Geht's noch? - Carly Phillips - E-Book

Geht's noch? E-Book

Carly Phillips

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Beschreibung

Der neue Roman aus der „Hot Zone“-Kultserie

Schon bei ihrem ersten Zusammentreffen mit John Roper verliebt sich Amy unsterblich in den sexy Baseballstar. Doch dann tritt sie ihren neuen Job in New York an und erhält den Auftrag, ihn professionell zu betreuen. Amy entwickelt ungewöhnliche Ideen, um ihm zu helfen – rein beruflich natürlich. Selbst vor einer Entführung schreckt sie nicht zurück.

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Seitenzahl: 494

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Die Originalausgabe HOT PROPERTY erscheint bei Harlequin Enterprises Limited, Ontario, Canada
Copyright © 2007 by Karen DroginCopyright © 2008 dieser Ausgabe  by Wilhelm Heyne Verlag, München,  in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH, Neumarkter Str. 28, 81673 München. Satz: KompetenzCenter, Mönchengladbach ISBN 978-3-641-06658-1V003
www.heyne.de www.penguinrandomhouse.de

Inhaltsverzeichnis

Das BuchDie AutorinVorwortKapitel 1Kapitel 2Kapitel 3Kapitel 4Kapitel 5Kapitel 6Kapitel 7Kapitel 8Kapitel 9Kapitel 10Kapitel 11Kapitel 12Kapitel 13Kapitel 14Kapitel 15Kapitel 16Kapitel 17Kapitel 18EpilogCopyright

Das Buch

Die quirlige Eventmanagerin Amy Stevens ist frisch nach New York gezogen, um für die Hot-Zone-Agentur zu arbeiten. Dank der Vermittlung ihrer Freundin – und Geschäftspartnerin – Micki zieht Amy schon bald einen lukrativen Auftrag an Land: Sie lernt John Roper, einen erfolgreichen Baseballprofi, kennen und soll die Hochzeit seiner kleinen Schwester zu einem unvergesslichen Erlebnis machen.

Im Gegenzug muss sie Micki versprechen, ein Auge auf John zu haben, der gerade in einer tiefen Krise steckt. Als selbst Yoga und Akupunktur nicht mehr helfen, beschließt Amy, dass Johns Probleme auf andere Art und Weise gelöst werden können.

Die Autorin

Carly Phillips hat sich mit ihren romantischen und leidenschaftlichen Geschichten in die Herzen ihrer Leserinnen geschrieben. Sie veröffentlichte bereits über zwanzig Romane und ist inzwischen eine der bekanntesten amerikanischen Schriftstellerinnen. Mit zahlreichen Preisnominierungen ist sie aus den Bestsellerlisten nicht mehr wegzudenken. Ihre Karriere als Anwältin gab sie auf, um sich ganz dem Schreiben zu widmen. Sie lebt mit ihrem Mann und den zwei Töchtern im Staat New York.

 

Im Heyne Verlag liegen vor: Der letzte Kuss – Der Tag der Träume – Küss mich, Kleiner! und die Hot-Zone-Serie: Mach mich nicht an! – Her mit den Jungs! – Komm schon!

Vorwort

AMY STONE WAR von Testosteron umgeben. Nicht dieses alltägliche, gängige Testosteron, sondern jenes machtvolle Testosteron, das allein Sportlern eigen ist. Sie konnte sich überhaupt nicht satt sehen an den Football-Quarterbacks, Baseballstars und anderen breitschultrigen, muskelbepackten Gästen, die zur Hochzeitsfeier ihres Cousins Riley erschienen waren. Die Braut, Sophie Jordan, sowie deren Schwestern und Freunde schienen von so vielen heißen Typen an einem Ort unbeeindruckt. Als Werbeagentinnen bei Hot Zone, einer Firma, die sich auf die PR für Sportler spezialisiert hatte, waren sie offensichtlich an diesen Anblick gewöhnt. Doch als alleinstehende Frau, die selbst mehr mit dem Leben und den Aufgaben einer für die Seniorenbetreuung zuständigen Managerin einer Altenwohnanlage, die Verwandten von ihr in Fort Lauderdale gehörte, vertraut war, bewegte Amy sich hier auf unbekanntem Terrain.

Dies sollte sich ändern. Mit Beginn des neuen Jahres würde Amy bei Hot Zone arbeiten und lernen müssen, sich unter diesen prominenten Athleten zu bewegen, ohne in deren Gegenwart gleich dahinzuschmelzen. Sie hatte bereits ein paar Abstecher nach New York unternommen und begonnen, sich in dem Apartment, das sie von Micki Jordan Fuller mieten konnte, einzurichten. Amy beabsichtigte, die Feiertage noch bei ihrer Familie zu verbringen, bevor sie ihr sorglos einfaches Leben endgültig hinter sich lassen würde.

Ausgerechnet an Halloween war sie fünfundzwanzig geworden – ein Zusammentreffen, in dem ihrer Überzeugung nach eine gewisse Ironie lag, und sie hatte nach dem Aufwachen ihr Leben betrachtet und erkannt, dass eine Veränderung längst überfällig war. Sie gehörte unter junge Menschen, nicht als Mediatorin unter Rentner, die lieber nackt als mit Badeanzug badeten und die hochprozentige Fruchtcocktails dem schlichten alten Eistee vorzogen. Aber sie machte sich Sorgen wegen der Schwierigkeiten, mit denen ihre Mutter und Freunde nach ihrem Weggang womöglich würden kämpfen müssen.

Was sie daran erinnerte … Sie suchte die Umgebung nach ihren Verwandten ab. Das Grundstück war riesig, der Blick wunderschön. Amy konnte weder ihre Mutter noch ihre Tante Darla entdecken, tröstete sich aber mit dem Gedanken, dass sie, solange man nichts von ihnen hörte und sah, auch kein Chaos veranstalteten. Zweifellos ein gutes Zeichen. Insbesondere da die Feier auf dem Anwesen von Senator Harlan Nash stattfand, jenem Mann, der Riley wie seinen eigenen Sohn aufgezogen hatte.

Sie betete inständig, ihre Mutter und Tante würden sich an diesem Tag benehmen. Erst am Morgen hatte sie ihnen noch eingeschärft: kein Nacktbaden im Springbrunnen oder Fangen spielen im Garten. Ihre Verwandten liebten es, das Leben zu genießen. Bisweilen ein wenig zu sehr, was ihnen immer wieder Ärger einbrachte und sie zur Zielscheibe des öffentlichen Geredes und Spotts werden ließ. Zu Lebzeiten ihres Vaters hatte dies zwischen ihren Eltern häufig Anlass zum Streit geliefert. Als Amy sich dann dazu entschlossen hatte, nach Hause zu gehen und die Aufgaben als Leiterin und Babysitterin zu übernehmen, hatte sie gewusst, dass ihr Vater, der starb, als sie zwölf war, diesen Schritt befürwortet hätte.

Die Sonne brannte auf ihren Kopf herab, und sie beneidete die Gäste des Senators, die Schirme hatten, um sich vor den sengenden Strahlen zu schützen. Die Schwüle setzte ihr wirklich zu, die Haut unter ihrem Kleid wurde klebrig vor Schweiß, und sie schlenderte zur Bar.

»Kann ich Ihnen einen Drink besorgen?«, erkundigte sich eine tiefe Männerstimme.

Amy wandte sich um, schirmte ihre Augen gegen die blendende Sonne ab und starrte in das aufregendste Gesicht, das sie bei einem Mann je erlebt hatte. Seine Augen waren von einem dunklen Grün, seine Züge eher scharf geschnitten als rau, und wenn er lachte, fassten Grübchen seine weißen Zähne und diese ach so sexy Lächeln ein.

»Ich wollte mir gerade eine Cola bestellen«, sagte sie.

»Das werde ich wohl noch für Sie erledigen können.« Sein unbeschwertes Lächeln wurde breiter. »Aber nicht weggehen.«

Amy hätte im Traum nicht daran gedacht. Es war eine Sache, von so viel Testosteron umgeben zu sein, aber die Aufmerksamkeit von einem dieser Männer auf sich gerichtet zu sehen, war noch etwas anderes. Eine Hitzewelle durchflutete sie und ihre Pulsfrequenz machte einen solchen Satz, dass ihr das Atmen schwerfiel. Amy war gewiss keine Nonne und hatte schon eine ganze Reihe von Männern gekannt, doch sie war noch nie mit einem Typen zusammen gewesen, der so kraftstrotzend und so … na ja, irgendwie animalisch wirkte wie dieser Mann.

Er schlängelte sich durch die Leute vor der Bar und kehrte rasch mit ihrem Drink in der einen und einem für sich in der anderen Hand zurück. »Bitte schön.«

Sie nahm das Glas entgegen. »Danke.«

»War mir ein Vergnügen.« Er nickte, neigte sein Glas ein wenig und tippte den Rand leicht gegen ihres. »Und, hübsche Lady, sind Sie ein Gast der Braut oder des Bräutigams?«

Sie versuchte zwar, sich nichts auf das Kompliment einzubilden, aber er ging ihr schon jetzt unter die Haut. »Ich bin ein Gast des Bräutigams. Riley ist mein Cousin«, erklärte sie, bevor sie dankbar einen kühlen Schluck von ihrer Cola nahm.

