Geschichten, die Irokesen ihren Kindern erzählen - Wolfgang Buddrus - E-Book

Geschichten, die Irokesen ihren Kindern erzählen E-Book

Wolfgang Buddrus

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Beschreibung

Mabel Powers (1872-1966) war eine »weiße Indianerin«. Sie sammelte bei den irokesischen Stämmen in Nordosten der USA Geschichten, die ihr von alten und sehr alten Indianern erzählt wurden, die diese wiederum von ihren Eltern gehört hatten. Es sind Geschichten aus einer Zeit vor vielen, vielen Monden, als Tiere und Menschen einander noch verstanden. Die Auswahl der Geschichten und Märchen, die 1917 erstmals erschien und immer wieder nachgedruckt wurde, widmete Mabel Powers »allen Kindern, die Wie und Warum fragen, insbesondere den Roten Kindern«. Das Buch enthält zahlreiche (auch farbige) Illustrationen irokesischer Künstler. Nach genau 100 Jahren liegt hier eine deutsche Übersetzung vor.

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Seitenzahl: 137

Veröffentlichungsjahr: 2017

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Denen, die mit staunenden Augen sehen,

und den weißen Kindern,

die noch an Feen glauben,

sind diese Geschichten mit Liebe gewidmet.

INHALT

Danksagung

Vorwort der Chiefs

Ein paar Erklärungen des Übersetzers

E

INFÜHRUNG

Wie die Geschichten entstanden sind

Warum ich die Geschichtenerzählerin genannt wurde

Die Kleinen Leute

Zeit zum Geschichtenerzählen

Wie die Irokesen Dank sagen

Ein Feuermacher und ein Friedensstifter

I

ROKESISCHE

W

UNDERGESCHICHTEN

Wie der weiße Mann kam

Warum der Adler Amerikaner verteidigt

Wie der Truthahngeier sein Kleid erhielt

Warum das Rebhuhn trommelt

Wie die Indianer das Heilen lernten

Warum Hunde Füchse jagen

Warum die Einsiedlerdrossel so scheu ist

Wie Gut und Böse entstanden sind

Wie ein Junge von der Prahlerei geheilt wurde

Warum der Kuckuck so faul ist

Wie der Waschbär den Fuchs überlistete

Warum der Goldzeisig wie die Sonne aussieht

Was die Esche und der Ahorn lernten

Wie die Frau den Bären besiegte

Warum der Specht nach seiner Nahrung bohrt

Warum das Eisdach einstürzte

Warum das Streifenhörnchen schwarze Streifen hat

Wie zwei Indianerjungen einen Streit beilegten

Wie Mäuse die Krieger besiegten

Warum Krähen arm sind

Warum der Indianer seinen Hund liebt

Greedy Fawn und der Brei

Warum Jagdhunde andere Tiere hinter sich lassen

Warum Indianer niemals Tauben schießen

Wie Old Man Winter zurückgetrieben wurde

Warum Blitze manchmal treffen

Warum der Hase eine gespaltene Lippe und einen kurzen Schwanz hat

Maispflanze und Bohnen-Mädchen

Wie das Rotkehlchen sich die Brust verbrannte

I

ROKESISCHE

M

ÄRCHEN

Wie Morgenstern ihre Fische verlor

Wie Kleiner Schütze sein Glück verlor

Wie ein Indianerjunge seinen Namen gewann

Wie die Feen ihre magischen Kräfte zeigten

M

ABEL

P

OWERS

DIE

A

UTORIN

DANKSAGUNG

Wenn die Roten Kinder die Autorin nicht an den Feuern ihrer Wigwams willkommen geheißen hätten, hätten diese Geschichten, die die Irokesen ihren Kindern erzählen, nicht nacherzählt werden können. Mit ein, zwei Ausnahmen stammen diese Geschichten aus dem Munde der Indianer selbst.

Die Autorin ist sehr dankbar

ARTHUR C. PARKER – Ga wa so wa neh – für seine sorgfältige Durchsicht der Geschichten und für die Hilfe bei der Sicherung authentischer irokesischer Illustrationen

und den folgenden Geschichtenerzählern, die sie so herzlich in ihren Wigwams begrüßt und ihr die Geschichten erzählt haben.

