Freche Mädchen – freche Bücher!: Traumdate im Galopp - Brinx/Kömmerling - E-Book

Freche Mädchen – freche Bücher!: Traumdate im Galopp E-Book

Brinx/Kömmerling

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Beschreibung

Jule platzt fast der Kragen: Bei der Flugblattaktion für ihren heiß geliebten Mühlenhof stiehlt Sunnyboy Matti ihr komplett die Show. Dabei macht er bloß Werbung für das Wasserparadies seiner Eltern. Jule geht es um etwas viel Wichtigeres: nämlich um Pferde, die sonst keiner mehr haben will – so wie den wunderschönen Hengst Arpad. Um Jule zu beweisen, dass er gar kein so übler Kerl ist, lädt Matti sie dann auch noch zu einem Tauchkurs ein. Da kann sie ja schlecht Nein sagen. Obwohl sie natürlich tausendmal lieber Arpad striegeln würde, als Seemonster zu küssen ...

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Buchinfo

O nein! Sonnyboy Matti stiehlt Pauline bei der Flugblattaktion für ihren heiß geliebten Mühlenhof komplett die Show. Dabei macht er bloß Werbung für den Aqua Fun-Park seiner Eltern. Pauline geht es um etwas viel Wichtigeres: nämlich um Pferde, die sonst keiner mehr haben will. Doch Mattis blauen Augen und seiner Einladung zu einem Tauchkurs kann Pauline irgendwie nicht widerstehen …

Freche Mädchen – freche Bücher!

www.frechemaedchen.de

Autorenvita

© Sven Heubes

Anja Kömmerling wurde 1965 in München geboren und ist dort auch aufgewachsen. Nach dem Abi wollte sie vor allem nichts Kreatives werden – davon gab es in ihrer Kindheit genug – und machte eine Friseurlehre. Das war aber nicht das Richtige, deshalb ging sie nach Frankfurt zum Studieren. In dieser Zeit machte sie bei einem Praktikum ihre erste Bekanntschaft mit dem Kinderfernsehen.

Thomas Brinx (geboren 1963) ist in Ringenberg am Niederrhein groß geworden, wo er vor allem viel Fußball gespielt hat. Die Schule schaffte er nebenbei mit links und ging danach nach Landshut, um Keramiker zu werden. 1988 lernten sich Anja Kömmerling und Thomas Brinx im Urlaub in Südfrankreich kennen; seitdem schreiben sie zusammen Geschichten, zuerst fürs Radio, für die Augsburger Puppenkiste und dann vor allem fürs Fernsehen; zudem sind schon etliche Kinder- und Jugendbücher von ihnen erschienen, insbesondere natürlich in der Reihe »Freche Mädchen – freche Bücher!«. Anja Kömmerling lebt heute in Düsseldorf, Thomas Brinx in Bonn.

www.brinx-koemmerling.de

1 Das Leben ist kein Ponyhof

Die Sommerferien standen vor der Tür. Es war die Zeit a. M., ante Matti, also bevor ich ihn kennenlernte. Eine Zeit, in der wir nur eines im Kopf hatten: den Mühlenhof und unsere Pferde.

Stellt euch also zwei Mädchen vor, die eine staubige Landstraße auf ihren Fahrrädern entlangjagen. Eins davon bin ich. Das linke, auf dem Hollandrad. Das mit dem straßenköterblonden Zopf und dem knalltürkisen T-Shirt. Die, die eben nicht dahinjagt, weil sie nämlich kein Mountainbike ihr Eigen nennt, so wie Lina neben ihr. Aber bei Linas vielen Brüdern fällt eben immer irgendein cooles Bike ab. Mit ihren eine Million Gängen muss sie sich nie so anstrengen wie ich und kann auch problemlos permanent beim Fahren reden, ohne zu keuchen.

»Komm in die Hufen, Pauline!«, feuerte sie mich an und lachte über ihr supertolles Wortspiel.

Ha ha. Wir waren nämlich auf dem Weg zu unserem geliebten Mühlenhof, wo die Ponys und Pferde schon auf uns warteten.

»Ich hab keinen Bock, die Ankunft von Arpad zu verpassen!«

An diesem Tag sollte ein neues Pferd gebracht werden. Der Mühlenhof platzte eigentlich schon aus allen Nähten, aber Silke und Sonja konnten einfach nicht Nein sagen, vor allem wenn es um ein Pferd wie Arpad ging, ein Vollblut, das aber niemand mehr haben wollte.

