Für eine Nacht - Carly Phillips - E-Book

Für eine Nacht E-Book

Carly Phillips

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Beschreibung

Liebe fürs Leben – oder nur Für eine Nacht?

Nachdem Roman und Rick unter der Haube sind, ist nun Chase als letzter der drei Chandler-Brüder an der Reihe, endlich die Frau seiner Träume zu finden. Dies stellt sich als äußerst schwierig heraus, denn seine Auserwählte ist nach der ersten gemeinsamen Nacht spurlos verschwunden. Chase kennt nicht einmal ihren richtigen Namen.

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Seitenzahl: 515

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Die Originalausgabe THE HEARTBRAKER erschien 2003 bei Warner Books, Inc.
Copyright © 2003 by Karen Drogin Copyright © 2004 der deutschen Ausgabe by Wilhelm Heyne Verlag, München, in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH, Neumarkter Str. 28, 81673 München.Coverfoto: © mauritius-images / imagebrokerCovergestaltung: Nele Schütz Design, München Satz: hanseatenSatz-bremen, Bremen
ISBN 978-3-641-08996-2V002
www.heyne.dewww.penguinrandomhouse.de

Das Buch

Nachdem seine beiden Brüder die Frau fürs Leben gefunden haben, ist nun Chase, der älteste der Chandler-Brüder, an der Reihe. Doch der Journalist ist immer unterwegs auf der Suche nach einer guten Story und hat für Frauen keine Zeit. Als ihn eine Reportage über den Vize-Präsidentschaftskandidaten Michael Carlisle nach Washington führt, lernt er dort eine faszinierende, geheimnisvolle Frau kennen. Sie verbringen eine traumhafte Nacht miteinander. Obwohl beide spüren, dass sie mehr verbindet als ein One-Night-Stand, gehen sie getrennte Wege. Chase kennt nicht einmal ihren Namen. Dann sieht Chase seine Traumfrau wieder – auf einem Foto. Die Schöne ist die Tochter des Präsidentschaftskandidaten. Sloane ist einer politischen Intrige auf der Spur und schwebt in großer Gefahr. Für Chase wird die Suche nach dem großen Glück zu einem gefährlichen Unterfangen: Eine gemeinsame Zukunft wird es nur geben, wenn die Liebenden die Drahtzieher überführen und größeres Unheil vermeiden können.

Die Autorin

Carly Phillips hat sich mit ihren romantischen und leidenschaftlichen Geschichten in die Herzen ihrer Leserinnen geschrieben. Sie veröffentlichte bereits über zwanzig Romane und ist inzwischen eine der bekanntesten amerikanischen Schriftstellerinnen. Mit zahlreichen Preisnominierungen ist sie nicht mehr wegzudenken aus den Bestsellerlisten. Ihre Karriere als Anwältin gab sie auf, um sich ganz dem Schreiben zu widmen. Sie lebt mit ihrem Mann und den beiden Töchtern im Staat New York.

Im Heyne Verlag liegen vor: Küss mich, Kleiner!

Die Chandler-Trilogie: Der letzte Kuss – Der Tag der Träume  – Für eine Nacht

Die Hot-Zone-Serie: Mach mich nicht an! – Her mit den Jungs! – Komm schon! – Geht’s noch?

Inhaltsverzeichnis

Das BuchDie AutorinErstes KapitelZweites KapitelDrittes KapitelViertes KapitelFünftes KapitelSechstes KapitelSiebtes KapitelAchtes KapitelNeuntes KapitelZehntes KapitelElftes KapitelZwölftes KapitelDreizehntes KapitelVierzehntes KapitelFünfzehntes KapitelSechzehntes KapitelSiebzehntes KapitelAchtzehntes KapitelEpilogDanksagungCopyright

Erstes Kapitel

Chase Chandler trat in die Ankunftshalle des Dulles International Airport hinaus und atmete tief durch. Die Luft fern seiner Heimatstadt Yorkshire Falls, New York, roch nach Freiheit. Endlich.

»Hey, großer Bruder!« Sein jüngster Bruder Roman umarmte ihn ungestüm. »Willkommen in Washington. Hattest du einen guten Flug?«

»Kann man so sagen. Kurz, ruhig und pünktlich.« Chase warf sich seinen Seesack über die Schulter. »Wie geht’s deiner Frau?«

Ein breites Lächeln trat auf Romans Gesicht. »Ausgezeichnet. Sie wird mit jedem Tag runder. Mein Kind wächst und gedeiht«, fügte er hinzu, als hätte er sie nicht alle schon hundertmal auf Charlottes Schwangerschaft hingewiesen. »In einem Monat ist es so weit.« Er rieb sich vor Vorfreude strahlend die Hände.

»Vor noch gar nicht allzu langer Zeit waren eine Ehefrau und Kinder das Letzte, was du wolltest. Wir mussten eine Münze werfen, um auszulosen, wer von uns Mom das heiß ersehnte Enkelkind beschert. Und schau dich jetzt an. Du hast dich in einen glücklichen Gatten und werdenden Vater verwandelt, und beides scheint dir gut zu bekommen.« Chase nickte bedächtig. Es gefiel ihm, wie sehr sich sein kleiner Bruder zu seinem Vorteil verändert hatte. Roman hatte seinen Platz im Leben gefunden, was Chase das befriedigende Gefühl verlieh, seine Pflicht gegenüber seiner Familie erfüllt zu haben.

Roman zuckte die Achseln. »Was soll ich sagen? Ich bin eben ein anderer Mensch geworden.«

»Du bist erwachsen geworden, meinst du?«, bemerkte Chase augenzwinkernd, und sein Bruder grinste.

Beide Männer wussten, wie lange Roman mit sich gerungen hatte, bis er zu dem Schluss gekommen war, dass er sein ungebundenes Leben als Auslandskorrespondent nicht aufgab, wenn er Charlotte heiratete, sondern es gegen ein wesentlich erfüllteres Leben eintauschte. Jetzt arbeitete er als Reporter für die Washington Post.

»Du hast ja keine Ahnung, was dir alles entgeht«, ging Roman zum Gegenangriff über. »Eine Frau, zu der du abends nach Hause kommst, ein weicher, warmer Körper im Bett und das Bewusstsein, dass es da jemanden gibt, der dich bedingungslos liebt.«

Sowohl Roman als auch sein Bruder Rick, der ebenfalls vor kurzem geheiratet hatte, versuchten seit einiger Zeit ständig, ihn von den Vorteilen der Ehe zu überzeugen. Aber damit stießen sie bei Chase auf taube Ohren. »Ich kann sehr gut ohne all das leben, vielen Dank. Und wenn ich mich einmal einsam fühlen sollte, schaffe ich mir einen Hund an.«

Seine Träume kreisten nicht um eine Ehefrau und eine Familie. Er hatte schon seine liebe Not damit gehabt, seine beiden Brüder großzuziehen, auf eigene kleine Plagegeister legte er wenig Wert. Seit seinem achtzehnten Lebensjahr, als sein Vater plötzlich gestorben war, hatte er die Rolle des Familienoberhaupts übernehmen müssen. Er hatte die Yorkshire Falls Gazette weitergeführt und seiner Mutter bei der Erziehung seiner Geschwister geholfen – zwei Dinge, die er nie bereut hatte. Chase zählte nicht zu den Menschen, die mit ihrem Schicksal haderten. Und jetzt, mit siebenunddreißig, konnte er endlich sein eigenes Leben leben und seine lang gehegten Träume verwirklichen. Diese Reise nach Washington war der erste Schritt dazu.

Er machte einen Bogen um ein vor ihnen schlenderndes Paar. Dann musterte er Roman, auf dessen Gesicht noch immer ein breites Grinsen lag. »Ich schätze, ich sollte jetzt Mom anrufen und ihr erzählen, dass du vor Vaterstolz fast platzt.«

»Spar dir die Mühe.« Roman winkte ab. »Wenn wir nicht in Yorkshire Falls sind, ruft sie jeden Tag an, um sich nach Charlottes Zustand zu erkundigen.«

Chase nickte. Das war seine Mutter Raina, wie sie leibte und lebte – ständig mischte sie sich in alles ein und war auch noch stolz darauf. »Ich freue mich jedenfalls für dich.« Er klopfte seinem Bruder auf die Schulter.

»Und ich bin froh, dass du einmal die Verantwortung für die Zeitung jemand anderem überlassen und deine eigenen Wünsche vorangestellt hast.«

Chases Antwort bestand in einem undefinierbaren Grunzen. Sein Bruder hatte Recht. Seit er die Gazette übernommen hatte, hatte er die Leitung nicht einen Tag lang aus der Hand gegeben.

»Das Auto steht im Parkhaus.« Roman deutete in die entsprechende Richtung. Chase folgte ihm, wobei er beinahe über ein kleines Kind gestolpert wäre, das die Ankunftshalle zu seinem Spielplatz auserkoren hatte.

»Danke, dass du mich abgeholt hast«, sagte er zu seinem Bruder, gleichzeitig bemerkte er, dass der kleine Ausreißer inzwischen von seiner Mutter eingefangen worden war. Roman und Rick waren elf und fünfzehn gewesen, als ihr Vater gestorben war – alt genug, um schon eigene Wege zu gehen –, sodass es Chase erspart geblieben war, sich während ihrer Kleinkindphase mit ihnen abplagen zu müssen. Dem Himmel sei Dank. Ihre Teenagerzeit war schon anstrengend genug gewesen.

»Ist mit Mom alles in Ordnung?«, fragte Roman.

