Füllstoffe - Detlef Gysau - E-Book

Füllstoffe E-Book

Detlef Gysau

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Beschreibung

Ob Carbonate, Siliciumdioxide oder Bariumsulfate: Bereits in der dritten Auflage beschreibt Autor Detlef Gysau in seinem Basiswerk die Funktionalität und Anwendung aller gängigen Füllstoffe. Neben grundlegenden Eigenschaften und Auswirkungen von Füllstoffen in Lacksystemen enthält die neue, vollständig überarbeitete Auflage aktuelle Daten zum Füllstoffmarkt und gibt einen Ausblick auf zukunftsweisende Trends und Entwicklungen. So wurde das Buch ergänzt um das Thema modifizierte Calciumcarbonate sowie neue Aspekte rund um Nachhaltigkeit und Ressourcenmanagement. Ein umfangreiches und praxisorientiertes Standardwerk für alle, die mit Füllstoffen arbeiten!

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Seitenzahl: 260

Veröffentlichungsjahr: 2014

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Detlef Gysau

Füllstoffe

Grundlagen und Anwendungen

3., überarbeitete Auflage

Umschlagbild: © Africa Studio – Fotolia.com

Bibliographische Information der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.

Detlef Gysau Füllstoffe, 3., überarbeitete Auflage Hannover: Vincentz Network, 2014 FARBE UND LACK // BIBLIOTHEK ISBN 3-86630-840-X ISBN 978-3-86630-840-4

© 2014 Vincentz Network GmbH & Co. KG, Hannover Vincentz Network, P.O. Box 6247, 30062 Hannover, Germany Das Werk einschließlich seiner Einzelbeiträge aus Abbildungen ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwendung außerhalb der engen Grenzen des Urhebergesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Dies gilt insbesondere für die Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Das Verlagsverzeichnis schickt Ihnen gern: Vincentz Network, Plathnerstr. 4c, 30175 Hannover, Germany Tel. +49 511 9910-033, Fax +49 511 9910-029 E-mail: [email protected], www.farbeundlack.de

FARBE UND LACK // BIBLIOTHEK

Detlef Gysau

Füllstoffe

Grundlagen und Anwendungen

3., überarbeitete Auflage

Für Jacqueline, Gian-Flurin und Mica-Ladina sowie Easy, Fuchur und Nellie

Keine Schuld ist dringender als die, Dank zu sagen.

Auf ein Wort

Das Thema Füllstoffe in Farben und Lacken ist so schon so alt, da verwundert es schon ein wenig, dass es bisher kein umfassendes literarisches Werk dazu gibt. Vielleicht liegt es an dem etwas verächtlichen Übernamen „Dividendenpulver“, welcher in der Vergangenheit oft in den Mund genommen wurde. Lohnt es sich denn überhaupt darüber zu schreiben? Aber ja doch! Nach nun mehr acht Jahren sind die erste und zweite Auflage vergriffen. Es freut mich sehr, dass dieses Buch mit dem Thema Füllstoffe nach wie vor so starkes Interesse in der Industrie weckt und besonders auch zur Ausbildung von jungen Menschen und Quereinsteigern herangezogen wird. An dieser Stelle bedanke ich mich recht herzlich, für den großen Zuspruch, den ich von vielen Seiten erhalten habe!

Die Vielzahl an mineralischen Ausgangsprodukten, ihre oft unterschätzte aufwendige Herstellung, die Prüfungen zur Charakterisierung ihrer vielfältigen Eigenschaften sowie ihre breite Anwendungsmöglichkeit macht es wohl so schwierig, alles in einem Werk unterzubringen, ohne die Konzentration auf das Wesentliche aus den Augen zu verlieren. Allein schon die Betrachtung der an der Produktion und Anwendung beteiligten Berufsgruppen wie Geologen, Mineralogen, Maschinenbauern, Maschinenführern, Chemikern sowie Farben- und Lackspezialisten verdeutlichen das technische Innenleben von Füllstoffen. Mit ihnen lassen sich zahlreiche Eigenschaften von Anstrichstoffen und Anstrichfilmen maßgeblich beeinflussen. Beispielhaft stehen in dieser nicht vollständigen Aufzählung dafür Eigenschaften wie Rheologie, Gehalt an flüchtigen organischen Verbindungen, Feststoffgehalt, Weißgrad, Deckvermögen, Reflexion, Haftung, Korrosionsschutz, mechanische und chemische Beständigkeit, etc. Für eine sachgerechte Anwendung der Füllstoffe ist daher umfangreiches Wissen erforderlich.

Das Ziel dieses Buches ist die Vermittlung dieses umfangreichen Wissens in einfacher und verständlicher Art, ohne die wissenschaftliche Sach- und Gründlichkeit zu vernachlässigen. Besonderer Wert wurde auf eine klare Gliederung und Strukturierung der Themen gelegt, um einfach und schnell an relevante Informationen zu gelangen. Das Angebot an verfügbaren Füllstoffen ist jedoch so groß, dass nicht sämtliche, zum Teil exotische Füllstoffe, in diesem Buch berücksichtigt worden sind. In diesem Buch ist die Konzentration auf heute im Einsatz befindliche Füllstoffe gerichtet. Die Vielzahl an Abbildungen und Tabellen veranschaulichen die Eigenschaften der Füllstoffe und in ihren Anwendungen. Dennoch erlaubt der Umfang des Buches keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Deshalb stehen für den interessierten Leser, der auf weitere Informationen und Details zugreifen möchte, umfangreiche Literaturzitate zur Verfügung.

