Führer ins Dakiniland - Geshe Kelsang Gyatso - E-Book

Führer ins Dakiniland E-Book

Geshe Kelsang Gyatso

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Beschreibung

Vajrayogini ist eine weibliche erleuchtete Gottheit des Höchsten Yoga-Tantras, eine Manifestation der Weisheit aller Buddhas. Durch das Ausführen der tantrischen Praxis von Vajrayogini unter der Anleitung eines qualifizierten Spirituellen Meisters können aufrichtig Praktizierende ihren Körper, ihre Rede und ihren Geist vollständig reinigen und einen Zustand der vollen Erleuchtung erlangen, das endgültige Ziel des menschlichen Lebens. Dieser umfassende Leitfaden bietet eine detaillierte und praktische Erklärung der beiden Stufen der Vajrayogini-Praxis - der Erzeugungsstufe und der Vollendungsstufe - und zeigt, wie wir diese Übungen in unseren Alltag integrieren können. Dadurch verwandeln wir jeden Moment unseres Lebens in den Pfad zur Erleuchtung. Es ist eine einzigartige Anleitung, in der modernen Welt ein tantrisches erleuchtetes Wesen zu werden. "Fühlende Wesen haben unterschiedliche Fähigkeiten, was ihr spirituelles Verständnis und ihre spirituelle Praxis anbelangt. Aus diesem Grund gab Buddha Shakyamuni aus seinem Mitgefühl heraus Unterweisungen auf vielen Ebenen, genau wie ein fähiger Arzt verschiedene Heilmittel verabreicht, um die unterschiedlichen Krankheiten der Menschen zu behandeln." Geshe Kelsang Gyatso Rinpoche

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Von Geshe Kelsang Gyatso sind folgende Bücher im Tharpa Verlag erschienen:

Wie wir unser Leben verwandeln

Wie wir den Geist verstehen

Freudvoller Weg

Der Spiegel des Dharma

Das neue Herz der Weisheit

Moderner Buddhismus

Tantrische Ebenen und Pfade

Führer ins Dakiniland

Essenz des Vajrayana

Die mündlichen Anleitungen des Mahamudra

Große Schatzkammer der Verdienste

Acht Schritte zum Glück – Neuausgabe

Einführung in den Buddhismus

Wie wir unsere menschlichen Probleme lösen

Sinnvoll zu betrachten

Das Bodhisattva Gelübde

Allumfassendes Mitgefühl

Das neue Meditationshandbuch

Sinnvoll leben, freudvoll sterben

Ozean von Nektar

Herzjuwel

Das klare Licht der Glückseligkeit

Mahamudra Tantra

von Shantideva:

GESHE KELSANG GYATSO

Führer ins Dakiniland

DIE HÖCHSTE YOGA-TANTRA-PRAXIS VON BUDDHA VAJRAYOGINI

Originaltitel: Guide to Dakini Land

© 2005 Deutsche Übersetzung

Geshe Kelsang Gyatso und Neue Kadampa-Tradition

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Reproduktion ist unzulässig, außer zur Verwendung kurzer Passagen für privates Studium, Forschung und Buchbesprechungen.

Herausgeber:

Tharpa Verlag, Zürich 

Übersetzung: Gabriele Keller

Umschlagbild: Buddha Vajradharma vom tibetischen Künstler Chating Jamyang Lama

Federzeichnungen von Andy Weber und Kelsang Dewang

Foto Geshe Kelsang Gyatsos: Kathia Rabelo.

Satz: Tharpa Verlag 

ISBN 978-3-908543-23-1

ISBN ePub: 

ISBN Kindle: 

Inhaltsverzeichnis
Titel
Illustrationen
Danksagung
Vorwort
Einleitende Erklärung
Das Erzeugen einer korrekten Motivation
Der Ursprung und die Überlieferungslinie dieser Anweisungen
Der Nutzen dieser Anweisungen
Biographien von buddhistischen Meistern der Vergangenheit, die durch diese Anweisungen Realisationen erlangten
Die Voraussetzungen, die nötig sind, um diese Anweisungen in die Praxis umzusetzen
Die vier besonderen Ursachen schneller Erlangungen
Was sind das äußere und das innere Reine Dakiniland?
Der Yoga des Schlafens, des Aufwachens und des Erfahrens von Nektar
Der Yoga des Schlafens
Der Yoga des Aufwachens
Der Yoga des Erfahrens von Nektar
Der Yoga der Unermeßlichen
Zuflucht nehmen
Bodhichitta erzeugen
Segnungen empfangen
Augenblickliche Selbsterzeugung als Vajrayogini
Die innere Darbringung segnen
Die äußeren Darbringungen segnen
Meditation und Rezitation des Vajrasattva
Der Yoga des Gurus
Die allgemeine Erklärung
Die Praxis des Guru-Yogas
Der Yoga der Selbsterzeugung und der Yoga der Reinigung der Wandernden
Der Yoga der Selbsterzeugung
Der Yoga der Reinigung der Wandernden
Der Yoga der Segnung durch die Helden und Heldinnen
Meditation über das Körper-Mandala
Die Weisheitswesen aufnehmen und die drei Boten mischen
Die Rüstung anlegen
Die Ermächtigung gewähren und den Scheitel schmücken
Darbringungen für die Selbsterzeugung
Die acht Zeilen der Lobpreisung der Mutter
Die eigentliche Meditation der Erzeugungsstufe
Was ist Erzeugungsstufe?
Die Schulung in der groben Erzeugungsstufenmeditation
Die Schulung in der subtilen Erzeugungsstufenmeditation
Der Yoga der verbalen und geistigen Rezitation
Das Mantra, das rezitiert wird
Die Vorteile dieser Mantra-Rezitation
Die eigentliche Mantra-Rezitation
Die Erklärung des Annäherungs-Retreats
Der Yoga der Unvorstellbarkeit und der Yoga der täglichen Handlungen
Der Yoga der Unvorstellbarkeit
Der Yoga der täglichen Handlungen
Wie das äußere Reine Dakiniland durch die Praxis der Erzeugungsstufe erreicht wird
Wie Vajrayogini-Praktizierende mit großem Glück das äußere Reine Dakiniland erreichen
Wie Vajrayogini-Praktizierende mit mittlerem Glück das äußere Reine Dakiniland erreichen
Wie Vajrayogini-Praktizierende mit wenig Glück das äußere Reine Dakiniland erreichen
Die Vollendungsstufe
Was ist die Vollendungsstufe?
Wie das innere Reine Dakiniland durch die Praxis der Vollendungsstufe erreicht wird
Widmung
Anhang I - Die Zusammenfassung der Bedeutung des Kommentars
Anhang II - Sadhanas
Dakini-Yoga
Einleitung
Dakini-Yoga
Zusammengefaßter Yoga der sechs Sitzungen
Gelübde und Verpflichtungen
Der schnelle Pfad zur Großen Glückseligkeit
Fest der Großen Glückseligkeit
Vorbereitungen für das Vajrayogini-Retreat
Vorbereitendes Juwel
Einleitung
Vorbereitendes Juwel
Vajrayogini-Feuerdarbringung
Einführung
Vajrayogini-Feuerdarbringungs-Sadhana
Vajradaka-Feuerdarbringung
Samayavajra-Sadhana
Anhang III - Diagramme und Illustrationen
Handzeichen
Rituelle Gegenstände
Glossar
Bibliographie
Bücher
Sadhanas und andere Broschüren
Die Studienprogramme des Kadampa-Buddhismus
Allgemeines Programm
Grundlagenprogramm
Lehrerausbildungsprogramm

Illustrationen

Die Ehrwürdige Vajrayogini

Kommentar

Das Mandala von Vajrayogini

Buddha Vajradharma

Die Ehrwürdige Vajrayogini

Naropa

Pamtingpa

Palden Lama Tänpa Sönam Gyaltsän

Dechen Nyingpo Phabongkha Dorjechang

Losang Yeshe Trijang Dorjechang

Dakini-Yoga

Guru Vajradharma

Losang Yeshe Trijang Dorjechang

Die Ehrwürdige Vajrayogini

Der schnelle Pfad zur Großen Glückseligkeit

Guru Vajradharma

Held Vajradharma

Die Ehrwürdige Vajrayogini

Kinkara

Dorje Shugdän

Fest der Großen Glückseligkeit

Guru Vajradharma

Held Vajradharma

Die Ehrwürdige Vajrayogini

Kinkara

Dorje Shugdän

Vorbereitungen für das Vajrayogini-Retreat 

Die Ehrwürdige Vajrayogini 

Khandarohi

Vorbereitendes Juwel

Die Ehrwürdige Vajrayogini

Vajrayogini-Feuerdarbringung 

Feuergottheit

Die Ehrwürdige Vajrayogini

Vajradaka-Feuerdarbringung 

Vajradaka

Samayavajra-Sadhana 

Samayavajra

Diagramme und Illustrationen

Handzeichen

Rituelle Gegenstände

Danksagung

Die Vajrayogini-Anweisung ist die tiefgründigste Unterweisung des Höchsten Yoga-Tantras. Sie wurde ursprünglich von Buddha Vajradhara innerhalb des Heruka-Tantras gelehrt und ist die höchste Methode zur Reinigung unserer Umwelt, unseres Körpers und unseres Geistes.

Der Ehrwürdige Geshe Kelsang Gyatso gewährte 1981 am Manjushri Centre, England, aus seinem unerschöpflichen Großen Mitgefühl die Ermächtigungen von Heruka und Vajrayogini. Dann gab er den vollständigen Kommentar zu den Vajrayogini-Anweisungen. Damit viele Lebewesen auf der ganzen Welt die Segnungen von Vajrayogini empfangen können, schrieb Geshe Kelsang Gyatso dieses Buch mit dem Titel Führer ins Dakiniland, das auf dem ursprünglichen Kommentar basiert.

Wir danken dem Autor aus tiefstem Herzen dafür, daß er aus unermeßlicher Güte diese kostbaren Anweisungen für uns enthüllte und diesen unübertroffenen Text verfaßte. Wir beten dafür, daß wir perfekte Realisationen dieser Anweisungen gewinnen, indem wir sie rein und mit großem Bemühen in die Praxis umsetzen.

Wir danken auch den langjährigen und engagierten Dharma-Schülern, die bei der Redaktion und Vorbereitung des Manuskripts geholfen haben.

Mögen durch die Verdienste, die durch dieses Werk erschaffen wurden, alle Lebewesen schnell den Zustand von Buddha Vajrayogini erlangen.

Roy Tyson, 

Administrativer Direktor, 

Manjushri Kadampa Meditation Centre,

Februar 1996

Vorwort

Fühlende Wesen haben unterschiedliche Fähigkeiten, was ihr spirituelles Verständnis und ihre spirituelle Praxis anbelangt. Aus diesem Grund gab Buddha Shakyamuni aus seinem Mitgefühl heraus Unterweisungen auf vielen Ebenen, genau wie ein fähiger Arzt verschiedene Arten von Heilmitteln verabreicht, um die unterschiedlichen Krankheiten der Menschen zu behandeln.

