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Beschreibung

Die UNESCO hat Futures Literacy zur essenziellen Kompetenz des 21. Jahrhunderts erklärt. Jede*r Einzelne soll befähigt werden, Strategien zur Bewältigung einer unsicheren Zukunft im Zeichen des Klimawandels zu entwickeln. Futures Literacy umfasst die Antizipation und Imagination alternativer Zukünfte, die Akzeptanz von Komplexität und ein neues Verständnis unserer Handlungsfähigkeiten, um vorausschauend konkrete Vorstellungen, positive Bilder und kreative Lösungen mitverantwortlich zu entwickeln. Was genau ist das: Zukunftsgestaltungskompetenz? Welche Bildungsinhalte fokussieren die gesellschaftlichen Herausforderungen? Wie können die digitalen Umbrüche für die Transformation genutzt werden? Welche kreativen, kulturellen, künstlerischen Praktiken öffnen ökologisches Bewusstsein? Welche modell- und beispielhaften Umsetzungen lassen sich in der schulischen Gegenwart gestalten? Welche didaktischen Konzepte verankern Futures Literacy in der Pädagog*innenbildung? Zukunft denken - erzählen - gestalten: Die interdisziplinären Beiträge in diesem Sammelband zeigen nicht nur das breite Spektrum der Aspekte auf, die im Konzept der Futures Literacy gebündelt sind. Sie machen auch deutlich, wie Zukünftebildung konkret in Bildungsprozessen gelingen kann.

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Carmen Sippl | Gerhard Brandhofer |

Erwin Rauscher (Hrsg.)

 

Futures Literacy

Zukunft lernen und lehren

Carmen Sippl | Gerhard Brandhofer |Erwin Rauscher (Hrsg.)

Futures Literacy

Zukunft lernen und lehren

Pädagogik für NiederösterreichBand 13

 

© 2023 by Studienverlag Ges.m.b.H., Erlerstraße 10, A-6020 Innsbruck

E-Mail: [email protected]

Internet: www.studienverlag.at

Alle Rechte vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (Druck, Fotokopie, Mikrofilm oder in einem anderen Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

Abhängig vom eingesetzten Lesegerät kann es zu unterschiedlichen Darstellungen des vom Verlag freigegebenen Textes kommen.

ISBN 978-3-7065-6359-8

Buchinnengestaltung nach Entwürfen von himmel. Studio für Design und Kommunikation, Innsbruck/Scheffau-– www.himmel.co.at

Satz: Studienverlag/Maria Strobl – www.gestro.at

Umschlag: Kurt Tutschek

Lektorat: Carmen Sippl

Redaktion: Carmen Sippl, Gerhard Brandhofer, Erwin Rauscher

Dieses Buch erhalten Sie auch in gedruckter Form mit hochwertiger Ausstattung in Ihrer

Buchhandlung oder direkt unter www.studienverlag.at

Inhalt

Carmen Sippl, Gerhard Brandhofer & Erwin Rauscher

Zu diesem Band

Erwin Rauscher & Carmen Sippl

Offene Fragen zur Zukünftebildung und zur Bildung der Zukunft

Anstelle einer Einleitung

Einblick

Michael Shamiyeh

Letting the Future guide our Thoughts and Actions

Futures Literacy and Leadership Development

Zukunft gestalten

Reinhold Leinfelder

Die Zukunft als Skalen- und Perspektivenproblem

Tiefenzeit-Einsichten, Szenarien und Partizipation als Grundlage für Futures Literacy

Gerhard Brandhofer & Karin Tengler

Mit Computational Thinking zu Futures Literacy

Rabotl erzählt Zukünfte

Martin A. Ciesielski & Stefanie Ollenburg

Erspielte Zukünfte

Improvisation als angewandte, antizipativ-performative Praxis der Futures Literacy

Roswitha Lebzelter & Thomas Lebzelter

Planspiel Inklusion

Simone Breit & Michaela Rottmann

Kinder praktizieren Demokratie

Überlegungen zu Partizipation und Engagement als Zukunftskompetenzen

Roman Bartosch, Dany Adone, Julia Hoydis, Kirk W. Junker, Shamita Kumar & Kate Rigby

Zukunftsgestaltungskompetenz im Angesicht der Katastrophe

Ecological Literacy als mehrdimensionale Herausforderung

Franz Rauch & Mira Dulle

Seiner Zeit voraus?

Das ÖKOLOG-Netzwerk und schulische Beispiele zur Förderung von Zukunftskompetenz

Jasmin Peskoller, Eva M. Hirzinger-Unterrainer & Rebeca Iniesta Jiménez

(Language) Education is a dance with the future

Zur Zukunftsorientierung von Aktivitäten in Fremdsprachenlehrwerken der österreichischen Sekundarstufe II

Andreas Raab, Martina Neumüller-Reuscher, Manfred Ostermann, Gerald Rabacher & Bernd Steiner

Futures Literacy im Bewegungs- und Sportunterricht der Primarstufe

Perspektiven des Fachs am Beispiel Bildung für nachhaltige Entwicklung

Monika Schopper

Futures Literacy und inklusive Schulen

Eine inklusive Schule als Basis für Zukunftsgestaltungskompetenz

Karl J. Zarhuber

Zukunftsraum Schule für alle!

Wie sich Schulen auf ankommende Migrant*innen vorbereiten

Zukunft erzählen

Kaspar H. Spinner

Natur erobert die Stadt als literarisches Motiv

Berbeli Wanning

„Als man noch an eine Zukunft hatte glauben können“

Welchen Beitrag leistet die Young Adult Dystopia zur Futures Literacy?

Carmen Sippl

Anthropozän – zwischen Antizipation und Apokalypse

Zukünftebildung in der Primarstufe mit dem Bilderbuch

Sabine Anselm & Lea Antony

Bücher öffnen den Blick in zukünftige Welten.

Ein deutschdidaktischer Beitrag zur Futures Literacy im Literaturunterricht

Katrin Geneuss

Future Calling

Hybrides Bildungsspiel zur Förderung der Futures Literacies

Heidelinde Balzarek & Katinka Szabó-Szettele

Kreativität im ästhetischen Forschen als Basis von Futures Literacy

Nachhaltigkeit und Zukunftskompetenz in Lehr- und Lernmethoden der Primardidaktik durch Kunst und Kultur

Jochen Laub

Die Lesbarkeit der Zukunft

Verstehensorientierte Zugänge zu Zuku(e)nft:en des Waldes

Patricia McAllister-Käfer

Von der Dringlichkeit der Ewigkeitsaufgaben

Sind es ausschließlich Geschichten der Nachhaltigkeit, die uns befähigen, der Zukunft gewachsen zu sein?

Jana Mikota

Gärten neu denken

oder wie Pflanzen Zukunftsperspektiven eröffnen

Rückblick

Fritz Lošek

Zurück aus der Zukunft

Bildungspolitische Zeitreisen

Zukunft denken

Madeleine Scherrer & Tanja Obex

Futures Literacy und solidarische Beziehungsweisen

Johannes Dammerer

Gesprächiges Schweigen

Bildungssoziologische Perspektiven zu Futures Literacy

Elke Höfler

Connectivism, VUCA und Futures Literacy

Versuch einer Synthese

Kurt Allabauer & Edda Polz

Bereit für die Zukunft?

Futures Literacy im Lehramtsstudium Primarstufe

Simon Probst

Planetarischer Möglichkeitssinn

Futures Literacy für das Leben auf einer sich verwandelnden Erde

Christian Wiesner & Michael Gebauer

Erinnerungen an mögliche Zukünfte

Aspekte und Prozesse des Lernens für die futures literacies Heranziehung der Theorie von Jean Piaget zur Klärung von Zukunftsfähigkeit

Ausblicke

Anna Park & Roland Reichenbach

Die Kultur des Sorgens und die Bildung des Herzens

Melanie Laibl

Superglitzer

Biosphäre trifft Technosphäre – mit fantastischem Spielraum

Melanie Laibl & Carmen Sippl

Der Gegenblick aus dem Wald

Anstelle eines Nachworts

Anhang

Abstracts

Autor*innen

Carmen Sippl, Gerhard Brandhofer & Erwin Rauscher

Zu diesem Band

Zu diesem Sammelband hat ein Call der Pädagogischen Hochschule Niederösterreich 2021 eingeladen. Im Zuge des Jahresfokus Futures Literacy sollte diskutiert werden, wie diese von der UNESCO zur Schlüsselkompetenz des 21. Jahrhunderts erklärte „Zukunftsgestaltungskompetenz“ (UNESCO 2021) für Bildungsprozesse zu konzipieren ist. Futures Literacy soll jede*n Einzelne*n dazu befähigen, Strategien zur Bewältigung einer unsicheren Zukunft im Zeichen des Klimawandels zu entwickeln. Sie umfasst eine erweiterte Wahrnehmung und das Denkbarmachen alternativer Zukünfte, die Akzeptanz von Komplexität und ein neues Verständnis unserer Handlungsfähigkeiten (vgl. Damhof et al. 2020). „Die Zukunft benutzen“, verstanden als Konzept, um konkrete Vorstellungen, positive Bilder und kreative Lösungen mitverantwortlich zu entwickeln, macht „Antizipation“ (Miller 2019) zum Schlagwort der „Zukünftebildung“ (Bergheim 2018, 247). Denn „Zukunft entsteht, indem wir etwas für sie tun und in sie investieren“: „Doing Future“ (Assmann 2021).

