Ganz oder gar nicht - Barbara Boswell - E-Book

Ganz oder gar nicht E-Book

Barbara Boswell

0,0
2,49 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Geträumt hat Callie es wohl tausend Mal - aber doch nie geglaubt, dass es wirklich geschieht: Treys fordernde Lippen auf ihrem Mund, sein männlicher Körper so aufregend nah und heißes Begehren in seinem Blick - in den Armen des smarten Neurochirurgen Dr. Trey Weldon scheint für die OP-Schwester Callie ein Märchen wahr zu werden, als er ihr in einem von den Kollegen unbeobachteten Moment seine Leidenschaft zeigt. Jeder Nerv in Callie reagiert auf diesen Mann, dessen umwerfend erotische Faszination ihr den Atem raubt - bis ein verräterischer Satz von ihm den Zauber des Augenblicks vertreibt ...

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 198

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



IMPRESSUM

Ganz oder gar nicht erscheint in der HarperCollins Germany GmbH

Redaktion und Verlag: Postfach 301161, 20304 Hamburg Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0 Fax: +49(0) 711/72 52-399 E-Mail: [email protected]
Geschäftsführung:Katja Berger, Jürgen WelteLeitung:Miran Bilic (v. i. S. d. P.)Produktion:Jennifer GalkaGrafik:Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn, Marina Grothues (Foto)

© 2000 by Barbara Boswell Originaltitel: : „Bachelor Doctor“ erschienen bei: : Silhouette Books, Toronto Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe TIFFANYBand 918 - 2000 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg Übersetzung: Roswitha Enright

Umschlagsmotive: GettyImages_nd3000_

Veröffentlicht im ePub Format in 04/2020 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783733716455

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BACCARA, BIANCA, JULIA, ROMANA, HISTORICAL, TIFFANY

Alles über Roman-Neuheiten, Spar-Aktionen, Lesetipps und Gutscheine erhalten Sie in unserem CORA-Shop www.cora.de

Werden Sie Fan vom CORA Verlag auf Facebook.

1. KAPITEL

Im Operationssaal drängten sich Kollegen und Studenten, die Dr. Trey Weldon, dem bekannten Neurochirurgen, bei der Arbeit zusehen wollten. Der Zustand des Patienten galt als hoffnungslos. Man hatte ihn an Dr. Weldon überwiesen, der eine riskante, aber viel versprechende Operationsmethode für solche Fälle entwickelt hatte.

„Es ist ja wirklich heute voll hier“, sagte ein Medizinstudent leise. „Jeder will dem Meister bei der Arbeit zusehen“

„Ja, Dr. Weldon ist wirklich der Beste“, bemerkte ein zweiter Student bewundernd.

„Ruhe bitte.“ Eine Schwesternschülerin sah die beiden strafend an. „Dr. Weldon spricht.“ In ihrem Ton klang unüberhörbar Ehrfurcht mit.

Dr. Weldon war gerade dabei, die Probleme der arterio-venösen Missbildungen zu erklären, verschlungenen oder missgebildeten Arterien oder Venen im Gehirn, die sich mit der Zeit übermäßig dehnten, auf das umgebende Gewebe Druck ausübten oder sogar platzten. Er hob bei der Bemerkung der Schwesternschülerin automatisch den Kopf und sah Callie Sheely, die OP-Schwester, kurz an.

Ihre Blicke trafen sich nur für den Bruchteil einer Sekunde, aber er bemerkte das Funkeln in ihren großen dunklen Augen und wusste, dass sie unter dem Mundschutz über die Worte des jungen Mädchens lächelte.

Die Lippen des Chirurgen verzogen sich ebenfalls amüsiert. Vor nicht allzu langer Zeit hätte er nicht bemerkt, was es da zu lachen gab. Er fand damals auch die übertriebene Ehrfurcht völlig selbstverständlich. Er hatte sich mit den Jahren an Lob und Bewunderung dermaßen gewöhnt, dass es ihm ganz normal vorkam.