»Wie meinst du das?«

»Ich meine ... äh ... hat sich ihr Gesundheitszustand gebessert?«

»Gibt es einen Grund für dieses Herumgedruckse?«

Roman beschleunigte seine Schritte, erwiderte jedoch nichts. Chase sah ihm an, dass er fieberhaft nach einer unverfänglichen Antwort suchte. Vor einigen Monaten hatte Chase seine Mutter wegen Schmerzen in der Brust in die Notaufnahme gebracht. Später hatte sie ihren Söhnen mitgeteilt, der Arzt habe eine schwere Herzschwäche diagnostiziert. Diese hatten daraufhin mit dem behandelnden Arzt gesprochen, der sich jedoch auf seine Schweigepflicht berief, also hatten sie sich auf Rainas Angaben verlassen müssen. Ihre drei Söhne hatten daraufhin regelmäßig nach ihr gesehen und sich vergewissert, dass sie sich schonte. Und da sie all ihre Aktivitäten stark eingeschränkt hatte, hatte Chase keinen Grund gesehen, an ihren Worten zu zweifeln, bis ihm Widersprüche im Verhalten seiner Mutter aufgefallen waren. Zu rosige Wangen für jemanden, der ein schwaches Herz hatte. Die ständige Einnahme von Säureblockern. Ein kürzlich ausgestelltes Rezept für Medikamente zur Behandlung von Refluxgastritis, die böse Folgen haben konnte, wenn nichts dagegen unternommen wurde. Zudem hatte er sie mehrfach dabei ertappt, wie sie die Treppen im Laufschritt nahm, wenn sie sich unbeobachtet glaubte.

Sein Journalisteninstinkt war geweckt, und er begann ein gezieltes Täuschungsmanöver zu wittern. Außerdem vermutete er, dass seine Brüder, die sich in letzter Zeit nicht mehr so sehr um die Gesundheit ihrer Mutter zu sorgen schienen, in diesem Punkt mehr wussten als er.

»Rick und ich müssen dringend mit dir reden«, meinte Roman schließlich.

»Über Moms angebliche Herzschwäche?«

Roman blieb so abrupt stehen, dass eine Frau fast gegen ihn geprallt wäre und ein älterer Mann ihm leise fluchend auswich. »Du weißt Bescheid?«

Chase nickte. »Inzwischen ja.«

»Verdammt.« Roman sah ihn an. »Wir wollten es dir ja sagen, aber ...«

Chase fuhr sich mit der Hand durchs Haar und atmete tief durch. Es störte ihn wenig, dass sie mitten in der Flughafenhalle und somit allen anderen Passagieren im Weg standen. Er brannte schon lange darauf, Roman zur Rede zu stellen, und war heilfroh, endlich Gelegenheit dazu zu haben. »Gibt es einen triftigen Grund, dass ihr mich nicht eingeweiht habt?«

»Ich habe die Wahrheit herausgefunden, kurz bevor Charlotte und ich beschlossen haben zu heiraten. Rick hat sich all das erst vor einiger Zeit zusammengereimt. Wenn er Zeit gehabt hätte, nach Washington zu kommen, hätten wir dir dieses Wochenende alles erzählt.« Er hob die Hände. »Ich weiß wirklich nicht, was ich jetzt sagen soll.«

»Du schuldest mir keine Erklärung. Mom dafür umso mehr.«

Roman hob die Brauen. »Weißt du eigentlich, warum sie uns in dem Glauben gelassen hat, sie wäre ernstlich krank?«

»Nun gut, Erklärung ist wohl das falsche Wort. Ich weiß, dass sie diese Scharade aufgeführt hat, weil sie unbedingt Enkelkinder will. Sie wollte, dass wir ein schlechtes Gewissen haben und ihr diesen Wunsch erfüllen, das ist mir schon klar. Aber sie schuldet uns verdammt noch mal eine Entschuldigung.«

»Falls es dich tröstet – dieses Theater hat ihr gesellschaftliches Leben gewaltig eingeschränkt. Sie konnte mit Eric nicht mehr tanzen gehen, konnte ihn nicht mehr so oft treffen ... sie musste auf fast alles verzichten, was ihr Spaß macht.«

»Das ist ein schwacher Trost.« Chase rollte die Schultern, um die verkrampften Muskeln zu lockern. »Was hältst du davon, wenn wir unsere Familienprobleme für dieses Wochenende vergessen und uns einfach nur amüsieren?«

»Hört sich gut an. Ich bringe dich in dein Hotel, anschließend essen wir mit Charlotte zu Abend. Morgen kannst du dann anfangen, die politische Luft von Washington zu schnuppern. Und jetzt lass uns sehen, dass wir hier wegkommen.«

»Dann nichts wie los.«

Roman ging auf die Fahrstühle zum Parkhaus zu, und Chase folgte ihm. »Es überrascht mich nicht, dass Senator Carlisle sich um das Amt des Vizepräsidenten bewirbt.« Er bezog sich auf die Story, derentwegen er in die Stadt gekommen war.

Roman nickte. »Mich auch nicht. Der Mann verkörpert das Idealbild eines Politikers, obwohl er schon zum zweiten Mal verheiratet ist.«

Zum Glück für Chase war Jacqueline Carlisle, die verstorbene erste Frau des Senators, in Yorkshire Falls geboren und aufgewachsen, und diese Verbindung zu seiner Heimatstadt hatte Chase veranlasst, nach Washington zu kommen. »Da der jetzige Vizepräsident zu alt ist und sich außerdem nicht zur Wiederwahl stellen will, braucht unser Präsident einen neuen Kandidaten. Jemanden mit Charisma und einem untadeligen Ruf.«

»US-Senator Michael Carlisle aus New York«, ergänzte Roman.

»Genau. Ich habe Nachforschungen über ihn angestellt. Nach Jacquelines Tod heiratete Carlisle deren beste Freundin, mit der sie sich am College ein Zimmer geteilt hat. Madeline Carlisle zog Sloane, die erste Tochter des Senators, groß und bekam später mit ihm Zwillinge, Eden und Dawne.« Politische Perfektion, wie Roman bereits angedeutet hatte.

»Hast du schon einmal ein Foto von der ältesten Tochter des Senators gesehen?«

Chase schüttelte den Kopf. »Nur einen Schnappschuss von den Zwillingen und eine unscharfe Aufnahme, auf der sie im Hintergrund kaum zu erkennen ist. Warum?«

Roman lachte. »Ich denke, sie wird dir gefallen. Zum Fahrstuhl geht’s hier lang.« Er deutete nach links.

»Aus beruflicher Sicht gefällt mir alles an den Carlisles.« Der dynamische, gut aussehende Senator war auf dem besten Weg, sein Ziel zu erreichen, weil er anscheinend keine Leichen im Keller hatte und auch nie in einen Skandal verwickelt gewesen war. Und Chase beabsichtigte, seine Verbindungen zu nutzen, um endlich einen großen Wurf zu landen.

Roman grinste ihn spöttisch an. »Ich hatte eigentlich nicht an deine Arbeit gedacht, als ich dich nach Carlisles Tochter fragte, hast du das nicht bemerkt?« Er verdrehte die Augen. »Natürlich nicht. Du bist ja mit Leib und Seele Journalist, außer deinem Beruf existiert nichts für dich.« Dann wurde er ernst. »Weißt du, ich habe viel von dir gelernt.«

Angesichts des Stolzes, der in seiner Stimme mitschwang, kam sich Chase wie ein Betrüger vor. Roman hatte in seinem Leben bereits viel mehr erreicht als er selbst.

»Und du hast Recht«, fuhr Roman fort, der Chases inneren Zwiespalt nicht bemerkte. »Diese Story bietet dir die ideale Gelegenheit, dich aus der Zweitklassigkeit der Kleinstadtberichterstattung zu befreien. Wenn du die Sache richtig angehst, kommst du vielleicht bei einem der ganz großen Blätter unter.«

Bei den Worten seines Bruders begann das Adrenalin so heiß durch Chases Adern zu strömen wie schon seit Jahren nicht mehr – seit er bei der Beerdigung seines Vaters auch all seine eigenen Träume begraben hatte. Aber Geduld und Familiensinn machten sich nun bezahlt. Chases große Stunde hatte endlich geschlagen.

Die Fahrstuhltür glitt auf, und sie traten in die Kabine. »Und zufällig kann ich dir dabei hilfreich unter die Arme greifen. Ich kann dir die Gelegenheit verschaffen, all den anderen Spürhunden zuvorzukommen, die sich auf Carlisles Fährte geheftet haben. Möchtest du nicht wissen, was ich dir am Telefon verschwiegen habe?«, fragte Roman.

»Sicher.« Chase ließ seinen Seesack zu Boden fallen und sah seinen Bruder an. Ein Schauer erwartungsvoller Erregung lief ihm über den Rücken.