Vorangegangen war die Auseinandersetzung mit dem Anthropozän als impulsgebendem Denkrahmen für transformative Bildungsprozesse (vgl. Sippl, Rauscher & Scheuch 2020; Sippl & Rauscher 2022). Die ‚Große Beschleunigung‘ seit Mitte der 1950er-Jahre geht mit einem enormen, bis heute ungebremsten Energieverbrauch einher. „Dies treibt die physikalischen, chemischen und biologischen Veränderungen auf der Erde voran, die nun die Biosphäre und das Klima destabilisieren“ (Leinfelder 2021). Die Menschheit ist zum geologischen Faktor geworden. Das Anthropozän-Konzept fordert Wissenschaft und Gesellschaft heraus, die Wechselwirkungen und Interdependenzen zwischen Mensch und Umwelt, Kultur und Maschine bewusst zu machen und Nachhaltigkeit in das Zentrum transformativer Bildungsprozesse zu stellen.

Technologie und Digitalisierung haben die Lebensweisen maßgeblich verändert, „aber was in diesem Zeitalter wann und wie noch geschehen wird, ist Gegenstand teilweise naiver Fortschrittsfantasien, erbitterter Kontroversen und zunehmend angstbeladener Szenarien“ (WBGU 2019, 2). Bisher orientiert sich die Digitalisierung von Wirtschaft und Alltag nur marginal an Nachhaltigkeitsaspekten. Auf der anderen Seite bietet die Digitalisierung aber ein beispielloses Spektrum an Möglichkeiten zur Unterstützung einer Transformation hin zu Nachhaltigkeit (WBGU 2019, 4), eine systemische Risikoperspektive veranschaulicht die zahlreichen Vernetzungen und sektorübergreifenden Abhängigkeiten zwischen Digitalisierung und Nachhaltigkeit (Renn et al. 2021, 26).

Welche Bildungsinhalte fokussieren die gesellschaftlichen Herausforderungen? Welche Wirkung entfaltet die Kultur der Digitalität beim Design passender Bildungsformate? Wie kann informatische Bildung zu Nachhaltigkeit beitragen? Wie können die digitalen Umbrüche für die Transformation genutzt werden? Welche kreativen, kulturellen, künstlerischen Praktiken öffnen ökologisches Bewusstsein? Welche Anschlussmöglichkeiten bieten einzelne Bildungsdomänen im Bildungskontinuum? Was bedeutet das für die Organisation von Bildungseinrichtungen? Welche modell- und beispielhaften Umsetzungen lassen sich in der schulischen Gegenwart gestalten? Welche didaktischen Konzepte benötigt die Pädagog*innenbildung für das Konzept einer Futures Literacy?

Die Autor*innen haben ihre Konzepte und Ideen zum Themenfeld Futures Literacy in einer Reflexionswerkstatt zur Diskussion gestellt, die in einem Online-Format am 7. Mai 2022 stattfand. Die Reflexionswerkstatt (REWE) ist eine Kommunikationsform der Pädagogischen Hochschule Niederösterreich: „Reflexive Handlungsfähigkeit soll im Diskurs ‚kritischer Freunde‘ eingeschätzt, bewertet, verglichen und dadurch verbessert werden.“1 Die Kurzimpulse stehen in der Videogalerie ebenso wie der Abstractband auf der Webseite https://www.ph-noe.ac.at/de/forschung/futures-literacy/reflexionswerkstatt zur Verfügung.

Der vorliegende Band versammelt die REWE-Beiträge in ausgearbeiteter und vertiefter Form. Anstelle einer Einleitung beginnt er mit offenen Fragen zur Zukünftebildung und zur Bildung der Zukunft an Erwin Rauscher, den Rektor der Pädagogischen Hochschule Niederösterreich. Die Keynote von Michael Shamiyeh gibt anschließend einen ersten Einblick in das Thema Futures Literacy aus einer Leadership-Perspektive.

Im Block „Zukunft gestalten“ werden konkrete Beispiele aus der pädagogischen Praxis vorgestellt, aus der Perspektive der Anthropozän-Forschung (Reinhold Leinfelder), der informatischen Bildung (Gerhard Brandhofer, Karin Tengler), der Zukunftsforschung (Martin A. Ciesielski, Stefanie Ollenburg), der Inklusion (Roswitha Lebzelter, Thomas Lebzelter, Monika Schopper), der Elementarpädagogik (Simone Breit, Michaela Rottmann), der Environmental Humanities (Roman Bartosch, Dany Adone, Julia Hoydis, Kirk W. Junker, Shamita Kumar, Kate Rigby), der Bildung für nachhaltige Entwicklung (Franz Rauch, Mira Dulle), der Fremdsprachendidaktik (Jasmin Peskoller, Eva M. Hirzinger-Unterrainer, Rebeca Iniesta Jiménez), der Sportpädagogik (Andreas Raab, Martina Neumüller-Reuscher, Manfred Ostermann, Gerald Rabacher, Bernd Steiner), der Migrationspädagogik (Karl J. Zarhuber).

Im Block „Zukunft erzählen“ werden Anregungen für die pädagogische Praxis vorgestellt, die kreative Räume für Vorstellungsbildung durch Erzählen, Gestalten, Spielen öff-nen, aus der Perspektive der Deutschdidaktik (Kaspar H. Spinner, Berbeli Wanning, Sabine Anselm, Lea Antony, Katrin Geneuss, Jana Mikota), der Geographiedidaktik (Jochen Laub), der Primarstufendidaktik (Carmen Sippl, Heidelinde Balzarek, Katinka Szabó-Szettele), des Journalismus (Patricia McAllister-Käfer).

Fritz Lošek wirft einen bildungspolitischen Blick zurück aus der Zukunft, bevor im Block „Zukunft denken“ theoretische und konzeptuelle Zugänge vorgestellt werden, aus der Perspektive der Bildungswissenschaften (Madeleine Scherrer, Tanja Obex, Elke Höfler, Kurt Allabauer, Edda Polz, Christian Wiesner, Michael Gebauer), der Bildungssoziologie (Johannes Dammerer), der Environmental Humanities (Simon Probst).

Anna Park und Roland Reichenbach geben abschließend einen Ausblick auf die „Kultur des Sorgens und die Bildung des Herzens“, als zentrale Aspekte des Lehrens und Lernens von Zukunft. Der Band endet mit einem künstlerischen Impuls: mit dem erzählenden Originaltext des preisgekrönten Bilderbuches Superglitzer der Schriftstellerin Melanie Laibl (Laibl & Brönner 2022). Anstelle eines Nachworts gibt die Sprachkünstlerin Auskunft, mit welchem Perspektivenwechsel der Gegenblick aus dem Wald zu überraschen vermag.

1 Interne Kommunikation. Regeln und Regularien zum PH-internen konfliktarmen Umgang, Version 3.1, Stand: 16. März 2018, S. 10.

Literatur

Primärliteratur

Laibl, Melanie & Brönner, Nele (2022). Superglitzer. Luftschacht.

Sekundärliteratur

Assmann, Aleida (2022). Doing Future – ökologische und kulturelle Nachhaltigkeit. In Carmen Sippl & Erwin Rauscher (Hrsg.), Kulturelle Nachhaltigkeit lernen und lehren (S. 677–683). Studienverlag. (Pädagogik für Niederösterreich, 11)

Bergheim, Stefan (2018). An extended Futures Literacy process. Design lessons from measuring wellbeing. In Riel Miller (ed.), Transforming the Future. Anticipation in the 21st Century (pp. 247–256). UNESCO/Routledge.

Damhof, L., Kazemier, E., Gulmans, J., Cremers, P. & Beenen, P. (2020). Anticipation for emergence: Defining, designing and refining futures literacy in higher education. In Humanistic futures of learning: Perspectives from UNESCO Chairs and UNITWIN Networks (pp. 168–171). UNESCO.

