Gefunden (Der Weg der Vampire – Band 8) - Morgan Rice - E-Book

Gefunden (Der Weg der Vampire – Band 8) E-Book

Morgan Rice

0,0

Beschreibung

In GEFUNDEN (Band #8 der Weg der Vampire) erwachen Caitlin und Caleb im antiken Israel, im Jahr 33 nach Christus, und sind erstaunt, sich im Zeitalter Christi wiederzufinden. Das antike Israel ist ein Ort von heiligen Stätten, uralten Synagogen, verlorenen Reliquien. Es ist der spirituell am stärksten geladene Ort im Universum - und im Jahr 33 nach Christus, dem Jahr seiner Kreuzigung, ist es auch die spirituell am stärksten geladene Zeit. Im Herzen seiner Hauptstatt Jerusalem liegt der Heilige Tempel Salomons, in dem sich das Allerheiligste und die Bundeslade befinden. Und in jenen Straßen wird Christus seine letzten Schritte zu seiner Kreuzigung tun. Jerusalem wimmelt von Menschen aller Religionen und Glaubensrichtungen, unter dem wachsamen Auge römischer Soldaten und ihres Statthalters Pontius Pilatus. Die Stadt hat auch eine dunkle Seite, mit labyrinthartigen Straßen und einem Irrgarten von Gassen, die zu verborgenen Geheimnissen und heidnischen Tempeln führen. Caitlin hat nun endlich alle vier Schlüssel, doch sie muss immer noch ihren Vater finden. Ihre Suche führt sie nach Nazareth, nach Kapernaum, nach Jerusalem, auf einer mystischen Spur von Geheimnissen und Hinweisen in den Fußstapfen Christi. Sie führt sie auch auf den uralten Ölberg, zu Aiden und seinem Clan, und zu noch mächtigeren Geheimnissen und Reliquien, als sie je gekannt hatte. An jeder Biegung ist ihr Vater nur einen Schritt entfernt. Doch es ist ein Rennen gegen die Zeit: Auch Sam, der dunklen Seite zugewandt, ist in dieser Zeit gelandet, und als er sich mit Rexius, dem Anführer des bösen Clans, verbündet, wird es zum Wettlauf gegen Caitlin um das Schild. Rexius schreckt vor nichts zurück, um Caitlin und Caleb zu zerstören, und mit Sam an seiner Seite und einer neuen Armee hinter sich ist er im Vorteil.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 349

Veröffentlichungsjahr: 2014

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



gefunden

(band 8 im weg der vampire)

Ausgewählte Kommentare zu DER WEG DER VAMPIRE

„Rice leistet gute Arbeit, den Leser von Beginn an in die Geschichte hineinzuziehen, mit wunderbaren Beschreibungen, die über das reine Zeichnen des Hintergrundes hinausgehen....schön geschrieben und extrem schnell zu lesen.“

--Black Lagoon Reviews (über Turned - Gewandelt)

„Eine ideale Geschichte für junge Leser. Morgan Rice leistet gute Arbeit, eine interessante Wendung herauszuarbeiten...erfrischend und ungewöhnlich. Die Serie dreht sich um ein Mädchen...ein außergewöhnliches Mädchen!...Einfach zu lesen, doch extrem rasant... Bedingt jugendfrei.“

--The Romance Reviews (über Turned - Gewandelt)

„Packte meine Aufmerksamkeit von Anfang an und ließ nicht locker... diese Geschichte ist ein fantastisches Abenteuer, von Beginn an rasant und actionreich. Es ist kein langweiliger Moment zu finden.“

--Paranormal Romance Guild {über Turned- Gewandelt}

„Vollgepackt mit Action, Romantik, Abenteuer und Spannung. Lasst es euch nicht entgehen, und verliebt euch ganz von Neuem.“

--vampirebooksite.com (über Turned - Gewandelt)

„Eine tolle Geschichte, und vor allem die Art von Buch, die man nachts nicht weglegen kann. Das Ende war ein Cliffhanger, der so spektakulär war, dass man sofort das nächste Buch kaufen möchte, nur um herauszufinden, wie es weitergeht.“

--The Dallas Examiner {über Loved - Vergöttert}

„Ein Buch, das TWILIGHT und VAMPIRE DIARIES Konkurrenz macht, und dazu führen wird, dass man bis zur letzten Seite nicht genug davon bekommt! Wer Abenteuer, Liebe und Vampire mag, liegt mit diesem Buch genau richtig!“

--vampirebooksite.com (über Turned - Gewandelt)

„Morgan Rice erweist sich erneut als äußerst talentiert im Geschichtenerzählen...Dies wird eine große Bandbreite an Lesern ansprechen, darunter die jüngeren Fans des Vampir/Fantasy-Genres. Das Ende ist ein unerwarteter Cliffhanger, der Sie schockieren wird.“

--The Romance Reviews (über Loved - Vergöttert)

Über Morgan Rice

Morgan Rice schrieb die Nr. 1-Bestseller DER WEG DER VAMPIRE, eine bisher elf Teile umfassende Jugend-Serie, die großteils bereits auf Deutsch erschienen ist; die Nr. 1-Bestseller-Serie THE SURVIVAL TRILOGY, ein postapokalyptischer Thriller, der aus bisher zwei Bänden besteht; und die epische Nr. 1-Bestseller-Fantasy-Serie DER RING DER ZAUBEREI, die bisher aus dreizehn Bänden besteht und großteils bereits auf Deutsch erhältlich ist.

Morgans Bücher sind als Hörbuch und gedruckte Ausgaben erschienen, und Übersetzungen der Bücher sind auf Deutsch, Französisch, Italienisch, Spanisch, Portugiesisch, Japanisch, Chinesisch, Spanisch, Holländisch, Türkisch, Ungarisch, Tschechisch und Slowakisch erschienen (mit weiteren Sprachen in Arbeit).

Sämtliche Bücher von Morgan Rice werden demnächst in deutscher Sprache erhältlich sein.

