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Anastasia Zampounidis

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Beschreibung

Glücklich essen statt verzichten

Anastasia Zampounidis ist trockener Sugarholic. Jahrzehntelang griff sie zu Süßigkeiten, wenn sie sich beruhigen, trösten oder belohnen wollte, und erweckte damit nur neuen Heißhunger. Ein regelrechter Suchtkreislauf aus kurzfristiger Befriedigung und baldigem Verlagen nach mehr entstand. Dann ging sie auf Entzug, mit großartigen Folgen: Sie verlor Gewicht, fühlte sich ausgeglichener und fitter, zudem sieht die Endvierzigerin aus wie Anfang dreißig.

Welche Folgen hat Konsum von Zucker also wirklich? Wie wirkt er, wo steckt er überall drin und wie nascht man ohne das süße Gift? Anastasia Zampounidis erzählt von ihrem Weg aus der Zuckerhölle, sie klärt über seine Wirkungsweise auf und verrät Tipps und Rezepte, die zuckerfrei glücklich machen.

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Seitenzahl: 256

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Ähnliche


INHALT

Cover

Über das Buch

Über die Autorin

Titel

Impressum

Widmung

KEINE SÜßHOLZRASPELEI

MY BIG FAT GREEK EATING

MUSIKFERNSEHEN IST KEIN ZUCKERSCHLECKEN

DER GEMEINE KRISTALL

ANASTASIAS ANASTASIS

TCM

HELL’S KITCHEN

»WAS ISST DU, WENN DU SÜßES WILLST?«

DAS IST NICHT LUSTIG

ANGEBOTE, DIE MAN NICHT ABLEHNEN KANN?

SELBST IST DIE FRAU

LA DOLCE VITA

ÓPIOS VIÁSETE SKONTÁFTI

ANHANG

EIN BEISPIEL-TAG

REZEPTE

MEINE TEEREZEPTE

VERSTECKTE ZUCKER

ZUCKERERSATZSTOFFE

KONSERVIERUNGSMITTEL

GESCHMACKSVERSTÄRKER

AROMEN

FARBSTOFFE

VERPACKUNGSINFORMATIONEN

WAS FEHLT?

TROCKENOBST & CO.

BASISCHE UND SAURE LEBENSMITTEL

KRÄUTER UND IHRE WIRKUNGEN

GUTER SCHLAF

Fußnoten

Über das Buch

Anastasia Zampounidis ist »trockener Sugarholic«. Jahrzehntelang griff sie zu Süßigkeiten, wenn sie sich beruhigen, trösten oder belohnen wollte, und weckte damit nur neuen Heißhunger. Dann ging sie auf Entzug, mit großartigen Folgen: Sie verlor Gewicht, fühlte sich ausgeglichener und fitter, zudem sieht die 47-Jährige aus wie Anfang dreißig. Was also hat es mit Zucker auf sich? Wie wirkt er, wo steckt er überall drin, und wie nascht man ohne das süße Gift? Anastasia Zampounidis erzählt von ihrem Weg aus der Zuckerhölle, sie klärt über seine Wirkungsweise auf und verrät Tipps und Rezepte, die zuckerfrei glücklich machen.

Über die Autorin

Anastasia Zampounidis, 1968 geboren, begann ihre TV-Karriere beim Musiksender MTV. Es folgten Moderationen für Wetten, dass…?, Sixx TV und ZDFneo. Zuletzt deckte sie im Namen des ZDF als WISO-Konsumagentin regelmäßig Verbraucherfallen auf, unter anderem in der Dokumentation Die Zuckerfalle. Seit elf Jahren verzichtet sie auf Zucker und hat dafür ein Vielfaches an Energie und Lebensfreude gewonnen.

ANASTASIAZAMPOUNIDIS

Schlank, gesund und glücklichohne das süße Gift

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe

des in der Bastei Lübbe AG erschienenen Werkes

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

Alle Fakten, Thesen und Ratschläge in diesem Buch wurden sorgfältig ausgewählt, durchdacht und wo möglich durch Ausprobieren und Anwendung auf ihre Wirksamkeit geprüft. Dennoch können Verlag und Autorin keine Garantie für den Erfolg oder ein bestimmtes Ergebnis übernehmen. Die Anwendung erfolgt immer auf eigenes Risiko und eigene Verantwortung. Bitte ziehen Sie bei gesundheitlichen Problemen eine Ärztin oder einen Arzt Ihres Vertrauens hinzu. Der Verlag übernimmt für etwaige Gesundheitsschäden jeglicher Art keine Haftung.

