Fußballprofi 1: Fußballprofi - Ein Talent wird entdeckt - Irene Margil - E-Book
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Fußballprofi 1: Fußballprofi - Ein Talent wird entdeckt E-Book

Irene Margil

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Beschreibung

Fußball und sonst gar nichts - mitreißend erzählt von Bestseller-Autor Andreas Schlüter Der Weg zum Profi! Niklas hat einen großen Traum: Fußballprofi werden! Als ihn der erfolgreiche FC Rotweiß für die C-Jugend-Mannschaft anwirbt, scheint der Traum von der Bundesliga plötzlich ganz nah. Aber ist er wirklich gut genug? Und wie werden seine Kumpels reagieren - vor allem sein bester Freund Tobias? Band 1 "Fußballprofi": Niklas ist 14. Er kommt zum Profiverein FC Rot-Weiß. Band 2 "Fußballprofi": Niklas ist 16. Er geht aufs Fußballinternat. Band 3 "Fußballprofi": Niklas ist fast 18. Er spielt in der 1. Bundesliga.

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Die ganze „Fußballprofi“-Trilogie von Andreas Schlüter und Irene Margil auf einen Blick: Band 1 Ein Talent wird entdeckt Band 2 Ein Talent steigt auf Band 3 Ein Spieler wird zum Star Carlsen-Newsletter Tolle neue Lesetipps kostenlos per E-Mail!www.carlsen.de Alle Rechte vorbehalten. Unbefugte Nutzungen, wie etwa Vervielfältigung, Verbreitung, Speicherung oder Übertragung, können zivil- oder strafrechtlich verfolgt werden. Copyright © Carlsen Verlag GmbH, Hamburg 2012 Umschlag- und Innenillustrationen: Markus Spang ISBN 978-3-646-92362-9 Alle Bücher im Internet unterwww.carlsen.de

Schlaflose Nacht

Mit blauen Flecken und schmerzenden Muskeln sitzt Niklas in der Kabine und lauscht den Halbzeit-Anweisungen des Trainers: „Dem Gegner keinen Raum geben! Ihn zu Fehlern zwingen! Früh attackieren und den zweiten Ball erobern!“ Die Worte dröhnen ihm durch den Schädel. Immer wieder, wie die Endlosschleife einer Telefonansage. Und zurück auf den Platz. Ein Blick auf die Anzeige – 14:0 für die Gegner!

Schweißgebadet schreckte Niklas hoch und riss die Augen auf. Um ihn herum kein Trainer, kein Mitspieler, keine Kabine und kein Fußballplatz. Nur sein Zimmer im Halbdunkel der Straßenbeleuchtung.

„Oh Mann!“, stöhnte Niklas. „Was für ein Traum!“

Er knipste die Nachttischlampe an und sah auf den Wecker. Fast zwei Uhr! Blieben also noch fünfeinhalb Stunden, bis er aufstehen musste.

Es war immer das Gleiche. Vor jedem wichtigen Spiel war er so aufgedreht, dass er sich im Bett hin und her wälzte, unruhig schlief und den größten Blödsinn träumte. Und auch jetzt kreisten seine Gedanken nur um eins.

Die Saison war spannend verlaufen. Der FC Berne und „die Gelben“, wie sie ihre schärfsten Kontrahenten um die Staffel-Meisterschaft kurz nannten, führten abwechselnd die Tabelle der C-Jugend an. Und morgen fiel im letzten Spiel die Entscheidung.

Seinen neuen Ronaldinho-Trick wollte er auf jeden Fall einsetzen: den Ball ganz eng am rechten Außenrist führen, auf den Gegner zulaufen, das Gewicht auf das linke Bein verlagern … Allein beim Gedanken daran kribbelte es Niklas in den Beinen und sein Kopf lief auf Hochtouren. Schlafen? Fehlanzeige!

Konnte er morgen wohl von Anfang an seine Stärken zeigen? Wie würde der Gegner eingestellt sein? Hoffentlich fand sein bester Freund Tobias heute Nacht mehr Ruhe als er. Das Team musste doch fit und ausgeruht sein!

