Gesammelte Werke (Vollständige und illustrierte Ausgaben: Die Zeitmaschine, Die ersten Menschen im Mond, Die Insel des Dr. Moreau u.v.m.) - Herbert George Wells - E-Book

Gesammelte Werke (Vollständige und illustrierte Ausgaben: Die Zeitmaschine, Die ersten Menschen im Mond, Die Insel des Dr. Moreau u.v.m.) E-Book

Herbert George Wells

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Beschreibung

Dieses E-Book ist mit einem detaillierten und dynamischen Inhaltsverzeichnis versehen und wurde sorgfältig Korrektur gelesen.Herbert George Wells (meist abgekürzt H. G. Wells; geboren 21. September 1866 in Bromley; gestorben 13. August 1946 in London) war ein englischer Schriftsteller und Pionier der Science-Fiction-Literatur. Wells, der auch Historiker und Soziologe war, hatte seine größten Erfolge mit den beiden Science-Fiction-Romanen (von ihm selbst als "scientific romances" bezeichnet) "Der Krieg der Welten" und "Die Zeitmaschine". Wells ist in Deutschland vor allem für seine Science-Fiction-Bücher bekannt, hat aber auch zahlreiche realistische Romane verfasst, die im englischen Sprachraum nach wie vor populär sind.Inhalt der "Gesammelten Werke":- Die Zeitmaschine- Der gestohlene Bazillus und andere Geschichten- Der Traum- Die ersten Menschen im Mond- Die Insel des Dr. Moreau- Die Riesen kommen!- Ugh-Lomi

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Seitenzahl: 2038

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Inhaltsverzeichnis

Die Zeitmaschine

Einführung

Die Maschine

Der Zeitreisende kehrt zurück

Das Reisen in der Zeit

In der goldenen Zeit

Der Sonnenuntergang der Menschheit

Ein plötzlicher Schlag

Erklärung

Die Morlocken

Als die Nacht kam

Der grüne Porzellanpalast

Im Dunkel

Die Falle der weißen Sphinx

Die weitere Vision

Die Rückkehr des Zeitreisenden

Nach der Erzählung

Epilog

Der gestohlene Bazillus und andere Geschichten

Der gestohlene Bazillus

Die Triumphe eines Ausstopfers

Die Geschichte des † Mr. Elsvesham

Der Zauberladen

Das Tal der Spinnen

Peycrafts Kur

Tiefsee-Piraten

I.

II.

III.

Jimmy Goggles, der Gott

Der Gasfang

Ein Straußenhandel

Ein Nachtfalter (Genus novum)

Mr. Ledbetters Urlaub

Der gestohlene Körper

Die Äpyornis-Insel

Der Herr der Dynamos

In der Tiefe

Ein Traum von Armageddon

Der Traum

Erster Teil – Das Werden des Harry Mortimer Smith

Erstes Kapitel – Der Ausflug

1

2

3

Zweites Kapitel – Der Anfang des Traumes

1

2

3

4

5

6

Drittes Kapitel – Die Familie Smith gerät ins Unglück

1

2

3

4

5

6

Viertes Kapitel – Die Witwe Smith übersiedelt nach London

1

2

3

4

5

6

7

8

9

Zweiter Teil – Leben und Tod des Harry Mortimer Smith

Fünftes Kapitel – Fanny tritt wieder auf

1

2

3

4

5

6

7

8

9

10

11

12

Sechstes Kapitel – Eine Heirat in Kriegszeiten

1

2

3

4

5

6

7

8

Siebentes Kapitel – Liebe und Tod

1

2

3

4

5

6

7

8

9

Achtes Kapitel – Epilog

1

2

3

Die ersten Menschen im Mond

1 – Mr. Bedford lernt Mr. Cavor zu Lympne kennen

2 – Wie das Cavorit zum ersten Male gemacht wurde

3 – Der Bau der Sphäre

4 – In der Sphäre

5 – Die Fahrt zum Mond

6 – Die Landung auf dem Mond

7 – Sonnenaufgang auf dem Mond

8 – Ein Mondmorgen

9 – Das Kundschaftern beginnt

10 – Auf dem Mond verirrte Menschen

11 – Die Mondkalbweiden

12 – Das Gesicht des Seleniten

13 – Mr. Cavor stellt ein paar Vermutungen auf

14 – Experimente der Mitteilung

15 – Die schwindlige Brücke

16 – Gesichtspunkte

17 – Der Kampf in der Höhle der Mondschlächter

18 – Im Sonnenschein

19 – Mr. Bedford allein

20 – Mr. Bedford im unendlichen Raum

21 – Mr. Bedford in Littlestone

22 – Die erstaunliche Mitteilung Mr. Julius Wendigees

23 – Ein Auszug aus den sechs ersten von Mr. Cavor erhaltenen Botschaften

24 – Die Naturgeschichte der Seleniten

25 – Der Mondherrscher

26 – Die letzte Botschaft, die Cavor zur Erde sandte

Die Insel des Dr. Moreau

Einleitung

1. Im Rettungsboot der Lady Vain

2. Der Mann der nirgends hinging

3. Das unheimliche Gesicht

4. An Bord des Schoners

5. Der Mann, der nicht wußte, wohin gehen

6. Die verdächtigen Bootsleute

7. Die verschlossene Tür

8. Der Schrei des Pumas

9. Unheimliche Begegnungen

10. Der Schrei des Menschen

11. Die Jagd auf den Menschen

12. Die Sprecher des Gesetzes

13. Eine Unterredung

14. Doktor Moreau erklärt

15. Über das Tiervolk

16. Wie das Tiervolk Blut kostete

17. Eine Katastrophe

18. Moreaus Auffindung

19. Montgomerys Feiertag

20. Allein mit dem Tiervolk

21. Die Verwilderung des Tiervolks

22. Der Mensch allein

Die Riesen kommen!

Erstes Buch – Der Morgen des Nährstoffs

Die Entdeckung des Nährstoffs

I

II

III

IV

Die Experimentalfarm

I

II

III

IV

V

VI

VII

VIII

Die Riesenratten

I

II

III

IV

V

VI

VII

VIII

Die Riesenkinder

I

II

III

IV

V

VI

Die Erniedrigung Mr. Bensingtons

I

II

III

Zweites Buch – Der Nährstoff im Dorf

Der Nährstoff kommt auf

I

II

III

IV

V

VI

VII

Der Riesenbalg

I

II

III

IV

V

Drittes Buch – Die Ernte des Nährstoffs

Die veränderte Welt

I

II

III

IV

V

Das Riesenliebespaar

I

II

III

IV

V

Der junge Caddles in London

I

II

III

IV

Redwoods zwei Tage

I

II

III

IV

Das Riesenlager

I

II

III

Ugh-Lomi

Erstes Kapitel – Ugh-lomi und Uya

Zweites Kapitel – Der Höhlenbär

Drittes Kapitel – Der erste Reiter

Viertes Kapitel – Uya, der Löwe

Fünftes Kapitel – Der Kampf im Löwendickicht

Fußnoten

Die Zeitmaschine

Einführung

Der Zeitreisende (denn so werde ich am besten von ihm reden) setzte uns eine geheimnisvolle Sache auseinander. Seine grauen Augen leuchteten und zwinkerten, und sein meist blasses Gesicht war gerötet und belebt. Das Feuer brannte hell, und die weichen Strahlen des Glühlichts in den Silberlilien trafen die Bläschen, die in unseren Gläsern aufblitzten und vergingen. Unsere Stühle – von ihm erfundene Patente – umarmten und liebkosten sich eher, als daß sie auf sich sitzen ließen, und es herrschte jene üppige Nach-Tisch-Atmosphäre, da die Gedanken anmutig und frei von den Fesseln der Präzision hinlaufen. Und er stellte es folgendermaßen dar – indem er einzelnen Punkten mit einem hageren Zeigefinger Nachdruck verlieh – während wir dasaßen und träge seinen Ernst bei diesem neuen Paradoxon (wofür wir es hielten) und seine Fruchtbarkeit bewunderten.

»Sie müssen mir aufmerksam folgen. Ich werde die eine oder andere Vorstellung bekämpfen müssen, die fast allgemein angenommen ist. Die Geometrie zum Beispiel, die man Sie auf der Schule gelehrt hat, gründet sich auf einen Irrtum.«

»Ist damit anzufangen nicht etwas zuviel von uns erwartet?« sagte Filby, ein streitliebender Mann mit rotem Haar.

»Ich will von Ihnen nicht verlangen, daß Sie irgend etwas ohne vernünftigen Grund annehmen, Sie werden bald soviel zugeben, wie ich von Ihnen nötig habe. Sie wissen natürlich, daß eine mathematische Linie, eine Linie von einer Dicke nil, in Wirklichkeit nicht existiert. Das hat man Sie gelehrt? Ebensowenig eine mathematische Fläche. Das sind bloße Abstraktionen.«

»Das stimmt«, sagte der Psychologe.