Auf dem Mühlenhof gibt es alle möglichen Pferde: solche, die ganz normal sind und sich gerne von Kindern reiten lassen, Gastpferde von Leuten, die keinen eigenen Stall, aber trotzdem ein Pferd besitzen, und Tiere, die in Not sind oder nicht mehr gewollt. Wie zum Beispiel Lilli, das Pony mit dem durchhängenden Rücken, weil es sein Leben lang kleine Kinder auf der Kirmes im Kreis herumgetragen hat. Oder Beckmann, der Haflinger, der zu Sauerbraten verarbeitet werden sollte, nur weil er bockig war und die schweren Bierwägen nicht mehr durch den Trachtenzug ziehen wollte. Noch heute zuckt er bei dem kleinsten ungewöhnlichen Geräusch zusammen, und wenn Gewitter ist, flippt er dermaßen aus, dass immer einer bei ihm sein und ihm gut zureden muss. Und dann Arpad!

»Was ist dem eigentlich passiert?«, wollte ich japsend von Lina wissen. »Haben Sonja und Silke irgendwas gesagt?«

Lina fuhr sich durch die kurzen strubbeligen Haare. »Sie wussten es auch noch nicht wirklich. Er hat irgendwie voll den Schock.«

»Und schon will man ihn nicht mehr haben! Das ist doch echt das Letzte!«

»Das Hinterletzte!«

Endlich erreichten wir Mühlberg, den kleinen Vorort, an dessen Rand der Mühlenhof liegt und wo unsere Freundin Elli wohnt, die Dritte im Bunde. Manchmal beneiden wir sie, weil sie es nicht so weit hat, aber nur manchmal. Wer will schon in einem kleinen Dorf wohnen, in dem alles nach einer Mühle benannt ist, die es längst nicht mehr gibt?

Elli wohnt in der Mühlenstraße. Ihre Eltern führen den Kramerladen Das Mühlchen, was ziemlich praktisch ist, weil sie uns und die Tiere immer mit Lebensmitteln aller Art versorgen kann.

Wir klingelten beide im Chor und da kam sie auch schon, begleitet von dem üblichen Türbimmeln, aus dem Laden. Auf dem Arm trug sie einen Sack schrumpeliger Karotten für die Pferde, drei Flaschen Limonade für uns und drei Tuben Senf für die Sojawürstchen, die Sonja und Silke aus ihrem kleinen Büdchen an die Mühlenhof-Besucher verkaufen.

»Bin schon da!« Ellis blonde, dünne Haare wehten in dem Wind, den sie selber beim Gehen machte, ihr Gesicht war dick mit Sonnencreme zugekleistert und auf dem Kopf trug sie einen Strohhut. Elli hat alle möglichen Allergien, die sie hartnäckig bekämpft oder einfach ignoriert. Auf jeden Fall gegen Sonne, gegen Gras, unsichtbare Hausmilben und gegen Pferde, aber das will sie nicht zugeben. Eilig verteilte sie die Sachen auf unsere Fahrradkörbe und schnappte sich ihr altes, scheppriges Klapprad. So betrachtet geht es ihr noch schlechter als mir.

»Ich dachte schon, ihr kommt gar nicht mehr, wir müssen doch Arpad begrüßen!«

Ich schaute auf meine Uhr. »Wir liegen gut in der Zeit, also hopp!«

Gerade wollte Elli mit aller Kraft lostreten, um ihr Rad in Bewegung zu setzen, da stürmte ihre Mutter mit verschränkten Armen und schlechter Laune aus dem Laden. »Und du kommst nicht so spät, Fräulein, so geht es nicht. Das Leben ist kein Ponyhof!«

Elli winkte ihr nur zu. »Schnell weg!«, und wir machten die Düse.

»Was ist los?«, wollte ich wissen. Eigentlich sind Ellis Eltern nämlich ganz nett.

»Ich hab eine Fünf in Deutsch!«

»In Deutsch? Wie geht das denn?«

»Themaverfehlung angeblich.«

»Was war denn das Thema?«, hakte Lina nach.

»Irgend so ein komisches Gedicht über Ameisenbären, da wollte Frau Sieberts wissen, was das bedeutet. Was soll das schon bedeuten? Ich hab lieber was über Pferde geschrieben!«

Wir stöhnten und verdrehten die Augen. Elli ist unsere beste Freundin und man kann im wahrsten Sinne des Wortes Pferde mit ihr stehlen, aber manchmal checkt sie die Dinge nicht so ganz.

