FrauenMACHT! - Marion Knaths - E-Book

FrauenMACHT! E-Book

Marion Knaths

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Beschreibung

Praktische Kommunikationstipps von einer ausgewiesenen Expertin Die Strukturen in Organisationen und Unternehmen sind immer noch stark von Männern geprägt. Wie man sich in diesem Umfeld als Frau erfolgreich verhält, ohne sich verbiegen zu müssen, schildert die renommierte Führungskräftetrainerin Marion Knaths. Sie war selbst leitende Angestellte eines Konzerns. Verstehen Sie hierarchisch?  Es gibt viele Gründe, warum die »gläserne Decke« Frauen nach wie vor den beruflichen Aufstieg erschwert. Über einen der Gründe wird erstaunlich wenig geredet: die Kommunikation. Frauen kommunizieren oft anders als Männer und haben es deshalb schwerer, sich in von Männern dominierten Organisationen durchzusetzen. Mit Esprit und Verve Mit Esprit und Verve erklärt die erfolgreiche Unternehmensgründerin die wichtigsten professionellen Kommunikationsregeln. Anhand vieler Beispiele aus ihrer langjährigen Praxis in ihrer Firma sheboss führt sie die Leserin und den Leser Schritt für Schritt zum Erfolg. Immer mit Humor und immer mit dem Ziel, den Einfluss von Frauen auf die Spielregeln zu vergrößern.

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Inhalt

Cover & Impressum

Widmung

Vorwort

Fräulein – junge Frau – Witwe

Heldinnen

Die wollen gar nicht

Nicht die Persönlichkeit, sondern das Verhalten ändern im Hinblick auf ein Ziel

Die Spielregeln der Kommunikation in Organisationen

Hierarchische und non-hierarchische Kommunikation

Eine Besprechung beginnt

Unterbrechungen

Die lieben Kolleg:innen

Wiederholungen

Wirkungsvoll und angemessen sprechen

Die Mimik

Der negative Grenzbereich

Angemessen Raum einnehmen

Die Streifen auf der Schulterklappe

Kleider und Karriere

Fleißaufgaben

Tue Gutes und rede darüber

Kritik

Respektvoll – aber klar in der Sache

Und ein besonderer Dank geht an: Horst Seehofer!

Don’t fix the women, fix the system

Unterstützen Sie andere Frauen

Wir müssen über Geld reden

Trauen Sie sich

Nachwort

Dank

Literatur

Anmerkungen

Für Helena

und alle jungen Frauen, die jetzt mit ihrem Studium oder ihrer Ausbildung in ihre berufliche Zukunft starten.

 

Für Miriam

und alle Frauen, die sehr erfolgreich ihren Weg gehen, auch wenn die Umstände noch widrig sind.

Die Namen von Personen und Organisationen wurden geändert.

Vorwort

Wo sind all die Frauen?

Seit 2004 verlassen in Deutschland mehr Frauen als Männer die Universitäten mit einem Erstabschluss. Meist mit besseren Ergebnissen als ihre männlichen Kommilitonen. Seit 17 Jahren also. Wo sind diese Frauen heute? Nach fast zwei Jahrzehnten könnten wir erwarten, dass viele in Top-Positionen anzutreffen wären. Egal ob in der Wirtschaft, der Wissenschaft oder im öffentlichen Dienst. Die Zahlen sprechen aber eine andere Sprache.

Gleichzeitig hören wir in den letzten Jahren verstärkt, nun sei es aber auch mal gut mit der Gleichberechtigung. In internationalen Organisationen reden einige davon, inzwischen »postgender« zu sein. Wirklich?

Dieses Buch richtet sich an jene, die engagiert arbeiten und dafür auch die angemessene Anerkennung erhalten möchten. An die, die für sich entschieden haben, innerhalb bestehender Rahmenbedingungen weiter vorankommen zu wollen. An alle, die durch mehr Einfluss Rahmenbedingungen stärker mitgestalten möchten. Aus den Fehlern und von den Erfolgen anderer zu lernen ist dabei ein kluger Ansatz.

