Petersburger Erzählungen - Nikolai Gogol - E-Book

Petersburger Erzählungen E-Book

Nikolái Gógol

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Beschreibung

Es sind wunderliche Sachen, die vor der städtischen Kulisse St. Petersburgs geschehen: Hunde, die eine Briefkorrespondenz führen, eine Nase auf freiem Fuß, ein spukender Mantel Gogols literarische Welt ist grotesk, er verfremdet das, was uns eigentlich vertraut ist. Gegenstände werden personifiziert, Menschen verdinglicht. Das Dämonische ist allseits präsent, Schein und Sein nie klar getrennt; zu entblößen versuchen es der Humor und die Überspitzungen im Erzählton. Gogol leitet das Absurde in der russischen Literatur ein und ebnet den Weg zum Surrealismus. Die Petersburger Erzählungen versammeln: Der Mantel, Die Nase, Der Newskij-Prospekt, Das Porträt, Aufzeichnungen eines Wahnsinnigen.

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NIKOLAI GOGOL,geb. 1809 in der Ukraine, war von Kindheit auf ein eher kränklicher, unansehnlicher Zeitgenosse, der jeher dem Spott seiner Mitmenschen ausgesetzt war und als menschliches Rätsel galt. Die Versuche, eine Schauspiellaufbahn einzuschlagen und mit einer Verserzählung erfolgreich zu werden, schlugen fehl. Durch die Bekanntschaft mit dem bedeutenden russischen Dichter Alexander Puschkin bekam er die Möglichkeit Gelegenheitsjobs als Privatlehrer auszuüben und begann durch dessen wertvolle Impulse und Ideen Prosatexte zu schreiben. Sein erster ukrainisch-volkstümlicher Erzählband Abende auf dem Weiler bei Dikanka machten ihn schnell bekannt; ebenso beliebt wurde die Komödie Der Revisor und sein Hauptwerk Die toten Seelen. Aus religiösem Wahn oder einer Psychose heraus begann er seine Werke anzuzweifeln, verbrannte das Manuskript des zweiten Teils der toten Seelen und verweigerte schließlich die Nahrungsaufnahme, die 1852 in Moskau zu seinem Tod führte.

Zum Buch

Es sind wunderliche Sachen, die vor der städtischen Kulisse St. Petersburgs geschehen: Hunde, die eine Briefkorrespondenz führen, eine Nase auf freiem Fuß, ein Mäntel stehlendes Gespenst … Gogols literarische Welt ist grotesk, er verfremdet das, was uns eigentlich vertraut ist. Gegenstände werden personifiziert, Menschen verdinglicht. Das Dämonische ist allseits präsent, Schein und Sein nie klar getrennt; zu entblößen versucht er es mit Humor und Überspitzungen im Erzählton. Ein scharfer und zugleich humoriger Blick auf die Gesellschaft St. Petersburgs in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts.

Die Petersburger Erzählungen versammeln:Der Mantel, Die Nase, Der Newskij-Prospekt,Das Porträt, Aufzeichnungen eines Irren.

»Wir sind alle aus Gogols Mantel hervorgegangen« – diese Worte Dostojewskis machen die Bedeutung Gogols für die russische Literatur deutlich. Er leitet nicht nur die natürliche Schule ein, sondern ebnet auch die Wege zum russischen Surrealismus. Besonders auffällig und eigen ist seine Kombination der Darstellung realistischer gesellschaftlicher Verhältnisse mit phantastischen und grotesken Elementen. Gogols Sarkasmus zielt auf die Schattenseiten des Menschen ab, nicht wenig davon generiert er aus sich selbst heraus: »Keiner meiner Leser wußte, daß er, als er über meine Helden lachte, über mich gelacht hat … ich nahm irgendeine meiner schlechten Eigenschaften, verfolgte sie in einem anderen Stande oder Berufe, bemühte mich, sie mir als meinen Todfeind vorzustellen, der mir die empfindlichste Kränkung zugefügt hätte und setzte ihm nun mit Bosheit, Spott und allem was mir einfiel, zu.«

»Wie unmittelbar, wie stark ist Gogol! Das ist einfach begeisternd und nichts weiter. Er ist der größte russische Schriftsteller.«Anton Tschechow

Nikolai Gogol

Petersburger Erzählungen

Nikolai Gogol

PetersburgerErzählungen

Aus dem Russischen vonAlexander Eliasberg

Bibliografische Information der Deutschen NationalbibliothekDie Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über https://dnb.d-nb.de abrufbar.