»Sind Sie mit dem Senator verwandt?«, fragte er.

»Nein, aber Spencer Atkins ist mein Onkel.« Riley besaß eine komplizierte Familiengeschichte, doch Amys Einschätzung nach würde dieser Mann, der offensichtlich selbst Sportler war, bestimmt Rileys biologischen Vater, den bekannten Sportagenten Spencer Atkins kennen. »Und wie steht’s mit Ihnen? Welche Seite der Familie vertreten Sie?«

»Ich bin eigentlich von beiden Seiten eingeladen.«

»Womit Sie ein Klient von Hot Zone PR und Athletes Only sein dürften, hab ich recht?«, erwiderte sie mit Verweis auf die Agentur ihres Onkels.

»Nicht nur hübsch, auch noch scharfsinnig.«

Sie war überzeugt davon, einen roten Kopf bekommen zu haben. »Welche Sportart betreiben Sie denn?«

»Wissen Sie etwa nicht, wer ich bin?« Seine Augen weiteten sich ungläubig. »Das trifft mich zutiefst«, fügte er in affektiertem Ton hinzu und setzte dabei die Miene eines verletzten Jungen auf. Aber sein unmittelbar folgendes Lachen zeigte ihr, dass er nur Spaß machte.

Amy lächelte. Ihr gefielen sein Sinn für Humor und seine ungekünstelte Art. Von seiner Attraktivität gar nicht zu reden. Der Mann war definitiv Wahnsinn.

»John Roper, der Centerfielder der New York Renegades, steht zu Ihren Diensten.« Er verneigte sich kurz und streckte dann seine Hand aus.

»Amy Stone.« Sie legte ihre Handfläche in seine und ein Hitzestoß durchfuhr sie, raste ihren Arm hinauf in ihre Brust und verschlug ihr für einen Moment völlig den Atem.

Whow.

Noch nie hatte sie derart intensiv auf einen Mann reagiert. Ein Hauch seines sinnlichen Parfüms stieg ihr in die Nase und sorgte hinsichtlich ihrer Körpertemperatur und Tagträume für erotische Spitzenwerte. »Freut mich, Sie kennenzulernen, John.«

Ein süßes Lächeln umspielte seinen Mund. »Freut mich auch, Sie kennenzulernen, Amy Stone.« Seine Stimme war eine kehlige Oktave tiefer gerutscht.

Sie fuhr sich mit der Zunge über die trockenen Lippen. »Und an welchen Tisch hat man Sie platziert?«, fragte sie ihn.

Er studierte ihre Augen mit einem Blick, der heiß genug war, die Eiskreationen zum Schmelzen zu bringen, die sie heute Morgen noch bewundert hatte. Dann wandte er sich jedoch plötzlich ab und sah sich um, bevor er sich wieder zu ihr drehte. »Wissen Sie, die Sitzordnung ist … hmm … schwierig.«

»Wundert mich nicht. Schließlich ist es eine Hochzeit. Da ist die Sitzordnung immer schwierig. Sehen Sie mich an. Ich hoffe bloß, dass ich nicht bei meiner Mom und ihrer Schwester lande.« Amy hatte sich das Kärtchen, auf dem ihr Sitzplatz vermerkt war, bereits geholt, hatte aber seit dem Abschluss der Trauungszeremonie keine Gelegenheit gefunden, ihre Verwandten zu fragen, wo sie sitzen würden. Amy verdrehte die Augen bei ihrer Vorahnung und lachte.

John fiel nicht in ihr Lachen ein. »Nicht diese Art von Schwierigkeit.« Er grübelte eine Weile über irgendetwas, bevor er schließlich weitersprach. »Ich habe nur einfach nicht damit gerechnet, hier jemandem wie Ihnen zu begegnen«, sagte er dann. Wärme und dazu ein ganz persönliches Etwas lagen in seinem Ton.

»Wem sagen Sie das?« Sie war ohne männlichen Begleiter gekommen und hatte auch nicht beabsichtigt, hier einen Mann kennenzulernen, obwohl sie genau darüber nun überaus froh war. Jetzt würde sie während der langsamen Tanznummern keine peinlich langen Momente überstehen müssen. Und sollte John sie nicht um den Tanz bitten, konnte sie ja einfach ihn auffordern. Das klang zwar mehr nach ihrer Mutter als nach Amy, aber für diesen Mann lohnte es sich allemal, über den eigenen Schatten zu springen. Ein erwartungsvolles Kribbeln durchlief sie bei dem Gedanken an einen langsamen Tanz, bei dem sich seine Arme um ihre Hüfte schlangen …

Er senkte seinen Kopf zu ihr herab. Sie atmete ein, und sein Aftershave löste ein tiefes Verlangen in ihr aus. Er beugte sich noch näher. Wollte er etwas flüstern? Küssen bestimmt nicht, dafür war es noch viel zu früh.

Aber ihr Herz wummerte gespannt.

»Roper! Roper!« Eine schrille Frauenstimme rief seinen Namen.

Die beiden schreckten zurück und drehten sich nach dem Geschrei um, das Amy die Chance genommen hatte, seine Absichten zu erfahren. Eine hinreißend schöne Frau wankte auf Stöckelschuhen über den Rasen schnurstracks auf ihn zu. Ihr langes Kleid verfing sich immer wieder an ihren Absätzen, und obwohl sie den Saum mit beiden Händen hochhielt, war das Vorwärtskommen offenbar reichlich mühsam.

»Da bist du ja«, sagte sie. »Hab ich dich nicht gebeten, auf der Terrasse zu bleiben? Ich hab dir doch gesagt, dass ich mir das Kleid nicht auf dem Rasen ruinieren möchte.« Sie jammerte durch dick mit Lipgloss geschminkte Lippen, deren Winkel sie in dem Bemühen um einen verführerischen Schmollmund nach unten zog.

Und er war verführerisch, obwohl Amy sich diese Tatsache nur widerwillig eingestand. Die andere Frau war schlank wie ein Model, auf eine elfenhafte Art attraktiv, wirkte trotz ihres wackligen Gangs über den Rasen elegant, und ihrem besitzergreifenden Ton gegenüber John nach zu urteilen, handelte es sich bei ihr um sein Date.

Sein Date. Enttäuschung machte sich in ihr breit. Während er sie in ein Gespräch verwickelt und sie angebaggert hatte – zumindest hatte sie seine Worte und Körpersprache so gedeutet –, war ihm also die ganze Zeit klar gewesen, dass an einem anderen Ende der Party eine andere Frau auf ihn wartete.

Wie konnte sie nur so naiv sein und glauben, dass ein heißbegehrter Baseballspieler sich für ein Landei interessieren würde? Und genau so fühlte sie sich im Vergleich zu der schicken Frau, die neben ihm stand. Gleichzeitig ärgerte sie sich über diese Empfindung, denn eigentlich war Amy stolz auf ihr Selbstwertgefühl.

»Kaum lass ich dich mal fünf Minuten allein, schon treff ich dich dabei an, wie du in meiner Abwesenheit neue Eroberungen machst«, erklärte die andere Frau.

»Ich …« Er hielt inne. Offensichtlich fiel ihm keine angemessene Ausrede ein, da es keine gab.

Amys Herz schlug hart und schnell. Übelkeit stieg in ihr auf. Sie wandte sich ab und ging auf das Haus zu, so weit weg von John Roper wie nur möglich.

»Amy, warte!«, rief er ihr nach. »Ich weiß, das sieht blöd aus, aber …«

Sie erlaubte sich kein Umdrehen. Es sah so aus, wie es war. Er hatte ein Date mit auf die Party gebracht und sich dennoch unzweifelhaft an sie herangemacht.

Er ergriff ihren Arm und zwang sie, ihn anzusehen.

Seine Verabredung kam nach und stellte sich neben sie. »Du kümmerst dich um sie anstatt um mich? Du mieses Schwein! Ich flieg mit dir hier aufs platte Land raus, und das ist der Dank? Dass du hier eine Dorfschnepfe abschleppst?«

Bevor Amy die Beleidigung richtig begriff und bevor noch irgendjemand hätte reagieren können, riss Carrie ihm den Drink aus der Hand und kippte ihn über sein Hemd.

»Ach, komm, Carrie. Das ist ein Hugo-Boss-Hemd!« Er zupfte an dem nassen Stoff und starrte sein Date an. »War das wirklich nötig?«

Sie zwang sich zu einem Lächeln. »Ich denke schon.«

Amy konnte es einfach nicht fassen. Die Leute um sie herum waren verstummt und rückten nun näher, um alles besser verfolgen zu können. Seit sie den ersten Job in ihrem Leben als kommunale Sozialarbeiterin wegen des Verhaltens ihrer Mutter verloren hatte, legte Amy großen Wert darauf, keine öffentliche Aufmerksamkeit zu erregen. Sie hasste es, im Mittelpunkt des allgemeinen Interesses zu stehen, und ärgerte sich darüber, dass dieser Mann ihr genau das nun angetan hatte.

»Das klären Sie beide wohl besser unter sich.« Diesmal rannte sie regelrecht von dem Spektakel fort, das John und sein Date boten.