Bitte besuchen Sie auch www.morganricebooks.com

Bücher von Morgan Rice

DER RING DER ZAUBEREIQUESTE DER HELDEN (Band #1)MARSCH DER KÖNIGE (Band #2)

LOS DER DRACHEN (Band #3)

RUF NACH EHRE (Band #4)

SCHWUR DES RUHMS (Band #5)

ANGRIFF DER TAPFERKEIT(Band #6)A RITE OF SWORDS – RITUS DER SCHWERTER (Band #7)A GRANT OF ARMS - GEWÄHR DER WAFFEN (Band #8)

A SKY OF SPELLS – HIMMEL DER ZAUBER (Band #9)A SEA OF SHIELDS – MEER DER SCHILDE (Band #10)demnächst auf Deutsch erhältlich

A REIGN OF STEEL – REGENTSCHAFT DES STAHLS (Band #11)A LAND OF FIRE – LAND DES FEUERS (BAND #12)

A RULE OF QUEENS – DIE HERRSCHAFT DER KÖNIGINNEN (BAND #13) 

DIE TRILOGIE DES ÜBERLEBENSARENA EINS: DIE SKLAVENTREIBER (BAND #1)ARENA TWO --  ARENA ZWEI (Band #2)

DER WEG DER VAMPIRE

GEWANDELT (Band #1 Der Weg Der Vampire)

VERGÖTTERT (Band #2 Der Weg Der Vampire)

VERRATEN (Band #3 Der Weg Der Vampire)

BESTIMMT (Band #4 Der Weg Der Vampire)

BEGEHRT (Band #5 Der Weg Der Vampire)

BETROTHED -- VERMÄHLT (Band #6)

VOWED -- GELOBT (Band #7)FOUND  -- GEFUNDEN (Band #8)demnächst auf Deutsch erhältlich

RESURRECTED  – ERWECKT (Band #9)CRAVED  – ERSEHNT (Band #10)

FATED  – BERUFEN (Band #11)

Hören Sie sich die VAMPIRE JOURNALS-Serie im Hörbuch-Format an!

Jetzt erhältlich auf: 

Amazon

Copyright © 2014 Morgan Rice

Alle Rechte vorbehalten. Mit den im U.S. Copyright Act von 1976 erlaubten Ausnahmen ist es nicht gestattet, jeglichen Teil dieser Publikation in jeglicher Form oder über jegliche Mittel ohne die vorherige Erlaubnis des Autors zu vervielfältigen, verteilen oder übertragen, oder in einer Datenbank oder einem Abrufsystem zu speichern.

Dieses Ebook ist ausschließlich für den persönlichen Gebrauch zugelassen. Dieses Ebook darf nicht weiterverkauft oder an andere Personen weitergegeben werden. Wenn Sie dieses Buch mit einer anderen Person teilen möchten, erwerben Sie bitte ein zusätzliches Exemplar für jeden Empfänger. Wenn Sie dieses Buch lesen und nicht gekauft haben, oder es nicht ausschließlich für Ihren Gebrauch gekauft wurde, geben Sie es bitte zurück erwerben Sie Ihr eigenes Exemplar. Vielen Dank, dass Sie die harte Arbeit des Autors respektieren.

Diese Geschichte ist frei erfunden. Namen, Figuren, Unternehmen, Organisationen, Orte, Ereignisse und Vorfälle sind entweder ein Produkt der Phantasie des Autors oder werden im fiktionalen Sinne verwendet. Jegliche Ähnlichkeit mit existierenden Personen, tot oder lebend, ist rein zufällig.

Cover-Model: Jennifer Onvie. Cover-Fotografie: Adam Luke Studios, New York.

INHALT

KAPITEL EINS

KAPITEL ZWEI

KAPITEL DREI

KAPITEL VIER

KAPITEL FÜNF

KAPITEL SECHS

KAPITEL SIEBEN

KAPITEL ACHT

KAPITEL NEUN

KAPITEL ZEHN

KAPITEL ELF

KAPITEL ZWÖLF

KAPITEL DREIZEHN

KAPITEL VIERZEHN

KAPITEL FÜNFZEHN

KAPITEL SECHZEHN

KAPITEL SIEBZEHN

KAPITEL ACHTZEHN

KAPITEL NEUNZEHN

KAPITEL ZWANZIG

KAPITEL EINUNDZWANZIG

KAPITEL ZWEIUNDZWANZIG

KAPITEL DREIUNDZWANZIG

KAPITEL VIERUNDZWANZIG

KAPITEL FÜNFUNDZWANZIG

KAPITEL SECHSUNDZWANZIG

KAPITEL SIEBENUNDZWANZIG

KAPITEL ACHTUNDZWANZIG

KAPITEL NEUNUNDZWANZIG

KAPITEL DREISSIG

KAPITEL EINUNDDREISSIG

KAPITEL ZWEIUNDDREISSIG

KAPITEL DREIUNDDREISSIG

KAPITEL VIERUNDDREISSIG

KAPITEL FÜNFUNDDREISSIG

FAKT:

Obwohl das genaue Datum von Jesus' Tod ungewiss bleibt, wird weithin angenommen, dass er am 3. April im Jahr 33 n.Chr. starb.

FAKT:

Die Synagoge von Kapernaum (Israel), eine der ältesten der Welt, ist einer der wenigen verbleibenden Orte, an denen Jesus gelehrt hat. Dort war es auch, wo er einen Mann heilte, der „einen Geist eines unreinen Teufels“ hatte.

FAKT:

Die heutige Kirche vom Heiligen Grab in Jerusalem, eine der geheiligtsten Kirchen der Welt, wurde am Schauplatz von Jesus' Kreuzigung erbaut, und an der angeblichen Stelle seiner Auferstehung. Doch bevor die Kirche erbaut wurde, stand die ersten 300 Jahre nach seiner Kreuzigung paradoxerweise an jener Stelle ein heidnischer Tempel.

FAKT:Nach dem Letzten Abendmahl wurde Jesus von Judas im alten Garten von Gethsemane verraten.

FAKT:

„Ich will dir deine Lippen küssen. Ach, vielleicht

Hängt noch ein wenig Gift daran und läßt mich

An einer Labung sterben.

O willkommner Dolch!“

--William Shakespeare, Romeo und Julia(Deutsch von A. W. von Schlegel)

KAPITEL EINS

Nazareth, Israel

(April im Jahr 33 des Herrn)

In Caitlins Kopf tobten rasende, unruhige Träume. Sie sah ihre beste Freundin Polly von einer Klippe stürzen; sie streckte die Hand aus und versuchte, sie zu fassen, doch sie verfehlte ihre Hand knapp. Sie sah ihren Bruder Sam, wie er vor ihr davonlief, durch ein endloses Feld; sie jagte ihm nach, doch egal, wie schnell sie rannte, sie konnte ihn nicht fangen. Sie sah Kyle und Rynd, wie sie vor ihren Augen ihre Clansmitglieder abschlachteten, in Stücke hackten, und das Blut über sie spritzte. Dieses Blut wandelte sich in einen blutroten Sonnenutergang, der über ihrer Hochzeitszeremonie mit Caleb hing. Nur dass bei dieser Hochzeit sie beide die einzigen anwesenden Personen waren, die letzten, die noch auf der Welt übrig waren, und am Rand einer Klippe vor dem blutroten Himmel standen.

Und dann sah sie ihre Tochter Scarlet in einem kleinen Holzboot sitzen, alleine auf dem endlosen Meer, in unruhigen Wassern treibend. Scarlet streckte die vier Schlüssel hoch, die Caitlin brauchte, um ihren Vater zu finden. Doch vor ihren Augen öffnete Scarlet die Hand und ließ sie ins Wasser fallen.

„Scarlet!“, versuchte Caitlin zu schreien.

Doch kein Laut kam hervor, und vor ihren Augen trieb Scarlet weiter und weiter von ihr davon, aufs Meer hinaus, hinein in die riesigen Sturmwolken, die sich am Horizont ballten.