Für diejenigen, die nur menschliches Glück erlangen wollen, gab Buddha Unterweisungen, die die Handlungen und ihre Wirkungen oder Karma enthüllen, und lehrte moralische Disziplin als Hauptpraxis. Für diejenigen, die allein für sich selbst den beständigen, inneren Frieden der Befreiung oder Nirvana erfahren wollen, gab Buddha Unterweisungen über die Fehler Samsaras und lehrte die Drei Höheren Schulungen als Hauptpraxis - Schulung in Höherer moralischer Disziplin, Schulung in Höherer Konzentration und Schulung in Höherer Weisheit. Für diejenigen, die das endgültige Ziel der vollen Erleuchtung erlangen wollen, gab Buddha Unterweisungen über das Entwickeln des Großen Mitgefühls und des Bodhichittas und lehrte die Sechs Vollkommenheiten als Hauptpraxis - die Vollkommenheit des Gebens, der moralischen Disziplin, der Geduld, des Bemühens, der geistigen Stabilisierung und der Weisheit. Alle diese Unterweisungen stehen allen offen, die sie studieren und praktizieren möchten. Die Erfahrungen, die durch das Praktizieren gewonnen werden, werden «allgemeine spirituelle Pfade» genannt.

Neben diesen Lehren gab Buddha auch Unterweisungen über Tantra. Diese können nur von denjenigen praktiziert werden, die tantrische Ermächtigungen erhalten haben. Die Erfahrungen, die durch das Praktizieren dieser Unterweisungen gewonnen werden, werden «außergewöhnliche spirituelle Pfade» genannt.

In den tantrischen Unterweisungen enthüllte Buddha vier Klassen von Tantra. Die Übungen, die in diesem Buch Führer ins Dakiniland erklärt werden, gehören zur höchsten Klasse, dem Höchsten Yoga-Tantra. Diese Übungen sind die eigentliche Essenz der Unterweisungen Buddhas. Sie enthalten besondere Methoden, um gewöhnliche Erscheinung und gewöhnliche Vorstellung zu verhindern, besondere Methoden, um gewöhnlichen Tod, Zwischenzustand und Wiedergeburt zu verhindern, und außergewöhnliche Methoden, um alle alltäglichen Erfahrungen in höhere spirituelle Pfade umzuwandeln. Wenn wir auf diese Weise die gewöhnliche Erfahrung umwandeln, können wir viele alltägliche Probleme verhindern und schnell das endgültige Glück der vollen Erleuchtung erlangen.

Die Quelle der gesamten und wesentlichen Bedeutung, die im Führer ins Dakiniland enthalten ist, ist Die Erhellung aller verborgenen Bedeutungen (tib. Be dön kun säl), ein kostbarer Kommentar zur Praxis des Heruka- und Vajrayogini-Tantras, der von Je Tsongkhapa verfaßt wurde. Dank der Güte meines Wurzel-Gurus, Kyabje Trijang Dorjechang, hatte ich die Gelegenheit, die Anweisungen über Heruka und Vajrayogini zu studieren und zu praktizieren. Nun habe ich dieses Buch als besondere Darbringung hauptsächlich für westliche Praktizierende geschrieben.

Um die Anweisungen, die in diesem Buch enthalten sind, zu praktizieren, werden besondere innere Bedingungen verlangt. Zuerst sollten wir uns in den allgemeinen spirituellen Pfaden schulen und dann die Ermächtigungen von Heruka und Vajrayogini erhalten. Nachdem wir diese Ermächtigungen erhalten haben, sollten wir danach streben, unsere Gelübde und Verpflichtungen auf reine Weise einzuhalten.

Dieses Buch sollte weder gelesen werden, als ob es eine Zeitschrift wäre, noch sollte es von denjenigen gelesen werden, die respektlose oder negative Gedanken gegen die Vajrayogini-Praxis hegen, oder von denjenigen, die nicht an die Anweisungen glauben oder keine Absicht haben, sie in die Praxis umzusetzen. Wenn wir jedoch eine reine Motivation besitzen, das ganze Buch sorgfältig lesen, uns sehr stark auf seine Bedeutung konzentrieren, ohne es schnell beenden zu wollen, können wir tiefgründige Realisationen des Buddhadharmas erlangen.

Geshe Kelsang Gyatso, 

Tharpaland, 

Januar 1990

Einleitende Erklärung

Der Kommentar zur Höchsten-Yoga-Tantra-Praxis der Ehrwürdigen Vajrayogini besteht aus einer einleitenden Erklärung, dem Hauptkommentar zu den Erzeugungs- und Vollendungsstufen und der Widmung. Die einleitende Erklärung hat sieben Teile:

1. Das Erzeugen einer korrekten Motivation

2. Der Ursprung und die Überlieferungslinie dieser Anweisungen

3. Der Nutzen dieser Anweisungen

4. Biographien von buddhistischen Meistern der Vergangenheit, die durch diese Anweisungen Realisationen erlangten

5. Die Voraussetzungen, die nötig sind, um diese Anweisungen in die Praxis umzusetzen

6. Die vier besonderen Ursachen schneller Erlangungen

7. Was sind das äußere und das innere Reine Dakiniland?

DAS ERZEUGEN EINER KORREKTEN MOTIVATION

Diese Anweisungen betreffen den außergewöhnlichen spirituellen Pfad des Tantras oder Geheimen Mantras, der die schnellste und die tiefgründigste Methode zur Erlangung der großen Erleuchtung ist. Wir sollten uns über die wertvolle Gelegenheit freuen, diese Unterweisungen studieren zu können. Sie können zur vollen Erleuchtung in einem einzigen kurzen Menschenleben führen, wenn sie in die Praxis umgesetzt werden. Das Studium dieser Anweisungen wird jedoch nur dann wahrhaft bedeutungsvoll sein, wenn unsere Motivation rein ist. Wenn wir dieses Buch lediglich aus intellektueller Neugier lesen, werden wir seine wahre Bedeutung nicht erfahren. Um den größten Nutzen aus diesen Anweisungen zu ziehen, sollten wir jedesmal, wenn wir sie studieren oder praktizieren, mit dem Erzeugen einer reinen, selbstlosen Motivation beginnen. Dazu können wir die folgenden Gebete dreimal rezitieren, während wir uns auf ihre Bedeutung konzentrieren:

Von jetzt an bis wir die Essenz der Erleuchtung erlangen, nehmen ich und alle fühlenden Wesen, die Wandernden, so weit wie der Raum,

Zuflucht zu den glorreichen, heiligen Gurus,

Zuflucht zu den vollkommenen Buddhas, den Gesegneten,

Zuflucht zu den heiligen Dharmas,

Zuflucht zu den Höheren Sanghas.

Dann sollten wir dreimal rezitieren:

Wenn ich den Zustand eines vollkommenen Buddhas erlangt habe, werde ich alle fühlenden Wesen aus dem Ozean der Leiden Samsaras befreien und zur Glückseligkeit der vollen Erleuchtung führen. Deshalb werde ich die Stufen von Vajrayoginis Pfad praktizieren.

DER URSPRUNG UND DIE ÜBERLIEFERUNGSLINIE DIESER ANWEISUNGEN

Die zwei Stufen der Praxis von Vajrayogini wurden ursprünglich von Buddha Vajradhara gelehrt. Buddha Vajradhara manifestierte sich in der Form von Heruka, um das Wurzel-Tantra von Heruka darzulegen, und in diesem Tantra wurde die Praxis von Vajrayogini erklärt. Die zahlreichen Überlieferungen der Anweisungen zu Vajrayogini können alle auf diese ursprüngliche Enthüllung zurückgeführt werden. Von diesen Linien gibt es drei, die am häufigsten praktiziert werden: die Narokhachö-Linie, die von Vajrayogini an Naropa weitergegeben wurde; die Maitrikhachö-Linie, die von Vajrayogini an Maitripa weitergegeben wurde; und die Indrakhachö-Linie, die von Vajrayogini an Indrabodhi weitergegeben wurde. Dieser Kommentar über die Erzeugungs- und Vollendungsstufe der Höchsten-Yoga-Tantra-Praxis von Vajrayogini basiert auf den Anweisungen der Narokhachö-Linie.

DER URSPRUNG DES HERUKA-TANTRAS

Einst wurde dieses Universum von der weltlichen Gottheit Ishvara kontrolliert. Seine Mandalas und Lingams existierten an vielen Orten dieser Welt. Die wichtigsten waren an den Vierundzwanzig Heiligen Orten. Die Anhänger opferten Ishvara unzählige Tiere als Darbringungen, und dies erfreute ihn aufs höchste. Dafür half er ihnen, Reichtum und weltlichen Erfolg zu erlangen, doch behinderte er jeden, der versuchte, Befreiung oder Erleuchtung zu erlangen. Unter dem Einfluß von Ishvara schlachteten die Menschen jener Welt jeden Tag Tausende von Tieren und dachten, daß sie tugendhafte Handlungen ausführten. In Wirklichkeit jedoch erzeugten sie nur schweres, negatives Karma und beraubten sich der Gelegenheit, Befreiung zu erlangen.

Die Helden und Heldinnen der Fünf Buddha-Familien konnten dies nicht tolerieren und baten Buddha Vajradhara einzugreifen. Daraufhin manifestierte sich Buddha Vajradhara in der Form von Heruka, und durch die Kraft seiner Segnungen unterwarf er Ishvara und wandelte Ishvaras Mandalas in seine eigenen um. Die anderen Gottheiten von Herukas Mandala unterwarfen das Gefolge Ishvaras, indem sie es zu Anhängern von Heruka konvertierten.

Heruka löste die Mandalas, die er an den vierundzwanzig Orten ausgestrahlt hatte, nicht wieder auf, sondern ließ sie intakt, und bis zum heutigen Tag können Wesen mit besonders reinem Karma diese Mandalas und die Helden und Heldinnen, die darin wohnen, sehen. Für Praktizierende von Heruka und Vajrayogini sind diese gesegneten Orte besonders kraftvolle Meditationsstätten.

Nachdem Heruka Ishvara und sein Gefolge unterworfen hatte, erläuterte er sein zusammengefaßtes, mittleres und ausgedehntes Wurzel-Tantra. Von diesen wurde nur das Zusammengefaßte Wurzel-Tantra von Heruka aus dem Sanskrit ins Tibetische übersetzt. Buddha Vajradhara legte auch viele erläuternde Tantras dar, die Kommentare zu den Wurzel-Tantras sind, und einige davon wurden ins Tibetische übersetzt. In diesen Wurzel- und erklärenden Tantras, besonders im siebenundvierzigsten und im achtundvierzigsten der einundfünfzig Kapitel des Zusammengefaßten Wurzel-Tantras von Heruka, gibt Buddha Vajradhara klare Anweisungen über die Praxis von Vajrayogini.

