann wenn ich ihn am wenigsten sehen wollte, tauchte Jared in meinen Gedanken auf. Nackt, wie ich ihn unter der Dusche gesehen hatte. Es trieb mich in den Wahnsinn und natürlich begann ich mich zu wundern. Zu wundern, ob ich nicht vielleicht doch vom anderem Ufer kam. Aber die Pornoseiten für Schwule verschreckten mich und ich brachte nicht den Mut auf, mir in der Öffentlichkeit ein Magazin zu kaufen. Geschweige denn in eine dieser Bars zu gehen. Was wenn mich jemand sah? Jemand, der mich kannte? Ich hatte allerdings diese Fantasie. Dass ich eines Abends tatsächlich in eine solche Bar gehen würde und ich sah so gut aus, dass der Türsteher nicht einmal fragte, ob ich schon einundzwanzig war, sondern mich einfach durchwinkte. Und an der Bar stand Jared und er lächelte, als er mich eintreten sah und in meiner Vorstellung trug er kein Oberteil, sondern nur eine dieser verdammt engen Hosen und er sah umwerfend aus. Und dann lehnte er sich vor, genauso wie er es mit der Duschwand zwischen uns getan hatte und sagte, wie froh er war, dass Beth und ich nicht mehr zusammen waren, denn eigentlich habe er mich schon immer heiß gefunden und ob er mir einen Drink spendieren darf?
Klingt das schwul? In meinen Gedanken klinge ich ziemlich schwul, aber ich habe die Hoffnung noch nicht ganz aufgegeben. Ich war achtzehn. Noch jung genug, um sexuell verwirrt zu sein. Wie nannten das die Pädagogen? Eine Phase. Ich war mir sicher, ich durchlief nur eine Phase. Oh Gott, ich wünschte mir so sehr, dass es bloß eine Phase war.
Beth wusste zum Glück nichts von meiner Verwirrung (oder vielleicht tat sie es doch. Sie hat mir nie erzählt, wieso sie damals mit mir Schluss gemacht hat). Auf jeden Fall verhielt sie sich, mir gegenüber immer normal, versuchte sogar ab und zu, mich auf Mädchen aufmerksam zu machen, die ihrer Meinung nach süß waren.
Es waren die Sommerferien nach unserem Highschool-Abschluss, bevor wir aufs College mussten, ein Freitagabend und natürlich stieg irgendwo eine Party. Die Gäste waren hauptsächlich College-Studenten. Beth war eingeladen worden, weil sie einen von den älteren Typen hier datete. Ohne mich hatte sie nicht gehen wollen, aber ich fühlte mich nicht ganz wohl, weil alle anderen schon so viel reifer wirkten und ich mich immer noch jeden Morgen umsonst rasierte. Die Wände wummerten von viel zu lauten Techno-Beats, am Boden klebte verschüttetes Bier und es stank nach Rauch und weniger legalen Substanzen. Und überall waren Menschen. Mehr Menschen als in das kleine Haus überhaupt reinpassen sollten und ich wünschte, ich wäre betrunken, damit mir die Masse weniger ausmachte, aber ich fühlte mich bloß klaustrophobisch und gestresst und ich hasste die Musik.
Ich wäre viel lieber daheim, aber das sagte ich Beth natürlich nicht, denn eigentlich wollte ich das ja sein, der Typ, der sich auf wilden Party rumtrieb, sich betrank und Mädchen vögelte. Ich musste wahrscheinlich einfach mehr üben.
»Alles okay?«, fragte Beth, als sie meine grimmige Miene bemerkte.
»Ich brauche ein Bier«, sagte ich und deutete mit meinen Fingern einen Flaschenhals an, für den Fall, dass sie mich über das laute Dröhnen der Musik nicht verstand.
Beth nickte und gemeinsam kämpften wir uns vor in Richtung Küche. Jemand hatte in die Spüle gekotzt. Wir taten beide so, als würden wir es nicht sehen und riechen und plünderten den Kühlschrank. Einen Alcopop für Beth und ein Bier für mich.
»Hast du Eric schon gesehen?«, fragte ich sie. Eric war der Typ, mit dem Beth seit ein paar Wochen was am Laufen hatte. Er war groß und schlaksig und sah immer aus, als hätte er kurz zuvor was geraucht. Ich persönlich konnte ihn nicht ausstehen, aber das war Beths Sache.
Beth runzelte die Stirn und schüttelte den Kopf, sodass ihre blonden Haare über ihre Schultern nach vorne fielen. Sie versuchte so zu tun, als würde es ihr nichts ausmachen, aber es gelang ihr nicht.
Immer mehr Leute drängten in die Küche, um sich Drinks zu holen. Es wurde stickig und heiß. Ich nahm Beth an die Hand und zog sie an meine Seite. »Er wird schon irgendwo sein. Lass uns mal woanders hingehen.« Hauptsache raus aus der Küche. Der Flur zum Wohnzimmer war verstopft, deshalb wollte ich den anderen Weg durchs Esszimmer nehmen, aber Beth rührte sich nicht.