Niklas’ Blick wanderte über seine Fußballtrophäen. An die Zimmerdecke hatte er seine Urkunden gepinnt, auf einem Regalbrett standen zwei Pokale und die Medaillen hingen daneben an einem Nagel. Sein größter Schatz aber war die Silbermedaille ganz vorne, die im Halbdunkel glänzte. Sie stammte von der ersten inoffiziellen U12-WM in Bologna, an der er vor zwei Jahren teilgenommen hatte … Niklas schaltete die Lampe wieder aus und zog die Decke über den Kopf. Wie machen das die Profis?, überlegte er. Wie schlafen die vor einem wichtigen Spiel ein?

Er musste an Thomas Müller denken, sein großes Vorbild. Stars wie er standen doch unter enormem Druck. Kameras verfolgten jede Bewegung, jeden Spielzug. Die guten und die schlechten. Verlorene Zweikämpfe wurden in der Zeitlupe dokumentiert. Millionen Menschen studierten an den Fernsehern jeden Schritt der Spieler. Das musste doch auch einen erfahrenen Profi nervös machen.

Niklas streckte den Kopf wieder aus der Decke. Wie das wohl wäre, Fußballprofi zu sein? Er versuchte sich vorzustellen, selbst Woche für Woche in einem der riesigen Stadien auf dem Rasen zu stehen. Beinahe konnte er die Menge seinen Namen rufen hören: „Ni-klas! Ni-klas! Ni-klas …“

„Happy birthday to you, happy birthday to you!“, klang es am nächsten Morgen schrill in Niklas’ Ohren. Noch bevor er die Augen öffnete, wunderte er sich über zwei Dinge: Erstens, dass er überhaupt geschlafen hatte – ihm war, als hätte er vor Aufregung die ganze Nacht wach gelegen. Und zweitens war bei all der Grübelei über das Spiel völlig in den Hintergrund gerückt, dass er heute auch noch Geburtstag hatte!

Seine Mutter sang im Schein der Kerzen, die auf dem Kuchen steckten, und strahlte über das ganze Gesicht. Wie jedes Jahr. Dieses Jahr waren es schon vierzehn Kerzen. Fast hätte sie bei dem Wort „happy“ eine davon ausgepustet. Papa stand hinter ihr und brummte leise mit. Auch wie jedes Jahr. „Happy birthday, lieber Niklas, happy birthday to you!“

Niklas richtete sich auf und murmelte ein verschlafenes „Danke“.

Seine Mutter stellte den Kuchen aufs Bett. Auch wie jedes Jahr.

„Vergiss nicht, dir was zu wünschen!“, erinnerte sie ihn, während er tief Luft holte.

Niklas glaubte eigentlich nicht mehr daran, dass sich durch Geburtstagskuchenkerzenausblasen Wünsche erfüllten. Seit Jahren erträumte er sich beim Geburtstagskuchenkerzenausblasen die Staffelmeisterschaft und trotzdem hatte es seine Mannschaft nie geschafft. Aber dieses Jahr fand das entscheidende Spiel genau an seinem Geburtstag statt. Vielleicht änderte das ja etwas. Er musste jede noch so kleine Chance nutzen, den Sieg herbeizuführen …

Niklas war plötzlich hellwach und konzentrierte sich. Ich wünsche mir, dass wir heute gewinnen. Ich wünsche mir die Meisterschaft in dieser Staffel!, dachte er, während er so lang pustete, bis auch die letzte Kerze erloschen war. Von jeder stieg ein dünner Rauchfaden in Schlangenlinien auf.

„Hui, alle auf einmal!“ Seine Mutter wedelte den Rauch durch die Luft und beugte sich vor, um ihn zu umarmen. „Alles Gute, mein Herz!“ Sie gab Niklas einen dicken Kuss auf die Wange.

Sein Vater klopfte ihm stolz auf die Schultern. „Herzlichen Glückwunsch, Großer!“

Niklas duckte sich weg. „Herzlichen Glückwunsch“ – als ob er die Meisterschaft schon gewonnen hätte! Dabei hatte er doch einfach nur Geburtstag.

„Die Geschenke warten schon im Wohnzimmer auf dich“, sagte seine Mutter. Auch das war jedes Jahr so.