Originalausgabe

Copyright © 2017 by Bastei Lübbe AG, Köln

Umschlaggestaltung: ZERO Werbeagentur, München unterVerwendung von Motiven von © Tomas Rodriguez, Köln;© shutterstock: FinePicMotiv vordere Innenklappe © ZampounidisMotiv hintere Innenklappe © Tomas Rodriguez, Köln

eBook-Erstellung: Urban SatzKonzept, Düsseldorf

ISBN 978-3-7325-4932-0

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

Für Kleoniki

»Alle Ding sind Gift und nichts ist ohn Gift –allein die Dosis macht, das ein Ding kein Gift ist.«

Theophrastus Aureolus Bombastus von Hohenheim,genannt Paracelsus, war ein kluger Mann, der von1493 bis 1541 lebte. An seinen vielen Vornamen könnenSie erkennen, dass seine Eltern offenbar viel Freizeit hatten. Theophrastus ist übrigens griechisch und bedeutet soviel wie »der das Göttliche in Worte fasst«.Wofür Anastasia steht (und noch vieles mehr),

KEINE SÜßHOLZRASPELEI

oder

WARUM DIESES BUCH HÄLT, WAS ES VERSPRICHT

»Hallo, mein Name ist Anastasia, und ich bin Sugarholic. Trockene Sugarholic wohlgemerkt!«

Wenn Sie diese Begrüßung jetzt ein wenig an das Ritual der Anonymen Alkoholiker erinnert, dann liegen Sie da gar nicht so falsch. Denn das Thema dieses Buches hat mit einer Art Sucht zu tun. Seit mittlerweile zehn Jahren verzichte ich konsequent auf jegliche Art von verarbeitetem Zucker, und damit habe ich nicht nur die Kontrolle über mein Essverhalten zurückgewonnen, sondern dazu noch eine gehörige Portion Energie und Lebensqualität.

Falls Sie dieses Vorwort ganz old school in einer Buchhandlung lesen und dabei überlegen, warum Sie gerade dieses Buch zum Thema Zuckerfreiheit erwerben sollen und nicht die Werke links und rechts von mir im Regal, dann möchte ich Ihnen an dieser Stelle (natürlich ganz uneigennützig) einige Entscheidungshilfen geben.

Wie meist ist es einfacher, zuerst zu sagen, was eine Sache nicht ist.

Für immer zuckerfrei ist kein Promi-Vehikel. Es ist nicht unüblich, dass prominente Namen mit einem angesagten Thema gekoppelt werden, um der Sache einen größeren Schwung zu verleihen. Dagegen gibt es auch gar nichts einzuwenden. Wenn es einer guten Sache dient, warum nicht? Mir ist aber schon wichtig, darauf hinzuweisen, dass ich mich seit zehn Jahren zuckerfrei ernähre, also zu einer Zeit damit begonnen habe, als der derzeitige Trend noch gar nicht absehbar war. Und ich werde mich auch weiter auf dieser Basis ernähren, ganz egal, was die Zukunft noch an Moden bringt. Denn die zuckerfreie Ernährung ist für mich inzwischen weit mehr als ein Trend. Sie gehört zu meinem Leben untrennbar dazu.

Seit den ersten Tagen meines zuckerfreien Daseins wollte ich alles andere als eine Missionarin sein. Ich begann damit ganz einfach, weil es mir guttat. Entsprechend machte ich kein Geheimnis daraus, konnte aber genauso damit leben, dass andere Leute andere Wege zum Glück suchten und fanden, getreu dem alten Spruch von John Lennon: »Whatever get’s you through the night, it’s alright.« Als aber in der letzten Zeit das Thema Zucker verstärkt in den Medien behandelt wurde und mich immer mehr Leute fragten, wie es denn mit meinen Erfahrungen aussieht, sah ich auch keinerlei Grund, mit meiner Meinung und meinen Erfahrungen hinter dem Berg zu halten. Und ein Buch ist immer noch das beste Medium, wenn es darum geht, Fakten, Erfahrungen und Erkenntnisse zu präsentieren.

Wenn man sich mit dem Thema Zucker beschäftigt, stößt man früher oder später auf den Begriff »leere Kalorien«. Dazu später mehr. Sofort möchte ich allerdings erwähnen, dass es bei diesem Thema auch nicht wenige leere Versprechungen gibt. Ich behaupte nicht, alles über zuckerfreie Ernährung zu wissen. Aber alles, was in diesem Buch steht, habe ich mir selbst erarbeitet, ausprobiert und auf Praxistauglichkeit getestet. In Für immer zuckerfrei wird das Thema nicht von A–Z behandelt, aber ich stehe mit meinem Namen für dieses Werk ein. Wo Anastasia Zampounidis draufsteht, ist auch zuckerfreie Ernährung drin. Genauer gesagt, bürge ich nicht nur mit meinem Namen, sondern auch meinem Aussehen. Wann immer ich irgendwo auftrete, werde ich schon mit meiner Erscheinung daran gemessen, ob das stimmt, was ich hier erzähle. Ich lasse mich auf dieses Wagnis ein, weil ich von dem, was ich tue, überzeugt bin.

Für immer zuckerfrei ist keine Mogelpackung und kein Etikettenschwindel. Es geht hier um viel mehr als um Light-Produkte und zuckerfreie Kaugummis. Mein Programm will nichts weniger, als Industriezucker von der Speisekarte zu verdammen, für immer und ewig, mit aller Konsequenz.