Bis Callie auftauchte. Trey würde nie ihr Grinsen vergessen, als ein jüngerer Kollege ihn übermäßig lobte. Das war das erste Mal, dass er sie im Operationssaal gesehen hatte.

Als er sie später gefragt hatte, hatte sie wieder gelacht und gemeint, sie fände es witzig, wie seine Bewunderer um ihn herumscharwenzelten und ihn mit Lob überhäuften.

Trey war von ihrer Offenheit überrascht gewesen. Bisher hatte es niemand gewagt, so mit ihm zu sprechen. Aber er ärgerte sich nicht darüber, sondern fand ihre Einstellung erfrischend.

„Natürlich ist die Bewunderung Ihrer Fans wirklich ehrlich“, hatte sie dann ernster hinzugefügt. Und diese aufrichtige Bemerkung hatte ihm mehr bedeutet als die anbetenden Blicke seiner jungen Kollegen und Studenten.

Seitdem sah er immer zu Callie hinüber, wenn die Komplimente wieder einmal etwas zu dick aufgetragen wirkten, und wusste, dass sie unter ihrem Mundschutz genauso lächelte wie er.

Trey fuhr mit der Operation fort und erklärte dabei seinen Zuschauern sein Vorgehen. Gleichzeitig musste er wieder an Callie Sheely denken, und wie wenig Ehrfurcht sie vor seinem gottähnlichen Ruf hatte.

Trey hatte Fähigkeit, gleichzeitig verschiedene Dinge zu denken und zu tun und alles doch voneinander getrennt halten zu können. Es war eine Gabe, die er schon immer besessen hatte und die ihm selbstverständlich war.

Er bewegte den kleinen Finger leicht zur Seite, und Callie reichte ihm sofort das Gewünschte, ein kleines scharfes Skalpell, das er selbst für seine Zwecke entworfen hatte. Nur selten musste er Callie während einer Operation um ein Instrument bitten, höchstens dann, wenn zum Beispiel unvorhergesehene Komplikationen eintraten und er improvisieren musste.

Normalerweise wusste sie von früheren Operationen genau, welche Instrumente wann benötigt wurden. Und wenn er etwas anders machen wollte, dann ging er vorher mit ihr die einzelnen Schritte durch, und sie wusste, was von ihr erwartet wurde.

Trey bewunderte ihr phantastisches Erinnerungsvermögen wie auch ihre Fähigkeiten als Operationsschwester. Selbst in Stresssituationen blieb sie ruhig, und er hatte noch nie mit jemandem so gut zusammengearbeitet wie mit Callie Sheely. Im OP war sie wie ein Teil von ihm.

Diese Art von intuitivem Einklang war etwas ganz Neues für ihn. Ganz sicher hatte es so etwas in seinem privaten Bereich bis heute noch nie gegeben. Aber hier im Operationssaal waren Callie und er eins, verstanden sie sich ohne Worte und bildeten eine ungewöhnliche Einheit.

Trey hob wieder den Blick und sah in Callies dunkle, warme, ausdrucksvolle Augen. Intelligenz funkelte darin, Lebensfreude und …

„Gibt es noch Fragen?“, unterbrach er seine eigenen Gedanken.

In letzter Zeit hatte er immer häufiger ganz überraschend an Callie Sheely denken müssen. Er sah sie plötzlich vor sich, egal ob er gerade im OP stand oder allein in seiner Wohnung war, ob er mit Kollegen sprach oder sein Mittagessen allein in der Kantine einnahm, und dachte an ihre Augen, ihren Humor, ihr Lächeln …

Aber solche Gedanken gehörten nicht in ihre berufliche Beziehung. Und das war das Einzige, was ihn und Callie schließlich verband. Es war die einzige Verbindung, die sie jemals haben würden, die einzige Verbindung, die er wollte. Es durfte nicht anders sein.

