Fünf am Meer - Emma Sternberg - E-Book

Fünf am Meer E-Book

Emma Sternberg

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Beschreibung

Live. Love. Beach.

Es zieht Linn den Boden unter den Füßen weg, als sie ihren Verlobten in flagranti erwischt. Aber dann erfährt sie, dass sie geerbt hat – und findet sich in einem Haus in den Hamptons wieder, direkt am Meer. Die Bewohner, fünf lebenslustige Senioren, wachsen Linn bald ans Herz, genauso wie die gemeinsamen Granatapfel-Manhattans und die Storys über ihre glamouröse Tante Dorothy. Doch dann taucht dieser attraktive Journalist auf, der noch ein bisschen mehr zu wissen scheint ...

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DAS BUCH

Es zieht Linn den Boden unter den Füßen weg, als sie ihren Verlobten in flagranti erwischt. Aber dann erfährt sie, dass sie geerbt hat – und findet sich in einem Haus in den mondänen Hamptons wieder, direkt am Meer. Die Bewohner, fünf lebenslustige Senioren, wachsen Linn bald ans Herz, genauso wie die gemeinsamen Granatapfel-Manhattans und die Storys über ihre glamouröse Tante Dorothy. Doch dann taucht dieser attraktive Journalist auf, der noch ein bisschen mehr zu wissen scheint …

DIE AUTORIN

Emma Sternberg wurde 1979 in Hamburg geboren. Nach acht Semestern Medienwissenschaft hat sie einen Job beim Radio bekommen und ihre Magisterarbeit nie zu Ende geschrieben, was sie bis heute bereut – wenn auch nur ein bisschen.

LIEFERBARE TITEL

Liebe und Marillenknödel

Die Breznkönigin

EMMA STERNBERG

ROMAN

WILHELM HEYNE VERLAG

MÜNCHEN

Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.
Sollte diese Publikation Links auf Webseiten Dritter enthalten, so übernehmen wir für deren Inhalte keine Haftung, da wir uns diese nicht zu eigen machen, sondern lediglich auf deren Stand zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung verweisen.
Copyright © 2015 by Emma SternbergCopyright © 2016 dieser Ausgabeby Wilhelm Heyne Verlag, München,in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH,Neumarkter Str. 28, 81673 MünchenRedaktion: Steffi KordaUmschlaggestaltung: © Eisele Grafikdesign, MünchenSatz: Leingärtner, NabburgISBN:978-3-641-19122-1V006
www.heyne.de

1

DAS LEBEN NIMMT ja manchmal Wendungen, bei denen du dir nicht gleich sicher bist, ob du sie gut finden sollst oder nicht.

Wenn im Haus gegenüber eine phänomenal gute Eisdiele aufmacht, zum Beispiel. Einerseits freust du dich, denn du kannst ab sofort jederzeit Schokoladeneis haben. Extrasahniges Schokoladeneis, dunkel und zart schmelzend und mit himmlischen, verboten großen Schokostückchen. Andererseits ahnst du schon nach der allerersten Kugel, dass dich der Laden entweder verdammt viel Beherrschung kosten wird – oder verdammt viele Kilos.

Oder wenn du einen neuen Online-Shop entdeckst, in dem es Hunderte herzergreifend netter Sachen gibt: Vintage-Schlüsselbretter, herrlich gemütliche Seersucker-Sofakissen oder niedliche Messingclips zum Verschließen offener Gummibärchentüten. Das ist gut für ein wohliges Gefühl – aber nur solange es dir gelingt, nicht auf deine Kontoauszüge zu blicken.

Oder wenn in deiner Firma eine neue Kollegin namens Katha anfängt, die irrsinnig nett und hübsch und witzig ist, und mit der du schon die allererste gemeinsame Mittagspause schwatzend überziehst – herrlich, oder? Auf der anderen Seite ist dein Vorhaben, ab sofort konzentrierter und schneller zu arbeiten, um deinen Hintern nach dem Büro wenigstens hin und wieder zum Laufen zu bringen, damit wohl endgültig dahin.

Wenn du allerdings an einem Donnerstag Anfang Juni vier Stunden früher als geplant von der Arbeit kommst, weil dort der Server ausgefallen ist und Katha und alle anderen Kollegen sowieso mit einer fiesen Sommergrippe darniederliegen, wenn du die Tür der Wohnung aufschließt, in der du seit dreieinhalb Jahren mit einem Mann lebst, von dem du hättest schwören können, dass er dich wirklich, wirklich liebt, wenn du dann aber im Flur stehst, den Schlüssel gerade ans Vintage-Schlüsselbrett hängen willst, die Wohnungstür immer noch offen hinter dir, und du eben diesen Mann vom Wohnzimmersofa her grunzen hörst wie ein Périgord-Trüffelschwein, das gerade den Fund seines Lebens auswühlt, und du im nächsten Augenblick starr vor Schreck siehst, wie sich ein perfekt gerundeter Melonenhintern auf dem Schoß dieses Mannes auf und ab bewegt … dann musst du nicht eine Sekunde lang nachdenken, um sicher zu wissen, dass dieser Moment nichts, aber auch wirklich überhaupt nichts Gutes in sich birgt.

Denn dann ist klar, dass in haargenau dieser Sekunde der qualvolle Rest deines Lebens beginnt.

Oder, wie meine Freundin Annika sagen würde: Schlimmer geht’s nimmer.

Langsam, wie in Zeitlupe, bewege ich die Hand zum Mund, als würde ich gleich schreien, doch ich bleibe ganz still. Im selben Moment hört die Frau auf Martins Schoß auf sich zu bewegen, ganz so, als würde sie spüren, dass die beiden nicht mehr allein sind. Auch Martins bis eben noch verzückt geschlossene Augen öffnen sich einen Spalt.

Und sein Blick richtet sich auf mich.

Martin und ich sind seit vier und dreiviertel Jahren ein Paar. Wir haben uns auf einem Grillfest von gemeinsamen Freunden kennengelernt, auf dem er ein Polohemd mit hochgeklapptem Kragen trug und mir auf Anhieb unsympathisch war – bis wir am Büfett trotzdem ins Gespräch kamen und feststellten, dass wir nicht nur eine gesunde Abneigung gegen Nudelsalate mit Essiggurkenstückchen, sondern auch gegen Kerle mit hochgeklappten Polohemden teilen. Er hatte beim Losgehen bloß nicht in den Spiegel geschaut und lachte lauthals los, als ich ihm sagte, dass ich den ganzen Abend nur auf den versilberten Golfball-Schlüsselanhänger gewartet hatte, den er aus der Tasche ziehen würde, um damit herumzuspielen. Schon zwei Wochen später stellte er mich seinen Eltern vor und noch zwei Wochen später dem Rest seiner Familie – was nur dann anstrengend klingt, wenn man nicht weiß, wie wahnsinnig nett die Kuhns sind, und wie unglaublich herzlich sie mich empfangen haben. Ein gutes Jahr später zog ich bei Martin ein, und weil es ihm genauso wichtig war wie mir, dass meine Eltern ihn, na ja, ebenfalls einmal kennenlernen konnten, fuhr er mit mir raus nach Gerndorf, wo sich ihre Gräber befinden. Meine Eltern sind nämlich kurz nacheinander gestorben, als ich noch ein Kind war. Erst meine Mutter an Gebärmutterhalskrebs, damals war ich zehn, und zwei Jahre später dann mein Vater – ich bin sicher: aus Sehnsucht nach ihr. Ich habe den größten Teil meiner Jugend in Pflegefamilien verlebt, was manchmal ganz schön schwierig war: Immer wieder aufs Neue zog ich bei Familien ein, die ohne mich wunderbar funktioniert hatten und in die ich mich nun einfügen musste wie ein Besucher, wie ein Untermieter, wie ein Gast auf Zeit. Als ich Martin und die Kuhns gefunden hatte, die mich wie selbstverständlich in ihre Familie aufnahmen, war ich dermaßen froh, dass ich keine Sekunde auch nur daran gedacht hätte, dass irgendetwas zwischen uns kommen könnte.

Tja.

In diesem August wollten wir eine große Sommerparty im Kuhn’schen Garten schmeißen, um zu feiern, dass wir die fünf vollgekriegt haben. Und wenn ich ganz ehrlich sein soll: Insgeheim hatte ich darauf spekuliert, dass wir unsere Verlobung bekanntgeben würden. Ich meine, wir wohnen jetzt seit dreieinhalb Jahren in dieser wunderhübschen, supersonnigen Dreizimmer-Dachgeschosswohnung in München-Trudering mit Echtholzparkett und Blick ins Grüne. Seit anderthalb Jahren arbeite ich in der Firma von Martins Eltern, die ein Reisebüro führen, das sich auf Flitterwochen spezialisiert hat und das den etwas unglücklich gewählten Namen HoneyKuhn trägt. Seit ein paar Monaten verhüten wir symptothermal, was im Prinzip heißt, dass wir gar nicht verhüten – es sei denn, ich habe mittels Temperatur- und Zervixschleimauswertung ermittelt, dass ich gerade meine fruchtbaren Tage habe. Wir haben zwei zueinander passende Messinglampen auf unseren antiken Nachtkästchen vom Flohmarkt stehen, haben erst kürzlich ein wunderschön verschnörkeltes Zwanziger-Jahre-Silberbesteck bei eBay gekauft und besitzen nicht nur ein supergemütliches Seersucker-Ecksofa mit passenden Kissen, sondern auch einen Couchtisch auf Rädern, der aus einer alten Schokoladenfabrik stammt.