Leinfelder, Reinhold (11. April 2021). Das Anthropozän – Was bin ich und wenn ja, wie viele? SciLogs – Der Anthropozäniker, https://scilogs.spektrum.de/der-anthropozaeniker/das-anthropozan-was-bin-ich-und-wenn-ja-wie-viele/

Leinfelder, Reinhold (2020). Von der Umwelt zur Unswelt – das Potenzial des Anthropozän-Konzeptes für den Schulunterricht. In Christine Schörg & Carmen Sippl (Hrsg.), Die Verführung zur Güte. Beiträge zur Pädagogik im 21. Jahrhundert. Festschrift für Erwin Rauscher (S. 81–97). Studienverlag. (Pädagogik für Niederösterreich, 8)

Miller, Riel (ed.) (2018). Transforming the Future. Anticipation in the 21st Century. UNESCO/Routledge.

Rauscher, Erwin (2012). Schule sind WIR. Bessermachen statt Schlechtreden. Residenz Verlag.

Rauscher, Erwin (2020). Unswelt als Wirwelt. Anthropozän – Herausforderung für Schulleitungshandeln. In Carmen Sippl, Erwin Rauscher & Martin Scheuch (Hrsg.), Das Anthropozän lernen und lehren (S. 181–202). Studienverlag. (Pädagogik für Niederösterreich, 9)

Renn, O., Beier, G. & Schweizer, P.-J. (2021). The opportunities and risks of digitalisation for sustainable development: A systemic perspective. GAIA – Ecological Perspectives for Science and Society, 30, 23–28.

Sippl, Carmen & Rauscher, Erwin (Hrsg.) (2022). Kulturelle Nachhaltigkeit lernen und lehren. Studienverlag. (Pädagogik für Niederösterreich, 11) DOI: https://doi.org/10.53349/oa.2022.a2.110

Sippl, Carmen; Rauscher, Erwin & Scheuch, Martin (Hrsg.) (2020). Das Anthropozän lernen und lehren. Studienverlag. (Pädagogik für Niederösterreich, 9) DOI: https://doi.org/10.53349/oa.2022.a2.130

UNESCO (2021). Futures Literacy. https://en.unesco.org/futuresliteracy/about

Vereinte Nationen (2023). Ziele für nachhaltige Entwicklung. https://unric.org/de/17ziele/

WBGU (2019). Unsere gemeinsame digitale Zukunft. Zusammenfassung. WBGU. https://www.wbgu.de/de/publikationen/publikation/unsere-gemeinsame-digitale-zukunft

Erwin Rauscher & Carmen Sippl

Offene Fragen zur Zukünftebildung und zur Bildung der Zukunft

Anstelle einer Einleitung

Carmen Sippl: Bildung ist ein Geschehen in der Biografie jedes*jeder Einzelnen. Welche Rolle spielen die Vergangenheit und die Gegenwart in diesem Geschehen – und inwiefern ist die Zukunft dabei relevant?

Erwin Rauscher: Keine Bildung ohne Gewesensein – den Vorfahren zur Ehre, den Nachfahren zur Lehre. Das Wiedergegebene und das Wiedergebbare werden zum Beistand für Denken, Sein und Tun. Vergegenwärtigen ist jenes Empfinden und Wahrnehmen, das Gewesenes für das Seiende nutzt und aufbereitet, um das Zukünftige gestaltbar zu machen. Jener Augenblick, in dem und der gelebt wird, wird nur erlebt, wenn er sich verbindet mit dem Erfahrenen, wenn er innehält für das Werdende. Als Übergang von der Vergangenheit in die Zukunft im Zeitkontinuum ist die Gegenwart jener Punkt, ohne den es die Zeit nicht gäbe, nicht aber als zum Stillstand gekommene oder beurteilte, vielmehr im Übergang zwischen Vergessen und historischer Epoche. Dafür gilt: Wer außer sich selbst niemanden hat, auf den er sich beziehen kann, dem er vertrauen kann, der hat auch keine Zukunft, er stirbt in die Gegenwart hinein. „Von guten Mächten wunderbar geborgen erwarten wir getrost, was kommen mag“ – die Erwartung Dietrich Bonhoeffers (knapp vor seiner Hinrichtung im Gestapo-Keller geschrieben) meint kein passives Erwarten von Zukunft, sondern deren Gestaltbarkeit und Formbarkeit aus dem a priori Gegebenen. Der Gegenwart zu vertrauen ist auf die Zukunft zu hoffen. Bildung ist der Speicher, um sie zu gestalten.

Ein zentraler Aspekt von Futures Literacy ist die Imagination: die Fähigkeit, sich verschiedene mögliche Zukünfte vorstellen zu können (vgl. UNESCO 2021). Wie kann Pädagog*innenbildung hierzu beitragen?

Diese Frage klingt einfach, erweist sich aber als sehr komplex, hinterfragt sie doch substanzielle Ziele und Wege von Erziehung und Bildung. Denn viele Menschen träumen vom Umgang mit einem Lottogewinn, viele Kinder träumen von Phantasiewelten, weit über ihre TV-Zeichentrickerlebnisse hinaus. Ich versuche jedoch auf naturgesetzlich ermöglichoder, noch konkreter, verwirklichbare Optionen zu reduzieren. Denn die Pädagog*innenbildung braucht ein Sollen im Rahmen eines gesellschaftlich angestrebten Guten, ihre Aufgabe ist es doch, daraus ein Wollen zu formen, um die Erreichbarkeit dieses Guten vorzustellen und dieses Gute real anzustreben.

Futures Literacy als Zukunftsfähigkeitskompetenz, die es – schullehrplanhörig formuliert – zu entwickeln, zu erwerben und zu vermitteln gilt, lässt sich nicht mit Prophetie, Präkognition und Prophezeiungen, am wenigsten durch besserwissendes Moralisieren unterrichten. Die Schule ist weder bloße Echokammer noch eine Filterblase der neuen Medien. Jeder Dialog im Unterricht braucht die Dialektik der Argumente und die nachdrückliche Orientierung an Fakten. Um Neues zu lernen, braucht es meist kein neues Lernen. Denn seit jeher will und soll Schule hinführen auf Zustände und Aufgaben in unserer Gesellschaft, um sie gleichzeitig zu verbessern, will und soll sie mündig machen für ein Leben innerhalb der Gesellschaft und ihrer Normen, um gleichzeitig Einfluss zu nehmen auf den Ist- und den Sollzustand gesellschaftlicher Verhältnisse.

Wissen wird erstrebt, um die Welt zu verändern, zum Guten hin, um sie besser zu machen. Wer die Zukunft mitverantwortet, braucht Kenntnis der Vergangenheit und Demut ihr gegenüber, sonst wähnt er sich nur am Ende der Geschichte. Über das Anthropozän zu unterrichten, ist vorab eine Frage der Erkenntnis, danach erst der Moral.

Der Anthropozän-Forscher Reinhold Leinfelder hat vorgeschlagen, von Unswelt statt von Umwelt zu sprechen, um ein Verständnis für den Menschen als integralen Bestandteil des Erdsystems zu wecken (vgl. Leinfelder 2020). Was besagt dein Konzept von Wirwelt (vgl. Rauscher 2020), das seinen Vorschlag aufgreift und weiterdenkt, im pädagogischen Kontext?

Hier will ich mit Negativem beginnen und zeigen, was Wirwelt nicht ist. Dafür bediene ich mich einer Pointe von Gerhard Polt & die Well-Brüder im bayrischen Dialekt aus’m Biermoos:

Wir! Das ist für mich das Unwort des Jahres. Überall steht: Wir sind aufgerufen! Wir müssen endlich! Es ist Zeit, dass wir! Ja Herrgott Sacra, wer ist Wir? Wer ist das? Bin ich Wir? Na, ich bin’s nicht. Ich bin nicht Wir, ich war nie Wir, und ich werde auch nie Wir. Aber ich weiß, wer das ist. Das sind nämlich die anderen. Und die wissen das ganz genau. […] Ich rede halt so für mich hin und hoffe, dass ein Gedanke mit dem, was ich sage, Schritt halten kann. Und wenn nicht, dann hat er Pech gehabt, der Gedanke. (Eigene Mitschrift eines Live-Mitschnitts)

Mein Anspruch an schulische Bildung ist dazu kontradiktorisch: Denn ein Ziel von Schule ist es, Makroskop und Mikroskop von Wirklichkeit zu sein: ein Ort der empirischen Kenntnisse, der transempirischen Bildung, der Vermittlung glokalisierter Verantwortung, der Möglichkeit zur individuellen Freiheitsverwirklichung, des Einübens von Freiheitsfähigkeit, der Pflicht zum Schutz der Umwelt, zur Würde der Mitwelt, zur Verantwortungsübernahme der Unswelt, zur Gesellschaftsgestaltung der Wirwelt. Schule ist Wirwelt, Schule sind WIR (vgl. Rauscher 2012). Wer, wenn nicht wir an unseren Schulen, hat die Pflicht, aus Erkenntnis Bekenntnis zu machen, aus Bekenntnis Bekundung zu geben, aus Bekundung Verwirklichung einzuüben, aus Verwirklichung Folgenabschätzung vorzunehmen und aus Folgenabschätzung wieder Erkenntnis zu gewinnen? Das ist der Kreislauf des Lernens.

