Frauen in der Volksversammlung - Aristophanes - E-Book

Frauen in der Volksversammlung E-Book

- Aristophanes

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Beschreibung

Frauen an die Macht! Ginge es in der Gesellschaft nicht viel gerechter zu, wenn die Athenerinnen die Staatsgeschäfte lenkten statt ihre Männer? Keiner sollte etwas besitzen, alles sollte allen gemeinsam sein – Land, Essen und auch Frauen und Kinder. Aber, fragen die Männer, will dann nicht jeder Mann mit der gleichen Frau schlafen, nämlich mit der Schönsten? Ja, antworten die Frauen. Das darf er auch, aber erst sind die Alten und Hässlichen dran! Wie schon in seinen anderen Komödien lässt Aristophanes die Protagonisten auch hier einen irrsinnigen Plan entwerfen und umsetzen – diesmal zum Leidwesen der männlichen Mitbürger.  

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Seitenzahl: 105

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Frauen in der Volksversammlung

Aus dem Griechischen übersetzt und herausgegeben von Niklas Holzberg

Reclam

Originaltitel: ΕΚΚΛΗΣΙΑΖΟΥΣΑΙ

 

2017 Philipp Reclam jun. GmbH & Co. KG, Siemensstraße 32, 71254 Ditzingen

Gesamtherstellung: Philipp Reclam jun. Verlag GmbH, Siemensstraße 32, 71254 Ditzingen

Made in Germany 2017

RECLAM ist eine eingetragene Marke der Philipp Reclam jun. GmbH & Co. KG, Stuttgart

ISBN 978-3-15-961271-3

ISBN der Buchausgabe 978-3-15-019480-5

www.reclam.de

Inhalt

Frauen in der VolksversammlungAnhangLiteraturhinweiseBibliographien und ForschungsberichteAusgaben, Scholien, Kommentare, ÜbersetzungenUntersuchungenNachwort

Frauen in der Volksversammlung

Personen

PRAXAGORA

CHOR DER ATHENISCHEN FRAUEN

ERSTE FRAU

ZWEITE FRAU

BLEPYROS (Mann der Praxagora)

NACHBAR des Blepyros

CHREMES

MANN

HEROLDIN

ERSTE ALTE FRAU

JUNGES MÄDCHEN

EPIGENES

ZWEITE ALTE FRAU

DRITTE ALTE FRAU

DIENERIN der Praxagora

 

 

Stumme Personen

 

Sikon und Parmenon (Sklaven des Nachbarn); zwei Mädchen.

Straße in Athen mit drei Häusern im Hintergrund. Es ist kurz vor der Morgendämmerung. Praxagora kommt aus der Tür des mittleren Hauses. Als Mann verkleidet, trägt sie in der rechten Hand eine brennende Lampe, in der linken einen Spazierstock sowie zwei Kränze und einen genähten Bart.

PRAXAGORA.

1

O du, der radgetriebnen Lampe helles Aug2,

erfunden von treffsichren Menschen wunderschön –

denn kundtun will ich deine Herkunft und dein Los:

Getrieben auf dem Rad im töpferischen Schwung,

hast in den Nüstern du der Sonne Ruhmesglanz –,5

beweg die Feuerzeichen, die vereinbart sind!

(Sie schwenkt die Lampe hin und her.)

Denn dir nur offenbarn wir uns – mit Recht, da du

auch in den Schlafgemächern nah uns stehst, wenn wir

die Wendungen der Aphrodite3 ausprobiern;

und biegen unsre Körper sich entgegen, schließt10

dein Aug, den Wächter, niemand aus den Häusern aus.

In die geheimen Winkel unsrer Schenkel scheinst

nur du, wenn du wegsengst das Haar, das darauf sprießt;

wenn heimlich wir die Kammern4 öffnen, voll von Frucht

und Bakchos’ Strom, stehst mit an unsrer Seite du,

machst mit sogar und plauderst nichts den Nächsten aus.15

Dafür erfährst du unsren gegenwärt’gen Plan,

den meine Freundinnen am Skiren-Fest5 gefasst.

(Sie blickt nach rechts und links.)

