Fort Filmore - G.F. Barner - E-Book

Fort Filmore E-Book

G. F. Barner

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Beschreibung

Begleiten Sie die Helden bei ihrem rauen Kampf gegen Outlaws und Revolverhelden oder auf staubigen Rindertrails. G. F. Barner ist legendär wie kaum ein anderer. Seine Vita zeichnet einen imposanten Erfolgsweg, wie er nur selten beschritten wurde. Als Western-Autor wurde er eine Institution. G. F. Barner wurde als Naturtalent entdeckt und dann als Schriftsteller berühmt. Seine Leser schwärmen von Romanen wie "Torlans letzter Ritt", "Sturm über Montana" und ganz besonders "Revolver-Jane". Der Western war für ihn ein Lebenselixier, und doch besitzt er auch in anderen Genres bemerkenswerte Popularität. Seine Augen sind voller Argwohn, und sein Mund preßt sich zu einem schmalen Strich zusammen, als Ben Vansitter Fort Bayard erreicht. Die Dunkelheit ist tief und dicht, und nur die brennende Lampe über der Station zeigt an, daß sie besetzt ist. Er sieht über das Tor hinweg und blickt auf die drei Wagen und die Kisten, Tonnen und Warenstapel in der einen Ecke. Und dann denkt er bitter: Sie sind weg. Und wenn ich den verdammten Burschen erwische, der sie fahren ließ, dann bringe ich ihn um. Ich habe Racon Bescheid sagen lassen, daß er Ed nicht fahren lassen soll. Und nun ist Ed Cunnings weg und mit ihm seine Frau und der Junge. Er hört Schritte und das Klirren der Hänger an den Säbelgelenken. Vier Soldaten bleiben stehen, als sie den Schimmel erkennen. Sie starren den großen Mann an. »Vansitter, immer wenn du kommst, wartet die Hölle auf uns. Und es wird niemals anders sein. Du siehst abgehetzt und müde aus«, sagt Sergeant Donald Hume. »Und ich möchte fast sagen, du bist über irgend etwas ziemlich wütend. Vansitter, was ist nun wieder passiert?« »Wo ist Will Racon?« fragt Vansitter kühl und hart. »Hume, die Mimbres sind los. Ich habe mit zwei von ihnen gesprochen.« »Und wo sind die beiden nun?« »Wo sollen sie sein?« sagt Vansitter gleichmütig. »Sie rissen aus, als sie mich sahen, und ich holte sie ein. Und dann habe ich sie gefragt, wo ihre Brüder sind, denn ich fand die Zeltplätze verlassen, und keine Spur von Frauen und Kindern.« »Was sagt Major Green dazu?«

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G.F. Barner – 101 –

Fort Filmore

… eingeschlossen von Indianern

G.F. Barner

Seine Augen sind voller Argwohn, und sein Mund preßt sich zu einem schmalen Strich zusammen, als Ben Vansitter Fort Bayard erreicht.

Die Dunkelheit ist tief und dicht, und nur die brennende Lampe über der Station zeigt an, daß sie besetzt ist. Er sieht über das Tor hinweg und blickt auf die drei Wagen und die Kisten, Tonnen und Warenstapel in der einen Ecke. Und dann denkt er bitter: Sie sind weg. Und wenn ich den verdammten Burschen erwische, der sie fahren ließ, dann bringe ich ihn um.

Ich habe Racon Bescheid sagen lassen, daß er Ed nicht fahren lassen soll. Und nun ist Ed Cunnings weg und mit ihm seine Frau und der Junge.

Er hört Schritte und das Klirren der Hänger an den Säbelgelenken. Vier Soldaten bleiben stehen, als sie den Schimmel erkennen. Sie starren den großen Mann an.

