Füchse lügen nicht - Ulrich Hub - E-Book

Füchse lügen nicht E-Book

Ulrich Hub

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Beschreibung

"Alle Flüge sind ersatzlos gestrichen!", sagt der Hund vom Sicherheitsdienst. Und so sitzen der Affe, die Gans, der Tiger, der Pandabär und die beiden Schafe tagelang am Flughafen fest. Ist hier denn niemand mehr außer ihnen? Nicht nur auf diese Frage hat der Hund keine Antwort. Dann taucht ein feuerrotes Tier auf und stellt sich als Fuchs vor. Mit ihm erleben die Tiere endlich mal was – und dank der prima Sachen aus dem Duty-free-Shop lässt sich eine knallige Party feiern. Doch wo sind eigentlich ihre Reisepässe hin?

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www.carlsen.de

© 2014 by Carlsen Verlag GmbH, Hamburg

Umschlag- und Innenillustrationen: Heike Drewelow

Lektorat: Kerstin Claussen

Umschlagtypografie, Satz & Herstellung: Gunta Lauck

Lithografie: Margit Dittes, Hamburg

E-Book: Zeilenwert GmbH

ISBN: 978-3-646-92661-3

Wenn ich ein Buch in die Pfoten nehme und es geht nicht sofort los, sondern da kommt erst ein Vorwort, möchte ich das Ding gleich in die Ecke pfeffern. Falls es euch auch so geht, könnt ihr diese Seiten ruhig überspringen, ehrlich. Hier steht nur, worum es in diesem Buch geht. Nämlich um die wichtige Frage: Können Tiere lügen? Schwer vorstellbar, nicht wahr? Wenn euch ein Tier anschaut mit großen glänzenden Augen und einem treuherzigen Blick, kann man kaum glauben, dass es irgendwelche miesen kleinen Hintergedanken hat. Aber wer weiß schon, was Tiere in Wirklichkeit denken? Mein Name ist Fuchs, und ich sage euch: Natürlich können Tiere lügen! Tiere lügen sogar zweihundertmal am Tag, nur stellen sich die meisten dabei so doof an, dass man sie sofort durchschaut. Sie werden rot, stottern herum und fangen zu schwitzen an. Dabei ist Lügen gar nicht so schwer, ehrlich, man muss sich nur halbwegs glaubwürdig anhören und braucht ein gutes Gedächtnis, beim Erzählen sollte man die Pfoten ruhig halten, seinem Gegenüber direkt in die Augen schauen – ich habe übrigens noch nie gelogen, in meinem ganzen Leben nicht. Ehrenwort. Denn erstens lügen Füchse nicht, und zweitens ist Lügen falsch und böse, aber das ist nur meine persönliche Meinung. Außerdem will ich hier nicht länger herumquatschen, gleich auf der nächsten Seite beginnt eine spannende Geschichte, sie ist übrigens wirklich passiert. Jetzt wünsche ich euch gute Unterhaltung und verspreche, ihr werdet euch glänzend amüsieren. Ehrenwort. Die Geschichte ist witzig und keine Sekunde langweilig.

»Ist das hier langweilig«, stöhnt der dicke Pandabär, schließt die Augen und fängt zu schnarchen an. Außer ihm langweilen sich noch ein paar andere Tiere im Warteraum eines Flughafens. Eine Gans, zwei Schafe, ein kleiner Affe und ein Tiger mit einer Sonnenbrille. Nebeneinander hocken sie auf Metallstühlen, blinzeln in die wenigen nackten Neonröhren und lauschen dem gleichmäßigen Rattern der Lüftungsanlage. Irgendwo tröpfelt traurig ein Wasserhahn.

Wenn Tiere einen ganzen Tag auf ihre Flüge warten müssen, zappeln sie nicht herum, sondern behalten ihre Pfoten brav bei sich und fassen nichts an, nicht einmal die glänzenden grünen Äpfel, die überall in Blechschalen herumstehen, und kein Tier würde auf die Idee kommen, die weißen Kachelwände mit Bildern, Kritzeleien oder albernen Sprüchen zu beschmieren.

»Bestimmt überlegt ihr schon die ganze Zeit krampfhaft, woher ihr mich kennt«, beginnt der Tiger ein Gespräch. »Ich kann es euch verraten. Aus dem Fernsehen.« Er nimmt seine Sonnenbrille ab und lächelt breit in die Runde. »Ich mache Werbung für leckere Frühstückscerealien und zuckerfreie Fruchtsäfte.«

»Wir sehen grundsätzlich nicht fern, weil uns das Programm nicht intelligent genug ist«, sagen die beiden Schafe im Chor. »Wir zwei sind hochintelligent, wir können fünf Fremdsprachen und sogar Latein.«

Beleidigt setzt der Tiger seine Sonnenbrille wieder auf. Die anderen Tiere schauen verdutzt die Schafe an und rücken unauffällig von ihnen weg. Beide sehen völlig gleich aus, was bei Schafen vermutlich normal ist, aber diese zwei haben gerade gleichzeitig gesprochen.