»Auch ein Würfel kann, da er nur Länge, Breite und Tiefe besitzt, in Wirklichkeit nicht existieren.«

»Da erhebe ich Einspruch«, sagte Filby. »Natürlich kann ein fester Körper existieren. Alle wirklichen Dinge – –«

»Das glauben die meisten Menschen. Aber warten Sie einen Augenblick. Kann ein momentaner Würfel existieren?«

»Verstehe Sie nicht«, sagte Filby.

»Kann ein Würfel, der überhaupt keine Zeit dauert, existieren?«

Filby wurde nachdenklich. »Offenbar«, fuhr der Zeitreisende fort, »muß jeder wirkliche Körper in vier Dimensionen Ausdehnung haben: er muß Länge, Breite, Tiefe und – Dauer haben. Aber infolge einer natürlichen Schwachheit des Fleisches, die ich Ihnen im Moment erklären will, neigen wir dazu, diese Tatsache zu übersehen. Es gibt wirklich vier Dimensionen; wir nennen sie die drei Ebenen des Raumes, und eine vierte, die Zeit. Es herrscht jedoch die Neigung, zwischen den ersten drei Dimensionen und der vierten einen unwirklichen Unterschied zu machen, weil sich zufälligerweise unser Bewußtsein intermittierend vom Anfang unseres Lebens bis zum Ende der vierten Dimension entlang bewegt.«

»Das«, sagte ein sehr junger Mann, der krampfhafte Anstrengungen machte, seine Zigarre über der Lampe anzuzünden, »das ... ist wahrhaftig ganz klar.«

»Nun ist es sehr merkwürdig, daß dies in so ausgedehntem Maße übersehen wird«, fuhr der Zeitreisende mit einem leichten Anfall von Heiterkeit fort. »In Wirklichkeit meint man dies mit der vierten Dimension, obgleich manche, die von der vierten Dimension reden, nicht wissen, daß sie es meinen. Es ist nur eine andere Art, die Zeit anzusehen. Es gibt keinen Unterschied zwischen der Zeit und einer der drei Dimensionen des Raumes, außer daß sich unser Bewußtsein auf ihrer Linie bewegt. Aber einige Narren haben diese Idee auf der verkehrten Seite zu fassen bekommen. Sie haben alle gehört, was sie über diese vierte Dimension zu sagen haben?«

» Ich nicht«, sagte der Bürgermeister aus der Provinz.

»Es liegt einfach so. Vom Raum im Sinne unserer Mathematiker spricht man als von etwas, was drei Dimensionen hat, die man Länge, Breite, Tiefe nennen kann, und was stets mit Hilfe dreier Ebenen, deren jede im rechten Winkel zu den beiden anderen steht, definierbar ist. Aber einige philosophische Leute haben gefragt, warum gerade drei Dimensionen? – warum nicht noch eine Richtung, die im rechten Winkel zu den drei anderen steht? – und sie haben sogar versucht, eine vierdimensionale Geometrie zu konstruieren. Professor Simon Newcomb hat das erst vor einem Monat oder so der New-Yorker Mathematischen Gesellschaft auseinandergesetzt. Sie wissen, daß man auf einer Fläche, die nur zwei Dimensionen hat, die Figur eines dreidimensionalen Körpers darstellen kann, und ebenso, meinen Sie, könne man durch Modelle von drei Dimensionen einen von vier darstellen – wenn man nur der Perspektive der Sache Herr werden könnte. Sehen Sie?«

»Ich glaube«, murmelte der Bürgermeister aus der Provinz; und indem er die Brauen zusammenzog, versank er in sich, und seine Lippen bewegten sich wie bei einem, der mystische Worte wiederholt. »Ja, ich glaube, jetzt sehe ich's«, sagte er nach einiger Zeit und hellte vorübergehend auf.

»Nun, ich will Ihnen nicht vorenthalten, daß ich seit einiger Zeit an dieser Geometrie der vier Dimensionen gearbeitet habe. Einige meiner Resultate sind sonderbar. Hier, zum Beispiel, sehen Sie das Porträt eines Mannes im Alter von acht, ein zweites im Alter von fünfzehn, ein drittes im Alter von siebzehn, ein viertes im Alter von dreiundzwanzig Jahren, und so weiter. All das sind offenbar gleichsam Lektionen, dreidimensionale Darstellungen seines vierdimensionalen Seins, das ein festes und unveränderliches Ding ist.«

»Wissenschaftler«, fuhr der Zeitreisende nach einer Pause fort, wie sie zur rechten Assimilation seiner Worte erforderlich war, »wissen recht gut, daß die Zeit nur eine Art von Raum ist. Hier sehen Sie eine beliebte wissenschaftliche Rißzeichnung, einen Wetterbericht. Diese Linie, der ich mit meinem Finger folge, zeigt die Bewegungen des Barometers. Gestern stand es so hoch, gestern abend ist es gefallen, heute morgen wieder gestiegen und dann langsam bis hier herauf. Das Quecksilber hat doch diese Linie in keiner der allgemein anerkannten Raumdimensionen gezogen? Aber sicherlich hat es eine solche Linie gezogen, und diese Linie, müssen wir also folgern, lief die Zeitdimension entlang.«

»Aber«, sagte der Arzt, indem er eine Kohle im Feuer scharf fixierte, »wenn die Zeit wirklich nur eine vierte Raumdimension ist, wie kommt es, daß man sie als etwas anderes ansieht und immer angesehen hat? Und warum können wir uns nicht in der Zeit umherbewegen wie wir uns in den anderen Dimensionen des Raumes bewegen können?«

Der Zeitreisende lächelte. »Sind Sie so sicher, daß wir uns im Raum frei bewegen können? Rechts und links und vorwärts und rückwärts können wir uns frei genug bewegen, und das haben die Menschen auch immer getan. Ich gebe zu, wir bewegen uns in zwei Dimensionen frei. Aber auf und ab? Da beschränkt uns die Schwerkraft.«

»Nicht ganz«, sagte der Arzt. »Es gibt Ballons.«

»Aber vor den Ballons hatte der Mensch – von krampfhaften Sprüngen und den Unebenheiten der Erde abgesehen – keine Freiheit vertikaler Bewegung.«

»Immer konnten sie sich ein wenig auf und ab bewegen.«

»Leichter, weit leichter ab als auf.«

»Und in der Zeit können Sie sich gar nicht bewegen; vom gegenwärtigen Moment können Sie nicht fort.«

»Mein lieber Herr, gerade da sind Sie im Irrtum. Gerade da ist die ganze Welt im Irrtum. Wir kommen beständig vom gegenwärtigen Moment fort. Unsere geistige Existenz, die immateriell ist und keine Dimensionen hat, läuft von der Wiege bis zum Grabe mit geistförmiger Geschwindigkeit die Zeitdimension entlang. Genau, wie wir abwärts wandern würden, wenn wir unser Dasein fünfzig Meilen über der Erdoberfläche begännen.«

»Aber die große Schwierigkeit ist die«, unterbrach der Psychologe, »Sie können sich im Raum in allen Richtungen bewegen, aber Sie können sich nicht in der Zeit hin und her bewegen.«

»Das ist der Kern meiner großen Entdeckung. Aber Sie haben Unrecht, wenn Sie sagen, wir können uns in der Zeit nicht hin und her bewegen. Wenn ich mich zum Beispiel eines Ereignisses sehr lebhaft erinnere, gehe ich zum Moment seines Geschehens zurück: ich werde geistesabwesend, wie Sie sagen. Ich springe auf einen Moment zurück. Natürlich haben wir kein Mittel, irgendwie längere Zeit dahinterzubleiben, so wenig ein Wilder oder ein Tier Mittel hat, sechs Fuß über dem Boden zu bleiben. Aber ein zivilisierter Mensch ist in dieser Hinsicht besser dran als der Wilde. Er kann im Ballon gegen die Schwerkraft steigen, und warum sollte er nicht hoffen, daß er einmal werde imstande sein, seine Fahrt die Zeitdimension entlang zu unterbrechen oder zu beschleunigen oder sogar umzukehren und in entgegengesetzter Richtung zu wandern?«

»O, das«, begann Filby, »ist alles – –«

»Warum nicht?« fragte der Zeitreisende.

»Es ist gegen die Vernunft«, sagte Filby.

»Gegen welche Vernunft?« fragte der Zeitreisende.

»Sie können beweisen, daß weiß schwarz ist«, sagte Filby, »aber Sie werden mich nie überzeugen.«

»Vielleicht nicht«, sagte der Zeitreisende. »Aber Sie beginnen jetzt, das Ziel meiner Untersuchungen in der Geometrie der vier Dimensionen zu sehen. Schon vor langer Zeit ahnte ich etwas von einer Maschine – –«

»Um durch die Zeit zu reisen?« rief der sehr junge Mann.

»Die in jeder Richtung des Raumes und der Zeit fährt, wie es ihr Führer will.«

Filby begnügte sich mit Lachen.

»Aber ich habe experimentellen Beweis«, sagte der Zeitreisende.