Als sie die Terrasse erreichte, verlangsamte sie ihren Schritt. Sie war enttäuscht von John Roper und davon, dass dieser Tag nun ebenso kräftezehrend geworden war wie die gleißende Sonne über ihnen. Sie hatte sich wirklich zu ihm hingezogen gefühlt, aber einen solchen Mann konnte sie in ihrem Leben nicht gebrauchen. Sie würde ihren neuen Job als Werbeberaterin für Sportler antreten und dabei hinter den Kulissen arbeiten. Aber wenn sie in New York mit diesen reichlich Beachtung verlangenden Leuten auf einer täglichen Basis verkehrte, musste sie sich auf jeden Fall eine dickere Haut zulegen.

Auf der anderen Seite der Terrasse brach ein Tumult aus, und Amy blickte hinüber. Offenbar hatte die Braut sich entschlossen, ihren Strauß schon früher in die Menge zu werden. Amy kniff die Augen zusammen, um besser sehen zu können, und stöhnte laut auf.

Amys Mutter Rose und Tante Darla waren beide nach der Trophäe gesprungen und wälzten sich nun über den Rasen, jede fest entschlossen, die Blumen zu ergattern. Mit dem traditionellen Symbolgehalt, der dem Strauß anhaftete, wollte keine der beiden etwas zu tun haben, denn sie hatten sich geschworen, nie wieder zu heiraten. Sie interessierten nicht die Blumen, sondern lediglich die Aufmerksamkeit, die sie mit ihrem Fang erringen konnten.

Auf der einen Seite des Hauses waren John und sein Date, auf der anderen Seite die durchgeknallten rothaarigen Schwestern, die jemanden brauchten, der sie trennte und beide für eine Weile ruhig stellte.

Schlimmer konnte dieser Tag gar nicht mehr werden.

1

Einen Monat später …

 

 

SPORTAGENT YANK MORGAN saß im Fond seines Lincoln und strich sich mit einer Hand über seinen ungepflegten Stoppelbart. Seit seine Frau Lola sein Rasiermesser aussortiert hatte, damit er sich nicht versehentlich die Kehle durchschnitt, wurden die Stoppeln noch seltener gekürzt. Dieses verfluchte Frauenzimmer hatte irgendwie sogar herausgefunden, wo er seinen Ersatzapparat versteckt hatte. Anscheinend war ein fast blinder Mann nicht einmal in seinem eigenen Badezimmer sein eigener Herr.

Normalerweise wäre er wütend gewesen, aber da seine Sehkraft tatsächlich stark abgenommen hatte, musste er zugeben, dass Lolas Standpunkt durchaus begründet war. Die Makuladegeneration, die ihn erblinden ließ, begann das Kräftegleichgewicht in seiner Ehe zu beeinträchtigen. Einer Frau, insbesondere seiner Frau, einzugestehen, dass sie recht hatte, käme einer Aufgabe seines Throns gleich. Und dazu würde es weder zu Hause noch in der Firma je kommen.

»Wir sind da, Mr. Morgan«, sagte der ehemalige Footballspieler J.D., den er als Fahrer engagiert hatte. »Wollen Sie, dass ich Ihnen bis ins Haus helfe?«

Yank schüttelte den Kopf. »Nein danke. Schon schlimm genug, dass du mich herfahren musst. Als Führer brauch ich dich nicht. Dafür hab ich Noodle.« Sein Labradoodle saß neben ihm, und Yank tätschelte dessen wuschligen Kopf. Er hatte den Hund schon als Welpen bekommen, aber inzwischen war er zur Größe einer normalen Pudeldame herangewachsen.

»Seien Sie vorsichtig. Ich möchte Sie nicht wieder in die Notaufnahme fahren müssen, weil Sie über etwas stolpern, das weder Sie noch die Promenadenmischung gesehen haben.«

»Sie ist keine Promenadenmischung. Sie ist eine Kreuzung aus zwei reinrassigen Linien«, erklärte Yank, während er die Wagentür öffnete.

»Ich bin noch immer der Meinung, Sie hätten sich einen richtigen Blindenhund besorgen sollen und kein Schoßtier.« J.D. trat zu ihm und stützte ihn beim Aussteigen aus dem Wagen in die kalte Winterluft.

Yank verzog das Gesicht. »Hör dich bloß weiter wie meine Frau an und du kannst dir schon bald einen neuen Job suchen.«

J.D. lachte nur. »Das sagen Sie jeden Tag«, meinte er, während er Yank auf den Bürgersteig half.

Yank tat sein Bestes, die Demütigung, schon bei den alltäglichsten Aufgaben auf fremde Hilfe angewiesen zu sein, zu ignorieren. Ein Mann nahm hin, was er hinnehmen musste. »Erinnere deinen Vater daran, dass wir heute Abend Poker spielen«, sagte Yank.

Keiner fragte, wie Yank zu spielen in der Lage war, ohne die Karten erkennen zu können, und Yank weigerte sich, darüber zu sprechen. Lieber verlor er jeden Monat Geld, als auf die Dinge zu verzichten, die er liebte. Und J.D.s Vater gehörte Yanks Pokerrunde bereits seit der Zeit an, als man diesem die Pflegschaft für seine Nichten, die damals noch kleine Mädchen waren, übertragen hatte.

J. D. kraulte Noodles flauschiges Fell und half Yank, den Hund aus dem Wagen zu ziehen. »Glauben Sie wirklich, ich muss meinen Dad an etwas erinnern, das er die längste Zeit seines Lebens jeden Monat getan hat? Immerhin habe ich jetzt, da Lola dabei ist, die Gewissheit, dass er nicht rauchen wird. Sie und mein Vater. Keiner von Ihnen beiden hört auf seinen Arzt«, murmelte J.D.

»Wart lieber ab, bis du älter bist, bevor du Urteile über andere fällst. Bin in etwa fünfzehn Minuten wieder da.« Yank schlang seine dicke Jacke enger um sich und ließ sich von dem Hund zur Eingangstür der Gym führen.

Halb Labrador, halb Pudel und völlig aufgeschmissen, wenn es darum ging, die Richtung zu weisen. Yank bildete sich gar nicht ein, dass Noodle der Blindenhund war, den er sich hätte besorgen sollen, aber ihm gefiel das So-tun-als-ob. Außerdem machte es Spaß, die Leute glauben zu machen, er sei ein wenig verrückt. Es gab schlimmere Dinge, mit denen man sein Leben verbringen konnte, dachte er lachend.

Er bahnte sich seinen Weg durch die Gym bis zum Kraftraum an der rückwärtigen Seite. Die Trainer und Angestellten waren daran gewöhnt, dass er hier Klienten besuchte und dabei Noodle mitbrachte. Er ließ sich von seiner langjährigen Erfahrung leiten und steuerte jenen Ort an, wo er John Roper anzutreffen wusste. Der Hauptteil der Gym war laut und voller Menschen, aber als er sich den nicht öffentlichen Räumen im rückwärtigen Teil näherte, erkannte er am nachlassenden Lärm, dass sich dort weniger Leute aufhielten.

Darin lag Yanks Vermutung nach auch der Grund, warum sich sein derzeit nicht sonderlich starmäßiger Baseballmandant John Roper entschieden hatte, ausgerechnet hier zu trainieren. Unglücklicherweise liefen allerdings die Fernseher, und die Stimme aus den Lautsprechern verriet Yank, dass der Moderator Frank Buckley in seiner morgendlichen Sports Talk Show wie gewöhnlich seinem losen Mundwerk freien Lauf ließ.

 

 

»Die Trainingscamps zur Saisonvorbereitung stehen vor der Tür, und dieser Fan der New York Renegades, der hier zu Ihnen spricht, ist noch immer nicht über die grottenschlechte Saison von John Roper und dessen Leistung bei der Spiel-fünf-Niederlage der Renegades in den World Series hinweg. Rufen Sie an und erzählen Sie mir, ob Sie genauso wenig von diesem völlig überbezahlten Helden erwarten wie ich. Mein Motto wie immer: Hier wird Tacheles geredet.«

 

 

Das Programm wechselte gerade zur Werbung, als Ropers Stimme durch den Raum brüllte: »Wenn nicht bald jemand das Ding ausschaltet, reiß ich die Lautsprecher aus der Wand.«

Da niemand Anstalten machte, den Sender zu wechseln oder das Fernsehen ganz abzustellen, gab auch Yank seinen Senf dazu. »Hört ihr den Mann nicht? Schaltet den Krach ab, oder wir werden euch wegen vorsätzlichen Zufügens seelischer Qualen verklagen.«

Die Gewichte schepperten laut, als Roper sie auf den Boden fallen ließ. »Morgan, was machst du denn hier?«, fragte er.

»Statte den Hohlgewichten einen Besuch ab«, meinte Yank spitz und lachte.

Roper lachte nicht.

»Bist du noch immer sauer über die Lästereien von Buckley The Bastard? Werd endlich erwachsen und find dich damit ab«, erklärte Yank. Sein Versuch, Roper mit Streicheleinheiten über diese holprige Phase hinwegzuhelfen, war bereits gescheitert. Jetzt ging er zu liebevoller Härte über.