»Charlotte ist mit Madeline Carlisle befreundet. Sie war Stammkundin in ihrem Wäschegeschäft hier in Washington, und sie sind im Laufe der Zeit Freundinnen geworden. Gute Freundinnen sogar. Madeline empfängt selten Reporter, aber wir können dafür sorgen, dass sie dir ein Exklusivinterview gibt. Du kannst unter vier Augen mit der Frau des Senators sprechen.«

Romans Augen glühten vor Begeisterung, und Chases Erregung wuchs. Eine Story wie diese konnte das Sprungbrett in ein neues Leben bedeuten. »Roman?«

Sein Bruder blickte auf. »Ja?«

Chase war kein Mann vieler Worte; es fiel ihm schwer, seinen Gefühlen Ausdruck zu verleihen. Seine Brüder waren an seine schweigsame Art gewöhnt, und sie verstanden ihn besser als irgendjemand sonst. Er nickte Roman zu. »Danke.«

Roman zwinkerte ihm zu. »Ich würde gerne sagen, das war ich dir schuldig, aber ich habe Angst, dass du mir dann eine Abreibung verpasst, die sich gewaschen hat. Also sagen wir einfach, du bist verdammt gut in deinem Job, du verdienst eine Chance, und belassen es dabei.«

Chase nickte. »Okay.«

»Noch etwas«, meinte Roman, als sich die Fahrstuhltür wieder öffnete und sie in das Parkhaus hinaustraten. »In Washington werden nicht nur politische Intrigen geschmiedet, sondern die Stadt wimmelt auch von willigen Frauen.«

Chase runzelte die Stirn. »Ich dachte, du wärst glücklich verheiratet.«

»Bin ich auch. Aber du nicht, großer Bruder.«

Sloane Carlisle versuchte, ihr geliebtes pinkfarbenes Minikleid mit einem schlichten schwarzen Blazer zu kombinieren und zuckte zusammen, als sie sich im Spiegel betrachtete. Ein Betsey-Johnson-Modell sollte gesehen und bewundert, nicht versteckt werden. Mit einem bedauernden Seufzer verbannte sie das Outfit in den hintersten Winkel ihres Kleiderschranks. Sie konnte unmöglich ein Kleid mit einem so kurzen Rock und einem rückenfreien Oberteil in einem dermaßen auffallenden Farbton tragen. Nicht morgen, dem Tag, an dem ihr Vater offiziell bekannt geben würde, dass er sich entschlossen hatte, das Angebot des Präsidenten anzunehmen und bei der nächsten Wahl für das Amt des Vizepräsidenten zu kandidieren.

Resigniert nahm sie ein taubenblaues Chanelkostüm aus dem Schrank und legte es auf das Bett. Obwohl es nicht unbedingt ihrem Geschmack entsprach, war es ein angemessenes Kleidungsstück für Senator Carlisles älteste Tochter. Sloane kam sich zwar oft vor wie der Wechselbalg einer Politikerfamilie, die es genoss, im Rampenlicht zu stehen, aber sie verstand, wie wichtig es war, immer erst nachzudenken, bevor sie sich anzog, etwas sagte oder etwas tat, weil die Pressemeute stets auf eine Entgleisung hoffte. Und Sloane verhielt sich stets so, wie ihre Familie es von ihr erwartete.

Zwanzig Minuten später und eine halbe Stunde zu früh stand sie vor der Hotelsuite ihres Vaters. Ihre Eltern hatten vorübergehend ihr Haus im Staat New York verlassen und in einem Hotel in Washington D. C. ihr Quartier aufgeschlagen. Heute sollte ein letztes ungestörtes Familientreffen stattfinden, ehe der Medienrummel begann.

Sie wollte gerade klopfen, als sie drinnen verärgerte Stimmen hörte.

»Ich werde nicht tatenlos zusehen, wie zwanzig Jahre harter Arbeit mit einem Schlag zunichte gemacht werden!« Sloane erkannte die Stimme von Franklin Paine, dem Wahlkampfleiter, langjährigen Freund und der rechten Hand des Senators.

Frank neigte zu Hysterie, wenn es darum ging, eine drohende Krise abzuwenden, deswegen maß sie seinem Gebrüll keine besondere Bedeutung zu, sondern hob die Hand, um an die einen Spaltbreit offen stehende Tür zu klopfen. In diesem Moment ergriff Franks Assistent Robert Stone das Wort, und sie erstarrte.

»Du sagst, dieser Samson behauptet, Sloanes Vater zu sein?« Seine Stimme klang ungläubig.

»Er behauptet es leider nicht nur.«

Sloane sog zischend den Atem ein und ballte die Fäuste. Was Frank da sagte, konnte unmöglich der Wahrheit entsprechen. Jacqueline und Michael Carlisle waren ihre leiblichen Eltern. Sie hatte keinen Grund, daran zu zweifeln. Trotzdem krampfte sich ihr Magen zusammen, und Übelkeit stieg in ihr auf.

»Hat er Beweise dafür?«, fragte Robert so leise, dass Sloane sich anstrengen musste, um ihn zu verstehen.

»Die braucht er nicht«, erwiderte Frank etwas lauter. »Michael hat es bestätigt. Aber er weigert sich, in seinem eigenen Interesse etwas gegen diesen Samson zu unternehmen.« Eine kurze Pause folgte. »Verdammt, hast du den Verstand verloren, die Tür aufzulassen? Michael und Madeline können jeden Moment vom Einkaufen zurückkommen. Er darf auf keinen Fall erfahren, was wir vorhaben.«

»Als da wäre?«

»Sorg dafür, dass uns niemand stört, dann erkläre ich es dir. Dieser Samson stellt eine Gefahr für unseren Wahlkampf dar, und jede Gefahr muss eliminiert werden.«

Frank hatte zwar ein aufbrausendes Naturell, aber er sprach nie leere Drohungen aus. Sloane schluckte hart. Im selben Moment wurde ihr die Tür vor der Nase zugeschlagen, und sie stand vor der Suite ihres Vaters und, wenn Frank die Wahrheit gesagt hatte, vor den Trümmern ihres eigenen Lebens.

Als sich das Abendessen dem Ende zuneigte, hatte Chase vom offen zur Schau getragenen Eheglück seines Bruders und seiner Schwägerin restlos die Nase voll. Während Roman die erschöpfte Charlotte nach Hause brachte, beschloss Chase, das Nachtleben von Washington und die Singleszene zu erkunden. Nachdem er sich ein wenig umgesehen hatte, entdeckte er nicht weit von seinem Hotel entfernt die ideale Bar, um sich eine Weile zu entspannen.

Er bestellte ein Miller Genuine Draft und musterte seine Umgebung, die aus einem Billardtisch, einer kleinen Tanzfläche, ein paar Bierreklameschildern an den getäfelten Wänden und nicht viel mehr bestand – bis die Tür aufging und sie den Raum betrat, eine Vision in einem pinkfarbenen, so kurzen und offenherzigen Kleid, dass es eigentlich unter das Waffengesetz fallen müsste.

Chase lebte nicht wie ein Mönch, auch wenn sein Bruder das zu glauben schien. Er hatte nur während der Zeit, als er seine Brüder großgezogen hatte, sein Privatleben streng unter Verschluss gehalten und diese Gewohnheit nie wieder abgelegt. Seit einiger Zeit hatte er eine Beziehung mit Cindy Dixon, die in der Nachbarstadt Hampshire lebte. Sie waren Freunde, die aus einer Laune heraus angefangen hatten, miteinander zu schlafen. Das Arrangement befriedigte Chase körperlich, hatte aber darüber hinaus keinen Reiz mehr für ihn, und so wunderte es ihn nicht, dass diese verführerische Sirene sofort seine Aufmerksamkeit erregte.

Rotbraunes Haar floss ihr in dichten Wellen über die Schultern und löste in ihm den Wunsch aus, seine Finger in der schimmernden Flut zu vergraben. Chase umfasste seine Flasche fester und stöhnte leise. Nur ein Blick, und schon wollte er sie näher kennen lernen. Sehr viel näher.

»Eine heiße Nummer, was?« Der Barkeeper wischte mit einem Lappen über den Tresen. »Ich habe sie hier noch nie gesehen. An die würde ich mich mit Sicherheit erinnern.«

Auch Chase würde diese Frau so schnell nicht wieder vergessen. Die Mischung aus schwüler Verlockung in ihrer Erscheinung und der Verletzlichkeit, die in ihren Augen lag, als sie sich neben ihn setzte, übten eine unwiderstehliche Anziehungskraft auf ihn aus.

»Was darf’s denn sein?« Der Barkeeper lehnte sich über den Tresen – entschieden zu weit für Chases Geschmack.

»Hmm.« Sie schürzte die Lippen, während sie überlegte. »Einen Scotch – pur.«

Chase hob erstaunt eine Braue. Er hatte auf einen Cocktail oder einen Weißwein getippt.

»Sind Sie ganz sicher?«, vergewisserte sich der Barkeeper. »Ein so starker Drink haut ein Püppchen wie Sie schnell um.«

Sie straffte sichtlich beleidigt die Schultern. »Ich dachte immer, der Gast ist König«, erwiderte sie in einem hochmütigen Ton, der einer Aristokratin oder Politikerin alle Ehre gemacht hätte.

Chase grinste. Offenbar konnte er der Liste ihrer Vorzüge noch Schneid und Schlagfertigkeit hinzufügen.

»Sie müssen es wissen«, brummte der Barkeeper. »Aber sagen Sie nicht, ich hätte Sie nicht gewarnt, wenn ich nachher Ihre Autoschlüssel beschlagnahmen muss.«

»Dann trifft es sich ja gut, dass ich die Metro genommen habe«, erwiderte sie spitz.

»Einen Punkt für die Lady«, lachte Chase.

Der Barkeeper stellte ein mit einer bernsteinfarbenen Flüssigkeit gefülltes Glas vor sie hin. »Ich habe Sie gewarnt, denken Sie daran.« Er wandte sich neuen Gästen am Ende des Tresens zu.

