Föhnfrisur und Bandsalat - Katrin Schäder - E-Book

Föhnfrisur und Bandsalat E-Book

Katrin Schäder

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Beschreibung

Kämpften Sie in ihrer Jugendzeit auch mit Föhnfrisuren, modischen Abgründen und beim Musikhören mit dem allgegenwärtigen Bandsalat? Gehörten Sie auch zu den Babyboomern. Katrin Schäder nimmt Sie mit auf eine Reise durch fast fünf Jahrzehnte und quer durch die Republik. Sie streift vor persönlichem Hintergrund typische Lebens- und Glaubensfragen ihrer Generation. Mal zum Schmunzeln, mal leise, immer kurzweilig und mit dem "Genau so war es"-Faktor.

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Seitenzahl: 125

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Der SCM-Verlag ist eine Gesellschaft der Stiftung Christliche Medien, einer gemeinnützigen Stiftung, die sich für die Förderung und Verbreitung christlicher Bücher, Zeitschriften, Filme und Musik einsetzt.

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ISBN 978-3-7893-2106-1 (E-Book)ISBN 978-3-7893-9735-6 (lieferbare Buchausgabe)

Datenkonvertierung E-Book: CPI – Ebner & Spiegel, Ulm

© 2014 SCM Collection im SCM-Verlag GmbH & Co. KG Bodenborn 43 | 58452 Witten Internet: www.scmedien.de; E-Mail: [email protected]

Umschlaggestaltung: Johannes Schermuly, Wuppertal Titelillustration: shutterstock.com

Inhaltsverzeichnis

Inhalt

Vorworte werden völlig überbewertet

Vorfahren und Fortfahren

Geografie und Lederhose

Spielanzug und Wachstumsschübe

Schulbeginn und Scheidungswaisen

Schulbankstress und Klassenarbeit

Westfernsehn und Bauarbeiten

Milchreis und Theaterdonner

Promis und Gardinenschummel

Föhnkamm und Friseurdesaster

Schul-nach-Hause-Weg und Gaschdannien

Forumschecks und Bahnhofsdüfte

Liedertext und Hitparade

Bummi-Hefte und Verpuffung

Mauer-Lauf und Donnerwetter

Schneechaos und Genscher-Halbsatz

Villaweg und blaue Flecke

Hinterhof und saure Gurken

Busbahnhof und Robert Schumann

Sprachgewirr und Bravo-Poster

Stolperstein und Traumadresse

Zahngedöns und beste Freundin

Weltraumflug und Legosteine

Turnschuhcrash und Satenbroße

Filmkonsens und Postmoderne

Führerschein und Autowissen

Augenmaß und Gyrosrache

Wandertag und Montags-Demo

Bücklingsschmaus und schiefe Bücher

Jugendkreis und Glaubensfragen

Blauer Bach und Parkanlagen

Kalle Wirsch und Erdzeitalter

Windfangtür und Tiefseetaucher

Immer gerne: Göltzschtalbrücke

Abschiedsschmerz und Sich-Erinnern

Bonusmaterial

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Vorworte werden völlig überbewertet

Oder mögen Sie etwa diese ewig langen Erklärungen, die Ihnen in epischer Breite darlegen, warum Ihnen die Autorin oder der Autor ihre Epistel aufzudrängen versuchen? Ach was, erzählen Sie mir doch nichts!

Ha! Sehen Sie? Und trotzdem haben Sie gerade eine davon geschluckt.

Ja, gut. Ich hätte auch einen Promi bitten können, meine Geschichten einzuleiten. Promis zieren bekanntlich ungemein. Deren Worte klingen schöner, weiser und vor allem berühmter. Ich hätte die/den Prominenten bitten können, Sie zu überreden, mir zuzuhören. Ihnen ein bisschen den Mund wässrig zu machen und dann Honig um denselben zu schmieren. So in der Art von „Sie sind ein dolles Publikum!“ Wären meine Geschichten dadurch anders (oder – kaum auszuhalten – gar besser)? Nein, wären sie nicht. Persönliche Geschichte lässt sich nicht adoptieren.