Aber es störte ihn, wie sie manchmal plötzlich und unerwartet von seinen Gedanken Besitz ergriff. Er konnte es sich schließlich nicht leisten, dass sich sein scharfer Verstand Phantasien hingab.

„Ich wiederhole, gibt es noch Fragen?“ Er merkte selbst, wie ungeduldig das klang.

Und er wusste auch, dass seine Ungeduld nicht eigentlich gegen die Studenten gerichtet war, die ihm schweigend und ein wenig eingeschüchtert zuhörten.

„Dann kann ich also annehmen, dass jeder verstanden hat, was es mit arteriovenösen Missbildungen und diesem Eingriff auf sich hat?“ Trey konnte dem kurzen Schritt von Ungeduld zu Sarkasmus nicht widerstehen.

Eine der Medizinstudentinnen meldete sich mit einer etwas dümmlichen Frage, die Trey aber ausführlich beantwortete. Er musste sich von den Gedanken an Callie ablenken. Sie durfte ihm nicht unter die Haut gehen, auch wenn er viel zu viel an sie dachte. Nein, sie arbeiteten nur zusammen, nichts weiter. Sie waren noch nicht einmal oberflächlich miteinander befreundet. Sie hatten sich noch niemals außerhalb des Krankenhauses getroffen.

Und das war auch gut und richtig so.

Nein, sie ging ihm nicht unter die Haut.

Callie Sheely hörte der gründlichen Erklärung von Trey Weldon aufmerksam zu. Der weiche, melodische Ton seiner Stimme blieb wie immer nicht ohne Wirkung auf sie. Nur Trey konnte verführerisch und sexy klingen, während er die Schwierigkeiten eines gefährlichen Eingriffs beschrieb.

Callie beobachtete jeden seiner Handgriffe genau, um bereit zu sein, wenn er bestimmte Instrumente bei der Arbeit brauchte. Seine Stimme half ihr dabei, sich zu konzentrieren, wenn sie auch gleichzeitig von ihr fasziniert war, ja, mehr als das, erregt wurde. Trey Weldons Stimme war ausgesprochen sexy, dunkel, männlich und beinahe hypnotisierend.

Das war einfach nicht fair. Ihr Chef sah nicht nur gut aus, war brillant und talentiert, sondern er hatte dazu noch eine Stimme, die jedem Kinohelden Ehre gemacht hätte. Und sie musste diese Stimme täglich hören und sollte davon unbeeindruckt bleiben.

Sie kannte schließlich die Regeln nur zu gut. Sie war Dr. Weldons Untergebene, und auch nur als solche sah Trey Weldon sie, sollte er sie überhaupt wahrnehmen. Es war eben nicht so wie in den Märchen ihrer Kindheit, wo die arme Küchenmagd vom Prinz geheiratet wurde. Im wirklichen Leben blieb man unter seinesgleichen.

Callie seufzte leise und konzentrierte sich wieder auf Trey Weldon, der geschickt das kleine Skalpell handhabte, das sie ihm gereicht hatte, und dabei den Zuschauern sein Vorgehen erläuterte.

Seine Methodik war wirklich fehlerlos. Wie jedes Mal war Callie tief davon beeindruckt, wie mühelos er die kompliziertesten Eingriffe im Gehirn durchführte. Auch alle anderen sahen ihm gespannt zu. Dr. Trey Weldon, der außerordentlich begabte Neurochirurg am Tri-State-Krankenhaus wurde von seinen Kollegen nicht nur respektiert und bewundert. Er war ein Star, eine „Supernova von einem Chirurgen“, wie der Wissenschaftsreporter einer lokalen Pittsburgher Zeitung gemeint hatte. In seinem Artikel hatte er die Fähigkeiten des Chirurgen in den höchsten Tönen gelobt, hatte seinen eindrucksvollen Werdegang geschildert und die Anstrengungen der Krankenhausleitung, die Dr. Weldon endlich vor achtzehn Monaten für ihr Krankenhaus hatte gewinnen können.