Sie starrte das Glas eine Weile an, ehe sie es hob, daran schnupperte und dann die Nase rümpfte. »Riecht immer noch so scheußlich wie das letzte Mal, als ich das Zeug getrunken habe«, stellte sie an niemanden im Besonderen gerichtet fest.

Chase lachte. Schon wieder. Zweimal innerhalb weniger Minuten. Ein echter Rekord für ihn. Und ein beredtes Zeugnis des von Pflichten beherrschten Lebens, das er führte – und des Eindrucks, den sie auf ihn machte. Sie faszinierte ihn über alle Maßen. »Warum trinken Sie dann nicht was anderes?«, erkundigte er sich.

»Weil ich heute Abend ein Betäubungsmittel brauche.« Sie zuckte die Achseln, ohne von ihrem Glas aufzublicken.

Chase fühlte sich nicht gekränkt. Er sah ihr an, dass ihr irgendetwas auf der Seele lag, und hörte den Schmerz aus ihren Worten heraus.

»Geben Sie mir dasselbe«, sagte er, als der Barkeeper in seine Richtung blickte.

»Warum tun Sie das?«, fragte sie überrascht.

»Ich leiste Ihnen Gesellschaft. Es ist ungesund, alleine zu trinken.« Jetzt endlich sah sie ihn an, und eine Welle sexueller Begierde schlug über ihm zusammen und drohte ihn zu überwältigen.

Anscheinend erging es nicht nur ihm so, denn das, was in ihren grüngoldenen Augen aufloderte, ging über Dankbarkeit für ein paar freundliche Worte weit hinaus. Er hatte gedacht, auf alles vorbereitet zu sein, aber es war entschieden zu lange her, seit er einer Frau mehr als lauwarme Gefühle entgegengebracht hatte. Seit er vor wenigen Stunden aus dem Flugzeug gestiegen war, hatte sich ihm eine Welt eröffnet, in der sich ihm unzählige Möglichkeiten boten. Er wünschte, sie würde sich als eine davon erweisen.

»Hier bitte, Kumpel.« Der Barkeeper schob ihm ein Glas hin. »Sie haben soeben die Verantwortung für die Dame übernommen«, sagte er, dann wandte er sich ab, denn die Bar hatte sich in der Zwischenzeit mit Gästen gefüllt.

Sie schnippte eine lange kupferfarbene Haarsträhne von ihrer Schulter. »Ich kann auf mich selbst aufpassen.«

»Davon bin ich überzeugt.« Chase hob sein Glas und wartete darauf, dass sie seinem Beispiel folgte. »Cheers.«

Sie neigte den Kopf zur Seite. »Cheers. Nein, warten Sie. Es ist üblich, vor dem Trinken einen Toast auszubringen, und ich tue immer, was sich gehört. Auf ...« Sie hielt inne und nagte an ihrer vollen Unterlippe.

Chase spürte, wie eine kribbelnde Erregung von ihm Besitz ergriff. Nichts wünschte er sich mehr, als diese prallen Lippen mit den seinen zu bedecken und ihren Mund ausgiebig zu erforschen. »Auf?«, drängte er.

»Auf die schmutzigen Geheimnisse des Lebens.« Sie stieß mit ihm an.

Das Klirren schien in ihm widerzuhallen wie der Kummer, der in ihrer Stimme mitschwang. »Ich bin ein guter Zuhörer«, sagte er und verwünschte sich im nächsten Moment für die unbedachte Bemerkung. Er wollte ihr nicht seine Freundschaft anbieten, sondern sein Bett.

Noch nie hatte er sich auf den ersten Blick so stark zu einer Frau hingezogen gefühlt, noch nie so heftige Begierde empfunden. Er würde jetzt keinen Rückzieher mehr machen. Nicht in der Nacht, die für ihn den Beginn eines neuen Lebens bedeutete. Zum Teufel mit seiner üblichen Vorsicht und Zurückhaltung. Es war an der Zeit, aus der Haut des alten Chase Chandler zu schlüpfen und endlich einmal seine Gefühle auszuleben.

»Danke, aber ... mir ist nicht nach Reden zumute.« Das Flackern in ihren Augen verriet ihm, dass sie etwas anderes wollte. Von ihm.

Er würde ihr diesen Wunsch mit Freuden erfüllen.

Sloane starrte in die verführerischen blauen Augen des Fremden. Eine Frau konnte sich leicht in diesem ernsten, eindringlichen Blick verlieren. Tief in diesem Mann brannte ein verborgenes Feuer; ein Feuer, das der Flamme in ihrem Inneren entsprach. Dem Wunsch, heute Nacht der Wirklichkeit zu entfliehen. Bei dem Gedanken an die Art dieser Flucht schien das Blut heißer durch ihre Adern zu strömen.

Sie hob das Glas an die Lippen und nippte an der gelblichen Flüssigkeit, ohne den Blickkontakt abzubrechen. Da sie während ihrer Schulzeit mit ihrer Zimmergenossin schon Scotch getrunken hatte, war sie auf den scharfen Geschmack und das Brennen in der Kehle vorbereitet. Eine wohlige Wärme breitete sich in ihr aus, die aber mehr von den auf ihr ruhenden blauen Augen als von dem Getränk herrührte.

Auch er hob sein Glas und trank einen Schluck, dabei spielte ein lockendes Lächeln um seine Lippen. Sie hatte gesagt, sie wäre nicht zum Reden aufgelegt. Offenbar respektierte er ihren Wunsch. Das gefiel ihr.

Seine Augen wichen keinen Augenblick lang von ihrem Gesicht, und sie forschte in den blauen Tiefen, als könne sie darin die Antworten auf alle Fragen des Lebens finden. Vergebens natürlich. Solche Antworten bekam man eines Tages von Eltern, die ihren Kindern allzu lange Informationen vorenthielten. Sie zweifelte nicht daran, dass Michael Carlisle gemeint hatte, nur zu ihrem Besten zu handeln. Aber es fiel ihr schwer, jetzt noch an ihn als an ihren Vater zu denken. Genauso weh tat es, dies nicht zu tun.

Wie alle Väter hatte er stets das Wohl seiner Mädchen über alles andere gestellt. In Sloanes Fall allerdings zu Unrecht, denn sie war ja gar nicht sein Mädchen. Und die Entscheidung, Sloane ihre wahre Herkunft zu verheimlichen, hätte nicht er treffen dürfen. Sie fragte sich, wie die Medien wohl reagieren würden, wenn durchsickerte, dass das Leben des perfekten Senators auf einer Lüge beruhte.

Beinahe hätte sie laut aufgelacht. Sloane Carlisles Leben beruhte auf einer Lüge. Nein, Sloane war die Lüge. Und nun wusste sie weder, wer sie war, noch, wo sie hingehörte. Sie hatte es nie gewusst. Wenigstens verstand sie jetzt, warum dem so war.

Sie verstand, warum sie von einem unbändigen Freiheitsdrang beherrscht wurde, während sich ihre Familie bereitwillig an die Regeln hielt, welche die Medien – und ab morgen der Secret Service – ihnen auferlegten.

Sie verstand, warum sie es hasste, sich strengen Kleidervorschriften unterwerfen zu müssen und ihre Persönlichkeit nicht frei entfalten zu dürfen, während ihre Stiefmutter, ihre Schwestern und ihr Vater größten Wert auf Förmlichkeit und Konventionen legten.

Sie war anders, weil sie nicht zu ihnen gehörte. Sie wusste nicht, wer sie war, aber heute Abend kümmerte sie das nicht. Hinter ihrer kühlen, beherrschten Fassade hatte sich schon immer eine Frau voller Feuer und Leidenschaft verborgen, und sie wollte diesem Zug ihres Wesens endlich einmal nachgeben.

»Ich war schon immer der Meinung, dass es wenig bringt, ständig über Gott und die Welt zu diskutieren«, bemerkte der Fremde schließlich.

»Ich auch.« Morgen würde sie ihm in diesem Punkt nicht mehr zustimmen können. Aber heute Nacht wollte sie nur noch alles um sich herum vergessen.

Mit voller Absicht strich sie mit der Hand leicht an seinem Arm entlang. Die Berührung traf sie wie ein elektrischer Schlag. Er beugte sich zu ihr. So nah, dass sie seinen Atem spüren konnte. Der Drang, sich gehen zu lassen und ihn einfach zu küssen, ließ sich kaum noch unterdrücken.

Sloane Carlisle hatte die Grenzen dessen, was in ihren Kreisen als schicklich galt, noch niemals überschritten. Sie ging nur mit Männern aus, die sie kannte und die die Billigung ihrer Familie fanden, und sie schlief nie, unter keinen Umständen, mit dem erstbesten Fremden.

Aber sie hatte schon immer einmal Neuland betreten wollen. Eine ganze Nacht durchmachen. Oder diesen unwiderstehlichen Mann verführen.

Und da seine raue, heisere Stimme glühendes Verlangen in ihr auslöste, beschloss sie, ihre selbst auferlegte Zurückhaltung aufzugeben und sich kopfüber ins kalte Wasser zu stürzen.

Sie atmete tief durch. Sein männlicher Duft vermischte sich auf berauschende Weise mit dem leichten Whiskygeruch in seinem Atem, und sie fuhr sich mit der Zungenspitze über die Lippen, wobei sie sich vorstellte, es wären die seinen.

Seine Augen verdunkelten sich vor Erregung. »Also verfolgen wir beide denselben Kurs?«

Die Bedeutung seiner Worte war unmissverständlich. Sloane legte ihre Hand über die seine und strich mit den Fingerspitzen über seine langen, kräftigen Finger.