Nein, ich mag keine Vorworte. Ich liebe Geschichten, in die man gleich mit beiden Füßen hineinspringen kann wie ein Kind in eine Pfütze. Ohne langes Vorgeplänkel. Und – ja, ich gestehe: Ich bin eine leidenschaftliche Geschichten-Liebhaberin. War ich schon immer. Schon als Kleinkind musste mir meine arme Omi Nachmittage lang Geschichten vorlesen. Immer dieselben, und auch ab und zu eine neue. Wenn sie gut war. Wenn sie, die Omi, dabei einschlief und ihr die Brille von der Nase rutschte, rempelte ich sie so lange erbarmungslos mit dem Ellbogen an, bis sie weiterlas. Entschuldige bitte nachträglich, liebe Omi!

Die folgenden Seiten enthalten Geschichten. Viele. Jede Menge. Solche und andere. Eigene und fremde. Große und kleine. Manche gehören zur großen Weltgeschichte und manche nur zu meiner eigenen kleinen. Manche zur mächtigen Fraktion der Babyboomer, also der Jahrgänge 1964 bis 1967, und manche reichen darüber hinaus – nach oben und nach unten.

Ich liebe es, sie zu erzählen – und habe beim Aufschreiben viel gelacht und auch ein bisschen geweint. Daran, dass ich mich mitunter zu wiederholen beginne, erkenne ich mit Schrecken, dass ich alt werde. Aber … nur vielleicht. Na ja gut, ein bisschen.

Und – ja: Das ist das Gute an Geschichten. Ich werde irgendwann weg sein. Die Geschichten nicht. Jedenfalls wünsche ich mir das.

In diesem Sinne: Springen Sie mit? Die nächste Geschichten-Pfütze wartet.

Ihre Katrin Schäder, geborene Paaaaauuuuul (siehe Seite

7

)

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Vorfahren und Fortfahren

Erich Kästner machte es schlau. Er nannte seine Geschichte „Als ich ein kleiner Junge war“ und fing bei ganz anderen Leuten an. Mit Menschen, die er nie gesehen hatte und nie gesehen haben konnte. Mit Menschen, die er gar nicht wirklich kannte. Und kam zu dem Schluss: „Wer von sich selber zu erzählen beginnt, beginnt meist mit seinen Vorfahren …“

Tja, da habe ich jetzt ganz schlechte Karten. Erstens war ich niemals ein kleiner Junge. Sondern ein kleines Mädchen. Aber auch nicht lange, denn ich wuchs schneller als die anderen und war meistens das größte der kleinen Mädchen (immerhin!). Das erinnert mich an den dummen DDR-Witz „Unsere Mikroelektronik ist die größte der Welt!“ Mmhm. Da kommt was auf Sie zu! Denn ich kann nicht versprechen, dass das der letzte Witz in diesem Buch war. Ich sage das nur, damit Sie nicht zu überrascht sind. Genau genommen kommt es sogar doppelt auf Sie zu, denn auch mein Ehegatte hat ein Faible für gute Sprüche, und mit unserer Hochzeit haben wir nicht nur unsere Habseligkeiten, sondern auch unsere Spruch-Sammlung zusammengelegt (ein guter Teil stammt aus „Die Zwei“ mit Roger Moore und Tony Curtis, wie wir feststellten …). Unsere Spezialität ist es, im Bruchteil einer Sekunde genau das Gleiche zu kalauern. Das soll uns erst einmal jemand nachmachen!

Und was die Vorfahren angeht … Ja, da kann ich nicht mit allzu viel Historie dienen. Ich habe zwar neulich erfahren, dass sich zumindest eine Linie meiner Vorfahren bis ins 16. Jahrhundert zurückverfolgen lässt. Aber von den einen weiß ich wenig und von den anderen gar nix. Das gibt ein unausgewogenes Bild, und deshalb lasse ich die Alten in Frieden ruhen und gehe meine eigenen Wege.