Es wäre verlogen, zu behaupten, dass man dem Zucker einfach so Adieu sagen kann, aber genauso falsch wäre es meiner Meinung nach, Lesern einzubläuen, nur ein drakonischer Strafenkatalog, kombiniert mit einem Regelwerk voller Selbstgeißelung, führe zum Erfolg. Das Leben muss vor allem Spaß machen, gerade wenn man es ändern will. Dieses Motto stand und steht über allem, was ich tue. Deshalb erzähle ich hier Schritt für Schritt, wie ich vorging. Woher ich kam, was die Ernährung betrifft, aber auch sonst. Wie ich überhaupt auf die Idee kam, mich zuckerfrei zu ernähren. Was mir dabei widerfuhr. Welche Fehler ich machte, welche Rückschläge ich dabei erlitt, welche Erfolge und Glücksmomente ich erlebte. Wenn ich Sie damit ermutigen kann, über Ihr Leben nachzudenken, würde ich mich freuen.

Während ich an dem Buch arbeitete, habe ich versucht mich daran zu erinnern, welche Probleme sich für mich vor allem am Anfang meines Weges stellten. Ehrlich gesagt war mir damals nicht mal in Ansätzen klar, worauf ich mich einlasse und welche weitreichenden Konsequenzen meine Entscheidung hatte. Heute gibt es viel mehr Informationen, aber in den entscheidenden Momenten ist man auch jetzt noch allein. Was soll man tun, wenn Erfolge ausbleiben, der Zweifel und – nicht zu vergessen – der Jieper auf was Süßes kommen? In diesen und anderen Situationen soll Ihnen mein Buch zur Seite stehen, ein Freund oder eine Freundin sein, die zumindest eine Ahnung von dem haben, was Sie gerade erleben.

Und glauben Sie mir, auch wenn es manchmal schwerfällt: Die Mühe wird sich lohnen. Lassen Sie es mich rundheraus und ohne jede Süßholzraspelei sagen: Dieses Buch kann Ihr Leben verändern. Essen hat einen essenziellen Einfluss auf unser Wohlbefinden, was schon bei dem viel zitierten Spruch »Man ist, was man isst« deutlich wird.

Eine auf den ersten Blick ganz banale Entscheidung – kein industrieller Zucker mehr – hat mein Leben vollkommen umgekrempelt. Und zwar auf allen Ebenen. Ich fühle mich besser, denke klarer, bin gesünder und fitter als je zuvor. Und was das Äußere betrifft: Wohl jeder Mensch freut sich, wenn er für jünger gehalten wird, und dass mir die Bemerkung schmeichelt, ich sähe aus wie Anfang dreißig, während ich mich in Wirklichkeit am anderen Ende der Vierzig bewege, will ich nicht leugnen. Mir tut es nur für meine Mutter leid, weil sie den Tag fürchtet, an dem ich für ihre Enkeltochter gehalten werde. Aber keine Angst, Mama, so weit wird es nicht kommen. Und all den Redakteuren, die Probleme haben, bei mir Fotos zum Thema »früher und heute« rauszusuchen, weil die Unterschiede so gering sind, möchte ich zurufen: Es gibt Schlimmeres auf dieser Welt, oder?

Ein gewisses Know-how über Zucker, dessen Suchtwirkung, die Konsequenzen des übermäßigen Konsums und die Tricks der Lebensmittelindustrie stellt ein solides Fundament dar, um Fallen zu vermeiden und die eigene Ernährung langfristig verantwortungsvoll und bewusst zu gestalten.

Um Sie gegen diese Zuckerfallen zu wappnen, gebe ich Ihnen am Ende dieses Buches praktische Tabellen und nützliche Listen mit, die Sie für Ihre zukünftigen Einkäufe und Kochsessions verwenden können. Wenn man sie mit dem Smartphone abfotografiert, hat man sie immer dabei. Ich lasse Experten zu Wort kommen und berichte, was für erschreckende Auswirkungen übermäßiger Zuckerkonsum hat. Das ist an einigen Punkten nichts für schwache Nerven, aber nichtsdestotrotz leider Realität.

Einfach formuliert: Ich hoffe, dass mein Buch das Ihre wird. Es soll Ihnen Spaß beim Lesen bringen, Mut für Veränderungen machen und Ihnen bei den ganz praktischen Fragen mit Rat und Tat zur Seite stehen. Und wer weiß, vielleicht werfen Sie nach Ihren ersten Erfolgserlebnissen dieses Buch jubelnd in die Luft. Gerne! Das hält es aus. Und selbst wenn Sie am Ende Freudentränen vergießen und davon ein paar auf diese Seiten tropfen – kein Problem. Es ist ja nicht aus Zucker.

MY BIG FAT GREEK EATING

oder

WIE ALLES ANFING

Der Film My Big Fat Greek Wedding kam in den ersten Jahren des 21. Jahrhunderts in die Kinos. Damals sagte man die »Nuller Jahre«, aber ich hoffe doch sehr, dass der Menschheit im Laufe dieses Jahrhunderts noch eine bessere Bezeichnung einfällt. In dem Film wird die Geschichte einer nicht mehr ganz so jungen Griechin in Chicago erzählt, die sich mit einem Einfallsreichtum, der auch dem listenreichen Odysseus nicht schlecht angestanden hätte, aus den Fängen ihrer etwas überfürsorglichen Familie befreit und die im Laufe der Handlung – natürlich – die große Liebe findet. Zu den ungewöhnlichen Wendungen des Streifens gehört, dass sich hier nicht das Mädchen aus der griechischen Community dem angelsächsischen Mann anpasste, sondern dass der sich von ihren Sitten und Gebräuchen so begeistert zeigte, dass er ihr zuliebe sogar die Religion wechselte.

