Furchtbare Rache (Horrorgeschichte) - Nikolai Gogol - E-Book

Furchtbare Rache (Horrorgeschichte) E-Book

Nikolái Gógol

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Beschreibung

Dieses eBook: "Furchtbare Rache (Horrorgeschichte)" ist mit einem detaillierten und dynamischen Inhaltsverzeichnis versehen und wurde sorgfältig korrekturgelesen. Die Erzählung führen den Leser in eine frühere Zeit. Es ist die Welt der dörflichen Ukraine, voll praller Lebenslust und Aberglauben. Diese heitere volkstümliche Welt ist aber nur auf den ersten Blick fröhlich, harmonisch und natürlich. Dieser Schein täuscht, denn das harmonische Bild wird durch phantastische Ursachen gestört, die in den heiteren Alltag einbrechen. Nikolai Gogol (1809-1852) war ein russischer Schriftsteller. Im Jahr 1831 lernte Gogol den Dichter Alexander Puschkin kennen, der ihm den Weg in die russische Literatur wies. Puschkin wurde ihm Freund und Förderer. So regte Puschkin an, den Revisor und Die toten Seelen zu schreiben - beide Werke fanden später höchste Anerkennung. Er feierte mit seinen volkstümlichen ukrainischen Erzählungen Abende auf dem Weiler bei Dikanka einen Überraschungserfolg. Es ist die einzigartige Kombination der derben Vertep-Komödiantik mit dem ukrainischen Lokalkolorit und märchenhafter, bisweilen unheimlicher Phantastik, die den Erzählband zum Erfolg machte.

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Nikolai Gogol

Furchtbare Rache (Horrorgeschichte)

Eine verzweigte Rachegeschichte aus der Welt der Kosaken (Gruselklassiker)

Übersetzer: Korfiz Holm

e-artnow, 2014
ISBN 978-80-268-2302-5

Inhaltsverzeichnis

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Inhaltsverzeichnis

Musik und Jauchzen klangen hell durch Kiews Vorstadt. Der Sohn des Obersten Gorobetz hielt Hochzeit. Viel Gäste waren da geladen. Ja, in der alten Zeit verstand man’s noch, mit Lust zu schmausen und zu zechen, verstand man es, so recht aus Herzensgrunde froh zu sein. Auf seinem braunen Gaule war der Kosak Mikitka zum Fest geeilt, geradeswegs vom tollen Becherschwingen auf dem Pereschlaier Feld. Dort hatte er die Junker des Polackenkönigs durch sieben Tage und durch sieben Nächte mit rotem Weine freigehalten.

Gekommen war auch des Obersten Gorobetz Blutsbruder Danilo Burulbasch, der seinen Hof zwischen den zwei Bergen drüben über dem Dnjepr hatte, und mit ihm sein junges Weib, Frau Katherina, und der kleine Sohn, den sie ihm erst vor einem Jahr geboren. Die Gästeschar bewunderte Frau Katherinens weiße Haut, die dichten Brauen, so köstlich schwarz wie deutscher Samt, die Jacke aus dem feinsten Tuch, den Rock von blauer Seide, die Saffianstiefel mit den silbernen Hufeisen unter den Hacken. Erstaunlich aber fand es jeder, daß ihr alter Vater nicht mitgekommen war. Der hauste erst seit einem Jahre wieder drüben über dem Fluß. Vorher hatte er durch zwanzig und ein Jahr außer Landes geweilt und niemals Botschaft heimgeschickt. Da er die Tochter endlich wiedersah, war sie schon Herrn Danilos Weib und lag im ersten Wochenbett. Der Alte hätte mancherlei erzählen können von Abenteuern und von Fahrten. Leicht kann erzählen, wer so lange Zeit in fremden Ländern war! Dort ist es nicht wie hier: dort lebt ein anderes Volk, das nicht einmal christliche Kirchen kennt. Aber nun war der Vater der Frau Katherina nicht zum Hochzeitsfest gekommen.