In jeder Hinsicht. Erstens bin ich im Gegensatz zu meinen Ahnen von Beruf kein Optiker geworden, sondern habe von jeher mit Büchern zu tun – mal so, mal so. Und zweitens lebe ich nicht mehr da, wo meine Wiege stand. Das lässt, wenn schon nicht auf Weisheit, so doch auf einen gewissen Eigensinn schließen.

Apropos Eigensinn: Ich kann mir (und Ihnen) nicht helfen – diese Geschichte ist wie ein Hefekuchen. Eigentlich sollte der Teig auf ein Blech passen. Doch nun wird er immer mehr und mehr und mehr, mein Teig aus Erinnerungen. Läuft hier über den Rand hinaus, ist an der einen Stelle dünner und an anderer dicker und dehnt und dehnt sich. Darf ich Sie einfach – oder trotzdem – einladen, mich zu begleiten? Ja? Schön, ich freue mich! Sie werden es nicht bereuen. Das hoffe ich zumindest. Denn ich glaube zuversichtlich, dass Sie ganz viele „Genau so war und/oder ist es!“-Erfahrungen erwarten. Und wir gemeinsam – nicht nur, aber auch – was zu lachen haben werden.

Ein bisschen unvorsichtig sind Sie ja. Sie wissen schließlich noch gar nicht, wohin Sie mich begleiten. Und das sollte man doch wohl wissen, bevor man aufbricht. Also, was meinen Sie? Ins Kino? Ins Internetcafé? Zum Shoppen (früher hieß das Einkaufsbummel – naja …). Wäre auch ganz nett, aber nein. Nein, es geht ins Paradies. Und wenn Sie jetzt spontan an jede Menge Tiere, an Grünzeug, Obst und einen großen Garten denken, sind Sie schon näher dran, als Sie vielleicht ahnen. Es geht ins Paradies der Kindheitserinnerungen. Und Erinnerungen sind – das meint zumindest Jean Paul, und der muss es wissen – das einzige Paradies, aus dem wir nicht vertrieben werden können. Übrigens hieß ich früher auch Paul (allerdings mit Nachnamen. Verzeihung, aber diesen Gag erwartet man an der Stelle von mir, also muss ich ihn auch bringen!). Eckes, ein Arbeitskollege, der mich länger als die Meisten kennt, brüllt immer noch „Paaaaaauuuuul!“, wenn er mich am anderen Ende des langen Korridors erblickt. Und recht hat er. Halten wir also fest: Wir Pauls wissen Bescheid, wenn es um Erinnerungen geht. Und was Paradiese angeht, auch. Also – kommen Sie mit? Dann los!

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Geografie und Lederhose

Bevor wir die Tür zum Paradies jedoch öffnen können, müssen wir noch ein paar Kilometer zurücklegen. In diesem Falle nicht himmelwärts, sondern nur gedanklich und auf der Landkarte. Oder meinethalben auch per „Google Earth“, das steht Ihnen frei. Während ich diese Zeilen schreibe, sind wir jedenfalls noch sechshundert Kilometer von meinem ehemaligen Paradies entfernt. Ich sitze hier im Ruhrgebiet – nein, Entschuldigung! – im Niederbergischen Land, unmittelbar an der Grenze von Rheinland und Westfalen. Diese Grenze verläuft de facto über meine Füße quer durch mein Wohnzimmer. Wir müssen aber ins Vogtland. Wo das ist? Wenn ich gemein wäre, würde ich sagen: Schauen Sie mal in den Wetterbericht. „Im Rheinland 15 Grad, 4 Grad im Vogtland.“ Brrr! Meine Mutter handelte, wenn Sie mich hier besuchte, immer nach dem „Zwiebelschalen-Prinzip“ – und zog auf ihrer zehnstündigen Bahnfahrt quer durch Deutschland ein Kleidungsstück nach dem anderen aus. (Keine Angst – wir kannten und kennen unsere Grenzen!) Wenn sie – ein oder zwei Tage vor Weihnachten – hier aus dem Zug kletterte, seufzte sie immer dasselbe: „Meine Güte, ich bin ja in den Frühling gefahren!“