Der Film war in Europa und in den Vereinigten Staaten ein großer Erfolg, die Einspielergebnisse übertrafen sogar die von Pretty Woman. Plötzlich schien in den USA jeder zu wissen, dass es so etwas wie eine griechische Minderheit gab. Dabei hatten Leute griechischer Abkunft dem Land schon viel früher ihren Stempel aufgedrückt. Es fiel halt nur nicht so auf, weil unsere Bescheidenheit eben geradezu sprichwörtlich ist.1 Was Hollywood betrifft, ist Jennifer Aniston (Ex-Friends-Darstellerin und derzeit die Frau, an die Brad Pitt möglicherweise wehmütig zurückdenkt) wahrscheinlich der bekannteste Name, aber auch in anderen Bereichen haben Griechen Großes geleistet. Ich erinnere nur an George Stephanopoulos, der als Politikberater entscheidenden Anteil an dem Wahlsieg Bill Clintons hatte (und meiner Meinung nach sah er außerdem besser aus und hatte sich – im Unterschied zu seinem Chef – auch fast immer als Gentleman erwiesen). Dass er in der bereits erwähnten Serie Friends als Gaststar aufschlug, war in dieser Hinsicht keine Überraschung mehr.

Nach My Big Fat Greek Wedding jedenfalls hatte uns jeder auf dem Schirm, und viele Leute hatten an der romantischen Komödie großen Spaß. Der sei ihnen auch von Herzen gegönnt. Ein bisschen Fiktion, ein bisschen Übertreibung – alles okay, solange man sich gut unterhalten fühlt. Aus griechischer Sicht hingegen hatte dieser Film in bestimmten Momenten die Schärfe einer unbestechlich beobachtenden Dokumentation. Und zwar in all jenen Punkten, in denen es um das Essen ging. In dieser Beziehung bildet der Film den Alltag in einer griechischen Familie wahrheitsgetreu und detailliert ab.

Essen gehen heißt für Griechen, unter Leute gehen. Wenn man keine Zeit oder kein Geld oder keine Lust für einen Besuch in der Taverna oder im Estiatoro hat, dann trifft man sich zu Hause mit Freunden oder der Familie. Und dabei geht es um mehr als um Energiezufuhr. Viel mehr. Im Deutschen gibt es das Sprichwort »Essen und Trinken hält Leib und Seele zusammen.« Nun, im Griechischen hält Essen und Trinken alles zusammen. Die Familie, die Ehen, die Freundschaften, ja vielleicht sogar das ganze Land. Bei unseren Familienzusammenkünften in der norddeutschen Tiefebene schien es bei jedem gemeinsamen Mahl ein wenig so, als würde der Himmel Hellas’ über unserer Tafel leuchten. Und wenn wir im Urlaub in der Nähe von Thessaloniki waren, dann war die Heimkehr erst dann wirklich komplett, wenn wir gemeinsam speisten.

Meine Beziehung zu Griechenland ist auch heute noch unverändert stark. Ich halte uns für ein recht verrücktes, aber auch wahnsinnig liebenswertes Völkchen. Und ich kenne keinen, der in Griechenland war und danach nicht positiv über Land, Leute, Küche und Kultur geredet hat. Wer Genaueres wissen will, sollte also einfach seinen nächsten Urlaub in Griechenland verbringen. Mehr brauche ich dazu nicht zu sagen – alles andere hieße Eulen nach Athen tragen.

Aber zurück zum Speisen. Natürlich musste immer alles aufgegessen werden, schon allein damit über Griechenland die Sonne scheint. Wenn vier Köpfe am Tisch förmlich den Teller fast mitessen, warum sollte Klein-Anastasia dann etwas darauf liegen lassen? Nö, aufessen war angesagt! Und das fiel mir nicht schwer, denn es schmeckte einfach himmlisch.

Unumstrittene Herrscherin über die Tiegel, Töpfe und Teller war natürlich meine Mutter, die uns mit Rezepten verwöhnte, die ihr in langer Familientradition übermittelt und streng geheim gehalten wurden. Na gut, das Letzte stimmt nicht so ganz, aber Sie merken schon, kulinarische Künste wurden sehr ernst genommen.

Zu den absoluten Lieblingsgerichten meiner Mutter gehören Dolmades2, aber auch Stifado und Avgolemono sind sehr lecker. Stifado ist ein Eintopf mit Fleisch, Avgolemono eine herzhafte Hühnersuppe. Da ich mich zurzeit vegan ernähre, stehen diese beiden Gerichte nicht mehr auf meinem Speiseplan, aber ich kann mich noch sehr gut an diese Köstlichkeiten erinnern und sie jedem empfehlen, der kein Gelübde zur fleischlosen Ernährung abgelegt hat.