Im nächsten Moment stößt die Gans einen spitzen Schrei aus. »Mein Reisepass! Wo ist mein Reisepass? Ich krieg noch die Krise!« Hektisch wühlt sie in ihrer krokodilledernen Handtasche. »Ich könnte schwören, dass ich ihn eingepackt habe, aber hier sind nur meine Sandalen, mein Bikini, meine Sandförmchen, meine Schwimmflügel, mein Kriminalroman mit hohem Suchtfaktor, meine Kaugummis, damit mir im Flugzeug nicht schlecht wird, um mich kurzzufassen, muss ich ein bisschen ausholen, normalerweise fliege ich selbst, aber – na, so was?! Hier ist er ja. Mein lieber, lieber Reisepass.« Mit schmatzenden Küssen bedeckt die Gans ihren Reisepass. »Er war die ganze Zeit in meiner Handtasche! Hahaha! Ist das nicht zum Piepen?«

Sicherheitshalber gucken alle anderen Tiere schnell nach, ob sie ihre Reisepässe noch bei sich haben, und atmen erleichtert auf. Ohne Reisepass ist man als Tier nämlich ein Nichts, ein richtiger Niemand.

Wenn Tiere zwei Tage lang auf ihre Flüge warten müssen und niemand kommt, um ihnen eine Auskunft zu geben, blinzeln sie mit geröteten Augen ins knochenkalte Neonlicht und lauschen geduldig dem Rattern der Lüftungsanlage. Nicht einmal im Traum würde ein Tier daran denken, aus Wut gegen die automatischen Schiebetüren zu treten, weil die sich von innen nicht öffnen lassen, oder der Gans einfach den Hals umzudrehen, weil sie alle fünf Minuten nach ihrem Reisepass sucht. Nur der kleine Affe schaut sie jedes Mal mit einem ganz bestimmten Blick an und ballt die Fäuste. Dann öffnet er seine Reiseapotheke, kramt eine dicke Tablette heraus und zerkaut sie krachend. Gleich darauf starrt er wieder Löcher in die Luft wie alle anderen.

Gelegentlich wacht der dicke Pandabär auf und blickt sich kurz um.

»Ist das hier langweilig«, stöhnt er, schließt die Augen und schläft wieder ein.

Nach drei Tagen öffnen sich endlich mit einem Zischen die automatischen Schiebetüren. Im Eingang steht ein Hund vom Sicherheitsdienst. Schief und schmissig trägt er eine Uniformmütze auf dem Kopf und an seinem kleinen Bauch baumelt ein glänzender Orden.

Verblüfft blickt er sich um.

Der dicke Pandabär macht nur träge ein Auge auf, aber die anderen Tiere hüpfen von ihren Stühlen, umringen den Hund und bombardieren ihn mit Vorwürfen. Der kleine Affe muss dringend ins Krankenhaus, der Tiger sollte schon seit Tagen in seinem Filmstudio sein und die Gans hat allmählich die Schnauze davon voll, hier festzusitzen, während alle anderen Gänse sich schon längst in der Sonne aalen und knusprig braun werden.

Hier herrscht keine gute Stimmung. So was merkt der Hund sofort, doch er weiß, gereizte Fluggäste muss man mit einem kleinen Witz aufheitern. »Ich habe gute Nachrichten für alle, die schlechte Nachrichten mögen.«

Der Hund lacht heiser.

Als Einziger.

Diese Tiere haben wirklich null Sinn für Humor, denkt sich der Hund und fährt in trockenem Tonfall fort: »Alle Flüge sind ersatzlos gestrichen. Sobald der Flugverkehr wieder aufgenommen wird, gebe ich umgehend Bescheid. Ich bitte um Verständnis.« Allmählich haben die Tiere kein Verständnis mehr. Zustände wie auf diesem Flughafen haben sie noch nie erlebt, und sie sind schon viel herumgekommen, wenn man ihnen wenigstens in regelmäßigen Abständen Süßigkeiten und Erfrischungen anbieten würde –

Der Hund zeigt auf die Blechschalen. »Es gibt frische Äpfel.«

Misstrauisch schnuppern die Tiere an dem Obst. Diese Äpfel sehen so grün aus, verdächtig künstlich, und der Tiger mag sowieso keine Äpfel.