Denken und Lernen im Mittelalter drehen sich um die erschaffene Welt. In der Aufklärung wendet sich der Fokus hin zur verstandenen Welt. Die heutigen Fragen zur Um- und Mitwelt stellen sich in der Unswelt des Anthropozäns. Sie brauchen die Transformation in die Wirwelt an die Schulen. Das menschengemachte Neue wurde und wird zum Auftrag für die Schule. Schüler*innen werden angespornt – um noch einen Terminus von Reinhold Leinfelder zu strapazieren – Weltgärtner*innen zu werden, zu sein und in ihrer Wirwelt zu bleiben.

Manche übersetzen Futures Literacy als Zukunftsgestaltungskompetenz, andere als Zukünftekompetenz. Literacy zielt auf die basalen Lese- und Schreibfertigkeiten ab, während der deutsche Begriff Literalität auch gesellschaftliche und kulturelle Aspekte miteinschließt. Welches Bild entsteht für dich als Schulpädagoge daraus? Wie lautet deine Übersetzung?

Futures Literacy ist Zukünftebildung als Bildungsverantwortung im Anthropozän, als Schulführungsverantwortung in fluider Gesellschaft. Wer, wenn nicht wir an den Schulen, übernimmt bewusst und explizit die Verantwortung für das Gelingen von Bildung, für den gelebten kategorischen Imperativ, für sozialen Frieden in unserer Gesellschaft? Wann, wenn nicht jetzt, übernehmen wir diese Verantwortung? Zukunft darf kein abstraktes Wohin und Irgendwann bleiben, es sind unsere Zukünfte, die wir als Auftrag der Gegenwart antizipieren, gestalten, verantworten: Ich halte es für eine wesentliche Aufgabe der Schule von heute, im Angesicht eines medialen Apokalypsen-Alarmismus einen begründbaren Realismus entgegenzustellen und pädagogisch visionären Kulturoptimismus zu vermitteln. Es gilt doch, dem Leben durch sein Tun für die unmittelbare, eigene und nächste Zukunft einen Wert zu geben. Es gilt, Werte nachzuweisen, sich selbst in ihnen zu beweisen. Die Bewältigung der Gegenwart setzt den Anfang und gibt Antrieb.

Inwiefern ist Futures Literacy ein Thema für Leadership und Schulmanagement? Welche Rolle kommt der Schulleitung für Zukünftebildung zu?

Auch hier sei mir ein Widerspruch erlaubt: Ich will Schulleitung für die Zukunft nicht reduzieren auf Leadership und Management: Niemand braucht oder will heute noch einen Schulleiter als Big Boss oder gar als König Ubu. Aber auch Schulleitung auf reine Organisationsentwicklung zu reduzieren, eine Schulleiterin nur als pragmatische Managerin anzusehen, ist nicht minder obsolet geworden. Was im übertragenen Sinn einer Schule mit dem Ziel, ihr Schulleben autonom zu gestalten, not und gut tut, ist die ethische Verantwortung der Schulleitung gegenüber der Gesellschaft und ihre moralische Verantwortung gegenüber den Schulpartnern.

Daraus resultiert für die Schulleitung die einfache Frage: Wie müssen wir handeln? Haben wir noch die Möglichkeit, eine ökologisch stabile und lebenswerte Zukunft auf den Weg zu bringen? Was sind die Folgen für die Schule? Wer trägt sie – und wie? Wie ändert sich dadurch das Verständnis autonomer Führungsverantwortlichkeit in Kindergarten, Schule und Lehrer*innenbildung? Lernen zu ermöglichen ist eine zentrale Führungsaufgabe, nicht nur im Rahmen der Autonomiefrage für Schulen. Diese dürfen sich nicht als Inseln verstehen, sondern immer auch als Spiegel der Gesellschaft, vielleicht sogar als Wurzeln und Blüten der Zukunft zugleich.

Das geflügelte Wort, der Unterricht müsse unsere Schüler*innen in der Schule von heute auf die Welt von morgen vorbereiten, ist falsch oder zumindest ungenau: Denn die Zukunft kommt nicht von selbst, sie wird von Menschen erzeugt. Deshalb ist es Aufgabe der Schule und Meta-Aufgabe ihrer Führungspersonen, die jungen Menschen zu befähigen, ihre Zukunft zu gestalten. Diese Herausforderung ist eine ungleich autonomere und auch umfangreichere. Deshalb ist es auch nicht Aufgabe der Schule, einzustimmen in das gebetsmühlenartige Bejammern des Klimawandels, verbunden mit moralisierenden Appellen. Vielmehr gilt es, kognitive Brücken anzulegen, mit deren Hilfe die aktuellen Themen der Medien wie auch der Wissenschaft sachgerecht und faktenorientiert – natürlich auch altersgemäß vom Kindergarten bis zur Matura und zum Studium oder Berufseinstieg – bedacht, reflektiert, vernetzt und beeinflusst werden können. Das neue schulische Pflichtwort dafür heißt Wissenschaftskommunikation im Anthropozän (vgl. Sippl, Rauscher & Scheuch 2020).

Wie kann man Zukunft lernen und lehren? Wie also könnte die Perspektive der Schüler*innen und der Studierenden auf „Zukunft lernen“, wie könnte die Perspektive der Pädagog*innen und Hochschullehrenden auf „Zukunft lehren“ aussehen?

Zukunft erlernt, wer Gegenwart als Folge von Vergangenheit lernt. Werden ist Folge und Wirkung, Gewordensein ist Grund und Ursache. Wer heute für morgen hält, ist von gestern. Doch wer von gestern lernt, um heute für morgen zu tun, der gestaltet Zukunft. Die Zukunft wartet nicht, egal, ob wir ihr gewachsen sind. Sie hat schon begonnen, obwohl die Vergangenheit noch nicht vorbei ist. Denn Gegenwart beauftragt Zukunft aus Vergangenheit. Wer Vergangenheit verlängert, verkürzt Zukunft. Unterrichten ist Zukunft antizipieren, um vorbereitet zu werden und bereit zu sein, sie zu entwickeln und mitzugestalten, und dies auch tun zu wollen. Lernen ist der Bindestrich zwischen Vergangenheit und Zukunft: Wer heute Nachhaltigkeit zur Schulkritik nutzt und ein Umdenken in der Schule fordert, dem halte ich entgegen: Wir brauchen nicht Umdenken, wir brauchen Denken in der Schule. Nicht moralisierendes Gutmenschentum mit emotionalisierenden Reizwörtern der Medien. Sondern mit Fakten. Mit Geschichtsbewusstsein und Würdigung des Vergangenen. Mit Verantwortungsbereitschaft in der Gegenwart. Mit Mitverantwortungsbewusstsein für die Zukunft. Dem Zeitgeist folgend, schlage ich dafür – und auch für dieses Projekt – einen neuen Begriff vor, nämlich Anthropozänkompetenz. Und ich würde mich freuen, wenn dieses Kunstwort im Unterricht zum Kulturwert mutieren könnte.

Wie definierst du ‚Zukünftebildung‘?

Ich definiere nicht gerne; lieber approximiere ich. Besser annähern als festlegen, besser umschreiben als bestimmen, besser ausweiten als eingrenzen. Wenn ich mich der Zukünftebildung annähere, dann als Bildungswissen der Vergangenheit und Bildungsverantwortung der Gegenwart. Wenn ich sie umschreibe, dann als persönliche und gesamtgesellschaftliche Mitverantwortung. Wenigstens eine Antwort will ich auch theologisch konnotiert formulieren und wiederhole: Wer außer sich selbst niemand hat, auf den er sich beziehen kann, dem er vertrauen kann, der hat auch keine Zukunft, der stirbt in die Gegenwart hinein. Schon benannt habe ich die berühmten letzten Zeilen jenes Gedichts von Dietrich Bonhoeffer, das er knapp vor seiner Hinrichtung in den Folterkammern der Gestapo geschrieben hat: „Von guten Mächten wunderbar geborgen erwarten wir getrost, was kommen mag.“ Und Bonhoeffer setzt fort: „Gott ist mit uns am Abend und am Morgen und ganz gewiss an jedem neuen Tag.“ Was mich daran so fasziniert, ist dieses sein Vertrauen ins Leben, diese seine Hoffnung für eine bessere Welt. Zwei Jahre früher hatte er formuliert: „Ich glaube, dass Gott aus allem, auch aus dem Bösesten, Gutes entstehen lassen kann“, und angefügt, wie das gehen soll: Dafür braucht er Menschen, die sich – in seinen Worten „die Dinge zum Besten dienen lassen“. Ich radikalisiere und sage: Nicht auf die Zukunft hoffen, sondern der Gegenwart Vertrauen spenden, bedeutet: Gott ist nicht jemand, den es gibt, sondern etwas, das geschieht. Der Bindestrich von Ich und Du, der das Wir entstehen lässt. Und daraus meine Ausweitung: Zukünftebildung ist jene Bildung, die verändern will, aus Gewissen im Wissen, ist jene, die bewahren will, aus Toleranz durch Kontingenz, ist jene, die sich bewähren will, aus Verantwortung im Tun.