Zwar gibt es in Griechenland auch Fast Food, aber dieser Markt wird tatsächlich von einheimischen Ketten dominiert, viele McDonald’s-Filialen mussten nach ihrer Eröffnung bald wieder schließen. Und das hat ausnahmsweise mal nichts mit irgendwelchen Wirtschaftskrisen zu tun, sondern damit, dass Griechen gern auf ihre Geschmacksknospen hören und außerdem Gerichte wie Gyros, Souflaki oder Pita haben, die, wie man auch hierzulande weiß, durchaus fastfoodkompatibel sind.

Die griechische Küche ist so etwas wie die Urmutter aller europäischen Küchen. Einige Speisen werden schon seit über viertausend Jahren auf die annähernd selbe Art und Weise gekocht. Gerichte wie die Linsensuppe, Fasolada oder der Wein Retsina können bis auf das Altertum zurückgeführt werden. Das Gewürz Thymian wird schon in der Odyssee von Homer erwähnt. Sogar auch das erste Kochbuch der Menschheit wurde von einem Griechen verfasst. Fall es jemanden interessiert, der Herr hörte auf den Namen Archestratos.

Wie alle mediterranen Küchen baut die griechische Küche auf die kulinarische Dreifaltigkeit Weizen, Oliven und Wein, aber darüber hinaus gibt es natürlich noch jede Menge anderer Zutaten. In der zerklüfteten Bergwelt Griechenlands gibt es verhältnismäßig wenig Raum für Weiden, die groß genug für Rinderherden sind, weshalb die Speisekarte in Fleischfragen von Ziegen und Schafen dominiert wird. Fische, Muscheln, Krabben, Calamari und so weiter gehören bei einer Seefahrernation selbstverständlich von Anfang an dazu.

Feta, für viele das griechische Molkereiprodukt schlechthin, wurde zu byzantinischen Zeiten erfunden. Damals kamen auch noch Kaviar und Gewürze wie Muskatnuss und Basilikum hinzu. Später dann grüne Bohnen, Okra und grüner Pfeffer. Bestimmte Gewürze – so zum Beispiel Oregano, Knoblauch, Minze, Dill oder Lorbeer – werden bei uns mehr und öfter verwendet als anderswo im Mittelmeerraum. Die griechische Küche gilt nicht als besonders raffiniert, aber das war mir von Anfang an egal. Mir war nur eines wichtig: Es schmeckt.

Schon zu recht früher Zeit spielten bei den griechischen Kochkünsten medizinische Überlegungen eine Rolle. So beeinflusste der Arzt Galen aus Pergamon mit seiner Vier-Elemente-Theorie im 3. Jahrhundert schon diverse Rezepturen. Er vertrat die Auffassung, dass die Elemente Feuer, Wasser, Luft und Erde in unterschiedlichen Zusammensetzungen die Grundbausteine der Welt bilden, in der wir leben. Wir werden dem Namen Galen später noch einmal begegnen, wenn ich ein bisschen tiefer in die Ernährungsfragen eingestiegen bin, zum jetzigen Zeitpunkt reicht es zu wissen, dass ich damals von diesem Herrn noch keine Silbe gehört hatte, und selbst wenn – er hätte mich bestimmt nicht weiter interessiert.

Da die griechische Küche – außer ihren Nachtischen – fast zuckerfrei ist, ist sie natürlich auch sehr gesund. Und sie hat mich in vielen Punkten vorteilhaft geprägt. Kaum ein griechisches Gericht kommt ohne Olivenöl aus; auch ich koche jeden Tag damit. Genauso verdanke ich meine Aufgeschlossenheit gegenüber Gemüse dem griechischen Speiseplan. Ich hatte als Kind keine Brokkoli-Allergie und auch keine Einwände gegen irgendein anderes Gemüse. Ja, zeitweise sah ich mich selbst als eine Gemüsesorte. In meinen Träumen war ich eine Paprika, knallrot leuchtend und lebendig. Obst mochte ich sowieso, für Erdbeeren und Wassermelone ließ ich alles stehen und liegen.

Neben Merkmalen, die alle griechischen Gerichte teilen, gibt es natürlich noch jede Menge regionaler Unterschiede.

Meine Familie kommt aus dem Umland von Thessaloniki. Das ist eine Hafenstadt im Nordosten Griechenlands, nicht weit entfernt von der Gegend, in der Alexander der Große geboren wurde. Manche sagen, dass die Stadt sogar nach einer Halbschwester von Alexander benannt wurde. Außerdem wurde Kemal Atatürk, der Gründer der modernen Türkei, hier geboren, aber das nur nebenbei.

Thessaloniki ist die Hauptstadt von Mazedonien, manche der Leute, die dort wohnen, sagen auch, dass Thessaloniki so etwas wie die heimliche und wahre Hauptstadt Griechenlands ist, aber da halte ich mich raus.

Thessaloniki ist sehr alt. Die Stadt wird schon in der Bibel erwähnt, weil der Apostel Paulus zwei Briefe an die dortige Gemeinde geschrieben hat. Und wenn man etwas Nettes über die Post sagen will, dann kann man behaupten, dass sie seit den biblischen Zeiten nicht sehr viel langsamer geworden ist.