Callie hatte den Artikel aufbewahrt und las ihn immer dann, wenn sie in Gefahr war zu vergessen, wie weit ihre Welt von der Dr. Trey Weldons entfernt war. Das fing schon mit ihrer Herkunft an.

Die Weldons hatten schon große Ländereien in Virginia besessen, als Callies Vorfahren noch als arme Bauern im alten Europa ihr Leben fristeten. Callie war zwar der Meinung, dass eine unterschiedliche Herkunft oft keine Rolle spielte, wusste aber auch, dass die Weldons viel Gewicht auf die richtige Abstammung legten. Das hatte sie nicht nur dem Artikel entnehmen können, sondern es klang auch aus beiläufigen Bemerkungen von Trey selbst immer wieder heraus.

Der Sohn von Winston und Laura Weldon, die auch in dem Artikel erwähnt wurden, hatte gesellschaftlich nichts mit ihr, der Tochter von Jack und Nancy Sheely gemein, deren Großeltern vor der Armut in Irland und Russland geflohen waren, nur um dann in kaum besseren Verhältnissen in Pittsburgh zu leben. Aber sie hatten hart gearbeitet und ihren Kindern und Enkelkindern eine gute Ausbildung ermöglicht. Doch zu den oberen Zehntausend gehörten sie ganz sicher nicht.

Die Weldons zählten schon seit Jahrhunderten zum „Adel“ der amerikanischen Südstaaten.

„Alles in Ordnung?“ Trey sah sie fragend an.

Callie riss sich zusammen. Sie nickte. Es war das erste Mal, dass er ein persönliches Wort an sie richtete. Für ihn gab es weder Hunger noch Durst, wenn er neun bis zehn Stunden hintereinander operierte. Und er erwartete eine solche Disziplin auch von seinen Mitarbeitern.

„Wirklich?“, fragte er wieder.

Sie sah ihn erstaunt an. „Ja, bestimmt.“ Warum fragte er sie das? Sah sie müde aus? Hatte er Angst, dass sie den Tupfer fallen ließ?

Aber Trey lächelte nur ganz kurz, nickte und fuhr mit dem Eingriff fort.

„Trey Weldon bei einer Gehirnoperation zuzusehen ist das Beeindruckendste, was es gibt“, sagte Jimmy Dimarino häufig zu Callie. Jimmy hatte seine ärztliche Grundausbildung gerade hinter sich und wollte auch Neurochirurg werden. Er versuchte, so vielen Operationen von Dr. Weldon beizuwohnen wie möglich und setzte Callie immer zu, ihm die Termine für die Operationen mitzuteilen. Callie gehörte seit zwölf Monaten zu dem persönlich ausgesuchten Operationsteam und wusste daher, welche Eingriffe wann geplant waren und auch, wann Notoperationen anstanden.

Sie teilte Jimmy mit, was sie wusste, denn sie kannten sich schon aus der Sandkiste. Sie waren Nachbarn gewesen, waren zur selben Schule gegangen und hatten auch kurzfristig in der achten Klasse einmal füreinander geschwärmt. Heutzutage fühlte Jimmy nicht nur Freundschaft für Callie, sondern bewunderte sie auch, was nicht unwesentlich damit zu tun hatte, dass sie zu Dr. Weldons Team gehörte.

„Die AVM ist beseitigt“, sagte Trey jetzt. „Das umgebende Gewebe wurde davon kaum in Mitleidenschaft gezogen, und der Patient sollte sich schnell und problemlos erholen.“

Es klang beinahe wie ein Befehl, der automatisch befolgt werden würde. Callie lächelte unter ihrem Mundschutz und blickte dann auf. Trey sah ihr direkt in die Augen. Die Zeit schien still zu stehen. Dann blickte er zur Seite. „Fritche, übernehmen Sie den Rest.“ Er wandte sich um und ging unter beifälligem Gemurmel und vereinzeltem Klatschen aus dem OP.