Ein warmer Würztrank aus Pflaumen und Rosinen wurde den Gästen aufgetischt, dazu aus großer Schüssel ein Hochzeitsbrot. Die Musikanten legten ihre Zimbeln, Geigen und Schellentrommeln für eine Weile weg und machten sich gar eifrig über den Brotlaib her. Denn in den waren Geldstücke für sie eingebacken. Bald aber wischten sich die jungen Frauen und die Mädel den Mund und stellten sich von neuem in einer langen Reihe auf. Die Burschen stemmten flott die Fäuste in die Hüften und warfen kecke Blicke. Schon zuckten ihre Füße, um auf die Schönen zuzutanzen, – da trat der alte Oberst aus dem Haus. Er trug zwei Heiligenbilder in den Händen, mit denen wollte er dem jungen Paar den Segen geben. Die Bilder hatte er von einem frommen Büßer, der Vater Bartholomäus hieß. Sie waren schlicht gefaßt und eingerahmt und prunkten nicht mit Gold noch Silber. Doch wer sie unter seinem Dache hatte, der war gefeit vor allen bösen Geistern. Der Oberst hob die Bilder und begann ein kurzes Gebet, – da schrie die Schar der Kinder, die stillvergnügt ihr Spiel am Boden trieb, erschrocken auf, und auch die Großen prallten jählings auseinander. Mitten im Kreis der Gäste stand ein Kosak, den keiner kannte. Er hatte vorhin den Kosakentanz so flott und so gelenkig aufgeführt, daß alle lachen mußten. Doch als der Oberst die geweihten Bilder hochhob, war der Fremde mit einem Schlag seltsam verwandelt. Die Nase schoß ihm in die Länge und krümmte sich zur Seite, die braunen Augen wurden grün, die Lippen blau, das Kinn begann zu zittern und spitzte sich gleich einer Lanze zu, ein Hauer wuchs ihm aus dem Mund, der Rücken wölbte sich zum Höcker; der Kosak war plötzlich ein uralter Mann.

»Er ist’s, er ist’s!« erklangen bange Stimmen. Erschrocken drängte sich das Volk zu Hauf.

»Der Zauberer ist wieder da!« schrieen die Mütter und schirmten ihre Kinder mit den Händen.

Beschwörend hob der Oberst die geweihten Bilder und rief feierlich:

»Heb dich von hinnen, Ausgeburt der Hölle! Hier ist nicht deines Bleibens!«

Fauchend und zähneknirschend gleich einem Wolf verschwand der schlimme Gast.

Durch die Menge ging nun ein Raunen und ein Fragen, – das gab ein Brausen wie das Meer im Sturm.

»Was hat es mit dem Zauberer für eine Bewandtnis?« fragten die jungen Leute, die ihn zum ersten Male sahen.

Die Alten schüttelten die Köpfe.

»Das hat nichts Gutes zu bedeuten!«

Hier stand ein Häuflein Leute im weiten Hof des Obersten und dort ein Häuflein Leute. Alle wollten Geschichten von dem bösen Zauberer hören. Doch jeder sagte etwas anderes, und sichere Kunde wußte keiner.

Der Oberst ließ ein Fäßchen Met anzapfen und viele Eimer griechischen Weins aus seinem Keller holen. Das brachte bald die alte Fröhlichkeit zurück. Die Musikanten spielten; die Mädchen und die jungen Frauen, die frischen Burschen in ihren roten Röcken stampften im feurigen Kosakentanz den Boden. Selbst mancher Alte mit neunzig und mit hundert Jahren, der einen Becher über den Durst getrunken hatte, wagte dreist ein Tänzchen und gedachte der schönen Zeit von einst, da auch er noch mit Gottes Hilfe ein rechter Kerl gewesen war. Tief in die Nacht hinein ward froh gezecht, so mörderlich gezecht, wie heutzutage kein Mensch mehr zechen kann. Als sich das Fest zum Ende neigte, fuhren aus der Gästeschar nur wenige heim. Gar viele betteten sich ihr Lager für die Nacht im weiten Hof des Obersten, noch mehr von den Kosaken blieben aber da liegen, wo sie waren, und schliefen ungewiegt: unter den Bänken, auf der bloßen Erde, neben den Gäulen, vor dem Kuhstall. Wo der gewaltige Rausch solch einen Kämpen hinwarf, da lag er fest und hob ein Schnarchen an, daß es ganz Kiew hören konnte.

2

Inhaltsverzeichnis

Stilles Licht versilbert die Welt, – der Mond ist über den Bergkamm gestiegen. Er spreitet seinen Glanz gleich einem Nesseltuch aus seiner weißer Seide über die Dnjeprufer und scheucht die Schatten tief ins Fichtendickicht.

Mitten im Dnjepr schwimmt ein eichener Einbaum. Zwei junge Burschen sitzen vorn im Kahn. Sie tragen ihre schwarzen Lammfellmützen keck auf dem linken Ohr. Wie Funken vom Feuerstahl, so fahren unter ihren Rudern leuchtende Spritzer in die Luft. – Doch warum singen die Kosaken kein munteres Lied? Warum schelten sie nicht auf die Polackenpfaffen, die das rechtgläubige Volk im Grenzland katholisch taufen wollen? Warum sprechen sie nicht davon, wie ihre Scharen zwei Tage lang die Schlacht geschlagen haben, die man die Schlacht am Salzsee nennt? – Die Burschen wagen nicht zu singen, sie wagen nicht von kühnen Taten zu erzählen, da Herr Danilo, ihr Gebieter, tief in Gedanken ist. Der Ärmel seines roten Rockes ist aus dem Kahn geglitten und plätschert leis im Wasser. Frau Katherina wiegt in ihren Armen still das Kind und läßt die Augen ernst auf seinem Antlitz ruhn. Ihr Festgewand aus seinem Tuch ist übersprüht von grauem Wasserstaub.