Aber keine ist anwesend von denen, die hätten kommen sollen. [20] Und es geht doch schon gegen Morgen, die Volksversammlung6 [21] wird sehr bald stattfinden. Reservieren müssen wir uns Plätze [23] und, ohne erkannt zu werden, uns hinsetzen als Onanisierte, [22] wie Phyromachos einst <statt Organisierte> sagte,7 wenn ihr euch noch erinnert. [24] Was mag nur sein? Haben sie [25] die Bärte nicht genäht, die sie, wie ihnen gesagt war, bei sich haben sollten? Oder war es schwer für sie, unbemerkt die Männermäntel zu stehlen? Aber da sehe ich eine Lampe herankommen. Schnell jetzt, ich will wieder zurücktreten, falls, wer herankommt, zufällig irgendein Mann ist.

(Sie tritt zurück, während eine Gruppe von Frauen erscheint, die Männermäntel, Stiefel, Spazierstocke und falsche Bärte tragen. Einige von ihnen formieren sich zum Chor.)

CHORFÜHRERIN

(zu den Frauen ihrer Gruppe). [30] Es ist Zeit zu gehen, denn der Herold8 hat soeben, als wir herankamen, zum zweiten Mal gekräht.

PRAXAGORA

(tritt wieder hervor). Ich habe auf euch gewartet und war wach, die ganze Nacht. (Sie geht auf das linke Haus zu.) Doch schnell, ich will meine Nachbarin hier herausrufen, indem ich nur an ihrer Tür kratze; [35] ihr Mann darf nämlich nichts merken. (Sie kratzt an der Tür auf der linken Seite; eine Frau schlüpft in Männerschuhen aus dem Haus, mit den bekannten Gegenständen und einem Körbchen in den Händen.)

ERSTE FRAU.

Ich hörte dich, als ich gerade die Schuhe zuband, mit den Fingern an der Tür kratzen, weil ich nicht schlafen konnte. Denn mein Mann, Liebste – Salaminier ist nämlich der, mit dem ich zusammen bin! –, hat mich die ganze Nacht auf den Matratzen gerudert9, [40] so dass ich eben erst seinen Mantel hier nehmen konnte.

PRAXAGORA.

Jetzt sehe ich auch schon Kleinarete und die Sostrate da herankommen und Philainete.

CHORFÜHRERIN

(zu den Herankommenden). Wollt ihr euch wohl beeilen? Wo Glyke doch geschworen hat, dass die von uns, die zuletzt kommt, drei Krüge [45] Wein und eine Schüssel Kichererbsen10 als Strafe zahlen muss!

PRAXAGORA.

Siehst du nicht Smikythions Frau Melistiche in seinen Schuhen herbeieilen? Und sie scheint mir als Einzige in aller Ruhe von ihrem Mann losgekommen zu sein.

ERSTE FRAU.

Siehst du nicht Geusistrate11, die Frau des Wirts, [50] mit der Fackel in ihrer Rechten?

PRAXAGORA.

Und ich sehe die Frau des Philodoretos und die des Chairetades herankommen, und sehr viele andere Frauen – alles, was irgendetwas taugt in der Stadt.

ZWEITE FRAU.

Ich jedenfalls, Liebste, [55] bin mit größter Mühe entkommen und hergeschlichen. Denn mein Mann hat die ganze Nacht gehustet, weil er sich abends mit Sardellen vollgestopft hatte.

PRAXAGORA.

Setzt euch also hin, damit ich euch dies frage, da ich euch versammelt sehe: ob ihr alles getan habt, was wir beim Skiren-Fest beschlossen haben?

ERSTE FRAU.

[60] Ja, ich! Erstens habe ich die Achselhöhlen dichter als einen Busch, wie es vereinbart war. Ferner habe ich, wann immer mein Mann zur Agora12 ging, meinen ganzen Körper eingeölt, den ganzen Tag lang in der Sonne gestanden und mich bräunen lassen.13

ZWEITE FRAU.

[65] Ich auch! Als Erstes habe ich mein Rasiermesser aus dem Haus geworfen, um ganz und gar behaart zu werden und überhaupt nicht mehr nach Frau auszusehen.

PRAXAGORA.

Und habt ihr die Bärte, die ihr alle, wie euch gesagt war, haben solltet, wenn wir uns versammeln?

ERSTE FRAU

(zeigt den Bart, den sie in der Hand hat). [70] Ja, bei Hekate14, einen schönen habe ich hier!

ZWEITE FRAU.

Und ich habe einen viel schöneren als Epikrates15.

PRAXAGORA

(zu den übrigen Frauen). Aber ihr, was sagt ihr?

ERSTE FRAU.

Sie sagen Ja; sie nicken jedenfalls.

PRAXAGORA.