Aber jetzt weiß ich, dass da kein Heiratsantrag kommen wird. Nichts wird mehr kommen. Martin, der heute offiziell zu Hause geblieben war, um die Umsatzsteuer-Voranmeldung zu machen, sieht nicht einmal sonderlich entsetzt oder verzweifelt aus, wie er mir da von seinem Platz auf dem Sofa aus ins Gesicht schaut, die Hose zwischen den Knöcheln und dem Melonenhintern auf dem Schoß. Es wirkt eher so, als sei er enttäuscht, dass sein Schäferstündchen damit dann wohl gelaufen wäre.

»Oh«, macht er mit müdem Gesichtsausdruck.

Oh.

Wenn ich bis jetzt bloß emotional torkelte, dann gibt mir dieses saftlose Oh den finalen Stoß, der mich psychisch zu Fall bringt, mich auf dem Boden meines Herzens aufschlagen lässt wie auf hartem, kaltem Beton.

Doch leider war das noch nicht alles. Das begreife ich genau in dem Augenblick, in dem die Frau auf Martins Schoß »Was?« fragt. Ich kenne diese Stimme, und noch ehe sie sich umdreht, weiß ich, wem die langen braunen Locken gehören, die gerade eben noch so lustig auf und ab wippten.

Schlimmer geht nimmer?

Haha.

»Katha«, sage ich langsam.

»Linn«, sagt meine Lieblingskollegin, die heute Morgen noch etwas von Sommergrippe ins Telefon geniest hat und der ich den überflüssigen, aber gut gemeinten Rat gegeben habe, viel, viel, viel zu trinken.

Mein Name kommt aus dem Schwedischen und bedeutet so etwas wie ›helle Sonne‹. Aber so, wie er in diesem Augenblick aus ihrem Mund kommt, klingt er eher nach Sonnenfinsternis.

»Linn«, sagt jetzt auch Martin und versucht immerhin, Katha von seinem Schoß zu schieben – was es allerdings nicht besser macht, weil ich so sehe, dass sein Ding da unten immer noch … na ja … im Stand-byModus ist. Ich starre es an und habe erst jetzt das Gefühl zu verstehen, was gerade passiert. Und einen winzigen Augenblick lang bilde ich mir ein, sein Ding starre höhnisch und einäugig zurück. »Linn, es ist nicht …«

Mein Blick wandert hoch zu Martins Gesicht.

»Es ist nicht …«, sagt er noch einmal, dann verstummt er, wahrscheinlich weil sogar ihm klar ist, dass der Satz »Es ist nicht so, wie es aussieht« etwas unpassend ist, wenn man mit einem Riesenständer auf seinem Stammplatz auf dem Wohnzimmersofa sitzt, während deine Lieblingskollegin gerade panisch ihren Schlüpfer hochzieht.

»Ich glaube, ihr solltet jetzt besser gehen«, krächze ich – ein Vorschlag, den Katha bereitwillig annimmt. Sie schnappt sich das türkisfarbene Kleid, das ich für sie beim Sale von Net-a-Porter ausgesucht habe, streift es hastig über und greift sich die beigefarbene Ledertasche, die sie erst neulich von einem verlängerten Wochenende in Berlin mitgebracht hat, das sie sich nur leisten konnte, weil sie als Mitarbeiterin von HoneyKuhn satte Rabatte auf Flüge und Übernachtungen kriegt. Sie schiebt sich mit glühenden Wangen an mir vorbei, schlüpft in ihre Schuhe, die mir beim Reinkommen nicht aufgefallen sind, und schleicht aus der Wohnungstür, die immer noch offen steht wie eine klaffende Wunde.

Ich sehe wieder Martin an, der inzwischen immerhin so viel Anstand zurückgewonnen hat, dass er sich seine Hose hochzieht.

»Du auch«, sage ich mit einer Stimme, die klingt, als würde ein kalter Hauch durch eine Gruft wehen.

»Linn …«, beginnt er, als wolle er zu einer Erklärung anheben, aber dann sagt er doch lieber nichts.

»Verschwinde«, sage ich leise.

»Linn, ich werde dir das alles erklären.«

Er bleibt einen Moment lang vor mir stehen und sieht mich flehend an. Bis jetzt hat er mich mit diesem Blick immer wieder weichgekocht, egal, ob ich sauer auf ihn war, weil er mal wieder vergessen hatte, dass wir fürs Kino verabredet waren, oder meine Seidenbluse mit in die Kochwäsche geworfen hatte. Aber heute sehe ich seine Dackelaugen, sein zerknirschtes Gesicht, die niedliche Strähne, die ihm über die Stirn fällt, und empfinde: nichts.

Absolut rein gar nichts.

Außer Wut und Verletzung.

»Hau einfach ab«, sage ich.

»Ich hol schnell meinen Laptop«, murmelt er. »Und mein Handykabel.«

Ich kann kaum glauben, dass es möglich ist, in einer Situation wie dieser so tief zu sinken, dass man noch an Unterhaltungselektronik denken kann!

»Stimmt ja«, sage ich voller Hohn. »Die Umsatzsteuer-voranmeldung.«

Er erwidert nichts, sondern hält eine Sekunde lang inne, ganz so, als überlege er, etwas auf meinen giftigen Kommentar zu erwidern. Aber dann setzt er sich in Bewegung, marschiert ins Schlafzimmer, wo sein Handyladekabel unterm Bett hervorschaut, und weiter in die Küche, in der auf dem Esstisch sein Computer steht. Er klaubt noch schnell ein paar Sachen im Bad zusammen und – verschwindet. Verschwindet einfach so. Durch die immer noch offen stehende Tür.

Und ich? Sehe ihm hinterher und höre, wie er die gekachelten Stufen des Treppenhauses hinabläuft, wie sich die Haustür öffnet und wieder ins Schloss fällt. Wie unten auf der Straße der Motor seines Golfs startet, wie er Gas gibt, beschleunigt, in Richtung Wasserburger Landstraße abbiegt.

Wie er aus meinem Leben verschwindet.

Langsam schließe ich die Wohnungstür. Mein Blick fällt auf das Schlüsselbrett und auf unsere gemeinsamen Schlüssel. Auf den Kellerschlüssel, den Fahrradschlüssel und den Zweitschlüssel fürs Auto. Auf den Schirmständer darunter, in dem der rote Schirm mit den weißen Punkten steht, der seit Monaten kaputt ist und den wegzuschmeißen ich einfach nicht übers Herz bringe. Ich gehe ins Schlafzimmer, ziehe einen Koffer aus dem Schrank, zerre eine Ladung Hemden heraus und werfe sie hinein. Dann halte ich das nicht aus, gehe ins Wohnzimmer und betrachte einen Moment lang die Eckcouch, die in unschuldigem Hellblau vor dem Couchtisch mit den bereitliegenden Fernbedienungen steht und auf der man immer noch den Abdruck seines Hinterns erkennen kann. Auf dieser Couch haben Martin und ich aneinandergekuschelt alle Folgen von Breaking Bad angesehen, alle Staffeln von Six Feet Under und sogar alle zwölf Star-Trek-Filme, wobei es Martin etliche Portionen seiner selbst gemachten Lasagne gekostet hat, mich dazu zu bringen. Wir haben auf dieser Couch den deutschen WM-Sieg gefeiert, haben an gemeinsamen Grippetagen Taschentücher durchgeniest, haben uns mit selbst importiertem Rotwein vom Gardasee betrunken. Auf diesem Sofa habe ich ihm dabei zugehört, wie er am Telefon mit seinen Eltern gestritten hat, und er mir, wie ich vergeblich versucht habe, meine beste Freundin Annika zu trösten, als ihr Mann Johannes ihr gestanden hat, sich in eine andere verliebt zu haben, während sie mit der gemeinsamen Tochter Mia im achten Monat schwanger war.

Wir haben auf dieser Couch gelebt und geliebt.

Der Arsch hätte mich in unserem Doppelbett betrügen sollen, das wäre weniger verletzend gewesen.

Ich werfe eine Decke auf das Sofa, weil mich der Abdruck seines Hinterns zu sehr an die Szene erinnert, deren Zeugin ich gerade wurde, und gehe hinüber in die Küche. Wie fast immer, wenn ich nicht weiß, was ich mit mir anstellen soll, öffne ich die Tür vom Kühlschrank, in dem seine Himbeerjoghurts neben meinen Erdbeerjoghurts stehen, gleich über seiner Lieblingssalami und meinem Lieblingsschinken. Mein Blick fällt auf eine angebrochene Flasche meines geliebten naturtrüben Bio-Apfelsafts und auf eine Großpackung Pfirsicheistee – und diesmal schaudert es mich noch viel mehr, dass er diese künstlich schmeckende Plörre ernsthaft runterkriegt. Dann streift mein Blick die Auflaufform mit den Resten von gestern Abend. Kartoffelgratin, das wir heute noch einmal aufwärmen wollten.

Und erst in diesem Moment begreife ich tatsächlich, was passiert ist.