In welche bildungspolitischen Kontexte siehst du Futures Literacy eingebettet?

In alle. Denn Bildungspolitik ist der gesellschaftliche Raum für das Gelingen von Lernen – nicht nur organisational und ökonomisch, sondern auch sozial, erkenntnistheoretisch und erkenntnispraktisch. Politik ist Entscheiden, Bildung ist Unterscheiden. Politik ist Steuern, Bildung ist Mündigmachen. Politik ist verantwortlich Handeln. Bildung ist Verantwortung erkennen. Politik ist Urteilsmacht. Bildung ist Urteilsfähigkeit. Die gesellschaftlichen Herausforderungen brauche ich nicht aufzuzählen, und sie ändern sich so langsam wie ein Öltanker seine Richtung: Krieg in Europa, Migration, Klimawandel, Digitalität.

Futures Literacy hat einen appellativen Charakter, der innewohnenden Hoffnung Gestalt zu geben durch solidarisches Tun, durch vernetzendes Denken. Als Hoffnung ist Futures Literacy aktives Erwarten, mitverantwortliche Voraussicht, Zuversicht als Einsicht auf Aussicht, der Bodensatz in der Büchse der Pandora, Entwickeln der Verhältnisse zum sozial Guten und zum individuellen Wohlbefinden, im Sinn von Ernst Blochs „Prinzip Hoffnung“ eine Selbsterweiterung nach vorwärts als die menschlichste aller Gemütsbewegungen.

Die Pädagogische Hochschule Niederösterreich hat im Zuge des neuen Organisationsplanes ein Zentrum Zukünfte·Bildung eingerichtet. Welche Gedanken, Interessen, Ziele waren bei dieser Planung leitend?

Diese kann ich nicht präziser formulieren als es der aktuelle Organisationsplan beschreibt: Die Diagnose Anthropozän fordert als Therapie den verantwortlichen Umgang mit den SDGs (vgl. Vereinte Nationen 2023) und darüber hinausgehend allen kulturellen wie naturalen Nachhaltigkeitszielen im Konzert: Denn Natur ist, wer wir sind. Kultur ist, was wir tun.

Natur als Gegensatz von Kultur ist ein obsolet gewordener Mustergedanke von Jean-Jacques Rousseau, der die Natur als das positive Prinzip und die Kultur als das negative scharf gegeneinander stellt. So denken heute jene, die sich nicht gegen Corona impfen lassen, mit Handys aus Korea telefonieren, auf Skateboards aus China surfen, Klamotten aus Bangladesch tragen und sich im SUV zur Schule fahren lassen, um von dort aus zur Klimademo zu gehen und eine fremden- wie europafeindliche politische Bewegung unterstützen. Oder jene, die meinen, der Staat sei der Retter aller Einzelnen, egal wie sich diese verhalten. Doch wenn man ein aus Weidenruten gefertigtes Bett in die Erde eingräbt, so wächst daraus kein Bett, sondern eine Weide – eine Weisheit aus der Antike.

Der Mensch ist eben weder von Natur aus noch durch die Gesellschaft, was er eben ist, und er hat sich weder selbst geschaffen noch steht er am Ende der Geschichte und aller Veränderung. Arnold Gehlen bezeichnet den Menschen als Kulturwesen von Natur aus: Mit Sinn, mit Geist und mit Sprache können wir Natur nur kulturell wahrnehmen (vgl. Sippl & Rauscher 2022).

Wie sieht für dich die Bildung der Zukunft bzw. eine Bildung für Zukunft aus?

Bildung der Zukunft ist Gegenwart der Bildung als Wertschöpfung aus Vergangenheit. Bildung für Zukunft ist, der Gegenwart Wert und sich darin wie daraus den Auftrag zu geben, sich verantwortlich zu fühlen, um sie besser zu machen.

Literatur

Leinfelder, Reinhold (2020). Von der Umwelt zur Unswelt – das Potenzial des Anthropozän-Konzeptes für den Schulunterricht. In Christine Schörg & Carmen Sippl (Hrsg.), Die Verführung zur Güte. Beiträge zur Pädagogik im 21. Jahrhundert. Festschrift für Erwin Rauscher (S. 81–97). Studienverlag. (Pädagogik für Niederösterreich, 8)

Rauscher, Erwin (2012). Schule sind WIR. Bessermachen statt Schlechtreden. Residenz Verlag.

Rauscher, Erwin (2020). Unswelt als Wirwelt. Anthropozän – Herausforderung für Schulleitungshandeln. In Carmen Sippl, Erwin Rauscher & Martin Scheuch (Hrsg.), Das Anthropozän lernen und lehren (S. 181–202). Studienverlag. (Pädagogik für Niederösterreich, 9)

Sippl, Carmen & Rauscher, Erwin (Hrsg.) (2022). Kulturelle Nachhaltigkeit lernen und lehren. Studienverlag. (Pädagogik für Niederösterreich, 11)

Sippl, Carmen; Rauscher, Erwin & Scheuch, Martin (Hrsg.) (2020). Das Anthropozän lernen und lehren. Studienverlag. (Pädagogik für Niederösterreich, 9)

UNESCO (2021). Futures Literacy. https://en.unesco.org/futuresliteracy/about

Vereinte Nationen (2023). Ziele für nachhaltige Entwicklung. https://unric.org/de/17ziele/

Einblick

Michael Shamiyeh

Letting the Future guide our Thoughts and Actions

Futures Literacy and Leadership Development

1. Why Futures Literacy?

Recent crises force us to face how necessary Futures Literacy (Miller, 2018) is – the ability to use imaginations of possible futures to act responsibly in the here and now. Assumptions about continuity lose relevance within a short period of time, and organizations of all kinds are forced to accept the indeterminacy of change and integrate emergent novelty.

Consider, for example, humanitarian crises, like those caused by Russia’s current war against Ukraine, or long-standing global poverty, or exclusion and inequality, or the social crisis caused by the recent Corona pandemic, the effects of which have led to a veritable economic crisis. Last but not least, the ecological crisis is nothing other than the result of our alienating ourselves from nature.

All these crises have led to fundamental disruptions in society, and society’s relationship with the environment: These will not be simply overcome by falling back on tried and tested models from the past, and definitely not by looking at and addressing isolated individual symptoms. From today’s perspective, we can’t imagine how the ecological crisis can be overcome with the same mindset that produced it. Our innate mindset, shaped by decades of industrialization, tempts us to want to eliminate problems in isolation using old solutions, like fixing something that is broken — an approach we know from experience, usually falls short. A view of the whole is lacking. Kahane (2004), along with Senge, Scharmer, Jaworski, and Flowers (2005) are representative of numerous thought leaders who have addressed this dilemma in depth.

The ever-accelerating social, economic, and ecological crises of today, forcefully remind us that business-as-usual, conventional patterns of thinking and acting, are generally no longer effective, and extrapolating from a familiar yesterday in the here and now does not enable a responsible approach to tomorrow.

Many commentators on our volatile times now argue that capabilities such as agility, flexibility, and resilience best enable us to face the uncertainty of tomorrow. Yet this assumption is subject to two key fallacies:

First, it assumes that adjustments to changing circumstances can be made quickly and easily. While this may seem true to some extent at the individual level, it turns out to be difficult at the societal level. This is because social systems are usually based on commitments to their interest groups, the actors involved within the system, and all the existing infrastructures and institutions. Austria’s current fear of losing access to Russian natural gas is exemplary: suddenly needing to procure about 80 percent of its natural gas needs via third countries to ensure the well-being of the Austrian population as well as unrestricted continuation of the industry shows how difficult and complex a spontaneous change is. The same is true for large companies that have often invested millions, if not billions, in assets including research and development facilities, supply channels, production facilities and distribution channels. For such companies, a change in direction is usually just as costly and time-consuming.

On the other hand, responding to the unknown requires orientation. Agility, flexibility, and resilience are undoubtedly valuable skills when it comes to bringing about change, but they do not open up a view of possible paths into new areas of action. This requires the ability to not only anticipate the constellation that is really close to our hearts, but also to be able to create it responsibly together with all actors involved. Futures Literacy means precisely the ability to understand changes, to overcome fears, and to develop the imagination for breaking new ground. It fuels a critical questioning of world views, assumptions, and data in order to be able to imagine the non-existent tomorrow and use it to make decisions about implementation in the here and now. Agility without Futures Literacy makes you blind, just as Futures Literacy without agility makes you unable to act. In view of the constantly accelerating challenges, today more than ever, both skills depend on each other.