Für den Sieg im bevorstehenden Spiel hätte Niklas auf alle Geschenke verzichtet. Aber so war der Titel leider nicht zu kriegen. Das größte Geburtstagsgeschenk konnte er sich nur selbst machen. Um zu gewinnen, würde Niklas jeden Weg gehen, jeden Zentimeter Boden erkämpfen, dem Gegenspieler keinen Zweikampf schenken. Im Gegenteil: Keinen Schritt, keinen Pass sollte sein Gegenspieler machen können, ohne Niklas’ bissigen Widerstand überwinden zu müssen. In der Abwehrarbeit würde er seinen Gegenspieler nicht aus den Augen lassen. „Und wenn der zwischendurch aufs Klo geht, gehst du mit“, sagte der Trainer immer.

Niklas stellte den Kuchen beiseite, stieg aus dem Bett, zog den Vorhang auf und sah hinaus. Das Wetter spielte mit. Strahlend blauer Himmel, an dem kein Wölkchen zu entdecken war.

„Geburtstagswetter!“ Seine Mutter strahlte.

„Fußballwetter!“, rief Niklas.

Seine Mutter rollte mit den Augen. „Ja, ja, schon gut. Nun pack erst mal deine Geschenke aus.“

Niklas warf einen Blick auf den Radiowecker. Seine Mutter hatte Recht, es war noch genug Zeit. Und obwohl er sich am liebsten schon jetzt auf den Weg zum Platz machen würde, rannte er stattdessen ins Wohnzimmer zu seinem Geburtstagstisch.

„Oh, toll, danke schön!“, freute er sich, als er die einzelnen Päckchen geöffnet hatte: Vor ihm lagen ein Paar Schienbeinschützer, ein neues Trainingstrikot, eine lange Sporthose, zwei Dreierpacks Sportsocken und eine große, geräumige Sporttasche.

„Die neue Tasche kannst du doch gleich heute benutzen!“, schlug seine Mutter vor, als er fix und fertig umgezogen in die Küche kam. Er war bereit zum Abflug.

„Meinst du?“ Niklas überlegte. Die Tasche war wirklich gut. Aber die alte hatte er schon gepackt. Und das Risiko, beim Umpacken etwas liegenzulassen, war Niklas zu groß.

„Das nächste Mal!“, entschied er. Die neuen Schienbeinschützer aber packte er noch ein. Für einen Moment überlegte Niklas, ob er seinen alten Glücksbringer mitnehmen sollte. Der Gummigecko Raufuß hatte ihm schon oft Glück gebracht. Aber bei dem entscheidenden Meisterschaftsspiel im vergangenen Jahr hatte Raufuß versagt. Niklas hatte nur den Pfosten getroffen und der Gegner durch einen unberechtigten Elfmeter gewonnen. Danach hatte Niklas Raufuß aussortiert. Sollte er ihm eine zweite Chance geben? Nach kurzer Überlegung ließ Niklas das Gummitier in der Schublade.

„So, ich geh jetzt los!“, sagte er und kippte sich schnell noch ein Glas Wasser die Kehle hinunter.

„Warte!“, rief sein Vater. „Ich fahr dich hin, ich will doch sowieso zugucken.“

„Brauchst du nicht, ich nehme den Bus“, entgegnete Niklas schnell. „Mach ich ja sonst auch immer.“

Sein Vater hatte noch nicht einmal sein Hemd angezogen. In einem Tempo, bei dem selbst eine Schnecke eingeschlafen wäre, knöpfte er es zu.

Niklas schwang sich die Tasche über die Schulter und wollte schon aus der Tür schlüpfen, als sein Vater rief: „Halt, ich bin doch gleich so weit!“

Niklas stöhnte. Sein Vater machte ihn noch nervöser, als er ohnehin schon war. Es fehlten noch Jacke und Schuhe. Und Handy, Schlüssel und Geldbeutel lagen auch noch auf der Kommode im Flur.

Er verstand nicht, warum sein Vater sich nicht wenigstens heute an diesem wichtigen Tag einmal beeilen konnte!

Sein Opa war immer pünktlich. Und immer dabei. Seitdem Niklas Fußball spielte, hatte er kein einziges Spiel verpasst. Nur im vergangenen Jahr hatte er mehrere Wochen gefehlt. Damals hatte er mit einer schweren Lungenentzündung im Krankenhaus gelegen. Niklas hatte ihn jeden Tag besucht und dafür sogar sein Training ausfallen lassen. So lange, bis Opa wieder gesund war.

Bestimmt stand er schon auf dem Platz – ganz im Gegensatz zu ihm!

„Papa, jetzt komm endlich!“, rief Niklas genervt.