In der für Thessaloniki typischen Küche gibt es neben türkischen auch französische Einflüsse, außerdem legt man hier viel Wert auf gute Suppen (wie die bereits erwähnte Avgolemono). Aber man kann noch mehr. 1957 wurde der Café Frappé der Welt zum ersten Mal in Thessaloniki präsentiert. Und es gibt noch andere für die Stadt typische Süßigkeiten wie das Blätterteigdessert Bougatsa. Wenn man dazu noch bedenkt, dass die griechischen Bienen ihren Nektar meist auf Zitronen- oder Orangenbäumen suchen und so ihrem Honig einen eigenen, geradezu unwiderstehlichen Geschmack geben, dann kann man vielleicht nachvollziehen, dass mir mit meiner Liebe zur griechischen Küche auch ein tiefgehendes Verlangen nach Süßigkeiten mit in die Wiege gelegt worden ist.

Ja, es hat gar keinen Zweck, da noch länger drum herumzureden.

Ich liebe Süßes.

Das habe ich immer, das werde ich bis zum letzten Tag meines Daseins. Das machte mich schon sehr früh in meinem Leben zum Sugarholic. Bald hatte ich mich durch die Bandbreite der griechischen Pastetchen und Desserts gefuttert und war nun fest entschlossen, auf neue Entdeckungsreisen zu gehen. Ich habe jeden Tag entweder ein Eis, Schokoriegel oder Kuchen gegessen, es verging tatsächlich kein Tag ohne. Damals war ich natürlich weit davon entfernt zu wissen, dass ich weitaus mehr Zucker zu mir nahm, als nur in den genannten Produkten steckte.

Zum Glück war ich mein Leben lang aktiv. Als Kind war ich immer draußen zum Spielen unterwegs. Trotzdem hatte ich ein wenig »zu viel« auf den Rippen, aber das nennt man im Kindesalter ja liebevoll »Babyspeck«. Das war ja auch nicht dramatisch. Verboten waren Süßigkeiten bei uns zu Hause trotzdem nie – zum Glück, denn ich kann mir gut vorstellen, dass ich sonst eine handfeste Essstörung entwickelt hätte. Schließlich wird das Verbotene für Kinder erst recht interessant.

Aber man wird auf diesem Planeten keine einzige griechische Mutter finden, die ihren Kindern das Essen von was auch immer verbietet.

Meine Mutter hat mir erzählt, dass ich manchmal als Kind nach einer oder auch zwei DM (für die Jüngeren: Damit ist keine Drogerie-Kette, sondern die gute alte Deutsche Mark gemeint) gefragt habe mit der Begründung, Schulutensilien besorgen zu müssen. Sie hätte aber genau gewusst, dass ich damit direkt zur nächsten »Bude« laufen würde, um mir Süßes zu holen. Dummerweise lag genau auf meinem Schulweg eine verlockende Bude, die einen erheblichen Umsatz mit meiner Wenigkeit gemacht hat. Als ich den Besitzer irgendwann in einem chromblitzenden Mitteklassewagen vorfahren sah, musste ich nicht lange rätseln, wie er die Neuanschaffung finanziert hatte. Ein großer Teil des Geldes kam von mir, und ich war längst nicht das einzige Kind, das sich in seiner Freizeit als Naschkatze probierte.

Am liebsten habe ich mir dort im Sommer Eis geholt (kann sich jemand an den Braunen Bär erinnern?) oder sonst auch ein kleines Papiertütchen mit unterschiedlichen Goodies à 5 Pfennig pro Stück. Ich erinnere mich an Plastikmuscheln, die man genüsslich auslecken konnte oder Lakritz-Dominosteine. Aber gut, ich hör schon auf.

Im Supermarkt war ich den speziell für Kinder gemachten Süßigkeiten verfallen, Kindchenschema-Gesichter strahlten mir aus den Regalen entgegen, auch meine Lieblingsbiene Maja oder Pinocchio waren dabei. (Zum Glück wuchs mir bei den kleinen Lügen meiner Mama gegenüber nicht auch so eine lange Nase.) Und damit haben die Marketingstrategien der Süßwarenindustrie bei mir voll gegriffen. So viel ich heute über die Verkaufstechniken der süßen Verführer weiß, so gnadenlos war ich ihnen damals ausgeliefert.

Natürlich prangte oft auch ein volles Glas Milch auf der Verpackung. Heute weiß ich zum Glück, wie gesund so eine Zuckerbombe wirklich ist und wie viel Milch tatsächlich drinsteckt. Es ist sicherlich unfair, hier von »Spurenelementen« zu sprechen, aber am Ende bleibt doch erschreckend wenig. Sehr wenig!

Da ich nicht besorgniserregend übergewichtig war, hat meine Mutter in ihrer milden Weisheit Nachsicht mit mir geübt. Gut so, meine Mama ist eben die Beste!