»Vansitter, immer wenn du kommst, wartet die Hölle auf uns. Und es wird niemals anders sein. Du siehst abgehetzt und müde aus«, sagt Sergeant Donald Hume. »Und ich möchte fast sagen, du bist über irgend etwas ziemlich wütend. Vansitter, was ist nun wieder passiert?«

»Wo ist Will Racon?« fragt Vansitter kühl und hart. »Hume, die Mimbres sind los. Ich habe mit zwei von ihnen gesprochen.«

»Und wo sind die beiden nun?«

»Wo sollen sie sein?« sagt Vansitter gleichmütig. »Sie rissen aus, als sie mich sahen, und ich holte sie ein. Und dann habe ich sie gefragt, wo ihre Brüder sind, denn ich fand die Zeltplätze verlassen, und keine Spur von Frauen und Kindern.«

»Was sagt Major Green dazu?« fragt der Sergeant. »Ich habe noch nichts von einem Alarm gehört.«

»Das wirst du noch früh genug, Hume«, erwidert Ben Vansitter trocken. »Wo steckt Will Racon?«

»Ich habe ihn nicht gesehen«, sagt der Sergeant. »Vansitter, bist du auch ganz sicher?«

»Hast du Abraham Floyd gesehen?« fragt Ben.

»Nein«, erklärt der Sergeant. »Ich sah nicht mal seinen alten Gaul. Also wird er auch nicht hier eingetroffen sein. Was ist mit ihm?«

»Ich traf ihn unterwegs und schickte ihn her«, sagt Ben Vansitter grimmig. »Und er ist schlau genug, jeder Indianerfalle auszuweichen. Wenn er nicht angekommen ist, so hat ihn jemand daran gehindert. Und ich will wetten, daß es kein Indianer war. Du kannst Major Green sagen, daß ich in einer Stunde im Fort bin, Donald. Das wäre alles.«

Er nickt dem Kavalleristen zu, steigt ab und bindet seinen gefleckten Schimmel an. Dann geht er auf den Vorbau der Frachtwagenstation zu. Über dem Vorbau bescheint die Lampe sein hartes Gesicht mit den leicht hervortretenden Backenknochen und der scharfen Nase. Sie bescheint seine beiden Revolver, den verbeulten Hut und seine grauen Augen, die voll seltsamer Spannung auf die Tür des Office von Clyde Harris sehen. Diesem Clyde Harris, der sich zu den Freunden von Ben Vansitter rechnet, gehören über dreißig Frachtwagen und achtzig Männer, die für ihn fahren. Er hat die Armeekonzession für New Mexico, Arizona und den westlichen Teil von Texas bis hinauf nach Colorado.

Ben Vansitter geht auf die Tür zu, drückt auf die Klinke und sieht einen Mann auf dem Sofa liegen. Er schläft anscheinend, denn er hat seinen Hut auf das Gesicht gestülpt.

»Mark«, sagt Ben Vansitter heiser.

»Hallo, Mark?«

Er gleitet um den Tisch herum und bleibt mit einem Ruck stehen. Er sieht, daß dieser Mann nicht Mark Norstad, sondern der alte Abraham Floyd ist. Er erkennt es an den Stiefeln.

»Abe«, sagt Ben Vansitter. Er bekommt keine Antwort.

Mit einem Satz ist Ben Vansitter neben dem alten Bergläufer und reißt die Decke weg. Er blickt in ein altes, stoppelbärtiges und eingefallenes Gesicht. Und er denkt voller Bitterkeit, daß dieser Mann sein ganzes Leben lang zu jedem anderen freundlich und immer hilfsbereit war.

Ein Messer hat ihn getötet.

Er starrt wie geistesabwesend auf den alten Mann und kneift die Lippen zusammen. Dann drückt er ihm die Augen zu und dreht sich um. Er sieht zur Hintertür und bemerkt, daß sie einen Spalt offensteht. Sie klappt leicht, als er die Vordertür fest schließt und seinen Revolver langsam aus dem Halfter zieht.

»Das verstehe ich nicht«, sagt er zweifelnd. »Norstad müßte doch hier sein? Und wenn mich nicht alles täuscht, müßte Abe längstens nach dem Mittag in der Stadt eingetroffen sein. Wo ist er die andere Zeit gewesen, wenn nicht hier? Und warum ist dann Ed trotzdem abgefahren?«

Er sieht sich einer Sache gegenüber, die voller Rätsel für ihn ist. Plötzlich befällt ihn die verrückte und beklemmende Ahnung, daß es Mark Norstad vielleicht nicht anders ergangen ist als dem alten Abe. Er geht zu Abe und sieht ihn sich genau an. Und dann weiß er, daß der Alte noch keine zwei Stunden tot sein kann. Vor zwei Stunden ungefähr setzte die Dämmerung ein. Und in dieser Dämmerung wird Mark Norstad die Torflügel des Frachtwagenhofes geschlossen haben.