»Was denn?«, schnappte sie beleidigt. »Damit kenne ich mich wenigstens aus, und …«

»Achtung!«, schrie ich, aber da war es schon zu spät. Elli fuhr durch eine riesige Glasscherbe und hatte … pffffffft … direkt einen Platten.

»Mist!«, fluchte sie und da sah es plötzlich so aus, als könnte es zeitlich doch ein bisschen eng werden. »Was mache ich denn jetzt?« Sie verzog ihr Gesicht unter der Sonnencreme und es stand zu befürchten, dass sie gleich in Tränen ausbrechen würde, also stellte Lina ihr Fahrrad ab und kramte in der Satteltasche herum.

»Heul bloß nicht, das krieg ich schon hin!«

Wenn Lina so was sagt, dann stimmt es auch. Sie kann alles reparieren, das hat sie bei ihren vielen Brüdern gelernt, total praktisch. Wer Lina zur Freundin hat, braucht keine Jungs, für gar nichts. Dachte ich damals. Ante Matti! Eilig drehte sie Ellis Rad um und stellte es auf den Sattel.

»Und wenn wir jetzt zu spät kommen? Dann bin ich schuld! Also ehrlich, wer legt denn einfach eine Scherbe auf die Straße?«, jammerte Elli und wie um ihre Verzweiflung noch zu vergrößern, rollte in diesem Moment ein riesiger Jeep mit einem Pferdeanhänger heran und hupte uns laut aus dem Weg. Wir starrten ihm fassungslos hinterher.

»Arpad!«, flüsterte Elli verzweifelt.

Sofort bekam ich den ultimativen Energieschub. Die Ankunft des neuen Pferdes durften wir nicht verpassen. »Los, Elli, auf meinen Gepäckträger!«, befahl ich. Lina verstaute Ellis plattes Schepperteil im Graben und schon düsten wir los. Das heißt, Lina düste – ein weiterer Vorteil von Mountainbikes, sie haben keinen Gepäckträger. Ich versuchte hinterherzukommen, Elli stöhnte bei jedem Stein oder Hubbel, den ich überfuhr, aber sie biss die Zähne zusammen, und immerhin wartete Lina ab und zu auf uns, genau, bis ich da war, dann raste sie weiter. Als der Mühlenhof in Sicht kam, fuhr ich quasi auf dem Zahnfleisch.

Der Mühlenhof ist ein alter Bauernhof: ein großes, liebevoll angelegtes Gelände mit Ställen und Scheunen, einem Bewirtungskiosk, kleinen Brücken, die über den Bach führen, der mitten durch die Anlage fließt und in einem Teich mündet, großen umzäunten Außengehegen und einem selbst gebauten und gemalten »Herzlich willkommen«-Schild. Silke und Sonja hatten ihr ganzes Herzblut in diesen Ort gesteckt und sich ihren größten Traum erfüllt: einen Hof zu leiten, auf dem Pferde glücklich sind und Kinder ihren Spaß haben können. Natürlich sind mit der Zeit noch jede Menge anderer Tiere dazugekommen: Ziegen, Schafe, Enten, Meerschweinchen, aber das Hauptaugenmerk liegt auf den Pferden und wir als totale Pferdenärrinnen verbringen jede freie Minute hier. Der Mühlenhof ist unser zweites Zuhause und jedes Mal, wenn ich mein Fahrrad abstelle und unter dem Schild durchgehe, habe ich dieses warme Gefühl im Bauch, das einen wohl nur befällt, wenn man da ankommt, wo man hingehört.

Jetzt allerdings war nicht viel Zeit für irgendwelche Gefühle. Wir ließen die Räder stehen und liegen und rannten unter dem Schild hindurch in den Hof. Der Jeep stand schon bei den Ställen, Arpad sollte es nicht weit haben zu seinem neuen Zuhause, das wir gestern liebevoll hergerichtet hatten.

»Wie er wohl aussieht?«

»Ob er Angst hat?«

»Silke sagt, er lässt sich nicht mehr reiten!«

Aufgeregt hatten wir durcheinandergeredet, während wir seinen Stall mit weichem Streu auslegten und den Futtertrog reinigten.

Jetzt war er also da. Aus dem Anhänger kam kein Mucks. Ein Mann war aus dem Wagen gestiegen und begrüßte Silke und Sonja, die vorsichtshalber Dr. Prinzer, unseren Tierarzt, dazugeholt hatten.