Das Buch wendet sich an alle Berufsgruppen, die mit Füllstoffen in Anstrichstoffen in irgendeiner Art und Weise konfrontiert sind. Aber auch Branchen, die sich nicht mit dem Thema Anstrichstoffe beschäftigen, ziehen großen Nutzen aus den Kapitel 1 bis 5 des vorliegenden Buches über Füllstoffe. Das Kapitel 6 hat den besonderen Fokus auf die Anwendungsbereich Farben und Lacke. Dem Einsteiger und Studenten wird ein umfassender Überblick verschafft und der erfahrene Entwickler findet praktische Details für die sofortige Umsetzung in täglichen Problemstellungen. Die 3. Auflage des Buches gestattete es mir, kleine Fehler zu korrigieren und weitere Unterkapitel über neue Füllstoffe, Produktionstechnologie, analytische Verfahren und Anwendungen hinzuzufügen sowie einen Ausblick in die Zukunft zu wagen.

Detlef Gysau Oftringen/Schweiz, im Mai 2014

Inhalt

1 Einleitung

1.1 Historischer Rückblick

1.2 Füllstoffmarkt

1.3 Definition von Füllstoffen und Pigmenten

1.4 Einteilung der Füllstoffe

1.5 Literatur

2 Mineralogie

2.1 Carbonate

2.1.1 Calciumcarbonat

2.1.2 Dolomit

2.2 Siliciumdioxid

2.2.1 Quarz

2.2.2 Cristobalit

2.2.3 Kieselgur

2.3 Silikate

2.3.1 Talkum

2.3.2 Kaolin

2.3.3 Glimmer

2.3.4 Feldspat

2.4 Bariumsulfat

2.5 Literatur

3 Herstellung von Füllstoffen

3.1 Produktion von natürlichen Füllstoffen

3.1.1 Prospektion

3.1.2 Abbau

3.1.3 Aufbereitung

3.2 Synthetische Füllstoffe

3.2.1 Gefälltes Calciumcarbonat

3.2.2 Gefälltes Bariumsulfat

3.2.3 Modifiziertes Calciumcarbonat

3.2.4 Synthetische Kieselsäuren

3.2.4.1 Pyrogene Kieselsäuren

3.2.4.2 Gefällte Kieselsäuren

3.2.5 Gefälltes Aluminiumsilikat

3.3 Oberflächenbehandlung von Füllstoffen

3.4 Literatur

4 Prüfung von Füllstoffen

4.1 Füllstoffprüfungen

4.1.1 Optische Eigenschaften

4.1.1.1 Weißgrad

4.1.1.2 Helligkeit

4.1.1.3 Gelbindex

4.1.1.4 Brechzahl

4.1.2 Morphologie

4.1.2.1 Partikelgrößenverteilung

4.1.2.2 Spezifische Oberfläche

4.1.2.3 Ölzahl

4.1.3 Physikalische Eigenschaften

4.1.3.1 Dichte

4.1.3.2 Schüttdichte

4.1.3.3 Stampfdichte

4.1.3.4 Flüchtige Anteile

4.1.3.5 Mohs’sche Härte

4.1.4 Chemische Eigenschaften

4.1.4.1 pH-Wert

4.1.4.2 Wasserlösliche Anteile

4.1.4.3 Hydrophobie

4.2 Füllstoffanalytik

4.2.1 Elektronenmikroskopie

4.2.2 Spektroskopie

4.2.2.1 Infrarotspektroskopie

4.2.2.2 Atomabsorptionsspektroskopie

4.2.2.3 Optische Atomemissionsspektroskopie

4.2.2.4 Röntgenfluoreszenzspektroskopie

4.2.3 Chromatographie

4.2.3.1 Gaschromatographie

4.2.3.2 Ionenchromatographie

4.2.3.3 Flüssigchromatographie

4.2.4 Weitere Methode

4.2.4.1 Röntgendiffraktometrie

4.2.4.2 Thermogravimetrische Analyse

4.2.4.3 Titrationen

4.3 Literatur

5 Eigenschaften von Füllstoffen

5.1 Carbonate

5.1.1 Natürliches Calciumcarbonat

5.1.2 Gefälltes Calciumcarbonat

5.1.3 Modifiziertes Calciumcarbonat

5.1.4 Dolomit

5.2 Silikate

5.2.1 Talkum

5.2.2 Kaolin

5.2.3 Glimmer

5.2.4 Feldspat

5.2.5 Gefälltes Aluminiumsilikat

5.3 Siliciumdioxid

5.3.1 Quarz.

5.3.2 Cristobalit

5.3.3 Kieselgur

5.3.4 Pyrogene Kieselsäure

5.3.5 Gefällte Kieselsäuren

5.4 Bariumsulfat

5.4.1 Natürliches Bariumsulfat

5.4.2 Gefälltes Bariumsulfat

5.5 Aluminiumhydroxid und weiteremineralische Füllstoffe

5.6 Organische Füllstoffe

5.7 Literatur

6 Anwendung von Füllstoffen

6.1 Bedeutung von Füllstoffen in Farben und Lacken

6.2 Wichtige Rezepturparameter

6.2.1 Nichtflüchtige Anteile

6.2.2 Ergiebigkeit

6.2.3 Pigment-Volumen-Konzentration

6.2.4 Kritische Pigment-Volumen-Konzentration

6.2.5 Pigmentierungshöhe

6.2.6 Packungsdichte

6.3 Einfluss von Füllstoffen im Nasslack

6.3.1 Dispergierbarkeit

6.3.2 Rheologie

6.3.3 Nass-Deckvermögen

6.3.4 Lagerstabilität

6.4 Einfluss von Füllstoffen auf die Beschichtung

6.4.1 Deckvermögen

6.4.2 Farbeigenschaften

6.4.3 Reflexion

6.4.4 Mechanische Eigenschaften

6.4.5 Chemische Beständigkeit

6.4.6 Bewitterungsverhalten

6.5 Literatur

7 Trends

7.1 Nanotechnologie

7.2 Lieferformen

7.3 Nachhaltigkeit

7.4 Literatur

8 Beispiele für Richtrezepturen

9 Liste von Füllstoffbeispielen

Autor

Index

1 Einleitung

1.1 Historischer Rückblick

