Für immer fliegen - Birgit Loistl - E-Book
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Birgit Loistl

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Beschreibung

Vier Freundinnen – vier Liebesgeschichten. Romantisch. Tragisch. Kompliziert. Geschichten, wie sie das Leben schreibt. Man sieht sich immer zweimal im Leben...oder dreimal...oder viermal...bis es irgendwann vielleicht zu spät ist. Als die junge Studentin Maya dem Straßenkünstler Cosmo zum ersten Mal begegnet, ist sie fasziniert von seiner frechen, charmanten Art. Aber so sehr sie sich auch zu ihm hingezogen fühlt, sie weiß, dass es für Cosmo keinen Platz in ihrem Leben gibt. Trotzdem kann Maya ihn nicht vergessen. Wie es das Schicksal will, laufen sich die beiden immer wieder über den Weg und verlieren sich wieder. Als Maya beschließt, München für sechs Monate zu verlassen, um in die USA zu reisen, beschließt sie, sich von Cosmo zu verabschieden. Doch er möchte Maya nicht gehen lassen. Sie vereinbaren, sich nach Mayas Rückkehr an dem Platz wieder zutreffen, an dem sie sich zum ersten Mal begegnet sind....doch dann kommt alles ganz anders... Maya und Cosmo - eine Geschichte über verpasste Chancen, eine große Liebe, Freundschaft und die Tatsache, dass man sein Leben genießen sollte, bevor es eines Tages vielleicht zu spät ist. »Für immer fliegen« ist Band 1 der »Für immer«-Reihe. Jeder Roman ist in sich abgeschlossen und kann unabhängig voneinander gelesen werden. Es handelt sich um eine überarbeitete Ausgabe des bereits unter diesem Titel selbst publizierten Werkes der Autorin. »Für immer fliegen« von Birgit Loistl ist ein eBook von feelings*emotional eBooks. Mehr von uns ausgewählte erotische, romantische, prickelnde, herzbeglückende eBooks findest Du auf unserer facebook-Seite. Genieße jede Woche eine neue Geschichte - wir freuen uns auf Dich!

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Birgit Loistl

Für immer fliegen

Roman

Knaur e-books

Über dieses Buch

Vier Freundinnen – vier Liebesgeschichten. Romantisch. Tragisch. Kompliziert. – Geschichten, wie sie das Leben schreibt.

Man sieht sich immer zweimal im Leben … oder dreimal … oder viermal …, bis es irgendwann vielleicht zu spät ist. Als die junge Studentin Maya dem Straßenkünstler Cosmo zum ersten Mal begegnet, ist sie fasziniert von seiner frechen, charmanten Art. Aber so sehr sie sich auch zu ihm hingezogen fühlt, sie weiß, dass es für Cosmo keinen Platz in ihrem Leben gibt. Trotzdem kann Maya ihn nicht vergessen. Wie es das Schicksal will, laufen sich die beiden immer wieder über den Weg und verlieren sich wieder. Als Maya beschließt, München für sechs Monate zu verlassen, um in die USA zu reisen, beschließt sie, sich von Cosmo zu verabschieden. Doch er möchte Maya nicht gehen lassen. Sie vereinbaren, sich nach Mayas Rückkehr an dem Platz wieder zutreffen, an dem sie sich zum ersten Mal begegnet sind …. doch dann kommt alles ganz anders … Maya und Cosmo – eine Geschichte über verpasste Chancen, eine große Liebe, Freundschaft und die Tatsache, dass man sein Leben genießen sollte, bevor es eines Tages vielleicht zu spät ist.

»Für immer fliegen« ist Band 1 der »Für immer«-Reihe. Jeder Roman ist in sich abgeschlossen und kann unabhängig voneinander gelesen werden.

Inhaltsübersicht

VorwortMaya – Die Nacht davorCosmo – GegenwartMaya – VergangenheitCosmo – GegenwartMaya – VergangenheitCosmo – GegenwartMaya – VergangenheitCosmo – GegenwartMaya – VergangenheitMaya – VergangenheitCosmo – GegenwartCosmo – GegenwartDanksagungVier Freundinnen – vier Liebesgeschichten. Romantisch. Tragisch. Kompliziert – Geschichten, wie sie das Leben schreibt.
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Für alle, die noch auf der Suche nach ihrem Cosmo sind.