„Ich bin so weit, geht’s los?“, fragte seine Mutter und griff zu ihrer Handtasche.

„Du kommst auch mit?“, fragte Niklas.

„Geburtstagsüberraschung!“, jodelte sie und kicherte vergnügt.

Niklas atmete tief durch. Er wollte sich nicht anmerken lassen, dass er auf diese Überraschung gern verzichtet hätte. Seine Mutter meinte es ja gut und natürlich drückte auch sie ihm die Daumen. Das Problem war, dass sie wenig von Fußball verstand. Darum kam es vor, dass sie an den falschen Stellen klatschte oder schimpfte. Das letzte Mal, als sie zugeschaut hatte, hatte sie lauthals Elfmeter gefordert, obwohl das Foul gegen Niklas im Mittelkreis begangen worden war. So etwas war echt peinlich!

Obwohl sich natürlich auch andere Eltern danebenbenahmen – meistens die Väter. Einige von ihnen gaben zu jedem Spielzug lauthals eine Bemerkung ab, andere spielten sich auf wie die Schiedsrichter persönlich, wieder andere gestikulierten so hektisch am Spielfeldrand, wie man es nur von Trainern kannte. Manche aber standen auch einfach nur da und freuten sich über ihr Fläschchen Bier am Sonntagmorgen.

Niklas hatte die Nase voll. „Mensch, Papa, ich will zum Anpfiff auflaufen, nicht erst zur Halbzeit!“ Wütend stampfte er auf. „Sogar Mama ist schon startklar!“

„Immer mit der Ruhe!“, sagte sein Vater.

Niklas sah auf die Uhr. Noch 70 Minuten bis zum Anpfiff. Höchste Zeit!

„Hey, Geburtstagskind, dein Vater hat dich gebracht, stimmt’s?“, fragte Tobias, als Niklas als Vorletzter die Umkleidekabine des Vereinsheims betrat und sich in Windeseile umzog.

Niklas nickte und verzog sein Gesicht. Er mochte es nicht, wenn er sich beim Umziehen hetzen musste und die Zeit fehlte, noch ein paar Worte mit den anderen zu wechseln. Darum war er beim Training und bei Spielen meistens der Erste.

Einer trudelte immer zuletzt ein: Freddy. So auch heute.

„Zum Geburtstag viel Glück …“ Niklas traute seinen Augen kaum, als ihm Freddy trällernd einen kleinen Kuchen entgegenhielt.

Eine Geburtstagsüberraschung ausgerechnet von Freddy? Eigentlich waren sie beide ja nicht gerade die dicksten Freunde … Freddy stellte den Kuchen auf der Bank ab und legte den einen Arm um Max, den Torhüter, und den anderen um Tobias, die in den Gesang mit einstimmten. Schließlich grölte die ganze Mannschaft ein fröhliches Geburtstagsständchen.

Niklas lächelte gequält. Die Party fand doch erst heute Nachmittag statt! Jetzt mussten sie erst mal Dampf auf dem Spielfeld machen.

„Kerzen ausblasen!“, rief Freddy.

Niklas kniete sich vor den Kuchen, konzentrierte sich nochmals auf seinen größten Wunsch und holte tief Luft. Dann pustete er, so fest er konnte. Aber die Kerzen erloschen nicht. Sobald er zu blasen aufhörte, flackerte die Flamme wieder auf.

„Schon vor dem Spiel keine Puste mehr?“, feixte Rudi, mit dem Niklas schon viele tolle Tore verwandelt hatte.

„Soll ich helfen?“, fragte Tobias. Niklas nickte, während er weiter blies, und auch Tobias begann mit dicken Backen loszupusten.

Freddy hielt sich prustend eine Hand vor den Mund.

„Alter, die kann ich höchstens mit meinem Arsch ausblasen!“, grölte Demir.

Alle grölten mit.

Demir stellte sich schon in Position.

„Bist du bescheuert?“, fuhr Max ihn an. „Fürze explodieren im Feuer. Willst du uns alle in die Luft jagen?“

Wieder allgemeines Gekicher, nur Niklas war genervt.

In dem Moment betrat der Trainer die Kabine. „Was ist denn hier los? Wieso kommt ihr nicht raus?“

„Niklas kann seine Geburtstagskerzen nicht ausblasen!“, erklärte Rudi.

„Was?“, fragte der Trainer verdutzt.

