Gelassenheit - Galen - E-Book

Gelassenheit E-Book

Galen

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Beschreibung

Wie verkraftet man einen Schicksalsschlag? Der griechische Arzt Galen weiß hierzu Rat, denn er hat selbst bei einem Brand all sein Hab und Gut verloren, unwiederbringlich - seine berufliche und wirtschaftliche Existenz war damit beinahe zunichte gemacht: "Dieses Verlusts bin ich mir an jedem einzelnen Tag bewusst, wenn ich das eine Mal ohne Buch, ein andermal ohne Instrument und dann wieder ohne Arznei dastehe, die ich doch brauche." Und trotzdem bleibt Galen gelassen. Sein Rezept: Man schaue nicht auf das, was man verloren hat, sondern auf das, was einem noch geblieben ist - und freue sich darüber. Diese Sichtweise lasse sich antrainieren, schreibt er in diesem Brief an einen alten Freund.

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Seitenzahl: 60

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Galen

Gelassenheit

Aus dem Griechischen übersetzt und herausgegegeben von Kai Brodersen

Reclam

Die Übersetzung folgt der 2015 im marixverlag erschienenen Ausgabe: Galenos: Die verbrannte Bibliothek. Peri Alypias / Über die Unverdrossenheit. Eingeleitet, hrsg. und erstmals ins Deutsche übers. von Kai Brodersen. Wiesbaden 2015. Der Text wurde erneut bearbeitet und mit Anmerkungen und einem Nachwort versehen.

 

Alle Rechte vorbehalten

© für diese Ausgabe: 2016 Philipp Reclam jun. GmbH & Co. KG, Stuttgart

© für die Übersetzung: 2015 by marixverlag in der Verlagshaus Römerweg GmbH, Wiesbaden

© 2016 Philipp Reclam jun. GmbH & Co. KG, Stuttgart

Covergestaltung: Cornelia Feyll, Friedrich Forssman

Gesamtherstellung: Reclam, Ditzingen

Made in Germany 2016

RECLAM, UNIVERSAL-BIBLIOTHEK und RECLAMS UNIVERSAL-BIBLIOTHEK sind eingetragene Marken der Philipp Reclam jun. GmbH & Co. KG, Stuttgart

ISBN 978-3-15-960889-1

ISBN der Buchausgabe 978-3-15-019319-8

www.reclam.de

Inhalt

Galen: Über die UnverdrossenheitTextanfangAnhangNachwortLiteraturhinweise

Galen: Über die Unverdrossenheit

(1) Ich habe Deinen Brief1 erhalten, in dem Du mich einlädst, Dir zu zeigen, welche Art von Training, welche Argumente oder welche Überlegungen mich darauf vorbereitet haben, nie verdrossen zu sein.

*

Du hast ja gesagt, dass Du persönlich zugegen warst und mich beobachtet hast, als ich bei einem großen Ausbruch der mehrjährigen Seuche2 fast alle Sklaven, die ich in der Stadt der Römer hatte, verloren habe, (2) und dass Du gehört hattest, mir sei so etwas bereits früher geschehen, als ich drei- oder viermal so große Verluste an Besitz erlitten habe, und Du hast gesagt, dass Du mich nie im Geringsten bewegt gesehen hast.

Aber das, was mir gerade geschehen ist, übertrifft alles, was ihm vorangegangen war, da in dem großen Feuer alles, was ich in den Magazinen an der Heiligen Straße verwahrt hatte, zerstört worden ist.3 (3) Du hast gesagt, Du wüsstest selbst, wie groß und von welcher Art diese Verluste waren, hättest aber von einem Deiner Informanten gehört, dass ich sogar jetzt überhaupt nicht betrübt war, sondern weiterhin fröhlich meinen gewöhnlichen Geschäften so nachgegangen bin wie zuvor.

(4) Du seist erstaunt, dass man mich ohne Verdrossenheit die Zerstörung im Feuer ertragen gesehen hatte, sowohl von meinem Silber, Gold, Silbergeschirr und den vielen Schuldscheinen,4 die dort deponiert waren, als auch insbesondere von einer weiteren Vielzahl von Dingen, die dort gelagert waren, nämlich einer gewaltigen Menge von Arzneien aller Art, sowohl einfacher als auch zusammengesetzter Mittel, und von vielfältigen Instrumenten. (5) Einige, die für medizinische Zwecke wertvoll waren, habe ich, wie gesagt, verloren, doch habe ich noch immer gehofft, sie ersetzen zu können; die anderen Instrumente, die ich selbst erfunden hatte, indem ich Modelle aus Wachs hergestellt hatte, um sie dann an Bronzegießer zu geben, kann ich ohne Einsatz von viel Zeit und große Mühe nicht ersetzen,5 (6) ebenso wenig die Exemplare der Bücher der alten Autoren – auch von meiner eigenen Hand korrigierte – und meine eigenen Schriften, und die sogenannten Gegengifte; Du weißt ja, wie Du sagst, dass ich davon eine substanzielle Sammlung hatte, insbesondere etwa 80 Pfund des berühmten Theriak und mehr Zimt, als man bei allen Händlern zusammen findet,6 so wie ich auch einen großen Vorrat an Arzneien in meinem Besitz hatte, die sonst selten sind.