Scott Fritche, der gerade seine Ausbildung zum Facharzt in Neurochirurgie begonnen hatte, trat an den Operationstisch. Callie blieb und assistierte ihm. Sie hatte mit Fritche schon ein paar Mal vorher zusammengearbeitet und war erstaunt, wie ungeschickt er sich heute anstellte.

„Ich wette, Fritche hat länger dazu gebraucht, die Wunde zu schließen, als Trey für die ganze Operation.“ Quiana Turner zog sich den Mundschutz vom Gesicht, als sie neben Callie den Operationssaal verließ.

Callie lächelte über diese Übertreibung. „Wir sind durch Trey wirklich verwöhnt“, sagte sie. „So gut wie er ist so leicht keiner, schon gar nicht ein jemand, der sich erst am Anfang seiner Karriere steht.“

„Fritche ist wirklich nicht so ein toller Hecht, wie er immer glaubt.“ Leo Arkis trat neben sie. Leo machte die Vorarbeiten für das Weldon-Team und sprang auch manchmal für Callie oder Quiana ein, wenn es nötig war.

„Er hätte sich wohl kaum dümmer anstellen können. Schade, dass Trey es nicht gesehen hat. Er hätte Scott mit einem Blick in einen Eiszapfen verwandeln können.“

Callie hob die Augenbrauen. „Das ist wirklich ein bisschen zu hart, Leo. Fritche war einfach nervös und ist unerfahren. Ich finde es auch nicht nett, wie du ihn vor Trey schlecht machst und …“

Sie brach ab, als sie in den erst kürzlich renovierten Aufenthaltsraum traten und Trey Weldon sahen.

Er zog sich gerade das T-Shirt seiner OP-Kleidung über den Kopf und warf es auf einen Stuhl. Sein nackter Oberkörper mit den starken, gut ausgebildeten Muskeln glänzte im Licht der Leuchtstoffröhren. Die Baumwollhose hing ihm tief auf den Hüften und zeigte seinen flachen Bauch mit dem Bauchnabel und der nach unten führenden Linie feiner schwarzer Haare.

Callies Mund wurde trocken.

„Donnerwetter!“, sagte Quiana leise neben ihr. „Was für ein Körper!“

„Wer macht wen schlecht, Sheely?“ Trey sah Callie fragend an.

Sie senkte den Blick und überlegte. Sie wollte ihm nicht von Fritches unterdurchschnittlichen Leistungen berichten. Trey konnte Fehler nicht besonders gut verzeihen, aber ein Fehler in seinem OP, das war undenkbar. Trey Weldon machte einfach keine Fehler bei seinen Operationen.

Sie lächelte und sah ihn an. „Sagen wir mal, Ende gut, alles gut.“

Sie hätte wissen sollen, dass Trey sich damit nicht zufrieden geben würde. Er zog die Augenbrauen zusammen und fixierte sie streng mit seinen blauen Augen. „Sheely, reden Sie nicht in Rätseln.“

Callie fuhr sich nervös mit der Zungenspitze über die Oberlippe. Warum musste er sie gerade jetzt zur Rede stellen, wo er halbnackt vor ihr stand? Sie hatte Schwierigkeiten, sich zu konzentrieren. „Also …“

„Ich weiß nicht, ob Sie das schlecht machen nennen würden, Dr. Weldon“, ließ sich jetzt Leo hören. „Aber Fritche hat da heute wirklich Mist gebaut. Ich finde, das sollten Sie wissen“, fügte er noch selbstgerecht hinzu.