Und Stefan, ihr Abwehrspezialist, verriet: „Ich kenne die Dinger. Das ist ein Partyscherz. Die gehen gar nicht aus. Da könnt ihr lange pusten!“

„Ha, ha, Freddy! Das ist eeecht lustig!“, sagte Tobias abfällig.

Das Gesicht des Trainers lief knallrot an.

„SAGT MAL, HABT IHR NICHT ALLE TASSEN IM SCHRANK?“, brüllte er los, dass die Wände in der Kabine zitterten. „WIR HABEN DAS WICHTIGSTE SPIEL DER SAISON VOR UNS UND IHR TREIBT HIER SO EINEN KASPERKRAM!“

In der Kabine wurde es mucksmäuschenstill. Alle blickten betreten auf ihre Schuhe.

„Ich wollte doch nur …“, piepste Niklas.

„RUHE!“, schrie der Trainer. „RAUS JETZT AUF DEN PLATZ. ALLE! UND MACHT DIE SCHEISSDINGER AUS!“

Wortlos standen alle auf und gingen zur Tür.

Tobias schnappte sich eine Flasche Wasser und goss den Inhalt so lange über den Schokokuchen, bis auch die letzte Kerze nur noch weißen Rauch abgab. Der Kuchen blieb unbeschadet. Erst jetzt erkannten sie, dass das Ding aus Plastik war. Das Wasser tropfte an den Seiten herunter und unter der Bank bildete sich eine Pfütze. Das also war Freddys Überraschung! Niklas warf ihm einen giftigen Blick zu. Auch Tobias sah ihn böse an. Demir schüttelte den Kopf.

Niklas ärgerte sich. Der Trainer hatte Recht. Solche dummen, unangebrachten Aktionen ausgerechnet vor diesem entscheidenden Spiel. Das war typisch für Freddy!

Nun, nach dem Anpfiff des Trainers, war die Stimmung in der Mannschaft natürlich am Boden.

„Kopf hoch, Jungs!“, versuchte Max sie aufzumuntern. „Ich lass im Kasten nichts anbrennen und ihr kümmert euch vorne mit Rudi und Niklas um die Tore! Kapiert? Und Tobias und Stefan hauen hinten alles weg, was kommt. Halbe Höhe, Tobi!“

Max hob demonstrativ sein Knie an, als ob er einen Gegner über die Klinge springen lassen wollte. Tobias verzog die Mundwinkel zu einem süßsauren Lächeln.

Auch der Trainer erkannte die schwierige Lage. Mit einem Pfiff auf zwei Fingern rief er die Mannschaft zusammen. Alle stellten sich im Kreis auf, umfassten sich an den Schultern und steckten die Köpfe zusammen.

„Was ist das Wichtigste für eine Mannschaft?“, rief der Trainer in den Kreis hinein.

„Teamgeist und Tore!“, riefen ihm alle entgegen. Aber noch recht zaghaft.

„Wie bitte?“, fragte der Trainer.

„Teamgeist und Tore!“, schallte es ihm entgegen, diesmal schon lauter.

„Ich höre nichts!“, brüllte der Trainer.

„TEAMGEIST UND TORE!“, schallte ihm nun ein Orkan entgegen.

„Schon besser!“, kommentierte der Trainer. „Und wer geht heute als Sieger vom Platz?“

„WIR!“

„Und wer verliert?“

„DIE!“

„WARUM?“

„TEAMGEIST UND TORE!“

Der Trainer entließ die Mannschaft aus dem Kreis.

Endlich begannen sich alle auf das Spiel zu konzentrieren. Jeder wollte eine gute Leistung abliefern. Ihnen blieben nur noch wenige Minuten, um sich auf das Spiel einzustellen, und was noch viel schwieriger war: Niklas musste versuchen, seinen Ärger auf Freddy beiseitezuschieben. Nun zählte nur noch das gemeinsame Ziel. Andernfalls geht mein Traum von der Meisterschaft auch wie ein Partyscherz in Rauch auf, dachte Niklas.

Er versuchte den Gedanken abzuschütteln und klopfte Tobias auf die Schulter. „Jetzt machen wir dem Gegner Feuer unterm Hintern!“

Die Vorentscheidung?