Bevor ich nach einer eigenen Karriere in einem Konzern meine Firma »sheboss« gegründet habe, hatte ich vor allem eines gemacht: viele Fehler. Aber ich habe eben auch immer versucht, aus jedem Fehler zu lernen. Sonst wäre ich mit Anfang dreißig nicht die jüngste leitende Angestellte des Konzerns gewesen, und man hätte mich nicht gebeten, mit 34 Vorständin einer amerikanischen Aktiengesellschaft zu werden.

Seit 16 Jahren helfe ich nun Frauen, viele dieser Fehler zu vermeiden. Und da ich das große Privileg genieße, meist mit sehr gut ausgebildeten, intelligenten und erfahrenen Frauen zu arbeiten, lerne ich auch seit 16 Jahren von ebendiesen Frauen. Jede Woche wieder neu.

Die Welt hat sich verändert, seit ich die Karriere in der Konzernwelt an den Nagel gehängt habe. Die Themen im Kern haben es nicht. Natürlich bewegen sich meine Trainingsteilnehmerinnen und Coachees zum Glück nicht mehr in der Welt von vor 16 Jahren. Aber die Herausforderungen sind immer noch groß. Und was alle Frauen in den Trainings auch heute noch immer wieder feststellen: Es sind gar nicht meine Themen. Viele Frauen haben diese Themen.

Vor 14 Jahren habe ich das Buch Spiele mit der Macht[1] veröffentlicht, in dem ich von meinen Erfahrungen berichtet habe. Seitdem hat sich die Welt weitergedreht, die Gesellschaft sich weiterentwickelt, neue Trends am Arbeitsmarkt sind am Entstehen.

In diesem Buch geht es daher nicht nur um meine Erfahrungen, sondern es geht um die Erfahrungen und das Wissen vieler: Tausender Frauen, die sich in Wirtschaft, Wissenschaft, Medizin, Beratung, Justiz, Gewerkschaften, im öffentlichen Dienst oder wo auch immer beweisen und behaupten müssen. Und ich lade Sie ein, von den Fehlern und den Erfolgen dieser vielen tollen Frauen zu lernen.

Sollten Sie zu den Profis gehören, die schon länger erfolgreich unterwegs sind: Wenn andere einen nach Tipps befragen, ist es manchmal gar nicht so einfach, präzise zu benennen, was den eigenen Erfolg ausmacht und was andere für sich daraus lernen können. Vielleicht finden Sie in diesem Text Anregungen, wie Sie andere Menschen noch konkreter unterstützen können. Denn je mehr hilfreiche Vorbilder es gibt, desto besser.

Fräulein – junge Frau – Witwe

Vorweg ein paar Erlebnisse aus meiner eigenen Geschichte.

Wie sieht es heute eigentlich in den Lehrbüchern aus – immer noch »der Geschäftsführer« – »die Sekretärin«? Ende der 1980er-Jahre gab es ausschließlich diese Beispiele, und als ich irgendwann entnervt fragte, ob wir nicht auch einmal eine Aufgabe mit einer Geschäftsführerin bearbeiten könnten, galt ich sofort als »Emanze«. Spöttisches Grinsen des Dozenten: »Und jetzt eine Aufgabe für Frau Knaths. Eine Prokuristin …«

Na, immerhin. Verstehen Sie mich nicht falsch: Das Sekretariat ist eine anspruchsvolle Aufgabe, und nicht umsonst ergab eine amerikanische Studie Anfang der 1990er-Jahre, dass der IQ der Chefsekretärinnen offenbar höher war als der der durch sie betreuten Manager. Aber wenn man nicht gerade Chefsekretärin werden möchte, dann bearbeitet man als Frau doch auch gern mal eine Textaufgabe mit einer Geschäftsführerin – wo es doch schon in der Praxis an weiblichen Vorbildern mangelt.