»An der Rezeption in meinem Haus hat jemand so eine Roper-Bobbelhead-Puppe abgegeben. Dem Scheißding steckte ein Messer in der Schulter.«

Yank seufzte. Die Fans ließen Roper seine alptraumhafte Saison einfach nicht vergessen. Er hatte weder beim Schlagen noch beim Werfen etwas zustande gebracht und sich dann auch noch die Schulter überdehnt, als er bei dem vergeblichen Versuch, einen spielentscheidenden Homerun zu verhindern, gegen die rechte Seitenausmauer geknallt war. Und dies alles, nachdem er zuvor bei drei besetzten Bases und der goldenen Chance, mit nur einem Run die Renegades in Front zu bringen, den Ball nicht hatte treffen können. Ihr Team verlor, die Fans brauchten einen Sündenbock, und ihre Wahl für diese Opferrolle fiel auf den bestbezahlten Centerfielder der Liga. Nicht dass der Mann kein Formtief durchlaufen hätte, aber für diese Niederlage war die gesamte Mannschaft verantwortlich gewesen.

Jetzt bemühte sich Buckley darum, den Psychoterror auch während der Winterpause nicht einschlafen zu lassen. Roper hatte allen Grund, stinksauer zu sein. Er hatte es nicht verdient, dass Buckley die Fans mit seinen täglichen Schmähungen gegen ihn aufbrachte.

»Bist du sicher, dass Buckley nicht privat noch eine Rechnung mit dir offen hat?«, fragte Yank.

Roper stand auf. Er überragte Yank deutlich. »Ich habe seine Ex-Freundin mal flachgelegt. Sie hielt es in der betreffenden Nacht bloß nicht für angebracht, zu erwähnen, dass sie da schon nicht mehr seine Ex war.«

Yank gluckste. »Darüber sollte er ja hinwegkommen.«

»Sie ist inzwischen seine Frau«, sagte Roper.

»Scheiße.«

»Yeah«, stimmte Roper zu. »Wenn das ein kleinerer Markt wäre hier, dann würde kein Hahn danach krähen, was Buckley erzählt, das ist dir doch auch klar, oder?«

Yank schüttelte den Kopf. »Aber das ist kein kleiner Markt hier. Das ist New York.« Und das sagte alles.

Sportler wurden hier wie Filmstars behandelt, lieferten Meldungen für die Titelseite genauso wie für die letzte Seite und boten ständigen Stoff für Klatsch. »Früher hat dir die Aufmerksamkeit gefallen«, erinnerte Yank ihn.

Vor diesem Hänger war Roper als storyträchtiger Outfielder bekannt. Bei ESports-TV, Zeitschriften und Radiosendern hatte er auf der Liste der metrosexuellen Sportler des Jahres regelmäßig ganz oben rangiert. Yank konnte zwar nicht nachvollziehen, warum erwachsene Männer wie Roper so viel Geld für die angesagtesten Klubs, Fitnesscenter und Friseure ausgaben. Welcher normale Mann ließ sich schon den Rücken mit Wachs enthaaren? Yank hatte keine Ahnung und fuhr sich mit der Hand über seinen struppigen Bart. Aber sie hatten beide mit Ropers Illustriertengesicht einen Haufen Geld verdient, weshalb sich Yank auch keineswegs beschwerte.

»Mir hat die Aufmerksamkeit gefallen«, sagte Roper und setzte sich wieder auf die Bank. »Bis meine Leistungen in den Keller gingen.« Roper lehnte sich nach vorn, stützte die Ellbogen auf die Knie und starrte ins Leere. »Und weshalb bist du nun wirklich gekommen? «, fragte er dann.

»Ich bin gekommen, um dich aufzuheitern. Ich will nicht, dass die Presse dich so niedergeschlagen erlebt, und ich kann vor allem darauf verzichten, dass du einem von ihnen an die Gurgel gehst, wie stark auch immer er dich provozieren sollte.«

»Klingt wie eine Nachricht von Micki.«

Yanks Nichte Michelle war eine enge Freundin Ropers und außerdem seine Werbeagentin. Sie galt bei Hot Zone als hauseigene Expertin, wenn es darum ging, ihren umtriebigen Mandanten aus Schwierigkeiten und Schlagzeilen herauszuhalten.

Heute aber lag der Fall anders. Vielleicht waren heute ein paar amüsante Meldungen über ihn genau, was Roper brauchte. »Ich habe ein Geschenk für dich. Hier ist ein Gutschein.« Yank zog ein Stück Papier aus seiner Gesäßtasche. »Kannst du dir umsonst eine Massage und eine Maniküre verpassen lassen.«

»Keine Lust.«

Yank wusste nicht, was er sonst noch tun konnte, um seinen deprimierten Mandanten aufzumuntern. »Willst du denn nicht für die alljährliche Neujahrsparty von Hot Zone top aussehen?«

»Ich komme nicht.«

Yank schlug ihm auf den Kopf. »Und ob du kommen wirst. Du wirst dich aufrappeln und erhobenen Hauptes so tun, als wäre das Leben super. Haltung ist alles, und deine ist im Augenblick unter aller Sau.«

Yank konnte nicht viel sehen, vermutete aber, dass Roper ihn inzwischen finster anstarrte. »Du machst nach dieser Finalserie eine harte Zeit durch, da bin ich mir sicher, aber offenbar frisst doch sonst noch irgendwas an dir, denn der fröhliche, unbekümmerte Sonnyboy, den ich kenne, würde hier nicht wie ein Weichei rumschmollen.«

Roper erhob sich, und Yank spürte die Größe des Mannes, der dicht neben ihm stand.

»Willst du wirklich wissen, was mir zu schaffen macht? Wo soll ich anfangen? Ich könnte mich mit dem letztjährigen Desaster abfinden, wenn ich das Gefühl hätte, diese Saison auf jeden Fall wieder voll angreifen zu können, aber wie wir beide wissen, heilt die Schulter nach der Verletzung nicht so, wie ich mir das gewünscht hätte. Das bedeutet, dass meine Karriere kürzer ausfallen könnte, als wir gedacht haben. Kein finanzielles Problem angesichts meines fetten Vertrags, richtig?«

»Wenn du nicht alles auf den Kopf gehauen hast …«, sagte Yank, ohne es ernst zu meinen.

»Dafür kennst du mich zu gut. Aber meine Familie tut ihr Bestes, das für mich zu erledigen.«

Yank kniff die Augen zusammen. »Schon mal was von Neinsagen gehört?«

»Versuch das denen mal beizubringen.«

Yank machte sich um Ropers Zukunft eigentlich keine Sorgen. Der junge Mann hatte ihn einst um Anlagetipps gebeten, und Yank wusste, er hatte seine Investitionen geschickt gestreut. Sollte seine Karriere jetzt jedoch durch eine Verletzung vorzeitig zu Ende gehen und seine Familie zugleich das Geld mit vollen Händen aus dem Fenster werfen, dann konnte Yank die Sorgen des Mannes gut nachvollziehen. »Dann musst du sie halt bremsen«, schlug Yank vor.

»Das versuch ich ja«, brummte Roper. »Tust du mir einen Gefallen? Richte Micki bitte aus, ich brauch ein wenig Zeit für mich allein, und dass sie aufhören soll, sich Sorgen zu machen und dich herzuschicken, um nach mir zu sehen, andernfalls werde ich mich wohl von Hot Zone trennen müssen. Wer weiß? Wenn ich diese Saison nicht spielen kann, brauch ich sowieso keine Werbeagentur mehr.«

Yank zog wütend die Brauen zusammen. »Micki macht sich doch keine Sorgen um dich als Firmenkunde, du Idiot. Sie macht sich Sorgen als Freundin.«

»Ich weiß«, sagte Roper in ruhigerem, bedauernden Ton. »Ich bin ja auch dankbar für ihr Mitgefühl, aber sie kann mir im Moment nicht helfen, es sei denn, sie wüsste ein Wunderheilmittel für meine Schulter.«

Selbst Yank wusste, wann man einem Mann Raum geben musste, und den brauchte John Roper dringlicher, als Yank bewusst gewesen war. »Ich schlag dir einen Deal vor«, sagte er zu dem Mann, den er zugleich mochte und schätzte.

»Was für einen Deal?«

»Du kommst zur Party, und ich verspreche dir, keiner wird über Geschäftliches reden. Du kannst ein wenig Ablenkung gut gebrauchen. Keine Presse anwesend. Was meinst du?«

Ropers Schweigen dauerte zu lange.

Offensichtlich stand der Mann unter enormer Anspannung, wenn er sich nicht einmal dazu durchringen konnte, eine Einladung zu einer Party anzunehmen. »Wann hast du das letzte Mal eine Frau gehabt?« Yank stellte die erste Frage, die ihm durch den Kopf ging.

»Das geht dich einen Scheiß an.«

Yank kicherte über die rasche Antwort. »Dann muss es viel zu lange her sein.«

Yank hatte die Symptome schon bei anderen anständigen Kerlen erlebt. Männer, die zu viel Zeit alleine verbrachten und die eine Frau in ihrem Leben brauchten. Nicht dass ihm das jemals ähnlich gegangen wäre. Nein, mein Herr, aber er wusste, Roper musste dringend aus seiner Fixierung auf die World-Series-Patzer und den im Februar anstehenden Trainingsbeginn herausgerissen werden.

Leider hatte Yank seine drei Nichten bereits allesamt mit grundsoliden Kerlen verkuppelt, aber nur weil seine Mädchen vom Markt waren, bedeutete das ja noch lange nicht, dass Yank seine magischen Kräfte nicht bei Roper und einer anderen Frau einsetzen konnte.