Meine Augen füllen sich mit Tränen, doch ich kämpfe mit aller Macht dagegen an. Vielleicht kommt auch das noch aus meiner Kindheit. Ich hatte immer Angst, dass meine Pflegeeltern mich wieder wegschicken würden, wenn sie herausfänden, wie klein und verletzlich und unzulänglich ich war – keine Ahnung, woher diese Angst stammte, aber sie war vom ersten Tag an in mir. Seither habe ich mir angewöhnt, möglichst wenig Schwäche und Unsicherheit zu zeigen – vor allem dann, wenn es mir nicht besonders gut geht. Inzwischen gelingt es mir sogar meistens, meine Gefühle vor mir selbst zu verstecken. Also unterdrücke ich mein Weinen jetzt wieder und lasse mich stattdessen auf einen Stuhl am leer geräumten Küchentisch sinken. Minutenlang starre ich einfach nur so vor mich hin, fahre wie betäubt mit der Fingerkuppe die Linien der Holzmaserung nach und versuche, langsam, Stück für Stück die Ereignisse der letzten Minuten in irgend so etwas wie eine Ordnung zu bringen. Das, was dabei herauskommt, ist ganz einfach: Der Mann, mit dem ich in meinen Träumen schon verlobt war, hat mich betrogen, mit einer Frau, von der ich glaubte, dass sie meine Freundin sei.

Aber sind die einfachen Dinge im Leben nicht immer zugleich die unbegreiflichen? Ein Neugeborenes? Die Liebe? Der Tod?

Martin hat mich betrogen.

Martin. Der fürsorglichste, häuslichste, anschmiegsamste Mann, der mir je begegnet ist.

Martin, von dem ich dachte, dass er niemals auch nur ein Schokoladeneis hinter meinem Rücken essen würde.

Wie konnte das geschehen?

Ich gehe im Kopf die letzten Tage durch, versuche, irgendeinen Hinweis darauf zu finden, dass das, was passiert ist, sich angekündigt haben könnte. Gab es irgendwelche Zweideutigkeiten? Heimliche Blicke, die ich nicht bemerkt habe? Aber so sehr ich meine Erinnerung auch bemühe: Ich habe Martin und Katha immer nur freundlich-professionell miteinander umgehen sehen. Einander zugewandt, einander wohlgesonnen, so, wie sich Freund und Lieblingskollegin eben behandeln.

Martin hat mich betrogen. Auf unserem gemeinsamen Kuschel-Ecksofa. In unserer gemeinsamen Wohnung. Es wird nicht begreifbarer durch mein Gegrübel.

Die Holzmaserung des alten Esstischs, der von Martins Urgroßmutter stammt, ist unendlich vertraut, und doch tröstet sie mich nicht. Ich fühle mich so klein, so getrennt von allem, wie das kleine Astloch auf dem Tisch, an dem alle anderen Linien in einem großen Bogen vorbeigehen.

Ich bin allein ohne Martin. Das begreife ich plötzlich.

Und dann begreife ich noch etwas. Etwas eher Praktisches, das mir in meiner Lage jedoch den Rest gibt: Die Wohnung, aus der ich Martin soeben rausgeworfen habe, war gar nicht unsere gemeinsame Wohnung. Er hat lange vor mir darin gelebt. Sie gehört seinen Eltern. Wenn einer von uns beiden die Koffer packen muss, dann ich.

Diese Erkenntnis lässt mein Herz schneller klopfen, und ich muss mich schwer zusammenreißen, um nicht in Panik zu verfallen. Ich atme tief ein und langsam aus und erhebe mich vom Tisch. Schritt für Schritt schleppe ich mich hinüber ins Schlafzimmer und nehme die Hemden wieder aus dem Koffer. Stattdessen greife ich mir eine Handvoll Höschen aus der Kommode, werfe sie hinein und betrachte sie. In dem grauen Futteral sehen sie aus, als würden sie frieren. Deshalb werfe ich zwei oder drei BHs hinterher, ein paar T-Shirts und Unterhemdchen. Und dann kann ich schon wieder nicht mehr.

Ich stolpere zurück ins Wohnzimmer. Was soll ich jetzt tun? Eigentlich müsste ich Annika anrufen. Sie ist immer noch meine beste Freundin, und die wirklich wichtigen Momente haben wir immer geteilt, auch wenn ich in letzter Zeit manchmal enttäuscht war, wie sehr sich ihr eigenes Leben nur noch um ihre kleine Familie dreht. Aber dann sehe ich die Uhrzeit auf der Anzeige des DVD-Players und weiß, dass sie gerade Mia aus der Kita abholt und danach noch mindestens eine Stunde einkaufen ist, um Johannes, der seine Affäre natürlich schnell wieder beendet hat und reumütig heimgekehrt ist, ein fürstliches Abendessen zu kochen.

Einen Augenblick lang sehe ich die drei vor mir: glücklich lachend, zufrieden vereint, im warmen Schein der Designer-Hängelampe über dem Küchentisch.

Ich weiß, natürlich könnte ich Annika trotzdem anrufen. Garantiert käme sie auf der Stelle vorbei, um mich abzuholen. Aber dann? Was dann? Frisch betrogen mit einem nach einer großen Krise wieder zueinandergefundenen Pärchen samt Baby beim Abendessen zusammensitzen? Und wo sollte ich die Nacht verbringen? Auf einer Gästematratze neben Mias Kinderbettchen im Schein dieser kitschigen kleinen Lampe, die einen leuchtend bunten Sternenhimmel an die Zimmerdecke projiziert?

Wenn ich nur daran denke, muss ich wieder die Tränen runterschlucken, so einsam fühle ich mich.

Plötzlich wird mir klar, dass Martin mich nicht nur um meine Liebe gebracht hat, sondern um mein ganzes Leben. Martin und ich arbeiten zusammen. Katha und ich arbeiten zusammen. Im Reisebüro von Martins Eltern. Was mache ich, wenn ich morgen früh zur Arbeit komme und Martins Mama begegne? Soll ich tapfer so tun, als sei gar nichts passiert? Soll ich gegen meine Natur in Tränen ausbrechen und ihr alles erzählen?

Ich könnte mich auch gleich mit Benzin übergießen.

Und jetzt fange ich doch an zu weinen. Eigentlich will ich es nicht, aber die Tränen bahnen sich einfach ihren Weg. Sie strömen nur so aus mir heraus, als sei ich von Kopf bis Fuß mit Wasser gefüllt und an den Augen undicht.

Meine Liebe ist zu Ende.

Mein Leben ist zu Ende.

Ich bin 33 Jahre alt und habe alles verloren: meinen Mann, meinen Job, meine Freundin, meine Würde, und auf meinem Konto ist ebenfalls nicht mehr viel.

Und jetzt klingelt es auch noch an der Tür.

Starr vor Schreck rühre ich mich nicht von der Stelle. Es muss Martin sein, der da steht. Ich wüsste nicht, wer es sonst sein sollte. Wahrscheinlich hat er begriffen, dass die falsche Person die Wohnung verlassen hat, und will nun mich hinauswerfen. Es ist sein gutes Recht, und doch ist er der Letzte, den ich jetzt sehen will.

Und wenn er da ist, weil er um Vergebung flehen will? Um mir zu sagen, dass er alles bereut, dass er zurück zu mir will?

Bei der Vorstellung macht mein Herz einen winzigen Hüpfer, gleichzeitig spüre ich mehr als deutlich, dass ich nicht dazu imstande wäre, ihm zu vergeben.

Ich könnte viel vergeben.

Das hier nicht.

Es klingelt noch einmal und mit dem Schrillen der Türglücke bebt mein ganzer Körper.

Ich weiß, dass ich ihm nicht vergeben kann – und doch schreit alles in mir danach, die letzten Stunden ungeschehen zu machen, und doch sehne ich mich nach nichts anderem, als die Zeit zurückzudrehen und wieder die glückliche, leichtherzige Frau zu werden, die ich gerade eben noch gewesen bin.

Mit wackeligen Knien stehe ich auf und gehe zur Gegensprechanlage. Ich lege meinen Finger auf den Knopf mit dem Schlüsselsymbol, kann ihn aber nicht drücken. Denn in diesem Augenblick fällt mir etwas Seltsames auf. Martin würde überhaupt nicht klingeln. Es ist seine Wohnung. Er hat einen Schlüssel.

Doch wer ist es dann?

Mit zittriger Hand nehme ich den Hörer ab und presse ihn an mein Ohr. Ein helles Rauschen dringt durch die Muschel, und ein Vogel zwitschert.

»Hallo?«, sage ich leise.

»Miss Rosemeyer?«, sagt eine Männerstimme.

»Ja?«, erwidere ich verwundert.

Die Stimme redet in breitem amerikanischem Englisch weiter. »Miss Rosemeyer, I’ve got news for you. Ich habe Neuigkeiten für Sie. Darf ich raufkommen?«

2

IM NÄCHSTEN AUGENBLICK fühle ich mich, als hätte man mich pfeilgerade in einen David-Lynch-Film versetzt – oder aber in eine Vorabendkomödie mit Didi Hallervorden, da bin ich mir gerade nicht so sicher. Vor mir steht ein angestrengt keuchender, ziemlich kleiner und viel zu dicker Mann, der einen grellbunt karierten Anzug und eine ebenso grellbunt karierte Fliege trägt. In der linken Hand hält er einen Aktenkoffer, in der rechten eine Baseballkappe, mit der er sich verzweifelt Luft zufächelt. Komplett von dem komischen Vogel aus meiner Trauer gerissen, versuche ich, meinen Blick nicht allzu entgeistert wirken zu lassen.