»Das wäre für den Historiker außerordentlich bequem«, meinte der Psychologe. »Man könnte zurückreisen und zum Beispiel den anerkannten Bericht der Schlacht bei Hastings prüfen!«

»Meinen Sie nicht, Sie würden Aufmerksamkeit erregen?« sagte der Arzt. »Unsere Vorfahren waren nicht sehr duldsam gegen Anachronismen.«

»Man könnte sein Griechisch von Homers und Platos Lippen lernen«, meinte der sehr junge Mann.

»In dem Fall würden Sie im Examen sicher durchfallen. Die deutschen Gelehrten haben das Griechische so sehr verbessert.«

»Und dann die Zukunft«, sagte der sehr junge Mann, »Denken Sie nur! Man könnte all sein Geld anlegen, es mit Zinsen anstehen lassen und vorauseilen!«

»Um eine Gesellschaft zu finden«, sagte ich, »die auf streng kommunistischer Basis errichtet ist.«

»Von allen wilden, ausschweifenden Theorien!« begann der Psychologe.

»Ja, so schien es mir; und deshalb habe ich nie davon gesprochen, bis –«

»Experimenteller Beweis!« rief ich. »Sie wollen das beweisen?«

»Das Experiment!« rief Filby, der gehirnmüde wurde.

»Lassen Sie uns Ihr Experiment immerhin sehen«, sagte der Psychologe, »obgleich das alles Unfug ist, wissen Sie.«

Der Zeitreisende sah sich lächelnd im Kreise um. Dann ging er, immer noch leicht lächelnd, die Hände tief in den Hosentaschen, zum Zimmer hinaus, und wir hörten seine Schuhe den langen Gang bis zu seinem Laboratorium hinunter.

Der Psychologe blickte uns an. »Ich möchte wissen, was er gefunden hat?«

»Irgendein Taschenspielerstück«, sagte der Arzt, und Filby versuchte, uns von einem Beschwörer zu erzählen, den er zu Burslem gesehen hatte, aber ehe er noch mit seiner Vorrede fertig war, kam der Zeitreisende zurück, und Filbys Anekdote brach zusammen.

Die Maschine

Was der Zeitreisende in der Hand hielt, war ein glitzerndes Rahmenwerk aus Metall, kaum größer als eine kleine Uhr, und sehr fein gearbeitet. Es war Elfenbein daran und eine durchsichtige, kristallinische Substanz. Und jetzt muß ich ausführlich werden, denn was folgt, ist – wenn man nicht seine Erklärung annimmt, etwas absolut Unerklärliches. Er nahm einen der kleinen achteckigen Tische, die im Zimmer umherstanden, und stellte ihn vors Feuer, mit zwei Füßen auf den Kaminteppich. Auf diesen Tisch stellte er den Mechanismus. Dann zog er einen Stuhl heran und setzte sich. Der einzige andere Gegenstand auf dem Tische war eine kleine Lampe mit Lampenschirm, deren helles Licht voll auf das Modell fiel. Außerdem standen vielleicht ein Dutzend Kerzen umher, zwei davon in Messingleuchtern auf dem Kaminsims, und mehrere in Wandleuchtern, so daß das Zimmer glänzend erleuchtet war. Ich saß in einem niedrigen Sessel, dem Feuer am nächsten, und zog ihn soweit vor, daß ich fast zwischen dem Zeitreisenden und dem Kamin zu sitzen kam. Filby saß hinter ihm und sah ihm über die Schulter. Der Arzt und der Bürgermeister aus der Provinz beobachteten ihn im Profil von rechts, der Psychologe von links. Der sehr junge Mann stand hinter dem Psychologen. Wir waren alle auf dem Quivive. Es scheint mir unglaublich, daß uns unter diesen Bedingungen ein noch so fein ersonnener und noch so geschickt ausgeführter Streich gespielt werden konnte.

Der Zeitreisende sah erst uns an und dann den Mechanismus. »Nun?« sagte der Psychologe.

»Dieses kleine Ding«, sagte der Zeitreisende, indem er die Ellenbogen auf den Tisch stützte und über dem Apparat die Hände zusammendrückte, »ist nur ein Modell. Es ist mein Entwurf zu einer Maschine, um durch die Zeit zu reisen. Sie werden bemerken, daß es seltsam verquer aussieht und diese Welle dort sonderbar funkelt, gleichsam als wäre sie irgendwie unreal.« Er zeigte den Teil mit dem Finger. »Auch ist hier ein kleiner weißer Hebel und dort noch einer.«

Der Arzt stand aus seinem Stuhle auf und sah sich das Ding an. »Es ist wundervoll gearbeitet«, sagte er.

»Die Arbeit daran hat zwei Jahre gedauert«, erwiderte der Zeitreisende. Dann, als wir alle dem Beispiel des Arztes gefolgt waren, sagte er: »Jetzt möchte ich, daß Sie mich klar dahin verstehen: wenn ich diesen Hebel hinüberdrücke, so gleitet die Maschine in die Zukunft fort, und dieser Hebel kehrt die Bewegung um. Dieser Sattel ist der Sitz eines Zeitreisenden. Ich werde den Hebel gleich drücken, und die Maschine wird losgehen, Ich werde verschwinden, in die Zukunft gehen und fort sein. Sehen Sie das Ding gut an. Sehen Sie auch den Tisch an und überzeugen sich, daß kein Betrug geschieht. Ich will nicht dieses Modell verlieren und mir nachher nachsagen lassen, ich sei ein Quacksalber.«

Es trat eine Pause von vielleicht einer Minute ein. Der Psychologe schien mich anreden zu wollen, aber er gab seine Absicht auf. Dann streckte der Zeitreisende den Finger gegen den Hebel aus. »Nein«, sagte er plötzlich, »lassen Sie mir Ihre Hand.« Und er wandte sich dem Psychologen zu und nahm dessen Hand in seine und sagte ihm, er solle den Zeigefinger ausstrecken. So schickte der Psychologe selber das Modell der Zeitmaschine auf seine endlose Reise. Wir alle sahen den Hebel sich drehen. Ich bin absolut sicher, daß kein Betrug vorlag. Es entstand ein Windhauch, und die Lampe flackerte auf. Eine der Kerzen auf dem Kaminsims wurde ausgeblasen, und die kleine Maschine drehte sich plötzlich, wurde undeutlich, war vielleicht eine Sekunde lang wie ein Geist zu sehen, wie ein Wirbel schwach glitzernden Messings und Elfenbeins; und sie war fort – verschwunden. Abgesehen von der Lampe, war der Tisch leer.

Alle schwiegen eine Minute lang. Dann sagte Filby, er ließe sich hängen.

Der Psychologe erholte sich aus seiner Erstarrung und blickte plötzlich unter den Tisch. Da lachte der Zeitreisende heiter. »Nun?« sagte er mit einer Reminiszenz an den Psychologen. Dann stand er auf, ging zum Tabakkrug auf dem Kaminsims und begann sich, uns den Rücken zugekehrt, seine Pfeife zu stopfen.

Wir starrten einander an. »Hören Sie«, sagte der Arzt, »ist das Ihr Ernst? Meinen Sie im Ernst, daß diese Maschine in die Zeit gereist ist?«

»Sicherlich«, sagte der Zeitreisende und bückte Sich, um einen Fidibus am Feuer anzuzünden. Dann wandte er sich um, während er die Pfeife anzündete, und sah dem Psychologen ins Gesicht. (Der Psychologe wollte zeigen, daß er nicht aus den Angeln gehoben war, nahm sich eine Zigarre und versuchte, sie unbeschnitten anzuzünden.) »Noch mehr – ich habe da hinten« – er zeigte nach dem Laboratorium – »eine große Maschine fast fertig, und wenn sie zusammengesetzt ist, denke ich selber eine Reise zu machen.«

»Sie wollen sagen, die Maschine sei in die Zukunft gewandert?« sagte Filby.

»In die Zukunft oder die Vergangenheit – wohin, weiß ich nicht sicher.«

Nach einer Pause hatte der Psychologe eine Inspiration. »Sie muß in die Vergangenheit gewandert sein, wenn sie irgendwohin gewandert ist,« sagte er.

»Warum?« sagte der Zeitreisende.

»Weil ich annehme, daß sie sich im Raum nicht bewegt hat, und wenn sie in die Zukunft gewandert wäre, würde sie noch immer hier sein, weil sie diese Zeit hätte durchwandern müssen.«

»Aber«, sagte ich, »wenn sie in die Vergangenheit gewandert wäre, hätte sie zu sehen sein müssen, als wir in dieses Zimmer kamen, und letzten Donnerstag, als wir hier waren, und den Donnerstag davor und so fort.«

»Ernste Einwände«, bemerkte der Bürgermeister aus der Provinz mit einer Miene der Unparteilichkeit, indem er sich zum Zeitreisenden wandte.