Und auf der praktischen Seite im Unternehmen hagelten von allen Seiten »Fräuleins« auf mich herab. Auch wenn ich es lästig und mühsam fand, jedes Mal die Anrede von »Fräulein Knaths« in »Frau Knaths« zu ändern – zu kapitulieren war ausgeschlossen. Schließlich hatte ich sogar meinen Vater als Personalverantwortlichen in der Schifffahrtsbranche davon überzeugen können, den Ausdruck »Fräulein« abzuschaffen.

Den »Fräuleins« folgte »junge Frau« in Verbindung mit einem zurechtweisenden Blick und einem »Ich will Ihnen mal eines sagen …«, wenn einem älteren männlichen Mitarbeiter in einer Diskussion die Argumente ausgingen. Was soll man als gut erzogene Tochter auch darauf antworten? »Alter Mann« wäre zwar eine passende Erwiderung, wird vom Umfeld aber nicht honoriert – während »junge Frau« eine in Männerkreisen voll akzeptierte Killerphrase ist. Da hilft nur eines: älter werden. Und bis dahin unverdrossen weiterargumentieren.

Mittlerweile trainiere ich mit meinen Seminarteilnehmerinnen übrigens den erfolgreichen Umgang mit Killerphrasen durch die verbale Judotechnik. Diese war mir zum damaligen Zeitpunkt allerdings noch nicht bekannt.

Mein tollstes Erlebnis zum Thema Verteidigung der männlichen Bastion hatte ich mit einem Einkaufsleiter des Bereichs Elektrogeräte. Obwohl es in diesem Metier nur so vor Machos wimmelte und ich nie zuvor so viele sexistische Sprüche gehört hatte, fand ich das Thema Einkauf Elektrogeräte interessant. Ich war als Volontärin bei den Mikrowellen und Staubsaugern eingesetzt und beschloss, mich beim Bereichsleiter unverbindlich über etwaige Perspektiven für mich im Einkauf Elektrogeräte zu erkundigen.

Ich erfuhr, dass der Einkauf Elektrogeräte aus seiner Sicht nicht für Frauen geeignet sei (jawohl: so rum. Und nicht, dass Frauen nicht dafür geeignet sind!). Als ich wissen wollte, wieso, antwortete er, dass es ja schon damit anfinge, dass ich als Frau keine Mikrowelle tragen könne.

Wow! Was für ein Argument. Dummerweise hatte ich den Waschmaschinen-Einkäufer noch nie mit einer Waschmaschine auf dem Rücken gesehen. Dafür gab es Träger. Als ich den Einkaufsleiter auf diesen Umstand hinwies, begann er mit seinem Stift zu spielen. Und hatte dann den rettenden Einfall: »Wissen Sie, es ist ja nicht so, dass ich etwas gegen Frauen in meinem Bereich hätte. Aber in unserer Branche werden Frauen von den Lieferanten nicht als Geschäftspartner akzeptiert.«

Da war er: der unbeteiligte schuldige Dritte. Ich hatte bis dahin nicht vermutet, dass Frauen eine solche Bedrohung darstellten, dass ein Lieferant zur Verteidigung der männlichen Rechte auf millionenschwere Aufträge verzichtet. Ich war wirklich beeindruckt.

Ein Jahr später erhielt ich allen Ernstes ein sehr gutes Jobangebot aus diesem Bereich. Aber ich musste nicht eine Sekunde lang nachdenken, um dankend abzulehnen. Ich entschied mich für eine etwas frauenfreundlichere Branche. Schließlich hat man mit der eigentlichen Arbeit schon genug zu tun.

Über Jahre habe ich dann in verschiedensten Führungspositionen gearbeitet, bis der große Moment kam: die Ernennung zur leitenden Angestellten. Mein Vorstand gratulierte und überreichte mir strahlend meinen neuen Vertrag. Und ich verließ strahlend die Vorstandsetage, um den Vertrag in meinem Büro sofort zu lesen.