»Hinein ins Abenteuer«, bestätigte sie.

Er stand auf, griff in seine Tasche und legte einen Zwanzigdollarschein auf die Theke. »Mein Hotel ist gleich um die Ecke.«

Demnach war er ein Tourist. Umso besser. So bestand nicht die Gefahr, ihm nach dieser Nacht noch einmal über den Weg zu laufen. Sie erhob sich ebenfalls, ohne ihren Whisky auszutrinken.

Sie brauchte sich keinen Mut anzutrinken. Sloane Wieimmer-auch-ihr-Nachname-lauten-mochte stand hundertprozentig zu ihrem gefassten Entschluss. Höchste Zeit, sich endlich einmal von einem Impuls leiten zu lassen und sich gegen all die Dinge in ihrem Leben aufzulehnen, die sie so einengten.

Sie griff nach seiner Hand. Morgen würde sie in die reale Welt zurückkehren. Heute Nacht wollte sie all das ausleben, wovon sie nur hatte träumen können, als sie sich noch für Senator Carlisles älteste Tochter gehalten hatte.

Zweites Kapitel

Auf dem Weg zum Hotel blieb Sloane genug Zeit, um ihre Meinung zu ändern, aber sie war nicht so weit gegangen, um jetzt noch einen Rückzieher zu machen. Der Mann neben ihr hielt ihre Hand fest umschlossen, und als sie das Hotelfoyer betraten, stellte sie fest, dass sich niemand nach ihnen umdrehte. Wenn sie sich nicht in Begleitung ihrer berühmten Eltern befand, schenkte kaum jemand in Washington ihr einen zweiten Blick.

Er blieb stehen und drehte sich zu ihr um. In seinen Augen las sie dasselbe Verlangen, das auch von ihr Besitz ergriffen hatte. »Ich muss kurz etwas erledigen.« Er ließ sie einen Moment allein, um mit dem Mann an der Rezeption zu sprechen, dann kam er zurück.

Ihr Herz hämmerte, als sie zum Fahrstuhl hinübergingen und sich die Türen hinter ihnen schlossen.

Er blickte sie eindringlich an. »Ich bin heute Abend nicht losgezogen, um eine Frau aufzureißen, aber ...«, er zuckte die Achseln, als wüsste er nicht recht, wie er sich ausdrücken sollte,»... ich bin froh, dass ich dich getroffen habe.«

Sie lächelte, weil sie nur zu gut verstand, was er meinte. Auch sie war nicht in diese Bar gegangen, weil sie auf der Suche nach einem One-Night-Stand gewesen war, sondern sie hatte nur ihre Sorgen eine Weile vergessen wollen. Aber nach einem Blick in seine Augen war es um sie geschehen gewesen.

Was sie betraf, so hätte der Abend kein besseres Ende nehmen können. »Ich war auch nicht auf Männerfang.« Sie lächelte ein wenig verlegen. »Aber ich freue mich trotzdem, dass wir uns über den Weg gelaufen sind.«

Er stützte sich mit einer Hand an der Wand oberhalb ihrer Schulter ab. Er war ein ganzes Stück größer als sie, aber seine ruhige Gelassenheit und seine umgängliche Art bewirkten, dass sie sich in seiner Gegenwart trotzdem nicht unbehaglich fühlte. Eher sicher. Und seine unglaublich blauen Augen schienen sie zu hypnotisieren, denn sie hatte plötzlich das Gefühl, alles andere um sich herum vergessen zu können.

»Ich denke, es wird langsam Zeit, dass wir uns unsere Vornamen verraten.« Ein leises Lächeln umspielte seine Lippen.

Vornamen. Damit konnte sie leben. Sie setzte schon zu einer Antwort an, als ihr einfiel, dass Sloane ein seltener und auffälliger Name war, der überdies bald in ganz Washington bekannt sein würde, sobald ihr Vater seine Kandidatur ankündigte. »Faith«, sagte sie, auf ihren zweiten Vornamen ausweichend.

»Hört sich gut an.« Er wickelte eine Strähne ihres Haars um den Finger. Sloane empfand das leichte Ziehen an der Kopfhaut seltsamerweise als erregend. »Ich heiße Chase.«

Sie grinste. »Passt zu dir. Aber frag mich nicht, warum.«

Lachend schlang er einen Arm um ihre Taille, zog sie an sich und senkte den Kopf, doch bevor er sie küssen konnte, glitt die Fahrstuhltür auf, und er löste sich von ihr. Sloanes Lippen prickelten, obgleich sein Mund sie gar nicht berührt hatte.

Er nahm ihre Hand und führte sie zu seinem Zimmer, dann öffnete er die Tür mit seiner Codekarte und zog sie in eine Suite. Das Schlafzimmer lag offenbar hinter der offenen Tür in der Ecke. Obwohl der Wohnbereich wie ein gewöhnliches unpersönliches Hotelzimmer aussah, löschte Chase diesen Eindruck sogleich aus, indem er sich zu ihr wandte, die Arme um sie legte und sie fest an sich drückte.

Seine Augen ruhten unverwandt auf ihr, als er sich zu ihr beugte und sie zum ersten Mal küsste. Seine Lippen fühlten sich sanft und fest zugleich an, und seinem Kuss haftete nichts Zögerndes oder Unsicheres an. Er war ein Fremder für sie, und dennoch bildete er für sie heute Nacht den Felsen in der Brandung ihres Lebens. Er ermöglichte es ihr, sich zu entspannen, sich sicher und geborgen zu fühlen. Sie brauchte nur nach dem zu greifen, was er ihr anbot, und das tat sie, indem sie seinen Kuss voller Hingabe erwiderte.

Seine Hände umschlossen ihren Nacken, als er begann, sacht an ihrer Unterlippe zu knabbern und dann mit wachsendem Hunger ihren Mund zu erforschen. Das Feuer in ihrem Inneren loderte immer heller und schürte das Verlangen, die störenden Stoffschichten zwischen ihnen zu entfernen. Sie zog sein Hemd aus dem Bund seiner Jeans und strich mit beiden Händen über seine erhitzte Haut.

Unterdrückt stöhnte er auf und vergrub die Hände in ihrem Haar. Er zog eine Spur heißer Küsse über ihre Wange, presste die Lippen dann in ihre Halsbeuge und löschte so allmählich die ungläubige Fassungslosigkeit, den Schmerz und die Trauer aus, die ihr dieser Tag beschert hatte. Ihre Brustwarzen begannen zu pochen, ihre Brüste fühlten sich schwer an, und sie spürte, wie sie feucht wurde.

Sie legte den Kopf zurück, um ihm besseren Zugang zu ihrer Kehle zu gewähren. Ein ersticktes Keuchen entrang sich ihr, als seine Zunge kleine Kreise auf der empfindlichen Haut beschrieb. Eine Welle nie gekannter Empfindungen flutete über sie hinweg, und sie verstärkte den Griff um seine Taille.

»O ja.« Wie aus weiter Ferne hörte sie ihre Stimme; rau, heiser und von Verlangen erfüllt.

»Gefällt dir das?«, flüsterte er.

Mit einiger Überwindung schlug sie die Augen auf und begegnete seinem glühenden Blick. »Das ist eine rhetorische Frage, oder?«

Seine Lippen verzogen sich zu einem verführerischen Grinsen, dann neigte er sich erneut zu ihr, um den Mund in der Grube ihres Halses zu vergraben.

»Mmm.« Der Mann wusste zweifellos, was er tat, dachte Sloane genießerisch.

»Faith ...«

Es dauerte einen Moment, bis sie begriff, dass er sie meinte. »Ja?«

»Nichts. Mir gefällt einfach der Klang deines Namens.«

Sie lächelte, dabei wünschte sie, er würde sie bei ihrem richtigen Namen nennen; wünschte, seine raue Stimme würde Sloane murmeln, wenn er in sie eindrang. Ihre Finger glitten über seine Brust und spielten mit dem dichten Haar. »Ich hoffe, das gefällt dir auch.«

Ehe er antworten konnte, wurden sie von einem Klopfen an der Tür unterbrochen. »Komme schon!« Er ging so unbekümmert zur Tür, als stünde sein Hemd nicht halb offen und wäre sein Haar nicht zerzaust, dann öffnete er sie einen Spaltbreit. Sloane begriff, dass er sie vor neugierigen Blicken schützen wollte.

Die ritterliche Geste rührte sie, denn schließlich war das Ganze nicht mehr als ein flüchtiges sexuelles Abenteuer für ihn.

»Ich mache das schon«, hörte sie ihn sagen. Dann drehte er sich wieder zu ihr um, schob einen Servierwagen in den Raum und schloss die Tür mit einem Fußtritt hinter sich.

»Was hat das denn zu bedeuten?« Verblüfft betrachtete Sloane die beiden Gläser und die Champagnerflasche in dem Eiskübel.

»Du bist mir nicht wie eine Frau vorgekommen, die andauernd Männer aus einer Bar abschleppt. Also wollte ich diese Nacht zu ... etwas Besonderem machen.« Überrascht stellte sie fest, dass ihm das Blut in die Wangen stieg.

Er war tatsächlich verlegen. Er hatte sich Gedanken gemacht, wie er ihr einen schönen Abend machen konnte, und nun schämte er sich für diese Geste. »Wie kommst du darauf, dass das nicht meine übliche Masche ist?«, fragte sie mit ehrlichem Interesse.