Schön ist vom Dnjeprspiegel her die Schau auf hohe Berge, breite Wiesen, dunkelgrüne Wälder. Die Berge hier sind keine Berge, – sie haben keinen Fuß und strecken spitze Gipfel nach unten wie nach oben; drunten wie droben blaut hoch und weit der Himmelsraum. Die Wälder auf den Hügeln dort sind keine Wälder, – sie sind des Waldschrats zottiges Gelock; und drunten spielt die Flut um seinen Bart. Und unter seinem Bart wie über seinem Haupthaar blaut hoch und weit der Himmelsraum. Die Wiesen an den Ufern dort sind keine Wiesen, – sie sind der grüne Gürtel, der die Mitte des Himmels sanft umspannt; und unter diesem Gürtel wie über ihm lustwandelt durch den Himmelsraum der Mond.

Danilo sieht die Berge nicht und nicht die Wälder, – er sieht nur auf sein Weib.

»Mein junges Weib, geliebte Katherina, was für ein Kummer drückt dein Herz?«

»Kein Kummer drückt mein Herz, o mein Gemahl! Mir gehen bloß die schlimmen Dinge nach, die sie vom bösen Zauberer erzählten. Er war von klein auf schon so häßlich, daß kein anderes Kind je mit ihm spielen wollte. Ist das nicht furchtbar, Herr Danilo? Er glaubt, daß jeder ihn verlacht! Wenn ihm im Abenddunkel ein Mensch begegnet, meint er immer, der Fremde fletsche ihm zu Hohn und Spott die Zähne. Und kommt der Morgen, dann findet man den Mann, der ihm zur Nacht begegnet ist, tot auf der Straße liegen. Das ist so furchtbar, Herr Danilo, und will mir gar nicht aus dem Sinn,« sprach Katherina. Dann zog sie ihr gesticktes Tüchlein aus der Tasche und wischte ihrem kleinen Sohn die Stirn.

Danilo sagte kein Wort. Er spähte seitwärts in das Dunkel, wo durch die Stämme schwarz ein Erdwall lugte, der das Gemäuer einer alten Burg umschloß. Drei Falten traten auf Herrn Danilos Stirn, er strich sich seinen kecken Schnauzbart.

»Mag es auch schlimm sein,« sprach er, »daß er ein Zauberer ist, – weit schlimmer dünkt es mich, daß er ein sehr verdächtiger Nachbar ist! Was in drei Teufels Namen sucht er hier? Man munkelt, die Polacken wollen da eine Zwingburg aufrichten. Die sperrt uns dann den Weg zu unserm Lager hinter den Dnjeprschnellen. Sie sollen’s nur versuchen! In Trümmer leg’ ich ihm sein Teufelsnest, wenn ich herausbekomme, daß der Schuft geheime Ränke spinnt. Verbrannt wird dann der Zauberer; auch nicht den Raben soll etwas an ihm zu fressen bleiben! Gold und andres Gut gibt es in seiner Burg auch nicht zu wenig, – das halt’ ich für gewiß. Dort drüben haust er, der verdammte Satan! Und hat er einen tüchtigen Haufen Gold, dann um so besser …! Wir kommen gleich vorbei an einem Feld voll Kreuzen, – das ist der Friedhof, wo die Knochen seiner schurkischen Ahnen modern. Von denen ist noch immer jeder gern bereit gewesen, sich gegen ein Stück Geld dem Teufel zu verschreiben mit Seel’ und Leib und seinem schäbigen Rock dazu. – Und hat der Kerl solch einen Haufen Gold, – wozu soll man da lang’ warten? Das ist so gute Beute wie im Krieg.«

»Ich weiß, was du im Sinn hast,« sagte Frau Katherina. »Und Böses ahnt mir von deinem Kampf mit ihm. Danilo, dein Atem geht so schwer, du schaust so grimmig drein, so finster dräuen deine Brauen …«

»Schweig, Weib!« rief Herr Danilo zornentbrannt.

»Wer sich mit euch befaßt, wird selber bald zum Weib. Bursch, gib mir Feuer für die Pfeife!«

Der Bursche klopfte aus seiner Pfeife Glut und tat sie in die Pfeife seines Herrn.