Es musste sich um eine Verwechslung handeln: Die Versorgungszusage meines Vertrags richtete sich eindeutig an einen Mann. Unter anderem stand dort, dass das Unternehmen eine Witwenrente gewähre für den Fall, dass meine Ehefrau, mit der ich bis zum Zeitpunkt meines Todes verheiratet wäre, mich überlebe. Ich schaute noch mal kurz auf die Überschrift, aber kein Zweifel, da stand mein Name. Und gleichgeschlechtliche Eheschließungen lagen damals noch in weiter Ferne …

Ich griff also zum Telefon, schilderte der Vorstandssekretärin mein Problem und wurde an den Leiter des juristischen Grundsatzreferats verwiesen. Als ich ihn auf die Unstimmigkeit hinwies, erwiderte er vollkommen humorfrei, dass es sich keinesfalls um einen Irrtum handele. Der Text sei juristisch einwandfrei, da er der juristischen Standardform entspräche. Und als Jurist könne man nicht einfach daran herumändern. Ich würde von ihm keinesfalls eine geänderte Versorgungszusage erhalten.

Erde, 21. Jahrhundert. Dieser Jurist leitete das Grundsatzreferat eines Konzerns mit über 40 000 Angestellten, davon über die Hälfte weiblich. Es gab zwar nicht viele weibliche leitende Angestellte, aber ich war keinesfalls die erste. Ich beendete das Telefonat mit dem Wort »Aha« und dem Gedanken: »Das werden wir ja sehen.«

Sofort rief ich den Personalvorstand an, den ich seit Jahren kannte und schätzte und von dem ich mir überhaupt nicht vorstellen konnte, dass er wissentlich seine (sehr kleine) weibliche Führungsriege brüskierte. Und so war es auch: Er versprach sofort, dass ich selbstverständlich einen Vertrag erhielte, der berücksichtige, dass ich eine Frau bin. Bereits einen Tag später lag dieser Vertrag auf meinem Tisch. Und dort stand, juristisch einwandfrei, dass mein Witwer erbt.

Mittlerweile wäre es juristisch natürlich ebenso möglich, dass statt meines Witwers meine Witwe erbt.

Vor einiger Zeit war ich auf einer Weiterbildung zum Thema »Agiles Arbeiten«. Ein modernes Thema. Und wieder hatte ich es in den Unterlagen mit »dem Geschäftsführer« und »der Sekretärin« zu tun. Nun ist es ja schön, wenn etwas im Leben Bestand hat. Aber nach all den Jahren hätte ich mich über eine Veränderung der Lehrunterlagen hinsichtlich der Rollenbeispiele doch wirklich gefreut.

Heldinnen

Wie sagte Ruth Bader Ginsburg, Richterin am Supreme Court der USA, feministische Ikone und Vorbild für viele: »Frauen gehören an alle Orte, an denen Entscheidungen getroffen werden.«

Es ist eine großartige Errungenschaft, dass sich junge Frauen heutzutage bis zum Abschluss der Schule oder ihres Studiums gleichberechtigt fühlen – weil sie es bis dahin eben auch sind. In der Generation meiner Großmutter und meiner Mutter konnte davon noch keine Rede sein. Und für meine Generation war zumindest klar, dass wir zwar Abitur machen und studieren können, aber dass es danach alles andere als gleichberechtigt weitergehen wird. Wir waren uns in der Schule auch alle einig, dass es eher ein Schäferhund als eine Frau schaffen könnte, Bundeskanzler zu werden. Ich spreche hier natürlich von der Bundesrepublik vor der Wiedervereinigung.

Funfact: In der »Elefantenrunde« nach der Bundestagswahl 2017 saßen ausschließlich West-Männer – und Ost-Frauen! Zufall?

Unser Alltag ist immer so um uns herum und wir mittendrin, dass wir die dahinterliegenden Strukturen oft gar nicht wahrnehmen. Die Menschen, die heutzutage die verantwortungsvollen Positionen besetzen, sind plus/minus fünfzig oder auch deutlich älter. Sie sind überwiegend männlich und wurden größtenteils in der Bundesrepublik sozialisiert. Und da wir meiner Erfahrung nach genug mit der Bewältigung des Alltags zu tun haben und sich die wenigsten mit den Rahmenbedingungen beschäftigen, die sie einmal geprägt haben, ist ein kurzer Ausflug in die Geschichte vielleicht erhellend, um immer noch bestehende Abwehrtendenzen gegen eine echte Gleichberechtigung besser nachvollziehen zu können.