(7) Du hast auch erfahren, dass der Philologe Philistides aus Depression und Verdrossenheit darüber, dass er seine Bücher im Feuer verloren hatte, verkümmerte und starb7 und dass viele andere lange Zeit in schwarzer Kleidung herumgingen, dünn und blass aussehend wie Trauernde.

(8) Ja, weil die Menschen sicher waren, dass die Magazine an der Heiligen Straße nicht von Feuer zerstört werden würden, brachten sie ihre wertvollsten Besitzungen in diesen unter, wobei sie ihre Zuversicht damit rechtfertigten, dass jene – mit Ausnahme der Türen – nicht aus Holz waren, dass sie nicht in der Nähe irgendeines Privathauses lagen und dass sie, weil die Archive von vier Prokuratoren des Kaisers dort aufbewahrt wurden, unter militärischem Schutz standen.8 (9) Aus diesem Grund bezahlten wir eine höhere Gebühr für die Anmietung von Räumen in diesen Magazinen und brachten unsere wertvollen Besitztümer dort mit Zuversicht unter.

(10) Es kam auch für mich ein besonderer persönlicher Umstand zu dem allgemeinen hinzu: Da ich gerade dabei war, nach Kampanien zu gehen,9 hatte ich meinen Hausrat – Arzneien, Bücher und keine geringe Menge an Silbergeschirr – ins Magazin gebracht, um ihn während meiner Abwesenheit sicher zu verwahren. Die Dinge, die gerade dort gelagert waren, wurden nun zusammen mit meinen Schätzen zerstört. Dies, so sagtest Du, hättest Du selbst von anderen gehört, wolltest aber einen zuverlässigeren Bericht von mir erhalten. (11) Es schien Dir wirklich erstaunlich, dass ich über einen so vollständigen Verlust nicht bekümmert war, und Du schienst mir dies völlig richtig zu schreiben: Als ich nämlich in Kampanien von dieser Zerstörung erfahren habe, habe ich die Sache ganz leicht ertragen, ohne für einen Moment bewegt zu sein.

(12) Als ich nach Rom zurückgekommen bin, fehlte mir alles, was ich dazu brauchte, als Arzt zu arbeiten; in der kurzen Zeit des […].10 Dieser Tatsache war ich mir damals bewusst, wie ich mir ihrer auch bis heute an jedem einzelnen Tag bewusst bin, wenn ich das eine Mal ohne Buch, ein andermal ohne Instrument und dann wieder ohne Arznei dastehe, die ich doch brauche.

Aber der schlimmste Schlag bei all dem Verlust meiner Bücher ist Dir noch entgangen: Es gibt keine Hoffnung sie wiederzugewinnen, weil alle Bibliotheken auf dem Palatin11 am selben Tag abgebrannt sind. (13) Es gibt nämlich keine Möglichkeit, die seltenen Bücher und die Werke, die sonst nirgends verfügbar sind, zu finden, und ebenso wenig die Abschriften gewöhnlicher Werke, die wegen der Sorgfalt ihrer Schrift geschätzt wurden, wie die des Kallinos, des Atticus, des Peducaeus und sogar die des Aristarchos, die beiden Homere eingeschlossen, und der Platon des Panaitios und viele andere dieser Art;12 in diesen Schriften waren Dinge bewahrt, die von den oder für die Autoren kopiert worden waren, deren Namen sie trugen. Es gab auch viele Autographen der alten Grammatiker13, von Rednern, Medizinern und Philosophen.

(14) Neben diesen so zahlreichen und wichtigen Büchern verlor ich an diesem Tag auch Abschriften vieler Bücher, die infolge von Fehlern der Schreiber unklar gewesen waren, die ich aber korrigiert und transkribiert hatte, um neue Ausgaben zu erstellen. Sie waren so sorgfältig abgeschrieben, dass keine Wörter fehlten oder doppelt vorkamen, nicht einmal eine einfache oder doppelte Markierung oder eine Koronis14 war inmitten eines der Bücher eingebracht. Und was soll ich von einem Punkt oder einem Komma sagen – Du weißt, wie wichtig sie bei unklaren Passagen sind, damit jemand, der sich sorgfältig bemüht, zum Verstehen keinen Interpreten braucht. (15) So war das mit den Werken des Theophrastos, des Aristoteles, des Eudemos, des Klytos und des Phainias und den meisten des Chrysippos und allen der alten Mediziner.15

(16) Es wird Dich besonders verdrießen zu erfahren, dass ich in den Palatin-Bibliotheken16 manche Bücher gefunden hatte, die in den sogenannten Katalogen nicht beschrieben waren,17 und andererseits manche, die offenkundig nicht das Werk des Autors waren, dessen Namen sie trugen, da sie weder in der Sprache noch in den Ideen zu ihm passten. Auch gab es Schriften des Theophrastos und insbesondere seine Bücher zur Naturkunde – (17) die