E

DWARD

C

ORNPLANTER

(So son do wah – „Great Night“)

Seneca Wolf

W

ILLIAM

P

ATTTERSON

(Ga reh hwonts – „Power has come down“)

Tuscarora Deer

M

OSES

S

HONGO

(Ho non da a suh – „Keeper of the hills“)

Seneca Wolf

C

LIFFORD

S

HONGO

(Ouhn yah dah go – „Very dark blue sky“

Seneca Wolf

C

HARLES

D

OXON

(Ho squa sa ga dah – „Woodsman“)

Onondaga Turtle

D

ANIEL

G

EORGE

(Jo ha a ga dah – „Roadscraper“=

Onondaga Eel

M

ARY

P

RINTUP

(Wah le sa loh)

Mohawk Snipe

D

AN

W

ILLIAMS

(Oh geh rah u reh ru ha ne – „Running Bear!)

Tuscarora Bear

E

LI

H

ENRY

Tuscarora Deer

H

ARRIETT

P

EMBLETON

(Gah do rehn tah – „Dropping Husks“)

Tuscarora Turtle

A

MOS

K

ILLBUCK

(Har neh a oh – „He has forsaken early dawn“)

Seneca Heron

A

LFRED

J

IMESON

(Har wen do dyoh –

Seneca

„Hatchet in his hands“)

Wolf

W

ILLIAM

H

OAG

(O no nah – „Very cold“)

Seneca Wolf

E

LLEN

P

IERCE

S

HONGO

(Yea wen noh aih – The high word“

Seneca Wolf

B

APTIST

T

HOMAS

(Sa ha whe – „Long feather“)

Onondaga Turtle

A

LBERT

C

USICK

(Sha go na qua da – „Made them mad“)

Onondaga Eel

T

HEODORE

J

IMESON

(Jah o yah)

Seneca Snipe

D

AVID

W

ARRIOR

( Dwen o gwah)

Cayuga White Heron

W

ILLETT

J

IMESON

(So i as ah – „Owner of fine cornstalks“

Seneca Wolf

N

ANCY

G

REYSQUIRREL

(Gah gwah tah – „One who lifts“)

Seneca Bear

E

MILY

T

ALLCHIEF

(Gi das was – „Wind blowing through corn“)

Seneca Turtle

L

OUISE

P

IERCE

L

OGAN

(Ga yah was – „The quivering heaven“

Seneca Wolf

T

HOMAS

J

ONES

(Gah ne yehs – „The dropping snow“)

Seneca Wolf

VORWORT

Einst besaßen unsere Väter das Land des Staates New York. Einst waren die Irokesen ein großes Volk. Ihre Ratsfeuer brannten vom Hudson in Osten bis zum Erie-See im Westen, von der aufgehenden bis zur untergehenden Sonne. Dann kam der Weiße Mann. Er bat um einen kleinen Sitzplatz von der Größe einer Büffelhaut. Er nahm ein immer größeres Stück, bis die Indianer nur noch einen kleinen Platz zum Sitzen hatten.

Nun ist nur noch wenig übrig für uns, bis auf die Geschichten unserer Väter. Auch sie werden bald verloren und vergessen sein, aber es hat sich eine Stimme erhoben, um für uns zu sprechen. Yeh sen noh wehs – diejenige, die die Geschichten erzählt – wird die Geschichten unserer Väter zu den Bleichgesichtern tragen. Sie wird dem Weißen Mann helfen, den Indianer zu verstehen. Sie wird alle Menschen als Brüder haben.

Das Herz des Indianers ist froh, daß Yeh sen noh wehs, unsere weiße Freundin, zu uns gekommen ist. Sie hat gute Augen. Sie sieht richtig. Sie liebt die indianischen Dinge. Sie versucht sie zu bewahren. Unsere alten Männer und Frauen haben ihr die Geschichten erzählt, die ihnen vor vielen, vielen Mon­den erzählt wurden, als sie noch kleine Kinder waren.

Yeh sen noh wehs hat diese Geschichten aufgeschrieben, so daß unsere Kinder und Kindeskinder sie lesen und kennenlernen können, und die Kinder der Bleichgesichter können sie auch erfahren. Der Indianer erzählt diese Geschichten seinen Kindern, damit sie redlich und tapfer und gütig und uneigennützig werden. Mögen sie den Bleichgesichtkindern zeigen, wie sie sein sollten.