„SCARLET!“,

schrie Caitlin Paine, aus dem Schlaf schreckend. Sie setzte sich keuchend auf und blickte sich um, um ihre Lage zu erfassen. Es war dunkel hier drin, die einzige Lichtquelle eine kleine Öffnung etwa zwanzig Meter entfernt. Es wirkte, als wäre sie in einem Tunnel. Oder vielleicht einer Höhle.

Caitlin fühlte etwas Hartes unter sich und blickte hinunter, um festzustellen, dass sie auf dem Erdboden lag, auf kleinen Steinen. Es war heiß hier drin, staubig. Wo immer sie war, dies war kein schottisches Klima. Es fühlte sich heiß an, trocken—als wäre sie in einer Wüste.

Caitlin saß da, rieb sich den Kopf, blinzelte in die Dunkelheit, versuchte, sich zu erinnern, zwischen Träumen und Realität zu unterscheiden. Ihre Träume waren so lebhaft, und ihre Realität so surreal, dass es immer schwieriger wurde, den Unterschied zu erkennen.

Während sie langsam zu Atem kam und die grässlichen Visionen abschüttelte, wurde ihr langsam klar, dass sie wieder zurück war. Am Leben, irgendwo. In irgendeiner neuen Zeit, an einem neuen Ort. Sie spürte die Schmutzschicht auf ihrer Haut, in ihrem Haar, ihren Augen, und sie fühlte sich, als bräuchte sie ein Bad. Es war so heiß hier drin, dass das Atmen schwer fiel.

Caitlin spürte eine vertraute Beule in ihrer Tasche, rollte sich herum und sah erleichtert, dass ihr Tagebuch die Reise überstanden hatte. Sofort prüfte sie ihre andere Tasche und ertastete ihre vier Schlüssel, dann griff sie sich an den Hals und fühlte ihre Halskette. Alles hatte die Reise überstanden. Eine Welle der Erleichterung schwappte über sie.

Dann erinnerte sie sich. Sofort wirbelte Caitlin herum, um zu sehen, ob Caleb und Scarlet es mit ihr zurück geschafft hatten.

Sie konnte einen Umriss in der Finsternis erkennen, eine reglose Gestalt, und zunächst hielt sie es für ein Tier. Doch als sich ihre Augen an die Dunkelheit gewöhnten, erkannte sie, dass es eine menschliche Form war. Sie erhob sich langsam, ihr Körper schmerzend und steif vom Liegen auf den Steinen, und näherte sich.

Sie durchquerte die Höhle, kniete nieder und stieß sanft die Schulter der großen Gestalt an. Sie konnte bereits erahnen, wer es war: er musste sich nicht erst umdrehen, bevor sie es wusste. Sie konnte es vom anderen Ende der Höhle aus spüren. Es war, wusste sie erleichtert, ihre einzig wahre Liebe. Ihr Ehemann. Caleb.

Als er sich auf den Rücken rollte, betete sie, dass er es wohlbehalten hierher geschafft hatte. Dass er sich an sie erinnerte.

Bitte, dachte sie. Bitte. Nur ein letztes Mal. Lass Caleb die Reise überlebt haben.

Als Caleb sich herumdrehte, sah sie erleichtert, dass seine Gesichtszüge intakt waren. Sie konnte keine Anzeichen von Verletzungen sehen. Als sie genauer hinsah, war sie noch mehr erleichtert darüber, dass er atmete, seine Brust sich in langsamem Rhythmus hob und senkte—und dann sah sie seine Augenlider zucken.

Sie stieß einen riesigen Erleichterungsseufzer aus, als seine Augen aufflatterten.

„Caitlin?“, fragte er.

Caitlin brach in Tränen aus. Ihr Herz flog höher, und sie beugte sich vor und umarmte ihn. Sie hatten es gemeinsam zurück geschafft. Er war am Leben. Mehr brauchte sie nicht. Sie würde nicht mehr als das von der Welt erwarten.

Er erwiderte ihre Umarmung, und sie hielt ihn lange Zeit fest und fühlte die Muskeln unter seiner Haut spielen. Eine Welle der Erleichterung schwappte über sie. Sie liebte ihn mehr, als sie sagen konnte. Sie waren schon zu so vielen Zeiten und Orten zusammen zurückgereist, hatten so viel gemeinsam erlebt, die Höhen und Tiefen, hatten so sehr gelitten und auch gefeiert. Sie dachte an all die Male, die sie einander beinahe verloren hätten, das eine Mal, als er sich nicht an sie erinnerte, als er vergiftet wurde... die Hindernisse in ihrer Beziehung schienen niemals zu enden.

Und nun, endlich, hatten sie es geschafft. Sie waren wieder zusammen, für die letzte Reise in die Vergangenheit. Hieß das, sie würden auf ewig zusammen sein?, fragte sie sich. Sie hoffte es, mit jeder Faser ihres Wesens. Keine weiteren Zeitreisen. Diesmal waren sie endgültig zusammen.

Caleb sah älter aus, als er sie ansah. Sie starrte in seine glühenden brauen Augen und konnte die Liebe spüren, die durch ihn floss. Sie wusste, dass er das Gleiche dachte wie sie.

Während sie in seine Augen blickte, kamen all die Erinnerungen hereingeflutet. Sie dachte an ihre letzte Reise, an Schottland. Alles kam wie ein grässlicher Traum über sie. Zuerst war es so wunderschön gewesen. Die Burg, all ihre Freunde zu sehen. Die Hochzeit. Mein Gott, die Hochzeit. Es war das Schönste, was sie sich je erhoffen konnte. Sie blickte auf ihren Finger hinunter und sah ihren Ring. Er war immer noch da. Der Ring hatte die Reise überstanden. Dieses Symbol ihrer Liebe hatte überlebt. Sie konnte es kaum glauben. Sie war wirklich verheiratet. Und mit ihm. Sie nahm es als ein Zeichen: wenn der Ring es in die Vergangenheit geschafft hatte, durch alles hindurch, wenn der Ring überleben konnte, so konnte es auch ihre Liebe.

Der Anblick des Rings auf ihrem Finger breitete seine volle Wirkung aus. Caitlin hielt inne und spürte nach, wie es sich anfühlte, eine verheiratete Frau zu sein. Es fühlte sich anders an. Solider, dauerhafter. Sie hatte Caleb immer geliebt, und sie hatte auch gespürt, dass er sie ebenso liebte. Sie hatte immer das Gefühl gehabt, dass ihre Verbindung für immer sein würde. Doch nun, da es amtlich war, fühlte sie sich anders. Sie fühlte, dass sie beide wahrhaft eins geworden waren.