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Tanze, als würde niemand zusehen.

Liebe, als wurdest du niemals verletzt.

Singe, als würde niemand zuhören.

Lebe, als wäre der Himmel auf Erden.

 

Mark Twain

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Vorwort

Zwischen Leben und Tod liegt oftmals nur ein Atemzug. Es fühlt sich an, als wäre ich in einem Paralleluniversum, ähnlich einer Matrix, gefangen und die wirkliche Welt befände sich auf der anderen Seite.

Die Nebelwand, die mich umschließt, hält mich gefangen. Als wäre ich lebendig begraben.

Alles um mich herum ist pechschwarz. Nicht der geringste Lichtstrahl findet einen Weg durch meine Dunkelheit.

 

Ich sehe nichts.

Ich fühle auch nichts.

Keine Berührung. Keinen Schmerz.

Aber ich höre alles.

Jedes einzelne Wort.

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Maya

Vergangenheit

»Rot ist eine hässliche Farbe.

Das war mein letzter Gedanke.«

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Die Nacht davor

München, Trattoria Caruso, 16. Februar 2015

Habt ihr gewusst, dass Felix Neumann ein Intimpiercing hat?«, trällerte Nora und ließ sich lachend auf den Mahagonistuhl fallen, der dabei ziemlich laut über den Parkettboden rutschte. Eine ältere Dame am Nachbartisch hielt zischend die Luft an, während andere Gäste die Köpfe reckten und Nora neugierig betrachteten. Maya fischte einen Eiswürfel aus ihrem Gin Tonic und steckte ihn sich mit einem Schmunzeln in den Mund. Die entsetzten Gesichter ihrer Freundinnen, die Nora anstarrten, als säße der Geist von Kurt Cobain vor ihnen, sorgten dafür, dass sich ein breites Grinsen auf ihrem Gesicht ausbreitete. Marlene runzelte die Stirn. Ihre blaugrünen Augen, deren Farbe Maya an eine Lagune in der Karibik erinnerten, zogen sich plötzlich zu schmalen Schlitzen zusammen, und man konnte die Rauchwolken über ihrem Kopf förmlich sehen. Vermutlich grübelte Marlene darüber nach, woher Nora diese Information hatte. Toni reagierte weitaus gelassener. Sie lächelte, sodass der kleine Strassstein an ihrem rechten Schneidezahn hervorblitzte, und zwinkerte Maya dabei zu, während sie ihren Cappuccino im Uhrzeigersinn umrührte. Ein warmes Gefühl breitete sich in Mayas Brust aus. Obwohl sie das vergangene halbe Jahr in den USA verbracht hatte und sie heute zum ersten Mal seit langer Zeit wieder zusammensaßen, verspürte Maya das Gefühl, niemals weg gewesen zu sein. Ihr Flugzeug war vor genau vier Stunden am Franz-Josef-Strauß-Flughafen in München gelandet, und ihre Freundinnen hatten sie lautstark begrüßt. Marlene hielt einen mit bunten Farben bemalten Pappkarton mit der Aufschrift Wir haben dich vermisst in die Luft, während Toni und Nora mit vier Gläsern Prosecco dastanden und laut grölten. Nachdem sie Maya nacheinander stürmisch und innig begrüßt hatten, stießen sie zum Leidwesen der anderen Fluggäste noch mitten in der überfüllten Ankunftshalle gemeinsam auf die Heimkehr ihrer Freundin an. Danach packte Marlene Mayas Koffer, während Nora sich bei ihr unterhakte und sie direkt zu Tonis dunkelblauem VW Käfer bugsierte. Nach einem kurzen Zwischenstopp in ihrer Einzimmerwohnung am Bonner Platz, um ihr Gepäck abzuliefern, ihr T-Shirt zusammen mit den Shorts und den Flipflops gegen ihre UGG-Boots, eine Jeans und eine Daunenjacke einzutauschen, fuhren sie direkt ins Caruso, ihren Lieblingsitaliener, um dort Mayas Heimkehr zu feiern. Während ihres Auslandaufenthaltes hatte sie ihre Wohnung an eine französische Studentin untervermietet, die ein Auslandssemester an der LMU absolviert hatte. Vor zwei Tagen war diese nach Bordeaux zurückgekehrt, sodass Maya ihre Wohnung sofort wieder beziehen konnte.