Der liebe Gott meinte es dann gut mit mir und schickte mir zu Beginn meiner Teenie-Jahre noch ein paar Zentimeter Körpergröße, und so streckten sich die Kilos. Als Teenager habe ich Sport gemacht, mal ein Jahr Handball, mal ein Jahr Fußball gespielt, zudem getanzt, und dann war ich eben immer draußen unterwegs. In den 1980er Jahren gab es keine Smartphones, kein Internet, keine Computer. Wir hatten nur zwei TV-Sender und einen Fernseher für unsere fünfköpfige Familie. Das sieht heute anders aus, und darin besteht gerade für Kinder eine Gefahr. Die nötige Bewegung fehlt ihnen oft, sodass ein übermäßiger Zuckerkonsum schnell zu Übergewicht führt. Fatal ist das gerade bei Kindern, da fettleibige Kinder oft größere Schwierigkeiten haben, das Gewicht im Erwachsenenalter zu verlieren.

Wir hatten dagegen gar nicht die Möglichkeit, den ganzen Tag fernzusehen, da es schlicht nicht genug Kinderprogramm gab. Und Videospiele existierten (zumindest in unserem Haushalt) noch nicht. Wiesen, Bäche und Parks waren für uns der einzige Abenteuerspielplatz, und der reichte uns völlig aus.

Man sagt, Kinder imitieren das Verhalten von Eltern. Das stimmt mit Sicherheit oft, aber in meiner Familie hat mir niemand das Naschen vorgemacht. Insofern kann ich die Verantwortung für meinen Sugarholismus auf niemanden abwälzen. Ich war die Einzige, die wie wild Schoki & Co. gegessen hat. Meine beiden Brüder waren nie so verrückt nach Süßem, und meine Eltern auch nicht. Aber sie wollten mir natürlich, wann immer es sich anbot, eine Freude machen.

In Griechenland wird eher der Namenstag gefeiert als der Geburtstag, doch auch so gab es reihum zum jeweiligen Feiertag, außerdem natürlich zu Weihnachten und Ostern, dicke, fette Schlagsahnetorten. Die zauberte meine Mutter in stundenlanger Arbeit in der Küche für uns herbei. Mein Gott, was für ein Aufwand für geradezu göttliche Kreationen, von denen am Ende nichts, aber auch gar nichts übrig blieb. Und ich war sooo dankbar. Und wie! Das ging so weit, dass ich auf einmal großes Interesse zeigte, in der Küche »zu helfen«. Na ja, nicht wirklich. Ich tauchte zwar öfter dort auf, aber wirklich hilfreich war meine Anwesenheit wohl eher nicht. Beim »Assistieren« probierte ich vielmehr Schlagsahne und rohen Teig, leckte die Utensilien genüsslich ab und war schon gut versorgt, bis auch noch das Endprodukt von mir verputzt wurde. Im Nachhinein betrachtet, ein wahres Torten-Massaker. Oder, vielleicht kann man auch von einem Torten-Vertilgungs-Marathon sprechen. Immerhin geht es hier um die griechische Küche.

Natürlich habe auch ich als Teenager mal versucht, eine Diät zu machen. Schließlich wird einem von allen Werbeplakaten und TV-Spots ein übertrieben schlankes Ideal unter die Nase gerieben, und niemand sagt einem, dass so ein Model unter Umständen nicht gesund lebt und die meisten Frauen auch gar nicht so aussehen. Als junger Mensch ist man nun mal emotional noch nicht so gefestigt, sodass man sehr leicht beeinflusst werden kann. Als Kind wollte ich die ganzen bunten, glänzenden Süßigkeiten nebst den Sammelbildchen im Schaufenster der Bude, als Teenager wollte ich dann so aussehen wie die Models auf den Titelblättern der Magazine, die direkt neben den Naschereien ausgestellt waren.

Ein Arzt hatte der Mutter einer Freundin tatsächlich eine Eier-Diät empfohlen. Wir sprechen jetzt wieder von den 1980er Jahren. Damals war mein Vertrauen in die klassische Medizin noch ungebrochen. Wenn ein Arzt etwas empfiehlt, dachte ich mir, dann kann es nicht so verkehrt sein. Von wegen! Ich glaube, ich habe fünf bis sechs Eier pro Tag gegessen, ansonsten Knäckebrot und vielleicht noch etwas Obst.

Das war die sogenannte Eier-Diät.

Ich kann mich erinnern, dass es tatsächlich gestopft und den Appetit gehemmt hat, aber am dritten Tag ging gar nichts mehr. Fünf Tage hätte ich nicht überlebt. Die Konsequenz war natürlich der klassische Jo-Jo-Effekt, nachdem ich an zweieinhalb Tagen zwei Kilo verloren hatte (viel zu viel), und ich habe etwa fünf Jahre (! – kein Scherz) keine Eier mehr essen können.

Nun gut, das ganze Diät-Malheur hatte ein Gutes: Ich habe danach nie wieder eine Mono-Diät gemacht. So habe ich mit meinen zarten siebzehn Jahren sehr schnell verstanden, dass das der falsche Weg ist.

So viel zu meinem Eier-Massaker. (Hier möchte ich lieber nicht von einem Eier-Marathon sprechen.)