2. What does Futures Literacy require?

Given the inadequate ability to tackle today’s crises with a problem-solving approach in a sustainable way, Senge et al. (2005) have pointed out in detail that the realization of a desirable state requires the ability to lead (as opposed to manage), to learn, but above all cocreate. Effective leadership is based on the conviction that it is possible to make positive decisions and overcome fears with the goal of creating a better future collectively. Learning means the ability to open up to new things and accept them in order to be able to realize new results that are perhaps especially close to our hearts. In essence, we are then at the core of creating by bringing something new into the world.

The ability to bring something new into the world is particularly worthy of attention at this point, as it differs significantly from the approach of problem solving, of repairing something that has broken down, and this is central to Futures Literacy:

Driven by the insight that we now live in a world that is much more a man-made or artificial world than a natural world, Nobel laureate Herbert Simon pointed out the dichotomy between the normative and the descriptive in his book The Science of the Artificial (1969). For Simon, economic systems, companies, artificial intelligence, complex technical projects, and social plans, to name just a few examples, represent the artificial, what is man-made. Thus, in addition to the science of natural phenomena, which exclusively deals with and analyzes how things are, Simon also sees a science of the artificial, whose focus is on how things could be.

The essential difference between imagining or designing something new, something that does not yet exist, and solving a problem is fundamental. In solving problems, we approach existing things with the aspiration of eliminating something that we do not like, or is disturbing, or is not functioning properly (Shamiyeh, 2016, 2010). Our approach to the problem is therefore primarily analytical. The situation is entirely different when we try to imagine and bring to life, or realize what we may have in mind as an ideal state or what may be really important to us. When we imagine something we want to create, we have an imagination of the future that also evokes the implicit difference from what currently exists (see, e.g., Cross, 2006; Shamiyeh, 2007, 2010). Creative people are familiar with this principle. In several steps, vague ideas of what could be are increasingly specified and made concrete in terms of what it takes to become real (Simon, 1986). Thus, this iterative process is characterized primarily by synthesis with the goal of closing the gap between the imagined future and the reality of the present in a responsible way for society and the environment. It is precisely this capacity that is central to Futures Literacy and is the essence of great social, political, or business leadership.

Fig. 1: Usual focus on the factual, on the real world out there and the dynamics that result from it.

If we now take a look at education, we see that dealing with the non-factual is a glaringly low priority in teaching. Everything that has to do with imagination, with the future, with what is not the case but could be, is relegated to the realm of the beautiful but incidental and irrelevant. The curricula of our school children speak volumes.

Social and economic studies programs and leadership development programs testify to a similar picture. Priority is given to understanding what exists and how best to deal with it; the contingent is sidestepped. The high value placed on business case analyses in MBA programs is eloquent testimony.

Last but not least, the day-to-day operations of many organizations do not usually present a much different picture. Here too, the focus is strongly on the factual, on the real world out there and the dynamics that result from it and how the associated problems can be solved. Little space is given to the question of what might be, the uncertain, the unanalyzable, because the future is factually elusive. Too much of our world’s decision-making processes is based on legitimizing facts instead of hypotheses about what could factually be, especially in the business world.

Fig. 2: Necessary shift of focus to imagined possibilities: what is not currently the case but could be.

The challenges we face today, however, require a focus on imagined possibilities: What is not currently the case but could be. They require the ability to look anew and suspend old thought patterns, to see situations through the eyes of others, and the ability to let go of old ideas in order to be able to create and realize future possibilities, what wants to emerge — in short, desirable futures.

Today, it is not a matter of strengthening Futures Literacy in just a few people, or a handful of experts, but rather of (training and further) developing this capacity on a broad basis. Just as reading and writing ushered in social modernization in the Middle Ages, Futures Literacy today enables us to responsibly co-create a just, inclusive, and regenerative society.

3. Education and Futures Literacy

Recent research publications and industry reports suggest companies are dissatisfied with the effectiveness of their leadership development efforts (Ardichvili, Natt och Dag, & Manderscheid, 2016). Companies spend significant sums of money on workplace education and training, which does indeed lead to positive outcomes, but the improvement in job performance hardly corresponds with the investment. Some estimate that less than 10 percent of this spending achieves its goal (Ford, Baldwin, & Prasad, 2018). Thus, the search for better Leadership Development approaches is ever-present. For this very reason we initiated a leadership development program together with colleagues of the universities of St. Gallen (CH) and Stanford (USA), which offered managers the opportunity for development at work and linked their further education directly to their operational core business. This program’s content focused on strengthening Futures Literacy. This chapter summarizes our experiences and findings and offers prospects for possible adaptations.1

3.1 Learning models in Leadership Development

In the past decade, the working world’s strategic challenges have sparked a broad discourse about alternative learning models in the field of Leadership Development, for example, blended learning, informal learning, and 70:20:10. New paths in leadership development can particularly be observed in informal learning, as the learner and the lessons focus on what can be learned from experience in dealing with specific situations in the workplace. Research has even concluded that informal learning is pervasive and central to organizational learning. For example, Marsick and her research colleagues (2006) at Columbia University were able to show in a large-scale survey that many critical skills for employee and organizational productivity are not only acquired informally, but informal learning even accounts for a large part—up to 70 percent—of all learning in the workplace. Recent interest in the 70:20:10 approach can be seen as an offshoot of the findings from informal learning. It represents a model of workplace learning based on the idea that about 70 percent of learning results from experience, experimentation, and reflection; about 20 percent comes from working and interacting with others; and about 10 percent comes from planned learning solutions and reading relevant professional material (Arets, Jennings, & Heijnen, 2016). The 70:20:10 approach combines three aspects of learning into an integrated, coordinated model and is not to be confused with a traditionally understood approach to integrated learning or blended learning.

Blended learning is typically understood as a combination of traditional face-to-face instruction with some form of virtual learning, such as eLearning modules, webinars, or virtual classroom events. While the use of different media and methods aims to increase the effectiveness and flexibility of learning, the approach falls short in terms of how people in organizations learn. This requires a broader understanding of blended learning: formal learning must be combined with workplace-based or informal learning opportunities (Singh, 2021). In this regard, formal classroom learning provides unique opportunities for skill-building, peer learning, assessment, experiential activities, coaching, and critical reflection time in a safe and familiar environment removed from the distractions of the workplace. Informal learning adds spontaneous, unstructured learner-driven experiences to the mix. It uses assessment, challenges, and support for the unique demands and opportunities of each leader’s workplace.

The most recent experience with distance learning in the wake of the COVID-19 pandemic has shown the limitations of a traditional understanding of blended learning: the forced focus on formal learning was shifted to the virtual space, and revealed like never before the lack of opportunities for context-based informal learning and social interaction. Both of these factors are central to leadership development in particular and adult education in general, as research has shown (Lassoued, Alhendawi, & Bashitialshaaer, 2020).

Even if the research on 70:20:10 is still relatively young, this expanded understanding of blended learning has established connections with content from studies on adult learning dating back to the 1970s. It has also been shown that this approach is based on recognized learning theories and practices, particularly about workplace learning in the 21st century (Bagley, 2018).

3.2 Our learning model and Futures Literacy

This leadership development format focuses on informal learning through experience gained from a specific project in one’s business area as well as personal exchange at eye level while learning in the seminar plays a minor role. This orientation enables executives to learn effectively, in depth, and above all to be agile (learning agility is key) without being interrupted for days by learning modules while facing the specific challenges of their daily work.

Specifically, we accompany the participating executives on their way to opening themselves up to alternative attitudes and world views and thereby developing higher future competence and leadership skills for a renewal process in their company. In twelve days of attendance, divided into three modules over five months, executives learn to develop alternative ways of thinking to recognize the basic assumptions, values, and strategies of their company and question them substantially. These executives develop an integrative understanding of problems and solutions so they can design new fields of action in their company context and empower individuals and groups to consider alternative orientation options. Figure 3 summarizes the learning model:

Fig. 3: Overview of our learning model.

Exchange with our international network and cooperation partners from science and practice supports thinking and perceiving beyond the operational and temporal horizons of one’s own company as well as making contradictions and taboos of latent topics visible.

In addition to the University of Art and Design Linz (Center for Future Design), previous learning locations have been the Universities of St. Gallen (CH) and Stanford (USA).

3.3 Findings and Recommendations

In-depth reflection, discussion, and exchange of experiences with our own and participating executives resulted in the following findings which make this a successful learning model:

3.3.1 Willingness to change

Through the above-described course of the modules, strong momentum for a willingness to change was achieved in both the participating executives and their companies during the time of the program.

Fig. 4: Willingness to change on the part of the participating executives.