DIE ÜBERLIEFERUNGSLINIE DIESER ANWEISUNGEN

Der erste Guru dieser Überlieferungslinie ist Buddha Vajradharma, und der zweite ist Buddha Vajrayogini. Vajrayogini überlieferte diese Anweisungen direkt an Naropa, der sie gewissenhaft in die Praxis umsetzte und in der Folge große Realisationen erlangte.

Obwohl Naropa viele Schüler hatte, hielt er seine Vajrayogini-Praxis geheim und überlieferte sie nur an zwei Brüder aus der nepalesischen Stadt Pamting, die heute Pharping genannt wird. Er erkannte, daß die Pamtingpa-Brüder, Jigme Dragpa und sein jüngerer Bruder Ngawang Dragpa, eine besonders starke karmische Verbindung zu diesen Anweisungen hatten. Sakya Pandita Kunga Gyaltsän und andere berühmte Lehrer erwähnten die Tatsache, daß sogar Naropas berühmtester Schüler, der große tibetische Meister Marpa, diese Anweisungen nicht erhalten hatte.

Die Pamtingpa-Brüder gaben diese Anweisungen an die tibetischen Übersetzer Lokya Sherab Tseg und Malgyur Lotsawa weiter. Malgyur Lotsawa war es, der das Zusammengefaßte Wurzel-Tantra von Heruka aus dem Sanskrit in die tibetische Sprache übersetzte. Dank seiner Güte wurden viele Tibeter in der Vergangenheit große Yogis und Yoginis, und viele Menschen haben heute die Gelegenheit, Heruka-und Vajrayogini-Tantras zu studieren und zu praktizieren. Malgyur Lotsawa selbst erlangte die höchste Vereinigung von Vajradhara und erreichte das Reine Dakiniland in jenem Leben.

Von Malgyur Lotsawa wurden diese Anweisungen in ununterbrochener Folge an Phabongkha Rinpoche und dann an den sehr Ehrwürdigen Kyabje Trijang Dorjechang, den Linienhalter, weitergegeben. Von diesem großen Meister habe ich, der Autor, diese Anweisungen erhalten.

Von Buddha Vajradharma bis zu Kyabje Trijang Dorjechang gab es siebenunddreißig Linien-Gurus. Die Überlieferungslinie dieser Anweisungen ist ungebrochen, und die Segnungen, die von Buddha Vajradharma weitergegeben wurden, sind intakt. Jeder Linien-Guru erlangte die vollkommene Erfahrung dieser Anweisungen und sorgte damit dafür, daß ihre Kraft sich nicht verminderte. Diese Anweisungen sind völlig authentisch und werden auf klare Weise dargelegt. Wenn wir sie mit tiefer Überzeugung und freudigem Bemühen in die Praxis umsetzen, werden wir sicherlich Realisationen erlangen.

DER NUTZEN DIESER ANWEISUNGEN

Es wird im Zusammengefaßten Wurzel-Tantra von Heruka erwähnt, daß der Nutzen, der durch das Ausüben der Praxis von Vajrayogini erzielt wird, grenzenlos ist und daß tausend Stimmen sie niemals vollständig aufzählen könnten. Hier werden wir die zehn Hauptvorteile betrachten:

DURCH DAS PRAKTIZIEREN DIESER ANWEISUNGEN ERHALTEN WIR SCHNELL BEDEUTENDE UND KRAFTVOLLE SEGNUNGEN

Wenn wir diese Anweisungen praktizieren, erhalten wir von allen Buddhas schnell bedeutende und tiefgründige Segnungen. Diese Segnungen helfen uns vorübergehend, und schließlich befähigen sie uns, das endgültige Ziel der vollen Erleuchtung zu erlangen.

DIESE ANWEISUNGEN SIND EINE SYNTHESE ALLER WESENTLICHEN ANWEISUNGEN

Die Anweisungen zur Praxis von Vajrayogini sind eine Synthese aller wesentlichen Anweisungen, die in den Tantras von Heruka, Yamantaka und Guhyasamaja enthalten sind. Alle wesentlichen Punkte der Stufen des Geheimen Mantras sind in der Praxis von Vajrayogini enthalten.

DIESE ANWEISUNGEN SIND LEICHT ZU PRAKTIZIEREN

Diese Anweisungen über die Praxis von Vajrayogini enthalten kurze und klar dargestellte Meditationen, die relativ einfach zu praktizieren sind. Das Mantra ist kurz und leicht zu rezitieren, und die Visualisierungen des Mandalas, der Gottheit und des Körper-Mandalas sind im Vergleich zu denjenigen anderer Gottheiten des Höchsten Yoga-Tantras einfach. Sogar Praktizierende mit begrenzten Fähigkeiten und wenig Weisheit können diese Übungen ohne große Schwierigkeiten praktizieren.

DURCH DAS PRAKTIZIEREN DIESER ANWEISUNGEN KÖNNEN WIR SCHNELL ERLANGUNGEN ERZIELEN

Viele große Lehrer wie Kyabje Trijang Dorjechang haben gesagt, daß diejenigen mit nur mittelmäßigem Glück das Reine Dakiniland durch die Praxis von Vajrayogini in einem Leben erreichen können. Diejenigen mit mehr Glück werden es mit Leichtigkeit erreichen, und sogar diejenigen mit weniger Glück können das Reine Dakiniland im Zwischenzustand, zwischen Tod und Wiedergeburt, erreichen. Wenn wir das Vajrayogini-Mantra kontinuierlich, solange wir leben, rezitieren, werden wir uns an das Mantra erinnern, wenn wir sterben. Dann werden wir wie in einem Traum hören, wie uns Vajrayogini und ihr Gefolge von Dakinis ruft und in ihr Reines Land einlädt. Auf diese Weise wird uns Vajrayogini durch den Tod und den Zwischenzustand begleiten und zum Reinen Land der Dakinis führen.

Es heißt, daß sogar diejenigen mit ganz wenig Glück, die das Reine Dakiniland im Zwischenzustand nicht erreichen, innerhalb von sieben Leben von Vajrayogini zu ihrem Reinen Land geführt werden. Sogar wenn sich solche Praktizierende in der tiefsten Hölle wiederfinden, wird Vajrayogini ihren Geist segnen und bewirken, daß ihre früher angesammelten tugendhaften Handlungen reifen. Auf diese Weise werden sie aus der Hölle erlöst und direkt in das Reine Land der Dakinis geführt werden.

Somit können wir, wenn wir unsere Verpflichtungen auf reine Weise einhalten und diese Anweisungen aufrichtig praktizieren, das Reine Dakiniland in diesem Leben, im Zwischenzustand oder sicherlich innerhalb von sieben Leben erreichen.

DIESE ANWEISUNGEN ENTHALTEN EINE BESONDERE KÖRPER-MANDALA-PRAXIS

Körper-Mandalas sind nicht in jeder Gottheitspraxis enthalten. Eine Praxis, die ein Körper-Mandala enthält, ist tiefgründiger als eine Praxis, die keines enthält, und das tiefgründigste aller Körper-Mandalas ist das von Vajrayogini.

DIESE ANWEISUNGEN ENTHALTEN EINEN AUSSERGEWÖHNLICHEN YOGA DER UNVORSTELLBARKEIT

Der außergewöhnliche Yoga der Unvorstellbarkeit ist eine besondere Methode, mit der das Reine Dakiniland innerhalb dieses Lebens erreicht werden kann, ohne daß wir unseren gegenwärtigen Körper aufgeben. Sie ist nur in der Praxis von Vajrayogini zu finden.

DIE ERZEUGUNGS- UND DIE VOLLENDUNGSSTUFE KÖNNEN ZUSAMMEN PRAKTIZIERT WERDEN

In Übungen wie Yamantaka und Guhyasamaja können Praktizierende nur über die Vollendungsstufe meditieren, nachdem sie Erfahrung in der Erzeugungsstufe erlangt haben. In der Praxis von Vajrayogini können wir uns jedoch in den Meditationen der Vollendungsstufe schulen und sogar gewisse Realisationen der Vollendungsstufe erlangen, während wir uns noch in der Erzeugungsstufe schulen.

DIESE ANWEISUNGEN SIND FÜR DIEJENIGEN MIT STARKER BEGEHRENDER ANHAFTUNG BESONDERS GEEIGNET

Im allgemeinen ist es für diejenigen mit starker begehrender Anhaftung sehr schwierig, Dharma zu praktizieren. Dies gilt jedoch nicht für die Praxis von Vajrayogini. Überall in dieser Welt existieren unzählige Ausstrahlungen von Heruka und Vajrayogini, die sich als gewöhnliche Männer und Frauen manifestieren. Diese Ausstrahlungen helfen reinen Vajrayogini-Praktizierenden, ihre begehrende Anhaftung in den spirituellen Pfad umzuwandeln. Wenn solche Praktizierende gewissenhaft ihre Verpflichtungen einhalten und vertrauensvoll die elf Yogas praktizieren, werden sie schließlich einer Ausstrahlung von Vajrayogini begegnen, die sich als attraktiver Mann oder attraktive Frau manifestiert. Indem diese Ausstrahlung die begehrende Anhaftung in den Praktizierenden weckt, wird sie ihre Kanäle, Winde und Tropfen segnen. Durch das Eingehen der Vereinigung mit der Ausstrahlung wird der Praktizierende oder die Praktizierende fähig sein, seine oder ihre Begierde in die Spontane Große Glückseligkeit umzuwandeln. Mit diesem glückseligen Geist wird der Praktizierende oder die Praktizierende über Leerheit meditieren und schließlich alle Verblendungen, einschließlich der begehrenden Anhaftung, ausmerzen. Auf diese Weise wird er oder sie schnell die volle Erleuchtung erlangen. Genauso wie Feuer, das aus Holz entsteht, schließlich das Holz, das es erzeugt hat, verzehrt, so verzehrt schließlich auch die tantrische Glückseligkeit, die aus der begehrenden Anhaftung entwickelt wird, die begehrende Anhaftung, die sie verursacht hat. Diese geschickte Methode des Umwandelns von Anhaftung in den spirituellen Pfad wurde von Meistern wie Ghantapa und Tilopa übernommen.

Die Essenz der Höchsten-Yoga-Tantra-Praxis ist das Erzeugen eines Geistes der Spontanen Großen Glückseligkeit und das Nutzen dieses glückseligen Geistes, um über Leerheit zu meditieren. Der Geist der Spontanen Großen Glückseligkeit wird erlangt, indem die inneren Winde durch Vollendungsstufenmeditation im Zentralkanal gesammelt werden. Damit die Vollendungsstufenmeditation erfolgreich ist, müssen die Kanäle, Winde und Tropfen unseres Körpers von Gottheiten gesegnet werden. Das wird durch die Erzeugungsstufenpraxis erlangt.