Wo mag Clyde sein? denkt Ben. Er wollte von Hobbs kommen. Seine drei Ersatzwagen sind auf dem Hof. Also wird er nicht allzu weit entfernt sein. Sollte er in dieser Nacht kommen, so gibt das einen Grund für die brennende Lampe über dem Vorbau. Aber es ist nicht zu begreifen, warum noch niemand diesen Mord entdeckt hat. Irgendwer müßte doch in das Office gekommen sein?

Er verläßt das Office, geht vorsichtig und mit dem Revolver in der Hand über den Hof.

Irgendwo in den Lagerhallen oder Pferdeställen müßte Mark Norstad sein.

Ben Vansitter geht zum Stall, drückt den Riegel hoch und tritt zur Seite. Er stellt seitlich an der Tür und hat seinen Revolver in der Hand.

»Mark, wo steckst du? Gib Antwort, hier ist Vansitter. Wo steckst du?« ruft er.

Er lauscht. Und dann hört er, daß sich irgendwo etwas bewegt, aber es klingt gedämpft und kaum hörbar.

»Mark«, sagt er noch einmal laut. »Gib eine Antwort!«

Es kracht dumpf, und dann poltert es. Aber es kommt keine Antwort, außer diesem Poltern. Langsam greift Ben Vansitter in die Tasche, macht einen Schritt zurück und nimmt aus dem Heuballen, der neben dem Stall liegt, eine Handvoll Heu heraus. Dann reißt er ein Streichholz an der Hose an, steckt es in das Heu und wirft es in den Stall. Der Lichtschein sagt ihm, daß zumindest rechts niemand ist. Mit einem Satz ist er an der anderen Seite und sieht links auch niemand. Er kann aber nicht in die Boxen blicken. Auf dem Heuboden kann sich auch jemand versteckt haben.

Er zaudert einen Augenblick, denn dies kann durchaus eine Falle sein. Dann springt er mit einem Satz in den Stall, wirft sich sofort nach rechts und kracht gegen die Wand einer Box.

Nichts geschieht!

Er richtet sich auf, schiebt sich nach vorn und macht den nächsten Satz auf die gegenüberliegende Seite zu. Und in diesem Augenblick bekommt er die Gewißheit, daß seine Ahnung richtig war.

Der Krach, mit dem der Revolver die Stille im Stall unterbricht, reißt ihn herum. Er duckt sich, und die Kugel reißt die Boxenwand an der Stelle auf, an der er gerade noch stand. Die Feuerwolke ist von oben gekommen, der Abschuß des Colts jagt ein zweites Mal auf und donnert durch den Stall. Mit einem Satz ist Ben Vansitter weg, seine Hand kommt hoch. Und dann schießt er nach oben auf die Dielen des Bodens. Er hört, wie die Kugeln durchschlagen, wie sie oben jaulend abirren, und dann einen Schrei. Ein Mann schreit einmal kurz und schmerzhaft auf. Vansitter schwingt sich über die Boxenwand und kommt hart in der nächsten Box auf. Er preßt sich an die Wand, hört oben jemand laufen und sieht in dem schwachen Lichtschein den Staub durch die Ritzen rieseln. Seine linke Hand reißt den Colt heraus, er schießt auf die ungefähre Richtung des laufenden Mannes und stürmt dann aus der Box. Er rast in den Gang, wirft sich gegen die verschlossene Hintertür. Und dann hört er ein Pferd schrill wiehern, das Tacken der Hufe, und die Tür hat, zugleich mit dem Brüllen eines Colts, der draußen abgefeuert wird, eine Reihe Löcher. Er steht hinter der Tür, flucht erbittert und tritt mit dem Stiefel zu.