Vor rund 100.000 Jahren, als steinzeitliche Menschen ihre Körper zu kultischen Zwecken rot bemalten, begann die Geschichte von Farben und Lacken[1]. Erste Höhlenmalereien wurden in der jüngeren Altsteinzeit aus heute noch nicht eindeutig bekannten Gründen angefertigt. Viel später, im 4. Jahrhundert v. Chr., entstand eine merkwürdige Forschungsrichtung aus dem Zusammentreffen der ägyptischen und griechischen Kultur, die geheiligte Kunst der hohen Priester, genannt die „Hagia Techné“ bzw. die „Alchimia“. Diese hatte weit über das 16. Jahrhundert n. Chr. Einfluss auf das geheimnisvolle Herstellen des Wundersafts Lack. Mit Beginn der industriellen Revolution im 18. Jahrhundert lernte man, die vielseitige Verwendbarkeit von Farben und Lacken zu schätzen. Die Erfolge von Chemie und Technik, vor allem zu Beginn des 20. Jahrhunderts, bedeuteten endgültig den Abschied von der Empirie zur Wissenschaft.

Table 1.1: Natürliche und synthetische, weiße Minerale aus der Antike

Antike Bezeichnung

Neuzeitliche Bezeichnung

Mineralische Zusammensetzung

Cerussa(1, 2)

Bleiweiß, Kremser Weiß, etc.

Basisches Bleicarbonat, hergestellt aus metallischem Blei und Essig

Creta anularia(1, 2)

Ringkreide

Kreide mit Glaspulver vermengt

Cimolia creta(1)

Kimolische Kreide

Kreide oder tonähnliches Material

Creta eretria(1)

Vermutlich ein weißer Talk, benannt nach einem Ort an der Südwestküste Euböas

Creta selinusia(1, 2)

Selinusische Kreide

Kreide oder Kreidemergel, benannt nach einem Ort auf Sizilien

Melinum(1, 2)

Weiß von Melos

Bianca S. Giovannini oder weißer Ton

Paraetonium(1, 2)

Meerschaumweiß

Kalkkreide mit etwas Magnesiumphos-phat, Kieselsäure und Ton, benannt nach einem Ort in Libyen

Creta argentaria(1)

Silberkreide

Kreide

(1)Plinius, Naturgeschichte, XXXV

(2)Vitruv, Zehn Bücher über Architektur, VII

Die Geschichte von Füllstoffen lässt sich fast so weit zurückverfolgen wie die Geschichte von Farben und Lacken. Mit Hilfe der Pigmentanalysen wurde die Präsenz von Füllstoffen erstmals in Höhlenmalereien nachgewiesen[2, 3]. Die ältesten, identifizierten Höhlenmalereien mit Füllstoffen liegen zwischen 20.000 und 30.000 Jahre zurück. Systematisch verwendet wurden Füllstoffe jedoch erst durch die Ägypter und den nachfolgenden Kulturen des Mittelmeerraums in Grundierungen für Höhlengemälde. Die weißen, mineralischen Füllstoffe Kreide und Gips wurden dabei am häufigsten angewendet. Seltener kamen Tone oder zerstoßene weiße Muschelschalen zum Einsatz. Im weiteren Verlauf der Geschichte wurde in der griechischen Antike auf ein noch weißeres Mineral zurückgegriffen – Bleiweiß. Aufgrund des seltenen Vorkommens, wurde das Pigment synthetisch in sehr aufwendiger Weise gewonnen. Die Ansprüche nach mehr Deckvermögen und Helligkeit der damals schon anspruchsvollen Anwender rechtfertigten offenbar diese Maßnahme. Aus der römischen Geschichte berichten Plinius und Vitruv bereits von acht beziehungsweise fünf Weißpigmenten, von denen jedoch nur drei eine bedeutende Rolle spielen. Dies waren die Minerale melinum, das paraetonium und das cerussa (Bleiweiß).

Während des Römischen Reiches nahm der Verbrauch an Füllstoffen deutlich zu. Sie fanden Verwendung in Wandmalereien, Tafelmalereien und Fresken. Nach dem Untergang des Römischen Reiches brach auch die Füllstoffproduktion zusammen. Fortan griffen Maler wieder auf lokale Mineralien zurück. Große Kreidevorkommen gab es in England, Frankreich, den Niederlanden und Deutschland. Doch selbst bis Spanien fand die Kreide ihre Verbreitung unter dem Namen Spanischweiß. In Italien dominierte hingegen der Gips. Diese Situation blieb so bis zur industriellen Revolution im 19. Jahrhundert.

Der ernorme Anstieg des Rohstoffverbrauchs während der industriellen Revolution hatte zur Folge, dass auch der Bedarf an Füllstoffen ständig stieg. Um diesen Bedarf und den stetig steigenden Anforderungen entgegen zu kommen, wurden halb- und vollautomatische Aufbereitungsprozesse entwickelt. Leistungsstarke Maschinen wie Brecher, Mahltrommeln und Windsichter kamen zum Einsatz. Der Bedarf an Füllstoffen nahm nach dem zweiten Weltkrieg weiter zu. Folglich wurde auch die Modernisierung der Füllstoffindustrie weiter vorangetrieben. Dies führte auch zu immer feineren Füllstoffen auf natürlicher Basis sowie maßgeschneiderten synthetischen Füllstoffen, teilweise auch mit Oberflächenbeschichtungen.

1.2 Füllstoffmarkt

Die Bedeutung von Füllstoffen im Farben- und Lackmarkt wird häufig, aufgrund des relativ niedrigen Rohstoffpreises im Vergleich zu anderen in Farben und Lacken eingesetzten Rohstoffen, unterschätzt. Die weltweite und europäische Produktionsstatistik der Farben- und Lackproduktion stellt seit 1997 ein kontinuierliches Wachstum dar. Glaubt man der Prognose, dann verdoppelt sich die Produktion von Farben und Lacken weltweit von 1997 bis 2018 auf rund 47 Mio. Tonnen. Der europäische Anteil verringert sich dabei kontinuierlich von 32 % (1997) auf 23 % (2018).