Und das andere, ich sehe es, ist von euch getan worden. Denn ihr habt Spartanerstiefel und Stöcke bei euch [75] und die Männermäntel, wie wir sagten.

ERSTE FRAU.

Ich jedenfalls habe den Stock heimlich herausgebracht, den da von Lamios16, als er schlief.

ZWEITE FRAU.

Das ist also der Stock, mit dem er furzend herumläuft!17

PRAXAGORA.

Bei Zeus dem Retter, er wäre wohl wie kein anderer geeignet, [80] mit dem Fell des Allsehers18 bekleidet Futter zu verschaffen – dem Scharfrichter.19 Doch vorwärts, dass wir auch das Weitere tun, solange noch Sterne am Himmel sind. Die Volksversammlung, in die wir [85] zu marschieren gerüstet sind, wird bei Morgengrauen beginnen.

ERSTE FRAU.

Ja, bei Zeus, und deshalb müssen wir Plätze besetzen, am Fuß des Felsens, direkt den Prytanen20 gegenüber.

ZWEITE FRAU

(zeigt auf ihren Korb). Dies hier habe ich, bei Zeus, mitgebracht, damit ich, während sich die Volksversammlung füllt, Wolle krempeln kann.

PRAXAGORA.

[90] Während sie sich füllt, du Dumme?

ZWEITE FRAU.

Ja, bei Artemis, das will ich. Höre ich denn weniger gut zu, wenn ich dabei kremple? Und meine Kinder sind nackt!

PRAXAGORA.

Sieh an, krempeln! Wo du doch von deinem Körper den Männern, die dort sitzen, nichts zeigen sollst! [95] Da würden wir ja etwas Schönes erleben, wenn die Leute vollzählig wären, und dann stiege eine über sie, zöge ihr Kleid hoch und zeigte dabei – den Phormisios21! Wenn wir uns jedoch als Erste hinsetzen, schlagen wir unbemerkt die Mäntel eng um uns herum. Und wenn wir den Bart, [100] den wir dort umbinden werden, herunterwallen lassen, wer sollte uns nicht für Männer halten, wenn er uns sieht? Agyrrhios22 jedenfalls hat den Bart des Pronomos unbemerkt getragen. Und doch war er früher eine Frau. Jetzt aber, siehst du, macht er es in der Polis mit den Besten.23 [105] Deswegen, wahrlich, bei dem heraufkommenden Tag, wollen wir ein so großes Wagnis wagen und sehen, ob wir irgendwie die Angelegenheiten der Polis übernehmen können, um der Polis etwas Gutes zu tun. Jetzt nämlich kommen wir weder mit Segeln noch mit Rudern voran.24

ERSTE FRAU.

[110] Und wie wird die weiblich denkende Frauenvereinigung Reden vor dem Volk halten?

PRAXAGORA.

Doch wohl am besten. Denn man sagt, dass auch von den jungen Männern alle, die am meisten gebumst werden, am gewaltigsten sind im Reden,25 und das ist bei uns zum Glück der Fall.

ERSTE FRAU.

[115] Ich weiß nicht; aber schrecklich ist die Nicht-Erfahrung.26

PRAXAGORA.

Haben wir uns nicht gerade deshalb hier versammelt, um vorher zu üben, was man dort reden muss? Jetzt binde sofort den Bart um, und das sollen auch alle anderen tun, die sich im Reden irgendwie geübt haben.

ZWEITE FRAU.

[120] Wer von uns, meine Liebe, versteht sich nicht aufs Reden?

PRAXAGORA.

Los jetzt, binde du ihn um und werde schnell zum Mann! Ich lege die Kränze hin und will auch selbst zusammen mit euch den Bart umbinden, für den Fall, dass ich beschließe, etwas zu sagen.

(Praxagora, erste und zweite Frau binden sich die falschen Bärte um.)

ZWEITE FRAU

(sieht in einen Spiegel). Hierher, meine süßeste Praxagora; (Sie lässt sie in den Spiegel sehen.) schau, meine Liebe, [125] wie wahrhaft lächerlich das Ding aussieht!

PRAXAGORA.

Inwiefern lächerlich?

ZWEITE FRAU.

Wie wenn man leicht gerösteten Tintenfischen einen Bart umbände.27

PRAXAGORA

(in der Rolle des Herolds28). Weihepriester, herumzutragen ist das Wiesel29! Tretet nach vorne! Ariphrades30, hör auf zu reden! [130] Tritt nach vorne und setz dich hin! Wer will eine Rede halten?