DIESE ANWEISUNGEN SIND FÜR DIESES DEGENERIERTE ZEITALTER BESONDERS GEEIGNET

Die Praxis von Vajrayogini bringt besonders während dieses spirituell degenerierten Zeitalters sehr schnell Segnungen. Es heißt, daß es um so schwieriger wird, Segnungen von anderen Gottheiten zu erhalten, je mehr sich das allgemeine Niveau der Spiritualität verringert, doch bei Heruka und Vajrayogini ist das Gegenteil der Fall; je mehr die Zeiten degenerieren, desto leichter können Praktizierende ihre Segnungen erhalten.

Wann immer Vajradhara ein Tantra erläuterte, strahlte er das damit verbundene Mandala aus, doch am Ende des Vortrages nahm er das Mandala für gewöhnlich wieder in sich auf. Als er zum Beispiel das Wurzel-Tantra von Kalachakra erläuterte, strahlte Vajradhara das Kalachakra-Mandala aus, und als er geendet hatte, löste er es wieder auf. Die Mandalas von Heruka und Vajrayogini löste Vajradhara jedoch nicht auf. Diese Mandalas existieren immer noch an verschiedenen Orten dieser Welt, wie etwa an den Vierundzwanzig Heiligen Orten. Deshalb haben die Menschen in dieser Welt eine besondere Beziehung zu Heruka und Vajrayogini und können schnell ihre Segnungen erhalten. Außerdem versprach Vajradhara im Wurzel-Tantra von Heruka, daß Heruka und Vajrayogini in der Zukunft, wenn die Zeiten spirituell degenerieren, denjenigen mit starker Anhaftung Segnungen gewähren.

Im allgemeinen dauert es um so länger, daß die Segnungen einer Gottheit den Praktizierenden erreichen, je höher die Anzahl der Linien-Gurus der Praxis einer Gottheit wird. Je größer jedoch die Anzahl der Linien-Gurus von Heruka und Vajrayogini ist, desto schneller erhalten die Praktizierenden ihre Segnungen.

DAS MANTRA VON VAJRAYOGINI BESITZT VIELE BESONDERE QUALITÄTEN

Im Wurzel-Tantra von Heruka steht, daß Erlangungen durch das bloße Rezitieren des Vajrayogini-Mantras, sogar mit wenig Konzentration, erzielt werden können. Mit der Mantra-Rezitation von anderen Gottheiten ist dies in der heutigen Zeit nicht möglich. Wir benötigen jedoch sehr starkes Vertrauen in Vajrayogini und ihr Mantra, wenn wir allein durch die Mantra-Rezitation Realisationen erlangen wollen.

Wenn wir eingehend über den Nutzen und die besonderen Qualitäten dieser Anweisungen nachdenken, werden wir realisieren, daß wir jetzt eine sehr kostbare Gelegenheit haben, sie zu studieren und zu praktizieren. Ein Gefühl großer Freude wird in uns entstehen, das uns großes Vertrauen in die Anweisungen geben wird und uns dazu ermutigt, sie in die Praxis umzusetzen.

BIOGRAPHIEN VON BUDDHISTISCHEN MEISTERN DER VERGANGENHEIT, DIE DURCH DIESE ANWEISUNGEN REALISATIONEN ERLANGTEN

Viele Menschen haben durch die Vajrayogini-Praxis die höchsten Erlangungen erzielt. Viele von den vierundachtzig Mahasiddhas des alten Indiens erreichten ihre Erlangungen durch die Übungen von Heruka und Vajrayogini, und seit der Zeit, in der diese Tantras in Tibet eingeführt wurden, haben auch viele Tibeter ähnliche Realisationen erlangt. Es ist immer noch möglich, diesen Meistern nachzueifern und die gleichen Erlangungen zu erzielen.

Es folgen nun kurze Biographien von fünf großen Praktizierenden, die die besondere Obhut und Führung von Vajrayogini erhielten, und infolgedessen das Reine Dakiniland erreichten.

LUYIPA

Luyipa war ein großer indischer Mahasiddha, der sich auf Heruka und Vajrayogini verließ. Eines Tages, am zehnten Tag des Monats, ging er zu einem Friedhof, um zu meditieren, doch als er ankam, sah er eine Gruppe von Männern und Frauen, die ein Picknick machten. Eine der Frauen gab ihm ein Stück Fleisch, und durch dessen Genuß wurde sein Geist gesegnet und augenblicklich von gewöhnlichen Erscheinungen gereinigt. Er erhielt eine Vision von Heruka und Vajrayogini und erkannte, daß die Männer und Frauen in Wirklichkeit Helden und Heldinnen waren. Seine vorangegangene, reine Praxis von Vajrayogini hatte bewirkt, daß sich Vajrayogini als die Frau manifestierte, die ihm das Fleisch angeboten hatte. Auf diese Weise half ihm Vajrayogini, sowohl das äußere als auch das innere Reine Dakiniland zu erlangen.

GHANTAPA

Der Mahasiddha Ghantapa lebte tief in einem Wald bei Odivisha (heute Orissa) in Indien, wo er sich mit intensiver Meditation über Heruka und Vajrayogini beschäftigte. Da er an einem so abgeschiedenen Ort lebte, war seine Kost sehr kärglich und sein Körper magerte ab. Eines Tages, als der König von Odivisha im Wald jagte, begegnete er zufällig Ghantapa. Als er sah, wie dünn und schwach er war, fragte der König Ghantapa, warum er im Wald bei solch karger Kost lebe. Der König ermunterte Ghantapa, mit ihm zur Stadt zurückzukehren, wo er ihm Nahrung und Obdach geben würde. Ghantapa antwortete, daß er nicht von den Reichtümern eines Königs in Versuchung geführt werden könne, den Wald zu verlassen, genausowenig wie es möglich sei, einen großen Elefanten mit einem dünnen Faden aus dem Wald zu führen. Wütend über Ghantapas Zurückweisung, kehrte der König zu seinem Palast zurück und schwörte Rache.

Die Wut des Königs war so groß, daß er einige Frauen aus der Stadt einlud und ihnen von dem überheblichen Mönch im Wald erzählte. Er bot jeder von ihnen großen Reichtum an, die den Mönch verführen und ihn dazu bringen könne, seine Gelübde des Zölibats zu brechen. Eine der Frauen, eine Weinhändlerin, prahlte damit, daß sie dazu imstande sei; und sie ging in den Wald, um nach Ghantapa zu suchen. Als sie ihn schließlich fand, fragte sie ihn, ob sie seine Gehilfin werden könne. Ghantapa hatte keine Gehilfin nötig, aber er erkannte, daß sie aus früheren Leben eine starke Beziehung zueinander hatten, und so erlaubte er ihr zu bleiben. Ghantapa gab ihr spirituelle Anweisungen und Ermächtigungen, und sie schulten sich aufrichtig in Meditation. Nach zwölf Jahren erlangten beide die Vereinigung des Nicht-mehr-Lernens, die volle Erleuchtung.

Eines Tages entschlossen sich Ghantapa und die frühere Weinhändlerin, die Leute in der Stadt zu ermutigen, ein größeres Interesse am Dharma zu entwickeln. Deshalb kehrte die Frau zum König zurück und berichtete, daß sie den Mönch verführt habe. Zuerst zweifelte der König an der Wahrheit der Geschichte, doch als sie erklärte, daß sie und Ghantapa nun zwei Kinder hätten, einen Sohn und eine Tochter, war der König über diese Neuigkeit höchst erfreut und befahl ihr, Ghantapa an einem bestimmten Tag in die Stadt zu bringen. Dann gab er eine öffentliche Bekanntmachung heraus, die Ghantapa erniedrigte, und befahl seinen Untertanen, sich am verabredeten Tag zu versammeln, um den Mönch zu beschimpfen und zu demütigen.

An besagtem Tag verließen Ghantapa und die Frau mit ihren Kindern den Wald. Der Sohn war zu Ghantapas Rechten und die Tochter zu seiner Linken. Als sie die Stadt erreichten, lief Ghantapa, als wäre er betrunken, und hielt eine Schale in den Händen, in welche die Frau Wein einschenkte. Alle Leute, die sich versammelt hatten, lachten und verhöhnten ihn und schleuderten ihm Beleidigungen und Beschimpfungen entgegen. «Vor langer Zeit», warfen sie ihm höhnisch vor, «lud dich unser König in die Stadt ein, doch du lehntest die Einladung hochmütig ab. Nun erscheinst du betrunken und mit einer Weinhändlerin. Was für ein schlechtes Beispiel von einem Buddhisten und Mönch du doch bist!» Als sie geendet hatten, schien Ghantapa wütend zu werden und warf die Schale auf den Boden. Die Schale versank in der Erde, zerteilte den Boden und ließ eine Wasserquelle erscheinen. Ghantapa verwandelte sich augenblicklich in Heruka, und die Frau verwandelte sich in Vajrayogini. Der Junge verwandelte sich in einen Vajra, den Ghantapa in seiner rechten Hand hielt, und das Mädchen verwandelte sich in eine Glocke, die er mit seiner linken Hand hielt. Dann umarmten sich Ghantapa und seine Gefährtin und flogen zum Himmel hinauf.

Die Leute waren erstaunt und entwickelten augenblicklich großes Bedauern für ihre Respektlosigkeit. Sie verbeugten sich ehrfürchtig vor Ghantapa und baten ihn und die Ausstrahlung von Vajrayogini zurückzukehren. Ghantapa und seine Gefährtin lehnten jedoch ab; sie sagten aber zu den Leuten, daß sie Bekenntnisse vor Mahakaruna, der Verkörperung von Buddhas Großem Mitgefühl, ablegen sollten, wenn ihr Bedauern aufrichtig sei. Aufgrund der starken Reue der Menschen von Odivisha und der Kraft ihrer Gebete entstand aus der Wasserquelle eine Mahakaruna-Statue. Die Menschen von Odivisha wurden sehr hingebungsvolle Dharma-Praktizierende, und viele von ihnen erlangten Realisationen. Die Mahakaruna-Statue kann auch heute noch betrachtet werden.

Aufgrund der reinen Heruka- und Vajrayogini-Praxis, die Ghantapa im Wald ausübte, sah Vajrayogini, daß für ihn der richtige Zeitpunkt gekommen war, ihre Segnungen zu erhalten, und so manifestierte sie sich als Weinhändlerin. Durch das Zusammenleben mit ihr erlangte Ghantapa den Zustand des Reinen Dakinilandes.

DARIKAPA

Auch König Darikapa war einer der vierundachtzig Mahasiddhas. Er erhielt Ermächtigungen und Anweisungen über Heruka und Vajrayogini von Luyipa. Luyipa prophezeite, daß Darikapa schnell Erleuchtung erlangen würde, wenn er sein Königreich aufgeben und sich in der Vajrayogini- und Heruka-Praxis sehr bemühen würde. Darikapa verließ augenblicklich seinen Palast und wanderte als Bettler von einem Ort zum andern und praktizierte bei jeder Gelegenheit Meditation. In einer Stadt in Südindien traf er auf eine wohlhabende Kurtisane, die eine Ausstrahlung von Vajrayogini war. Die Frau besaß eine große Villa, in der er zwölf Jahre lang als ihr Diener arbeitete. Am Tag führte er niedere Tätigkeiten in und um das Haus herum aus, und in der Nacht praktizierte er Luyipas Anweisungen. Nach zwölf Jahren erlangte er die fünfte Stufe der Vollendungsstufe, die Vereinigung, die Lernen braucht. Es hieß, daß Darikapa und das ganze Gefolge der Kurtisane von vierzehntausend Personen das Reine Dakiniland erlangten. Auf diese Weise erhielt Darikapa die Führung von Vajrayogini.