»Hi«, sage ich, beinahe stolz darauf, so schnell auf Englisch umgeschaltet zu haben.

»Hi«, stöhnt er, stellt den Koffer ab und tupft sich mit einem rosa geblümten Stofftaschentuch den Schweiß von der Dreiviertelglatze. »Sorry. Ihr Deutschen habt es nicht so mit Liften, oder?«

»Well …«, murmele ich höflich und denke mir meinen Teil. Ich meine, wir wohnen im dritten Stock! Neubau, zwosechzig Deckenhöhe. Außerdem würde ich gerne wissen, was dieser Typ von mir will, statt mit ihm über deutsch-amerikanische Unterschiede in der Geschichte der Haustechnik zu plaudern. Immerhin liest er meinen skeptischen Blick offenbar richtig, denn plötzlich erinnert er sich, dass er die Mühe des Aufstiegs nicht für ein kleines Treppenhauspläuschchen auf sich genommen hat.

»Oh, I am so sorry. Ich habe mich noch gar nicht vorgestellt, richtig? Mein Name ist Samuel Cunningham, ich bin Erbenermittler aus Manhattan, New York. Ich bin so erfreut, sie kennenzulernen.«

»Rosemeyer«, sage ich etwas spröder als beabsichtigt und reiche ihm die Hand. Ein Erbenermittler? Aus Manhattan, New York? Ich habe keine Ahnung, wovon der Typ redet. Ich bin mir sicher, ich gucke drein wie ein Auto – oder, in diesem Fall, wie der alte Abschleppwagen Hook aus Cars, dem ein pinkfarbener Cadillac mit Fell-Lenkrad und funkelnd verchromten Felgen gegenübersteht.

»Ich bin so eine Art Privatdetektiv«, erklärt er schnell. »Nein, keine Sorge, das klingt schlimmer, als es ist. Es ist eigentlich ein ganz toller Job: Wenn irgendwo im Staat New York jemand verstirbt, dabei einen nennenswerten Besitz hinterlässt und kein direkter Nachfahre ermittelbar ist, dann werde ich aktiv. Ich finde heraus, ob es nicht doch irgendwo auf der Welt einen entfernten Verwandten gibt. Meistens findet sich jemand – oft jemand, der den Verstorbenen gar nicht kannte, deshalb auch nicht traurig über irgendeinen Verlust sein muss, sondern sich von ganzem Herzen freuen kann, dass er gerade ein klein wenig reicher geworden ist.«

»Schön«, sage ich und weiß immer noch nicht, was das mit mir zu tun haben soll. Ich meine, ein Erbenermittler? Meine Eltern sind lange tot, bei meinen Großeltern ist es noch viel länger her, und das ist es dann auch schon an näherer Verwandtschaft gewesen. Das weiß ich relativ sicher, weil das Jugendamt nach dem Tod meines Vaters verzweifelt jemanden gesucht hat, der mich aufnehmen könnte, leider erfolglos. Aber vielleicht ist dieser Cunningham ja auch gar nicht meinetwegen da? Bei Martin sieht die Sache nämlich völlig anders aus: Dessen Eltern haben jeweils fünf Geschwister, die wiederum alle geheiratet haben, wodurch sich ein undurchdringliches Netz aus Tanten, Onkels, Großtanten und Urgroßonkels ergibt, dazu kommen Cousins und Cousinen unterschiedlichsten Grades, außerdem Paten und Patinnen. Nicht unwahrscheinlich, dass es da irgendeine reiche Tante in den Vereinigten Staaten gab, die aufgrund der unübersichtlichen Familienverhältnisse in Vergessenheit geraten ist. »Sie wollen bestimmt meinen Freund sprechen? Er ist leider nicht hier. Am besten, Sie kommen später wieder, denn ich weiß nicht, ob ich ihn heute noch …«

»Nein, nein«, unterbricht er mich. »Es geht nicht um Ihren Freund. Es geht um Sie.«

Er deutet mit dem Zeigefinger auf mich.

»Ach«, sage ich überrascht.

Kann man noch dümmer gucken als ein Auto? Klar kann man. Ich tue es, jetzt gerade, in diesem Moment.

Und offenbar ist das ein ziemlich lustiger Anblick, denn als Mr. Cunningham mich anschaut, grinst er breit und entblößt dabei eine Reihe schneeweißer Zähne, die so perfekt nebeneinander stehen wie eine Reihe Designerkloschüsseln, die gerade frisch vom Fließband läuft.

»Aaah«, strahlt er. »I love it! Das ist der Augenblick, den ich an meinem Job liebe.«

Meiner Kehle entrinnt irgendein hechelndes Geräusch, mit dem ich versuche, Zustimmung zu signalisieren.

»Aber sagen Sie, Linn …« Er senkt die Stimme. »Wollen wir das wirklich alles hier draußen im Flur bereden? Gerade, wenn es um Geld geht, wachsen den Nachbartüren Ohren, wenn Sie verstehen, was ich meine.«

Geld? Ohren? Ich kann immer noch bloß blöd gucken.

»Darf ich eintreten? Wissen Sie, es geht tatsächlich um eine nicht ganz kleine Summe.«

Ich schüttele den Kopf, sage dann aber: »Verzeihung. Natürlich.«

Wenig später sitzt Samuel Cunningham exakt auf dem Platz, auf dem vor wenigen Minuten die schrecklichste Szene meines Lebens stattgefunden hat, und freut sich ausgiebig über den Pfirsicheistee, den ich ihm großzügig serviere.

»Vielen, vielen Dank«, sagt er, leert das Glas in einem Zug und hält es mir wieder hin. »Das ist exakt das, was ich jetzt gebraucht habe.«

»Great«, sage ich höflich und verschwinde in der Küche, um nachzuschenken. Währenddessen werde ich doch langsam neugierig. Was will der Kerl nur von mir? Was für eine Erbschaft soll das sein, von der er da spricht? Ich dachte, ich hätte gar keine Verwandten? Oder doch? In Amerika? Ob das Jugendamt dort gesucht hat? Dass man in anderen Ländern Europas geforscht hat, glaube ich zu erinnern – aber in den USA? Bestimmt nicht.

Zurück im Wohnzimmer stelle ich ihm das gefüllte Glas wieder hin, aber diesmal beachtet er es nicht weiter, sondern fängt an, in seinem Aktenkoffer herumzukramen. Ich setze mich neben ihn und sehe ihn gespannt an. Eine Erbschaft. Und ich habe keine Ahnung, wer gestorben sein könnte.

»Also, Miss Rosemeyer … Ich habe ja vorhin schon angedeutet, dass ich wegen einer Erbschaft da bin.«

»Richtig«, sage ich.

»Nun, zunächst muss ich Ihnen mitteilen, dass ich natürlich nicht aus purer Nächstenliebe nach Germany gekommen bin. Das Prozedere bei so einer Nachlassermittlung ist Folgendes: Ehe ich Ihnen sagen kann, worum es geht, muss ich Sie bitten, mir einen kleinen Prozentsatz dieses Nachlasses als Provision zuzusichern – um meine laufenden Kosten zu decken.«

»Aha«, mache ich, und mein Misstrauen kehrt schlagartig zurück. Eine Provision will er also, da haben wir’s. Damit erklärt sich dann wohl auch das Designerbadezimmer zwischen seinen Lippen.

»Es ist das ganz übliche Vorgehen, wie es tagtäglich Hunderte Male auf der Welt passiert«, versichert er mir freundlich. »Mit der Provision sind wirklich alle meine Ausgaben, Spesen und Reisekosten abgedeckt, auch der Rechercheaufwand in Kirchenbüchern und Geburtenregistern. Sobald sie beglichen ist, sehen Sie mich nie wieder. Um mich abzusichern, muss ich Sie nur bitten, eine kleine Vereinbarung zu unterschreiben. Nicht dass ich Ihnen nicht vertraue, aber ich bin schon ein paar Jahre in der Branche tätig, und Sie glauben nicht, was es da draußen für Menschen gibt.«

Er schüttelt erschüttert den Kopf.

»Wollen Sie mir nicht erst mal sagen, um wen es geht?«, frage ich vorsichtig.

»Damit Sie losmarschieren, das Erbe selbst einfordern und ich umsonst nach Deutschland gekommen bin?«

Entrüstet schiebt er ein beidseitig bedrucktes Blatt Papier über den Couchtisch, das mit Contract überschrieben und in ungefähr ein Dutzend Paragrafen unterteilt ist. Zum Glück habe ich als Teenie meine Tage und Nächte mit MTV und den Nachrichtensendern BBC und CNN verbracht, deshalb macht es mir keine sonderliche Mühe, den englischen Text zu überfliegen. Im Prinzip sagt er auf etwas umständliche Art und Weise, dass ich mich, sollte ich eine von Mr. Samuel Cunningham vermittelte Erbschaft annehmen, dazu verpflichte, ihn an der Nettoerbsumme zu beteiligen. Ich lese den Text noch einmal gründlicher, um den Haken zu finden, aber ich entdecke nichts. In dem Dokument wird mehrmals darauf hingewiesen, dass die Provision wirklich nur und erst dann fällig ist, wenn das Erbe rechtmäßig auf mich übergegangen ist. Kein Erbe, keine Knete. Eigentlich eine ziemlich klare Sache.