Ihrer Mutter hatte sie während der Autofahrt nur eine kurze SMS geschickt und sie über ihre Rückkehr informiert, aber keine Antwort erhalten. Über ihre eigene Naivität konnte Maya nur den Kopf schütteln. Sie hatte tatsächlich gedacht, ihre Eltern hätten ihr in dem halben Jahr ihrer Abwesenheit verziehen. Wenn sie nur einmal mit klarem Verstand darüber nachgedacht hätte, wäre ihr bewusst gewesen, wie hirnrissig dieser Gedanke war. Ihre Eltern hatten sich seit 194 Tagen nicht bei ihr gemeldet. Sie würden es auch heute nicht tun.

 

Obwohl sich ihre Wege nach dem Abitur getrennt hatten, schafften Nora, Toni, Marlene und Maya es immer noch, sich regelmäßig im Caruso zu treffen. Durch Sturm und Regen, Beziehungskrisen und neue Jobangebote, Umzüge und Reisen – nichts hatte die vier bisher auseinandergebracht. Während ihres Auslandsaufenthaltes hatten sie fast täglich telefoniert, geskypt oder sich mit WhatsApp-Nachrichten auf dem Laufenden gehalten.

»Hilf mir mal auf die Sprünge«, riss Marlene Maya aus ihren Gedanken. »Ich habe kein Gesicht zu dem Kerl. Wer soll das sein?«

»Du hast in der Zehnten in Geschichte neben ihm gesessen«, antwortete Maya und zwirbelte eine rabenschwarze Haarsträhne, die sich aus ihrem französischen Zopf gelöst hatte, um ihren Zeigefinger. »Dreadlocks. Lippenpiercing.« Grinsend tippte sie sich an den Kopf. »Er hat diesen zweieurostückgroßen Leberfleck auf seiner Stirn.«

Man konnte eindeutig erkennen, wie es in Marlenes Kopf zu rattern begann, ehe sie ihr Gesicht angewidert verzog. Sie schlug die Hand vor den Mund und schüttelte den Kopf. »Gott, ich erinnere mich.« Schwungvoll wirbelte Marlene einen imaginären Zauberstab in der Luft herum. »Irgendjemand hat ihn doch ständig Harry Leberfleck genannt.«

Lachend legte Nora den Kopf in den Nacken. »Hey, ich habe nicht von seinem Gesicht gesprochen. Aber das Piercing sieht gar nicht mal so übel aus.«

»Ich trau mich jetzt echt nicht zu fragen, aber woher weißt du das?«, murmelte Marlene und zerpflückte ihr Knoblauchbaguette wie ein Gänseblümchen.

»Ich habe ihn eben auf der Toilette gesehen.« Zwei Augenpaare richteten sich schlagartig auf Nora und verfolgten jede ihrer Bewegungen, während Maya sich mit verschränkten Armen zurücklehnte. Aus dem Lautsprecher dröhnte eine seltsame Interpretation von O sole mio.

»Okay, spuck es aus. Wir wollen jedes Detail wissen. Was zum Teufel hatte er denn auf der Damentoilette zu suchen?« Ihre Freundinnen kicherten wie pubertierende Teenager, und Maya genoss dieses Gefühl der Verbundenheit. Sie hatte dieses halbe Jahr in den USA mit allen Sinnen genossen, aber sie hatte sie alle schrecklich vermisst. Ihre Freundinnen und … ihn.

Maya griff nach ihrem Gin Tonic und schwenkte das Glas ein paar Minuten hin und her, während sie darauf wartete, dass Nora die Bombe platzen ließ. Sie mit unvorhergesehenen Nachrichten zu schockieren, gehörte zu Noras Lieblingsbeschäftigungen. Einmal hatte sie im Krankenhaus sogar einen benutzten Schwangerschaftstest mitgenommen, nur um ihre Freundinnen mit ihrer angeblichen Schwangerschaft hereinzulegen. Sie waren alle darauf hereingefallen.