Setzt man den Verbrauch an Füllstoffen mit mehr als vier Millionen Tonnen in 2003 in Relation zu der Produktion an Farben und Lacken in 2003, dann ist klar erkennbar, dass die Rohstoffgruppe der Füllstoffe mit einem statistischen Anteil von 42 % in allen Farben und Lacken eine dominierende Position gegenüber sämt-lichen anderen Rohstoffgruppen einnimmt.

Die Darstellung der verwendeten mineralischen Füllstoffe offenbart eine weitere Dominanz. Drei Viertel aller eingesetzten Füllstoffe in Farben und Lacken basieren auf natürlichem Calciumcarbonat. Werden alle carbonatische Füllstoffe kumuliert, so errechnet sich ein Anteil von 85 %. Die Zusammensetzung des Verbrauchs an mineralischen Füllstoffen unterscheidet sich auf anderen Kontinenten nicht wesentlich.

Analysiert man die Anwendungsgebiete der Füllstoffe, so lässt sich der Großteil in der Gruppe der Bautenlacke, besonders in Dispersionsfarben, wiederfinden. Diese Gruppe von Anstrichsystemen stellt auch bei weitem den größten Anteil an produzierten Farben und Lacken mit rund 60 % dar. In den klassischen, aber auch modernen Lacksystemen, werden erfahrungsgemäß wesentlich weniger, zum Teil keine, Füllstoffe verwendet. Diese Systeme sind in der Regel unterkritisch formuliert und benötigen daher größere Anteile an Pigmenten, um genügend Deckvermögen zu erzeugen.

Abbildung 1.1: Produktion von Farben und Lacken Global und Europa in Millionen Tonnen

Quelle: The Chemical Economics Handbook – SRI Consulting, 2009; World Paint & Coatings Industry Association (WPCIA) – Annual Figures

Abbildung 1.2: Statistischer Anteil an Füllstoffen auf die Gesamtzusammensetzung von Farben und Lacken in Europa

Abbildung 1.3: Prozentanteil von Füllstoffen in Europa getrennt nach Mineralien

1.3 Definition von Füllstoffen und Pigmenten

Füllstoffe und Pigmente unterscheiden sich in vielen Eigenschaften. Jedoch gibt es je nach Anwendung auch Gemeinsamkeiten. Darum ist es wichtig, diese beiden Rohstoffgruppen klar voneinander abzugrenzen. Hilfe hierzu findet der Anwender in nationalen und internationalen Normenwerken wie des Deutschen Instituts für Normung (DIN)[4, 5], des Comité Européen de Normalisation (CEN) und der International Organization for Standardization (ISO)[6].

Gemäß DIN 55943, EN 971-1 und ISO 3262, Teil 1, ist ein Füllstoff „aus Teilchen bestehende, im Anwendungsmedium praktisch unlösliche Substanz, die zur Vergrößerung des Volumens, zur Erzielung oder Verbesserung technischer Eigenschaften und/oder zur Beeinflussung optischer Eigenschaften verwendet wird“. Zusätzlich wird darauf hingewiesen, dass die Benennungen „Extender“, „Extenderpigment“, „Pigmentextender“ oder „Verschnittmittel“ zu vermeiden sind. Darüber hinaus heißt es, „ob eine Substanz als Pigment oder Füllstoff zu betrachten ist, hängt von der Anwendung ab“.

Die Definition von Pigmenten ist im Deutschen Normenwerk in der DIN 55943 und DIN 55945 geregelt. Es heißt hier „aus Teilchen bestehende, im Anwendungsmedium praktisch unlösliche Substanz, die als Farbmittel oder, wegen ihrer korrosionshemmenden, magnetischen, elektrischen oder elektromagnetischen Eigenschaften verwendet wird“. Je nach chemischer Zusammensetzung, optischer oder technischer Eigenschaften können Pigmente noch genauer beschrieben werden, zum Beispiel als anorganische und organische Pigmente, Buntpigmente, Weißpigmente, Effektpigmente, Korrosionsschutzpigmente, Magnetpigmente. Die Einteilung erfolgt gemäß DIN 55944. Ältere Bezeichnungen wie „Farbkörper“, „Körperfarben“, „Lackfarbstoffe“, „Erdpigmente“ und „Mineralpigmente“ sollten nicht mehr verwendet werden.

In der Praxis gibt die Materialkonstante des Brechungsindex häufig Aufschluss darüber, ob sich ein Material als Pigment oder als Füllstoff verhält. Dies äußert sich in der Regel durch die optische Wirkung im Beschichtungsstoff. Trägt das Material positiv zum Deckvermögen bei, dann hat das verwendete Material Pig-menteigenschaften. Zeigt es hingegen transparentes Verhalten, dann spricht man vom Füllstoff. Generell sind Materialien mit hohen Brechzahlen (≥ 1,7) Pigmente. Alle übrigen mineralischen Materialien mit ähnlichen Brechzahlen wie organische Polymere, gehören zur Gruppe der Füllstoffe.

1.4 Einteilung der Füllstoffe

Die Vielfalt an mineralischen Füllstoffen drängt zur besseren Übersicht die Einteilung in verschiedene Klassen auf. Bekannte und weniger bekannte Füllstoffe sind in die Klassen Carbonate, Silikate, Siliciumdioxide, Sulfate, Oxide und organische Füllstoffe untergeordnet. Zusätzlich zur Klasseneinteilung sind die Füllstoffe nach natürlichem Ursprung beziehungsweise synthetischer Herstellung gruppiert.

Nicht alle in Tabelle 1.2 aufgeführten Füllstoffe, haben (noch) industrielle Bedeutung. Sie sind nur zur Vervollständigung aufgeführt und werden in den weiteren Kapiteln dieses Buches nicht behandelt.