»Das ist wirklich ein Standardvertrag, wie ihn alle meine Mandanten unterschreiben«, versichert er mir noch einmal und reicht mir einen Kuli herüber – keinen diamantbesetzten oder neonpink blinkenden Elton-John-Gedächtnisfüller, wie ich es beinahe erwartet hätte, sondern einen Kuli aus simplem schwarzen Plastik, der mit einem Werbeaufdruck für ein Steakrestaurant in Manhattan, New York City, versehen ist.

Einen Augenblick zögere ich. Normalerweise würde ich mich jetzt mit Martin und vielleicht sogar noch mit seinen Eltern beraten, ehe ich so einen Wisch unterzeichne, denn die Sache kommt mir immer noch nicht ganz koscher vor. Aber andererseits: Martin ist nicht da, im Gegenteil, er ist nicht nur nicht da, sondern ich muss auch noch weg von hier. Was, wenn es tatsächlich eine Erbschaft gibt? Eine Erbschaft in den USA? In New York?

Ich hätte einen Grund, den Koffer drüben im Schlafzimmer erhobenen Hauptes zu packen, anstatt das Gefühl zu haben, mich auf der Flucht zu befinden. Ich hätte einen Grund, morgen nicht bei der Arbeit zu erscheinen. Ich meine, was gibt es Dringenderes als einen Todesfall in der Familie? Und ich hätte einen Grund, die Stadt zu verlassen, bis ich mich einigermaßen wieder sortiert habe und weiß, was ich mit meinem weiteren Leben anstellen will – oder zumindest mit den nächsten Wochen, was immerhin ein Anfang wäre. Denn ohne Mr. Cunningham hätte ich nicht die geringste Ahnung, wohin mit mir.

Außerdem war ich schon mal in New York. Die allerersten Pflegeeltern, die ich hatte, haben mich dorthin mitgenommen. Ich war neu bei ihnen und hatte mir fest vorgenommen, mich die ganze Reise über charmant und artig zu betragen, um ihnen wirklich, wirklich nicht zur Last zu fallen. Das gelang mir auch die längste Zeit, und ich habe eine wunderbare Erinnerung an den Moment, wie wir mit der Fähre zur Freiheitsstatue fuhren und die beiden irgendeine fremde Frau baten, uns drei mit der Skyline im Rücken zu fotografieren. Ich weiß noch, dass ich den beiden sagte, dass New York meine Lieblingsstadt sei, und dass sie mir hinterher eine riesige Portion Eis kauften, mit Streuseln, Sahne und Schokosoße. Dass die beiden sich kurz darauf trennten und ich monatelang überzeugt war, ich sei der Grund dafür, daran erinnere ich mich nicht so gern. Aber an New York … Immer wieder hatte ich mir vorgenommen, dorthin zurückzukehren, aber es hat sich einfach nie ergeben. Als Studentin hatte ich kein Geld, als ich noch Single war, wollte ich nicht, und als Martin dann in mein Leben trat, haben wir doch lieber andere Reisen unternommen. Wir mochten das Meer, den Strand, die Küste, und liebten es, die abgelegensten Buchten zu finden. Nur nach Berlin sind wir mal zusammen geflogen, aber das Brandenburger Tor ist dann doch nicht ganz dasselbe wie das Empire State Building. Dennoch … das da vor mir ist ein Vertrag. Was, wenn sich hinter einer der vielen Klauseln irgendeine Gemeinheit versteckt und ich sie bloß nicht sehe?

Ich starre wieder auf den Stift vor meiner Nase. 111 East 22nd Street lautet die Adresse des Steakhouse. Allein der Anblick dieser Anschrift lässt mein Herz höher schlagen. Was ist so großstädtisch, so amerikanisch, ja, so unglaublich undeutsch wie das Gitternetz aus durchnummerierten Straßen, das auf jedem Stadtplan und auf jedem Luftbild Manhattan überzieht? Eine Erbschaft! In dieser Stadt! Der Gedanke macht mich richtig aufgeregt. Und trotzdem … Trotzdem ergreife ich den Kuli immer noch nicht, sondern betrachte die Paragrafen, von denen jeder Einzelne auch tatsächlich gilt. Soll ich das Ding nicht wenigstens Annikas Mann zeigen, damit er mal einen Blick darauf wirft? Johannes hat sechs Semester Jura studiert und ist damit eindeutig der kompetenteste Mensch, den ich kenne – ich vertraue seinem Urteil, ganz egal, ob es um Arbeitsverträge, unerfreulich hohe Handwerkerrechnungen oder die Begleichung von Knöllchen geht.

In dem Augenblick höre ich, wie unten auf der Straße ein Wagen hält, der ganz genau wie der von Martin klingt – ich würde das Motorengeräusch eines Golfs unter Hunderten erkennen. Plötzlich fängt mein Puls wie wild an zu pochen. Mich überkommt die blanke Panik, dass Martin gleich vor der Tür stehen könnte, um mit mir zu reden, um zu mir zurückzukehren, um zu verlangen, dass ich seine Wohnung verlasse, um zu … um zu was-weiß-ich. Hektisch greife ich nach Mr. Cunninghams Kuli, setze meine Unterschrift auf die gepunktete Linie und schiebe den Vertrag zurück über den Tisch.

»Good girl«, lächelt Mr. Cunningham und entreißt mir den Kuli. Er verstaut das Papier in seinem Aktenkoffer, reicht mir eine von ihm unterzeichnete Kopie und zieht dann eine dünne Mappe hervor, die er sich vorsichtig auf die Knie legt. Ich lausche noch einmal nach draußen, doch da ist nichts mehr zu hören, und im Treppenhaus auch nicht.

Trotzdem bin ich nun ungeduldig. »Jetzt erzählen Sie schon«, dränge ich.

Und dann erklärt Samuel Cunningham endlich, worum es geht.

3

ICH GLAUBE, ICH habe noch nie so viele Häuser auf einmal gesehen. Ich meine, wenn man durch die Reihenhaussiedlungen von München-Trudering fährt, kann man schon manchmal das Gefühl haben, dass die Vorgartenkaskaden überhaupt kein Ende mehr nehmen. Aber das, was ich da unten auf dem Erdboden sehe – Herrschaften, das nenne ich mal riesig! Das Dächermeer, das wir mit immer geringer werdender Höhe überfliegen, erstreckt sich bis zum Horizont. Und dabei ist das noch gar nicht die City selbst, sondern (so kombiniere ich zumindest) Long Island – New Yorks endlose Vorort-Wüstenei. Erst ganz dort vorn, noch ewig weit entfernt, kann ich das in einen Schleier aus Dunst gehüllte Manhattan erspähen. Winzig klein sieht das Hochhausgebirge von hier aus, ungefähr wie ein Haufen winziger grauer Bauklötze, den jemand auf der Straße vergessen hat.

Und irgendwo dort unten soll also das Haus stehen? Mein Haus? Mein zukünftiges Haus?

Absolut irre.

Okay, viel weiß ich noch nicht darüber, außer dass es eine Menge Geld wert sein soll – viel Geld, wie Mr. Cunningham mit wackelnden Augenbrauen sagte. Es gehörte einer mir bis dato unbekannten Tante zweiten Grades. Dorothy Webber. Die Frau ist vor ein paar Wochen im Alter von 75 Jahren gestorben, einfach so, im Schlaf und ohne sonderlich gelitten zu haben. Sie soll eine Enkelin meiner Urgroßeltern mütterlicherseits gewesen sein, war also eine Cousine meiner Mutter, wenn ich das richtig verstanden habe – Genaueres konnte Mr. Cunningham mir auch nicht wirklich sagen. Irgendwann mit Anfang zwanzig, also vor über einem halben Jahrhundert, ist sie wohl aus Oberbayern in die Vereinigten Staaten gezogen, was immerhin erklären würde, warum meine Mutter nie von dieser Cousine erzählt hat. Zumindest glaube ich, dass sie noch nie von ihr erzählt hat, denn bei dem Namen Dorothy Webber klingelt bei mir nichts – und auch ihr eigentlicher Name, Dorothea Weber, weckt keinerlei Erinnerung in mir. Andererseits muss das nicht unbedingt etwas heißen. Wenn ich an meine Mutter denke, denke ich nicht gerade an irgendwelche Geschichten von irgendwelchen Cousinen, die es irgendwann einmal gegeben hat. Wenn ich an sie denke, dann denke ich an ihr Lächeln, an ihre lieben braunen Augen, an die Wärme ihrer Hand, wenn sie mir zur Nacht noch einmal über die Wange gestreichelt hat.

Na, wie auch immer. Auf alle Fälle kannte ich diese Tante zweiten Grades nicht, und irgendwie kommt mir die Verwandtschaft auch so entfernt vor, dass ich immer noch nicht ganz realisiere, dass es sich hier wirklich um ein Familienmitglied handeln soll. Kann sein, dass das herz- und pietätlos klingt, aber meine Trauer über ihren Tod hat sich einigermaßen in Grenzen gehalten. Ich war nur einen Augenblick lang betroffen, von dieser Frau überhaupt nichts gewusst zu haben – aber auch diese Betroffenheit ist gestern ziemlich schnell der Aufregung gewichen, als Mr. Cunningham mir eröffnete, dass ich rechtmäßige Erbin einer Immobilie in New York sei.