»Die richtige Frage lautet eigentlich: Was habe ich auf der Herrentoilette zu suchen?«

»Okay«, fragte Maya gedehnt, lehnte sich zu Nora hinüber und senkte ihre Stimme. »Was wolltest du auf der Herrentoilette?«

Beschwichtigend hob Nora die Hände. »Hey, schaut mich nicht mit diesem Supergirl-Röntgenblick an. Die Damentoilette war besetzt, und ich musste mal ganz dringend für kleine Mädchen. Also dachte ich mir, ich könnte genauso gut die Herrentoilette benutzen. Von wegen Gleichberechtigung und so. Schließlich brauchen Kerle nicht unbedingt eine Toilette, wenn sie mal müssen. Von denen ist jeder in der Lage, in eine leere Bierflasche zu pinkeln. Aber wir Mädchen müssen uns ständig nach einer Toilette umsehen. Da habe ich mir gedacht, dann benutze ich eben die Herrentoilette. Und als ich so aus der Kabine schlenderte, stand Felix Neumann mit heruntergelassenen Hosen vor mir.

Er hat mich angestarrt wie das Kaninchen die Schlange, ich glaube, er war in einer Art Schockstarre. Da habe ich einfach einen Blick nach unten riskiert.«

»Hat dir denn gefallen, was du gesehen hast?« Maya konnte nicht anders, die Frage lag ihr brennend auf der Zunge.

Nora seufzte, und ein sehnsüchtiges Lächeln umspielte ihre Lippen. »Ich gebe zu, es war schon ziemlich beeindruckend.«

Toni stieß sie mit dem Ellbogen an. »Keine Angst, dass Ben zufällig mitbekommt, wie du das Gehänge von anderen Kerlen anglotzt?«

»Erstens«, setzte Nora an, »habe ich nicht geglotzt, sondern lediglich ein anatomisches Körperteil genauer betrachtet. Ich bin Biologiestudentin – ich darf das. Und zweitens …« Sie griff nach ihrem Mojito und nippte langsam daran. »… kann von Gehänge gar keine Rede sein. Der stand wie eine Eins.«

 

Zwei Stunden später saßen sie immer noch ausgelassen im Caruso zusammen. Nora hatte zwei Typen an der Bar entdeckt, die ihr immer wieder bedeutsame Blicke zuwarfen und ihr bereits den dritten Mojito spendierten.

Maya hielt nicht viel davon, sich von fremden Kerlen ihre Drinks bezahlen zu lassen. Sie wusste, dass es für Nora nichts weiter als ein unbedeutender Flirt war, aber Maya war sich nicht sicher, ob die Kerle das auch wussten.

Langsam lehnte sie sich auf dem rustikalen Mahagonistuhl zurück, während Marlene und Antonia sich über eine neue Bar im Süden der Stadt unterhielten.

Zehn Jahre waren seit ihrem Kennenlernen vergangen. Damals hatten sie sich in der Aula des Ludwigsgymnasiums versammelt, um in der Theater-AG Brechts Dreigroschenoper einzustudieren. Die Träume von fünfzehnjährigen Teenagern schweißten sie zusammen. Sie alle hatten davon geträumt, eines Tages auf den berühmten Brettern dieser Welt zu stehen.

In kürzester Zeit waren sie zu einem eingefleischten Team geworden, das sich auch nach dem Abitur nicht aus den Augen verloren hatte.

Mayas Blick fiel auf Nora, die suchend nach dem Kellner Ausschau hielt. Mit ihrem blauschwarzen Bob und den himmelblauen Augen gehörte sie definitiv zu dem Typ Frau, den jedes weibliche Wesen unmittelbar als Rivalin ansah. Mit ihren atemberaubenden Kurven glich sie einem Pin-up-Girl der Fünfzigerjahre, und genau das sahen wohl auch die Männer in ihr. Direkt nach dem Abitur hatte sie sich mit einem erstklassigen Notendurchschnitt für ihr Biologiestudium eingeschrieben, um eines Tages in der biomedizinischen Forschung arbeiten zu können. Dieses Ziel verfolgte sie mit einer Beharrlichkeit, die einem Angst machen konnte.