Treys Miene verdunkelte sich. „Ist mein Patient …“

„Nein, es ist alles in Ordnung“, unterbrach ihn Callie schnell. „Fritche machte ein paar kleinere Fehler, die zu beheben waren. Wir hätten Sie sonst sofort gerufen.“

„Glücklicherweise war Sheely da, die eingreifen konnte, bevor Fritche irgendeinen Schaden anrichten konnte“, warf Leo ein. „Es ist wirklich nichts passiert.“

„Okay, gut.“ Trey klopfte Leo väterlich auf die Schulter. „Ich kann mich ja darauf verlassen, Leo, dass Sie immer ehrlich zu mir sind.“ Sein Lächeln verflog, als er sich jetzt Callie zuwandte. „Aber wie ist es mit Ihnen?“ Er sah sie ernst an. „Ich möchte mit Ihnen sprechen, Sheely, und zwar sofort.“

Er schob sie am Ellbogen auf die eine Seite des Raumes und baute sich mit seiner Länge von einsachtzig so vor ihr auf, dass die anderen sie nicht sehen konnte. Er ließ seine Hand unter ihrem Ellbogen, und Callie gab sich die größte Mühe, sich davon nicht ablenken zu lassen. Es war nicht, als ob er sie sonst nie berührte. Er legte ihr die Hand auf den Rücken oder die Schulter, wenn sie vor ihm durch eine Tür ging, ergriff sie auch schon einmal beim Handgelenk, wenn er ihr begeistert seine neuesten Methoden beschrieb, und hielt sie wie jetzt am Ellbogen, wenn er sie irgendwohin führen wollte.

Es war Callie klar, dass ihm diese Berührungen gar nicht bewusst waren. Ebenso wenig wie die Tatsache, dass sie ein Mensch aus Fleisch und Blut war, eine Frau. Seine Berührungen waren automatisch und auf keinen Fall persönlich, so als ob er eine Tür öffnete oder ein Treppengeländer anfasste.

Manchmal wünschte sich Callie wirklich fast schon, das leblose Objekt zu sein, als das Trey Weldon sie behandelte. Aber die Wärme seiner kräftigen Finger auf ihrer Haut riefen Gefühle in ihr hervor, die alles andere als leidenschaftslos waren.

Manchmal, wenn sie allein im Dunkeln in ihrem Bett lag, kam ihr die Ironie ihrer Situation besonders zu Bewusstsein. Sie war immer so vernünftig und nüchtern gewesen, hatte auch als Teenager nie für irgendjemanden geschwärmt, hatte immer ihren kühlen Kopf behalten, und ausgerechnet sie hatte sich jetzt im reifen Alter von sechsundzwanzig hoffnungslos verknallt, und um das Ganze noch klischeehafter zu machen, sie hatte sich als Krankenschwester in einen Arzt verliebt, der einer ganz anderen Gesellschaftsschicht angehörte als sie. Es war schon beinahe peinlich, vor allen Dingen, weil ihre Gefühle nicht erwidert wurden.

Callie machte sich nichts vor. Sie wusste, dass Trey niemals außerhalb der Arbeit an sie dachte. Dennoch konnte sie nichts dagegen tun, dass seine Berührungen sie innerlich erbeben ließen. Sie musste ihre Gefühle für ihn geheim halten, durfte sich absolut nichts anmerken lassen. Und das war ihr bisher auch vollkommen gelungen.

Niemand, am allerwenigstens Trey, würde wissen, welche Wärme sich bei seiner leichtesten Berührung in ihr ausbreitete, noch wie heftig sie dieser süße Schmerz durchfuhr, wenn er sie mit seinen tiefblauen Augen ansah.

Aber in eben diesen Augen zeigten jetzt nichts als Kälte und Zorn. Callie erwiderte seinen Blick, was nicht einfach war, weil Trey die Kunst der wortlosen Einschüchterung perfekt beherrschte, genauso wie er einen mit Worten fertig machen konnte.

Aber Callie ließ sich von Trey niemals einschüchtern, ganz gleich, ob auf verbaler oder nonverbaler Ebene. Weil sie wusste, dass Trey von ihr erwartete, so hart und gefühllos zu sein wie er selbst? Oder weil er es brauchte, dass sie ihm Paroli bot? Callie unterdrückte ein Stöhnen. Warum suchte sie bloß immer nach der Bestätigung, dass sie für Trey Weldon mehr war als nur eine fähige OP-Schweste?