»Wie, ich habe ein Haus geerbt?«, fragte ich mit aufgerissenen Augen. Ich war völlig perplex und wartete eigentlich bloß darauf, dass Kurt Felix gleich aus dem Schrank springen würde, um mir zu zeigen, wo die versteckte Kamera angebracht war.

»Sie haben ein Haus geerbt, ja.«

Mr. Cunningham strahlte mich zufrieden an, und so langsam begriff ich, dass ich mich nicht in einer deutschen Spaßvogelsendung befand und er mich vermutlich wirklich nicht verarschte, sondern die Wahrheit sagte. Ich erbte ein Haus in New York! War das ein Wahnsinn! Mein Puls ratterte plötzlich so rasend schnell wie eine Nähmaschine. Und das nicht nur, weil ich mir plötzliche Hoffnungen auf ein Leben in Luxus machte, sondern weil ich begriff, welche Chance sich da vor mir auftat.

»Ein großes Haus?«, fragte ich atemlos nach.

»Sagen wir, quite big. Ziemlich groß«, schmunzelte er. »Es hat 16 Zimmer.«

»16 Zimmer?! Das heißt, dass ich darin übernachten könnte?«

»Äh«, machte er überrascht. »Bestimmt, klar. Es war früher sogar einmal ein Guesthouse, ob Sie es glauben oder nicht, aber soweit ich weiß, haben dort schon lange keine Gäste mehr …«

»Pssst«, unterbrach ich ihn, denn in dieser Sekunde hörte ich unten auf der Straße schon wieder ein Auto.

»Was ist denn los?«, fragte Cunningham irritiert.

»Mein Freund«, flüsterte ich.

»Oh!« Er zog die Augenbrauen hoch, dann beugte er sich zu mir hinüber und tätschelte meine Hand. »Linn, ich kann wirklich gerne warten, bis er bei uns ist, falls Sie die Neuigkeiten mit ihm teilen möchten.«

»Um Himmels willen!« Ich wich erschrocken zurück.

»Oh, sie wollen ihm nicht …?« Nun sah er erschrocken aus.

»Nein, will ich nicht«, sagte ich und befand, dass ich Mr. Cunningham keine Erklärung schuldig war. Außerdem fuhr der Wagen draußen in diesem Moment wieder weiter.

»Tja, dann …«, sagte er irritiert und sah zurück in seine Unterlagen. Er brauchte offenbar einen Augenblick, um sich zu sortieren. Ich hingegen hatte es plötzlich ziemlich eilig. Ein paar Tage in New York waren in meiner Situation die Lösung!

»Wie ist das? Kann ich das Haus besichtigen?«, drängelte ich.

Mr. Cunningham zögerte.

»Sicher«, sagte er dann mit heiterer Stimme. »Wobei das eigentlich gar nicht nötig ist.«

»Warum nicht?«

»Weil Sie völlig unnötige Ausgaben tätigen würden. Ich kann das Haus doch für Sie verkaufen – möglichst gewinnbringend natürlich.«

»Sie?« Offenbar sah ich so enttäuscht aus, dass Mr. Cunningham sich beeilte weiterzureden.

»Sehen Sie, der Zufall wollte es so, dass ich bei meinen Recherchen jemanden getroffen habe, der großes Interesse an dem Objekt hätte, und der, was noch viel besser ist, bereit ist, einen wirklich fairen Preis dafür zu bezahlen. Der Vorteil an der Sache wäre, dass Sie sich eine Menge Mühe sparen würden – Sie müssten ihre Geschäfte hier in München dazu nicht einmal ruhen lassen. Es wäre allenfalls hilfreich, wenn Sie in ein paar Wochen einmal in die Staaten kommen könnten, um ein paar Unterschriften beim Katasteramt zu leisten und vielleicht auch den Käufer kennenzulernen, um den Kaufvertrag zu schließen. Aber im Prinzip würde es reichen, wenn Sie dafür einen Tag Urlaub nähmen. Sie könnten Freitag kommen und schon am Samstag oder Sonntag wieder zurück, und ein paar Tage später hätten Sie einen Berg Dollars auf Ihrem Konto.«

Er lächelte freundlich, offenbar fest davon überzeugt, dass ich mich freuen würde, wenn sich meine Reisepläne auf ein Mindestmaß reduzierten und der Berg Dollars ohne Umweg direkt in meinem Geldspeicher landen würde.

»Sie müssten nicht einmal Ihrem Freund davon erzählen«, schob er hastig hinterher, denn in diesem Moment horchte ich schon wieder nervös auf.

Diesmal war es Martins Golf, der da die Straße hinabkam – ich war mir absolut sicher. So sicher, dass ich schon beinahe sein Rasierwasser riechen konnte. Panik stieg in mir auf, und mir wurde klar, dass ich schon viel zu lange mit Mr. Cunningham auf diesem Sofa saß.

In ein paar Wochen sollte ich kommen? Genauso gut hätte er sagen können: bei Erreichen Ihres Renteneintrittsalters.

»Ich würde es trotzdem gern besichtigen«, sagte ich hastig.

»Ganz wie Sie wünschen«, erwiderte Mr. Cunningham immer noch leicht verwirrt. »Es befindet sich gleich in Southampton, vom JFK-Flughafen ist das wirklich ein Katzensprung.«

»Schön«, antwortete ich und hörte, wie das Auto draußen auf der Straße nun tatsächlich anhielt. Eine Fahrertür schlug zu, ziemlich entschlossen – oder sogar wütend. Ich erhob mich von meinem Platz. »Dann fahren wir.«

»Nach New York? Jetzt?«, fragte er ungläubig.

»Genau«, sagte ich und gab mir alle Mühe, meine Nervosität zu überspielen.

»Well, mein Rückflug geht morgen in aller Frühe«, sagte er irritiert. »Ich habe ein Hotelzimmer am Flughafen und …«

»Großartig«, sagte ich.

»Oh, also …« Er rang um Fassung, ja, er wirkte irgendwie auch ein bisschen verärgert – ganz so, als hätte ihm jemand kurz vor Feierabend noch einen ganzen Schwung Überstunden aufs Auge gedrückt. Er hatte sich den Verlauf dieses Besuchs wohl anders vorgestellt, aber darauf konnte ich jetzt einfach keine Rücksicht nehmen. »Ich glaube nicht, dass Sie auf die Schnelle noch einen Platz im Flieger bekommen. Ich meine, manchmal hat man ja Glück, aber … Und selbst wenn … das Ticket wäre unbezahlbar, schätze ich.«

»Bin gleich wieder da«, rief ich statt einer Antwort, denn ich war längst unterwegs ins Badezimmer, wo ich eilig ein paar Sachen in meinen Kosmetikbeutel schmiss. Dann lief ich weiter ins Schlafzimmer und warf ein paar Klamotten in den bereits aufgeklappten Koffer mit der Unterwäsche. Ich dachte nicht lange über die New-York-Tauglichkeit der Sachen nach, geschweige denn darüber, was ich überhaupt an Kleidung brauchen würde. Das, was ich gerade gern anziehe, liegt bei mir ohnehin immer ganz oben auf dem Stapel, darum trug ich einfach die oberste Schicht ab und schloss dann den Koffer. Aus dem Treppenhaus hörte ich bereits Schritte. Ich schnappte mir meinen Reisepass und den Universal-Adapter aus der Kommode im Flur, nahm meine Handtasche und sah eilig nach, ob meine Kreditkarte und alle Papiere darin waren. Waren sie.

»Wir können«, sagte ich zu Mr. Cunningham, der gerade dabei war, umständlich seinen Aktenkoffer zu schließen.

»Sie wollen wirklich mit mir fliegen?«, fragte er, immer noch verdutzt und auch ein bisschen befremdet – von seinem Gebiss zeigte er mir zumindest nicht mehr besonders viel.

»Versuchen wir’s einfach«, sagte ich leichtfertig, griff mir eine Sommerjacke von der Garderobe – und entdeckte plötzlich Martin in der offenen Wohnungstür. In meiner Hektik konnte ich nicht erkennen, ob er reumütig, wütend, traurig oder von Schuldgefühlen zerfressen war, und ich gab mir auch keine Mühe, seine Miene zu lesen. Ich nahm nur wahr, wie sich Überraschung in seinem Gesicht breitmachte, als ich einfach so an ihm vorbeistürmte, ohne ihn anzusehen, ohne mich zu erklären. Mr. Cunningham folgte mir, offenbar von Skrupeln geplagt, denn auf halber Strecke hielt er inne, nahm Martins Hand, schüttelte sie und überschüttete ihn mit einem englischen Wortschwall, in dem er ihm erklärte, wie delighted er sei, ihn kennenzulernen, und wie schade er es fände, dass er leider, leider so eilig wieder aufbrechen müsse …

»Mr. Cunningham«, unterbrach ich ihn und versah ihn mit einem scharfen Blick, der dazu führte, dass er Martins Hand wieder losließ und mir hastig folgte.

Am Ticketschalter bekam ich tatsächlich noch einen Fensterplatz in Mr. Cunninghams Maschine, Rückflug in einer Woche. Zugegeben: Zum Frühbucherrabatt gab’s das Ticket nicht gerade, und das Zimmer im Hilton Munich Airport war auch nicht eben billig. Ich darf gar nicht erst daran denken, wie viel ich gespart hätte, wäre ich bei der Buchung über das Reisebüro gegangen. Aber erstens wusste ich nicht, ob der Server dort überhaupt schon wieder funktionierte und zweitens hatte ich nicht die Nerven dort anzurufen, meinen Fall zu schildern und eine meiner Kolleginnen um Hilfe zu bitten. Stattdessen schickte ich eine E-Mail an die Teamsekretärin, in der ich mitteilte, dass ich wegen eines Trauerfalls in der Familie in die USA fliegen müsse und erst in einer Woche wieder zurück wäre.