Toni strich sich gerade eine weizenblonde Haarsträhne aus der Stirn und nippte an ihrem Glas Wasser. So extravagant ihr Lebensstil auch war, so konservativ war sie doch mit den kleinen Dingen in ihrem Leben. Toni legte weder Wert auf Alkohol, noch vernachlässigte sie ihre strenge zuckerfreie Ernährung. Und es gab nicht einen Tag, an dem sie nicht mindestens ein violettes Kleidungsstück trug. Dies hatte allerdings mehr mit ihrem Hang zur Esoterik zu tun. Nachdem sie alle die Schule hinter sich gelassen hatten, nahm Toni ihr Leben selbst in die Hand, verließ die Stadt und flog für ein halbes Jahr nach Australien. Marlene und Maya hatten sich anfangs Sorgen um sie gemacht, weil sie in den ersten zwei Wochen kein Sterbenswörtchen von ihr gehört hatten. In Mayas Kopf spielten sich ziemlich gruselige Szenen à la The Texas Chainsaw Massacre ab, aber Nora beruhigte sie immer mit den Worten: »Toni geschieht schon nichts. Sie ist zäh, an der würde sich jeder Serienkiller die Zähne ausbeißen.« Nach einem halben Jahr tauchte sie wieder in München auf, um ihnen dann zu verkünden, dass sie in Sydney eine junge Frau namens Julietta kennengelernt habe und mit ihr nach Caracas reisen würde. Allerdings war dieser Trip nur von kurzer Dauer. Nach sechs Wochen kam sie wieder in München an und schrieb sich für ein Architekturstudium an der LMU ein. Ihre neue Flamme erwähnte sie mit keinem Wort.

Toni war schon immer die Einzige unter ihnen, die genau wusste, was sie wollte und wie sie es bekommen konnte. Ein Ehemann und Kinder standen dabei nicht auf ihrer Wunschliste. Wenn schon, dann eine Ehefrau.

Mayas nachdenklicher Blick fiel auf Marlene. Obwohl sie Nora und Toni von Herzen liebte, war Marlene ihre beste Freundin. Ihre Vertraute. Ihre Schwester. Marlene hatte sich nach dem Abitur für eine Ausbildung als Fotografin entschieden. Schon immer hatte sie davon geträumt, die Schönen und Reichen fotografieren zu können, allerdings ging dieser Plan nach hinten los. Heute arbeitete sie in einem kleinen Fotogeschäft am Münchner Hauptbahnhof, und ihre Hauptaufgabe bestand darin, Passbilder für die Laufkundschaft anzufertigen.

Nicht nur Marlenes Träume waren jäh zerstört worden. Auch Mayas.

Sie seufzte und nippte an ihrem Glas Gin Tonic.

 

»Hey!« Marlene stupste sie an und riss Maya aus ihren Gedanken.

»Morgen ist der große Tag, nicht wahr?«

Maya wurde ganz warm ums Herz. Nur Marlene wusste von ihrem geheimen Treffen morgen mit Cosmo. Cosmo, der ihre Welt weiterdrehte, wenn sie davon überzeugt war, dass diese stillstand.

Der Mann, der ihr bei ihrer ersten Begegnung das Leben gerettet hatte.

Dieser lebenslustige Kerl, der ihr die Sterne vom Himmel holen würde, wenn sie ihn darum bitten würde. Und wenn es einem Menschen auf diesem Planeten gelingen würde, dann ihm.

Während ihres USA-Aufenthaltes hatten sie sich lediglich E-Mails geschrieben und Nachrichten geschickt, aber morgen fand das Wiedersehen der besonderen Art statt. Nervös biss Maya sich auf die Unterlippe und knetete ihre Hände.

»Bist du aufgeregt?«

»Schrecklich aufgeregt sogar. Ich glaube, ich werde die ganze Nacht kein Auge zumachen.«

»Er liebt dich«, ermunterte sie Marlene.

Maya warf ihr einen fragenden Blick zu.