»Ah, verdammt«, sagte sie und starrte missmutig geradeaus.
Ich folgte ihrem Blick. Und spürte eine Million Stromstöße mich von innen heraus elektrisieren.
Da war Jared. Er sah aus, als würde er ebenfalls in die Küche wollen und begutachtete den Fluss aus Menschen in seinem Weg mit finster gerunzelter Stirn. Es waren genug Leute zwischen uns, deshalb fühlte es sich sicher an, ihn zu mustern. Und er sah so gut aus, noch besser als vor zwei Jahren. Kinn und Wangenknochen waren noch ausgeprägter und er trug eine dieser hautengen, zerrissenen Jeans, genau wie in meiner Vorstellung. Ich stand schräg hinter Beth. Ich war mir sicher, er würde mein Starren nicht bemerken, aber dann sah er plötzlich auf, als könnte er fühlen, wie ich ihn mit den Augen abtastete und sein Stirnrunzeln wurde noch eine Spur dunkler. Ich schluckte und drehte mich abrupt zu Beth um.
»Lobby?«, fragte ich mit unnatürlich hoher Stimme.
Beth nickte bloß und gemeinsam kehrten wir Jared den Rücken. Ich war erleichtert, als wir endlich aus der Küche raus waren. Mein Herz klopfte wie wild. Ich trank zu hastig von meinem Bier und verschluckte mich. In der Lobby war es fast genauso voll, aber die Haustür stand offen, deshalb war die Luft nicht ganz so unerträglich und jemand hatte die Musik endlich leiser gedreht.
»Da ist Eric!«
»Was?« Irritiert blickte ich auf, aber da verschwand Beth bereits durch die Menschenmasse. Ich sollte ihr wahrscheinlich folgen, aber verdammt, ich wollte da nicht schon wieder durch. Seufzend lehnte ich mich nach hinten an die Wand und nahm einen weiteren Schluck von meinem Bier. Mein Plan war eigentlich gewesen, nach einer Stunde so zu tun, als wäre ich betrunken und nach Hause zu fahren, aber jetzt war Jared hier. Jared, den ich einfach nicht aus meinem Kopf bekam. Jared, der mich verflucht hatte. Jared, mit dem perfekten Hintern und den muskulösen Oberarmen.
Mein Bier war alle. Ich brauchte dringend noch eines.
Gerade wollte ich mich von der Wand abstoßen und mir einen Weg zurück in die Küche kämpfen, als eine bekannte Gestalt neben mir erschien. Jared nahm mir das Bier aus der Hand, schüttelte es leicht und hielt es gegen das Licht, um zu sehen, ob noch etwas drin war, schnaubte und stellte es am Boden ab.
»Versuchst du schon wieder meine Schwester zu vögeln?«, fragte er.
»Wieso? Sind dir die Kondome ausgegangen?«
Jared überraschte mich, indem er schmunzelte. Seine Knöchel streiften mein Kinn, als er flüchtig darüber strich. »Ich sagte, du kriegst deine Kondome zurück, wenn du Bartwuchs entwickelt hast. Sieht für mich so aus, als müsstest du noch zwei weitere Jahre warten.« Jared hatte mich berührt. Es war Irrsinn. So eine kleine Berührung sollte mich nicht so verstören können, aber ich war es. Ich war wie aufgelöst. Und ich bekam eine Erektion. Nur weil ich neben ihm stand. Ich war so was von für die Mädchenwelt verloren.
»Beth und ich sind nicht mehr zusammen. Schon seit zwei Jahren nicht mehr«, sagte ich und mein Herzschlag beschleunigte sich. Ich musste an die Szene aus meiner Fantasie denken. Wie Jared gelächelt und mir erzählt hat, wie froh er war, dass Beth und ich nicht länger ein Paar waren.
Aber natürlich geschah nichts dergleichen. Jared sah über meine Schulter, winkte jemanden zu, dann klopfte er mir auf die Schulter. Und ging davon. »Trink nicht zu viel«, sagte er zum Abschied. »Du bist noch minderjährig.« Er hätte nichts schlimmeres zu mir sagen können. Er hielt mich für ein Kleinkind. Es war erniedrigend und verletzend und ich war immer noch geil.
Ich beschloss, mich zu betrinken.
Drei Bier später hatte ich Beth wiedergefunden. Sie und Eric waren im Wohnzimmer. Beth hatte die Arme in seinem Nacken verschlungen, wiegte ihre Hüfte zur Musik und ließ sich von ihm am Hintern betatschen. Ich wurde etwas melancholisch, während ich die zwei beobachtete. Das könnte ich sein, fiel mir ein. Ich könnte Beth auf der Tanzfläche begrapschen. Ihr Bruder wäre bloß der lästige Typ, der mir vor zwei Jahren eine Nummer versaut hatte und nicht derjenige, zu dem ich mir nachts einen runterholte. Ich könnte normal sein, frei. Aber ich stand im Abseits, allein, mit einer leeren Bierflasche in der Hand und starrte giftig auf meine Ex-Freundin, die ich eigentlich gar nicht mehr wollte.