Im Sommer im Griechenland-Urlaub am Strand habe ich immer von ganz allein abgenommen. In sechs Wochen Sommerferien waren von ganz allein zwei bis drei Kilogramm runter. Perfekt! Im Verlauf des Winters in Deutschland kamen die zwar wieder zurück, aber hey, selbst wenn ich zehn Kilo mehr gewogen hätte, wäre ich nicht übergewichtig gewesen und ganz bestimmt gesund. Meine Mutter hat schließlich jeden Tag frisch gekocht. Mein Problem war, dass ich durch den Süßkram zwischendurch zur Essenszeit oft gar keinen Appetit mehr hatte und pappsatt war. Nur um dann später am Abend am Kühlschrank nach einem Snack zu suchen, denn in Sachen Zucker verlangt der Körper nach ungefähr einer Stunde Nachschub.

Ich bin davon überzeugt, dass exzessives Essen immer mit einer starken Emotion einhergeht. Das heißt, man isst, weil eigentlich ein anderes Gefühl den Hunger dominiert. Entweder man möchte es betäuben, wie bei jeder Sucht, weil es ein unangenehmes Gefühl ist wie zum Beispiel Einsamkeit oder Liebeskummer, oder man möchte das vorhandene Gefühl potenzieren wie zum Beispiel Euphorie oder Belohnung für eine gelungene Leistung.

Dann gibt es noch eine dritte Möglichkeit: Ein wo auch immer vorhandenes Loch soll gestopft werden. Irgendetwas fehlt im Leben. Vielleicht ein erfüllender Job oder ein Partner an der Seite?

Ich habe bei jedem Gefühl – egal ob Euphorie oder Niedergeschlagenheit – Lust auf Süßes gehabt. Das war fatal! Ob glücklich, traurig, müde, fit – immer! Das machte mich natürlich besonders anfällig für die Sucht.

Zum Abitur saß ich wie Tausende andere Schüler drei Wochen am Stück von morgens bis abends am Schreibtisch, um mich für die drei schriftlichen Klausuren vorzubereiten. Ich bat meine Mutter mir jeden Tag eine Dreier-Packung Schokoriegel mitzubringen. Ich nahm locker drei Kilogramm zu in diesen drei Wochen. Aua.

Danach und davor studierte ich aber sechs verschiedene von mir choreografierte Tänze mit Mitschülern für die Abifeier ein – an fünf Tagen der Woche. Ohne diese Action wären es wahrscheinlich mehr als nur sechs Pfund gewesen.

Fatal war dann mein anschließender Trip nach Los Angeles. Nach dem Abitur ging ich für zwanzig Monate nach Kalifornien. Wir schreiben das Jahr 1988. Auch im Westen Deutschlands gab es zu diesem Zeitpunkt nicht annähernd so eine große Auswahl an Süßigkeiten wie damals in den USA. Ich fühlte mich wie das sprichwörtliche child in a candy shop, das Kind im Süßwarenladen. Ich bin die ersten drei Monate fast durchgedreht und nahm nochmals drei Kilogramm zu. Zig verschiedene Sorten Eiscreme, Schokoriegel mit Peanut-Butter, Brownies, Donuts und und und – extrem fatal, weil Fett und Zucker. Das Büdchen, das mir in meiner Kindheit wie das Paradies vorgekommen war, sah dagegen trostlos wie eine Eisenwarenhandlung aus. Kalifornien war das neue Paradies. Und da am Venice Beach immer noch genug Fitness-Freaks mit ihrem Traumkörpern rumturnten, die aber auch Süßkram einwarfen, war es nur zu verlockend, der Illusion anzuhängen, beides haben zu können: die Schokoladenseite der Speisekarte und des Körpers gleichermaßen.

Hinzu kam, das meine Kumpels und ich arm wie die Kirchenmäuse waren. Wir lebten zwar in Kalifornien, hatten aber weder ein Mansion am Malibu Beach noch ein Apartment in Bel Air. Darum sind wir immer zu den einschlägigen Fast-Food-Ketten gegangen und haben uns die Burger geholt, die gerade im Angebot waren. Die gab es dann schon für einen Dollar. Auch Fast-Food-Ketten benutzen übrigens neben Fett gerne noch Zucker als Geschmacksträger – ganz zu schweigen von Geschmacksverstärkern wie Glutamat. Und wenn man dazu bedenkt, dass von bestimmten Kreationen schon ein einziger Burger mehr Kalorien hat, als man an einem Tag verbrauchen kann …

Nun klingen sechs oder sieben Kilogramm mehr als vorher nicht viel, aber wenn man nur 1,61 Meter groß ist, sind das mindestens zwei Kleidergrößen Unterschied. Man muss Kilos ja immer in Relation zur Körpergröße setzen.

Zum Glück stand dann im März der Spring Break an, und ich sah mich vor meinem geistigen Auge am Strand im Bikini. Da gingen alle Warnlampen an. Schlimmer noch war mein Körpergefühl: Ich fühlte mich unfit und träge. Der letzte Anstoß kam, als ich mich auch noch unsterblich in einen australischen Gitarrenspieler verliebte. Ich nahm also etwas ab, aber natürlich konnte ich dem Fast Food und den geliebten Süßigkeiten nicht ganz Ade sagen. Im Gegenteil. Ich kann mich noch an regelrechte Zucker-Orgien erinnern.

Wir hatten damals einen Fernseher direkt am Bett, und das fand ich schon sehr cool. 9½ Wochen