»Es ist nur eine Ahnung, aber ich liege für gewöhnlich richtig. Du trägst zwar ein aufreizendes Kleid, aber deine Ausdrucksweise ist gepflegt und kultiviert. Außerdem hast du vorhin in der Bar gezögert, und dem Ausdruck deiner Augen nach schleppst du irgendein Problem mit dir herum. Vielleicht hattest du einen schlimmen Tag, weil du deinen Job verloren hast – was es auch ist, du willst es unbedingt vergessen. Nein, du gehst nicht jeden Tag mit fremden Männern ins Bett, darauf würde ich meinen Kopf verwetten«, schloss er mit der Überzeugung eines Mannes, der sich seiner Sache sicher ist.

»Und all diese Schlüsse hast du in ein paar Minuten gezogen?«

Er grinste. »Ich bin Journalist. Es ist mein Job, auf Kleinigkeiten zu achten. Und was machst du beruflich?«

»Ich bin Innenarchitektin.« Die Worte waren ihr entschlüpft, ehe sie es verhindern konnte. Sie konnte nur an das denken, was er ihr soeben enthüllt hatte.

Ein Reporter – gleich welcher Art – konnte die Zukunftspläne des Senators mit einem Schlag zunichte machen, und obgleich Michael Carlisle sie hintergangen hatte, liebte sie den Mann, den sie für ihren Vater gehalten hatte, noch immer. Ein Grund mehr, ihre wahre Identität vor Chase geheim zu halten.

Sie stöckelte auf ihren hohen Absätzen ein Stück weiter in den Raum. »Dann musst du sehr gut in deinem Beruf sein, denn du hast Recht. Ich lasse mich normalerweise nicht Hals über Kopf auf wildfremde Männer ein«, gab sie zu. Bleib Reportern gegenüber immer so nah an der Wahrheit wie möglich, um nicht ihr Misstrauen zu wecken, das war einer der Tricks, die sie von ihren Eltern gelernt hatte.

»Ich habe gerne Recht.«

Sloane lachte. »Typisch Mann!«

»Im Moment wäre ich gerne dein Mann. Möchtest du etwas trinken?« Er deutete auf den Champagner.

Seine Aufmerksamkeit freute sie immer noch. »Ich würde lieber da weitermachen, wo wir eben aufgehört haben, und den Champagner für später aufheben.« Auch das entsprach der Wahrheit, dachte Sloane. Sie wollte ihn noch genauso sehr wie vorher – wenn nicht noch mehr.

Er griff nach ihrer Hand, zog sie zu dem riesigen Sessel in der Ecke und ließ sich darauf sinken. »Komm her.« Die Geste, die diese Aufforderung begleitete, war eindeutig.

Sloane holte tief Atem, zwängte die Knie rechts und links neben seine Oberschenkel und ließ sich auf seinem Schoß nieder. Die Wölbung in seinen Jeans drückte sich in ihr Fleisch, und seine Augen waren von mühsam unterdrückter Begierde verschleiert. Doch Sloane wollte sich nicht länger zurückhalten.

Sie schlang die Arme um seinen Hals. »Küss mich, Chase. Schenk mir Vergessen.«

»Was willst du denn vergessen?«

Doch als sie sich auf seinem Schoß bewegte und ihr Becken in intimen Kontakt mit seiner Leistengegend kam, machte der Wunsch, von ihm geküsst zu werden, überwältigendem Verlangen Platz. Er stand auf, ohne sie freizugeben und ohne den Mund von dem ihren zu lösen, und trug sie ins Schlafzimmer hinüber. Ihr Herz hämmerte fast schmerzhaft gegen ihre Rippen, als sie von einer Welle der Vorfreude erfasst wurde.

Er setzte sie auf dem Bett ab, wo sie sich hinkniete und sein Hemd ganz aufknöpfte. Er streifte es ungeduldig ab, sodass sie seine muskulöse Brust bewundern konnte, ließ es achtlos zu Boden fallen, löste dann die Bänder ihres rückenfreien Oberteils, zog es herunter und entblößte ihre Brüste. Eigentlich hätte sie Verlegenheit empfinden müssen, aber stattdessen genoss sie es, wie er sie mit den Augen verschlang und ein unterdrücktes Stöhnen von sich gab, das keinen Zweifel daran ließ, wie sehr ihm gefiel, was er da sah. Dann umschlossen seine Hände ihre Brüste, und ihre Brustwarzen pressten sich in seine Handfläche.

Sengende Hitze durchzuckte sie, ihr Atem ging schwer. Im selben Moment, wo er den Reißverschluss ihres Rockes aufzog, öffnete sie den Knopf seiner Jeans, und gemeinsam entledigten sie sich hastig der letzten störenden Kleidungsstücke.

Chase drückte Sloane mit dem Rücken in die Kissen, setzte sich mit gespreizten Beinen über sie und hielt über ihrem Kopf ihre Hand fest. Aber seine Berührungen waren sanft und sein Griff so locker, dass sie sich jederzeit daraus befreien konnte, wenn sie wollte. Aber über diesen Punkt war sie längst hinaus.

Die erotische Position erregte sie über alle Maßen, außerdem mochte sie die Art, wie er sie betrachtete – so, als könne er ihre Gedanken lesen und ihr jeden intimen Wunsch erfüllen.

»Ich möchte in dir sein.« Sein hartes Glied, das sich gegen ihren Bauch presste, bestätigte seine Worte.

»Tu dir keinen Zwang an.« Ihre Hüften hoben sich ihm wie von selbst entgegen, Feuchtigkeit benetzte ihre Schenkel, und alles in ihr schrie nach Erfüllung.

»Nicht, ehe ich für den nötigen Schutz gesorgt habe.«

Das traf sie unvorbereitet. »Gibt es denn irgendetwas, wovor ich Schutz brauche?«, fragte sie verwirrt. Sie war so von dem Wunsch erfüllt gewesen, die schmerzliche Wahrheit zu verdrängen, die sie heute erfahren hatte, dass sie nicht hatte klar denken können. »Ich nehme die Pille, aber ...«

»Himmel, Honey, bei dem Leben, das ich geführt habe, hast du nichts zu befürchten. Für mich ist nur Sicherheit oberstes Gebot, wenn nichts passieren soll.« Er glitt vom Bett und verschwand im Bad.

Der Knoten in Sloanes Magen löste sich auf. Sie wusste nicht, wieso, sie hatte keinen Grund, ihm zu vertrauen, aber seltsamerweise glaubte sie ihm. Der Umstand, dass er sogar bei einem One-Night-Stand Vorsicht walten ließ, sprach für ihn. Viele Männer kümmerte es wenig, ob eine solche Nacht Folgen hatte. Chase schon. Irgendetwas hob diesen Mann von anderen ab, sinnierte sie, seine fürsorgliche Art ...

Er kehrte so schnell zurück, wie er verschwunden war, und sie konnte nicht umhin, seinen Körperbau zu bewundern – die breiten Schultern, die schmalen Hüften und noch andere beeindruckende Teile von ihm, die ihre Aufmerksamkeit auf sich zogen. All ihre quälenden Gedanken lösten sich mit einem Mal in Luft auf, und sie konzentrierte sich einzig und allein auf den Mann vor ihr.

Keiner ihrer Liebhaber hatte je eine so sengende Begierde in ihr ausgelöst wie er. Andererseits hatte auch kein Mann sie je so angesehen, als wolle er sie mit Haut und Haaren verschlingen, so wie Chase es jetzt tat.

Er riss das kleine viereckige Päckchen auf und sorgte rasch für den notwendigen Schutz, dann kam er zu ihr und grinste; dieses anziehende, aufreizende Grinsen, das ihr jedes Mal den Atem verschlug.

»Wir haben lange genug gewartet, findest du nicht?«

Sie lächelte, obwohl sie meinte, ihr Körper stünde vor Lust in Flammen. »Mehr als genug«, stimmte sie zu.

Er gab einen kehligen Laut von sich und küsste sie. Sein heißer, hungriger Mund presste sich auf den ihren, während er ihre Beine auseinander schob und mit der Spitze seines Glieds die feuchte Stelle zwischen ihren Schenkeln berührte. Doch statt in sie einzudringen, begann er sie mit geschickten Händen zu erregen, bis sie ihm die Hüften entgegenhob, seine Finger tiefer in sich aufnahm und sich stöhnend auf dem Bett hin und her wand, aber es war nicht genug. Sie wollte mehr.

Er schien das zu spüren, denn er zog seine Hand zurück, spreizte ihre Beine weiter, drang mit einem harten Stoß in sie ein, füllte sie aus und brachte sie augenblicklich an den Rand des Höhepunkts.

Sloane schloss die Augen, als er sich langsam zurückzog, um dann erneut in sie hineinzustoßen. Sie passte sich seinem Rhythmus so mühelos an, als wären sie schon unzählige Male zuvor so zusammen gewesen.

»Gütiger Himmel«, murmelte Chase. Keine Frau sollte sich so gut anfühlen, schon gar nicht eine, die er gerade erst kennen gelernt hatte. Eine Frau, die nichts über seine Vorlieben und Abneigungen wissen konnte. Trotzdem schien sie instinktiv zu spüren, wie sie seine Lust steigern konnte.

Ihre Haut war warm und weich, ihre vollen Brüste pressten sich gegen seine Brust, während sie ihn jedes Mal, wenn sich ihre Körper trafen, in neue Höhen der Ekstase trieb. Er konnte sich kaum noch beherrschen, aber er wollte unbedingt mit ihr gemeinsam den Gipfel erreichen. Behutsam schob er eine Hand zwischen ihre Schenkel, um sie stärker zu stimulieren.