»Keine Spur«, sagte der Zeitreisende; und zum Psychologen: »Sie denken. Sie können das erklären. Es ist eine Wahrnehmung unter der Schwelle, wissen Sie, verflüchtigte Wahrnehmung.«

»Natürlich«, sagte der Psychologe und beruhigte uns. »Das ist etwas ganz Gewöhnliches in der Psychologie. Daran hätte ich denken sollen. Das ist einfach genug und hilft dem Paradoxen wundervoll. Wir können diese Maschine so wenig sehen und wahrnehmen, wie wir die Speiche eines wirbelnden Rades oder einer Kugel, die durch die Luft fliegt, sehen können. Wenn sie fünfzig oder hundertmal so schnell durch die Zeit wandert wie wir, wenn sie eine Minute durchläuft, während wir eine Sekunde durchlaufen, so wird der Eindruck, den sie macht, natürlich auch nur ein Fünfzigstel oder ein Hundertstel von dem sein, den sie machen würde, wenn sie nicht durch die Zeit wanderte. Das ist ganz klar.« Er fuhr mit der Hand durch den Raum, wo die Maschine gestanden hatte. »Sie sehen?« sagte er lachend.

Wir saßen eine Minute oder so und starrten den leeren Tisch an. Dann fragte uns der Zeitreisende, was wir von dem allen hielten.

»Heut abend klingt alles plausibel genug«, sagte der Arzt; »aber warten Sie bis morgen. Warten Sie auf den gesunden Menschenverstand des Morgens.«

»Möchten Sie die Zeitmaschine selber sehen?« fragte der Zeitreisende. Und zugleich nahm er die Lampe und führte uns den langen Gang zu seinem Laboratorium hinunter. Ich erinnere mich lebhaft des flackernden Lichts, seines wunderlichen, breiten Kopfes in der Silhouette, des Schattentanzes, als wir ihm alle folgten, verwirrt, aber ungläubig, und wie wir dort im Laboratorium eine größere Ausgabe des kleinen Mechanismus erblickten, den wir vor unseren Augen hatten verschwinden sehen. Teile waren aus Nickel, Teile aus Elfenbein und andere waren ohne Frage aus Felskristall geschliffen und geschnitten. Die Maschine war ziemlich fertig, nur die gewundenen Kristallwellen lagen noch unvollendet auf der Bank neben einigen Zeichnungen, und ich nahm eine in die Hand, um sie besser zu betrachten. Es schien Quarz zu sein.

»Hören Sie«, sagte der Arzt, »ist es Ihnen wirklich Ernst? Oder ist es ein Trick – wie der Geist, den Sie uns vergangene Weihnachten zeigten?«

»Auf der Maschine«, sagte der Zeitreisende und hielt die Lampe hoch, »will ich die Zeit erforschen. Ist das klar? Es ist mir in meinem ganzen Leben nie mehr Ernst gewesen.«

Keiner von uns wußte recht, wie er es nehmen sollte.

Ich begegnete über der Schulter des Arztes Filbys Auge, und er blinzelte mir feierlich zu.

Der Zeitreisende kehrt zurück

Ich glaube, damals glaubte keiner von uns so recht an die Zeitmaschine. Die Sache ist die, der Zeitreisende gehörte zu jenen Männern, die zu gescheit sind, als daß man ihnen glaubt: man hatte nie die Empfindung, daß man alles um ihn sah; man vermutete stets noch einen feinen Hinterhalt, einen Scharfsinn auf der Lauer hinter seiner durchsichtigen Offenheit. Hätte Filby das Modell gezeigt und die Sache mit den Worten des Zeitreisenden auseinandergesetzt, so hätten wir ihm weit weniger Skeptizismus gezeigt. Denn wir hätten seine Motive erkannt: ein Schweineschlächter konnte Filby verstehen. Aber der Zeitreisende hatte mehr als einen Anflug von Laune in seinen Elementen, und wir mißtrauten ihm. Dinge, die den Ruhm eines weniger klugen Menschen ausgemacht hätten, erschienen in seinen Händen als Tricks. Es ist ein Fehler, die Dinge zu leicht zu tun. Die ernsten Leute, die ihn ernst nahmen, waren seines Verhaltens nie ganz sicher: irgendwie merkten sie, wenn sie ihm ihren Ruf des Urteils anvertrauten, so war das, als richte man eine Kinderstube mit Eierschalen-Chinaporzellan ein. Daher glaube ich, keiner von uns sprach in der Zwischenzeit zwischen diesem und dem nächsten Donnerstag sehr viel vom Zeitreisen, obgleich ohne Zweifel den meisten von uns die sonderbaren Möglichkeifen im Kopf herumgingen: die Plausibilität, das heißt die praktische Unglaublichkeit der Sache, die merkwürdigen Möglichkeiten des Anachronismus und der äußersten Konfusion, an die man denken mußte. Mich für meinen Teil beschäftigte besonders der Trick mit dem Modell. Darum, entsinne ich mich, sprach ich am Freitag mit dem Arzt, den ich in der Linnégesellschaft traf. Er sagte, er habe in Tübingen etwas Ähnliches gesehen, und legte besonderen Nachdruck auf das Ausblasen der Kerze. Aber wie der Trick geschah, konnte er nicht erklären.

Am nächsten Donnerstag ging ich wieder nach Richmond – ich glaube, ich war einer der regelmäßigsten Gäste des Zeitreisenden – und da ich spät ankam, so fand ich schon vier oder fünf Herren in seinem Salon versammelt. Der Arzt stand mit einem Bogen Papier in der einen, seiner Uhr in der anderen Hand vor dem Feuer. Ich sah mich nach dem Zeitreisenden um und: – »Es ist jetzt halb acht«, sagte der Arzt. »Ich denke, wir gehen besser zu Tisch.«

»Wo ist – –?« sagte ich und nannte unsern Wirt.

»Sie sind gerade gekommen? Es ist etwas merkwürdig. Er bittet mich in diesem Billet, zu Tisch zu führen, wenn er um sieben nicht zurück ist. Er ist dringend abgehalten. Sagt, er wolle erklären, wenn er kommt.«

»Es wäre schade, das Essen verderben zu lassen«, sagte der Herausgeber einer bekannten Tageszeitung; und daraufhin schellte der Doktor.

Der Psychologe war außer dem Doktor und mir der einzige, der auch auf dem vorigen Diner gewesen war. Die anderen Leute waren Blank, der erwähnte Herausgeber, ein Journalist und noch jemand – ein ruhiger, scheuer Mann mit einem Bart – den ich nicht kannte, und der, soweit meine Beobachtung ging, den ganzen Abend hindurch den Mund nicht auftat. Bei Tisch wurde ein wenig die Abwesenheit des Zeitreisenden erörtert, und ich nannte in halb scherzhaftem Sinn eine Reise in die Zeit. Der Herausgeber wollte das erklärt haben, und der Psychologe gab einen hölzernen Bericht von dem »geistreichen Paradoxon und Trick«, den wir vor einer Woche gesehen hatten. Er war mitten in seiner Auseinandersetzung, als die Tür vom Gang langsam und geräuschlos aufging, ich saß der Tür gegenüber und sah es zuerst. »Hallo!« sagte ich. »Endlich!« Und die Tür ging weiter auf, und der Zeitreisende stand vor uns. Ich stieß einen kleinen Schrei vor Überraschung aus. »Gütiger Himmel! Nanu, was ist los?« rief der Arzt, der ihn zunächst sah. Und die ganze Tafelrunde wandte sich zur Tür.

Er sah furchtbar aus. Sein Rock war staubig und schmutzig und die Ärmel herunter grün beschmiert; sein Haar war wirr, und wie mir schien, grauer – entweder von Staub und Schmutz oder weil seine Farbe wirklich geblichen war. Sein Gesicht war gespenstisch bleich; sein Kinn zeigte eine braune Wunde – einen halbgeteilten Schnitt; sein Ausdruck war verstört und eingefallen wie von intensivem Leiden. Einen Moment zögerte er in der Tür, als sei er vom Licht geblendet. Dann kam er ins Zimmer. Er hinkte genau, wie ich es bei fußwunden Landstreichern gesehen hatte. Wir starrten ihn schweigend an und erwarteten, er würde reden.