Krachend fliegt die Tür auf, der Riegel reißt ab, und Ben Vansitter stürmt nach draußen. Er sieht gerade noch den Schatten eines Reiters hinter der Buschreihe verschwinden, reißt seine beiden Eisen hoch, aber er weiß, daß es zu spät ist. Erkannt hat Vansitter den Burschen nicht, aber verwundet hat er ihn irgendwo. Und dies allein wird vielleicht ausreichen, um ihn zu finden.

Fluchend reißt er ein Streichholz an, nimmt die Stallaterne vom Haken und steckt sie an. Als der Schein sich verbreitet, sieht er sich um, bleibt stehen und sagt laut und scharf: »Mark, wo steckst du? Er hat mich nicht erwischt. Melde dich gefälligst!«

Er hört das Krachen wieder, dreht sich um und geht den Gang entlang. Von draußen hört er jemanden rufen, bleibt stehen, als das Krachen aus der rechten Ecke vor dem Eingang kommt und sieht auf die schwere Transportkiste, die neben dem Futterkasten steht. Er sieht, wie sich die Bretter bewegen. Er stellt die Lampe auf den Boden. Dann schleudert er die drei Salzsäcke von der Kiste, reißt den Deckel hoch und sieht in die Kiste.

Mark Norstad liegt gefesselt und geknebelt in der Kiste.

Vansitter bückt sich und zieht den krebsroten Mark Norstad aus der Kiste. Dann nimmt er sein Messer, zertrennt Norstads Fesseln und nimmt ihm den schmutzigen Knebel aus dem Mund.

Norstad keucht heiser, sackt gegen die Kiste und holt saugend Luft, schüttelt sich und braucht drei Sekunden, ehe er etwas sagen kann, aber es ist zuerst ein Fluch.

»Hölle«, sagt Norstad grimmig. »Diese verdammten Schurken. Das ist mehr, als ein alter Mann vertragen kann. Hölle, ich dachte, ich müßte ersticken. Wer waren die Schufte? Ich hörte zwei Mann nur verdammt leise reden. Wer war es? Und was ist das für ein übler Scherz?«

»Ein ziemlich übler Scherz, das ist richtig, Mark«, erwidert Vansitter heiser. »Hast du die Kerle nicht an der Stimme erkannt?«

»Zum Teufel, nein«, erklärt Norstad. »Ich steckte da drin, und sie redeten leiser als leise. Dann wurde es ruhig. Ist was passiert?«

»Genug, um dich krank zu machen«, sagt Vansitter grimmig. »Wann kam Abe Floyd zu dir?«

»Abe?« fragt Mark. »Es war kurz vor der Dämmerung. Er hatte getrunken und redete von Indianern und einem Krieg. Aber es war lauter unsinniges Zeug. Dann legte er sich hin und fragte, ob er die Nacht bleiben könnte. Was sollte ich dagegen haben? Er sagte, Ed sollte nicht abfahren. Und als ich ihm klar machte, daß Ed schon vor drei Stunden gefahren sei, schüttelte er den Kopf. Er wollte aufstehen, fiel aber um. Da habe ich ihn hingelegt, und er schlief sofort ein.«

»Und nun wacht er nicht mehr auf«, sagt Ben Vansitter zähneknirschend.

»Was ist denn mit ihm? Hat er wieder mal zuviel getrunken?«

»Ach was«, sagt Vansitter heiser. »Er ist erstochen worden, Mark!«

Mark richtet sich jäh auf und starrt ihn entsetzt an.

»Was?« fragt er heiser. »Wann denn?«

»Während er schlief«, erwidert Vansitter gallig. »Du hast ihn auf das Sofa gelegt und ihn zugedeckt?«

»Zugedeckt?« fragt Norstad erschüttert. »Er hatte keine Decke und lag so auf dem Sofa. Nach einer Weile bin ich hinausgegangen, um das Tor zu schließen. Ich suchte zuerst nach seinem Pferd, sah es aber nirgends. Und da bin ich zum Tor gegangen. Als ich an den Kisten war, hat mich jemand niedergeschlagen. In der Kiste wachte ich wieder auf.«

»Komm mit hinein«, sagt Ben Vansitter.

Mark geht vor ihm her in das Office und wird kreidebleich, als er Abe Floyd sieht.