Es ist nicht gestattet, Abbildungen und Texte dieses Buches zu scannen, in PCs oder auf CDs zu speichern oder mit Computern zu verändern oder einzeln oder zusammen mit anderen Bildvorlagen zu manipulieren, es sei denn mit schriftlicher Genehmigung des Verlages.

Alle Rechte vorbehalten

© by marixverlag in der Verlagshaus Römerweg GmbH, Wiesbaden 2015Der Text basiert auf der Ausgabe marixverlag, Wiesbaden 2015Covergestaltung: network! Werbeagentur GmbH, MünchenBildnachweis: Sergej Alexandrowitsch Alimow (*1938),Bühnenentwurf für den Film »Die Nase« von Nikolai Vassilievich Gogol.1998–2001, Zentrales Künstlerhaus, Moskau. Rechte bei dem Künstler.eBook-Bearbeitung: Bookwire GmbH, Frankfurt am Main

ISBN: 978-3-8438-0484-4

www.verlagshaus-roemerweg.de

»Wie seltsam, wie unfaßbar spielt doch unser Schicksal mit uns! Erlangen wir je das, was wir uns wünschen? Erreichen wir das, wozu uns unsere Kräfte zu befähigen scheinen? Alles kommt immer anders.«

Gogol, Aufzeichnungen eines Irren

INHALT

DIE NASE

DAS PORTRÄT

DER MANTEL

DER NEWSKIJ-PROSPEKT

AUFZEICHNUNGEN EINES IRREN

DIE NASE

I

Am 25. März geschah in Petersburg etwas ungewöhnlich Seltsames. Der Barbier Iwan Jakowlewitsch, der auf dem Wosnessenskij-Prospekt wohnte (sein Familienname ist in Vergessenheit geraten und selbst auf seinem Ladenschilde, das einen Herrn mit einer eingeseiften Wange und der Inschrift: »Und wird auch zur Ader gelassen« darstellt, nicht erwähnt), der Barbier Iwan Jakowlewitsch erwachte ziemlich früh am Morgen und roch den Duft von warmem Brot. Er setzte sich im Bette auf und sah, wie seine Gattin, eine recht ehrenwerte Dame, die sehr gerne Kaffee trank, frischgebackene Brote aus dem Ofen nahm.

»Heute möchte ich keinen Kaffee, Praskowja Ossipowna,« sagte Iwan Jakowlewitsch, »statt dessen möchte ich warmes Brot mit Zwiebeln.« (Das heißt, Iwan Jakowlewitsch wollte wohl das eine und das andere, er wußte aber, daß es unmöglich war, beides auf einmal zu verlangen, denn Praskowja Ossipowna mochte solche Launen nicht.) – Soll nur der Dummkopf Brot essen, umso besser für mich, – sagte sich die Gattin: – so bleibt mehr Kaffee für mich übrig. – Und sie warf ein Brot auf den Tisch.

Iwan Jakowlewitsch zog des Anstandes halber einen Frack über sein Hemd, setzte sich an den Tisch, nahm etwas Salz, schnitt zwei Zwiebeln zurecht, ergriff das Messer, machte eine wichtige Miene und begann das Brot zu zerteilen. Als er es in zwei Hälften geschnitten hatte, blickte er hinein und sah darin zu seinem Erstaunen etwas Weibliches. Iwan Jakowlewitsch kratzte vorsichtig mit dem Messer und tastete mit dem Finger. – Es ist etwas Festes, – sagte er sich, – was kann es sein?

Er bohrte mit den Fingern und zog – eine Nase heraus! … Iwan Jakowlewitsch ließ die Hände sinken; er fing an, sich die Augen zu reiben und es zu betasten: eine Nase, tatsächlich eine Nase! Sie kam ihm sogar bekannt vor. Iwan Jakowlewitschs Gesicht zeigte Entsetzen. Dieses Entsetzen war aber nichts im Vergleich mit der Empörung, die sich seiner Gattin bemächtigte.

»Wo hast du diese Nase abgeschnitten, du Unmensch?« schrie sie ihn wütend an. »Verbrecher! Trunkenbold! Ich selbst werde dich bei der Polizei anzeigen. Du Räuber! Drei Herren haben mir schon gesagt, daß du beim Rasieren so heftig an den Nasen ziehst, daß sie fast abreißen.«

Iwan Jakowlewitsch war aber mehr tot als lebendig: er erkannte, daß die Nase dem Kollegien-Assessor Kowaljow gehörte, den er jeden Mittwoch und Sonntag zu rasieren pflegte.

»Halt, Praskowja Ossipowna! Ich will sie in einen Lappen einwickeln und in die Ecke legen: sie wird dort eine Zeitlang liegen, und dann trage ich sie weg.«

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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