Er sagte kein Wort, sondern trat mühsam an den Tisch und machte eine Bewegung nach dem Wein. Der Herausgeber schenkte ein Glas Sekt ein und schob es ihm zu. Er leerte es, und es schien ihm gut zu tun, denn er blickte rings um den Tisch, und der Schatten seines alten Lächelns flackerte über sein Gesicht. »Was auf aller Welt haben Sie angestellt? Nanu?« sagte der Arzt. Der Zeitreisende schien nicht zu hören. »Lassen Sie sich nicht von mir stören«, sagte er mit ein wenig stotternder Artikulation. »Mir ist wohl!« Er unterbrach sich, hielt sein Glas zum Füllen hin und trank es auf einen Zug aus. »Das tut gut«, sagte er. Seine Augen wurden klarer, und in seine Backen trat wieder ein wenig Farbe. Sein Blick flackerte mit einer Art stumpfen Beifalls über unsere Gesichter und ging darin im warmen und behaglichen Zimmer umher. Dann sprach er wieder, immer noch, als fühlte er sich gleichsam in seinen Worten zurecht. »Ich will mich waschen und anziehen, und dann komme ich wieder hinunter und erkläre ... Heben Sie mir etwas von der Hammelkeule auf. Ich vergehe vor Verlangen nach einem Stück Fleisch.«

Er blickte zu dem Herausgeber hinüber, der ein seltener Gast war, und hoffte, es gehe ihm gut. Der Herausgeber begann eine Frage. »Erzähle ihnen gleich«, sagte der Zeitreisende. »Ich bin – komisch! Bin gleich fertig.«

Er setzte sein Glas hin und ging zur Tür nach dem Treppenhaus. Wieder fiel mir seine Lahmheit auf und der gedämpfte Klang seines Schrittes; ich stand auf und sah seine Füße, als er hinausging. Er hatte nichts darauf als ein Paar zerrissener, blutbefleckter Socken. Dann schloß sich die Tür hinter ihm. Ich hatte halb Lust, ihm zu folgen, doch mir fiel ein, wie er es haßte, wenn man sich zu viel um ihn kümmerte. Eine Minute vielleicht war ich zerstreut. Dann hörte ich den Herausgeber sagen: »Auffallendes Benehmen eines hervorragenden Naturwissenschafters«; er dachte (wie gewöhnlich) in Überschriften. Und das lenkte meine Aufmerksamkeit auf die helle Tafel zurück.

»Wie heißt das Spiel?« sagte der Journalist. »Hat er den Amateur-Dienstmann gespielt? Ich verstehe nichts.« Mir begegnete das Auge des Psychologen, und ich las meine eigene Deutung auf seinem Gesicht. Ich dachte an den Zeitreisenden, der mühsam die Treppe hinaufhinkte. Ich glaube nicht, daß sonst noch jemand seine Lahmheit bemerkt hatte.

Der erste, der sich vollständig von dieser Überraschung erholte, war der Arzt, der um einen neuen Teller auf die Glocke drückte – der Zeitreisende haßte es, Diener zum Servieren am Tisch zu haben. Da kehrte der Herausgeber mit einem Grunzen zu Messer und Gabel zurück, und der Schweigsame folgte seinem Beispiel. Das Diner begann von neuem. Die Konversation bestand eine Weile aus Ausrufen mit Lücken der Verwunderung; und dann wurde der Herausgeber in seiner Neugier glühend. »Ergänzt unser Freund sein bescheidenes Einkommen durch heimliche Arbeit? oder hat er seine Nebukadnezar-Phasen?« fragte er. »Ich bin überzeugt, es ist diese Sache mit der Zeitmaschine«, sagte ich und setzte den Bericht des Psychologen von unserer letzten Begegnung fort. Die neuen Gäste waren einfach ungläubig. Der Herausgeber erhob Einwände. »Was war dieses Zeitreisen? Ein Mensch kann sich nicht mit Staub bedecken, indem er sich in einem Paradoxon wälzt, wie?« Und dann, als ihm die Idee aufging, flüchtete er sich zur Karikatur. Gab es in der Zukunft keine Kleiderbürsten? Auch der Journalist wollte um keinen Preis glauben und schloß sich dem Herausgeber in der leichten Arbeit an, die ganze Sache lächerlich zu machen. Sie waren beide von der neuen Art der Journalisten – sehr lustige, unehrerbietige junge Männer. »Unser Spezialkorrespondent von übermorgen berichtet«, sagte der Journalist – oder vielmehr, er schrie es – als der Zeitreisende zurückkam. Er trug den gewöhnlichen Abendanzug, und außer seinem eingefallenen Blick blieb von der Veränderung, die mich erschreckt hatte, nichts mehr.

»Hören Sie«, sagte der Herausgeber erheitert, »diese Burschen hier behaupten, Sie seien mitten in die nächste Woche gereist! Erzählen Sie uns vom kleinen Rosebery, ja? Was wollen Sie dafür haben?«

Der Zeitreisende ging ohne ein Wort zu dem für ihn reservierten Platz. Er lächelte ruhig, auf seine alte Art. »Wo ist mein Hammelbraten?« sagte er, »Was für ein Fest es ist, einmal wieder eine Gabel in Fleisch zu stecken!«

»Erzählen!« rief der Herausgeber.

»Zum Henker mit dem Erzählen!« sagte der Zeitreisende. »Ich will essen. Ich sage kein Wort, ehe ich nicht etwas Pepton in meine Arterien bekomme. Danke. Und das Salz.«

»Ein Wort«, sagte ich. »Sind Sie in die Zeit gereist?«

»Ja«, sagte der Zeitreisende mit vollem Munde, indem er nickte.

»Ich gebe einen Schilling die Zeile für eine Verbatimnote«, sagte der Herausgeber. Der Zeitreisende schob dem Schweigenden sein Glas hin und klingelte mit seinem Fingernagel daran; worauf der Schweigende, der ihm ins Gesicht gestarrt hatte, krampfhaft zusammenfuhr und ihm Wein einschenkte. Der Schluß des Diners war ungemütlich. Mir für meinen Teil stiegen fortwährend plötzliche Fragen auf die Lippen, und ich denke, mit anderen war es ebenso. Der Journalist versuchte die Spannung zu lösen, indem er Anekdoten von Hetti Potter erzählte. Der Zeitreisende wandte alle Aufmerksamkeit dem Essen zu und entfaltete den Appetit eines Landstreichers. Der Arzt rauchte eine Zigarette und beobachtete den Zeitreisenden durch seine Augenwimpern. Der Schweigende erschien noch ungeschickter als gewöhnlich; er trank aus bloßer Nervosität mit Regelmäßigkeit und Entschlossenheit Sekt. Schließlich schob der Zeitreisende seinen Teller zurück und blickte sich unter uns um. »Ich glaube, ich muß um Verzeihung bitten,« sagte er. »Ich verhungerte einfach. Ich habe eine erstaunliche Zeit durchgemacht.« Er streckte die Hand nach einer Zigarre aus und schnitt das Ende ab. »Aber kommen Sie ins Rauchzimmer. Die Geschichte ist zu lang, um sie über schmutzigen Tellern zu erzählen.« Und indem er im Vorbeigehen auf die Glocke drückte, führte er uns ins Nebenzimmer.

»Sie haben Blank und Dash und Chose von der Maschine erzählt?« sagte er zu mir, indem er sich im Sessel zurücklehnte und die neuen Gäste nannte.

»Aber die Sache ist ein bloßes Paradoxon«, sagte der Herausgeber.

»Ich kann heute abend nicht debattieren. Ich will Ihnen die Geschichte erzählen, aber ich kann nicht debattieren. Ich will Ihnen erzählen, was mir begegnet ist, aber Sie müssen Unterbrechungen vermeiden. Ich möchte es erzählen. Schlecht. Das meiste wirkt wie gelogen. Meinetwegen. Es ist trotzdem wahr – jedes Wort davon. Ich war um vier Uhr in meinem Laboratorium, und seitdem ... habe ich acht Tage gelebt ... Tage, wie sie noch kein menschliches Wesen erlebt hat! Ich bin fast am Ende, aber ich werde nicht schlafen, bis ich Ihnen diese Geschichte zu Ende erzählt habe. Dann werde ich zu Bett gehen. Aber keine Unterbrechungen! Sind Sie einverstanden?«

»Einverstanden,« sagte der Herausgeber, und wir anderen echoten: »Einverstanden!« Und damit begann der Zeitreisende seine Geschichte, wie ich sie aufgezeichnet habe. Er setzte sich zunächst im Stuhl zurück und sprach wie ein müder Mann. Nachher wurde er lebendiger. Jetzt, wo ich es niederschreibe, fühle ich die Ohnmacht von Tinte und Feder nur zu scharf – und vor allem auch meine eigene Ohnmacht. Man liest, will ich annehmen, aufmerksam genug; aber man sieht nicht des Redenden weißes, aufrichtiges Gesicht im hellen Kreise der kleinen Lampe, und man hört nicht die Intonation seiner Stimme. Man kann nicht wissen, wie sein Ausdruck den Wendungen seiner Erzählung folgte! Die meisten von uns Zuhörern saßen im Schatten, denn im Rauchzimmer waren die Kerzen nicht angezündet, und nur das Gesicht des Journalisten und von den Knien ab die Beine des Schweigsamen waren beleuchtet. Zuerst blickten wir einander von Zeit zu Zeit an. Nach einer Weile hörte das auf, und wir sahen nur noch auf das Gesicht des Zeitreisenden.