More than positive feedback made this clear: the respective companies seriously took specific initiatives. Take an Austrian technology group for example, which started an incubator process for new projects, which was formally and structurally established in the group, and is now operationally active with new business areas. The four participating executives of the group concerned were all promoted to managing director positions. Similar successful initiatives, albeit on a different scale, could also be identified among the other participating companies.

Measured by these successes, the basic structure of the Foresight Journey can be described as consistently robust and effective. The work was a success with demonstrable results. We have identified room to improve and readjust in the following areas:

3.3.2 Learners

As our learning model was a prototype, it was not possible to refer to existing references or a pool of enthusiastic alumni for applications from participating executives. HR managers viewed us as “uncharted territory” with all the associated risks. Direct contact with the board members of the respective companies was required and a precise description of the benefits — both for the company and for potential participating executives. Such executives consistently weighed their participation in our learning model critically against a possible MBA degree from a renowned international institution. Presenting a strong benefit for the company significantly nudged the board of directors to decide in favor of participation in our program.

For these reasons, the acquisition process turned out to be extremely time-consuming. From today’s perspective, however, the success of the first year and the associated requests for participation make us confident it will demand less effort in the future. (Due to Corona, a new cohort could not yet start.)

Valuable experience was gained from bringing the participating executives together: Executives should only participate in teams of two per company and project to be able to exchange experiences on the specific project with a counterpart outside of the three face-toface modules. The learning experience was therefore less successful with those few who were sent without a sparring partner. At the top, we deliberately limited the number of participating executives per company to four people to ensure diversity in attitudes and world views.

Noticeably, the teams that were most successful in translating what they had learned, had a precisely formulated and future-relevant question ready for the company at the start of the program and also had full support from the company management for the respectively selected project. A correlation between the specificity of the topic to be worked on and the subsequent initiatives was evident!

3.3.3 Learning framework (Learnscape)

The architecture of the three modules, their thematic and temporal interplay, and change of location — from the classroom to the eye-opening environment in Stanford — as well as the program management’s and project coaches’ continuous support of the participating executives created fruitful ground for new learning experiences. The feedback on this was consistently positive.

Experience has shown the intentionally low number of twelve attendance days within five months runs the risk that managers, who are intensely involved in their companies, drop out due to in-house appointments. Strategies to ensure higher loyalty to attend appointments could sometimes not be identified.

Ultimately, the learning framework we provided, in which the participating executives could get together outside the modules (physical or virtual) or solve problems, chat, exchange ideas or forge partnerships, was used to varying degrees or understood as an opportunity for imagining new opportunities. Reasons for this appear to be time resources and geographical distances on the one hand — we had participants from Scandinavia, Germany, etc. —, on the other hand, our lack of a program-coordinator-maintained information-rich digital personal learning platform (Personal Learning Cloud). The first year we made do with a good but insufficient academic cloud solution for the demands of the executives. Essential today is the development of cloud-based further training that offers a personalized learning experience and enables participating executives to complete a competency development program that suits their own pace, learning style, and work environment.

3.3.4 Pedagogy

The following experiences and findings are ordered according to the type of learning.

Informal learning via experience in a specific project

In retrospect, together with our advisory boards, we asked ourselves to what extent the participating executives got involved in questions of the future. We were able to determine that the goal of thematicizing the immediate future was consistently achieved. Only a few projects dealt with the distant future: that time horizon containing ideas for later profitable growth which is typically not associated with incremental innovations and whose options should be secured, such as disruptive, radical, or architectonic innovations. Raising greater awareness in preliminary discussions with the company board members and participating executives appears necessary and expedient as this is the phase where projects are defined.

Incidental learning through exchange at eye level

It is always difficult to determine which information and experiences convince an executive to face a major change. In addition to curiosity, there was also initial skepticism about our program. What was evident is executives who are skeptical yet open, and are cautiously searching for something new, react very positively to impulses that unconsciously question their thought patterns. Our program provided impulses from environments foreign to their company, but which had something important to say because the other / the new had already been successfully demonstrated. This was particularly pronounced in our Stanford program, and these three examples illustrate what the Stanford group experienced:

In a lecture, the structure and approach of DARPA (Defense Advanced Research Project Agency) and its so-called “hard test” for the really new was discussed in detail (far-reaching, technically challenging, multi-disciplinary, actionable, and the whole thing on a scale from 1–7). The “hard test” in the most demanding manifestations of 6–7 can lead directly to the content of a distant future. Questions about a new corporate future must therefore be asked much more radically than the participants had imagined.

At SAP in Stanford, the 17 Sustainable Development Goals of the United Nations stood boldly next to the lectern and were directly referred to. A strong hint that companies should not stand beside society but should see themselves as part of it. Imagining the future of companies without sustainability has become inconceivable. This was also quite encouraging.

When visiting the Department for Mechanical Engineering, director Prof. Larry Leifer showed us around his institute. The building is divided in the middle, on one side there are traditional office and conference rooms, on the other side empty floors with stackable office equipment. Anyone familiar with Design Thinking was not surprised by the free seating, but rather by the invisible border that divided the building emotionally. Prof. Leifer summed it up: “This is where the demilitarized zone begins” — and he meant — “of thinking.” You have to break away from the psychological and physical constraints of the existing business much more to develop alternative futures. The search for the new often fails because of the old, whose culture holds us in its clutches. Where can we finally find the demilitarized zone in our company?

Stanford’s spirit of openness certainly contributed to the participants becoming more aware that future viability requires asking radical questions in a completely free space and thereby stretches the scope of the search. The extent to which these experiences had an impact on the strategic quality of the participants’ later work was not directly measurable, but the fact that, after the end of our program, specific strategic initiatives were taken in several of the participating companies, indicates the impressions from Stanford were as they like to say in marketing: “sticky.”

In contrast to this, we had the impression there was only a meager exchange between the teams of the respective companies on a technical level. The teams also seemed to be cautious about suggesting new ideas to other teams. Despite the prevailing diversity of the participating companies, we attributed this to reasons of confidentiality on the one hand; and on the other hand to the innovation culture practiced by the companies predominantly from the D-A-CH region (D: Germany, A: Austria, CH: Switzerland) compared to the very open American culture of innovation. The extremely positive response to company visits in the USA confirms this assessment. Especially with these offers, there was curiously a lot of exchange at eye level, which could be due to the geographical distance between the companies visited.

Last but not least, I would like to take a look at the experiences of the coaches at this point. They accompanied the program over the entire period. Open exchange at eye level was largely one-dimensional, the coaches enjoyed lively interest when it came to sharing their expertise. The participating executives were more cautious when it came to openly exchange ideas with the coaches about their specific topics in the project. A clarification of coaching roles and contractually regulated confidentiality statements may be helpful here. In our first year, we simply agreed on the Chatham House Rule in writing.

Formal learning through courses and specialist literature

In contrast to the knowledge of academic discourse, imparting empirical knowledge that could be directly applied to the specific project, was particularly well received. The close connection between the project and the practically relevant seminar we designed turned out quite well. Experience has also shown that fireside chats — instead of working sessions — were well received in the evening.

4. Conclusion

The social, ecological, and economic challenges of today require Futures Literacy. Approaches such as updating the past and solving problems analytically by looking at them in isolation do not reach far enough. It takes a holistic view of what is currently not the case but could be, as well as the ability to recognize what wants to emerge, to cocreate it responsibly. This fact is generally not reflected enough in the education system and particularly not in the area of leadership development. Our experience with teaching Futures Literacy in the area of leadership development has shown that questioning habitual patterns of thought and perception, and changing behavior with regard to future areas of action is most effective through personal experience in overcoming real challenges.

What we know intuitively and what research has proven: deep learning and real changes occur when people are able to get actively and emotionally motivated in a specific (future) project, receive feedback, and are given the opportunity to learn based on the consequences of their own actions. This realization requires a reorientation of leadership development programs and a reshaping of the learning process towards informal and incidental learning opportunities. Our learning model is an attempt to explore new ways to strengthen our capacity to use the future with this novel form of engagement and cognition.

References

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Bagley, C. M. (2018). An evaluation of the 70: 20: 10 framework for workplace learning.

Bagley, C. M. (2018). An evaluation of the 70: 20: 10 framework for workplace learning (Dissertation of Charles M. Bagley for the degree of Doctor of Education in Learning, Leadership, and Community presented on November 14, 2018.). Plymouth State University.

Cross, N. (2006). Designerly ways of knowing. Springer.

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Miller, R. (2018). Transforming the future: Anticipation in the 21st century. Taylor & Francis.

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Shamiyeh, M. (Ed.) (2010). Creating Desired Futures: How Design Innovates Business. Birkhaueser.

Shamiyeh, M. & B. von Oetinger (2021). Foresight Journey – Lernen auf neuen Wegen. In K. Schwuchow & J. Gutmann (eds.), HR-Trends 2022: COVID-19, Smart Work, Purpose, Digitalization (pp. 490–500). Haufe.