Noch einmal sagen wir, der Indianer ist froh, jemand zu haben, der für ihn spricht. Er ist froh, jemand zu haben, der die großen und schönen Gedanken aus dem indianischen Geist und Herzen aufschreibt. Wir haben gesprochen. Na ho.

EIN PAAR ERKLÄRUNGEN DES ÜBERSETZERS

Bei einigen Substantiven ist es manchmal schwierig, eine im Geschlecht logische deutsche Übersetzung zu finden. Das betrifft die bekannten Beispiele

sun (he, männl.) – Sonne (sie, weibl.)

moon (she, weibl. – Mond (er, männl.),

aber in den Indianergeschichten kommen auch viele Tiere vor, und zwar meistens als männliche Wesen. Im Deutschen können die Tiernamen aber alle drei Geschlechter annehmen: der Kuckuck, der Elch; die Amsel, die Eule; das Eichhörnchen, das Wiesel.

In solchen Fällen habe ich den Tiernamen wie einen Eigennamen (also ohne Artikel) mit dem Geschlecht des englischen Originaltextes behandelt

Bei den indianischen Personennamen habe ich in den meisten Fällen die Originalform verwendet mit einer wörtlichen Übersetzung des Namens in einer Fußnote.

Eine Fußnote mit einer kurzen Erklärung habe ich auch dort eingefügt, wo ich annahm, daß die Bedeutung des indianischen Begriffs dem Leser nicht bekannt ist.

Ferner habe ich es vorgezogen, den Begriff Chief unübersetzt zu verwenden, weil die ungefähre deutsche Entsprechung Häuptling zu viele unpassende Nebenbedeutungen hat.

Auch Wigwam (der!) als Bezeichnung für die kuppelförmige Behausung der Indianer des amerikanischen Nordostens habe ich nicht übersetzt.

Erwähnenswert ist noch,

daß Mond ein Zeitabschnitt ist, und zwar von einem Vollmond zu nächsten;

daß die Indianer von Vögeln, Tieren und Fischen sprechen, daß sie die Vögel und Fische also nicht wie wir unter die Tiere rechnen, daß Tiere bei ihnen nur die Säugetiere sind;

daß der Begriff Rote Kinder alle Indianer meint, als Kinder des Großen Geistes;

daß Old Man (Winter) die übliche Bezeichnung für ein Geistwesen ist;

daß Pfad nicht nur einen konkreten Weg bezeichnet, sondern (wie im Deutschen) auch eine übertragene Bedeutung hat.

Im übrigen: Da der Name Irokesen von den europäischen Weißen erfunden wurde (über den Ursprung wird bis heute gestritten), nennen sich diese Indianer selbst Haudenosaunee.

Wie die Geschichten entstanden sind

Aus dem Mond vor langer Zeit sind diese Geschichten gekommen. Da hatte jeder Stamm der Irokesen seinen Geschichtenerzähler.

Als der Alte Mann des Nordens aus seiner Behausung kam und die Wälder und Flüsse der Roten Kinder von seinem Atem weiß wurden, wanderten diese Geschichtenerzähler von Wigwam zu Wigwam.

Auf warmen Fellen am Feuer sitzend rief der Geschichtenerzähler: „Hanio!“ Das bedeutete: „Kommt her, schart euch um mich, ich werde eine Geschichte erzählen.“

Dann riefen alle Roten Kinder: „Heh“, und rückten dicht ans Feuer. Das bedeutete, sie freuten sich, die Geschichte zu hören. Und wie die Flammen hüpften und einander auf dem Feuerpfad jagten, lauschten sie diesen Wunder-Geschichten von den Kleinen Leuten, von Bäumen und Blumen, von Vögeln, von Tieren und Menschen. Wenn der Geschichtenerzähler geendet hatte, sagte er: „Na ho.“ Das bedeutete: „Das ist der Schluß.“

Die Erde war noch sehr jung, als die Roten Kinder das erste Mal erfuhren, wie alles entstanden war, und einfach, warum die Dinge so sind, wie sie sind. Sie erzählten diese wunderbaren Dinge ihren Kindern, und die wiederum erzählten es ihren Kindern, und diese Kinder erzählten sie wiederum den ihren, damit diese Dinge nicht in Vergessenheit gerieten.

Jetzt kennen nur noch wenige Rote Kinder diese Geschichten, die die Großmütter und alten Männer des Stammes zu erzählen pflegten. Man sieht den Geschichtenerzähler nicht mehr von Wigwam zu Wigwam gehen.