Das Reisen in der Zeit

Einigen von Ihnen habe ich am letzten Donnerstag ein wenig von den Prinzipien der Zeitmaschine erzählt, und ich habe Ihnen das Ding selber unvollendet in der Werkstatt gezeigt. Da steht es auch jetzt; freilich, ein wenig abgenutzt; auch ist eine Elfenbeinstange zerbrochen und eine Messingschiene verbogen; aber sonst ist sie heil. Ich erwartete, ich würde sie Freitag fertig bekommen; aber als ich Freitag beinahe mit dem Zusammensetzen fertig war, fand ich, daß eine der Nickelstangen genau einen Zoll zu kurz war, und ich mußte sie neu machen lassen; so wurde die Maschine erst heute morgen fertig. Heute, gegen, zehn Uhr, begann die erste aller Zeitmaschinen ihre Karriere. Ich legte die letzte Hand an, sah noch einmal alle Schrauben nach, tat noch einen Tropfen Öl auf die Quarzstange und setzte mich auf den Sattel. Ich vermute, ein Selbstmörder, der sich die Pistole an den Schädel hält, muß ungefähr ebenso fragen wie ich, was nun kommen werde. Ich nahm den Vorwärtshebel in die eine, den Rückwärtshebel in die andere Hand, preßte den einen und faßte sofort auch den anderen. Mir war, ich drehte mich; ich hatte die Alpempfindung des Fallens; und als ich mich umsah, sah ich das Laboratorium genau wie vorher. War irgend etwas geschehen? Einen Moment lang argwöhnte ich, mein Intellekt habe mich betrogen. Dann sah ich auf die Uhr. Einen Moment zuvor, wie es schien, hatte sie noch etwa eine Minute nach zehn gestanden. Jetzt war sie fast halb vier.

Ich holte Atem, biß die Zähne zusammen, faßte den Vorwärtshebel mit beiden Händen und ging mit einem dumpfen Schlag los. Das Laboratorium wurde neblig und dunkel. Mrs. Watchett kam herein und ging, offenbar ohne mich zu sehen, zur Gartentür. Sie wird wohl eine Minute oder so gebraucht haben, um durchs Zimmer zu gehen, aber mir kam es vor, als schösse sie wie eine Rakete hindurch, Ich drückte den Hebel zu seiner äußersten Lage hinüber. Die Nacht kam, wie wenn man eine Lampe ausbläst, und im nächsten Moment kam der Morgen. Das Laboratorium wurde blaß und verschwommen, dann blasser und immer blasser. Hierauf kam schwarze Nacht, dann wieder Tag, wieder Nacht, wieder Tag, schneller und immer noch schneller. Ein wirbelndes Murmeln füllte mir die Ohren und eine seltsame dumpfe Verwirrung senkte sich auf meinen Geist.

Ich fürchte, die eigenartigen Sensationen des Reisens in der Zeit kann ich nicht klarmachen. Sie sind außerordentlich unangenehm. Man hat ein Gefühl wie auf der Rutschbahn – ein Gefühl hoffnungsloser, jäher Bewegung! Ich hatte auch dasselbe furchtbare Gefühl eines drohenden Zusammenstoßes. Als ich die Geschwindigkeit vermehrte, folgte die Nacht dem Tage wie das Schlagen eines schwarzen Flügels. Dann schien die dunkle Andeutung des Laboratoriums von mir abzufallen, und ich sah die Sonne über den Himmel hüpfen: jede Minute sprang sie hinüber, und jede Minute war ein Tag. Ich dachte mir, das Laboratorium sei zerstört und ich sei in die freie Luft hinausgekommen. Ich hatte eine dunkle Empfindung des Stürzens, aber ich ging schon zu schnell, um mir noch sich bewegender Dinge bewußt zu werden. Die langsamste Schnecke, die jemals kroch, raste zu schnell an mir vorbei. Die, blinkende Folge von Dunkelheit und Licht war fürs Auge außerordentlich schmerzhaft. Dann sah ich in den dunklen Intervallen den Mond schnell durch seine Viertel spinnen, vom Neumond bis zum Vollmond, und dunkel sah ich die kreisenden Sterne. Dann wurde, als ich immer noch an Geschwindigkeit gewann, das Zucken von Tag und Nacht zu einer kontinuierlichen Grauheit; der Himmel nahm eine wundervolle Tiefe des Blaus an, eine glänzende, leuchtende Farbe gleich der des frühen Zwielichts; die springende Sonne wurde ein Feuerstreif, ein glänzender Bogen im Raum; der Mond ein schwächeres, fluktuierendes Band; und von den Sternen konnte ich nichts mehr sehen als hin und wieder einen helleren Kreis, der im Blau aufzitterte.

Die Landschaft war neblig und unbestimmt. Ich war noch auf dem Bergabhang, wo jetzt dieses Haus steht, und der Vorsprung des Hügels erhob sich grau und unbestimmt über mir. Ich sah Bäume wie Dampfstrahlen wachsen und sich ändern; jetzt braun, jetzt grün: sie wuchsen, breiteten sich aus, zerbrachen und verschwanden. Ich sah große Gebäude sich matt und schön erheben und wie Träume schwinden. Die ganze Oberfläche der Erde schien verändert – unter meinen Augen zu schmelzen und zu zerfließen. Die kleinen Zeiger auf den Zifferblättern, die meine Geschwindigkeit angaben, rasten rascher und rascher herum. Dann sah ich, daß der Sonnengürtel in einer Minute, oder weniger von Wendekreis zu Wendekreis auf und nieder schwankte, und daß also meine Geschwindigkeit über ein Jahr in der Minute betrug; und Minute für Minute blitzte der weiße Schnee über die Welt und verschwand, und ihm folgte das helle, kurze Grün des Frühlings.

Die unangenehmen Empfindungen des Aufbruchs waren jetzt weniger aufdringlich. Sie versanken schließlich in einer Art hysterischer Heiterkeit. Ich bemerkte freilich ein schwerfälliges Schwanken der Maschine, das zu erklären ich außerstande war, Aber mein Geist war zu verwirrt, um darauf zu achten, und so warf ich mich mit einer Art Wahnsinn, der mich überkam, in die Zukunft. Erst dachte ich kaum daran, aufzuhören; ich dachte kaum an anderes als diese neuen Empfindungen. Aber dann stieg in meinem Geist eine neue Reihe von Eindrücken empor – eine gewisse Neugier und zugleich eine gewisse Angst – bis sie mich schließlich ganz in Besitz nahmen. Welche seltsamen Entwicklungen der Menschheit, welche wundervollen Fortschritte gegen unsere rudimentäre Zivilisation, dachte ich, mußten sich nicht herausstellen, wenn ich näher in die dunkle, flüchtige Welt hinausschaute, die vor meinen Augen raste und pochte! Ich sah große und glänzende Architektur um mich aufsteigen, massiver als irgendwelche Gebäude unserer Zeit, und doch, wie es schien, aus Glimmern und Nebel gebaut. Ich sah ein reicheres Grün den Hügelhang herauffließen und ohne winterliche Unterbrechung bleiben. Selbst durch den Schleier meiner Verwirrung erschien mir die Erde sehr schön. Und so kam ich auf den Gedanken, halt zu machen.

Die besondere Gefahr lag in der Möglichkeit, daß ich in dem Raum, den ich oder die Maschine einnahm, auf Substanz stoßen würde. Solange ich mit großer Geschwindigkeit durch die Zeit fuhr, machte das nichts aus: ich war sozusagen verdünnt – schlüpfte wie ein Dunst durch die Interstizien dazwischenliegender Substanzen! Aber wenn ich anhielt, so mußte ich mich Molekül für Molekül in alles hineinquetschen, was mir etwa im Wege lag: ich mußte meine Atome mit denen des Hindernisses in so intime Berührung bringen, daß eine tiefe chemische Reaktion – womöglich eine weitreichende Explosion – erfolgen und mich und meinen Apparat aus allen möglichen Dimensionen heraus – ins Unbekannte schleudern mußte. Diese Möglichkeit hatte sich mir immer wieder vorgestellt, als ich die Maschine machte; aber da hatte ich sie freudig als eine unvermeidliche Gefahr hingenommen – eine von den Gefahren, die ein Mann auf sich nehmen muß! Jetzt, da ich der Gefahr nicht mehr entgehen konnte, sah ich sie nicht mehr in dem freudigen Licht. Die Sache war die, unmerklich hatte die absolute Fremdartigkeit von allem, das elende Brummen und Schwanken der Maschine und vor allem die Empfindung beständigen Fallens meine Nerven vollständig in Unordnung gebracht. Ich sagte mir, ich werde nie anhalten können, und in einem Anfall von Eigenwillen beschloß ich sofort anzuhalten. Wie ein ungeduldiger Narr zog ich den Hebel herüber, und unaufhaltsam überschlug sich das Ding, und ich flog kopfüber durch die Luft.

In meinen Ohren dröhnte es wie Donner. Ich war vielleicht einen Moment betäubt. Ein erbarmungsloser Hagel zischte um mich, und ich saß auf weicher Wiese vor der umgestürzten Maschine. Alles schien noch grau, aber bald merkte ich, daß die Verwirrung in meinen Ohren aufgehört hatte. Ich sah mich um. Ich saß auf Gras, das ein kleiner Rasen in einem Garten zu sein schien; er war von Rhododendronbüschen umgeben, und ich sah, daß ihre violetten und purpurnen Blüten sich unter dem Schlag der Hagelkörner senkten. Der springende, tanzende Hagel hing an einer kleinen Wolke über der Maschine und trieb wie Rauch über den Boden hin. In einem Moment war ich bis auf die Haut naß. ›Schöne Gastfreundschaft‹, sagte ich, ›gegen einen Mann, der unzählige Jahre durchreist hat, um euch zu sehen.‹

Alsbald dachte ich, welch ein Narr ich war, mich durchnässen zu lassen. Eine kolossale Gestalt, offenbar aus irgendeinem weißen Stein gemeißelt, ragte undeutlich durch den nebligen Guß über den Rhododendren auf. Aber sonst war nichts von der Welt zu sehen.