»Woher willst du das wissen?«

»Nur ein sehr verliebter Kerl bleibt jede Nacht wach, während du am anderen Ende der Welt sitzt, bloß um für ein paar Minuten deine Stimme hören zu können.«

Erstaunt riss Maya die Augen auf. »Woher weißt du denn das?«

»Man muss schon blind sein, um das zu übersehen. Außerdem … «, grinste sie, »… habe ich mit ihm gesprochen.« Überraschung zeigte sich auf Mayas Gesicht. »Du hast ihn gesehen?«

Marlene griff nach ihrer Hand, und ein warmes Lächeln breitete sich auf ihrem Gesicht aus.

»Der Kerl ist so was von verschossen in dich. Ein paar Mal ist er sogar hier zu unserem Mädelsabend aufgetaucht, weil er das Gefühl hatte, dir damit ein bisschen näher sein zu können.« Marlene spielte mit dem Salzstreuer und warf ihr einen verschmitzten Blick zu. »Gott, das ist so romantisch. Der Kerl ist ein echter Glücksgriff, Maya. Ohne dir reinreden zu wollen, aber du musst schon komplett bescheuert sein, wenn du den nicht festhältst.«

»Ich weiß.« Maya seufzte und strich sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht. »Aber was mache ich denn, wenn er morgen nicht auftaucht?«

Marlene blickte ihre Freundin verblüfft an. »Warum sollte er denn nicht kommen?«

Maya zuckte mit den Schultern. »Er könnte es sich anders überlegen. Ich habe die letzten sechs Monate auf diesen Tag hingefiebert.« Sie hielt inne und verdrehte die Augen. »Gott, ich bin so ein Idiot!«

»Warum?«, fragte Marlene irritiert.

Maya kratzte etwas Kerzenwachs von der Tischplatte, um Marlene nicht ansehen zu müssen. Diese Unterhaltung war ihr unangenehm.

»Ich wollte unser Wiedersehen spannender gestalten, also habe ich ihm vor drei Tagen vorgeschlagen, dass wir bis zu unserem Treffen nichts mehr voneinander hören.«

Marlene legte ihr beruhigend den Arm auf den Rücken. Maya schloss die Augen und atmete tief ein, ehe sie weitersprach.

»Es macht mich nervös, wenn ich nicht weiß, was in ihm vorgeht. Was, wenn er in den letzten Tagen in Ruhe über alles nachgedacht hat und jetzt bemerkt, wie schwachsinnig die ganze Idee überhaupt ist? Ich glaube, es würde mir das Herz brechen, wenn er mich sitzen lässt.«

»Mal den Teufel nicht an die Wand! Er wird schon kommen.« Sie sagte das mit einer Überzeugung, die es Maya leichter machte, daran zu glauben. »Du weißt gar nicht, wie ich dich darum beneide.«

»Du beneidest mich?«, fragte Maya erstaunt. »Aber warum denn? Darf ich dich daran erinnern, dass du in ein paar Wochen den perfekten Mann heiraten wirst?«

Marlene seufzte und fuhr mit der Fingerspitze am Rand des Glases entlang. Irgendetwas machte ihr zu schaffen. Doch Maya wusste, sie musste ihr nur genügend Zeit lassen, dann schüttete sie ihr schon das Herz aus.

»Nils hat jeden Tag ein Rendezvous mit seiner Playstation. Als ich gegangen bin, hat er den Controller geküsst.« Sie nippte an ihrer Flasche Corona und schüttelte den Kopf.

«Das macht er jedes Mal, wenn er ein neues Level erreicht hat.«

»Okay«, sagte Maya gedehnt und zog eine Augenbraue nach oben. »Du wirst doch nicht eifersüchtig auf eine Spielkonsole sein.«

»So oft wie er momentan spielt, bekommt sie definitiv mehr Küsse ab als ich.« Maya wusste, dass Marlene sich nur darüber lustig machte. Nils vergötterte Marlene. Das wussten sie beide. Einen Moment lang herrschte eine seltsame Stille zwischen ihnen.