Ein erstaunliches Gefühl war das: Ich sagte die Wahrheit und wusste gleichzeitig, dass ich eine Lüge erzählte.

Aber gut, hier sitze ich nun, an Bord einer American-Airlines-Maschine im Landeanflug auf New York. Mr. Cunningham sitzt vorn in der Business Class, angeblich, weil die Sitze in der Economy nicht plus-size-friendly sind – wobei ich ja glaube, dass er einfach bereits die Provision verballert, die ich ihm bald schuldig bin.

Na ja, ist mir auch recht. Ich mag es eh nicht besonders gern, mich im Flugzeug unterhalten zu müssen, und inzwischen wäre ich obendrein auch viel zu müde dafür. Ich habe im Hotel und während des Fluges kaum ein Auge zumachen können – gar nicht so sehr wegen der Erbschaft, sondern dann doch wegen Martin. Klar, zwischendrin war es mir immer mal wieder gelungen, die Sache mit ihm zu vergessen: beim Einchecken ins Hotel, beim Frühstück, bei der Sicherheitskontrolle beim Warten aufs Boarding – all diese Details und Bruchstücke, in die so eine Reise zerfällt, hatten mich gnädig davon abgelenkt, wie es in Wirklichkeit in mir aussah. Doch das Kabinenlicht gedimmt, da kamen die Geschehnisse des Tages zurück. Ich fühlte mich so verraten! So betrogen! So im Stich gelassen! Vor lauter Unruhe und Verletztheit wusste ich kaum mehr, wie ich liegen oder sitzen sollte. Und als es mir dann nach einer halben Ewigkeit und immer schmerzhafter werdender Nackensteife endlich, endlich gelang, für einen Sekundenbruchteil wegzunicken, war die Nacht vorbei, ging das Licht auch schon wieder an. Doch ich war innerlich so gerädert, dass ich das beinahe mit Dankbarkeit wahrnahm: Das Leben ging weiter, ein neuer Tag fing an und auch für mich würde etwas Neues beginnen – ob ich wollte oder nicht, das fragt ja keiner. Ich bekam meine Mahlzeiten wie jeder andere Fluggast auch serviert, ohne Mitgefühl oder Rücksicht auf meinen Seelenzustand. Es lag fast etwas Tröstendes darin, eingesperrt mit Hunderten anderen Menschen meinen lauwarmen Kaffee zu nippen und halb gefrorene Pappsemmeln mit steinharter Butter zu bestreichen. Es war tröstend, weil es einfach der Alltag war, der keine Ausnahme für Liebeskummer macht.

Manhattan, das vorhin noch wie ein pixeliger Maulwurfshügel in der Ferne lag, rückt nun immer näher, wächst langsam an zu einem zerklüfteten Gebirge mit all den berühmten Gipfeln: dem riesigen One World Trade Center, den sich übereinander türmenden Bögen des Chrysler-Buildings, der Nadel des Bank of America Towers, dem stolzen Empire State Building. Je weiter es in die Höhe wächst, desto nervöser macht mich die Mischung aus leichter Vorfreude, Übernächtigung und bitterem Kaffee im Magen.

Ob Martin inzwischen weiß, dass ich mich aus dem Staub gemacht habe? Dass seine ehemalige zukünftige Verlobte Großstadtluft schnuppert, statt mit Trauer im Herzen ins Kinderzimmer der besten Freundin zu ziehen?

Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, dass sich der Gedanke an ihn immer noch so anfühlt, als würde mir das Herz mit Stacheldraht zusammengeschnürt wie ein Paket. Aber die Tatsache, dass wir gleich gelandet sein werden, die Anschnallzeichen erlöschen, und dann wieder genug zu tun sein wird, das mich ablenkt, tröstet mich ein wenig: Gleich werde ich mein Handgepäck zusammensammeln, eine Gangway hocheilen, Mr. Cunningham treffen, mit ihm in Richtung Passkontrolle gehen. Ich werde keine Zeit mehr haben, mich wie heute Nacht in meiner Trauer zu baden. Ich werde nicht mehr ununterbrochen daran denken, dass sich dort, wo eben noch mein Herz war, nun ein Krater befindet. Ich werde einen Plan haben, und das ist immer gut. Fast immer.

Einen Augenblick fühlt es sich an, als käme der Schmerz nun doch zu mir zurück, und ich blicke hektisch aus dem Fenster, unter dem immer noch das Häusermeer vorüberzieht. Bis jetzt habe ich es mir verboten, mir zu viele Gedanken um die Erbschaft irgendwo da unten zu machen. Aber nun nehme ich mir fest vor, mich wenigstens für ein paar Minuten nicht mehr von dem gefangen nehmen zu lassen, was gestern passiert ist, sondern mich auf das zu konzentrieren, was vor mir liegt. Ich versuche, mir auszumalen, was mich in den nächsten Tagen erwarten wird. Und obwohl ich einen Augenblick lang nur tanzende Punkte sehe, als ich die Augen schließe und meiner Fantasie freien Lauf lasse, taucht nach einer Weile doch ein Haus vor mir auf.

Es ist ein Wohnhaus, eines mit einer hübsch verzierten Art-déco-Fassade, mit einem Baldachin und einem roten Teppich, der über den Gehsteig bis zur Straße ausgerollt ist. Ich habe keine Ahnung, ob diese Vorstellung richtig ist. Nachdem Mr. Cunningham eingesehen hat, dass ich das Haus erst sehen will, ehe ich darüber entscheide, ob und wie ich es verkaufe, hat er sich geweigert, mir mehr darüber zu erzählen. Ich solle mich einfach überraschen lassen, ich würde staunen, hat er lachend gesagt: You’ll be astonished! Ich kenne mich in New York ja nicht aus und weiß also nicht, wo sich das Haus befindet. Klar, kann sein, dass ich am Ende vor einer Müllkippe in der Bronx stehe. Aber Mr. Cunninghams Gesicht sah nicht wirklich danach aus, als würde der Clou am Ende der Geschichte ein Rudel Ratten zwischen Müllbergen im Wohnzimmer sein. Außerdem: Wenn es einmal ein Guesthouse war, wird es schon nicht allzu heruntergekommen sein, oder?

Ich lasse die Augen geschlossen und erkenne nach und nach Details: die Haustür mit dem blank polierten Messingknauf, die hell erleuchtete Lobby, von der aus ein alter, vergitterter Aufzug in die oberen Stockwerke führt. Auch wenn sich Mr. Cunningham noch nicht festlegen wollte – vielleicht kann ich wirklich in dem Haus übernachten und muss nicht ins Hotel. Ich wäre so froh, wenn das klappen würde! Hotelzimmer können die einsamsten Orte der Welt sein, und dort käme der Martin-Kummer sicher auf der Stelle zurück. In meinem eigenen Haus wäre das sicherlich anders. Ich wäre dort nicht bloß Hotelgast, sondern hätte vielleicht fast so etwas wie ein eigenes Leben. So stelle ich es mir zumindest vor: Irgendwo um die Ecke ist garantiert ein netter Deli, einer mit einem abgewetzten Tresen, in dem man mittags Pastrami-Sandwichs isst, und eine nette Bäckerei, eine jüdische vielleicht, in der alles noch genauso wie vor achtzig Jahren aussieht und in der es echte Bagels gibt. Ich könnte mit der Fähre zur Freiheitsstatue fahren und mir ein Eis kaufen, eines mit Streuseln, Sahne und Soße. Ich könnte auf das Dach des Empire State Building fahren und mich dort davon überzeugen, wie klein die Welt mit ihren Problemen ist. Ich könnte meinem Kummer viel besser entfliehen. Dass ich kaum mehr Geld auf dem Konto habe, stört mich nicht. Ich brauche auf Reisen keinen großen Luxus. Und New York ist so riesig, dass sich schon ein Plätzchen für mich finden wird. In dem Häusermeer unter uns kann ich inzwischen Hunderte Details erkennen: Satellitenantennen und Carport-Dächer, gestapelte Winterreifen und Regentonnen. Und je näher die Stadt rückt, in die ich schon so lange wieder einmal wollte, desto mehr steigt meine Zuversicht, dass diese spontane Reise genau die richtige Idee gewesen ist. Egal, was die nächsten Tage bringen werden – ich bin sicher, dass sie mich von meinem Kummer ablenken werden.

4

ODER MÖGLICHERWEISE AUCH nicht.

Ich meine, es ist ja nicht so, dass ich mir auf meinen Orientierungssinn sonderlich viel einbilde – ich hab mich schon als Kind regelmäßig in dem Wald hinter meinem Elternhaus verirrt, finde bei Ikea nie den kurzen Weg zur SB-Halle und habe während der Paris-Abifahrt beinahe geheult, weil ich im Louvre meine Klasse verloren habe und auf der Suche nach dem Ausgang immer wieder bei der Malerei des 19. Jahrhunderts gelandet bin. Aber so komplett ohne Gespür für meine Umgebung bin ich dann auch wieder nicht. Zumindest reicht es, um zu riechen, dass hier irgendetwas nicht stimmt.