Warum ich die Geschichten erzählerin genannt wurde

Vor einiger Zeit wurde die Autorin dieser Geschichten gebeten, für eine indianische Gesellschaft zu sprechen. Sie nahm die Einladung an, und an dem Abend gewann sie ihre ersten indianischen Freunde.

Ihre neuen Freunde erzählten ihr viele schöne Dinge über die Roten Kinder, und je mehr die Autorin über das Volk der Irokesen und indianische Angelegenheiten erfuhr, desto mehr wuchs ihr Interesse. Nach einiger Zeit begann sie, den Bleichgesichtern die Dinge zu erzählen, die sie erfahren hatte.

Bald hörte einer der Stämme, die Seneca – der Stamm, zu dem ihre neuen Freunde gehörten –, daß sie von ihnen sprach. Sie wollten sie dafür ehren und baten sie, zu ihrem Grünmaisfest1 zu kommen und eine von ihnen zu werden.

So fand die Autorin, als der Grünmaismond seine Sichel an den Nachthimmel hing, den Weg in das Land der Seneca. Dort nahmen die Seneca sie in den Schnepfen-Clan ihres Volkes auf. Sie wurde nun Yeh sen noh wehs – „Eine, die die Geschichten weiterträgt und erzählt“ – genannt.

So geschah es, daß die Autorin eins der Roten Kinder wurde, Yeh sen noh wehs – die Tochter der Seneca.

Je mehr Yeh sen noh wehs von den den Roten Kindern und ihren einfachen Geschichten erfuhr, desto mehr liebte sie sie. Eines Tages sagte Yeh sen noh wehs, sie wolle die Geschichtenerzählerin nicht nur der Seneca, sondern aller irokesischen Stämme sein. Es gibt sechs große Familien dieses Volkes. Jede Familie wird Stamm oder Nation genannt.

Einst brannten die Ratsfeuer dieser sechs Nationen vom Hudson im Osten bis zum Erie-See im Westen, und sie waren ein großen und mächtiges Volk.

Es war zur Zeit des Beeren-Mondes2, als Yeh sen noh wehs auf den Geschichtenpfad stieß. Seitdem ist sie durch alle Länder der Seneca, der Onondaga, der Yyuga, der Oneida, der Hohawk und der Tuscaroroa gereist.

Wie die Geschichtenerzähler der alten Zeiten wanderte Yeh sen noh wehs von Hütte zu Hütte der Irokesen. „Hanio“, rief sie, und als die Indianer sich um sie versammelten, erzählte sie eine der Geschichten, die andere indianische Freunde ihr erzählt hatten.

Manchmal erinnerten sich die Roten Kinder dabei an eine andere Geschichte, die Yeh sen noh wehs nicht kannte, und dann erzählten sie sie ihr. Auf diese Weise sind diese Geschichten zusammengetragen worden.

Es gab viele Tage, da erzählte Yeh sen noh wehs ihre Geschichten, ohne dafür eine andere zu hören. Nur wenige Angehörige der Stämme konnten sich an die Geschichten erinnern, „die sie früher erzählt haben“.

Manchmal hörte Yeh sen noh wehs eine Geschichte, als sie eine Furche entlangstapfte, neben einem zerlumpten Indianer, der mit einer noch zerlumpter aussehenden Gruppe von Indianern pflügte. Oder sie hörte auch eine, wenn sie einer Indianerin bei der Zubereitung des Abendessens half, Beeren pflückte oder Nüsse sammelte.

Manchmal, wenn Yeh sen noh wehs an einem Feuer tief in einem schönen Wald saß und den Rauch der heiligen Medizin aufsteigen sah, erzählte ihr ein Medizinmann eine Geschichte, oder eine Indianerin ließ ein Wort fallen, während sie vor ihrer Tür saß und Körbe flocht oder mit einer Perlenstickerei beschäftigt war.

Aus diesen Geschichten hat Yeh sen noh wehs ein Geschichtenbuch gemacht, damit sie nicht verloren und vergessen werden, damit alle irokesischen Roten Kinder und ihre Kindeskinder sie noch kennen und erzählen können und auch, damit Bleichgesicht-Kinder sie kennenlernen.