KUSALI

Auch ein Novizenmönch namens Kusali kam unter die Obhut von Vajrayogini. Eines Tages, als er den Ufern des Ganges entlang reiste, traf er eine alte, leprakranke Frau mit großen Schmerzen, die den Fluß überqueren wollte. Kusali wurde von Mitgefühl für die Frau überwältigt. Er band sie mit seinem Umhang auf seinem Rücken fest und begann den Fluß zu durchwaten, doch auf halbem Weg verwandelte sich die leprakranke Frau in Vajrayogini und führte ihn zum Land der Dakinis.

PURANG LOTSAWA

Purang Lotsawa war ein großer Lehrer, der in der Nähe des Klosters Shiri im westlichen Tibet lebte und viele spirituell fortgeschrittene Schüler hatte. Als er aufgrund verschiedener Anzeichen bemerkte, daß er bereit war, das Reine Dakiniland zu erreichen, grub er eine kleine Höhle in einen Berghang, wo er in einsamer Meditation zu leben gedachte. Als er die Höhle zu Beginn seines Retreats betrat, verkündete er, daß seine Kehle von den Dharma-Beschützern durchgeschnitten werden sollte, wenn er sie verlassen würde, bevor er das Reine Dakiniland erreichte. Er befahl seinem Gehilfen, den Eingang seiner Höhle zu versiegeln und nur ein kleines Loch offen zu lassen, durch das Essen und Trinken gereicht werden konnten.

Einige Zeit später kam ein tantrischer Yogi, von acht Frauen begleitet, und verlangte Purang zu sehen. Der Gehilfe schickte sie weg; doch als er Purang am Abend von den Besuchern erzählte, wurde ihm die Anweisung gegeben, niemanden wegzuschicken, der ihn zu sehen wünsche. Als die Besucher am nächsten Tag zurückkehrten, zeigte ihnen der Gehilfe die Höhle. Da er vermutete, daß sie keine gewöhnlichen Leute waren, hielt er Ausschau nach einem Ort, wo er sich verstecken und sehen konnte, was geschehen würde. Doch als er schließlich einen geeigneten Ort gefunden hatte, hatten die Besucher auf unerklärliche Weise die Höhle betreten. Der Gehilfe schlich sich zum kleinen Loch in der Seite der Höhle und spähte hinein. Die Höhle war von strahlendem Licht erfüllt. Die acht Frauen saßen in einer Reihe, der Yogi an einem Ende und Purang am anderen. Der Yogi rollte Briefe aus Gold, die er den Frauen reichte. Diese wiederum gaben sie an Purang weiter, der sie zu essen schien. Purang bemerkte seinen Gehilfen, der durch das Loch spähte, und schrie, er solle fortgehen. Der Gehilfe verschwand sofort. Später, als er mit dem Abendessen zurückkam, saß Purang ganz allein da, ohne die geringste Spur von dem Yogi oder den acht Frauen. In jener Nacht ging Purang zum Reinen Land von Vajrayogini.

Am nächsten Morgen brachte der Gehilfe Purangs Frühstück, doch er fand die Höhle leer vor. Obwohl er überzeugt war, daß Purang das Reine Dakiniland erreicht hatte, befürchtete er, daß andere denken könnten, daß er die Ursache für Purangs Verschwinden sei. Um solchen Verdächtigungen vorzubeugen, rief er ein paar Leute zusammen und zeigte ihnen, daß das Siegel zu Purangs Höhle nicht aufgebrochen war. Obwohl einige Leute davon überzeugt waren und daran glaubten, daß Purang das Reine Dakiniland erreicht hatte, verdächtigten andere den Gehilfen immer noch des Mordes.

Um diese Angelegenheit zu bereinigen, wurde ein tibetischer Übersetzer nach Nepal geschickt, um einen berühmten Vajrayogini-Praktizierenden zu befragen, der große hellsichtige Kräfte besaß. Nachdem der Übersetzer erklärt hatte, was mit Purang geschehen war, antwortete der nepalesische Praktizierende, daß er am Tag des Verschwindens, während der Meditation, aufgrund seiner Hellsicht gesehen habe, daß Purang von einem Helden und acht Heldinnen in das Reine Land der Dakinis eingeladen worden sei. Der Held war Heruka, und die acht Heldinnen waren die acht Göttinnen der Eingangspforten zu Herukas Mandala. Als Ergebnis von Purangs reiner Praxis waren Heruka und Vajrayogini zu seiner Höhle gekommen und hatten ihn zum Reinen Dakiniland mitgenommen.

Viele große Meister der Gelug-Tradition wie Takbu Tenpai Gyaltsän, Drubchen Chö Dorje, Changkya Rölpai Dorje sowie viele ihrer Schüler haben das Reine Land der Dakinis erreicht. Solche Dinge geschehen auch heute noch. Vor einigen Jahren beispielsweise gab es einen tibetischen Laien namens Gönche, der im östlichen Tibet an einem Ort namens Chatring lebte. Allem Anschein nach war er ein böser Mann, der immer kämpfte und stahl und allgemein viele negative Handlungen ausübte. Die chinesische Invasion in Tibet zwang ihn schließlich, aus seinem Mutterland zu fliehen. Eines Tages, auf seiner Reise ins Exil, sah er, wie ein Boot, das etwa dreißig chinesische Soldaten beförderte, ein Gewässer überquerte. Er schoß Löcher in das Boot, so daß es sank und alle Soldaten ertranken. Als er schließlich die nepalesische Grenze erreichte, schloß er sich dem tibetischen Widerstand an.

Als älterer Mann reiste er einige Jahre später nach Dharamsala in Indien, wo er Trijang Rinpoche besuchte. Trijang Rinpoche riet ihm, alle negativen Handlungen aufzugeben und sich der spirituellen Praxis zu widmen. Von diesem Tag an veränderte sich Gönches Geist. Er entwickelte großes Bedauern für all seine vergangenen, schädlichen Handlungen und versprach, aufrichtig Dharma zu praktizieren. Einige Zeit später gab Trijang Rinpoche einer großen Gruppe seiner Schüler eine Vajrayogini-Ermächtigung, und Gönche war unter ihnen.

Trijang Rinpoche riet Gönche, nach Nepal zu gehen, um ein langes Vajrayogini-Retreat durchzuführen. Da er materielle Hilfe von seiner Familie und spirituellen Rat von einigen ortsansässigen Geshes erhielt, begab sich Gönche ins Retreat; doch er starb während dieser Zeit. Zum Zeitpunkt seines Todes sahen viele Menschen einen Regenbogen über seiner Meditationshütte. Drei Tage später wurde er verbrannt, und diesmal erschien ein Regenbogen über dem Scheiterhaufen. Diese Regenbogen wurden von den Leuten der Gegend und auch von den Mönchen gesehen, die sich versammelt hatten, um für ihn zu beten. Hohe Lamas sagten später, daß die Regenbogen Zeichen gewesen seien, daß Vajrayogini Gönche zu ihrem Reinen Land geführt habe, während er im Zwischenzustand war.

Viele weibliche Vajrayogini-Praktizierende haben ebenfalls durch diese Praxis Erleuchtung erlangt. Diese Berichte über Erlangungen von Praktizierenden der Vergangenheit zeigen den großen Wert der Praxis von Vajrayogini und sind eine Quelle der Inspiration für unsere eigene Praxis.

DIE VORAUSSETZUNGEN, DIE NÖTIG SIND, UM DIESE ANWEISUNGEN IN DIE PRAXIS UMZUSETZEN

Bevor wir die zwei Stufen des Vajrayogini-Tantras praktizieren können, brauchen wir gewisse Qualifikationen. Durch das Studium und die Praxis der Stufen des Pfades, Lamrim, sollten wir zumindest etwas Erfahrung in den drei Hauptaspekten des Pfades erlangt haben: Entsagung, Bodhichitta und korrekte Sicht der Leerheit. Diese sind auch bekannt als die Pfade, die Sutra und Tantra gemeinsam sind. Wenn wir einmal ein Fundament von Erfahrung in den gewöhnlichen Pfaden gebaut haben, sind wir qualifiziert, in den besonderen Pfad des Tantras einzutreten. Das Tor zur tantrischen Praxis ist die Ermächtigung. Bevor wir die Vajrayogini-Praxis ausüben können, müssen wir von einem qualifizierten tantrischen Meister die Ermächtigung von Heruka und die Ermächtigung von Vajrayogini in ihr Sindhura-Mandala erhalten. Diese Ermächtigungen setzen besondere, tugendhafte Potentiale in unser Bewußtsein, die sich schließlich zu Realisationen der Erzeugungs- und Vollendungsstufe entwickeln, wenn sie durch anschließende spirituelle Praxis genährt werden. Während den Ermächtigungen legen wir bestimmte Gelübde ab und nehmen Verpflichtungen auf uns, die gewissenhaft eingehalten werden müssen. Auf dieser Basis werden wir all die oben genannten Vorteile genießen, wenn wir die Anweisungen von Vajrayogini kontinuierlich und aufrichtig praktizieren.

DIE VIER BESONDEREN URSACHEN SCHNELLER ERLANGUNGEN

Um schnell die Realisationen zu erlangen, die mit der Vajrayogini-Praxis verbunden sind, brauchen wir vier besondere Ursachen. Diese sind:

1. Unerschütterliches Vertrauen

2. Weisheit, die Zweifel und Befürchtungen bezüglich der Praxis überwindet

3. Einbezug unserer gesamten spirituellen Schulung in die Praxis eines Yidams

4. Geheimes Praktizieren

UNERSCHÜTTERLICHES VERTRAUEN

Wir sollten uns nicht entmutigen lassen, wenn wir nach nur wenigen Tagen oder Monaten intensiven Bemühens keine besonderen Ergebnisse erzielen. Wir müssen uns unbeirrt, mit unerschütterlicher Überzeugung in den Nutzen unserer Praxis schulen. Unsere Praxis sollte wie ein breiter Fluß sein, der gleichmäßig und unaufhörlich fließt.