Caitlin erinnerte sich dann daran zurück, was nach der Hochzeit passiert war: wie sie Scarlet, Sam und Polly zurücklassen mussten. Wie sie Scarlet im Ozean gefunden hatten, Aiden gesehen und die schrecklichen Neuigkeiten gehört hatten. Polly, ihre beste Freundin, tot. Sam, ihr einziger Bruder, auf immer für sie unerreichbar geworden, der dunklen Seite zugewandt. Ihre Clansfreunde abgeschlachtet. Es war fast mehr, als sie ertragen konnte. Sie konnte sich das Grauen nicht vorstellen, oder ein Leben ohne Sam—oder Polly.

Mit einem Ruck wandten sich ihre Gedanken Scarlet zu. Plötzlich von Panik erfüllt zog sie sich von Caleb zurück und suchte die Höhle ab, unsicher, ob auch sie es zurück geschafft hatte.

Caleb musste zur selben Zeit den gleichen Gedanken gehabt haben, denn er riss weit die Augen auf.

„Wo ist Scarlet?“, fragte er, ihre Gedanken lesend wie immer.

Caitlin wandte sich herum und rannte in jede Ecke der Höhle, suchte die dunklen Spalten ab nach irgendeinem Umriss, inrgendeiner Form, irgendeiner Spur von Scarlet. Doch da war nichts. Sie suchte panisch, kreuz und quer durch die Höhle mit Caleb, jeden Zentimeter durchkämmend.

Aber Scarlet war nicht da. Sie war ganz eifnach nicht da.

Caitlins Herz sank. Wie konnte das sein? Wie war es möglich, dass sie und Caleb die Reise zurück geschafft hatten, aber nicht Scarlet? Konnte das Schicksal so grausam sein?

Caitlin drehte sich herum und rannte auf das Sonnenlicht zu, auf den Ausgang der Höhle. Sie musste nach draußen, sehen, was da draußen war, ob es irgendeine Spur von Scarlet gab. Caleb rannte neben ihr, und sie beide rannten an den Rand der Höhle, in die Sonne hinaus, und standen am Eingang.

Caitlin blieb ruckartig stehen, und gerade rechtzeitig: eine kleine Plattform ragte aus der Höhle hervor und fiel dann ab, geradewegs einen steilen Berghang hinunter. Caleb bremste neben ihr. Da waren sie, auf einem schmalen Grat stehend und in die Tiefe blickend. Irgendwie, erkannte Caitlin, waren sie im Inneren einer Berghöhle gelandet, auf über hundert Metern Höhe. Es gab keinen Weg hinauf oder hinunter. Und wenn sie noch einen weiteren Schritt machten, würden sie über hundert Meter in die Tiefe stürzen.

Unter ihnen ausgebreitet lag ein enormes Tal, das sich so weit das Auge reichte in den Horizont erstreckte. Es war eine ländliche Wüstenlandschaft, gespickt mit felsigen Vorsprüngen und hier und da einer Palme. In der Ferne waren sanfte Hügel zu sehen, und direkt unter ihnen lag ein Dorf, das aus Steinhäusern und unbefestigten Straßen bestand. Hier in der Sonne war es sogar noch heißer, unerträglich grell und heiß. Caitlin erkannte langsam, dass sie an einem anderen Ort und Klima waren als Schottland. Und danach urteilend, mit welch einfachen Mitteln das Dorf unter ihnen erbaut war, waren sie auch in einer anderen Zeit.

Verteilt inmitten all der Erde, dem Sand und Stein waren Anzeichen von Ackerbau, gelegentliche Grünflächen. Manche davon waren von Weingärten bedeckt, die in fein säuberlichen Reihen auf den steilen Abhängen wuchsen, und in ihnen standen Bäume, die Caitlin nicht erkannte: kleine, uralt aussehende Bäume mit krummen Ästen und silbrigen Blättern, die in der Sonne schimmerten.

„Olivenbäume“, sagte Caleb, der wieder ihre Gedanken las.

Olivenbäume?, wunderte sich Caitlin. Wo um alles in der Welt waren sie?

Sie blickte zu Caleb hinüber, ahnend, dass er Ort und Zeit erkennen konnte. Sie sah, wie sich seine Augen weiteten und wusste, dass dem so war—und dass er überrascht war. Er starrte auf die Aussicht hinaus, als wäre sie ein lange verlorener Freund.

„Wo sind wir?“, fragte sie, fast davor zurückscheuend, es wissen zu wollen.

Caleb betrachtete das Tal vor ihnen, dann schließlich drehte er sich herum und sah sie an.

Leise sagte er: „Nazareth.“

Er hielt inne und ließ es auf sich wirken.

„Dem Dorf nach zu urteilen sind wir im ersten Jahrhundert“, sagte er und blickte sie mit ehrfürchtigem Ausdruck an, seine Augen vor Aufregung funkelnd. „Es sieht tatsächlich so aus, als wären wir zu Lebzeiten von Christus gelandet.“

KAPITEL ZWEI

Scarlet spürte eine Zunge über ihr Gesicht lecken und öffnete die Augen in blendendem Sonnenlicht. Die Zunge hörte nicht auf, und bevor sie auch nur hingesehen hatte, wusste sie, dass es Ruth war. Sie öffnete die Augen gerade weit genug, um es zu bestätigen: Ruth beugte sich über sie, winselte und wurde nur noch aufgeregter, als Scarlet ihre Augen öffnete.

Scarlet verspürte einen stechenden Schmerz, als sie versuchte, ihre Augen weiter zu öffnen; vom blendenden Sonnenlicht getroffen füllten sich ihre Augen mit Tränen, empfindlicher als je zuvor. Sie hatte schlimme Kopfschmerzen und zwängte ihre Augenlider gerade weit genug auseinander, um zu sehen, dass sie irgendwo auf einer Pflasterstraße lag. Menschen eilten an ihr vorbei und sie konnte sehen, dass sie inmitten einer geschäftigen Stadt war. Menschen eilten hin und her, in alle Richtungen herrschte reges Treiben, und sie konnte das Lärmen einer Menschenmasse zur Mittagszeit hören. Während Ruth immer weiter winselte, saß sie da und versuchte, sich zu erinnern, herausfinden, wo sie war. Doch sie hatte keine Ahnung.

Bevor Scarlet erfassen konnte, was passiert war, spürte sie plötzlich, wie ein Fuß sie in die Rippen stieß.

„Weg hier!“, kam eine tiefe Stimme. „Du kannst hier nicht schlafen.“

Scarlet blickte hinüber und sah eine Römersandale neben ihrem Gesicht. Sie blickte hoch und sah einen römischen Soldaten über ihr stehen, in eine kurze Tunika gekleidet, mit einen Gürtel um die Hüften, von dem ein Kurzschwert hing. Er trug einen kleinen, mit Federn bestückten Messinghelm.

Er beugte sich vor und stieß sie erneut mit seinem Fuß an. Es tat Scarlet im Magen weh.

„Hast du gehört, was ich gesagt habe? Weg hier, oder ich sperre dich ein.“

Scarlet wollte gehorchen, doch als sie die Augen weiter öffnete, tat ihr die Sonne zu sehr weh und sie war desorientiert. Sie versuchte, auf die Beine zu kommen, doch es fühlte sich an, als bewegte sie sich in Zeitlupe.