Simon, H. A. (1969). The Science of the Artificial (3rd 1996 ed.). MIT Press.

Simon, H. A. (1986). Decision Making and Problem Solving. Retrieved from Washington, DC: http://www.dieoff.org/page163.htm

Singh, H. (2021). Building effective blended learning programs. In Challenges and Opportunities for the Global Implementation of E-Learning Frameworks (pp. 15–23). IGI Global.

 

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1 The following section is based on the recently published article Shamiyeh & von Oetinger (2021).

Zukunft gestalten

Reinhold Leinfelder

Die Zukunft als Skalen- und Perspektivenproblem

Tiefenzeit-Einsichten, Szenarien und Partizipation als Grundlage für Futures Literacy

1. Einleitung

Die Herausforderungen für die heutigen menschlichen Gesellschaften sind immens, sowohl hinsichtlich der Anzahl der Problemfelder, als auch hinsichtlich ihrer gegenseitigen Bedingtheiten und Wechselwirkungen sowie ihrer möglichen Lösungsansätze. Vieles davon sind Zukunftsaufgaben, die jetzt begonnen, aber über einen größeren Zeitraum verfolgt werden müssen und in aller Regel nicht in einem „Weiter wie bisher“-Pfad gelöst werden können. Das Spektrum der Problemkreise reicht von Klima- und Umweltkrise, über soziale Ungerechtigkeiten und Ungleichheiten (wie Hunger, Arbeit, Bildung, Sozialsysteme), neuen Krankheiten und Pandemien bis hin zu Wissenschaftsleugnung, zunehmender Demokratiefeindlichkeit und sich wieder stark ausweitenden kriegerischen Auseinandersetzungen.

Zum Umgehen und Lösen derartiger, in aller Regel überaus komplexer Problemfelder ist neben systemischem Denken, also dem Erkennen und Berücksichtigen der Vernetztheit und der Wechselwirkungen unterschiedlicher Problematiken, vor allem eine bessere individuelle und gesellschaftliche Zukunftskompetenz im Sinne einer Futures Literacy1 notwendig. Auch hierbei sind wieder Verknüpfungen und Wechselwirkungen sowie deren Dynamik wesentlich. Nur mit dem Erkennen und einer systemischen Analyse des Zustands sowie der regionalen und zeitlichen Skalierung der heutigen Situation ist Futures Literacy erreichbar. Diese sollte wiederum auch Wissen aus der Analyse historischer und erdgeschichtlicher Abläufe im Sinne eines „Aus der Vergangenheit und Gegenwart für die Zukunft lernen“ integrieren. Lehren aus der Vergangenheit müssen allerdings unterschiedliche Zeitskalen korrekt berücksichtigen; sie stellen damit zeitskalenbasierte Retrospektiven dar. Außerdem weist der Plural „Futures“ (Zukünfte) auch auf die Notwendigkeit hin, auch mehrere Zukunftsperspektiven in verschiedenen Szenarienmöglichkeiten denken zu lernen.

Der Mehrebenen-Ansatz des Anthropozän-Konzepts erscheint zur Verbindung all dieser Bereiche als Lehr-, Lern- und Handlungsgrundlage besonders geeignet. So basiert das Konzept zum Ersten auf der systemischen Analyse der Situation, der Wechselwirkungen und der Dynamik des heutigen Erdsystems. Das Erdsystem wird hierbei in der notwendigen erweiterten Form, also unter Einbindung, Gleichstellung und Berücksichtigung der gegenseitigen Interaktion der Anthroposphäre mit den Natursphären (Atmosphäre, Hydrosphäre, Biosphäre, Pedosphäre, Lithosphäre, z.T. mit weiteren Unterteilungen und Erweiterungen) analysiert. Zum Zweiten ist der erdgeschichtliche Aspekt in Hinblick auf die Relevanz für das Heute und Morgen konzeptionell mit integriert (Tiefenzeitprozesse und ihre Bedeutung für heute, etwa für Lebensentwicklung, Bodenschätze, geopolitische Aspekte etc.), genauso wie die Behandlung neuartiger menscheninduzierter Ablagerungen (Technosphäre, Technofossilien, neue anthropogene Erosions- und Sedimentationsabläufe und ihre Auswirkungen) sowie die Bedeutung des Anthropozäns als neue erdgeschichtliche Epoche. Zum Dritten ergibt sich aus der erdsystemaren und geologisch-stratigraphischen Analyse konsequenterweise eine Metaebene der Zukunftsverantwortung, die auf diesen beiden analytischen Ebenen aufbaut und auch die Polyperspektivität von Wahrscheinlichkeiten, Möglichkeiten und Wünschbarkeiten impliziert.2

Der Fokus dieses Beitrags liegt damit auf der Notwendigkeit und Machbarkeit einer Verknüpfung unterschiedlich skalierter Zeitprozesse mit polyperspektivischen Zukunftsszenarien und Wegen dorthin. Dazu ist es sinnvoll, auf die weithin vernachlässigte Behandlung des Begriffs Zeit, insbesondere zeitliche Dynamiken einzugehen sowie Zukunftsforschung und polyperspektivische Zukunftsszenarien-Ansätze kurz vorzustellen, um aus beidem dann eine Verbesserung des Zeitbewusstseins und des Vorstellungsvermögens zu erreichen und damit integratives und polyperspektivisches Denken einzuüben. Das Angehen von Zukunftsherausforderungen kann dann mit dem Imaginieren und Antizipieren mittels narrativem Erzählen und Visualisieren beginnen und über gemeinschaftliches Konzipieren, Ausprobieren und möglicherweise auch Umsetzen von Lösungsansätzen oder gar ganzer Lösungsportfolios im eigenen oder auch erweiterten Umfeld weitergeführt werden. Derartige Denk- und Experimentieransätze können in jedem Alter, gerade auch schon im Kindesalter beginnen und dann lebenslang weitergeführt werden. Es wird erwartet, dadurch einen wesentlichen Beitrag zur Entwicklung bzw. Optimierung einer persönlichen und gesellschaftlichen Futures Literacy zu leisten.

2. Psychologische, kulturelle und gesellschaftliche Herausforderungen

2.1 Kognitive Dissonanzen, Verantwortungsexternalisierung, Ausredemechanismen

Insbesondere in westlichen Kulturkreisen, aber nicht nur dort, ist es Usus, zur Behandlung größerer Aufgaben, etwa der Bildung oder der Verwaltung, diese zu sektoralisieren. So gibt es Fächer an Schulen, Fachdisziplinen in den Wissenschaften, Fachabteilungen in Ämtern, Fachministerien in Regierungen. Wie schwierig und oft kontraproduktiv es ist, etwa bei städtebaulichen Herausforderungen die miteinander verknüpften Sektoren Verkehr, Städtebau, Umwelt, Wasser, Abwasser, Finanzen, Soziales etc. zusammenzubringen, wird in vielen Großstädten deutlich. Dazu trägt auch der Wunsch nach Priorisierung (Bedeutungsranking) bei, womit ebenfalls die Interdependenzen zwischen den Problemkreisen vernachlässigt und oft weitere Probleme geschaffen werden: Was ist wichtiger? Klima ODER Naturschutz? Naturschutz ODER Soziales? Natur ODER Kultur? Wird die Zukunft schrecklich ODER wunderbar? usw. Auch bei den Lösungsansätzen ist die Suche nach der einen richtigen Lösung dominant – gemischte Lösungsportfolios zu erstellen, ist politisch, verwaltungstechnisch und gesellschaftlich-politisch in dieser Denkweise meist kaum zu bewältigen, so wird weiterdiskutiert, um DIE eine richtige, zumindest DIE beste Lösung zu erarbeiten, mit der Konsequenz, dass dann oft gar nichts passiert. Hierbei werden bekanntermaßen Verantwortungen gerne externalisiert und auch viele weitere Ausredemechanismen bis hin zu populistischen Angriffen benutzt3.

Eine Abkehr von diesen eingeübten „dualistischen“ Denkweisen, ein verbessertes Zeitbewusstsein sowie die Stärkung antizipativen und positiven Denkens können jedoch eingeübt werden, was im Nachfolgenden näher betrachtet wird.

2.2 Nichtbeachtung und Verkennung von Zeitdynamiken

Wenig im Fokus, und daher auch häufig unwidersprochene Quelle für viele Falschaussagen sind die zeitlichen Skalen und Dynamiken von Vorgängen. Das Ausblenden solcher, auch extrem unterschiedlicher, oft auch miteinander verknüpfter Zeitskalen führt häufig zu „Klassikern“ des Eskapismus sowie auch zu aggressiven, faktenignorierenden Ausredestrategien hinsichtlich des notwendigen Handelns (z.B. Leinfelder 2020b, Abb. 5). Hier einige „fachspezifische“, häufig gehörte Beispiele:

•Erdgeschichtliche Fehleinschätzung