WEISHEIT, DIE ZWEIFEL UND BEFÜRCHTUNGEN BEZÜGLICH DER PRAXIS ÜBERWINDET

Wir sollten die elf Yogas der Erzeugungsstufe und die Meditationen der Vollendungsstufe ganz klar verstehen. Jedesmal wenn wir Dharma praktizieren, müssen wir im allgemeinen zuerst alle unsere Zweifel über die Anweisungen, die wir erhalten haben, zerstreuen und klare Erkenntnisse darüber erlangen. Durch das Anhören und das Studieren vollständiger und korrekter Anweisungen entwickeln wir durch Zuhören entstandene Weisheit und durch das Nachdenken über die Bedeutung dieser Anweisungen entwickeln wir durch Kontemplation entstandene Weisheit. Nur dann können wir damit fortfahren, einsgerichtet über die Erkenntnisse zu meditieren, die wir erlangt haben.

Es ist äußerst wichtig, daß unsere Konzentration einsgerichtet ist, wenn wir uns mit Dharma beschäftigen. Wenn wir mit einem zerstreuten Geist praktizieren und keine Realisationen erlangen, ist es nicht der Fehler des Dharmas, Buddhas oder unseres Gurus. Selbst wenn wir nicht mit formeller Meditation beschäftigt sind, sollten wir fähig sein, unseren Geist klar auf jedes tugendhafte Objekt zu richten, das wir wählen. Wenn unser Geist immerfort zu einer Unzahl von unwesentlichen Objekten abschweift, wird unser Fortschritt in Frage gestellt sein. Sobald wir anfangen, unseren Geist zu kontrollieren, und die Fähigkeit erlangen, ihn willentlich zu lenken, werden wir durch unsere Meditation Erfolge erzielen und schnell Fortschritte auf dem spirituellen Pfad machen. Unser Geist sollte wie ein feines, gut trainiertes Pferd sein, das kraftvoll, aber leicht zu kontrollieren und zu lenken ist. Solch ein Pferd wird seinen Reiter an jeden Ort bringen, an den er zu gehen wünscht, während ein ungezügeltes Pferd nur seinen eigenen Wünschen folgt und die des Reiters mißachtet.

Wenn wir einmal unseren Geist auf ein bestimmtes Objekt richten und ihn konzentriert darauf halten können, werden wir einen gut kontrollierten Geist haben, und unser Leben wird nicht durch zerstreute Gedanken verschwendet werden. Selbst bei weltlichen Aktivitäten entsteht Erfolg nur als Ergebnis zielbewußter Konzentration. Wie viel wichtiger muß also eine starke Konzentration für eine erfolgreiche Dharma-Praxis sein? Im Dharma erlangen wir Realisationen nur, wenn wir mit einsgerichteter Konzentration praktizieren, und dies ist nur möglich, wenn wir die Anweisungen vollständig verstehen.

EINBEZUG UNSERER GESAMTEN SPIRITUELLEN SCHULUNG IN DIE PRAXIS EINES YIDAMS

Je Tsongkhapa zeigte, wie alle notwendigen Tantra-Übungen in das Sadhana einer einzigen Gottheit einbezogen werden können. Den Anweisungen von Je Tsongkhapa folgend, schrieben spätere Lehrer das Vajrayogini-Sadhana, das wir heute praktizieren. Wenn wir dieses Sadhana praktizieren, praktizieren wir die essentielle Bedeutung aller tantrischen Gottheiten.

Unser Fortschritt in der Erlangung von tantrischen Realisationen wird ernsthaft behindert sein, wenn Zweifel und Unzufriedenheit dazu führen, daß wir ständig von einer Gottheit zur anderen wechseln. Wir sollten wie eine weise, blinde Person sein, die sich völlig auf einen einzigen, erfahrenen Führer verläßt, anstatt zu versuchen verschiedenen Leuten auf einmal zu folgen. Es gibt eine traditionelle, tibetische Analogie, die diesen Punkt illustriert. Tibetische Bauern pflegten ihre Kühe während des Tages frei herumstreifen zu lassen und ließen es zu, daß sie sich unter die Kühe von anderen Bauern mischten, doch jeden Abend kehrten alle Kühe zum richtigen Bauernhof zurück. Wenn eine blinde Person zu einem bestimmten Hof gehen wollte, mußte sie einfach nur den Schwanz einer Kuh festhalten, die zum gewünschten Hof gehörte. So erreichte sie ganz sicher den richtigen Bauernhof. Wenn sie aber ständig von einer Kuh zur anderen gewechselt wäre, hätte sie sich bald völlig verirrt. Gleichermaßen werden wir sicherlich die Erleuchtung erlangen, wenn wir die Praxis einer einzigen Gottheit voller Hingabe praktizieren, aber wenn wir ständig von einer zur anderen wechseln, werden wir niemals unser Ziel erreichen, ganz gleich wie groß unser Bemühen auch sein mag.

Während seines Aufenthaltes in Tibet traf der indische, buddhistische Meister Atisha den berühmten Übersetzer Lama Rinchen Sangpo und war aufs höchste von seinem Dharma-Wissen beeindruckt. Eines Tages lud Rinchen Sangpo Atisha auf einen Besuch zu sich ein, um mit ihm über Dharma zu diskutieren. Atisha erkannte, daß Rinchen Sangpo ein sehr gebildeter Gelehrter war und sagte zu ihm: «Sie sind so ein wundervoller Lehrer, daß es mir unnötig scheint, daß ich in Tibet bleibe.» Daraufhin zeigte Rinchen Sangpo Atisha seine vier Meditationskissen und seine vier verschiedenen tantrischen Mandalas. Atisha fragte, warum er vier Kissen und vier Mandalas besäße. Rinchen Sangpo antwortete, daß er täglich in vier Sitzungen praktiziere: die erste Sitzung auf dem ersten Kissen, um das Mandala einer Handlungs-Tantra-Gottheit zu vollenden; die zweite Sitzung auf dem zweiten Kissen, um das Mandala einer Ausführungs-Tantra-Gottheit zu vollenden; die dritte Sitzung auf dem dritten Kissen, um das Mandala einer Yoga-Tantra-Gottheit zu vollenden; und die letzte Sitzung auf dem vierten Kissen, um das Mandala einer Höchsten-Yoga-Tantra-Gottheit zu vollenden. Atisha fragte, warum er alle diese Übungen der Gottheiten nicht in ein einziges Sadhana integriere und die Mandalas aller dieser Gottheiten nicht mit dem Mandala einer einzigen Gottheit vollende. Als Rinchen Sangpo wissen wollte, wie er dies tun könne, rief Atisha aus: «Doch, ich muß in Tibet bleiben!»

Atisha riet Rinchen Sangpo, daß er, wenn er das Mandala seiner persönlichen Gottheit visualisiere, alle anderen Gottheiten zusammen mit ihren Mandalas einladen solle, sich in seine persönliche Gottheit und ihr Mandala aufzulösen. Wenn er die Erkenntnis beibehielte, daß seine persönliche Gottheit die Synthese aller Gottheiten der vier tantrischen Klassen sei, könne er die Übungen aller anderen Gottheiten ausführen, während er die Praxis seiner persönlichen Gottheit ausübe. Atisha pflegte zu sagen: «Einige von euch Tibetern haben versucht hundert Gottheiten zu vollenden, waren aber unfähig, eine einzige Erlangung zu erzielen, während einige indische Buddhisten Erlangungen von hundert Gottheiten erzielten, indem sie die Praxis einer einzigen vollendeten.»

Obwohl wir uns auf die Praxis einer einzelnen Gottheit konzentrieren sollten, sollten wir es nicht unterlassen, die Praxis anderer Gottheiten zu praktizieren, wenn wir die Verpflichtung haben. Für jene Praktizierenden, die sich der Praxis von Vajrayogini widmen, sie als ihre Hauptpraxis ansehen und danach streben, die Realisationen der Vollendungs- und Erzeugungsstufen durch diese Praxis zu erlangen, gibt es eine besondere Methode, ihre Verpflichtungen anderen Gottheiten gegenüber einzuhalten. Nehmen wir an, daß so ein Praktizierender neben seiner täglichen Vajrayogini-Praxis die Verpflichtungen hat, die langen Sadhanas von Heruka, Yamantaka und Guhyasamaja täglich zu rezitieren. Wenn er die Worte all dieser Sadhanas täglich rezitiert, wird er wenig Gelegenheit haben, irgendeine ernsthafte Meditation durchzuführen. Seine tantrische Praxis wird weitgehend verbal sein, und obwohl er viele tugendhafte geistige Prägungen in seinem Geistesstrom hinterlassen mag, wird er keine richtige meditative Erfahrung erlangen. Für solch eine Person geht der eigentliche Zweck der Gottheitspraxis verloren. Aus diesem Grunde rieten große Meister wie Atisha, Phabongkhapa Rinpoche und Kyabje Trijang Rinpoche ernsthaften Vajrayogini-Praktizierenden, alle ihre tantrischen Übungen in das Vajrayogini-Sadhana mit dem Verständnis zu integrieren, daß alle tantrischen Gottheiten dieselbe Natur haben und sich nur in ihrer Erscheinung unterscheiden.

Die wesentliche Bedeutung der Übungen aller Höchsten-Yoga-Tantra-Gottheiten ist die gleiche - den gewöhnlichen Tod, den gewöhnlichen Zwischenzustand und die gewöhnliche Wiedergeburt in die drei Körper eines Buddhas umzuwandeln. Diese Umwandlung wird zuerst in einer vorgestellten Form, indem die Meditationen und Visualisierungen der Erzeugungsstufe angewandt werden, und dann in Wirklichkeit ausgeführt, indem die subtilen Winde, die subtilen Tropfen und der subtile Geist durch die Vollendungsstufenmeditation kontrolliert werden. Alle Methoden, die zur Ausführung notwendig sind, sind in der Praxis von Vajrayogini enthalten. Mit diesem Verständnis sollten sich engagierte Vajrayogini-Praktizierende von ganzem Herzen der Erzeugungs- und Vollendungsstufe von Vajrayogini widmen und wissen, daß sie dadurch den eigentlichen Zweck aller ihrer Verpflichtungen anderen Gottheiten gegenüber erfüllen, auch wenn sie es unterlassen, die Worte der Sadhanas der anderen Gottheiten zu rezitieren.

Dieser Rat sollte nicht als Entschuldigung für Faulheit benutzt werden. Der Zweck ist, pflichtbewußten Praktizierenden mehr Zeit zu geben, sich auf ihre persönliche Gottheitspraxis zu konzentrieren und dabei die wesentlichen Realisationen jeder Gottheitspraxis zu erlangen. Für diejenigen, die noch nicht fähig sind, sich von ganzem Herzen der Praxis einer einzigen tantrischen Gottheit zu widmen, ist es besser, weiterhin die Worte aller Sadhanas zu rezitieren, zu denen sie sich selbst verpflichtet haben.