Obwohl niemand wusste, ob es für den FC Berne heute noch Grund zum Feiern geben würde, hatte der Verein den Platz für das letzte Staffelspiel der C-Jugend richtig herausgeputzt und die hölzerne Spielfeld-Umrandung mit Girlanden und Luftballons geschmückt – alles in Grün natürlich, der Vereinsfarbe. Auch die Zuschauer hatten sich in Schale geworfen und zwischen der grünen Fankleidung stachen die gelben Farbflecken der gegnerischen Fans deutlich hervor.

Mindestens hundert Zuschauer säumten das Spielfeld, schätzte Niklas. So viel Publikum war das sichere Zeichen, dass vom Ausgang dieser Partie einiges abhing. Er liebte die spannungsgeladene Atmosphäre bei solchen Spielen und den Applaus und die Zwischenrufe der Fans, die mit ihrer Mannschaft mitfieberten.

„Schon gesehen?“ Tobias stupste Niklas an und deutete auf eines der Transparente im Fanblock der Gelben.

„Schnarcht weiter und träumt vom Titel!“, stand dort. Darunter schlief ein Strichmännchen im grünen FC-Berne-Trikot.

„Ich hab nicht vor zu pennen“, sagte Niklas.

„Ich auch nicht“, schwor Tobias und klatschte mit Niklas ab.

„Mir entgeht auch nichts“, schloss sich Stefan den beiden an und schob das Stirnband zurecht, mit dem er seine blonden Locken bändigte. Er zwinkerte Niklas zu.

Max klopfte unruhig mit seinen Torwarthandschuhen auf die Oberschenkel. Rudi prüfte den Sitz seiner Fußballschuhe und zog seine Stutzen zurecht. Freddy winkte ein paar Mädchen zu, die in grünen T-Shirts am Spielfeldrand standen. Keines von ihnen reagierte. Er winkte noch mal galant in ihre Richtung, bis sie ihn endlich sahen und kicherten.

Niklas nahm all das nur am Rande wahr. Mit dem Kopf war er schon mitten im Duell. Besonders brisant an der bevorstehenden Begegnung war, dass ihr Gegner einen großen Vorteil hatte: Den Gelben genügte ein Unentschieden für die Meisterschaft, der FC Berne jedoch brauchte dafür den Sieg. Es handelte sich also um ein echtes Finale. Kein Fernduell, keine komplizierte Rechnerei. Die Ausgangslage war glasklar und das betonte der Trainer auch noch mal, nachdem sich die Jungs auf dem Platz warm gemacht hatten.

„Jungs, denkt dran: Heute gibt’s nichts zu verschenken! Also keine leichtsinnigen Rückpässe. Kein Geplänkel. Geht hinten kompromisslos dazwischen. Aber lasst euch nicht zu unnötigen Fouls verleiten. Schon gar nicht an der Strafraumgrenze. Denkt dran, dass die Gelben zwei gute Freistoßschützen in ihren Reihen haben. Konzentration im Kurzpass-Spiel. Keinen Ball aufgeben! Nachsetzen. Und vor allem: Nicht provozieren lassen! Freddy, das gilt besonders für dich! Wer wegen Meckerns gelb sieht, den nehme ich sofort vom Platz. Verstanden? Spielt euer Spiel, sicher aus der Abwehr heraus, ruhig noch mal quer spielen. Dann den steilen Pass auf die Außen. Stefan und Niklas sind schnell, da haben wir unsere Chancen. Habt ihr mich verstanden?“

Niklas staunte. So nervös hatte sich der Trainer in keinem der vorausgegangenen Spiele gezeigt.

„Ich höre nichts. Haben wir uns verstanden?“, wiederholte er.

„Ja!“ – „Klar!“ – „Natürlich!“

Zustimmung von allen Seiten.

„Und hinten keinen reinlassen!“, ergänzte Freddy, der es nicht lassen konnte, Max auf seine besondere Rolle als Torhüter aufmerksam zu machen. Max sah ihn nur kurz abfällig an. Er wollte nicht diskutieren. Nicht jetzt unmittelbar vor dem Spiel. Er hatte seinen Blick schon eine ganze Weile auf den gegnerischen Torhüter gerichtet. Der war um einiges größer als er, aber war er auch so reaktionsschnell?

Die Seitenwahl ging an die Gelben.