Aber wer in seinem Bekanntenkreis passte wohl zu einem Mann, der es gerne hübsch und ordentlich mochte, designermäßig hochwertig und reichlich anspruchsvoll? Er ging die Frauen in seiner Firma durch und schlug sich plötzlich für seine Dummheit gegen die Stirn. Er hätte doch schon früher an die weibliche Lösung für Ropers Probleme denken können.

Amy Stone. Die Nichte seines Partners Spencer Atkins. Sie war patent, hübsch und ledig, und nur ein ziemlicher Einfaltspinsel hätte übersehen können, wie es auf Sophies Hochzeit vor ein paar Monaten zwischen Amy und Roper gefunkt hatte. Ropers Begleiterin war zwar eine lupenreine Zicke gewesen, aber keineswegs blöd, dachte Yank, der sich noch gut an den Drink erinnerte, den sie Roper übers Hemd geschüttet hatte, und an ihren unmittelbar darauffolgenden gemeinsamen Abgang. Und da Amy erst kürzlich nach New York gezogen und ihre Stelle bei Hot Zone angetreten hatte, kannte sie auch noch wenige Leute in der Stadt. Ja, mein Herr, Amy war die Lösung.

Er beabsichtigte allerdings nicht, dies Roper mitzuteilen. Yank liebte Überraschungen. »Komm zur Party«, beharrte er gegenüber Roper.

»Und du lässt mich in Ruhe, wenn ich zusage?«

Yank nickte. »Pfadfinderehrenwort«, sagte er und hob die Hand.

Roper zuckte mit den Achseln. »Also gut. Warum nicht, zum Teufel?«

Yank zog an Noodles Leine, und als sie durch die Tür verschwanden, pfiff Yank aus lauter Zufriedenheit mit seinem Werk vor sich hin.

J.D. kam ihm am Wagen entgegen. »Warum sind Sie denn so guter Stimmung?«

»Weil ich kein Pfadfinder bin und nie einer war«, erwiderte Yank lachend. Und John Roper befand sich auf dem besten Weg, davon zu profitieren, dass Yank ein lügnerischer Mistkerl war, der sich überall einmischen musste.

Amy liebte Florida. Ihr gefielen das ganzjährig warme Wetter und die Bequemlichkeit, nie eine Winterjacke tragen zu müssen. Darin lag auch einer der Gründe, weshalb sie ihre Collegezeit im Süden und nicht an einer weiter entfernten Schule absolviert hatte. Sie war ein Mensch, der viel Wert auf ein behagliches Umfeld legte, und ihr Zuhause und ihre Familie in Florida bedeuteten Vertrautheit.

Ihr Vater war an einem Herzinfarkt gestorben, als sie noch ein Kind gewesen war. Dank ihrer Mutter und ihrer Tante sowie der regelmäßigen Besuche ihres Onkels hatte sie sich nicht allein oder vernachlässigt gefühlt. Sie war jedoch alt genug gewesen, um sich an ihren Vater erinnern zu können, und spürte daher stets seine Abwesenheit in ihrem Leben. Während ihre Mutter wild, temperamentvoll und ohne jede Hemmungen war, hatte sie ihren Vater zurückhaltender, als ein Vorbild an Manieren und gutem Benehmen in Erinnerung.

In ihren Kinderjahren hatte sie selbst ihre wilden Launen gehabt, etwa als ihr Vater darauf bestanden hatte, dass sie den Welpen, der ihr zugelaufen war, in ein Tierheim brachten. Es handelte sich zwar um ein Heim, das aufgelesene Tiere grundsätzlich nicht einschläferte, aber sie wollte diesen Hund unbedingt behalten, und um ihrem Willen Nachdruck zu verleihen, hielt sie einen Demonstrationsmarsch, inklusive Transparente und Schilder, auf dem Garagendach unterhalb ihres Schlafzimmerfensters ab. Ihr Vater hatte darauf bestanden, dass sie herunterkam, wobei er sowohl seine Ablehnung hinsichtlich der von ihr gewählten Taktik zum Ausdruck brachte wie seine Angst um ihre Sicherheit. Er bat sie, künftig gängigere, ungefährlichere Wege zu wählen, um ihren Standpunkt zu vertreten, und nicht mehr die Nachbarn in eine solche Aufregung zu versetzen, dass diese nicht nur ihn, sondern auch gleich die Polizei alarmierten.

Beim Gedanken an diesen Vorfall musste sie lachen, denn es war eine der wenigen Gelegenheiten gewesen, an denen sie die in ihr verschlossenen Gene ihrer Mutter freien Lauf gewährt hatte. Von diesem Moment an hatte sie sich bemüht, dem Rat ihres Vaters zu folgen und alle Wildheit zu beherrschen. Selbst nach seinem Tod hatte Amy nie aufgehört, seinem Wunsch zu entsprechen.

Als Sozialarbeiterin tätig zu sein und bedürftigen Menschen zu helfen, war etwas, auf das ihr Vater sicherlich stolz gewesen wäre, und als sie diesen Job wegen eines der haarsträubendsten Ausfälle ihrer Mutter verlor, war sie am Boden zerstört gewesen und hatte sich zu Hause verkrochen, um ihre Wunden zu lecken. Dort hatte sie es sich angewöhnt, ihrer Mutter und deren Freundinnen zur Seite zu stehen, was ebenfalls ganz im Sinne ihres Vater gewesen wäre. Am Ende hatte sie den Leitungsposten in der Seniorenanlage übernommen und musste rückblickend zugeben, dass diese Aufgabe gut zu ihr gepasst hatte.

Aber sie hatte nun genug Zeit damit verbracht, auf ihre Mutter aufzupassen, und sehnte sich danach, mit Leuten ihres Alters zusammen zu sein. Amy war an ihrem Geburtstag aufgewacht und hatte festgestellt, dass sie nicht nur ihre einstigen Träume nicht verwirklicht, sondern auch vergessen hatte, sich neue Ziele zu erträumen. Der Bruch mit dem Vertrauten bot ihr die Möglichkeit, ein neues Leben für sich zu gestalten. Ein Leben, in dem sie bei Hot Zone – dank ihres Onkels Spencer und der Großzügigkeit der Geschwister Jordan, die ihr eine Chance gaben – auch von einer erfolgreichen Karriere träumen konnte.

An diesem Silvesterabend stieg sie nun bei den Park-Avenue-Büros von Hot Zone aus dem Fahrstuhl, betrachtete die Gäste, insbesondere die männlichen, und sofort befiel sie ein Déjà-vu-Gefühl. Genau wie auf der Hochzeit von Sophie und Riley befand sie sich plötzlich auf unvertrautem Terrain. Würde sie sich jemals daran gewöhnen, von durchtrainierten, heißen Männern umgeben zu sein? Hoffentlich nicht, dachte sie, während sie ihr neues Alltagsumfeld musterte.

Die Garderobiere begrüßte sie und nahm ihren Mantel entgegen. Ein Kellner bot ihr ein Glas Champagner an, das Amy ablehnte. Sie wollte einen klaren Kopf behalten, um sich all die neuen Gesichter und Namen merken zu können und um sich an jene zu erinnern, die sie bereits auf der Hochzeit kennengelernt hatte. Die Erinnerungen daran waren noch sehr lebendig. Vor allem diejenigen an John Roper und wie enttäuscht sie über sein unaufrichtiges Verhalten gewesen war. Andererseits hätte er ihr womöglich von seiner Begleiterin erzählt, wenn ihm mehr Zeit geblieben wäre.

Und vielleicht hatte er sich ja gar nicht so dicht zu ihr herabgebeugt, dass er ihre Wange küssen konnte, dachte sie und ärgerte sich noch immer über den Ausgang der Begegnung. Wie sehr sie auch dem Wunschdenken nachhing, er könnte von der wechselseitigen Anziehungskraft genauso unvermutet überwältigt worden sein wie sie, sodass er – Date hin, Date her – einfach reagieren musste, sie wusste doch, sie machte sich nur etwas vor. Aller Wahrscheinlichkeit nach war der Mann exakt das, wonach er aussah, nämlich ein Kerl, der versuchte, zur gleichen Zeit gleich mehrere Eisen im Feuer zu haben.

Der Mann war ein berühmter Sportler, ein Superstar, der gewohnt sein dürfte, dass die Frauen ihm zu Füßen liegen. Amy war mit den Geschichten ihres Onkels über seine prominenten Mandanten groß geworden. Und Amy hatte unabsichtlich die Rolle eines anhimmelnden Fans gespielt, obwohl sie das gar nicht war. Der Glanz, Glamour und VIP-Status, den Berühmtheit mit sich brachte, bedeuteten ihr nichts. Sie bevorzugte einen Platz im Hintergrund.

Sie ärgerte sich, überhaupt einen Gedanken an Roper zu verschwenden, und atmete tief aus. Ihr Augenmerk richtete sich auf die festliche Dekoration, die noch von Weihnachten übrig war, und auf die schönen Silberkugeln, die von der Decke hingen. In der Ecke stand ein von professioneller Hand reich geschmückter Baum, dessen funkelnde Lichter sicherlich nach Neujahr sofort abgebaut würden. Die Innendekoration übertraf alles, was sie zusammen mit ihrer Mutter und ihrer Tante daheim in Florida im Gemeinschaftssaal alljährlich zustande gebracht hatte.