„Ich habe mehr von Ihnen erwartet, Sheely.“ Trey sah sie auf diese kalte und leicht überhebliche Art und Weise an, die andere Mitarbeiter schon hatte in Tränen ausbrechen lassen.

Aber nicht Callie. Sie hatte einmal gehört, wie er zu Leo sagte: „Sheely ist hart im Nehmen. Sie ist die einzige Frau, mit der ich zusammengearbeitet habe, die noch nie geweint hat. Nicht eine einzige Träne.“

Das war natürlich nicht wahr und nur ein weiterer Beweis dafür, wie wenig er sie kannte. Sie hatte bei den traurigsten Fällen geweint, wenn sie mit den Familien der Patienten mitlitt, die selbst Trey Weldons Fähigkeiten nicht hatten retten können. Aber sie hatte noch nie vor Trey Weldon geweint, das stimmte. Callie wusste, dass Treys Bemerkung Leo gegenüber ein sehr großes Kompliment war, und sie wollte sich dieses Kompliments weiterhin wert erweisen.

„Die Patienten haben Besseres von Ihnen verdient, Sheely“, sagte Trey mit schneidender Stimme. „Sie verdienen Ihren vollen Einsatz, und wenn für Sie anderes wichtiger ist …“

„Nichts ist mir wichtiger als das Wohlergehen unserer Patienten. Ich gebe ihnen alles, Dr. Weldon.“ Callie versuchte ihrer Stimme die gleiche Härte zu verleihen, die Treys Worte unterstrichen. Aber Weldon klang um einiges eisiger. Wie immer, wenn er zornig war.

Das bedeutete allerdings nicht, dass Callie ihre Wut nicht auch äußern konnte. Es gab nichts, was sie ärgerlicher machte, als wenn jemand an ihrem Pflichtbewusstsein den Patienten gegenüber und an ihrem Einsatzwillen zweifelte.

Und dass ausgerechnet Dr. Weldon das tat, war unerhört. Sie gab ihr Letztes für ihn und ihre Patienten. Callie merkte, wie die Wut über den Schmerz wegen seiner Ungerechtigkeit die Oberhand gewann.

„Und was Scott Fritche angeht, Dr. Weldon …“, ihre Stimme wurde lauter, und ihre dunklen Augen blitzten vor Wut, „er war heute einfach ein wenig nervös. Er ist schließlich erst in seinem ersten Jahr hier in der Neurochirurgie, ist also relativ unerfahren und sollte plötzlich vor einer großen Zuschauermenge …“

„Versuchen Sie doch nicht, ihn zu entschuldigen“, unterbrach Trey sie unwirsch und verzog verächtlich den Mund. „So etwas darf einfach nicht passieren.“

Beide blieben weiterhin stehen und starrten einander an. Dann zog Callie sich mit einem Ruck die Haube vom Kopf und warf sie in den Behälter für die schmutzige Wäsche. Ihr dicker Pferdeschwanz kitzelte sie im Nacken.

„Wenn du die Fassung verlierst, dann hast du schon verloren.“ Das hatte ihr Vater immer gesagt. Dazu war es jetzt allerdings zu spät. Sie hatte die Fassung gründlich verloren. Jetzt kam es auch schon nicht mehr darauf an.

„Darf nicht passieren?“, wiederholte sie spöttisch. „Dann entlassen Sie mich doch.“

„Nicht schon wieder!“ Leo stöhnte übertrieben dramatisch. Er und Quiana waren näher herangekommen, um nur ja nichts zu verpassen. „Es ist, als ob man eine Wiederholung im Fernsehen zum vierhundertsten Mal sieht. Man weiß genau, wie es ausgeht.“ Er nahm Quiana beim Arm. „Komm, wir gehen lieber zum Mittagessen.“

„Einverstanden.“ Quiana ging vor ihm aus der Tür.