Eine der größten Heldinnen bezogen auf Gleichberechtigung in Westdeutschland hieß Elisabeth Selbert. Sie war Juristin und SPD-Mitglied. Der Artikel 3, Absatz 2 in unserem Grundgesetz – »Männer und Frauen sind gleichberechtigt« – ist vor allem ihrem Kampf zu verdanken. Der damalige parlamentarische Rat (61 Männer und vier Frauen) hielt zunächst nichts davon. Elisabeth Selbert war die Einzige, die für diesen Satz im Grundgesetz stritt. Sie mobilisierte Frauenverbände, die sich hinter ihrem Anliegen versammelten und gemeinsam so viel Druck erzeugten, dass der Paragraf am Ende aufgenommen wurde.

Davor waren alle anderen Mitglieder des parlamentarischen Rats dafür gewesen, die bisherigen Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuches beizubehalten: Frauen hatten bei der Eheschließung ihren Namen abzugeben, ohne Einwilligung des Ehemanns durften sie weder arbeiten noch Verträge schließen oder ein Konto eröffnen. Der Mann hatte die Entscheidungsmacht in allen familiären Angelegenheiten – im Falle einer Scheidung blieben die Kinder und das Geld bei ihm. Sie hatte die Pflicht, den Haushalt zu führen.

Wenn Sie sich fragen, woher bestimmte patriarchalische Verhaltensweisen auch heute noch stammen: Die Strukturen waren hierzulande lange Zeit auch gesetzlich verankert. Männer hatten einen juristischen Anspruch auf ihre Privilegien!

Anders war das in der DDR. Dort sah die Verfassung ab 1949 vor, dass alle Gesetze, die der Gleichberechtigung von Mann und Frau zuwiderliefen, sowie alle »Gesetze, die Kind und Eltern wegen der außerehelichen Geburt zum Nachteil sind«, aufgehoben wurden.

Die Realität in der Bundesrepublik hätte sich mit dem neuen Grundgesetz, das 1949 in Kraft trat, eigentlich ebenfalls ändern müssen. Eine Übergangsregelung, die ebenfalls auf die Initiative von Elisabeth Selbert zurückging, sah vor, dass bis Ende März 1953 alle dem Gleichheitsprinzip entgegenstehenden Gesetze angepasst sein sollten. Tatsächlich dauerte es jedoch bis 1957, ehe sich der Gesetzgeber zu einer Reform des Bürgerlichen Gesetzbuches durchringen konnte. Allerdings zeigten die in der Bundesrepublik herrschenden Männer kein Interesse daran, die der Gleichberechtigung entgegenstehenden Gesetze abzuschaffen oder anzupassen.

Für die Durchsetzung dieses Ziels stritt eine weitere Heldin: Dr. Erna Scheffler, die erste und bis zum Ende ihrer Amtszeit einzige Frau am Bundesverfassungsgericht. Es wäre schön, wenn ihr Leben und Wirken verfilmt würden. Für die Gleichstellung der Frauen in der Bundesrepublik ist sie mindestens so wichtig wie Ruth Bader Ginsburg für die der Frauen in den USA.

Erna Scheffler hat wirklich Schlachten geschlagen, damit 1959 zum Beispiel endlich der »Väterliche Stichentscheid« aufgegeben wurde. Bis dahin hätte der Vater beispielsweise seine Schulwahl für ein Kind durchdrücken können, wenn es keine Einigung zwischen den Eltern gab. Bis das Familienrecht umfassend reformiert wurde, schrieb der Westen das Jahr 1977.