Table 1.2: Übersicht der Füllstoffklassen und Füllstoffe für Anwendungen in Beschichtungsstoffen

Füllstoff-Oberklasse

Natürliche Füllstoffe

Synthetische Füllstoffe

Carbonate

Natürliches Calciumcarbonat (GCC) Dolomit Bariumcarbonat

Gefälltes Calciumcarbonat (PCC) Modifiziertes Calciumcarbonat (MCC)

Siliciumdioxid

Quarz Cristobalit Kieselgur Kieselerde Glasmehl Bimsmehl

Pyrogene Kieselsäure Gefällte Kieselsäure

Silikate

Talkum Pyrophyllit Chlorit Kaolin Glimmer Feldspat Wollastonit Schiefermehl Hornblende Perlit

Gefälltes Aluminiumsilikat Gefälltes Calciumsilikat Gefälltes Calcium-Aluminiumsilikat Gefälltes Natrium-Aluminiumsilikat

Sulfate

Natürliches Bariumsulfat Calciumsulfat

Gefälltes Bariumsulfat

Oxide

Aluminiumhydroxid Magnesiumhydroxid

Organische Füllstoffe

Holzmehl Korkmehl

Mikrohohlkugeln Cellulose-Fasern

1.5 Literatur

[1] Pietsch, E., Altamira und die Urgeschichte der chemischen Technologie, Deutsches Museum Abhandlungen und Berichte 31, Heft 1, S. 15, 1963

[2] Science News 125, 348, 1984

[3] Tegethoff, F. W., Calciumcarbonat – Von der Kreidezeit ins 21. Jahrhundert, Birkhäuser Verlag, Basel, S. 55 ff, 2001

[4] DIN-Taschenbuch 49, Farbmittel, 1. Pigmente, Füllstoffe, Farbstoffe, DIN 5033-1 bis DIN 55929: Normen, Beuth, Berlin, 1993

[5] DIN-Taschenbuch 157, Farbmittel, 2. Pigmente, Füllstoffe, Farbstoffe, DIN 55943 bis DIN 66131: Normen, Beuth, Berlin, 1993

[6] ISO Standards Handbook, Paints and varnishes, Vol. 3 – Raw materials, ISO 150 bis ISO 14900, International Organization for Standardization, Genève, 2002

2 Mineralogie

Das Alter der Erde wird heute auf 4,55 – 4,66 Milliarden Jahre geschätzt. Die Industriemineralien werden alle in der kontinentalen Kruste der Erde gewonnen, welche ein komplexes, weltweites Muster von Gürteln und Gebirgen mit deformierten Gesteinsserien aufweist. Etwas jünger als die Erde sind die Mineralien, welche in diesem Kapitel auf verständliche, sachkundige und dennoch prägnante Art und Weise besprochen werden.

2.1 Carbonate

Eine sich ständig wandelnde Oberfläche der Kontinente sowie die Ausdehnungsrate von Ozeanen beeinflussten direkt die Sedimentierungsrate der Carbonate. Der Austausch von Calcium und Magnesium zwischen ozeanischer Kruste und Meerwasser nahm zu. Dieses war bedingt durch neu entstandene Meeresböden an den ozeanischen Rücken. Verstärkend wirkten auch tektonische Bewegungen, Metamorphose und Vulkanismus, die zu steigenden Kohlendioxidmengen und Temperaturen in der Atmosphäre führten. Dies bewirkte eine stärke Verwitterung von Carbonaten und die Freisetzung von Calcium. Weiter entstanden durch tektonische Bewegungen seichte Meere auf den Kontinenten. Diese begünstigten wiederum die Carbonatsedimentation. Die besten Bedingungen zur Entstehung von Carbonatgesteinen herrschten im Kambrium, vom oberen Devon bis zum unteren Karbon, im Perm, Trias, Jura und der Kreidezeit. In diesen geologischen Zeitaltern entstanden die mächtigsten Carbonatformationen.

Abbildung 2.1: Carbonat-Kreislauf

Table 2.1: Physikalische Eigenschaften und Kennzahlen der bedeutendsten Carbonate für die Füllstoffindustrie

Die bedeutendsten Carbonate für die Verwendung als industrielle Füllstoffe sind Calciumcarbonat und Magnesiumcarbonat. Daneben existieren weitere Carbonate und Hydrogencarbonate mit den Kationen Kalium, Natrium und Ammonium. Diese werden in der Regel als Zusatzstoffe in der Lebensmittelindustrie eingesetzt und werden hier nicht weiter behandelt.

2.1.1 Calciumcarbonat

Gleichung 2.1: Gleichgewichtsreaktion zur Löslichkeit von Calciumcarbonat in Wasser

Der am bedeutendste Prozess für die Bildung von natürlichem Calciumcarbonat ist die organogene Sedimentation, auch bioklastische Sedimentation genannt. Dabei bildeten anorganische Überreste von wirbellosen Tieren wie Weichtiere, Korallen, Schwämme, Moostierchen, Stachelhäuter, Foraminiferen und Algen am Meeresboden Ablagerungen. Je nach Ablagerungsdauer und Verfestigung schwanken die Bestandteile in ihrer Größe sehr stark. Kleinste Bestandteile sind nur wenige Mikrometer kleine Kokkolithen, wohingegen ganze Schalen von Muscheln im Bereich von mehreren Zentimetern vorliegen. Durch Druck verfestigen sich sedimentäre Kalkschlämme am Meeresgrund von Ozeanen und bilden bröckelige Sedimentgesteine – Kreide genannt. Die Definition von Kreide ist in der DIN EN ISO 3262, Teil 4 geregelt und besagt, dass diese Form von Calciumcarbonat aus der Kreideformation stammt und eine Gesteinsablage von weicher Beschaffenheit ist. Typisch für Kreide sind mikrokristalline Calcitkristalle mit einem Durchmesser von etwa einem Mikrometer. Wesentliches Merkmal, welches auch durch eine über mehrere Millionen Jahre lange Lagerung nicht verschwand, sind die Schalenreste und Skelette maritimer Kleinstlebewesen, zum Beispiel Kokkolithen und Foraminiferen.