Der Soldat holte aus und trat sie kräftig in die Rippen. Scarlet sah es kommen und machte sich darauf gefasst, unfähig, schnell genug zu reagieren.

Scarlet hörte ein Knurren und sah Ruth mit gesträubtem Fell auf den Soldat losgehen. Ruth fing seinen Knöchel in der Luft ab und grub ihre scharfen Eckzähne mit aller Kraft hinein.

Der Soldat schrie auf, und seine Schreie erfüllten die Luft, während Blut von seinem Knöchel floss. Ruth ließ nicht los, schüttelte ihn mit aller Kraft, und der Ausdruck des Soldaten, noch vor einem Augenblick so hochmütig, wandelte sich zu Angst.

Er griff nach seiner Schwertscheide und zog das Schwert heraus. Er hob es hoch und war kurz davor, es auf Ruths Rücken heruntersausen zu lassen.

In dem Moment spürte Scarlet es. Es war, als würde sich eine Kraft ihres Körpers bemächtigen, als wäre eine andere Macht, ein anderes Wesen, in ihr. Ohne zu verstehen, was sie tat, trat sie plötzlich in Aktion. Sie konnte es nicht kontrollieren und sie verstand nicht, was geschah.

Scarlet sprang auf die Füße, ihr Herz vor Adrenalin pochend, und schaffte es, das Handgelenk des Soldaten in der Luft zu packen, gerade als er mit dem Schwert zuschlug. Sie spürte, wie eine nie geahnte Kraft durch sie floss, während sie seinen Arm festhielt. Selbst mit all seiner Kraft konnte er sich nicht rühren.

Sie drückte sein Handgelenk zusammen und schaffte es, so fest zuzudrücken, dass er, während er schockiert zu ihr hinunterblickte, schließlich sein Schwert fallen ließ. Es landete klirrend auf dem Kopfsteinpflaster.

„Schon gut, Ruth“, sagte Scarlet sanft, und Ruth ließ allmählich seinen Knöchel locker.

Scarlet stand da und hielt das Handgelenk des Soldaten fest, sodass er in ihrem tödlichen Griff gefangen war.

„Bitte, lass mich los“, flehte er.

Scarlet spürte die Kraft, die sie durchfloss, und spürte, wenn sie wirklich wollte, konnte sie ihn ernsthaft verletzen. Doch das wollte sie nicht. Sie wollte einfach nur in Ruhe gelassen werden.

Langsam lockerte Scarlet ihren Griff und ließ ihn los.

Der Soldat, mit Furcht in den Augen, als wäre er gerade einem Dämonen begegnet, drehte sich herum und rannte davon, ohne sich damit aufzuhalten, sein Schwert aufzuheben.

„Komm mit, Ruth“, sagte Scarlet, die das Gefühl hatte, dass er mit Verstärkung zurückkommen würde, und daher nicht verweilen wollte.

Einen Augenblick später rannten die beiden in die dichte Menge. Sie eilten durch die schmalen, verwinkelten Gassen, bis Scarlet eine Nische im Schatten fand. Sie wusste, dass die Soldaten sie hier nicht finden würden, und sie wollte eine Minute für sich, um sich zu sammeln und herauszufinden, wo sie waren. Ruth hechelte neben ihr, während Scarlet in der Hitze Atem schöpfte.

Scarlet war erschrocken und verblüfft über ihre eigenen Kräfte. Sie wusste, dass etwas anders war, doch sie konnte nicht vollständig verstehen, was mit ihr passierte; sie verstand auch nicht, wo alle anderen waren. Es war so heiß hier, und sie war in einer belebten Stadt, die sie nicht kannte. Es sah so gar nicht aus wie das London, in dem sie aufgewachsen war. Sie blickte auf die vorbeihuschenden Menschen hinaus, in Roben, Togas und Sandalen gekleidet, mit großen Körben voll Feigen und Datteln auf ihren Köpfen und Schultern, manche von ihnen mit Turbanen auf dem Kopf. Sie sah altertümliche Steinbauten, schmale, verwinkelte Gassen, gepflasterte Straßen, und wunderte sich, wo um alles in der Welt sie sein konnte. Dies war definitiv nicht Schottland. Alles hier wirkte so primitiv, dass es sich anfühlte, als wäre sie tausende Jahre zurückgereist.

Scarlet blickte um sich und hoffte auf eine Spur von ihren Eltern. Sie sah sich jedes vorbeiziehende Gesicht genau an und hoffte, wünschte, dass eines von ihnen stehenbleiben und sich ihr zuwenden würde.

Doch sie waren nirgendwo zu sehen. Und mit jedem vorbeiziehenden Gesicht fühlte sie sich mehr und mehr alleine.

Scarlet überkam langsam ein Gefühl der Panik. Sie verstand nicht, wie sie alleine hier angekommen sein konnte. Wie konnten sie sie nur so zurücklassen? Wo konnten sie sein? Hatten sie es selbst zurückgeschafft? War sie ihnen nicht wichtig genug, um nach ihr zu suchen?

Je länger Scarlet dastand, beobachtete und wartete, um so klarer wurde es ihr. Sie war alleine. Völlig alleine in einer fremden Zeit, an einem fremden Ort. Selbst wenn sie hier waren, hätte sie keine Ahnung, wo sie nach ihnen suchen sollte.

Scarlet blickte auf ihr Handgelenk hinunter, auf das uralte Armband mit dem baumelnden kleinen Kreuz, das man ihr gegeben hatte, kurz bevor sie Schottland verließen. Als sie im Hof dieser Burg gestanden hatten, hatte einer dieser alten Männer in den weißen Roben die Hand ausgestreckt und es ihr über das Handgelenk gestreift. Sie fand es sehr hübsch, aber sie wusste nicht, was es war oder was es bedeutete. Sie hatte das Gefühl, dass es eine Art Hinweis sein könnte, doch hatte keine Ahnung, wofür.

Sie spürte Ruth gegen ihr Bein streifen und sie beugte sich hinunter, drückte ihr einen Kuss auf den Kopf und umarmte sie. Ruth winselte ihr ins Ohr und leckte sie ab. Zumindest hatte sie Ruth. Ruth war wie eine Schwester für sie, und Scarlet war so dankbar, dass sie es mit ihr hierher geschafft hatte, und so dankbar, dass sie sie vor diesem Soldaten beschützt hatte. Es gab niemanden, den sie mehr liebte.

Als Scarlet an den Soldaten zurückdachte, an ihre Begegnung, erkannte sie, dass ihre Kräfte tiefer sein mussten, als sie gedacht hatte. Sie konnte nicht verstehen, wie sie, ein kleines Mädchen, ihn überwältigt haben konnte. Sie spürte irgendwie, dass sie sich veränderte, oder sich bereits verändert hatte, zu etwas, das sie zuvor nicht gewesen war. Sie erinnerte sich daran, wie ihre Mutter es ihr in Schottland erklärt hatte. Doch sie verstand es immer noch nicht so richtig.