»Nils und ich sind schon so lange zusammen. Ich kenne ihn länger als meinen eigenen Vater. Bei dir ist alles neu und aufregend, das vermisse ich.«

Marlenes Eltern hatten sich, gerade als ihre Mutter schwanger wurde, getrennt und erst vor drei Jahren hatte ihr Vater Kontakt zu ihr gesucht. Nach der Trennung verließ er Deutschland und kehrte in sein Heimatland Schweden zurück. Er hatte nichts von Marlenes Existenz gewusst und sich deshalb auch nie die Mühe gemacht, nach ihr zu suchen. Und da ihre Mutter auf jegliche Unterhaltszahlungen verzichtet und ihrer Tochter den Namen ihres leiblichen Vaters nie verraten hatte, war es auch für Marlene nicht möglich, nach ihm zu suchen. Vor drei Jahren stand er dann aus heiterem Himmel vor ihrem Elternhaus, um mit ihrer Mutter zu sprechen, und damit kam alles ins Rollen.

»Wenn man so lange zusammen ist, dann gewöhnt man sich an den anderen. Vor ein paar Tagen war Nils abends mit ein paar Arbeitskollegen unterwegs und ich habe mit meiner Mutter telefoniert. Wenn Nils nicht zu Hause ist, weiß ich manchmal nicht, ob ich ihn vermisse, weil er mir fehlt oder weil ich seine Anwesenheit einfach gewohnt bin.«

»Hey …« Maya senkte ihre Stimme. Sie wollte nicht, dass die anderen dieses Gespräch mitbekamen. »Nils ist ein toller Kerl, und er trägt dich auf Händen, Marlene. Er hat es nicht verdient, dass du an ihm zweifelst.«

Marlene schniefte und wischte sich die Nase mit dem Handrücken ab.

»Du hast recht. Ich muss mit ihm darüber reden.«

Es bereitete Maya Angst, sie so zu hören. Marlene und Nils waren für sie immer der Inbegriff der großen Liebe gewesen. Sie war sich immer sicher gewesen, nichts und niemand könnte sie jemals auseinanderbringen. Dass Marlene an ihren Gefühlen für ihn zweifelte, ließ ihren Glauben ein wenig ins Wanken geraten.

»Ihr wollt in ein paar Wochen heiraten, Marlene.«

»Ich weiß und ich bin so furchtbar aufgeregt deswegen. Niemand kann mir sagen, ob diese Unsicherheit normal ist. Meine Mutter meinte, es läge an der Nervosität. Keine Ahnung, vielleicht hat sie recht.« Sie seufzte und strich sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht. »Ich würde gerne noch mal dieses Kribbeln im Bauch spüren, verstehst du? So wie du gerade. Ich weiß gar nicht mehr, wie sich das anfühlt.«

Schweigend betrachtete Maya ihre Freundin und dachte über ihre Worte nach. Statistisch gesehen verlor der Mensch nach sechs Monaten die rosarote Brille und die erste Verliebtheit verflog. Erst danach wurde man mit den Fehlern des Partners konfrontiert und sah klarer, und wer diese Phase überstand, konnte von wahrer Liebe sprechen. Lieben konnte man schließlich nur jemanden, den man auch kannte. Mit Fehlern und Macken. Und dies war viel wertvoller als diese kleinen Insekten, die sich im Bauch tummelten. War es nicht schöner, zu wissen, von einem Partner geliebt zu werden, weil man war, wer man war, anstatt sich zu verbiegen und jeden Tag eine Rolle spielen zu müssen? Maya dachte an ihre Eltern, die seit fünfundzwanzig Jahren durch dick und dünn gingen. Sie waren zwar nicht immer einer Meinung, aber sie blickten stets in dieselbe Richtung.

»Du möchtest eure Beziehung aber nicht für ein bisschen Kribbeln aufs Spiel setzen, oder«?«, fragte Maya vorsichtig.

Marlene biss auf ihrer Unterlippe herum und schaute sie verlegen an. Ein seltsames Gefühl verknotete ihren Magen.

»Darf ich dich etwas fragen?«

Nervös nickte Maya.

»Was, wenn ich damals die falsche Wahl getroffen habe?« Marlenes Stimme zitterte, und Maya griff nach ihrer Hand und drückte sie.

Sie wusste, was ihre beste Freundin meinte. Marlene hatte sich vor acht Jahren zwischen ihrem damaligen Freund Lukas und Nils entscheiden müssen. In beide hatte sie sich verliebt und sich letztendlich für Nils entschieden. Bisher hatte Maya sie nie darüber zweifeln gehört.