Abbildung 2.2: Rasterelektronenmikroskopische Aufnahme von strahlenförmigen Calcit-Teilen, die eine scheibenförmige Platte einer Kokkosphäre bilden, 6500fach vergrößert

Abbildung 2.3: Kristallstruktur eines einzelnen Calcit-Rhomboeders

Die Ablagerungen in den vor allem warmen Ozeanen führten unter ande-rem zur Bildung von flachen, aber durchaus auch mehreren hundert Meter massiven Riffen. Ein bekannter Riff-kalkgürtel erstreckt sich vom Pariser Becken bis nach Süddeutschland. Er entstand vor rund 150 Millionen Jahren im oberen Jura. Die erste Bildung von Kalkgesteinen liegt jedoch schon viel länger zurück. Im Zeitalter des Präkambrium fanden vor drei Milliarden Jahren die ersten Sedimentablagerungen statt. Einen geschichtlichen Überblick verschafft Tabelle 2.2.

Nach der Bildung eines Carbonatsediments findet im nächsten Schritt zuerst eine Verdichtung durch Druckaufbau von darüber liegenden Schichten statt. Dadurch wird die Porosität reduziert. Der zweite Schritt stellt die Zementierung dar. Hier werden die noch zahlreichen Poren durch die Ausfällung von Calcit unter steigendem Druck „zementiert“. Beide Schritte werden unter dem Begriff Diagenese zusammengefasst und beschreiben den Übergang einer schlammigen Sedimentmasse über mikrokristalline Kreide hin zu mikrokristallinen, dichten Kalkstein über mehrere Millionen Jahre hinweg. Wenn der Zement eines Kalkgesteins feinkristallin ist, wird er als Mikrit oder mikrokristalliner Calcit bezeichnet. Bei einem grobkristallinen Calcit spricht der Geologe auch von einem Sparit. Bei der Diagenese kann es auch zu einer Dolomitisierung kommen, siehe Kapitel 2.1.2. Mögliche mineralische Verunreinigungen in Kalkgesteinen können je nach Vorkommen auf eisenhaltigem Kalk, Sandstein-, Quarz-, Phosphat-, Pyrit- und Graphitkalk basieren. Aus diesem Grund werden Kalkgesteine auch nach dem Grad der Reinheit in Kategorien A bis D eingeteilt. Die Klassifizierung erfolgt nach DIN EN ISO 3262, Teil 5.

Table 2.2: Geologische Zeitgeschichte im Zusammenhang mit der Bildung von Kalkgesteinen

Die Bildung von Marmor erfordert radikale Umgebungsbedingungen, die nur unter einer Metamorphose erreicht werden. Die Gesteinsumwandlung von Kreide beziehungsweise Kalkstein hin zu Marmor läuft unter sehr großen Druck von über 1000 bar und gleichzeitig hohen Temperaturen von 200 bis 500 °C ab. Dadurch schmelzen die Kalkgesteine, bevor sie wieder durch eine sehr langsame Rekristallisation in den festen Zustand zurückkehren. Diese Umwandlung führt nebenbei auch zu einer Erhöhung des Reinheitsgrads des Calciumcarbonats. Das metamorphe, fein- bis grobkörnige Gestein weist dann zu mehr als 50 Vol.-% die Kristall-Modifikation Calcit auf. Das wohl bekannteste Beispiel für eine Lagerstätte von sehr weißem Marmor gibt es in Italien. Das Marmorgebirge von Carrara weist ein Alter von rund 220 Millionen Jahren auf. Es entstand als sich dicke Formationen der toskanischen Überschiebungsdecke über ein Kalksteinvorkommen schoben, ausgelöst durch die Annäherung von Afrika und Europa. Dadurch gelangte das Vorkommen in eine Tiefe von fünf bis zehn Kilometern und wurde Temperaturen von ungefähr 300 °C über lange Zeit ausgesetzt. Vor erst 15 Millionen Jahren endete die Rekristallisation. Eine letzte Pressung führte zur Aufwölbung des wahrscheinlich schönsten Marmorgebirges zurück an die Erdoberfläche. Die Metamorphose bewirkt nebst der Umwandlung von Kalkge-stein in Marmor auch die Umwandlung von Verunreinigungen in neue Minerale. Als Beispiele sind zu nennen das Calciumsilikat Wollastonit, Quarz, Muskovit und Phlogopit (beides Glimmer), Amphibol, Diopsid, Serpentin, Graphit, Pyrit, Markasit, Chalkopyrit sowie Feldspat.

Da Calciumcarbonat in drei verschiedenen Kristallmodifikationen auftritt, spricht man auch von einer polymorphen, vielgestaltigen Verbindung. Die drei Kristallmodifikationen heißen Calcit[6], Aragonit und Vaterit. In der Natur dominiert der Calcit mit seinem trigonalen Kristallsystem. Er ist auch das flächen- und formenreichste Mineral überhaupt, dessen Elementarzelle im Kristallgitter ein rhomboedrisches Prisma aufweist. Das heißt, der Calcit-Kristall wird durch sechs gleichwertige (rhombusförmige) Flächen begrenzt. Er sieht aus wie ein in Diagonalrichtung auseinander gezogener Würfel. Diese Beobachtung führte im 18. Jahrhundert zur Entdeckung der grundlegenden Gesetze der Mineralogie durch den Abbé Haüy. Calcit-Kristalle treten am häufigsten als hexagonale Prismen und Skalenoeder auf, wohingegen der Rhomboeder in seiner Grundform in der Natur seltener vorkommt.

Die nordspanische Region Aragonien hat der seltener vorkommenden rhombischen Kristallmodifikation Aragonit[7] ihren Namen gegeben. Diese tritt in drei charakteristischen Kristallformen als zyklischer Vielling auf, am häufigsten sind die Zwillinge und pseudohexagonale Drillinge. Deutlich seltener ist der Einkristall vorzufinden. Aragonit hat typisch nadel- beziehungsweise tafelförmiges Aussehen, oft mit spitzigen Enden.