Meine Empfindungen würden schwer zu schildern sein. Als die Hagelsäulen dünner wurden, sah ich die weiße Gestalt deutlicher. Sie war sehr groß, denn eine Silberbirke reichte ihr bis an die Schulter. Sie war aus weißem Marmor, an Gestalt etwa wie eine geflügelte Sphinx, aber die Flügel trug sie nicht vertikal an den Seiten, sondern ausgebreitet, so daß sie zu schweben schien. Das Piedestal, schien mir, war aus Bronze, und es war dick mit Grünspan bedeckt. Das Gesicht war mir zugewendet; die blinden Augen schienen mich zu beobachten; auf den Lippen lag der leichte Schatten eines Lächelns. Sie war sehr verwittert, und das machte den unangenehmen Eindruck der Krankheit. Ich stand und sah sie eine kleine Weile an – vielleicht eine halbe Minute oder eine halbe Stunde. Sie schien vorzurücken und zurückzuweichen, je nachdem der Hagel dichter oder dünner vor ihr niederging. Schließlich zog ich die Augen einen Moment von ihr ab und sah, daß der Hagelvorhang fadenscheinig geworden war und daß der Himmel sich mit einem Versprechen des Sonnenscheins aufhellte.

Ich sah wieder zu der kauernden weißen Gestalt empor, und mich überkam plötzlich die ganze Vergangenheit meiner Reise. Was mochte erscheinen, wenn dieser neblige Vorhang ganz zurückgezogen war? Was konnte nicht mit den Menschen geschehen sein? Wie, wenn die Grausamkeit zu einer gewöhnlichen Leidenschaft geworden war? Wie, wenn das Geschlecht in der Zwischenzeit seine Mannhaftigkeit eingebüßt und sich zu etwas Unmenschlichem, Unsympathischem und überwältigend Mächtigem entwickelt hatte? Ich mochte als ein wildes Tier aus der alten Welt erscheinen, nur um so furchtbarer und widriger wegen einer Ähnlichkeit – ein ekliges Geschöpf, das man alsbald erschlagen mußte.

Schon sah ich andere Gestalten – gewaltige Gebäude mit verschlungenen Brustwehren und großen Säulen und einen bewaldeten Hügelhang durch den sich legenden Hagelsturm undeutlich gegen mich herankriechen. Mich ergriff panische Furcht. Ich wandte mich wie wahnsinnig zur Zeitmaschine und versuchte, sie wieder aufzurichten. Und als ich das tat, schlugen die Strahlen der Sonne durch den Gewitterguß. Der graue Hagel wurde beiseite gefegt und verschwand wie das schleppende Kleid eines Geistes, über mir wirbelten im intensiven Blau des Sommerhimmels einige schwache, braune Wolkenfetzen in das Nichts. Die großen Bauten um mich standen klar und deutlich da und glänzten von der Nässe des Gewittergusses. Ich fühlte mich, wie sich ein Vogel in klarer Luft fühlen mag, wenn er weiß, daß der Falke über ihm schwebt und zupacken wird. Meine Angst wurde zum Wahnsinn. Ich holte Luft, biß die Zähne aufeinander und rang noch einmal wild mit Hand und Knie an der Maschine. Sie gab unter meinem verzweifelten Angriff nach und drehte sich um. Sie schlug mir heftig gegen das Kinn. Eine Hand auf dem Sattel, die andere auf dem Hebel, so stand ich schwer atmend in der Stellung da, um wieder aufzusteigen.

Aber mit dieser Möglichkeit schnellen Rückzugs gewann ich auch meinen Mut zurück. Ich blickte mit mehr Neugier und weniger Furcht auf diese Welt der fernen Zukunft. In einer kreisrunden Öffnung hoch oben in der Mauer des näheren Hauses sah ich eine Gruppe von in reiche, weiche Gewänder gekleideten Gestalten. Sie hatten mich gesehen, und ihre Gesichter waren mir zugewandt.

Dann hörte ich Stimmen sich mir nahen. Durch die Büsche bei der weißen Sphinx kamen Köpfe und Schultern laufender Männer. Einer von ihnen tauchte auf einem Pfad auf, der geradeswegs zu dem kleinen Rasen führte, auf dem ich mit meiner Maschine stand. Es war ein kleines Geschöpf – vielleicht vier Fuß hoch – in eine purpurne Tunika gekleidet, über den Hüften mit einem Ledergürtel gegürtet. An seinen Füßen trug er Sandalen oder Schuhe – ich konnte es nicht deutlich sehen; seine Beine waren bis zu den Knien nackt und sein Kopf unbedeckt. Als ich das sah, merkte ich zum erstenmal, wie warm die Luft war.

Er erschien als ein sehr schönes und anmutiges Geschöpf, aber als unbeschreiblich zerbrechlich. Sein gerötetes Gesicht erinnerte mich an die schönere Art von Schwindsüchtigen – an jene hektische Schönheit, von der wir soviel haben zu hören bekommen. Bei seinem Anblick gewann ich plötzlich meine Zuversicht zurück. Ich nahm die Hände von der Maschine.

In der goldenen Zeit

Im nächsten Moment standen wir uns gegenüber, ich und dieses zerbrechliche Geschöpf aus der Zukunft. Es kam direkt auf mich zu und lachte mir in die Augen. Daß in seiner Haltung jedes Zeichen von Furcht fehlte, fiel mir sofort auf. Dann wandte er sich zu den beiden anderen, die ihm folgten, und sprach mit ihnen in einer fremden und sehr lieblichen flüssigen Sprache.

Es kamen noch mehr, und bald umstand mich eine Gruppe von vielleicht acht oder zehn dieser feinen Geschöpfe. Einer von ihnen redete mich an. Merkwürdig genug, mir kam der Gedanke; meine Stimme sei für sie zu hart und tief. Also schüttelte ich den Kopf, zeigte auf meine Ohren und schüttelte ihn wieder. Er trat einen Schritt vor, zögerte, und berührte dann meine Hand. Dann fühlte ich mehr kleine, weiche Taster auf Rücken und Schultern. Sie wollten sich überzeugen, daß ich wirklich war. All das war durchaus nicht besorgniserregend. Ja, irgend etwas in diesen hübschen, kleinen Leuten flößte Vertrauen ein – eine anmutige Weichheit, eine gewisse kindliche Unbefangenheit. Und außerdem sahen sie so gebrechlich aus, daß ich mir vorstellen konnte, wie ich das ganze Dutzend von ihnen wie Kegel umwarf. Aber ich machte eine plötzliche Bewegung, um sie zu warnen, als ich ihre kleinen, rosigen Hände nach der Zeitmaschine tasten sah. Zum Glück dachte ich da, ehe es zu spät war, an eine Gefahr, die ich bisher vergessen hatte, und indem ich über den Rahmen der Maschine griff, schraubte ich die kleinen Hebel los, die sie in Bewegung setzten, und steckte sie in die Tasche. Dann drehte ich mich wieder um, um zu sehen, was sich zu einer Verständigung tun ließ.

Und dann blickte ich ihnen genauer in ihre Züge und sah einige weitere Besonderheiten ihres Meißener-Porzellan-Typus der Schönheit. Ihr Haar, das durchweg lockig war, hörte auf Hals und Backen scharf auf; im Gesicht war nicht die geringste Spur davon vorhanden, und ihre Ohren waren merkwürdig klein. Der Mund war klein, mit leuchtendem Rot und ziemlich dünnen Lippen, und das kleine Kinn lief in eine Spitze aus. Die Augen waren groß und mild; und – das mag als Egoismus meinerseits erscheinen – mir war sogar, als ließen sie es an dem Interesse fehlen, das ich von ihnen hätte erwarten können.

Da sie keinen Versuch machten, sich mit mir zu verständigen, sondern einfach lächelnd um mich standen und in weichen Tönen miteinander girrten, so begann ich die Unterhaltung. Ich zeigte auf die Zeitmaschine und auf mich. Dann zögerte ich einen Moment, wie ich die Zeit ausdrücken sollte, und zeigte auf die Sonne. Sofort folgte eine altfränkisch hübsche, kleine Gestalt in scheckigem Purpur und Weiß meiner Geste und erstaunte mich dann, indem sie den Schall dos Donners nachahmte.