»Middentrop, guten Tag, ich bin sehr froh, dass Sie sich unseres Problemfalles annehmen wollen!«, sagte der Mann. Sonja und Silke lächelten schmallippig. Wir stellten uns etwas weiter weg auf und beobachteten alles ganz genau. Elli hüpfte ungeduldig ein paarmal hoch, um einen Blick auf Arpad erhaschen zu können, aber in dem Anhänger war es dunkel und das Pferd nicht wirklich zu erkennen.

»Vielleicht hat er vergessen, ihn einzupacken?«, meinte sie beunruhigt.

Lina legte ihr eine Hand auf die Schulter. »Halt still, Mensch!«

Der werte Herr Middentrop streckte Jan seine Hand entgegen.

Jan ist Sonjas Sohn und genauso verrückt nach Pferden wie seine Mutter und wir. Jetzt schaute er den Mann misstrauisch an, der einfach so sein Pferd weggeben wollte, entschloss sich dann aber, nach einem mahnenden Blick von Sonja, ihm die Hand zu schütteln. Jan ist eigentlich eher schüchtern und zurückhaltend. Aber wenn es um Pferde und ihr Wohl geht, kann er ziemlich energisch sein und einen derartigen Dickkopf an den Tag legen, dass keiner mehr dagegen ankommt.

Gerade überlegte Herr Middentrop wohl, ob er uns nun auch noch begrüßen sollte, da ging die Beifahrertür auf und ein blondes Mädchen, das ungefähr so alt war wie wir, streckte den Kopf raus.

»Was ist denn jetzt, Dad, ich muss zum Hockey!«

Wir verschränkten alle drei gleichzeitig die Arme und setzten finstere Mienen auf.

»Miststück!«, schimpfte Lina.

»Dad? Was soll denn das heißen? Will die uns vorführen, dass sie viele Sprachen spricht, oder was?«, motzte ich.

»Sie hat ein Pferd und denkt an Hockey!«, seufzte Elli und nieste einmal kurz.

Ein eigenes Pferd zu haben ist Ellis allergrößter Traum, eigentlich natürlich der von uns allen, aber Ellis ganz besonders. Wir würden uns das nie leisten können und umso wütender machte uns so eine Zicke, die ihr Glück nicht zu schätzen wusste.

Ihr Vater zuckte entschuldigend mit den Schultern, und da nahm Silke die Sache in die Hand.

»Ich nehme an, das Tier ist sediert, da es sich so ruhig verhält?«

Middentrop nickte und Elli schossen sofort die Tränen in die Augen. »Armer Arpad!«

Ich hängte mich bei ihr ein. »Ist bestimmt besser, wenn er ein bisschen benebelt ist.«

Von ein bisschen konnte allerdings kaum die Rede sein. Als Silke vorsichtig die Tür des Anhängers öffnete, tat sich gar nichts. Kein neugieriger Blick, kein Schnauben, kein nervöses Hufgestampfe. Arpad war anscheinend sehr ruhiggestellt, sodass Silke und der Doktor sich schließlich hineintrauten und dann langsam, ganz langsam den riesigen schwarzen Hengst hinausschoben. Unsicher setzte er die Hufe auf, nicht nur weil er rückwärts gehen musste. Silke und der Doktor hatten ihre liebe Not, ihn in der richtigen Bahn zu halten, damit er auf der Rampe blieb und nicht noch danebentrat und sich womöglich verletzte.

Ich konnte es nicht mehr aushalten und lief los, um zu helfen, um Arpad zu stützen oder sonst irgendwas zu tun. Aber Sonja hob energisch die Hand in meine Richtung und schüttelte den Kopf. Jetzt, da das Pferd aus dem Anhänger kam, mussten wir uns alle ruhig verhalten, um es bloß nicht zu erschrecken.

Langsam ging ich also zurück zu meinen Freundinnen und beobachtete mit ihnen zusammen, wie der Hengst vorsichtig gedreht und dann von Silke und dem Doktor in seinen Stall geführt wurde. Obwohl sein Fell struppig und ungepflegt wirkte und sich eine lange Narbe über seinen Hinterlauf zog, konnte man erkennen, wie schön er in Wirklichkeit war. Auch wenn er den Kopf hängen ließ und seine Augen leer schienen, war sein Stolz deutlich zu erkennen.