Der deutsche Mineraloge und Chemiker Heinrich Vater gab der dritten Kristallmodifikation von Calciumcarbonat, Vaterit, den Namen. Die hexagonal kristallisierende Form ist wegen seiner Instabilität in der Natur äußerst selten. Sie kann jedoch unter bestimmten, gewählten Bedingungen bei der synthetischen Fällung bevorzugt gebildet werden. Die Kristalle des Vaterits sind normalerweise klein und faserig. Seltener liegen feine und mikroskopisch kleine Plättchen vor.

Calciumcarbonat tritt, wie schon erwähnt, sehr häufig auf. Deshalb sind an dieser Stelle nur Beispiele für bekannte, industriell nutzbare Vorkommen aufgeführt. Kreide findet man in der Champagne, bei Lille und Saint-Omer in Frankreich, im östlichen Teil der Britischen Insel, Mons/Belgien, in Fakse auf Jütland/Dänemark, bei Malmö/Schweden, in Lägerdorf und auf Rügen/Deutschland, Polen und Russland. Kalksteinvorkommen sind in Spanien bei Zaragossa, Belchite und Granada, auf den Ionischen Inseln in Griechenland, im Urgon/Südfrankreich bei Avignon, in den friaulischen Alpen und Abruzzen in Italien sowie auf der Schwäbischen und Fränkischen Alb/Deutschland verbreitet, aber auch auf Java in Indonesien. Bekannte Marmorvorkommen liegen im Tautavel in den Pyrinäen, Vizarron/Mexiko, Kanwon/Südkorea, Carrara, Massa, Laas und Sterzing in Italien, Macael/Spanien, Estremoz/Portugal, Middlebury und Danby in Vermont sowie Monte Cristo in Kalifornien/USA, Gummern und Graz in Österreich, Elnesvagen und Bodö-Fauske in Norwegen, Pargas und Lappeenranta in Finn-land, Schweden sowie in den Provinzen Liaoning und Jilin in China.

Abbildung 2.4: Kristallformen des Calcits – a) Rhomboeder, b) Skalenoeder, c) Prisma

Abbildung 2.5: Kristallformen des Aragonits – a) Einkristall, b) Zwillinge, c) hexagonale Drillinge

2.1.2 Dolomit

Es gibt viele Gemeinsamkeiten zwischen den carbonatischen Sedimentgesteinen Dolomit[8] und Calciumcarbonat. Chemisch besteht Dolomit aus CaCO3 und MgCO3 in etwa stöchiometrischem Verhältnis. Deshalb spricht man im Zusammenhang mit Dolomit, benannt nach dem französischen Mineralogen Dolomieu, gelegentlich auch von einem Doppelcarbonat [CaMg(CO3)2]. Je nach Ursprung kann jedoch der Anteil Calcit (CaCO3) oder Magnesit (MgCO3) leicht überwiegen.

Dolomit bildet sich in diagenetischer Umgebung in salzhaltigen Meeren auf kalkhaltigem Schlamm beziehungsweise organischen Schichten. Bei der Dolomitisierung werden im Kristallgitter Calcium-Ionen durch Magnesium-Ionen ausgetauscht. Dies unterliegt einer Gleichgewichtsreaktion. Je nach Konzentration von Calcium und Magnesium im Festgestein sowie in der Umgebung stellt sich die Lage des Gleichgewichts ein. Der erwähnte Austausch der Kationen kann bereits bei der Sedimentation im magnesiumreicheren Meerwasser stattfinden oder später als Sekundär-Dolomitisierung bei der Läuterung von magnesiumhaltigem Wasser durch das fertige Gestein. Genauso kann es zu einer Entdolomitisierung kommen, was jedoch sehr selten ist. Diese Vorgänge beeinflussen auch die Porosität beziehungsweise die Dichte des Gesteins, da die Dichte von Dolomit mit 2,87 g/cm³ höher als die von Calcit ist. Neben der Dichte ist auch die Mohs’sche Härte bei Dolomit mit einem Wert von 3,5 bis 4 höher. Dolomit besitzt wie Calcit ein trigonales Kristallsystem. Die Rhomboeder sind vollkommen spaltbar. Die Kristallaggregate sind in der Regel dicht und fein- bis grobkörnig.

Vergleichbar mit Calcit gibt es auch beim Dolomit weitere wichtige Unterscheidungskriterien. Dazu zählen die Gefügestruktur, die Textur und die Art der Bestandteile. Die Details dazu sind in Kapitel 2.1.1 erklärt. Ähnlich wie bei Calciumcarbonat gibt es auch für Dolomit eine Einteilung nach Reinheitsgrad. Die DIN EN ISO 3262, Teil 7, unterscheidet jedoch nur drei Klassen von A bis C. In seltenen Fällen kann das Magnesium teilweise oder vollständig durch andere Kationen ersetzt werden. Dann kommt es zu bestimmten Varietäten wie Ankerit [CaFe(CO3)2] oder Kutnohorit [CaMn(CO3)2].

2.2 Siliciumdioxid

Die zweithäufigste anorganische Verbindung der Erde ist Siliciumdioxid. In der deutschen Literatur zählt Siliciumdioxid zu den Oxiden, in der englischsprachi-gen Literatur wird es zu den Silikaten gerechnet. Die chemische Summenformel des wichtigsten Oxids des Siliciums ist SiO2. Siliciumdioxid tritt in vielen For-men auf. Meistens liegt Siliciumdioxid in kristallinem Zustand vor, seltener in amorphem Zustand. Es existieren neun verschiedene kristalline Formen. Die drei häufigsten Erscheinungsformen sind Quarz, Cristobalit und Trydimit. Kieselgesteine sind eine weitere Form von Siliciumdioxid. Diese bestehen zu über 50 % aus amorphen und kristallinen Opalen sowie Abarten von Quarz, zum Beispiel Kieselerden, und haben je nach Verfestigung industrielle Bedeutung. Ein Beispiel von stark verfestigten Kieselgesteinen ist der Diatomit, auch Kieselgur genannt, der im Allgemeinen aus Mikroquarz besteht.