»Amy?«

Sie hörte ihren Namen über das fröhliche Stimmengewirr hinweg und drehte sich um. Sophie Jordan kam mit einem freundlichen Lächeln auf dem Gesicht auf sie zugeeilt. Wie oft Amy auch Sophie begegnete, stets war sie verblüfft über deren Schönheit und Makellosigkeit. Heute Abend trug sie ihr honigblondes Haar zurückgekämmt zu einem adretten Knoten, und ihr Gesicht war perfekt geschminkt.

Amy umarmte Sophie, jene Schwester, die der organisatorische Kopf hinter Hot Zone war. Sie hatte Sophie im letzten Jahr in Florida kennengelernt. Obwohl Sophie nicht so impulsiv ihre Gefühle zeigte wie Amy, erwiderte sie die Umarmung doch ohne Zögern.

»Du siehst ja richtig glücklich aus. Die Ehe mit meinem Cousin scheint dir gut zu bekommen«, sagte Amy angesichts Sophies strahlender Miene.

Sophie grinste. »Na ja, mit Riley verheiratet zu sein, ist auch verdammt schön.«

»Das glaube ich dir gerne. Wo steckt mein Cousin überhaupt?«

»Er wird gleich kommen.«

»Und deine Schwestern?« Amy schielte über Sophies Schulter. »Sind sie auch hier irgendwo?«

»Micki ist leider auf der Insel … ihrem Mann Damian gehört so ein himmlisches Fleckchen Erde. Ihre Tochter hatte eine Bronchitis, und Damian hat darauf bestanden, seine Familie für eine Weile in ein wärmeres Klima zu bringen. Ihren Berichten zufolge scheint es zu helfen. Aber Annabelle ist hier und kümmert sich um die Gäste. Ich bin sicher, du wirst ihr gleich begegnen.«

Amy nickte. »Na, dann richte Micki bitte liebe Genesungswünsche von mir aus.«

»Das werde ich. Aber das kannst du auch selbst bei der ersten Teambesprechung in ein paar Tagen erledigen. «

Amy wusste bereits, dass sie in eine renommierte und extrem anspruchsvolle Firma eintrat, in der Loyalität und bedingungsloses Engagement groß geschrieben wurden, und sie wollte darin ihren Teil zum Erfolg betragen. Verwandtschaftliche Beziehungen mochten ihr den Job eingebracht haben, aber behalten würde sie ihn nur, wenn sie ihre Fähigkeiten unter Beweis stellte. Sie freute sich auf diese Herausforderung.

»Na, sieh mal einer an, wer hier ist!«, dröhnte eine Männerstimme. Yank, der Partner ihres Onkels, schloss sie fest in seine Arme, und im selben Augenblick erblickte Amy auch dessen Frau Lola, die hinter ihm stand.

Amy winkte der anderen Frau zu, die zurücklächelte.

»Jetzt versichere mir bitte, dass die verrückte Mutter und Tante von dir noch zu Hause in Florida hocken«, sagte Yank und trat einen Schritt zurück.

Lola stöhnte auf. »Ignorier ihn einfach. Er hat ein oder zwei Gläser getrunken und weiß schon nicht mehr, was er redet.« Sie knuffte ihren Mann in die Schulter.

»Ich bin stocknüchtern. Du verdünnst doch meine Drinks schon den ganzen Abend.« Er beugte sich zu Amy. »Sie glaubt, bloß weil ich nichts sehen kann, hätten auch meine Geschmacksnerven den Geist aufgegeben. «

Und ausgerechnet er hielt Amys Verwandte für verrückt? Sie schüttelte ihren Kopf und lachte. »Kein Problem, Lola. Ich hab schon von meinem Onkel Spencer gehört, dass Yank stets offen ausspricht, was immer ihm gerade durch den Kopf geht.« Sie warf dem wesentlich älteren Mann einen dankbaren Blick zu. »Ich weiß es sehr zu schätzen, dass Sie mir hier eine Chance geben«, sagte sie ihm.

Yank setzte ein erfreutes Grinsen auf. »Siehst du? Die Einzige, die hier ein Problem mit mir hat, bist du«, sagte Yank.

Sophie verdrehte die Augen. »Okay, jetzt hast du dich ja eingeführt, Onkel Yank, wie wär’s, wenn du mir nun Gelegenheit gibst, Amy mit ein paar anderen Leuten auf der Party bekannt zu machen?«

»Das wäre toll.« Amy rieb sich die Hände.

»Warum fängst du nicht mit jemandem an, den sie kennt, damit der Anfang leichter fällt. John Roper steht da hinten in der Ecke«, erklärte Yank ohne viel Takt oder Feingefühl.

Amys Magen machte einen Salto. »Oh, ich glaube, den können wir auslassen«, sagte sie, meinte es allerdings nicht ganz so entschieden. Ein verräterischer Teil in ihr wollte durchaus noch einmal einen Blick auf ihn werfen.

»Quatsch. Amy möchte bestimmt nicht, dass er denkt, sie würde ihn meiden, nur weil er sie schon die ganze Zeit anstarrt, seit sie den Raum betreten hat«, sagte Yank.

»Was hat er?«, fragte Amy und hätte sich am liebsten auf die Zunge gebissen und die Worte zurückgenommen. Dennoch ließ, wie sie sich eingestehen musste, ihr Ego das Wissen nicht unberührt, von Roper seit ihrer Ankunft mit Blicken verfolgt worden zu sein. Sie musste sich zwingen, nicht selbst ihre Augen in die Ecke zu richten und nach ihm zu sehen.

Lola fixierte ihren Mann ungehalten. »Lass Amy in Ruhe«, wies sie ihn an.

»Lola hat recht«, sagte Sophie. »Aber eine Sache musst du mir erklären. Wie kannst du so genau wissen, wo Roper ist, wenn du nicht mehr gut genug siehst, um überhaupt jemanden zu erkennen?« Sophie stemmte die Hände in ihre Hüften und musterte ihren Onkel argwöhnisch.

»Da hat sie dich wohl erwischt, alter Mann«, sagte Lola lachend.

»Wen nennst du hier alt?«, brummte er.

Lola ignorierte ihn und wandte ihren Blick stattdessen Sophie zu. »In Wahrheit erkundigt sich Yank nach Roper, seit er angekommen ist. Ich komme mir schon wie das persönliche GPS-System dieses Mannes vor.«

»Wo wir gerade von Helfern sprechen, wo steckt eigentlich Noodle?«, fragte Sophie.

»Einer der Angestellten führt den Hund ein wenig spazieren.« Lola machte eine Handbewegung zu den Fenstern, die einen Blick über die Stadt boten. »Sie werden bestimmt bald zurück sein.«

Sophie nickte. »Alles klar. Tja, dass du dir Gedanken um Roper machst, kann ich allerdings nachvollziehen. Wir waren alle in der letzten Zeit um ihn besorgt. Die Zeitungen sind wirklich brutal mit ihm umgesprungen. «

Entgegen ihrem Willen konnte Amy ihre Neugier nicht zügeln: »Warum? Was ist passiert?«

Die anderen drei starrten einander mit großen Augen verblüfft an.

»Schätze, New Yorker vergessen immer wieder, dass es auch Menschen gibt, deren Welt sich nicht um Sport dreht«, sagte Sophie, die das Missverständnis erfasste. »Du weißt doch, dass die Renegades es in die World Series geschafft haben, oder?«

Amy nickte. Da das gegnerische Team nicht aus Florida gekommen war, hatte sie bloß nicht die Details verfolgt.

»Roper geriet zu Saisonende in ein ernsthaftes Tief.« Die letzten Worte sprach Sophie in einem leisen Flüsterton. »Er hat die gesamte Serie nicht sonderlich gut gespielt, verlor das entscheidende Duell gegen den Pitcher und zog sich eine Schulterverletzung zu, als er einen Homerun verhindern wollte. Das Team verlor die Finalserie, und Roper wurde von der Presse zum Sündenbock gestempelt.«

»Au weia.« Der arme Mann, dachte sie, beherrschte sich aber sogleich wieder. Der arme Mann hatte ihr Mitleid nicht nötig, so viel wusste sie mit Sicherheit.

Ungeachtet ihrer guten Vorsätze wanderte Amys Blick zu dem sexy aussehenden Mann, der dafür gesorgt hatte, dass ihr Herz und ihr Puls einen Satz machten und ihr Mund trocken wurde.

Und wie beim letzten Mal hatte er wieder eine Frau an seiner Seite, die ihn umschwärmte.

»Glücklich sieht er nicht aus«, murmelte Sophie.

Sie hatte recht. Trotz der Aufmerksamkeit einer Frau, die an jedem seiner Worte zu hängen schien, wirkte Roper schlaff und gelangweilt.

»Sonderbar«, sagte Lola. »Normalerweise genießt Roper doch jeden Funken an Aufmerksamkeit – weibliche oder nicht –, den er bekommen kann.«

Amy kniff ihre Lippen zusammen und schwieg, weil sie ihm einst selbst nur allzu bereitwillig ihre geballte Aufmerksamkeit hatte zuteilwerden lassen, worüber dank der Szene, die sein Date bei der Hochzeit veranstaltet hatte, auch alle hier Bescheid wussten.