Sie wünschte, es würde alles einfach weggehen. Sie wollte einfach nur normal sein, wollte, dass die Dinge alle wieder normal waren, so wie früher. Sie wollte einfach nur ihre Mama und ihren Papa; sie wollte die Augen schließen und wieder in Schottland sein, in der Burg mit Sam und Polly und Aiden. Sie wollte wieder bei ihrer Hochzeitszeremonie sein; sie wollte, dass alles in der Welt wieder in Ordnung war.

Doch wenn sie die Augen öffnete, war sie immer noch hier, ganz allein mit Ruth in dieser fremden Stadt, dieser fremden Zeit. Sie kannte keine Menschenseele. Niemand schien ihr freundlich gesinnt. Und sie hatte keine Ahnung, wohin sie gehen sollte.

Schließlich hielt es Scarlet nicht länger aus. Sie musste weiterziehen. Sie konnte sich hier nicht ewig verstecken und warten. Wo immer ihre Mama und Papa auch waren, dachte sie, irgendwo da draußen mussten sie sein. Sie verspürte einen Hungerstich und hörte Ruth winseln, und sie wusste, dass auch sie Hunger hatte. Sie musste tapfer sein, sagte sie sich. Sie musste da hinaus und versuchen, sie zu finden—und versuchen, für sie beide Nahrung zu finden.

Scarlet trat auf die geschäftige Gasse hinaus, nach Soldaten Ausschau haltend; sie entdeckte Gruppen von ihnen in der Ferne, die die Straßen patrouillierten, doch sie schienen nicht speziell nach ihr zu suchen.

Scarlet und Ruth zwängten sich in die Menschenmassen, hin und her gedrängt, während sie die verwinkelten Gassen entlangspazierten. Es war hier so überfüllt, und die Leute drängten sich in alle Richtungen. Sie kamen an Händlern mit Holzkarren vorbei, die Obst und Gemüse feilboten, Laibe von Brot, Flaschen von Olivenöl und Wein. Sie waren in den vollen Gassen dicht aneinandergedrängt und schrien um Kundschaft. Zu allen Seiten feilschten die Leute mit ihnen.

Als wäre es noch nicht voll genug, waren die Straßen auch mit Tieren gefüllt—Kamelen und Eseln und Schafen und allen Arten von Vieh—die von ihren Besitzern getrieben wurden. Zwischen ihnen hindurch rannten wilde Hühner, Hähne und Hunde. Sie rochen grässlich und machten den lärmenden Marktplatz nur noch lauter, mit ihrem ständigen Wiehern und Blöken und Bellen.

Scarlet konnte spüren, wie Ruths Hunger beim Anblick dieser Tiere größer wurde, kniete sich hinunter und packte sie im Nacken, um sie zurückzuhalten.

„Nein, Ruth!“, sagte Scarlet mit fester Stimme.

Ruth gehorchte widerwillig. Scarlet tat es leid, doch sie wollte nicht, dass Ruth diese Tiere anfiel und unter diesen Leuten große Unruhe stiftete.

„Ich finde Futter für dich, Ruth“, sagte Scarlet. „Versprochen.“

Ruth winselte zur Antwort, und Scarlet verspürte selbst einen Hungerstich.

Scarlet eilte an den Tieren vorbei, führte Ruth weitere Gassen entlang, die sich an Händlern vorbeiwanden, und in weitere Gassen hinein. Dieses Labyrinth schien nicht enden zu wollen, und Scarlet konnte selbst den Himmel kaum sehen.

Endlich fand Scarlet einen Händler mit einem riesigen Brocken gebratenem Fleisch. Sie konnte es von Weitem riechen, der Geruch sickerte ihr in alle Poren; sie blickte hinunter und sah, dass Ruth zu ihm hochblickte und sich die Lippen leckte. Sie blieb gaffend davor stehen.

„Willst du'n Stück kaufen?“, fragte der Händler, ein großer Mann mit einer blutbefleckten Schürze.

Scarlet wollte ein Stück mehr als alles andere. Doch als sie in ihre Taschen griff, fand sie absolut kein Geld darin. Sie griff sich an ihr Armband, und mehr als alles andere wollte sie es abnehmen und diesem Mann verkaufen, um eine Mahlzeit zu erstehen.

Doch sie zwang sich dazu, es nicht zu tun. Sie spürte, dass es wichtig war, und so brachte sie ihre gesamte Willenskraft auf, um sich zurückzuhalten.

Stattdessen schüttelte sie langsam und traurig den Kopf zur Antwort. Sie packte Ruth und führte sie fort von dem Mann. Sie konnte Ruth winseln und protestieren hören, doch sie hatten keine Wahl.

Sie zogen weiter, und schließlich endete das Labyrinth in einem hellen und sonnigen, weit offenen Hauptplatz. Scarlet war vom freien Himmel beeindruckt. Nach all diesen Gässchen fühlte er sich wie das Geräumigste an, das sie je gesehen hatte, mit tausenden Menschen, die darin umhertrieben. In seiner Mitte stand ein Steinbrunnen, und der Platz war von einer enormen Steinmauer umrahmt, die sich über hundert Meter in die Luft erhob. Jeder Stein war so dick, dass sie insgesamt zehnmal so groß war wie sie. Vor dieser Mauer standen hunderte Menschen, klagend und betend. Scarlet hatte keine Ahnung, warum, oder wo sie war, doch sie spürte, dass sie im Zentrum der Stadt war, und dass dies ein sehr heiliger Ort war.

„He du!“, kam eine fiese Stimme.

Scarlet spürte, wie sich die Haare in ihrem Nacken aufstellten, und drehte sich langsam herum.

Da saß eine Gruppe von fünf Jungs auf einem Steinvorsprung und starrte auf sie hinunter. Sie waren von Kopf bis Fuß dreckig und in Lumpen gekleidet. Sie waren Jugendliche, vielleicht 15 Jahre alt, und sie konnte die Gemeinheit in ihren Gesichtern sehen. Sie konnte spüren, dass sie auf Ärger hofften, und dass sie gerade ihr nächstes Opfer ausgemacht hatten; sie fragte sich, ob es offensichtlich war, wie alleine sie war.

Unter ihnen war ein wilder Hund, riesig, tollwütig wirkend, und doppelt so groß wie Ruth.

„Was machst du hier draußen ganz alleine?“, fragte der Anführer spöttisch, zum Gelächter der anderen vier. Er war muskulös und sah dümmlich aus, mit breiten Lippen und einer Narbe auf der Stirn.

Als sie sie ansah, fühlte Scarlet, wie ein neuer Sinn über sie kam, einer, den sie nie zuvor erfahren hatte: es war ein erhöhter Sinn der Intuition. Sie wusste nicht, was geschah, doch plötzlich konnte sie klar und deutlich ihre Gedanken lesen, spürte ihre Gefühle, kannte ihre Absichten. Sie fühlte sofort, glasklar, dass sie nichts Gutes im Schilde führten. Sie wusste, dass sie ihr schaden wollten.