Jetzt sitze ich schon seit einer guten halben Stunde in Mr. Cunninghams knallgelbem Chevrolet, mit dem wir uns aus der Parkgarage des JFK-Airports auf den Weg gemacht haben. Aber je länger wir fahren, desto weniger habe ich den Eindruck, dass wir uns Manhattan nähern. Im Gegenteil. Nicht dass ich mir anmaßen würde, das amerikanische Straßennetz auf Anhieb zu begreifen. Aber abgesehen davon, dass JFK nie und nimmer so weit von der City entfernt sein kann, dass man nach einer halben Stunde Fahrzeit nicht das kleinste Zipfelchen Wolkenkratzer sieht – inzwischen habe ich bestimmt schon zwölf Schilder gesehen, die eindeutig besagten, dass es nach Manhattan, Brooklyn und in die Bronx in die andere Richtung geht.

Da! Da vorn an der Ausfahrt der Tankstelle, da ist schon wieder eins, das in die entgegengesetzte Richtung deutet. Und wir? Düsen direkt dran vorbei, immer dem Horizont entgegen. Normalerweise bin ich eine gute Beifahrerin. Eine von den seltenen Exemplaren, die das, was der Fahrer so zusammenfährt, weder kritisieren noch kommentieren – ich zweifle keine vermeintlichen Abkürzungen an, bremse nicht heimlich mit und verziehe niemals schmerzvoll das Gesicht, egal wie riskant ein Abbiegemanöver ist. Aber so langsam ist meine Laune endgültig im Keller. Ich bin so müde, dass es bereits in den Fußsohlen kribbelt. Außerdem hat die unendlich dauernde Einreiseprozedur, bei der man wie ein Schwerverbrecher seine Fingerabdrücke abgeben, über seine Reisepläne Protokoll abliefern und am Ende noch seine Iris scannen lassen muss, mein Nervenkostüm merklich strapaziert. Ich würde gern duschen, mich eine halbe Stunde aufs Ohr legen und mir dann, wenn ich ein bisschen frischer bin, dieses Haus ansehen. Und keine seltsamen Rundfahrten durch seltsame Vororte machen.

Es fällt mir schwer, meine Stimme flockig-fröhlich klingen zu lassen und nicht schlecht gelaunt und panisch, als ich mich endlich traue, Mr. Cunningham zu fragen, wohin wir eigentlich fahren.

Mr. Cunningham sieht mich von der Seite an. »Zum Haus, wie besprochen.«

»Okay«, antworte ich so langsam, als würden seine Worte im Schneckentempo durch meine Hirnwindungen kriechen. »Ich dachte irgendwie, dass das Haus in New York wäre.«

»Ist es auch«, sagt Mr. Cunningham und hat offensichtlich keine Ahnung, wo eigentlich mein Problem liegt. »Hab ich doch gesagt, es befindet sich in Southampton. Southampton, New York.«

»Ah«, mache ich.

Mr. Cunningham seufzt. »New York State natürlich«, fügt er hinzu.

So langsam fällt der Groschen. Wenn Amerikaner die Stadt New York meinen, sagen sie New York City. Alles andere ist der Staat New York. So ähnlich wie bei Berlin und Brandenburg. Eigentlich ganz einfach.

Southampton, New York State.

Southampton, Brandenburg.

Mein Traum von einem schicken Wohnhaus am Central Park schmilzt dahin wie ein Capri-Eis in der Faust eines Grundschülers. Die schönen Art-déco-Elemente zerfallen zu Staub, der rote Teppich wird von Schmutz verschüttet, die Stuckfassade Opfer jener Abrissbirne namens Realität. Auf Wiedersehen, schönes Metropolenleben! Ade, Magnolia Bakery!

Was aus Schutt und Asche stattdessen auftaucht: ein Wohnhaus in der Provinz. Vor meinem inneren Auge entsteht ein staubgrauer Nachkriegsbau mit zwei Etagen, leere Bierkästen stapeln sich auf den Balkonen, der Putz bröckelt, in den Fenstern gilben Spitzengardinen langsam vor sich hin. Und das prachtvollste ist die Satellitenschüssel auf dem Dach, knallbunt, mit Hertha-BSC-Print. Statt eines Baldachins sehe ich einen heruntergekommenen Unterstand für die Mülltonnen und statt eines vergitterten Lifts eine Eiche-rustikal-furnierte Fünfzigerjahre-Garderobe in einem viel zu engen Flur. Hatte Mr. Cunningham nicht gesagt, dass das Haus früher mal eine Pension gewesen ist? Wahrscheinlich eine für osteuropäische Fernfahrer, deren LKW liegen geblieben ist.

Wenn es das ist, was Mr. Cunningham meinte, als er mir sagte, dass ich staunen würde, dann: ha, ha. Sehr witzig. Mit einem Schlag bereue ich es, so kopf- und planlos in die USA geflogen zu sein. Musste es wirklich gleich eine Fernreise sein, nur um dem Konflikt mit Martin zu entgehen? Hätte ich nicht doch einfach Annika anrufen können? Mag sein, dass ich dann tatsächlich mit Mia im Kinderzimmer hätte schlafen müssen, aber immerhin hätte ich geschlafen, statt mich von einer Amerikanerin mit Flugangst wach halten zu lassen. Ich hätte goldbraune Pfannkuchen zum Frühstück gekriegt statt geschmackloser Bordverpflegung. Und ich hätte meine letzten 1800 Euro, die ich für das Ticket hingeblättert habe, noch übrig.

»Von New York State hatten Sie gar nichts gesagt«, murmele ich kleinlaut.

»Of course I told you!«, ruft Mr. Cunningham empört. »Ich habe Ihnen gesagt, dass es in Southampton ist! Come on, Linn!«

Erschrocken zucke ich zusammen. Dass er mich so heftig anfährt, damit hatte ich nicht gerechnet. Offensichtlich kann der dicke Mann auch ganz anders sein als immer nur heiter-jovial. Aber jetzt, wo er’s sagt, kommt es mir dunkel wieder. Stimmt, da war was.

»Außerdem weiß ich überhaupt nicht, was Sie haben«, schiebt er verärgert hinterher. »Ich meine, hallo? Wir sind auf Long Island, Baby!«

Ich schweige, halb beleidigt, halb weil er wohl recht hat. Aber andererseits: So richtig deutlich war sein Hinweis nicht, oder? Ich meine, kann man davon ausgehen, dass ein Mädchen aus der bayerischen Provinz automatisch weiß, dass Southampton nicht der neueste In-Kiez von Brooklyn ist, sondern auf dem Land liegt?

Eben, kann man nicht.

Außerdem: Long Island. Ist das nicht dieser schreckliche, nicht enden wollende Vorort, den ich vom Flugzeug aus gesehen habe? Und Mr. Cunningham tut so, als seien wir auf den Bahamas unterwegs!

Dickköpfig blicke ich aus dem Fenster. Mr. Cunningham sagt ebenfalls kein Wort. Er hält und fährt wieder an, bremst und beschleunigt, blinkt und lenkt und hupt, ganz so, als ob ich überhaupt nicht neben ihm säße. Mit der Zeit wird der Verkehr weniger dicht, und nun, da ich nicht mehr damit beschäftigt bin, meine Umgebung nach immer neuen Beweisen abzusuchen, dass wir in die falsche Richtung unterwegs sind, gelingt es mir, auch mal die Landschaft anzusehen.

Und, tja … irgendwie muss ich meinen Eindruck aus dem Flugzeug vielleicht doch noch mal revidieren. Klar, die Reihenhäuser gab es, aber inzwischen haben wir sie hinter uns gelassen. Und so langsam kommen wir in eine Gegend, in der es offensichtlich ganz hübsche Ecken gibt. Nach einer Weile wird es beinahe ländlich, Felder und Wiesen säumen die Straßen und auch die Häuser werden größer. Hin und wieder passieren wir riesige Grundstücke, auf denen ebenso riesige Villen stehen.

»Ist das hier immer noch Long Island?«, frage ich nach einer Weile, weil ich gar nicht glauben kann, wie schön die Landschaft nun langsam wird.

»Klar«, antwortet Mr. Cunningham. »Oder, na ja, was heißt Long Island. Das hier sind jetzt bereits die Hamptons.«

Er betont den Namen so, als müssten bei mir automatisch alle Glocken läuten, aber ganz ehrlich: Irgendwie hab ich den Namen zwar schon mal gehört, aber so hundertprozentig einordnen kann ich das Wort Hamptons im Moment nicht.

Also, eigentlich gar nicht.

»Ah«, bringe ich nicht sonderlich intelligent hervor.

»Sagt Ihnen das nichts? Die Hamptons?«, fragt er fassungslos.

»Doch, natürlich«, lüge ich. Und schiebe dann doch hinterher: »Also, so ungefähr, meine ich.«

Mr. Cunningham stöhnt auf, verdreht theatralisch die Augen und grinst gequält. »Ah, verstehe. Jetzt kommen wir der Sache näher.«

Dann erzählt er. Und wenig später ist nicht nur er der Sache nähergekommen, sondern ich auch.

Ich hatte schon irgend so etwas im Kopf gehabt, dass die Hamptons eine Gegend am Meer sind, in der die New Yorker gern ihren Sommerurlaub verbringen. Ich wusste aber nicht, welche New Yorker. Und erst recht nicht, was für Urlaube sie hier machen.