Die amerikanischen Kinder haben keine eigenen Märchen. Sie müssen ihre Märchen von anderen Völkern leihen. Yeh sen noh wehs dachte, das sei sehr traurig, und steckte sich eine magische Feder an ihre Mütze und zog geflügelte Mokassins an. Dann ging sie auf die Jagd nach wirklichen amerikanischen Wunder-Geschichten und wirklich amerikanischen Märchen.

Wäre da nicht eine magische Feder an ihrer Kappe gewesen, Yeh sen noh wehs hätte sie nicht gefunden. Aber die Feder wies den Weg auf den Wunder-Pfad der Natur, und dort erhaschte sie einen Blick auf die „Kleinen Leute“ – die einzigen wirklich amerikanischen Märchen.

1 Das Grünmaisfest (engl. Green Corn Feast) war eines der wichtigsten Feste des Jahres und dauerte mehrere Tage. Es wurde in der Regel Ende Juli/Anfang August begangen, wenn der Süßmais reif zur Ernte war. (der Übersetzer)

2 Für die Irokesen (und andere indianische Völker) besteht das Jahr aus dreizehn Monden, von denen jeder achtundzwanzig Tage hat. Ein Mond dauert von einem Vollmond zum nächsten. Die Monde erhalten ihre Namen meist nach jahreszeitlich bedingten Naturerscheinungen oder menschlichen Aktivitäten. Der Beeren-Mond entsprach etwa unserem Monat Mai. (der Übersetzer)

Die kleinen Leute

Alle Kinder, die nahe an Mutter Erde leben, lernen die Feen der Blumen, der Wälder, der Gebirge und der Gewässer kennen und können sie auch sehen.

Diese Feen werden von den Irokesen Jo gah oh oder „Kleine Leute“ genannt, weil sie so klein sind. Die Kleinen Leute können wunderbare Dinge tun. Sie können alles tun, was sie wollen. Sie können durch die Luft fliegen. Sie können durch jedes Wasser, in die Erde und durch die Felsen huschen, wie es ihnen beliebt, denn sie tragen unsichtbare Mokassins und reisen in geflügelten Kanus.

Ihre winzigen Babys tragen die Mütter auf dem Rücken – ebenso wie die Indianerbabys getragen werden. Die kleinen Väter haben wunderschön geschwungene Bögen und Pfeile, die über jede gewünschte Entfernung fliegen können.

Die Kleinen Leute bringen den Indianern Glück. Was sich ein indianischer Junge oder ein indianisches Mädchen auch wünschen, wenn sie es sich nur stark genug wünschen, werden die Jo gah oh es ihnen bringen. Man sagt, daß es drei Stämme dieser Kleinen Leute gibt: die, die in den Bergen, an Flüssen und Seen leben, dann die, die um die Blüten und Pflanzen schweben und jene, die die dunklen Orte unter der Erde bewachen.

Die Stein-Leute sind sehr stark. Sie können große Bäume entwurzeln und große Steine schleudern. Manchmal fordern sie die Indianer zu einem Stärkevergleich heraus. Gerne spielen sie auch Ball mit Steinen.

Die Roten Kinder fürchten die Stein-Werfer, wie sie sie nennen. Aber sie haben das kleine Volk gern, das den Blumen zu blühen und den Früchten und dem Getreide zu wachsen und reifen hilft.

Sie gedenken dieser Kleinen Leute bei ihren Danksagungsfesten, denn helfen die Jo go oh nicht, daß der süße Saft des Ahorns fließt? Flüstern sie nicht den wachsenden Saaten zu und weisen ihnen den Weg zum Licht? Leiten sie nicht die Ranken der Erdbeeren, drehen die Blüten der Sonne zu und malen die Beeren rot? Sie färben auch das Getreide und geben dem Mais seinen guten Geschmack.

Ein dritter Stamm der Kleinen Leute hält sich unter der Erde auf. Sie behüten die heiligen weißen Büffel und halten die Schlangenmonster, die da unten in der Dunkelheit leben, davon ab, an die Oberfläche zu den Roten Kindern zu kommen.

Es gibt Pfade, die hinaus ins Sonnenlicht führen, aber die Kleinen Leute halten sie geschlossen, obwohl eine große Schlange manchmal die Lauf einer Quelle findet, ihm folgt und das Wasser vergiftet.

Oft kommen nachts diese Elfen der Dunkelheit an die obere Welt und tanzen mit den anderen Kleinen Leuten.