GEHEIMES PRAKTIZIEREN

Wenn wir unsere tantrische Praxis nicht vor anderen geheim halten, werden sich die Segnungen, die wir während der Ermächtigungen erhalten haben, erschöpfen. Über unsere Meditationserfahrungen öffentlich zu reden, ist ein Fehler. Es könnte dazu führen, daß wir Anhaftung an Respekt und Lob von anderen entwickeln. Anhaftung an einen guten Ruf ist ein Mara, eine dämonische Störung, die ein ernsthaftes Hindernis für die reine Dharma-Praxis und spirituelle Erlangung ist. Ein gutes Ansehen mag uns helfen, äußerlichen Reichtum und Besitztümer zu erlangen, aber diese Dinge erschöpfen unsere Verdienste und sind Hindernisse für die Erlangung inneren Reichtums. Die Erlangung des Bodhichittas, die Erlangung der Sechs Vollkommenheiten und die Realisationen der Erzeugungs- und Vollendungsstufenpraxis sind unser wirklicher Reichtum. Wir sollten unsere Verdienste nicht mit äußeren Besitztümern vergeuden. So sagt Shantideva im Leitfaden für die Lebensweise eines Bodhisattvas:

Ich, der ich nach Befreiung strebe, brauche keinen Reichtum und keinen guten Ruf, 

Denn sie halten mich nur in Samsara gefangen.

Es ist hilfreich, uns diese Worte wiederholt ins Gedächtnis zu rufen. Wir sollten unserem Ansehen gegenüber gleichgültig bleiben, während wir in Übereinstimmung mit dem Dharma handeln. Das Gleichgewicht unseres Geistes sollte nicht durch Lob oder Tadel, Gewinn oder Verlust gestört werden. Wenn wir an diesen Dingen haften, werden wir fortwährend von unserer spirituellen Praxis abgelenkt. Wir werden bei dem Versuch, Besitz und gutes Ansehen zu erwerben, unsere Energie verschwenden, und wenn diese Bemühungen fehlschlagen, werden wir höchst deprimiert sein. Aus diesen Gründen war es der Brauch der alten Kadampa-Lehrer und Je Tsongkhapas, andere zu loben und ihre eigenen Fehler und Beschränkungen zu verkünden.

Das leichtsinnige Reden über unsere meditativen Erfahrungen oder die Praxis zieht Hindernisse und Behinderungen an, genau wie das öffentliche Reden über unseren Reichtum Diebe anzieht. Obwohl wir uns in unserer Tantra-Praxis eifrig bemühen sollten, sollten wir unsere Praxis anderen gegenüber nicht enthüllen. Es gibt nur zwei Ausnahmen von dieser Regel: Wir sollten uns unseren Gurus anvertrauen, und wir können Aspekte unserer Praxis mit Freunden diskutieren, die mit ähnlichen Übungen beschäftigt sind, vorausgesetzt, daß sie Vertrauen besitzen und ihre Verpflichtungen auf reine Weise einhalten.

Wenn wir diese vier besonderen Ursachen erzeugen und alle notwendigen Bedingungen für eine erfolgreiche Praxis, die erklärt worden sind, erfüllen, werden wir durch die Praxis der Anweisungen von Vajrayogini sicherlich schnell Realisationen erlangen.

WAS SIND DAS ÄUSSERE UND DAS INNERE REINE DAKINILAND?

Das äußere Reine Dakiniland liegt jenseits der Welt der gewöhnlichen Erfahrung. Es ist das Reine Land von Buddha Vajrayogini und Buddha Heruka. Ein Reines Land ist eine Welt, die frei von Wahren Leiden ist. Es gibt keinen Ort in Samsara, der ohne Wahre Leiden ist, weil die samsarische Umgebung an sich ein Umstand ist, der zur Erfahrung von Leiden führt. Gewöhnliche Wesen werden ohne Wahl in Samsara geboren und müssen fortwährend Unzufriedenheit und Elend erfahren. Doch wenn wir unseren Geist reinigen, reinigen wir unsere Erfahrung der Welt und erreichen damit ein Reines Land, frei von allem Leiden.

Es gibt verschiedene Reine Länder in Verbindung mit verschiedenen Buddhas. Das Reine Dakiniland ist den Reinen Ländern Tushita und Sukhavati ähnlich, außer daß das Reine Land von Heruka und Vajrayogini das einzige ist, in dem Lebewesen Höchste-Yoga-Tantra-Unterweisungen erhalten und auch in die Praxis umsetzen können.

Wenn diejenigen, die sehr alt und krank sind, durch die Führung von Vajrayogini das Reine Land erreichen, werden sie nicht mehr länger die Leiden des hohen Alters und der Krankheit erfahren. Alle Anzeichen ihres hohen Alters werden verschwinden, und sie werden in Sechzehnjährige von großer Schönheit und Vitalität verwandelt, die sich einer endlosen Lebenszeit erfreuen. Alle Vergnügen, die sie wünschen, werden spontan erscheinen. Sie werden niemals wieder in Samsara geboren werden, außer sie wählen es aus Gründen des Mitgefühls. Jeder, der dieses Reine Land erreicht, wird direkt von Heruka und Vajrayogini Unterweisungen über das Höchste Yoga-Tantra erhalten und dadurch schnell Erleuchtung erlangen.

Das äußere Reine Dakiniland kann auch im Sinne der persönlichen Erfahrung eines einzelnen Praktizierenden erklärt werden. Von diesem Gesichtspunkt aus wird das äußere Reine Dakiniland durch das Vollenden der Erzeugungsstufenübungen von Vajrayogini erlangt. Während unserer Schulung in der Erzeugungsstufenmeditation visualisieren wir unseren Körper als den reinen Körper von Buddha Vajrayogini, unsere unmittelbare Umgebung als das Mandala von Vajrayogini und unsere Welt als Reines Dakiniland. Wenn wir uns unaufhörlich mit der Erzeugungsstufenpraxis beschäftigen, werden sich die gewöhnlichen, unreinen Erscheinungen unseres Geistes allmählich verringern und schließlich ganz aufhören. Haben wir einmal eine dauerhafte Realisation der Erzeugungsstufe erlangt, werden wir nur noch reine Erscheinungen erfahren, und unsere Welt wird in das Reine Dakiniland verwandelt. Der große Lehrer Tenpa Rabgyä sagte, daß das Reine Dakiniland weder einen weit entfernten Ort darstelle, noch daß es notwendig sei, diese Welt zu verlassen, um es zu erreichen.

Reine Erscheinungen werden nur von realisierten Praktizierenden erfahren. Es wird allgemein sowohl im Sutra als auch im Tantra akzeptiert, daß die Welt unserem Geist als fehlerhaft, unvollkommen und unbefriedigend erscheint, weil unser Geist unrein und durch Verblendungen und ihre Prägungen verunreinigt ist. In Ornament für klare Realisation sagt der Ehrwürdige Maitreya, daß die Umgebung der Lebewesen zum Reinen Land eines Buddhas wird, wenn ihr Geist vollkommen rein wird.

Ein Reines Land kann nur durch die Reinigung des Geistes erreicht werden. Selbst wenn wir das äußere Reine Dakiniland aufgrund einer dauerhaften Realisation der Erzeugungsstufe erreicht haben, werden wir anderen immer noch als gewöhnliche, unreine Wesen erscheinen. Gewöhnliche Menschen können nicht erkennen, daß eine andere Person in einem Reinen Land ist, weil sie das Reine Land dieser Person nicht erkennen und deren Erfahrung nicht mit ihr teilen können. Einmal fragte jemand Milarepa, in welchem Reinen Land er die Erleuchtung erlangt habe, und Milarepa zeigte auf seine Höhle. Der Fragende konnte nur eine kalte, leere Höhle sehen, aber für Milarepa war jene Höhle ein Reines Land.

Weil der Geist gewöhnlicher Wesen unrein ist, wird alles, was ihnen erscheint, als gewöhnlich gesehen. Als gewöhnliche Wesen mit gewöhnlicher Erscheinung können wir nichts als völlig rein und vollkommen erfahren. Sogar eine Ausstrahlung von Buddha erscheint uns, als hätte sie Fehler. Aufgrund der gewöhnlichen Erscheinung, die wir haben, betrachten wir uns selbst und alle anderen als unvollkommen - den Fehlern wie Krankheit und Altern unterworfen.

Gemäß den Sutra-Unterweisungen sind das Festhalten am Selbst und die Verblendungen, die daraus entstehen, der Ursprung von Samsara. Doch gemäß den Unterweisungen des Geheimen Mantras sind gewöhnliche Erscheinungen und gewöhnliche Vorstellungen der Ursprung von Samsara. Das Festhalten am Selbst, das von den Sutra-Praktizierenden erkannt wird, ist nur eine grobe, gewöhnliche Vorstellung.

In diesem Zusammenhang ist jedes Lebewesen, das kein Buddha ist, jede Umgebung, außer der eines Buddhas, jedes Vergnügen, außer dem eines Buddhas, und jeder Körper, außer dem eines Buddhas, gewöhnlich. Die Wahrnehmung dieser Objekte als gewöhnlich, die aufgrund eines unreinen Geistes zustande kommt, ist gewöhnliche Erscheinung, und die Geistesarten, die sich die Objekte auf diese Weise vorstellen, sind gewöhnliche Vorstellungen. Gemäß den Unterweisungen des Geheimen Mantras sind gewöhnliche Erscheinungen Behinderungen zur Allwissenheit, und gewöhnliche Vorstellungen sind Behinderungen zur Befreiung. Die gewöhnlichen Erscheinungen und gewöhnlichen Vorstellungen besitzen viele verschiedene Ebenen der Subtilität.

Einer der Hauptzwecke der Praxis der Erzeugungsstufenmeditation ist das Aufgeben der gewöhnlichen Erscheinungen und der gewöhnlichen Vorstellungen. Wir können die gewöhnlichen Erscheinungen aufgeben, indem wir die klare Erscheinung erzeugen, daß wir Vajrayogini sind, und wir können die gewöhnlichen Vorstellungen aufgeben, indem wir den göttlichen Stolz entwickeln, Vajrayogini zu sein.

Aufgrund unserer gewöhnlichen Wahrnehmungen und gewöhnlichen Vorstellungen erfahren wir einen endlosen Kreislauf von gewöhnlichem Tod, gewöhnlichem Zwischenzustand und gewöhnlicher Wiedergeburt. Dieser endlose Kreislauf, bekannt als «Samsara», muß durchbrochen werden. Durch die Erzeugungsstufen- und Vollendungsstufenpraxis können wir die drei gewöhnlichen Zustände von Tod, Zwischenzustand und Wiedergeburt reinigen und dabei die drei Körper eines Buddhas erlangen.

Wenn wir eine vollständige Realisation der Erzeugungsstufe von Vajrayogini erlangen, erfahren wir unsere Umgebung als Reines Dakiniland, und wenn wir den Illusorischen Körper im Aspekt von Vajrayogini erlangen, wird unser Körper zum eigentlichen Körper der Gottheit. Wenn wir die volle Erleuchtung in der Form von Vajrayogini erlangen, werden wir zu einem neu geborenen Buddha Vajrayogini, unser Aufenthaltsort wird zu einem neu entstandenen Mandala von Vajrayogini und unsere Welt wird zu einem neu entstandenen Reinen Dakiniland.