Doch davon wissen Sie vermutlich immer noch nicht, wo sich dieses sibirische Vogtland befindet. Mein Opa ist übrigens kurz vor Kriegsende mit einigen Kameraden vom Rheinland aus (also beinahe von hier!) losgelaufen und genau dahin zu Fuß gegangen. Er kam – zwar krank und unterernährt, aber immerhin lebendig – tatsächlich an. Eine Bravourleistung, die ich ihm weder nachmachen kann noch will. Aber das ist eine andere lange und überhaupt nicht lustige Geschichte. Vielleicht später … Wenden wir uns für heute von der kriegerischen Historie ab und wieder der meist friedlicheren Erdkunde zu.

Also – das Vogtland ist, so lehrt es das Geografiebuch, eine Region, wo einiges aufeinandertrifft, nämlich zunächst jede Menge Länder. Bayern, Sachsen, Thüringen und das böhmische Egerland. Es gibt also bayrische, thüringische, sächsische und böhmische Vogtländer. Was für ein Gedränge! Außerdem trifft hier auch tektonisch einiges aufeinander, weswegen es öfters zu so genannten „Schwarmbeben“ kommt, also vielen kleinen Erdbeben, die sich allein nicht trauen. Zum Glück für die Vogtländer reagiert sich die Erde auf diese Weise ab, sodass ein großes Beben nahezu ausgeschlossen ist. So ähnlich wie in einer Ehe: Die Lösung vieler kleiner Konflikte verhindert den großen …

Meine Güte, ich muss mich kürzer fassen, sonst kommen wir nie im Paradies an. Also geben wir ein bisschen Gas, natürlich nur gedanklich: Wir verlassen das Ruhrgebiet, reisen durch die Soester Börde auf Kassel zu, das wir links liegen lassen, wenden uns nach Osten, passieren die ehemalige Grenze (und kriegen dabei immer noch eine Gänsehaut), grüßen nach rechts zur Wartburg hinüber, fragen uns jedes Mal wieder, welche von den vielen Thüringer Burgen rechts und links denn nun zu den „Drei Gleichen“ gehören, und wenden uns hinter Jena am Hermsdorfer Kreuz gen Bayern, wo wir aber nicht angekommen, da wir zuvor in Richtung Sachsen abgebogen sind. Noch ein paar Kilometer „über Land“, und schon sind wir beinahe da. Übrigens kann man auf dem letzten Teil der Strecke tatsächlich „Lederhose“ passieren, was meinen besagten Opa immer unendlich amüsierte. Er stellte sich jedes Mal bildlich vor, zum einen Hosenbein herein- und zum anderen herauszufahren. Ob mich diese Vorstellung auch heute noch fasziniert? Öhm … ich weiß nicht. Als Kind fand ich sie jedenfalls sehr lustig …

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Spielanzug und Wachstumsschübe

Jetzt müssen wir nur noch in die Vergangenheit, zumindest teilweise. Das kann ja für solch geübte Gedankenreisende, wie wir es mittlerweile sind, nicht mehr so schwer sein, oder? Stellen wir auf unserer Zeitreise-Uhr „vierzig Jahre rückwärts“ ein und – hui! Da haben Sie mich: lange dicke, blonde Zöpfe, Ringelsöckchen, rot-weiße Sandalen (soweit ich mich erinnere … im Gegensatz zu den Fotos aus der Zeit sind meine Erinnerungen nämlich in Farbe!) und ein unaussprechlicher – ja, was? Ich glaube, das nannte man „Spielanzug“. Wild schwarz-weiß kariert, ärmelloses Oberteil, kurzes Pluderhöschen. Der Gummizug am Bein kniff ganz entsetzlich und leistete immer dann erheblichen Widerstand, wenn man im Eifer des Gefechts – sprich des Spiels – bis zuletzt gewartet hatte und dann ganz, ganz schnell „mal musste“. Heute würde kein Kind von Welt so zum Ballett oder Reiten gehen. Oder auch nur in den Sandkasten. Nun denn, all das gab es für mich nicht – ich hatte Besseres: mein Paradies! Wo ich mich ungestraft mit besagtem Spielanzug sehen lassen konnte, ohne rot zu werden. Ja, ich wurde noch nicht einmal rosa!