»Dürfte an den Zeitungsberichten liegen, die heute erschienen sind«, erklärte Yank. »Lola hat sie mir vorgelesen. Die Daily News hat eine Liste von guten Vorsätzen für das neue Jahr veröffentlicht. Darin stand, dass Roper, sofern ihn der Weihnachtsmann nicht mit einer neuen Ladung Talent bedacht hat, zum Wohle der Mannschaft beitragen kann, indem er ein One-Way-Ticket nach Sibirien löst.«

»Das ist ja furchtbar«, meinte Amy, die trotz ihrer momentanen Gefühle für Roper schockiert über diese Behandlung war.

»Das ist New York«, erwiderte Sophie. »Daran wirst du dich auch noch gewöhnen müssen, da bin ich mir sicher.«

Amy nickte. »Dennoch kann ich mir nicht vorstellen, selbst Tag für Tag die Zielscheibe für derart negative Schlagzeilen zu sein.«

Yank zuckte mit den Achseln. »In dieser Stadt gehört das einfach dazu. Je fetter die Verträge, desto höher die Erwartungen und desto penibler die Überwachung. Na los, retten wir ihn«, sagte Yank und schubste Sophie quasi vor sich her, während er zugleich Ropers Namen rief.

So viel zum Vorhaben, ihm aus dem Weg zu gehen, dachte Amy. Und nach einem Blick in seine Richtung fragte sie sich auch, warum sie das überhaupt tun sollte.

»Tut mir leid«, flüsterte Sophie, die sich neben sie schob.

»Kein Problem«, sagte Amy mit gezwungenem Lächeln, während sie weitergingen.

Yank Morgan marschierte hinter ihnen drein, bis Lola ihn entschlossen fortzerrte, um ihm eine kurze Gardinenpredigt zu halten.

Amy kicherte amüsiert angesichts der innerfamiliären Beziehungskräfte, die ihr so wohlvertraut waren. Aber jetzt musste sie sich auf etwas erheblich Wichtigeres konzentrieren als Lola und Yank.

Ropers Blick traf ihre Augen, und ihr Inneres zog sich zu jenem Gefühl angespannter Aufmerksamkeit zusammen, das er schon einmal in ihr ausgelöst hatte.

»Werte Damen, bitte errettet mich aus diesem Hochzeitsgerede«, sagte Roper, streckte einen Arm aus und legte ihn um Sophies Schulter.

Doch er ließ dabei nie die Augen von Amy.

»Hochzeit?«, fragte Sophie mit erhobener Stimme. »Ich wusste nicht einmal, dass du liiert bist.«

Hochzeit?, echote eine Stimme in Amys Kopf, während sich ihr Magen verkrampfte.

»Du meinst in der Art, dass du und ein Vertreter des weiblichen Geschlechts eine feste Beziehung eingehen? Reicht mir schnell einen Ventilator. Ich glaube, ich werde ohnmächtig.« Sophie neckte ihn weiter, indem sie mit einer Hand vor ihrem Gesicht wedelte und zugleich vor sich hinkicherte.

»Hast du das gehört, John? Sie glauben, du würdest heiraten.« Die Frau an seiner Seite, bei der es sich nicht um jene Begleiterin handelte, die Amy zuletzt mit ihm gesehen hatte, lachte aufrichtig belustigt.

Als sie sich umdrehte, erkannte Amy, dass die Frau erheblich jünger war, als sie anfänglich gedacht hatte. Eindeutig jünger als Amy und zweifellos jünger als Roper.

»John ist nicht mein Bräutigam, er ist mein Bruder«, erklärte die andere Frau.

Amy stieß einen Seufzer aus. Sie hatte gar nicht bemerkt, dass sie die Luft angehalten hatte. Sie versuchte, die Erleichterung, die sie empfand, zu verdrängen, aber es wollte ihr nicht gelingen. Roper würde nicht heiraten, und sie konnte wieder unbeschwert aufatmen, denn ungeachtet ihrer Verärgerung über sein Verhalten bei ihrer ersten Begegnung war die Anziehungskraft noch immer fühlbar, so stark wie zuvor.

»Aaah, na, das ergibt schon mehr Sinn.« Sophie nickte verstehend. »Ich konnte mir auch nicht vorstellen, dass du dich vom Markt nimmst, und ich konnte mir schon gar nicht vorstellen, dass die Presse sich Roper auf Freiersfüßen hätte entgehen lassen.«

»Ha, ha«, brummte Roper.

Amy nutzte den flachsigen Wortwechsel und musterte die junge Frau mit anderen Augen. Jetzt, wo die Familienbeziehung geklärt war, fielen Amy auch die Ähnlichkeiten auf. Das blonde, sandfarbene Haar, die Form und der Farbton ihrer grünen Augen und die identischen Grübchen.

»Sabrina, darf ich dir alle hier vorstellen.« Roper nickte mit dem Kopf zu seiner Schwester. »Alle hier, das ist meine Schwester Sabrina.« Er schloss die Vorstellung mit einer raschen Handbewegung.

»Freut mich, Sie alle kennenzulernen.« Sabrina lächelte, und wieder wurde die Familienähnlichkeit deutlich. »Ich wünschte, ich könnte noch bleiben und mit euch feiern, aber ich bin noch mit meinem Verlobten verabredet und muss los.«

»War schön, Sie kennengelernt zu haben«, murmelte Amy noch, aber Ropers Schwester war schon verschwunden, bevor sie die Worte hören konnte.

Sophie sah auf ihre Uhr. »Ich folge ihrem Beispiel wohl besser. Riley müsste eigentlich inzwischen eingetroffen sein.«

»Geh ruhig. Ich werde mich um Amy kümmern, solange du weg bist.«

Sophie warf Amy einen besorgten Blick zu, aber Amy wollte nicht, dass die andere sich Sorgen um sie machte oder glaubte, sie würde sich gegenüber einem Mandanten von Hot Zone nicht zu behaupten wissen.

Amy setzte ihr strahlendstes Lächeln auf. »Grüß Riley von mir und sag ihm, dass ich ihn in ein paar Minuten treffen werde«, sagte Amy.

»Bist du sicher?« Sophies Blick wanderte zwischen Amy und Roper hin und her.

Roper drückte sich von der Wand ab, an der er gelehnt hatte, und wuchs zu seiner ganzen, eindruckvollen Körpergröße heran.

»Mach dir um mich keine Sorgen«, sagte Roper und bedachte Amy mit einem Zwinkern und einem Grinsen, das sie bis in die Zehenspitzen erschauern ließ.

»Das tu ich auch nicht. Amy?«, fragte Sophie.

»Geh, schnapp dir meinen Cousin und gib ihm einen Kuss von mir.« Sie zerstreute die Bedenken der anderen Frau mit einem ermutigenden Lächeln.

2

ALS YANK AUF ROPERS Erscheinen bei dieser Veranstaltung bestanden hatte, war dieser nur unter Zwang gefolgt. Jetzt erkannte Roper, dass das Schicksal ihn hierhergeführt hatte, um ihm die eine Sache zu schenken, die er dringend benötigte – eine Ablenkung von seinen beruflichen Problemen, von der Hochzeit seiner Schwester und von den ständigen Betteleien seines Bruders um einen Kredit. Amy Stone lieferte diese Ablenkung. Anscheinend hatte ihm das Leben noch eine zweite Chance zugestanden, und er beschloss, dies als erstes positives Omen seit ewigen Zeiten zu nehmen. Vielleicht wendeten sich die Dinge ja doch noch einmal zum Guten.

Er erinnerte sich noch lebhaft, wie stark er sich schon bei ihrer ersten Begegnung auf Anhieb zu Amy hingezogen gefühlt hatte, und der derzeitige Aufruhr in seinem Körper verriet ihm, dass sich daran nichts geändert hatte. Zur Hochzeit war er nur aus Pflichtbewusstsein gegangen, zu tief hatte der Stachel nach der verschenkten World Series damals noch gesessen, aber ein Blick auf die hübsche Brünette und alle Gedanken an seine Probleme waren verflogen gewesen. Sie hatte auf sein am Boden zerstörtes Leben wie ein frischer Windzug gewirkt. Seine Begleiterin hatte er darüber tatsächlich völlig vergessen, nicht zuletzt weil sie nur hübsche Staffage war und ihm nicht das Geringste bedeutete. Nicht dass dies ihn entschuldigte. Roper liebte Frauen, alle Frauen, blonde, brünette oder rothaarige, ob naturfarben oder aus der Tönungsflasche, aber als er Amy sah, war der Schlag in die Magengrube härter und eigentümlicher gewesen.

Er war sich natürlich der Tatsache bewusst, dass er sich bei ihrem letzten Treffen wie ein Trottel aufgeführt hatte und ihr noch eine Entschuldigung für die Vorfälle schuldete. Jetzt, wo alle verschwunden waren, standen er und Amy allein in ihrer eigenen Ecke der Party, und sie begegnete seinem Blick offen, ohne Scheu oder Kleinbeigeben.

Er fand es bewundernswert, dass sie sich nicht von ihm verunsichern ließ, und vermied ansonsten alle voreiligen Schlüsse ihr gegenüber. Sie hatte jenen dunklen Teint, wie er allein Leuten aus dem Süden eigen ist, einen frischen, unaffektierten Ausdruck in den Augen und lockiges Haar, das nicht sonderlich stark mit Sprays oder anderen Frisiermitteln behandelt schien. Ihm gefiel fraglos die Vorstellung, mit seinen Händen durch diese weichen, braunen Locken zu fahren.