Er wurde mit einem zittrigen Stöhnen belohnt. Ihre Hüften bewegten sich schneller auf und ab, und er spürte, wie sich ihre Muskeln um ihn zusammenzogen und ihn mit feuchter Hitze umgaben. Mit jedem Stoß geriet er näher an die Grenzen seiner Beherrschung und konnte sich nur noch mit schierer Willenskraft zurückhalten.

»Chase.«

Es überraschte ihn, seinen Namen aus ihrem Mund zu hören, denn trotz der intimen Situation und obgleich er sich ihr so nahe fühlte, hatten sie bislang kaum ein Wort miteinander gewechselt. Widerwillig hob er die schweren Lider.

Verschleierte grüne Augen begegneten seinem Blick. »Dreh dich auf den Rücken.«

Chase starrte sie an. »Wie bitte?«

»Nach dem heutigen Tag brauche ich einfach das Gefühl, Herrin der Lage zu sein«, flüsterte sie, während sie die Positionen wechselten, ohne sich voneinander zu lösen, bis er flach auf dem Rücken lag und sie mit gespreizten Beinen auf ihm saß. Ein Schauer lief durch ihren Körper, als sie ihn noch tiefer als zuvor in sich aufnahm. »O Gott!«

Er schluckte hart, weil ihn ähnliche Gefühle durchströmten, aber gleichzeitig begriff er, dass es ihr heute Nacht nicht allein um eine schnelle Nummer ging. Sie lief vor irgendetwas davon und benutzte ihn, um für kurze Zeit Vergessen zu finden. Aber sein Körper ließ ihm keine Zeit mehr, ihr Fragen zu stellen.

Und als er in ihr erhitztes Gesicht und auf ihre vollen Brüste blickte, beschloss er, das Rätsel um ihre Person zu einem späteren Zeitpunkt zu lösen. »Mach alles mit mir, was du willst«, murmelte er.

Ein Anflug von Dankbarkeit huschte über ihr Gesicht, ehe sie rhythmisch die Hüften bewegte und ihn ritt, bis er erneut kaum an sich zu halten vermochte. Dann legte sie sich ohne Vorwarnung der Länge nach auf ihn und schürte das Feuer, das in ihm loderte, mit kreisenden Bewegungen des Beckens zu einer gleißenden Flamme, die ihn zu verzehren drohte. Dabei stieß sie leise, kehlige Laute aus, bis sie der Sturm, der sie beide erfasst hatte, mit sich riss und die Welt um sie herum zu explodieren schien.

Als Chase langsam in die Wirklichkeit zurückkehrte, wurde sie immer noch von einem lang anhaltenden Orgasmus geschüttelt. Einige Minuten später ging ihrer beider Atem ruhiger, und er konnte wieder einen klaren Gedanken fassen. Er war siebenunddreißig Jahre alt und hatte noch nie zuvor mit einer Frau so intensiven, überwältigenden Sex gehabt.

Noch nie. Und dieses Gefühl wollte er so lange wie möglich auskosten.

Doch im nächsten Moment tat sie etwas, womit er nicht im Entferntesten gerechnet hätte: sie rollte sich von ihm herunter und machte Anstalten, vom Bett aufzustehen.

»Warte.« Er streckte eine Hand nach ihr aus, doch seine Fingerspitzen streiften nur ihren nackten Rücken. »Warum hast du es denn so eilig?«

Sie drehte sich um, sodass er ihr elegantes Profil unter der wirren Haarflut sehen konnte. »Ich dachte, es wäre dir lieber, wenn ich gehe.«

Das leise Lachen, das ihre Worte begleitete, klang so gezwungen, dass es ihn rührte.

»So ersparen wir uns den peinlichen Morgen danach«, erklärte sie unsicher.

Er verstand, warum sie diesen Weg wählen wollte, aber er war noch nicht mit ihr fertig. Und sie hoffentlich auch noch nicht mit ihm. »Es wäre schön, wenn du bleiben würdest.« Er stützte sich auf einen Ellbogen und strich mit dem Zeigefinger ihr Rückgrat hinunter. »Wenn du möchtest.«

Sie rollte sich zu ihm herum. Überraschung, gepaart mit Verwirrung, flackerte in ihren Augen auf. Er verstand nur zu gut, was in ihr vorging, denn ihm erging es nicht anders.

»Das ist doch verrückt«, meinte sie leise.

»Stimmt.« Er fuhr sich mit der Hand durch das Haar und wartete.

»Gut, ich bleibe«, willigte sie schließlich ein.

»Das freut mich.« Er entschuldigte sich und verschwand kurz im Bad. Als er zurückkam, nahm er sie in die Arme.

»Manchmal tut es gut, etwas Verrücktes zu tun, findest du nicht?« Sie lachte. Ihr Körper schmiegte sich warm und weich an den seinen.

Er drehte den Kopf so, dass seine Wange in ihrem langen Haar ruhte, und sog den angenehmen Duft ein. »Das war genau das, was ich heute Nacht gebraucht habe. Bis heute ist mein Leben immer in genau festgelegten Bahnen verlaufen«, gestand er, dabei dachte er an die eintönige Routine, die während der letzten neunzehn Jahre seine Tage bestimmt hatte. »Ich habe immer nur das getan, was von mir erwartet wurde«, fuhr er fort. Er hatte seine Brüder großgezogen und sich stets bemüht, ihnen ein Vorbild zu sein. »Und hauptsächlich für andere gelebt.«

»Kommt mir irgendwie bekannt vor«, murmelte sie.

Er strich ihr ein paar wirre Strähnen aus dem Gesicht und zog sie enger an sich. Im Moment verspürte er wenig Lust, darüber nachzudenken, warum er die ganze Nacht mit dieser weichen, willigen Frau verbringen wollte. Dieses eine Mal würde er sich nicht von der Vernunft, sondern von seinem Herzen leiten lassen. »Aber ich habe mir geschworen, dass heute Abend ein neues Leben für mich anfängt. Eines, in dem zur Abwechslung einmal ich die Hauptrolle spiele.«

»Das klingt herrlich.« Sie seufzte wehmütig.

»Warum folgst du nicht einfach meinem Beispiel?«, schlug Chase vor. Er hatte keine Ahnung, was ihr so auf dem Herzen lag, aber genau wie er hatte sie anscheinend beschlossen, heute Nacht dem Käfig zu entfliehen, in dem sie lebte. Und er wünschte, es würde ihr gelingen, sich endgültig daraus zu befreien.

»Meine Familie verlässt sich auf mich«, erwiderte sie schlaftrunken. »Auch wenn mein ganzes Leben eine einzige Lüge ist, erwarten meine Angehörigen von mir, dass ich mich ihnen gegenüber loyal verhalte. Und ich darf sie nicht enttäuschen.« Sie sah aus, als würden ihr gleich die Augen zufallen.

Chases Neugier war geweckt – nicht nur, weil ihn als Reporter solche doppeldeutigen Bemerkungen immer reizten, den Dingen auf den Grund zu gehen, sondern vor allem, weil ihn diese Frau interessierte. Viel zu sehr interessierte. Er stand gerade im Begriff, den ersten Schritt zur Verwirklichung seiner Träume zu tun; er konnte und wollte sich jetzt nicht mit den Problemen anderer Leute befassen. Das hatte er nun wirklich lange genug getan, da er es einfach nicht fertig brachte, jemanden im Stich zu lassen, der Hilfe brauchte. Da schienen die Chandler-Gene durchzuschlagen.

Und deswegen war es wirklich das Beste, wenn sich ihre Wege morgen früh trennten, dachte er, ehe er in einen tiefen, befriedigten Schlaf fiel.

Leises Weinen weckte ihn. Es dauerte einen Moment, bis ihm wieder einfiel, dass er sich in einem Hotelzimmer in Washington befand, zusammen mit einer Frau, die er erst am Abend zuvor kennen gelernt hatte. Einer Frau, die ihm das aufregendste erotische Erlebnis seines Lebens beschert hatte. Und die er gebeten hatte, doch zu bleiben, als sie gehen wollte.

Eine Mischung aus Unbehagen und Schuldgefühlen keimte in ihm auf. Sie hatte sich ganz an den Rand des Bettes gerollt. Er streckte eine Hand aus und berührte ihre Schulter. »Bereust du es?«, fragte er zögernd. Er selbst bereute seltsamerweise keine Sekunde dieser Nacht.

»Was zwischen uns geschehen ist? Nein. Dass ich gezwungen war, ein Leben zu führen, das ich nie führen wollte? Das bereue ich allerdings!«

Die eisige Hand, die sich um sein Herz gelegt hatte, lockerte ihren Griff. Reue und Selbstvorwürfe waren das Letzte, womit er sich jetzt auseinander setzen mochte. »Du kannst die Vergangenheit nicht ändern, sondern sie nur hinter dir lassen und nach vorne blicken.«

Sie schnaubte vernehmlich. »Weise Worte.«

»Nicht wahr? Ich habe für jede Lebenslage solche Weisheiten parat.«

»Außerdem hast du noch andere bemerkenswerte Qualitäten.«

Er kicherte leise. »Glaubst du, du kannst wieder einschlafen?«

»Wenn du mir den Rücken massierst, vielleicht.«

Sie rückte näher an ihn heran, und er erfüllte ihren Wunsch und begann, ihre verkrampften Schultermuskeln zu kneten.