Nicht schlimm, dann nutzen wir den Anstoß eben gleich für einen Überraschungsangriff, dachte Niklas. Diesen Fall hatten sie abgesprochen: Er würde wie immer den Anstoß mit Rudi ausführen, Stefan sofort durchspurten bis zur Strafraumgrenze, dort von Rudi bedient werden und dann rüber auf die andere Seite spielen, wo Niklas bereitstehen wollte.

Der Plan ging gründlich schief.

Niklas tippte beim Anstoß den Ball rüber zu Rudi. Stefan sprintete los. Rudi stoppte den Ball, schaute nach Stefan, doch da tauchte schon ein Gelber auf und fing den Ball ab.

Mist, das fängt ja gut an!, ärgerte sich Niklas.

Rudi sah seinem Gegenspieler verdutzt nach. Stefan stand auf verlorenem Posten vorn an der Strafraumgrenze, Niklas musste zusehen, dass er seinem Gegenspieler hinterherhetzte, während der Gelbe Freddy lässig stehenließ, auf seinen Rechtsaußen passte, der direkt flankte. Eine der beiden Sturmspitzen der Gelben kam zum Kopfball, weil er höher sprang als Tobias. Max konnte den Ball gerade noch so über die Latte lenken.

Der erste Eckstoß für die Gelben. Nach zwanzig Sekunden!

Was ist hier los?, wunderte sich Niklas.

Sein Blick huschte hinüber zum Trainer, der in die Hände klatschte und brüllte: „DECKEN! Konzentriert euch!“ Mit ausgestreckten Armen zeigte er auf die Gegenspieler, die viel zu viel Freiraum besaßen.

Niklas sah einen Gelben, der sich völlig ungedeckt in die zweite Reihe schlich. Das war Freddys Mann, während Freddy wie Falschgeld im Strafraum herumirrte und nicht so recht wusste, um wen er sich kümmern sollte.

„Achtung, Freddy!“, schrie Niklas und zeigte auf den freien Mann in der zweiten Reihe.

Freddy reagierte sofort und rannte aus dem Sechzehner heraus zu dem frei stehenden Gegenspieler. Doch die Gelben hatten die Ecke schon getreten. Als Bananenflanke landete der Ball über Freddys Kopf hinweg butterweich auf den Schlappen von seinem Gegenspieler, der ihn volley aus der Luft abnahm und auf Max’ Kasten zimmerte.

Hauchdünn zischte er übers Tor hinweg und streifte die Latte noch leicht.

Abstoß.

Durchatmen.

„FREDDY!“, brüllte der Trainer und zeigte mit zwei Fingern auf seine Augen. Freddy nickte ihm unsicher zu.

Oft tasteten sich die Mannschaften zu Beginn erst mal vorsichtig ab, um die taktische Ausrichtung des Gegners auszuloten. Nicht so die Gelben. Sie ließen keinen Zweifel daran, wer nach diesem Spiel Meister der Staffel sein würde, und strotzten nur so vor Selbstbewusstsein. Die Gelben legten genau das vor, was Niklas sich für seine Mannschaft gewünscht hätte. Umso mehr ärgerte es ihn, dass sein Plan vom Überraschungsangriff so gründlich in die Hose gegangen war.

Die sind schneller, robuster und ballsicherer als wir, erkannte Niklas. Im Zweikampf bissiger und selbstbewusster in ihren Aktionen. Wenn das so weiterging, konnten sie froh sein, wenn sich das Spiel nicht zu einem Schützenfest für die Gelben entwickelte.

Der gegnerische Torhüter lehnte sich gelangweilt an den linken Pfosten und klatschte bei jeder Aktion seiner Mitspieler Beifall. Das Spiel lief bereits seit einer Viertelstunde, aber er hatte den Ball noch kein einziges Mal in der Hand gehabt. Er schien nur darauf zu warten, endlich richtig jubeln zu können, sobald es seinen Jungs gelang, eine der vielen Torchancen zu verwandeln.

Wie konnten sie endlich bis zu ihm vordringen?, überlegte Niklas. Bislang wurden er und seine Jungs schon an der Mittellinie vom Gegner gestoppt. Sie verloren fast alle Zweikämpfe. Max war seit dem Anpfiff ständig in Bedrängnis, fünf hochkarätige Torchancen hatte er schon vereitelt, zwei weitere gingen nur knapp über die Latte. Und noch zwei hatten die Gegner selbst leichtsinnig verstolpert.