Mit einer oberflächlichen Realisation der Erzeugungsstufenmeditation werden wir lediglich etwas Ähnliches wie das Reine Land erreichen. Indem wir allmählich die Kraft unserer Erzeugungsstufenmeditation entwickeln, wird sich diese Ähnlichkeit verstärken und stabilisieren, und wir werden dem eigentlichen Reinen Dakiniland näher kommen. Wenn wir die Erzeugungsstufen- und Vollendungsstufenmeditationen kontinuierlich und mit Enthusiasmus praktizieren, werden wir den spirituellen Pfad vollenden, wenn wir uns auf Vajrayogini verlassen.

Zuerst mögen wir die Existenz des Reinen Dakinilandes in Frage stellen oder Zweifel hegen, daß es möglich ist, es zu erreichen. Um solche Zweifel zu überwinden, können wir Träume betrachten. Aufrichtige Praktizierende, die mit der Vajrayogini-Praxis vertraut sind, mögen träumen, daß sie ein Reines Land erreichen. In ihrem Traum werden sie alle Orte als rein und sich selbst als Vajrayogini sehen. Zu diesem Zeitpunkt denken sie nicht, daß sie träumen. Sie glauben, daß sie in einem Reinen Land sind, und deshalb erfahren sie große Freude und Glück. Wenn sie in diesem glücklichen Zustand bleiben würden, ohne jemals aufzuwachen, wäre es berechtigt zu sagen, daß sie gemäß ihrer Erfahrung im Reinen Dakiniland sind.

Durch das Studium der korrekten Sicht der Leerheit können wir verstehen, daß alles lediglich eine bloße Erscheinung des Geistes ist, und daß alles, wie ein Traum, nur durch begriffliche Gedanken zugeschrieben wird. Dieses Verständnis ist äußerst hilfreich, um von der Existenz Reiner Länder überzeugt zu werden. Ein klares und tiefes Verständnis der Natur des äußeren Reinen Dakinilandes wird uns helfen, starkes Vertrauen in den Buddhadharma zu erlangen. Dadurch werden wir mit größerer Kraft und Begeisterung praktizieren.

Das innere Reine Dakiniland ist Sinn-Klares-Licht. Dieses wird nur durch die Vollendungsstufenmeditation erlangt. Durch die Vollendungsstufenmeditation entwickeln wir die Spontane Große Glückseligkeit, und wenn dieser Geist über Leerheit meditiert und eine direkte Realisation erlangt, wird er «Sinn-Klares-Licht» genannt. Dies ist die vierte der fünf Stufen der Vollendungsstufenmeditationen. Wenn wir das innere Reine Dakiniland durch die Vajrayogini-Praxis erreichen, erreichen wir auch das äußere Reine Dakiniland. Dies wird später ausführlicher in diesem Buch erklärt.

Wie wir uns in den zwei Stufen des Vajrayogini-Tantras schulen, wird in den folgenden Anweisungen erläutert. Zuerst erfolgt eine Erklärung, wie man sich in der Erzeugungsstufe schult, und dann anschließend eine Erklärung, wie man sich in der Vollendungsstufe schult.

Die Anweisungen der Erzeugungsstufe haben zwei Teile: eine Erklärung, wie die elf Yogas der Erzeugungsstufe praktiziert werden, und eine Erklärung, wie das äußere Reine Dakiniland durch die Praxis der Erzeugungsstufe erreicht wird. Die elf Yogas der Erzeugungsstufe sind:

1. Der Yoga des Schlafens

2. Der Yoga des Aufwachens

3. Der Yoga des Erfahrens von Nektar

4. Der Yoga der Unermeßlichen

5. Der Yoga des Gurus

6. Der Yoga der Selbsterzeugung

7. Der Yoga der Reinigung der Wandernden

8. Der Yoga der Segnung durch die Helden und Heldinnen

9. Der Yoga der verbalen und geistigen Rezitation

10. Der Yoga der Unvorstellbarkeit

11. Der Yoga der täglichen Handlungen

Die nachfolgenden Anweisungen erklären, wie jeder dieser elf Yogas praktiziert wird. Zuerst müssen wir diese Anweisungen sorgfältig studieren, um sicherzugehen, daß wir jeden dieser Yogas klar verstehen. Dann, wenn wir uns bereit fühlen, sie in die Praxis umzusetzen, sollten wir mit dem Yoga des Schlafens beginnen und bis zum elften Yoga, dem Yoga der täglichen Handlungen, fortfahren. Wenn wir diesen Kreislauf von Übungen täglich wiederholen, werden alle unsere Handlungen in diesen elf Yogas enthalten sein.

Der Yoga des Schlafens, des Aufwachens und des Erfahrens von Nektar

Die ersten drei der elf Yogas, der Yoga des Schlafens, der Yoga des Aufwachens und der Yoga des Erfahrens von Nektar, sind Methoden, unseren Körper, unsere Rede und unseren Geist zu reinigen. Zusammen sind sie als die «Yogas der drei Freuden» oder die «Yogas der drei Reinigungen» bekannt. Der zweite Name ist korrekter, da er so in den Sadhanas von Heruka steht. Die Yogas des Schlafens und des Aufwachens reinigen unseren Körper und Geist und verwandeln sie in den Körper und Geist von Vajrayogini, und der Yoga des Erfahrens von Nektar reinigt unsere Rede und verwandelt sie in die Rede von Vajrayogini.

DER YOGA DES SCHLAFENS

Im allgemeinen ist der Yoga des Schlafens zusammen mit dem Yoga des Essens und anderen alltäglichen Aktivitäten im elften Yoga, dem Yoga der täglichen Handlungen, enthalten. Es gibt jedoch gute Gründe, warum die Praxis von Vajrayogini mit dem Yoga des Schlafens in der Nacht beginnt und als getrennte Praxis betrachtet wird. Ein Grund ist, daß während der Nacht die Dakinis der vierundzwanzig Orte aufrichtige Vajrayogini-Praktizierende besuchen und ihnen ihre Segnungen gewähren. Im Vajradaka-Tantra steht:

Die Damen dieser Orte 

Gewähren den Praktizierenden Siddhis. 

Sie kommen immer in der Nacht, 

Sie gehen immer in der Nacht.

Hier sind die «Damen dieser Orte» die Dakinis der Vierundzwanzig Heiligen Orte.

Wenn wir nicht vollendete Meditierende sind, können wir unsere Achtsamkeit und Wachsamkeit während des Schlafes nicht aufrechterhalten. Dies läßt unseren Geist ungeschützt und setzt ihn unsichtbaren Einflüssen aus. Wir können beispielsweise mit einem positiven Geist einschlafen, aber uns schlecht fühlen, wenn wir aufwachen, weil wir während der Nacht von bösen Geistern, die unseren wehrlosen Zustand ausgenutzt haben, gestört worden sind. Aufrichtige Praktizierende von Vajrayogini können jedoch feststellen, daß das Gegenteil stattfindet. Sie mögen mit einem von alltäglichen Problemen erfüllten Geist zu Bett gehen, aber erfrischt, mit einem klaren und positiven Geist aufwachen. Obwohl die äußere Situation in etwa die gleiche sein mag, sind sie nun fähig, ihr mit einem friedvollen Geist zu begegnen. Sie mögen auch feststellen, daß Hindernisse für ihre Dharma-Praxis auf unerklärbare Weise über Nacht verschwinden. Dies sind Zeichen, daß sie während der Nacht von Dakinis von den Vierundzwanzig Heiligen Orten besucht worden sind, die ihren Geist und ihren subtilen Körper gesegnet haben. Dakinis können Praktizierenden auf diese Weise helfen, wenn sie durch die reine Vajrayogini-Praxis eine Verbindung zu ihnen herstellen.

Ein anderer Grund, die Praxis von Vajrayogini in der Nacht zu beginnen, besteht darin, daß sich der Klare-Licht-Geist des Schlafes während des Schlafes auf natürliche Weise manifestiert und dieser Geist durch Schulung genutzt werden kann, um auf dem spirituellen Pfad in Richtung der Realisationen des Beispiel-Klaren-Lichts und des Sinn-Klaren-Lichts fortzuschreiten. Einer der Hauptgründe für die Praxis des Vajrayogini-Tantras ist, diese Realisationen zu erlangen.

Während des Tages nehmen wir viele verschiedene Dinge wahr, aber in der Dunkelheit der Nacht verschwinden alle diese Erscheinungen. Der Tag symbolisiert somit konventionelle Wahrheit, und die Nacht symbolisiert Leerheit oder endgültige Wahrheit. Diese Praxis in der Nacht zu beginnen, erinnert uns daran, daß der Hauptzweck der Schulung in diesen Anweisungen darin besteht, den Geist des Klaren Lichts zu entwickeln, der direkt Leerheit realisiert. Indem wir uns daran erinnern, beginnen wir unsere Praxis des elften Yogas von Vajrayogini mit dem Yoga des Schlafens. Andere Texte geben andere Gründe an, aber die hier aufgeführten sind die zutreffendsten.

Da wir alle einen großen Teil unserer Zeit schlafend verbringen, ist es wichtig, daß wir eine Methode haben, mit der wir den Schlaf in den spirituellen Pfad umwandeln. Schlafen, Träumen und Aufwachen sind ähnlich wie Tod, Zwischenzustand und Wiedergeburt. Durch die kontinuierliche Schulung in den Yogas des Schlafens und des Aufwachens werden wir die Fähigkeit erlangen, unseren Tod, unseren Zwischenzustand und unsere Wiedergeburt zu reinigen und in den spirituellen Pfad umzuwandeln. Das ist der Hauptzweck der Erzeugungsstufenmeditation.

Kurz gesagt, es gibt sieben Hauptvorteile, die wir durch die Praxis des Yogas des Schlafens gewinnen können:

1. Wir sammeln große Verdienste an

2. Alle unsere Hindernisse werden beseitigt

3. Wir werden in all unseren zukünftigen Leben in die direkte Obhut und unter die direkte Führung von Vajrayogini kommen

4. Wir werden von den Heldinnen der Vierundzwanzig Glückverheißenden Orte Herukas gesegnet werden

5. Unsere Praxis der Erzeugungsstufenmeditation wird gestärkt und stabilisiert werden

6. Wir werden das äußere und das innere Reine Dakiniland erlangen

7. Wir werden schnell Erleuchtung erlangen

Es gibt zwei Arten, den Yoga des Schlafens zu praktizieren: gemäß der Erzeugungsstufe und gemäß der Vollendungsstufe. Wir können eine der beiden Methoden wählen.

DER YOGA DES SCHLAFENS GEMÄSS DER ERZEUGUNGSSTUFE

Gemäß der Erzeugungsstufe zu schlafen, schafft große Verdienste und ist eine Ursache, den Formkörper von Vajrayogini zu erlangen. Eine erfolgreiche Praxis des Yogas des Schlafens hängt davon ab, daß wir eine gewisse Fertigkeit im sechsten Yoga, dem Yoga der Selbsterzeugung, erlangt haben.