Ruth knurrte neben ihr. Scarlet konnte eine gröbere Konfrontation kommen spüren—und genau das wollte sie vermeiden.

Sie bückte sich und fing an, Ruth davonzuführen.

„Komm mit, Ruth“, sagte Scarlet, während sie sich herumdrehte und anfing, davonzugehen.

„He Mädel, ich rede mit dir!“, schrie der Junge.

Im Davongehen blickte Scarlet über die Schulter zurück und sah, wie die Fünf vom Stein sprangen und begannen, ihr nachzugehen.

Scarlet fing zu laufen an, zurück in die Gassen, und wollte so viel Abstand wie möglich zwischen sich und diese Jungen bringen. Sie dachte an die Auseinandersetzung mit dem römischen Soldaten zurück und fragte sich einen Moment lang, ob sie stehenbleiben und versuchen sollte, sich zu verteidigen.

Doch sie wollte nicht kämpfen. Sie wollte niemandem wehtun. Oder irgendein Risiko eingehen. Sie wollte einfach nur Mama und Papa finden.

Scarlet bog in eine menschenleere Gasse ein. Sie blickte hinter sich, und in wenigen Momenten konnte sie die Gruppe Jungen ihr nachjagen sehen. Sie waren nicht weit hinter ihr, und sie holten schnell auf. Zu schnell. Ihr Hund rannte mit ihnen, und Scarlet konnte sehen, dass sie sie in wenigen Augenblicken eingeholt haben würden. Sie würde einen guten Haken schlagen müssen, um sie abzuhängen.

Scarlet bog um eine weitere Ecke und hoffte, einen Ausweg zu finden. Doch da blieb ihr das Herz stehen.

Es war eine Sackgasse.

Scarlet drehte sich langsam herum, Ruth an ihrer Seite, und stellte sich den Jungen. Sie waren nun vielleicht drei Meter entfernt. Sie wurden langsamer, als sie näherkamen, nahmen sich Zeit, genossen den Moment. Sie standen lachend da, mit grausamen Grinsern auf dem Gesicht.

„Sieht aus, als hättest du Pech gehabt, kleines Mädchen“, sagte der Anführer.

KAPITEL DREI

Sam erwachte unter rasenden Kopfschmerzen. Er hielt sich mit beiden Händen den Kopf und versuchte, den Schmerz so loszuwerden. Doch es gelang ihm nicht. Es fühlte sich an, als würde die ganze Welt auf seinen Schädel eindonnern.

Sam versuchte, die Augen zu öffnen, um herauszufinden, wo er war, und dabei wurde der Schmerz unerträglich. Blendendes Sonnenlicht spiegelte von Felsen in der Wüste wider und zwang ihn, seine Augen abzuschirmen und den Kopf zu senken. Er spürte, dass er auf felsigem Wüstenboden lag, spürte die trockene Hitze, spürte den Staub, der ihm ins Gesicht stieg. Er krümmte sich wie ein Fötus zusammen und hielt seinen Kopf fester, versuchte, den Schmerz zu vertreiben.

Erinnerungen kamen zurück.

Zuerst an Polly.

Er erinnerte sich an Caitlins Hochzeitsnacht. Die Nacht, in der er Polly einen Antrag gemacht hatte. Wie sie Ja gesagt hatte. Die Freude auf ihrem Gesicht.

Er erinnerte sich an den folgenden Tag. Wie er zur Jagd gegangen war. Wie er sich auf ihren gemeinsamen Abend gefreut hatte.

Er erinnerte sich daran, wie er sie gefunden hatte. Am Ufer. Im Sterben. Wie sie ihm von ihrem Baby erzählt hatte.

Wellen von Trauer schlugen über ihm zusammen. Es war mehr, als er bewältigen konnte. Es war wie ein schrecklicher Alptraum, der sich wiederholt in seinem Kopf abspielte, einer, den er nicht abschalten konnte. Er fühlte sich, als wäre alles, wofür es sich für ihn noch zu leben gelohnt hatte, von ihm genommen worden in einem einzigen großen Moment. Polly. Das Baby. Das Leben, wie er es kannte.

Er wünschte sich, er wäre in jenem Moment gestorben.

Dann erinnerte er sich an seine Vergeltung. Seine Rage. Wie er Kyle getötet hatte.

Und an den Moment, der alles verändert hatte. Er erinnerte sich daran, wie Kyles Geist in ihn gefahren war. Er erinnerte sich an das unbeschreibliche Gefühl der Rage, das Gefühl, dass der Geist und die Seele einer anderen Person ihm aufgedrängt wurden, ihn ganz und gar besessen hatten. Es war der Moment, in dem Sam aufhörte, zu sein, wer er war. Es war der Moment, in dem er zu jemand anderem wurde.

Sam öffnete seine Augen zur Gänze und er spürte, er wusste, dass sie glühend rot waren. Er wusste, dass sie nicht länger ihm gehörten. Er wusste, dass es nun Kyles Augen waren.

Er spürte Kyles Hass, spürte Kyles Macht, die durch ihn strömten, durch jede Faser seines Körpers, von seinen Zehen durch die Beine hoch in seine Arme, bis hin zu seinem Kopf. Er spürte Kyles Zerstörungsdrang durch seinen Körper pulsieren, wie etwas Lebendiges, wie etwas, das in seinem Körper feststeckte und das er nicht herausbekommen konnte. Er fühlte sich, als hätte er nicht länger die Kontrolle über sich selbst. Ein Teil von ihm vermisste den alten Sam, vermisste, wer er gewesen war. Doch ein anderer Teil von ihm wusste, er würde nie wieder diese Person sein.

Sam hörte ein fauchendes, klapperndes Geräusch und öffnete die Augen. Er lag mit dem Gesicht voran am Wüstenboden, und als er hochblickte, sah er eine Klapperschlange ihn nur wenige Zentimeter entfernt anzischen. Die Augen der Klapperschlange blickten direkt in Sams, wie im Gespräch mit einem Freund, eine ähnliche Energie verspürend. Er konnte spüren, dass die Rage der Schlange seiner eigenen ähnlich war—und dass sie kurz davor stand, anzugreifen.

Doch Sam fürchtete sich nicht. Im Gegenteil—er fühlte sich von einer Rage erfüllt, die derer der Schlange nicht nur gleich war, sondern größer. Und dazu passende Reflexe.

In dem Sekundenbruchteil, in dem die Schlange sich bereitmachte, zuzuschnappen, kam Sam ihr zuvor: er streckte seine Hand aus, packte die Schlange in der Luft am Hals und hielt sie nur zwei Zentimeter von seinem Gesicht entfernt so fest, dass sie ihn nicht beißen konnte. Sam hielt die Augen der Schlange auf seiner Augenhöhe, starrte sie so nahe an, dass er ihren Atem riechen konnte, ihre langen Giftzähne nur zwei Zentimeter entfernt, danach lechzend, in Sams Hals zu fahren.