2.2.1 Quarz

Table 2.3: Physikalische Eigenschaften und Kennzahlen ausgewählter Siliciumdioxide für die Füllstoffindustrie

Die wohl wichtigste Modifikation von Siliciumdioxid ist Quarz[9–11]. Sie kommt in SiO2-reichen, magmatischen Gesteinen wie Granite sowie metamorphen Gesteinen wie Gneise und Quarzite vor. Weitere Vorkommen gibt es als Gangquarz (Erz), in Sedimenten, zum Beispiel Quarzsand und Kies, aber auch in Sedimentgesteinen (Kieselgesteine, Sandsteine). Das Erscheinungsbild von Quarz ist meistens farblos oder weiß, von durchsichtig über trüb bis undurchsichtig. Rötliche, gelbliche, bräunliche und anderen Färbungen sind Hinweise auf Verunreinigungen durch Spurenelemente, teilweise auch durch radioaktive Strahlung hervorgerufen. In der Regel ist der Gehalt an Spurenelementen kleiner 100 ppm[12]. Besonders häufig ist der Einschluss anderer Mineralien wie goldfarbene Nadeln von Rutil, Turmalin, Goethit und Hämatit in Abarten von Quarz wie dem Bergkristall. Weitere bekannte Abarten sind Milchquarz, Rosenquarz, Aventurinquarz, Chalcedon, Achat, Onyx, Jaspis und Opal. Der Reinheitsgrad von Quarz wird durch die Einteilung in Klasse A oder B gemäß DIN EN ISO 3263, Teil 13, geregelt.

Quarz tritt kristallin in zwei Modifikationen auf. Der Tief-Quarz, sogenannter α-Quarz mit trigonalem Kristallsystem, ist die häufigste Erscheinungsform. Er wandelt sich bei Temperaturen von mehr als 573 °C in den Hoch-Quarz beziehungsweise β-Quarz um. Dieser Prozess ist bei entsprechender Abkühlung reversibel. Genau diese exakte Phasenumwandlung wird als so genanntes geologisches Thermometer verwendet[13–15]. Weitere Stabilitätsbereiche für Modifikationen von Siliciumdioxid sind in Abbildung 2.6 aufgeführt. Die Hochdruck-Modifikationen Coesit und Stishovit sind nur technisch herstellbar, besitzen aber keine Bedeutung als Rohstoff.

Das Gerüstsilikat von Tief-Quarz besteht aus SiO4-Tetraedern, welche mit Sauerstoffbrücken miteinander verknüpft sind. Somit entstehen pseudohexagonale, gewinkelte O-Ringe. Der Modifikationswechsel zu Hoch-Quarz ist nur eine Gitteraufweitung, das heißt die O-Ringe sind gestreckt. Beim Tiefquarz treten sehr häufig Verwachsungen auf, welche zu Kristall-Zwillingen führen. Der Faserquarz, ist eine stängelige, dichte, körnige oder faserige Aggregatsform von Quarz.

Eine von mehreren Abarten von SiO2-haltigen Sedimenten ist die Kieselerde. Sie besteht im Wesentlichen aus Siliciumdioxid, ist aber sehr häufig ein Mineralgemenge aus Quartz/Kieselsäure und Kaolin. Deshalb treten als weitere Bestandteile in geringen Mengen Eisenoxid, Titandioxid und Calcium-/Magnesiumoxid auf. Aufgrund der zum Teil hohen Mengen an Kaolin wird Kieselerde sprachlich mit quarzhaltigen Kaolinen, Kieselgur und verwandten Sedimenten gemischt. Ein bekanntes Vorkommen von Kieselerde liegt in Neuburg an der Donau/Deutschland. Es besteht aus 60 bis 90 % Kieselsäure und 40 bis 10 % Kaolin.

Abbildung 2.6: Druck-Temperatur-Diagramm der Modifikationen von Siliciumdioxid und Angaben zur Dichte

2.2.2 Cristobalit

Das Mineral Cristobalit[16] kommt in der Natur in vulkanischen Gesteinen und Basalten, zum Beispiel in der Eifel, sowie in Mondbasalten vor. Es hat jedoch in natürlicher Form als Füllstoff keine Bedeutung. Die trüben, milchig-weißen Kristalle von Cristobalit gehören dem tetragonalen Kristallsystem an.

Cristobalit als Füllstoff wird durch thermische Modifizierung von Quarz synthetisch hergestellt. Gemäß Abbildung 2.6 findet eine Phasenumwandlung von Tief-Quarz hin zu Hoch-Quarz. Bei weiterer Zuführung von thermischer Energie, wird bei 1027 °C der β-Quarz in β-Cristobalit überführt. Wird dieser wieder in Temperaturbereiche von 180 bis 270 °C abgekühlt, findet eine Umwandlung in α-Cristobalit statt. In der Regel werden so SiO2-Reinheitsgrade von min-destens 99 % erreicht. Dies hängt jedoch auch von der Güte des ursprünglich verwendeten Quarzes ab. Weitere mögliche Bestandteile sind Verunreinigungen von Aluminium- und Eisenoxid. Das Normenwerk DIN EN ISO 3263, Teil 14, definiert, dass der Mindestgehalt für Cristobalit größer 60 % und für Siliciumdioxid größer 98 % liegen muss. Eine weitere, genauere Einteilung in Klas-sen, wie dies für andere mineralische Füllstoffe üblich ist, besteht nicht.

Abbildung 2.7: Quarzzwillinge im trigonalen Kristallsystem (Mischsystem)

Abbildung 2.8: Kristallsystem von

2.2.3 Kieselgur

Es existieren mehrere Begriffe für dieses amorphe Mineral. Neben dem Namen Kieselgur[17, 18] werden häufig die Ausdrücke Diatomeenerde (lateinische Bezeichnung terra silicea) und Diatomit verwendet. Seltener ist der Ausdruck Kieselguhr. Dieser Begriff leitet sich von Gären ab. In der Trias-Epoche sedimentierten sehr kleine, abgestorbene Algen (Diatomeen und