»Mark«, sagt Vansitter spröde. »Hat er dir gesagt, daß ich kommen würde?«

»Ja. Er sagte, du würdest noch vor Mitternacht kommen, und er müßte Ed Bescheid geben. Und dann fiel er um. Er hatte sehr viel getrunken«, antwortet Norstad gepreßt. »Mein Gott, Ben, was machen wir nun? Sind die Indianer wirklich auf dem Kriegspfad?«

»Das ist es«, sagt Ben Vansitter gallig. »Ich habe Abe aufgetragen, zu Will Racon zu reiten. Racon ist Deputy-Sheriff und sollte Ed Cunnings warnen. Wo steckt Racon?«

»Ich habe ihn heute mittag aus der Stadt reiten sehen«, erwidert Mark heiser. »So viel ich weiß, wollte er zum Sheriff nach Deming.«

»Und sicher ist er vor morgen früh nicht zurück, wenn er überhaupt zurückkommt«, sagt Vansitter düster. »Du kannst den Doc holen und den Leichenbestatter, Mark. Ich sehe mich nach Abes Pferd um. Und ich sollte mich verdammt täuschen, wenn ich es nicht in der Nähe von Racons Office finde.«

Er nickt Mark Norstad zu und geht hinaus. Auf der Straße kommen ihm ein halbes Dutzend Männer entgegen, die ihn neugierig und etwas furchtsam ansehen. Sie alle kennen ihn und wissen, daß er zumeist zwischen den einzelnen Forts reitet und alle Monate einmal in eine Stadt kommt, um Proviant zu kaufen. Sein Erscheinen in der Stadt ist immer ein Schauspiel, denn es soll Leute geben, die bei seinem Kommen die Stadt so schnell verlassen, daß sie die Hälfte ihrer Sachen vergessen.

»Vansitter, was war los?« fragt Burt Mistral, der Schneider, heiser. »Da hat doch jemand vor zehn Minuten geschossen?«

»Sicher«, erwidert Ben glatt. »Jemand schoß auf mich und traf nicht. Einer von euch kann Mark helfen. Sie haben den alten Abe im Schlaf erstochen. Seht euch nach Abes Pferd um. Hat es einer gesehen?«

»Abe ist tot?« fragt Newman, der Bäcker. »Wer, zum Teufel, hat das gemacht? Sein Pferd steht auf dem Hof von Budd Rodeys Inn.«

»Well«, sagt Vansitter nur und läßt die verwirrten Männer stehen.

Er geht hastig über den Gehsteig und nähert sich dann dem Haus von Rodey. Das Haus hat einen schlechten Ruf, in ihm verkehren einige jener Ladies, die heute diesen und morgen jenen Liebhaber haben. Es sind zumeist Mexikanerinnen, dazu kommen einige der Grenzschmuggler und dergleichen Leute mehr. Der Saloon wird auch von Soldaten besucht, aber um die Mittagszeit, in der Abe in die Stadt gekommen ist, ist das Haus zumeist leer.

Vansitter kennt diesen Bau von innen. Er hat irgendwann einmal Conchita Pereiez aus dem Laden geholt, die sich in einen verheirateten Staff-Sergeant aus Fort Bayard verliebte und dem Mann überallhin nachlief. Ihr Bruder, ein kleiner und schmächtiger Mexikaner, der dreimal von den Partnern des Staff-Sergeant verprügelt worden war, bat ihn darum. Und seit dieser Zeit hat Budd Rodey eine Art von Respekt vor Vansitter, die sich in einem äußerst höflichen Benehmen äußert.

Er geht in den Hof des Saloons, in dem auch ein Mietstall untergebracht ist.

Er ist leer, im Stall brennt eine Lampe, aber auf Bens Rufe antwortet niemand. Er sieht das Pferd des alten Abe, das in der Dunkelheit zwischen Stall und Schuppen steht.

»Juan«, ruft Vansitter, »Juan, wo steckst du wieder?«

Juan Olvarez antwortet nicht, und er dreht sich um. Langsam geht er wieder aus dem Tor, zieht den Gaul des alten Abe hinter sich her und bindet ihn auf der Straße an den Haltebalken vor dem Saloon.