Als ich klein war, war oft von den Witwen die Rede, die geradezu aufblühten: »Also, die Frau Müller, seit sie Witwe ist, ist sie nicht wiederzuerkennen! Toll, wie die aussieht. Die ist richtig aufgeblüht, seit der Alte weg ist.«

Erst 1977 wurde das »Zerrüttungsprinzip« für die Ehe eingeführt. Von nun an konnten westdeutsche Frauen sich scheiden lassen, ohne das Sorgerecht für ihre Kinder, den Anspruch auf Unterhalt und Versorgungsausgleich zu verlieren. Davor galt das »Schuldprinzip«: Hatte eine Frau ihren Mann verlassen (weil er sich zum Beispiel als Alkoholiker ihr und den Kindern gegenüber fürchterlich benahm), galt dies nach dem »Schuldprinzip« oft als »böswilliges Verlassen«. Die Frau verlor alles.

Ebenfalls erst seit 1977 benötigten westdeutsche Frauen nicht mehr die Zustimmung ihres Mannes, um bezahlt arbeiten zu können. Und sie waren auch nicht länger gesetzlich verpflichtet, den gemeinsamen Haushalt zu führen. Bei einer Heirat mussten sie nicht mehr zwingend den Namen des Mannes annehmen – es sei denn, das Paar konnte sich nicht auf einen gemeinsamen Namen einigen. Dann galt immer noch der Name des Mannes.

Eine weitere Heldin war Dr. Elisabeth Schwarzhaupt. 1961 wurde sie zur ersten Ministerin unter Konrad Adenauer ernannt. Der Bundeskanzler berief sie allerdings nicht freiwillig. Erst eine Sitzblockade der Frauen im Bundestag vor seinem Büro brachte ihn dazu, seine jahrelange Abwehrhaltung gegenüber Frauen zu überwinden. Wie es heißt, hat er sich bis zuletzt geweigert, Dr. Elisabeth Schwarzhaupt angemessen anzusprechen. Er titulierte sie entweder als »Herr« oder als »Fräulein«.

Heldinnen waren ebenso die »Heinze-Frauen« – Beschäftigte des Foto-Unternehmens Heinze. 1981 erstritten sie in dritter Instanz vor dem Bundesarbeitsgericht in Kassel, dass Frauen für die gleiche Arbeit auch den gleichen Lohn zu erhalten haben. Bis dahin war es üblich, Frauen deutlich schlechter zu bezahlen. Schließlich galt ihr Verdienst lediglich als Zuverdienst. Und unabhängig von Männern sollten sie schon gar nicht sein. Dieses Urteil war wegweisend für die Gleichberechtigung von Frauen und Männern im Berufsleben, und es gab viele Folgeprozesse. Über das Thema gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit reden wir heute allerdings immer noch …

Eine weitere Heldin ist für mich Luise Schöffel. 1967 gründete sie den »Verband lediger Mütter« (später auch Väter, der schließlich zum »Verband alleinerziehender Mütter und Väter e.V. – VAMV« wurde). 1970 bewirkte sie mit Unterstützung von Alice Schwarzer und Helga Stödter, dass alleinerziehenden Frauen das elterliche Sorgerecht für das eigene Kind zugestanden wurde. Bis dahin hatten alle elterlichen Rechte beim Jugendamt gelegen. Allerdings standen Alleinerziehende weiterhin unter der Aufsicht des Jugendamts. Erst seit 1998 (!) haben Alleinerziehende die gleichen Rechte wie Ehepaare. Nach wie vor gilt das aber nicht in steuerlicher Hinsicht und bezüglich anderer finanzieller Zuwendungen.

Wie unglaublich stigmatisiert Alleinerziehende damals waren, durfte ich als junge Volontärin erleben: Einige auserwählte Volontäre und Auszubildende durften an einer Gesprächsrunde mit dem Personalvorstand teilnehmen. Eine Ehre. »Unser« Konzern war einer der größten privaten Arbeitgeber Hamburgs mit 70 Prozent weiblicher Belegschaft. Da Kindergartenplätze damals rar waren, fragte jemand aus der Runde, warum der Konzern keinen eigenen Kindergarten habe. Das wäre doch vor allem für alleinerziehende Angestellte eine große Erleichterung. »Solange ich Personalvorstand bin, unterstützen wir nicht die Aufzucht Asozialer«, war die Antwort. Da weiß man doch zumindest klar, woran man ist.

Ende der Leseprobe