»Mmmh.«

Er strich mit den Lippen über die zarte Haut ihres Nackens. Sie roch und schmeckte so gut. »Dasselbe wollte ich auch gerade sagen.«

Chase richtete sich auf und rollte sich über sie, sodass sich ihr Gesäß in seine Magengrube schmiegte und sein Glied zwischen ihren Hinterbacken ruhte. Sie gab ein zufriedenes Schnurren von sich, woraufhin er augenblicklich eine Erektion bekam.

»Ich wüsste da etwas, wonach ich ganz bestimmt wieder einschlafen könnte.« Sie bewegte ihre Hüften unter ihm, ehe sie die Beine zusammenpresste und sein steifes Glied zwischen ihren Schenkeln einklemmte.

Das Verlangen in ihrer Stimme war unüberhörbar. »Möchtest du, dass ich dich bis zur Erschöpfung liebe?«

»O ja, bitte.«

Chase brauchte keine zweite Aufforderung. Er griff nach dem Kondom, das er für den Fall eines Falles auf das Nachttischchen gelegt hatte, und streifte es rasch über, ehe er das Gesicht an ihrem Hals vergrub und langsam in sie eindrang.

»Oooh.« Sie stöhnte leise auf. »Das tut so gut.«

Chase konnte ihr da nur zustimmen. Er wusste nicht, wo dieses Vertrauen und Verständnis herrührte, das von Anfang an zwischen ihnen geherrscht hatte, nahm aber an, dass seine Entscheidung, von nun an nur für sich selbst statt für andere zu leben und ihr Entschluss, dasselbe zu tun, wenn auch nur für eine Nacht, der Grund dafür waren.

Nachdem sie ihre Lust ein weiteres Mal gestillt hatten, schlief sie neben ihm ein. Ihr Haar floss über das Kissen; sie wirkte vollkommen entspannt. Das zumindest hatte er für sie tun können. Vielleicht hatte er ihr damit vergolten, dass sie ihm dabei geholfen hatte, sich zum ersten Mal aus dem Netz von Verpflichtungen und Verantwortung zu lösen, das ihm langsam aber sicher die Luft zum Atmen genommen hatte.

Morgen früh würden sie wieder getrennte Wege gehen, aber erst, wenn er beim Zimmerservice Frühstück bestellt und sie ein letztes Mal geliebt hatte.

Doch als er erwachte, weil helles Sonnenlicht durch die Fenster fiel, war sie verschwunden. Chase rieb sich über die Augen und fragte sich, ob sie vielleicht nur ein Produkt seiner Fantasie gewesen war.

Aber ihr Duft hing noch in der Luft, und er war mit einer gewaltigen Erektion erwacht; bereit, sie noch einmal zu nehmen. Nein, sie und die unglaubliche Nacht, die sie zusammen verbracht hatten, waren real gewesen, er hatte sich das alles nicht nur eingebildet. Die Erinnerung an sie würde ihn auf dem Weg in sein neues Leben begleiten.

Dennoch verspürte ein Teil von ihm Enttäuschung darüber, dass ihnen nur so wenig Zeit miteinander geblieben war. Derselbe Teil wünschte, sie hätten sich an einem anderen Punkt seines Lebens unter anderen Umständen kennen gelernt. Wenn er ein anderer Mensch wäre, nicht der verantwortungsbewusste Mann, der seine Brüder großgezogen und dadurch auf vieles hatte verzichten müssen – ob sie dann eine Chance gehabt hätten? Chase schüttelte unwillig den Kopf, dann zwickte er sich in den Nasenrücken, um diese fruchtlosen Grübeleien zu beenden.

»Lass den Unsinn!«, schalt er sich laut, stand auf und ging ins Bad, um eine heiße Dusche zu nehmen. Doch während der ganzen Zeit konnte er nicht verhindern, dass seine Gedanken ständig um sie kreisten.

Als er an ihren Versuch dachte, sich nach ihrem ersten Liebesspiel unauffällig davonzustehlen, musste er unwillkürlich lachen. So war es ihr am Ende doch noch gelungen, der Verlegenheit des Morgens danach zu entfliehen.

Drittes Kapitel

Gegen sieben Uhr morgens kehrte Sloane in ihr Apartment zurück. Nachdem sie rasch geduscht und sich umgezogen hatte, machte sie sich auf den Weg zu dem Hotel, wo ihr Leben eine so dramatische Wendung genommen hatte. Nicht nur, weil sie herausgefunden hatte, dass Michael Carlisle gar nicht ihr Vater war, sondern weil sie endlich angefangen hatte, sich von den Zwängen, die ihr Leben beherrschten, zu befreien. Sie hatte sich gestattet, einmal aus einem Impuls heraus zu handeln. Und dadurch war sie auf Chase gestoßen.

Auf einen Mann, mit dem sie zwar nur eine Nacht verbracht hatte, den sie aber trotzdem nie vergessen würde. Sloane war nicht der Typ für One-Night-Stands. Sie schlief nicht nur um des Vergnügens willen mit Männern. Und sie hatte auch nicht geplant, sich gestern Abend in der Bar einen Mann aufzugabeln, zumindest nicht, bis sie in Chases strahlend blaue Augen geschaut hatte. Mit einem Blick hatte er sie dazu gebracht, ihre übliche Zurückhaltung aufzugeben. Indem er sich denselben Drink bestellt hatte wie sie, obwohl noch eine volle Bierflasche vor ihm stand, hatte er sie bezaubert. Und als er ihr angeboten hatte, ihre Probleme bei ihm abzuladen, hatte er sie endgültig für sich eingenommen. Es war ihr egal, ob das von Anfang an seine Absicht gewesen war. Er hatte nicht den Eindruck gemacht, unbedingt auf ein Abenteuer aus zu sein, und nach der Nacht, die sie mit ihm verbracht hatte, wusste sie, dass ihr Gefühl sie nicht getrogen hatte.

Er hatte sich nicht nur als ausgezeichneter Liebhaber erwiesen, sondern auch ein instinktives Verständnis für ihre Wünsche und Bedürfnisse gezeigt. Wie sonst ließ sich der Champagner erklären, den sie nie getrunken hatten? Die Bitte, die Nacht über bei ihm zu bleiben? Und da war noch etwas. Das Schicksal hatte sie mit einem Mann zusammengeführt, der seinem eigenen Eingeständnis zufolge sein ganzes Leben anderen gewidmet und seine eigenen Wünsche immer hintangestellt hatte. So wie sie selbst. Ohne die Einzelheiten zu kennen, ahnte Sloane, dass sie mehr gemeinsam hatten, als sie es von einem One-Night-Stand erwartet hätte.

Aber er war nur ein Mann für eine Nacht für sie gewesen, daran ließ sich nicht rütteln. Später konnte sie alle Ereignisse dieser Nacht in ihrer Fantasie wieder aufleben lassen, aber jetzt musste sie Chase erst einmal aus ihren Gedanken verbannen und sich ihren familiären Problemen zuwenden. Aber sie wünschte ihm für sein neues Leben alles Gute, und sie wusste, dass sie auf dem Weg in ihre ungewisse Zukunft oft an ihn denken würde.

Vor der Hotelzimmertür ihrer Eltern blieb sie unschlüssig stehen. Sie wusste nicht recht, wie sie die vor ihr liegende Unterredung angehen sollte. Ihr Vater war wahrscheinlich bei einer in letzter Minute einberufenen Versammlung oder überarbeitete seine Rede, aber Madeline war sicherlich im Zimmer.

Ihre Stiefmutter war eine schöne Frau, deren ruhige Gelassenheit sie zur idealen Gattin eines Politikers machte. Sie war auch nach dem Tod ihrer Freundin Jacqueline der damals achtjährigen Sloane bis heute eine gute Mutter gewesen und hatte, das musste Sloane ihr zugute halten, nie einen Unterschied zwischen ihrer Stieftochter und ihren beiden eigenen Kindern – den Zwillingen Eden und Dawne – gemacht. Dafür hatte Sloane sie angebetet.

Und aus diesen Gründen traf es sie umso schmerzlicher, dass man sie über ihre Herkunft belogen hatte. Sie schüttelte den Kopf, nahm all ihren Mut zusammen und klopfte an die Tür, die sofort geöffnet wurde.

»Sloane! Wo bist du denn gewesen?« Madeline packte Sloane bei der Hand und zog sie in eine mütterliche Umarmung. »Dein Vater und ich haben uns furchtbare Sorgen gemacht, als du gestern Abend nicht zum Essen erschienen bist.«

So viel zur viel gerühmten Gelassenheit ihrer Stiefmutter, dachte Sloane, während sie die Umarmung erwiderte. Obwohl Madeline bereits für die Pressekonferenz gekleidet war und mit ihrem dunklen Haar und dem sorgfältigen Make-up große Ähnlichkeit mit Jackie Kennedy hatte, zeugten feine Fältchen rund um ihre Augen von der Angst, die sie um Sloane ausgestanden hatte.

Augenblicklich stiegen Schuldgefühle in Sloane auf, obwohl sie gute Gründe gehabt hatte, dem Familientreffen fern zu bleiben. »Es tut mir Leid.« Nervös spielte sie mit ihren Fingern, während sie nach den richtigen Worten suchte. »Aber ich musste eine Weile allein sein – um in Ruhe nachdenken zu können.«

»Worüber denn?« Madeline strich Sloane das Haar hinter die Schultern, wie sie es immer getan hatte, als Sloane noch ein kleines Mädchen gewesen war. »Möchtest du darüber reden?«