»Du liebst Nils, und er liebt dich. Es ist ganz natürlich, dass du jetzt, kurz vor eurer Hochzeit, ein wenig Angst bekommst. Schließlich heiratet man nicht jeden Tag. Aber wenn du wirklich zweifelst, dass Nils der Richtige für dich ist, dann musst du mit ihm darüber reden, Süße.« Marlene hob den Blick und starrte Maya mit kugelrunden Augen an. Tränen schimmerten darin. Sie blinzelte ein paar Mal, dann zeichnete sich ein Lächeln auf ihren Lippen ab.

»Dass du und Cosmo euch endlich gefunden habt, freut mich für euch.«

Maya wusste, dass Marlene das Thema auf sich beruhen lassen wollte. »Ehrlich gesagt, macht mir das ein wenig Angst.«

»Was meinst du mit das?«

»Dieses Glück.« Maya drehte den Kopf, um sie anzusehen. »Ich will endlich Nägel mit Köpfen machen.«

Marlene griff nach ihrer Hand und drückte sie. »Na hör mal. Es hat ja auch ganz schön lange gedauert. Du darfst glücklich sein.«

»Aber so viel Glück ist ungesund. Ich habe Angst, dass ich bereits am Zenit angekommen bin und morgen alles in sich zusammenbricht.«

»Wie kommst du nur immer auf diesen Scheiß? Hast du vergessen, welche Odyssee ihr durchlaufen habt? Jedes Mal, wenn ich dachte, okay, jetzt haben sie es gepackt, kam etwas dazwischen.« Zerknirscht schüttelte sie den Kopf. »Ehrlich gesagt, wir haben schon Wetten auf euch abgeschlossen.«

»Im Ernst?«

»Jepp. Toni und Nora meinten, ihr bekommt das nie hin. Ich habe für euch gestimmt.«

Maya wusste nicht, ob sie lachen oder weinen sollte. »Was war der Wetteinsatz?«

»Nacktbaden am Starnberger See. Um die Mittagszeit.«

»Oh mein Gott! Im Winter? Ihr seid verrückt!«

Marlene zwinkerte ihr schelmisch zu. »Ich nicht. Ich weiß, dass ich gewinnen werde.«

»Meinst du wirklich?« Die Euphorie war plötzlich wieder verschwunden. Maya nahm einen Stapel Bierdeckel und platzierte sie übereinander, während sie flüsterte: »Ich glaube irgendwie, jeder Mensch hat nur eine bestimmte Portion Glück zu Beginn mitbekommen, verstehst du? Der eine mehr, der andere weniger. Na ja, es liegt in deiner Hand, wie sparsam du damit umgehst. Wenn es aufgebraucht ist, dann ist es vorbei. Kein Nachschlag, verstehst du?«

Marlene sah sie ausdruckslos an. »Wenn das deine Theorie ist, wie ist es dann bei Nils und mir?«

»Das ist etwas anderes. Ihr habt euch gesehen, es hat Bumm gemacht, und eine Woche später hast du dich für ihn entschieden. Seit acht Jahren seid ihr zwei zusammen, da gab es mal ein paar Hochs und Tiefs, aber im Grunde genommen war schon immer klar, dass ihr zwei alt miteinander werdet.«

»Wie gesagt, so sicher bin ich mir da nicht.«

»Aber jeder andere um euch herum.«

»Und bei dir ist das anders?«

»Ja. Cosmo und ich haben uns so oft aus den Augen verloren. Immer kam etwas dazwischen. Das Schicksal hat schon Überstunden einlegen müssen, damit das mit uns endlich klappt. Ich habe Angst, dass ich seine Geduld überstrapaziert habe.«

»Das klingt aber ziemlich unfair.«

»Seit wann ist das Leben denn fair?«

Marlene stützte ihr Kinn auf ihrer Hand ab und blickte sie mitleidig an. »Und du glaubst, dass dein Glücksbonus schon ausgeschöpft ist, weil du morgen ein Date mit ihm haben wirst?«

»Nicht nur, aber hauptsächlich … ja.« Marlene starrte Maya eine Weile stumm an, dann schüttelte sie den Kopf.

»Deine Theorie ist bescheuert.«

»Warum?«, fragte Maya verwirrt.