„Zum vierhundertsten Mal?“ Trey sah Callie fragend an.

Vielleicht nicht ganz so häufig, musste Callie schweigend zugeben. Aber häufig genug, dass sie wusste, er würde sie nicht feuern. Nach ihrem ersten Wutausbruch war sie sich dessen nicht so sicher gewesen, aber heute wusste sie, dass Dr. Weldon sie im Operationssaal brauchte. „Leo übertreibt mal wieder“, sagte sie leise.

Trey zog die dunklen Augenbrauen zusammen. „Niemand wagt es, so mit mir zu reden wie Sie, Callie.“

„Soll das eine Drohung sein?“ Callie richtete sich gerade auf und hob den Kopf. Allerdings verschwand sie mit ihren einssechzig neben dem hoch gewachsenen Trey Weldon.

„Regen Sie sich nicht so auf. Es war keine Drohung, sondern einfach die Feststellung einer Tatsache.“

„Das ist ja auch kein Wunder.“ Callie verschränkte die Arme vor dem Oberkörper. Nur weil sie in ihn verknallt war, bedeutete das noch lange nicht, dass sie sich von ihm alles gefallen ließ. „Sie sind doch praktisch ein Gott hier. Keiner kann es verstehen, dass Sie sich ausgerechnet Pittsburgh ausgesucht haben, wo Sie doch jedes andere Krankenhaus mit Kusshand genommen hätte. Deshalb begegnet jeder Ihnen mit einer solchen Ehrfurcht.“

„Und warum sollte ich mich nicht für Pittsburgh entschieden haben?“

„Warum sollten Sie, wenn Sie ebenso in eines der wirklich berühmten medizinischen Zentren des Landes hätten gehen können wie das Johns Hopkins Center oder das Massachussetts General Hospital oder die Duke University?“

„Warum machen die Leute aus Pittsburgh denn ihre Stadt immer schlecht?“

„Wir geben ungern an und übertreiben auch nicht. Wir wissen, dass es berühmtere Adressen gibt als Pittsburgh. Warum wollten Sie dann ausgerechnet …“

„Sheely“, unterbrach er sie leise, „stellen Sie mich bitte nicht auf ein Podest.“

„Das brauche ich überhaupt nicht. Sie stehen nämlich schon drauf. Wahrscheinlich sind Sie da schon geboren, und Sie sind sich dessen auch durchaus bewusst.“

Ein Mann, der so brillant und erfolgreich war wie Trey Weldon und dazu noch phantastisch aussah, musste einfach wissen, was er darstellte und wie sehr er bewundert wurde. Und das nicht nur hinsichtlich seines Berufes. Er war einer der begehrtesten Junggesellen der Stadt, ja, des Bundesstaats Pennsylvania, ganz abgesehen von seinem Heimatstaat Virginia.

Callie hatte selbst miterlebt, wie sich die Frauen ihm buchstäblich zu Füßen warfen. Sie hatte mit Leo und Quiana oft darüber Witze gemacht. Das heißt, sie hatte nicht ganz so herzhaft darüber lachen können. Und was das Schlimmste war, sie war sicher, dass er besonders unter den Damen der besseren Gesellschaft sehr begehrt war, in einer Welt, in die sie, Callie, nicht gehörte.

Sie warf noch einen langen Blick auf seinen nackten Oberkörper und spürte, wie die Wut wieder in ihr aufstieg. „Und wir sind hier auch nicht im Fitnesscenter“, brach es aus ihr heraus. „Ziehen Sie sich Ihr Hemd wieder an. Bitte“, fügte sie leiser hinzu.

Trey nahm das T-Shirt vom Stuhl und zog es sich wieder über. Er sah sie erstaunt an. „Ich verstehe nicht ganz. Um was geht es denn hier?“ Er fuhr sich langsam mit der Hand durch das kastanienbraune Haar, das er aus praktischen ziemlich kurz trug.