Frau Hitt - Else Ury - E-Book

Frau Hitt E-Book

Else Ury

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Beschreibung

Mariannle fährt mit ihren Eltern nach Tirol und sie freut sich sehr! Es gibt hier nämlich so schöne Berge, noch schöner als zuhause in Bayern. Papa verspricht Mariannle einen klaren Blick auf die Zillertaler Gletscher und erzählt über Frau Hitt. Frau Hitt wohnt hoch oben, versteinert in einer Felswand. Mariannle hat einmal das Gedicht über Frau Hitt in ihrem Lesebuch gesehen, aber wird sie jetzt, während ihrer Reise in Tirol, mehr über diese seltsame Frau Hitt erfahren? -

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Seitenzahl: 39

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Else Ury

Frau Hitt

 

Saga

Frau Hitt

 

Coverbild/Illustration: Shutterstock

Copyright © 1923, 2021 SAGA Egmont

 

Alle Rechte vorbehalten

 

ISBN: 9788726884609

 

1. E-Book-Ausgabe

Format: EPUB 3.0

 

Dieses Buch ist urheberrechtlich geschützt. Kopieren für gewerbliche und öffentliche Zwecke ist nur mit der Zustimmung vom Verlag gestattet.

Dieses Werk ist als historisches Dokument neu veröffentlicht worden. Die Sprache des Werkes entspricht der Zeit seiner Entstehung.

 

www.sagaegmont.com

Saga ist Teil der Egmont-Gruppe. Egmont ist Dänemarks größter Medienkonzern und gehört der Egmont-Stiftung, die jährlich Kinder aus schwierigen Verhältnissen mit fast 13,4 Millionen Euro unterstützt.

»Morgen geht's ins Tiroler Land 'nein – hurra, morgen fahren wir 'nüber nach Innsbruck!« Ein etwa zehnjähriges Dirnlein im geblümten Bauernkleid sprang in seliger Vorfreude durch das Berggärtchen hinauf zur saftgrünen Matte. »Resi, waren Sie schon einmal in Tirol drüben?« erkundigte es sich wichtig bei dem Leinenzeug zur Bleiche breitenden Stubenmädel.

»Aber freilich, i bin doch in Innschbruck daheim«, meinte dieses gleichmütig.

»Und da kommen Sie hierher nach Bayern, wenn Sie in Innsbruck daheim sind?« In unbegreiflichem Staunen riß Mariannle ihre großen Blauaugen noch weiter auf als gewöhnlich. »Tut's Ihnen denn hier in Mittenwald gefallen?«

»Wo i halt das meiste Geld verdien', da muß mer's g'falle.« Resi breitete das nasse Bettuch auf den Rasen und hielt die Angelegenheit für erledigt.

Nicht so Mariannle. Nein, wie konnte die Resi nur aus ihrem schönen Heimatland hinaus nach Bayern herübergehen! In der dritten Woche weilte Mariannle mit ihren Eltern nun schon in Mittenwald zur Sommerfrische und hatte nur den einen Wunsch: Hinüber nach Tirol! Das »gelobte Land« nannte es der Vater scherzhaft, weil man es nur von weitem schauen durfte, ohne es betreten zu können; denn die österreichisch-bayerische Grenze lag unweit der beliebten Sommerfrische und wurde streng kontrolliert. Wer einen roten Grenzschein hatte, durfte auf zwei Tage hinüber. Ach, wie beneidete Mariannle diese Glücklichen! Wie lag sie den Eltern täglich in den Ohren, doch auch solche roten Scheine zu erstehen, um des Glücks teilhaftig zu werden, Tiroler Land betreten zu dürfen. Aber die Eltern fanden, daß ihr Töchterchen hier in Mittenwald genug des Guten habe.

»Das Karwendelgebirg' ist auf tirolischer Seite auch net höher als auf bayerischer, Mariannle«, neckte sie der Vater. Das glaubte Mariannle einfach nicht. In Tirol gab es Schneeberge. In München, bei Fräulein Dieten in der Geographiestunde hatte sie es gelernt.

»Wer weiß, Mariannle, ob es dir in Tirol halt so gut gefallen tut wie hier in Mittenwald«, hatte auch die Mutter gemeint.

Das glaubte Mariannle nun noch weniger. Alles, wovon sie in Mittenwald bisher begeistert gewesen: der jähe Felsabsturz der gigantischen Bergriesen, die lustigen Häuslein mit ihren bunten Malereien und noch bunteren Berggärtchen, die so malerisch den Wiesenhang hinaufkletterten, die gewaltigen Föhrenriesen und zart lichten Lärchenprinzessinnen, ja selbst die blumigen Almen in ihrer verlockenden Pracht mit Herdengeläut und übermütigen Geißen hatten ihre Anziehungskraft für Mariannle verloren. Nicht mal das Goethehaus, in dem Goethe auf seiner italienischen Reise übernachtete und das den Höhepunkt für den nächsten Aufsatz »Meine Sommerferien« bilden sollte, machte noch auf Mariannle Eindruck. Tag und Nacht, im Wachen und Träumen dachte sie nur an Tirol.

Mit den beiden Fiedler-Buben, die im Hause wohnten, war sie schon zweimal die Landstraße an der schäumenden Isar entlang nach Scharnitz gewandert. Dort stand der gelbschwarze Grenzpfahl, dort war der Schlagbaum und der Respekt einflößende Grenzbeamte.

Das erstemal hatte das Mariannle nur mit andächtigen Blicken hinübergeschaut in das Land ihrer Sehnsucht.

Die Buben waren unternehmungslustiger. »Ob wir g'schwind durchschlüpfen, der Grenzonkel ist grad' in seiner Zeitung vertieft«, schlug der Seppel vor.

Hansi nickte spitzbübisch. Mariannle schlug das Herz ob des Wagnisses bis in den Hals hinein.

»Einer nach dem andern!« kommandierte Seppel, seine laute Jungenstimme zu zartem Geflüster dämpfend. Keck machte er einen Schritt vorwärts in das Reich des gelbschwarzen Grenzpfahls hinein.

Da surrte eine Fliege um die Nase des Gendarmen. Der juckte sich und schaute auf. Hui – wie die wilde Jagd stürmten die drei zurück in das blauweiße Grenzgebiet, zurück ins Bayernland, als ob ihnen der Gendarm auf den Fersen wäre.

Tagelang wagten sie sich nicht wieder auf die Scharnitzer Chaussee. Aber schließlich war die Anziehungskraft des gelbschwarzen Holzpfahls doch stärker als die Gendarmenfurcht. Wieder standen die drei am Schlagbaum mit hungerigen Augen, als ob das Schlaraffenland ihnen winke.

Dem Beamten, der diesmal angelegentlich damit beschäftigt war, seine Pfeife zu stopfen, mußte die stumme Gesellschaft schließlich auffallen.

»Ja, was wollt's denn, Kinderle?« begann er die Unterhaltung, denn er langweilte sich.