Einen Moment wurde ich schwankend, obgleich der Sinn seiner Antwort klar genug war. Mir war plötzlich die Frage gekommen: Sind diese Geschöpfe Narren? Vielleicht verstehen Sie kaum, wie sie mir kam. Aber sehen Sie, ich hatte immer angenommen, die Leute aus dem Jahre Zweitausendachthundert und so weiter würden uns an Wissen, Kunst und allem unglaublich voraus sein. Und nun stellte mir einer von ihnen plötzlich eine Frage, die ihn auf dem intellektuellen Niveau unserer Fünf-Jahr-alten Kinder zeigte – und fragte mich, ob ich im Gewitter von der Sonne gekommen sei? Ich ließ das Urteil los, das ich über ihre Kleider, ihre dünnen, leichten Glieder und zerbrechlichen Züge zurückgehalten hatte. Eine Flut der Enttäuschung stürzte mir durch den Geist. Einen Moment lang empfand ich, daß ich die Zeitmaschine vergebens gebaut hatte.

Ich nickte, zeigte auf die Sonne und ahmte ihnen einen Donnerschlag so lebendig nach, daß es sie erschreckte. Sie traten alle einen Schritt oder so zurück und verbeugten sich. Dann trat einer lachend mit einer Kette von schönen Blumen, die mir ganz neu waren, zu mir hin und hängte sie mir um den Hals. Der Gedanke wurde mit melodischem Applaus aufgenommen, und alsbald liefen sie alle nach den Blumen hin und her und bewarfen mich lachend damit, bis ich unter Blüten fast erstickte. Sie haben nie etwas Ähnliches gesehen und können sich kaum vorstellen, was für zarte und wundervolle Blumen zahllose Jahre der Kultur geschaffen hatten. Dann regte einer an, ihr Spielzeug solle im nächsten Gebäude gezeigt werden, und so wurde ich an der Sphinx aus weißem Marmor vorbei, die mich die ganze Zeit mit einem Lächeln über mein Staunen beobachtet zu haben schien, zu einem großen grauen Gebäude aus durchbrochenem Stein geführt. Als ich mit ihnen ging, trat mir mit unwiderstehlicher Heiterkeit die Erinnerung an meine zuversichtlichen Prophezeiungen von einer tief ernsten und intellektuellen Nachwelt vor die Seele.

Das Gebäude hatte einen riesigen Eingang und war überhaupt von kolossalen Dimensionen. Mich beschäftigten natürlich am meisten die wachsende Menge kleiner Leute und die großen offenen Portale, die mir schattenhaft und geheimnisvoll entgegengähnten. Mein Haupteindruck von der Welt, die ich über ihren Köpfen sah, war der einer verwirrten Wüste von wundervollen Büschen und Blumen, der eines lange vernachlässigten und doch von Unkraut rein gebliebenen Gartens. Ich sah eine Anzahl hoher Ähren von seltsamen, weißen Blumen, die vielleicht quer über der Fläche der wächsernen Blütenblätter einen Fuß maßen. Sie wuchsen zerstreut, wie wild unter mancherlei Büschen, aber wie gesagt, ich untersuchte sie nicht weiter. Die Zeitmaschine blieb auf dem Rasen zwischen den Rhododendren zurück.

Der Torbogen war mit reicher Skulptur geschmückt, aber natürlich sah ich die Arbeit nicht sehr genau an, obgleich ich im Durchgehen Erinnerungen an altphönizische Dekorationen zu bemerken meinte und mir auffiel, daß sie sehr mitgenommen und verwittert waren. Mehrere heller gekleidete Leute traten mir im Torweg entgegen, und so gingen wir hinein – ich in schmutzige Kleider des neunzehnten Jahrhunderts gekleidet, grotesk genug, mit Blumen bekränzt, umgeben von einer wirbelnden Masse heller, reichfarbiger Gewänder und leuchtender Glieder, in einem melodischen Tanz des Lachens und lachender Rede.

Das große Tor führte in eine entsprechend große, braunbehangene Halle. Das Dach lag im Schatten, und die zum Teil mit farbigem Glas versehenen und die zum Teil unverglasten Fenster ließen ein mildes Licht ein. Der Boden bestand aus ungeheuren Blöcken eines sehr harten, weißen Metalls, keinen Platten-Blöcken, und er war so abgenutzt – wie ich meinte, durch das Hin- und Hergehen vergangener Generationen – daß die häufiger betretenen Wege zu tiefen Kanälen geworden waren. Quer zur Länge standen unzählige Tische, die, aus Platten polierten Steins gemacht, vielleicht vom Boden einen Fuß hoch und mit Haufen von Früchten besetzt waren. Einige erkannte ich als eine Art überzüchteter Himbeeren und Orangen, die meisten waren mir fremd.

Zwischen den Tischen war eine große Zahl Kissen ausgebreitet. Auf diese setzten meine Führer sich und winkten mir, das gleiche zu tun. Mit einer hübschen Abwesenheit jeder Zeremonie begannen sie die Früchte aus den Händen zu essen, indem sie Schale und Stengel und so weiter in die runden Öffnungen an den Tischseiten warfen. Ich ließ mich nicht zweimal bitten, denn ich war hungrig und durstig. Dann überblickte ich die Halle mit Muße.

Und was mir vielleicht am meisten auffiel, das war ihr verfallenes Aussehen. Die bunten Glasfenster, die nur geometrische Muster zeigten, waren an vielen Stellen zerbrochen, und die Vorhänge, die vor dem unteren Ende hingen, waren dick mit Staub bedeckt. Und es fiel meinem Auge auf, daß die Ecke des nächsten Marmortisches gebrochen war. Trotzdem war der Gesamteindruck außerordentlich reich und malerisch. Es aßen vielleicht ein paar hundert Leute in der Halle, und die meisten setzten sich mir so nahe sie kommen konnten und beobachteten mich mit Interesse; ihre kleinen Augen leuchteten über den Früchten, die sie aßen. Alle waren in das weiche und doch starke, seidige Material gekleidet.

Früchte waren, nebenbei, ihr einziges Gericht. Diese Leute der fernen Zukunft waren strenge Vegetarier, und solange ich bei ihnen war, mußte auch ich trotz einigen fleischlichen Verlangens Fruchtesser sein. Ich fand sogar später, daß Pferde, Rinder, Schafe und Hunde dem Ichthyosaurus in die Ausstellung gefolgt waren. Aber die Früchte waren sehr angenehm; besonders eine, die, als ich dort war, ihre Zeit zu haben schien – ein mehliges Ding in dreikantiger Hülse – war gut, und ich machte sie zu meiner Hauptnahrung. Zuerst verwirrten mich alle diese fremden Früchte und die fremden Blumen, die ich sah, aber später begann ich ihre Bedeutung einzusehen.

Doch ich erzähle Ihnen jetzt von meinem Obstdiner in der fernen Zukunft. Sobald mein Appetit ein wenig gestillt war, beschloß ich, einen entschlossenen Versuch zu machen und die Sprache dieser meiner neuen Menschen zu lernen. Die Früchte schienen ein passendes Thema zum Anfang, und indem ich eine davon hochhielt, begann ich eine Reihe von fragenden Lauten und Gesten. Ich fand es außerordentlich schwer, klarzumachen, was ich meinte. Zuerst trafen meine Bemühungen auf überraschte Blicke oder unlöschbares Gelächter, aber dann schien ein blondhaariges, kleines Geschöpf meine Absicht zu begreifen und wiederholte einen Namen. Sie hatten untereinander lange zu plappern, sich die Sache auseinanderzusetzen, und meine ersten Versuche, ihre feinen, kleinen Sprachtöne zu sprechen, erregten ungeheures, unverhohlenes, wenn auch unhöfliches Vergnügen. Aber ich fühlte mich wie ein Lehrer unter Kindern und blieb standhaft, und bald hatte ich wenigstens einige zwanzig Substantiva zur Verfügung; und dann versuchte ich Pronomen zu demonstrieren, und sogar das Verbum ›essen‹. Aber es war langsame Arbeit, und die kleinen Leute waren bald müde und wollten meine Fragen los sein, und so beschloß ich, ziemlich gezwungenerweise, ihnen ihre Lektionen in sehr kleinen Dosen zu geben, wenn sie Lust hatten. Und sehr bald fand ich, daß es wirklich sehr kleine Dosen sein mußten, denn ich bin nie indolenteren (oder schneller müde werdenden) Leuten begegnet.

Der Sonnenuntergang der Menschheit

Etwas Wunderliches entdeckte ich bald an meinen kleinen Wirten, und das war ihr Mangel an Interesse. Sie kamen wohl wie Kinder mit gierigen Rufen des Staunens zu mir, aber bald hörten sie auf, mich zu prüfen, und liefen einem anderen Spielzeug nach. Als das Essen und die Anfänge meiner Konversation zu Ende waren, bemerkte ich zum erstenmal, daß alle, die mich zuerst umgeben hatten, fort waren. Auch das ist merkwürdig, wie bald ich diese kleinen Leute nicht mehr beachtete. Ich traf fortwährend mehr von diesen kleinen Menschen der Zukunft, und sie folgten mir in einem kleinen Abstand, schwätzten und lachten über mich und überließen mich meinen eigenen Plänen, sobald sie mich freundlich angelächelt und angestikuliert hatten.

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