*

Ben Vansitter stößt die Flügeltüren auf und geht langsam in den Raum. Sie starren ihn an den Tischen an, und die Ladies lachen nicht mehr. Er steht da in seiner Lederkleidung und mit den beiden Eisen an den Schenkeln. Jeder sieht das krumme Messer in der gebogenen Scheide an seinem Gurt. Hinter dem Tresen hebt Budd Rodey hastig den Kopf. Er stellt eine Flasche hin, aus der er gerade einschenken will, und kommt um den Tresen herum. Sein breitflächiges Gesicht mit den kleinen Augen wendet sich Vansitter zu.

Vansitters Augen huschen durch den Saloon, sie durchdringen den Schleier aus Tabakrauch und Whiskydunst.

»Budd, ich suche jemand«, sagt Vansitter kühl. »Wo ist Juan Olvarez, er muß den Mann gesehen haben.«

»Juan?« fragt Rodey und wird blaß. »Ben, ich weiß nicht, was Juan damit zu tun haben soll. Wen suchst du?«

»Ich suche den Mann, den Abe Floyd traf, als Abe in die Stadt kam. Er stellte sein Pferd auf den Hof hier. Und Juan muß gesehen haben, wer bei Abe war. Wo ist Juan?«

Seine Stimme klingt völlig flach. Und doch schwingt die düstere Drohung, die eine Antwort erheischt, in ihr mit.

In seinem Rücken sagt einer der Männer »Vansitter, ich habe es gesehen!«

Sie zucken zusammen, als Vansitter mit der Behendigkeit einer Schlange fast lautlos herumgleitet und Tude Steines ansieht.

Tude Steines nimmt den Blick weg, denn die kalten und grauen Augen glitzern verdächtig. Es ist ein Blick, von dem einige Leute sagen, er sei nicht zu ertragen.

»Also, Tude, was hast du gesehen?« fragt Vansitter knapp. »Wann kam Abe, und wer war bei ihm?«

»Es war eine Stunde nach dem Mittag«, erwidert Steines. »Abe kam mit Price Mannard in die Stadt. Mannard hatte einen Wagen bei sich. Sie ritten beide hier auf den Hof. Mannard ging dann mit Abe nach nebenan in den Pree­state-Saloon. Es sah aus, als wollte Abe nicht mit, aber er ging trotzdem. Ich hörte Mannard etwas von einer Flasche Whisky sagen.«

»Das ist eine Erklärung«, sagt Vansitter leise. »Abe konnte noch niemals nein sagen, wenn er ein Glas Whisky angeboten bekam. Budd, ist er irgendwann bei dir gewesen? Steines, vielen Dank für die Auskunft.«

Steines winkt ab. Er ahnt irgendwie, daß etwas geschehen sein muß.

»Er war nicht hier, ich hätte es wissen müssen«, sagt Budd Rodey.

Ben Vansitter verläßt den Saloon. Er ist sicher, daß Rodey Abe nicht gesehen hat. Er geht zum Preestate-Saloon. Dieser Saloon gilt in der Stadt als der Treffpunkt aller Offiziere des Forts.

Er geht hinein und sieht im Flur, von dem zwei große und stets offene Türen in den Saloon und das Speisezimmer führen, den Clerk hinter seinem Pult sitzen. Der Clerk sieht aus seinem weißen Gattenmörderkragen wie ein Vogel mit langem Hals heraus und sagt, während er sich devot verbeugt: »Guten Abend, Mr. Vansitter. Ich hoffe, die Zeiten sind friedlich. Nur kein Ärger in diesem Haus.«

»Halt die Luft an, Joks«, brummt Ben gleichmütig. »Ich erinnere mich, daß dein Vater ein Trinker und du eine Zeitlang ein Kartenhai gewesen bist. Mach es nur nicht zu vornehm, du könntest dir noch den Hals verrenken. Ist Mannard hier gewesen und war Abe Floyd bei ihm?«

Der Clerk schluckt heftig, und Ben denkt, daß es ihm nichts schaden kann, wenn er ab und zu eine Lektion bekommt.