Sonja verschwand mit Middentrop im Büro, um die Formalitäten zu erledigen, und Jan kam mit düsterem Gesicht zu uns. »Die schaut ihm nicht einmal hinterher!«, knurrte er.

Wir wussten sofort, wen er meinte.

»Wir haben doch keine Ahnung, was sie mit ihm erlebt hat!«, nahm ich Middentrops Tochter in Schutz, vielleicht wegen dieses Indianersprichworts, von dem meine Mutter mir erzählt hatte, als ich mal wieder mächtig über irgendjemanden aus der Klasse abgelästert hatte. »Urteile nie über einen Menschen, in dessen Mokassins du nicht über tausend Schritte gegangen bist!«

Ich finde das ziemlich passend und versuche seitdem, mich daran zu halten, aber Lina und Elli sind da vollkommen anderer Meinung.

»Quatsch! Indianer!« Linas Kommentar.

»Tausend Schritte, das muss man erst mal hinkriegen, dass man sich da nicht verzählt!« Elli.

Und sofort prasselte der Protest der beiden auf mich nieder.

»So eine kaltherzige Kuh!«, schimpfte Lina.

»Genau!«, stimmte Elli ihr zu, weil ihr wahrscheinlich gerade kein besseres Schimpfwort einfiel.

Nur Jans eben noch finstere, braune Augen schauten mich zustimmend an, wie immer, wenn sein Blick auf mir ruhte.

Lina behauptet, dass er in mich verliebt ist, aber ich glaube das nicht. Wir verstehen uns einfach gut und irgendwie kann man Jan und verliebt nicht unter einen Hut kriegen. Mit seinen Gummistiefeln und der immer total verdreckten Hose, stets im Dienste der Pferde, nein, Jan hat mit Liebe nichts im Sinn. Auch nicht mit mir. Obwohl er natürlich allen Grund hätte (kleiner Scherz am Rande).

»Los, wir gehen zu Esmeralda!«, schlug Elli vor. »Wir müssen doch hier nicht doof rumstehen, bis die endlich weg sind.«

Esmeralda ist eins unserer beiden Hängebauchschweine, das weltberühmte und einzige Hängebauchschwein, das die Zukunft voraussagen kann. Und weil uns nichts Besseres einfiel, zogen wir los.

»Kommst du nicht mit?«, grinste Lina Jan an, doch er schüttelte den Kopf.

»Kein Bedarf!«

Jan glaubt nicht an Esmeraldas Fähigkeiten, aber da ist er selber schuld. Bisher hat unser Wahrsageschwein immer die Wahrheit gesagt.

Esmeralda steckte wie meistens tief mit ihrem Rüssel im Schlamm. Ich weiß wirklich nicht, was sie daran findet, aber deswegen bin ich wahrscheinlich auch kein Schwein. Wir lehnten uns über das niedrige Gatter und lockten sie mit einer alten Möhre an. »Esmeralda, komm, komm, komm!«

Sofort kam sie auf ihren kurzen Beinen herangewackelt, den Bauch immer schön durch den Schlamm ziehend, schnappte sich die Möhre und kaute und schmatzte zufrieden. Dann hob Elli den Finger.

»Esmeralda?« Das Schwein kannte dieses Zeichen, hielt inne und guckte. Elli drehte sich zu mir. »Was wollen wir sie eigentlich fragen?«

»Ob die Kleine im Auto noch ihr Fett abkriegt«, meinte Lina, aber das war mir total egal. Die sollte verschwinden und das wunderschöne Pferd mit ihrer Nichtliebe in Ruhe lassen.

»Ich möchte gerne wissen«, sagte ich feierlich, und ohne mich weiter mit den anderen abzustimmen, »ob Arpad wieder gesund wird. Esmeralda, wird Arpad wieder ein glückliches Pferd?«

Es war ganz still. Wir starrten Esmeralda an und sie starrte zurück. Als würde sie nachdenken oder in sich hineinhorchen. Dann schnaubte sie, sodass ein bisschen Dreck aus ihrer Steckdosennase flog, und setzte sich auf den Hintern. Wir rissen jubelnd die Arme hoch und sprangen wie die Verrückten herum.

»Ja, ja, ja! Sie hat sich hingesetzt!«

Arpad würde es schaffen können, das war sicher. Aber so, wie er ausgesehen hatte, und nach der Geschichte, die Sonja uns später erzählte, würde es ein langer, steiniger Weg werden.