ZWEITE FRAU.

Ich.

PRAXAGORA.

Lege also den Kranz um,31 und viel Glück!

ZWEITE FRAU

(setzt sich den Kranz auf). So!

PRAXAGORA.

Los, rede!

ZWEITE FRAU.

Also bevor ich getrunken habe, soll ich reden?32

PRAXAGORA.

Sieh an! Trinken!

ZWEITE FRAU.

Wozu, meine Liebe, habe ich mich denn bekränzt?

PRAXAGORA.

Geh fort, weg hier! So etwas hättest du uns auch [135] dort angetan!

ZWEITE FRAU.

Was? Trinken sie nicht auch in der Volksversammlung?

PRAXAGORA.

Sieh an, bei dir »trinken sie«!

ZWEITE FRAU.

Ja, bei Artemis, noch dazu ganz Starken!33 Ihre Beschlüsse jedenfalls sind – bedenkt man alles, was sie tun – wie die verrückten Taten Betrunkener. [140] Sie bringen, bei Zeus, ja auch Trankopfer dar. Oder weswegen würden sie so viel beten, wenn da kein Wein wäre? Und sie beschimpfen sich gegenseitig wie Besoffene, und wer im Rausch randaliert, den tragen die Bogenschützen34 hinaus.

PRAXAGORA.

Du geh und setz dich hin. Denn du bist nichts wert.

ZWEITE FRAU

(legt den Kranz ab und kehrt zu ihrem Platz zurück). [145] Bei Zeus, keinen Bart zu haben wäre wahrhaft besser für mich gewesen! Vor Durst werde ich nämlich, wie es scheint, vertrocknen.

PRAXAGORA.

Ist da irgendeine andere, die reden will?

ERSTE FRAU.

Ich.

PRAXAGORA.

Also los, bekränze dich; denn die Sache wird jetzt ausgeführt. (Erste Frau setzt den zweiten Kranz auf.) Sieh nun zu, dass du wie ein Mann und gut redest, [150] den Körper fest auf den Stock gestützt!35

ERSTE FRAU.

Ich wollte, ein anderer, einer von denen, die zu reden gewohnt sind, sagte, was das Beste ist, damit ich still dasitzen könnte. Nun aber, soweit es auf meine eine Meinung ankommt: Ich werde nicht zulassen, dass man in den Wirtshäusern [155] Wasserbehälter installiert.36 Ich bin nicht dafür, bei den beiden Göttinnen.37

PRAXAGORA.

»Bei den beiden Göttinnen«, du Dumme! Wo hast du den Verstand?

ERSTE FRAU.

Was ist denn los? Ich habe doch nicht zu trinken von dir verlangt.

PRAXAGORA.

Nein, bei Zeus, aber als Mann hast du bei den beiden Göttinnen geschworen; und doch hast du ansonsten sehr gewandt geredet.

ERSTE FRAU.

[160] O ja, bei Apollon38 …

PRAXAGORA.

Hör also jetzt auf; denn ich werde keinen Fuß mehr vor den anderen setzen, um zur Volksversammlung zu gehen, wenn das nicht exakt beherrscht wird.

ZWEITE FRAU.

Her mit dem Kranz, ich werde noch einmal reden. Denn ich glaube, ich habe es jetzt richtig eingeübt. (Sie setzt den Kranz auf.) [165] Mir nämlich, ihr Frauen, die ihr da sitzt –

PRAXAGORA.

»Frauen« nennst du schon wieder die Männer, du Elende?

ZWEITE FRAU

(zeigt auf die Zuschauer). Wegen Epigonos39 dort. Als ich nämlich dorthin blickte, glaubte ich zu Frauen zu reden.

PRAXAGORA.

Mach auch du dich davon und setz dich fern von hier hin! [170] Ich selbst nämlich, denke ich, werde, weil ihr eben so seid, diesen hier nehmen und reden. (Sie setzt den Kranz auf.) Zu den Göttern bete ich, dass es mir gelingt, das Geplante zustande zu bringen. Ich nehme gleichen Anteil an diesem Land wie ihr; und ich bin verärgert und betrübt [175] über die ganzen Schwierigkeiten der Polis. Denn ich sehe, dass sie zu Führern Leute nimmt, die permanent Schurken sind; auch wenn einer einen einzigen Tag lang anständig ist, ist er zehn Tage lang ein Schurke. Du hast die Polis einem anderen anvertraut? Er wird noch mehr Unheil anrichten! [180]