Vor allem jedoch konnte er etwas Abwechslung gebrauchen mit einer Frau, die wahrscheinlich die Berichterstattung der New Yorker Sportpresse und Ropers Demütigungen nicht verfolgt hatte, die ihn nicht bedauern und kein Urteil über ihn fällen würde und die überhaupt nichts von ihm haben wollte. Natürlich griff er damit viel zu weit vor. Schließlich dürfte sie ihm die Szene bei der Hochzeit noch nicht verziehen haben, und er konnte es ihr nicht verdenken.

»Und wie geht es Ihnen?«, fragte er, als sie allein waren, beziehungsweise so allein, wie sie es in einem Raum voller Menschen sein konnten.

»Prima. Und selbst?« Sie verschränkte die Arme vor der Brust, was dazu führte, dass in dem goldglänzenden Tank Top, das sie unter einer weißen Seidenbluse trug, ihr Dekolleté anschwoll.

Er wusste, Amys Bewegung war unbeabsichtigt erfolgt, und gerade dieser Mangel an Falschheit zählte zu den Dingen, die er an ihr außergewöhnlich und höchst anziehend fand. »Es ging mir schon besser«, gab er zu, nachdem er sich zu einer ehrlichen Antwort entschlossen hatte.

Aber er hatte keine Lust, auf seine gegenwärtigen Probleme zu sprechen zu kommen. Er räusperte sich und fragte: »Schon lange in der Stadt?« Nicht unbedingt sein bester Spruch, aber er wollte das Thema wechseln.

Sie schüttelte den Kopf. »Nicht sehr.«

Sie machte ihm die Sache nicht einfach. Zum ersten Mal fühlte er sich in Gegenwart einer Frau verunsichert und wusste nicht, wie er an sie herankommen sollte. »Also, äähh, und wann fahren Sie wieder?«, fragte er.

Sie hob erstaunt eine Augenbraue. »Wollen Sie mich denn schon wieder loswerden?«

Er schüttelte seinen Kopf und schnaufte schwer. »Ich vermassel das aber auch so richtig. Fangen wir noch einmal von vorne an, okay? Es ist schön, Sie wiederzusehen. «

»Ganz meinerseits.« Sie kniff sofort die Lippen zusammen.

Diese Bemerkung würde sie nur zu gerne wieder zurücknehmen, davon war er überzeugt, aber ihm gefiel ihre erfrischende Ehrlichkeit.

Sie wandte sich um und betrachtete suchend die Menge.

Er folgte ihrem Blick, konnte aber nicht erkennen, wer oder was ihre Aufmerksamkeit erregt hatte. »Suchen Sie jemanden?«

»Um ehrlich zu sein, ja«, sagte sie und drehte sich wieder zu ihm. »Ich war auf der Suche nach Ihrem Date.«

Ein Grinsen zuckte um seinen Mund. »Wie kommen Sie denn auf den Gedanken, ich hätte eins mitgebracht? «, fragte er.

»Reine Erfahrung.«

»Eins zu null für Sie.«

Sie zuckte mit den Achseln. »Außerdem kann ich mir kaum vorstellen, dass Sie Silvester allein verbringen. « Sie streckte ihre Hand aus und tippte mit einem Finger gegen sein pinkfarbenes Ralph-Lauren-Hemd.

Sie war kesser, als er sie eingeschätzt hatte, aber das leichte Zittern ihres Fingers verriet ihm, wie sehr sie sich zu dieser Aktion gezwungen hatte. Wahrscheinlich wollte sie verhindern, dass er sich einbildete, sie noch einmal aus der Reserve locken zu können.

Ach was, verflucht. Im Moment lockte allenfalls sie ihn aus der Reserve. »Sie setzen mir aber hart zu«, sagte Roper.

»Sie werden’s überleben.«

Er lachte laut auf, etwas, was er schon viel zu lange nicht mehr getan hatte. »Schätze, das habe ich verdient. «

Sie grinste. »Da schätzen Sie richtig.« Ihre Hand hatte sich nicht bewegt. Ihre pinkfarbenen Fingernägel waren kurzgeschnitten und passten genau zur Farbe seines Hemds.

Seine Haut glühte unter seinem Hemd, und er konnte den Blick nicht von den grazilen Fingerspitzen wenden, die so dicht neben jenen Knöpfen lagen, deren Öffnen eine Berührung mit ihrer Haut erlauben würde.

Sie folgte seinem Blick, sah nach unten, bemerkte, dass ihre Hand noch immer dort ruhte, und riss sie fort. Zurück blieb für ihn die Frage, ob sie die gleiche sengende Hitze verspürt hatte, oder nicht.

Sie räusperte sich. »Tja, Ihr Hemd ist noch sauber, also werden Sie ein artiger Junge gewesen sein, vermute ich mal. Offenbar haben Sie Ihr Date heute nicht verärgert, oder zumindest noch nicht. Und wo steckt sie nun? Auf der Toilette? Am Buffet?«

Der neckische Small Talk zwischen ihnen funktionierte zwar problemlos, aber er wünschte sich, dass sie ihn besser kennenlernte, damit er den schlechten Eindruck, den er bei ihrer ersten Begegnung geweckt hatte, vergessen machen konnte. »Wenn ich zugeben würde, dass ich mich schäbig benommen habe und mich entschuldige, können wir dann noch einmal von vorne anfangen?«, fragte er.

»Kommt darauf an.« Sie kniff ihre Augen zusammen, um ihn stumm, aber dennoch eingehend zu taxieren.

Roper hielt die Tatsache, dass sie ihren Blick nicht von ihm abwenden konnte, für ein gutes Zeichen. Zumindest in diesem Punkt ging es ihnen gleich. Er konnte auch nicht damit aufhören, sie anzustarren. Je mehr er darüber nachdachte, desto stärker wurde ihm bewusst, wie gut sie für ihn sein würde. Eine Ablenkung von der Physiotherapie an seiner überdehnten Schulter und von der Frage, ob er rechtzeitig zur Saisonvorbereitung wieder fit sein würde oder nicht.

»Ich bin ohne Date hier«, gestand er und konzentrierte sich wieder ganz auf Amy. »Aus Schaden wird man eben klug.« Gott sei Dank.

Sie neigte ihren Kopf zur Seite. »Ist doch schon ein Anfang«, erwiderte sie leise.

»Und wenn ich Ihnen nun sagen würde, ich war bei der Hochzeit von Ihrer Schönheit und Ihrem Charme derart überwältigt, dass ich – Date hin, Date her – einfach nicht anders reagieren konnte?«

Sie fuhr sich mit der Zunge über die leicht mit Lipgloss geschminkten Lippen. »Ich würde sagen, dass Sie zu dick auftragen und es besser bei der bloßen Entschuldigung belassen sollten.«

»Selbst wenn es der Wahrheit entspricht?«

»Vor allem dann«, sagte sie, wobei ihre Stimme deutlich belegter klang.

Er trat dichter an sie heran, dicht genug, um jede Sommersprosse auf ihrer Nase oder ihrer Wange untersuchen zu können. »Kommen Sie, geben Sie mir noch eine Chance. Lassen Sie uns noch mal von vorn anfangen.« Ohne darüber nachzudenken, streckte er die Hand aus und ließ seinen Finger ihren Nasenrücken hinunter bis zur Spitze gleiten. Haut berührte Haut, und seine Hand flammte bei dem Kontakt regelrecht auf.

Ihre Augen weiteten sich vor wissender Erregung, aber sie wich keinen Zentimeter zurück.

Erfreut neigte er seinen Kopf noch etwas dichter zu ihr herab. »Also, was meinen Sie?«

Sie biss sich auf die Unterlippe und strich dann mit der Zunge darüber, während sie eine Weile überlegte.

Die Sekunden, die er warten musste, waren die längsten seines Lebens.

»Na gut, um des lieben Friedens willen, warum nicht?«, erklärte sie schließlich.

Er hatte die zweite Chance bekommen, nach der er gesucht hatte, dachte er erleichtert. »Darf ich Ihnen ein Glas Punsch holen?«

Sie zog ihre Nase in Falten. »Ich glaube, ich lasse lieber die Finger vom Alkohol. Außerdem sollte ich jetzt wirklich …«

Ein schrilles Klingeln erschallte und überlagerte ihre Stimme.

»Was ist das?«, schrie Amy über den Lärm.

»Klingt wie Feueralarm.«

Und er hatte offenbar recht, denn die Gäste strebten, laut miteinander redend, in den zum Etagenflur hinausführenden Vorraum der Agentur.

»Na los, gehen wir«, sagte er.

»Meinen Sie das im Ernst? Wir sind im zwanzigsten Stock!« Erschrocken griff sie nach ihren Stöckelschuhen.

»Was tun Sie denn?«

»Ich will mir die Schuhe ausziehen, damit ich schneller die Treppe hinunterlaufen kann!«

Er unterdrückte ein Lachen, da er merkte, dass ihre Angst aufrichtig war. »Meiner Erfahrung nach handelt es sich in den meisten Fällen um Fehlalarm.«

Sie zog die Augenbrauen zusammen. »Haben Sie denn nie Flammendes Inferno gesehen?«