Doch Sam überwältigte sie. Er drückte fester und fester zu und quetschte ihr langsam das Leben aus. Sie erschlaffte in seiner Hand, zu Tode erdrückt.

Er holte aus und schleuderte sie über den Wüstenboden.

Sam sprang auf die Füße und nahm seine Umgebung in sich auf. Um ihn herum war Staub und Steine—ein endloses Stück Wüste. Er drehte sich herum und bemerkte zwei Dinge: das erste war eine Gruppe kleiner Kinder, in Lumpen gekleidet, die neugierig zu ihm hochblickten. Als er zu ihnen herumwirbelte, stoben sie auseinander, eilten davon, als hätten sie ein wilden Tier dabei beobachtet, wie es aus dem Grab stieg. Sam spürte Kyles Wut durch ihn strömen, und ihm war danach, sie alle zu töten.

Doch das Zweite, was ihm auffiel, zog seine Aufmerksamkeit auf sich. Eine Stadtmauer. Eine enorme Steinmauer, die sich über hundert Meter in die Lüfte erhob und sich in die Ewigkeit erstreckte. In dem Moment erkannte Sam: er war in den Vororten einer uralten Stadt aufgewacht. Vor ihm stand ein riesiges gewölbtes Tor, unter dem dutzende Menschen hinein und heraus strömten, in primitive Kleidung gehüllt. Sie wirkten, als befänden sie sich im römischen Zeitalter, in schlichte Roben oder Tuniken gekleidet. Auch Vieh strömte hinein und hinaus, und Sam konnte schon von hier die Hitze und den Lärm der Menge hinter den Mauern spüren.

Sam machte ein paar Schritte auf das Tor zu, und dabei stoben die Kinder auseinander, als würden sie vor einem Monster davonlaufen. Er fragte sich, wie furchteinflößend er aussah. Doch es war ihm eigentlich egal. Er verspürte den Drang, diese Stadt zu betreten und herauszufinden, warum er hier gelandet war. Doch anders als der alte Sam verspürte er keinen Drang, sie zu erforschen: vielmehr verspürte er den Drang, sie zu zerstören. Diese Stadt in Stücke zu hauen.

Ein Teil von ihm versuchte, es abzuschütteln, den alten Sam zurückzubringen. Er zwang sich dazu, an etwas zu denken, das ihn zurückbringen könnte. Er zwang sich dazu, an seine Schwester Caitlin zu denken. Doch es war vernebelt; er konnte ihr Gesicht nicht mehr wirklich hervorrufen, so sehr er es auch versuchte. Er versuchte, seine Gefühle für sie hervorzurufen, ihre gemeinsame Mission, ihren Vater. Er wusste tief drin, dass sie ihm immer noch wichtig war, dass er ihr immer noch helfen wollte.

Doch dieser kleine Teil von ihm war schon bald überwältigt von dem neuen, bösartigen Teil. Er erkannte sich selbst kaum wieder. Und der neue Sam zwang ihn, seine Gedanken aufzugeben und weiterzugehen, direkt in die Stadt hinein.

Sam marschierte durch das Stadttor und rempelte dabei die Leute aus dem Weg. Eine alte Frau, die einen Korb auf ihrem Kopf balancierte, kam ihm zu nahe, und er stieß ihr so kräftig gegen die Schulter, dass sie hinfiel, ihr der Korb vom Kopf gestoßen wurde und Obst sich überall verteilte.

„He“, schrie ein Mann. „Sieh nur, was du angerichtet hast! Entschuldige dich bei ihr!“

Der Mann marschierte auf Sam zu und machte den dummen Fehler, die Hand auszustrecken und ihn am Mantel zu packen. Der Mann hätte erkennen sollen, dass es ein Mantel war, den er nicht kannte, schwarz und aus Leder, und hauteng. Der Mann hätte erkennen sollen, dass Sams Kleidung aus einem anderen Jahrhundert stammte—und dass Sam der letzte Mann war, dem er in die Quere geraten wollte.

Sam blickte auf die Hand des Mannes hinunter, als wäre sie ein Insekt, dann packte er ihn am Handgelenk und verdrehte es mit der Kraft von hundert Männern. Die Augen des Mannes weiteten sich vor Angst und Schmerz, während Sam immer weiter drehte. Schließlich drehte sich der Mann zur Seite und ging in die Knie. Sam drehte jedoch weiter, bis er ein grässliches Krachen hörte und der Mann mit gebrochenem Arm aufschrie.

Sam holte aus und schaltete den Mann aus, indem er ihm kräftig ins Gesicht trat, womit er bewusstlos zu Boden fiel.

Eine kleine Gruppe Passanten hatte das beobachtet, und sie machten Sam weitläufig Platz, als er weiterging. Niemand schien sehr erpicht darauf, auch nur in seine Nähe zu geraten.

Sam ging weiter, direkt in das Gedränge hinein, und war schon bald von einer neuen Menge umringt. Er fügte sich in den endlosen Strom von Menschen, die die Stadt erfüllten. Er war nicht sicher, wohin er gehen sollte, doch er verspürte diese neuen Gelüste, die ihn übermannten. Er spürte die Lust zu trinken durch ihn strömen. Er wollte Blut. Er wollte ein frisches Todesopfer.

Sam ließ sich von seinen Sinnen leiten und spürte, wie er in eine bestimmte Gasse geführt wurde. Als er in sie einbog, wurde die Gasse schmaler, dunkler, höher, abgeschottet vom Rest der Stadt. Es war sichtlich ein schäbiger Stadtteil, und während er weiterzog, wurden die Leute immer fragwürdiger.

Bettler, Säufer und Prostituierte füllten die Straßen, und Sam rempelte mehrere schurkische, fette Männer, unrasiert, mit fehlenden Zähnen, die an ihm vorüberstolperten. Er achtete darauf, dass er sie besonders kräftig anrempelte, um sie in alle Richtungen umzuwerfen. Sie alle waren weise genug, ihn nicht weiter herauszufordern als empört „He!“ zu rufen.

Sam ging weiter und fand sich schon bald auf einem kleinen Platz wieder. Da in der Mitte, mit den Rücken zu ihm, standen etwa ein Dutzend Männer im Kreis und jubelten. Sam kam heran und drängte sich durch, um zu sehen, weswegen sie jubelten.

In der Mitte des Kreises waren zwei Hähne, die einander in Stücke rissen, blutüberströmt. Sam sah, dass die Männer Wetten abgaben, altertümliche Münzen tauschten. Hahnenkämpfe. Der älteste Sport der Welt. So viele Jahrhunderte waren vergangen, und doch hatte sich nichts wirklich geändert.

Sam hatte genug. Er wurde unruhig, und er verspürte den Drang, etwas Chaos anzurichten. Er marschierte in die Mitte des Rings, direkt auf die beiden Vögel zu. Dabei schrie die Menge empört auf.