Der Spielanzug wurde gebraucht, damit beispielsweise mein Kleiderrock nicht schmutzig wurde (weiß jemand noch, was das war? So etwas Ähnliches wie eine lange Weste, unter die man Bluse oder Pulli ziehen konnte). Meine Tante hatte mir das Prachtstück gestrickt – aus herrlicher blauer „Westwolle“. Als ich ihn mit fünf Jahren bekam, war er mir natürlich zunächst viel zu groß. Doch bald schon passte er mir, der Kleiderrock. Ich schoss nämlich in die Höhe wie Spargel im Frühling. Und dann gab es das „Wollwunder“, denn mein Kleiderrock „wuchs mit“, wie meine Mutter das nannte. Nicht nur ich, nein, auch er wurde ständig größer. Beim Waschen zog sie ihn immer ein bisschen in die Länge. Tatsächlich gingen wir fünf Jahre später sogar noch zusammen in die Schule, der Kleiderrock und ich, und er setzte sich mit mir verschüchtert auf die Holzbank, ganz hinten in der „Fensterreihe“.

Oh ja, dies ist im wahrsten Sinne eine „lange“ Geschichte. Vielleicht nenne ich sie ja „fünf Jahre Rock“ und bitte Thomas Gottschalk, sie zu moderieren? Aber nein, das ist dann doch zu albern. Und Spott hat er nun wirklich nicht verdient, mein treuer blauer Kleiderrock.

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Schulbeginn und Scheidungswaisen

Oha, da sind wir schon? Das war jetzt aber eine Bruchlandung. Ich hatte doch geplant, ganz sanft über Greiz und Friesen nach Reichenbach hereinzukommen, vom Kriegsende zu erzählen und davon „wie der Reichenbacher Volkssturm die Waffen niederlegte und nach Hause ging“.

Doch jetzt stehe ich mit Ihnen ziemlich unvermittelt vor meiner alten Schule. Na gut, ich bin ja flexibel (ehrlich, diese Geschichte macht, was sie will!). Der Bau selbst ist keine 60er-Jahre-Bausünde, sondern stammt aus der sogenannten Gründerzeit, Ende des 19. Jahrhunderts. Und er hatte, wie sich das damals gehörte, getrennte Eingänge. Für Mädels, für Jungs und für Lehrkörper. Wir kennen das aus der „Feuerzangenbowle“ – aber die „kriejen wa später!“ Wir mussten zwar in den ersten Schuljahren die Seiteneingänge benutzen, aber wenigstens nicht getrennt … Durch welche Tür der damalige Lehrkörper die Schule betrat, ist zumindest mir nicht überliefert. Mittlerweile ist das Schulgebäude komplett umgebaut und modernisiert worden, und ich muss zweimal hinsehen, um etwas wiederzuerkennen.

Um es gleich vorwegzunehmen: Nein, meine Schulzeit war keine Katastrophe. Nein, nicht traumatisch, wie die des ansonsten von mir hoch verehrten Reinhard Meys. Ich ging in die Weinholdschule und lernte eine ganze Menge, was ich heute noch gut brauchen kann und was zu meiner eigenen Verwunderung immer noch da ist oder plötzlich und ohne Vorwarnung aus irgendeiner Schublade kriecht. Bis auf die Geschichte mit dem Rechenschieber. Die hätten wir uns – in Ost und West! – sparen können. Rechenschieber? Kennen Sie nicht mehr? Man könnte ihn beinahe den Vorläufer des Taschenrechners nennen. Also ein Werkzeug, mit dem man ausrechnet, was man nicht mehr selbst im Kopf schafft. Oho, wir haben ganz schön geschwitzt. Und leider – ich könnte es, selbst wenn ich wollte, nicht mehr erklären.