Gespenster - Iwan Turgenjew - E-Book

Gespenster E-Book

Iwan Turgenjew

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Beschreibung

mehrbuch-Weltliteratur! eBooks, die nie in Vergessenheit geraten sollten. Des Abends begibt sich der Ich-Erzähler, ein russischer Edelmann und Gutsbesitzer, immer einmal an den Waldrand zur alten Eiche, wird dort von Ellis[2], dem durchsichtigen Geist einer Frau, mit beiden Armen umfangen und in Luftreisen zu verschiedenen Jahrhunderten durch gewisse europäische Orte getragen. Das Gespenst Ellis kommt immer wieder zu dem Russen, weil es ihn angeblich liebt. Nach einiger Flugerfahrung will der Gutsbesitzer mit Ellis Schluss machen, denn im Fluge "pocht das Herz so eigen" und ihm ist, "als sauge jemand daran". Wenn nun Ellis im Fluge sein Blut trinkt? Gleichviel – der Edelmann geht immer wieder zu der Eiche hin, fliegt nachts und kehrt morgens auf sein Gut zurück. Dabei sprechen die Zeichen mit der Zeit für sich: Ellis ist schließlich nicht mehr richtig durchsichtig, sondern bekommt Farbe. Von der Liebe zu dem Edelmann ist bald keine Rede mehr. Gleichgültig fliegt Ellis den Gutsbesitzer weiter von Ort zu Ort. Als er im Fluge ein grauenvolles Abbild des Todes erblickt, passiert es. Ellis überschlägt sich in der Luft und stürzt mit dem Gutsherren ab. Die Gescheiterte kommentiert ihren Sturz: Vergeblich habe sie neues Leben aufspeichern wollen. Nun ist sich der Ich-Erzähler sicher: Ellis ist kein Gespenst mehr. Denn eine junge Frau liegt mit gelöstem dichten Haar neben ihm auf der Erde. Nach der Umarmung der beiden Leiber verabschiedet sich Ellis und geht für immer. Der Erzähler macht sich auf den Heimweg. Fortan schmerzt seine Brust, er hustet, kann nicht schlafen und siecht voller Selbstekel dahin. Der Arzt diagnostiziert Anämie.

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Seitenzahl: 45

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Iwan Turgenjew

Gespenster

Inhaltsverzeichnis
Über den Autoren:
Gespenster
Impressum

Über den Autoren:

Iwan Sergejewitsch Turgenew war einer der bedeutendsten russischen Schriftsteller. Als einer der ersten griff er in der russischen Literatur die alltäglichen Nöte und Ängste der russischen Gesellschaft auf und thematisierte sie. 

Gespenster

Der Schlaf wollte nicht kommen und unablässig wälzte ich mich von der einen Seite auf die andere. Der Teufel hole diesen Unsinn! Tischrücken!, dachte ich. Das zerrüttet einem nur die Nerven ... Aber schließlich begann der Schlaf mich zu übermannen ...

Da war mir plötzlich, als töne in meinem Zimmer sanft und klagend ein Saitenklang.

Ich hob den Kopf. Der Mond war eben erst aufgegangen und schien mir gerade ins Gesicht. Weiß wie Kreide lag sein Licht auf dem Fußboden ... und vernehmbar erklang der sonderbare Ton aufs Neue ...

Ich richtete mich auf. Eine kleine Angst zuckte durch mein Herz. - So verging eine Minute und noch eine ... Irgendwo ferne krähte ein Hahn und ein anderer, noch weiter entfernt anwortete.

Mein Kopf sank auf das Kissen zurück ... Es ist weit mit mir gekommen, dachte ich: Es fehlt nur noch das Ohrensausen. Gleich darauf muss ich wohl eingeschlafen sein, oder vielleicht kam es mir auch nur so vor, als ob ich einschliefe. Ich hatte einen ungewöhnlichen Traum. Mir träumte, ich läge in meinem Schlafzimmer auf meinem Bett - und könnte nicht schlafen und nicht einmal die Augen schließen. Wieder der Ton ... Ich drehte mich um ... Der Mondschein auf dem Fußboden gleitet langsam in die Höhe, nimmt Gestalt an und gewinnt an seinem oberen Ende eine leichte Rundung ... und plötzlich steht unbeweglich, durchsichtig wie Nebel, eine weiße Frau vor mir.

"Wer bist du?" Die Frage kostet mich große Mühe.

Wie ein leises Rauschen von Blättern vernehme ich die Stimme: "Ich bin's ... ich ... ich ... Ich kam dich holen."

"Mich holen? Wer bist du?"

"Komm nachts zur Waldecke, wo die alte Eiche steht. Dort wirst du mich finden."

Aber bevor ich noch die Züge der geheimnisvollen Frau gesehen habe, muss ich unwillkürlich schaudern: eine Kälte fuhr über mich hin. Auch liege ich nicht mehr; ich sitze schon aufrecht auf meinem Bett. Dort aber, wo, wie mir schien, das Gespenst gestanden, schimmert auf dem Fußboden in breiten Streifen der Mond.

***

Irgendwie verging der nächste Tag. Ich weiß noch, ich versuchte zu lesen und zu arbeiten ... es ging nicht. Die Nacht kam. Mein Herz pochte, als erwarte es jemand. Ich ging zu Bett und drehte mich zur Wand.

"Warum kamst du nicht?" scholl durch mein Zimmer vernehmbar ein Flüstern.

Ich fuhr herum. Wieder war es sie ... wieder das rätselhafte Gespenst: starre Augen, starres Gesicht und der Blick voller Trauer.

"Komm!" flüsterte es aufs neue.

"Ich werde kommen", entgegnete ich, und es überlief mich. Der Schatten glitt leise nach vorn und verglitt sanft wogend wie Rauch - und wieder lag auf dem ebenen Fußboden schimmernd nur der weiße Mond.

***

Aufgeregt verbrachte ich den folgenden Tag. Zum Abendessen trank ich Wein, fast eine ganze Flasche, dann ging ich auf die Terrasse, aber ich blieb dort nicht lange und warf mich auf mein Bett. Mein Blut schlug schwer. Wieder der Ton ... Ich erbebte, aber ich wendete mich nicht um. Da umschlang es mich eng von hinten, und wie ein Hauch drang es in mein Ohr: "Komm, komm, komm ..."

Ich erbete vor Grauen, ich stöhnte nur: "Ich werde kommen!" und richtete mich auf.

Am Kopfende meines Bettes stand, über mich gebeugt, die Frau. Ein leichtes Lächeln, sie verschwand. Diesmal aber hatte ich ihr Gesicht erblickt. Hatte ich es nicht schon früher bereits gesehen? Wo war das? und wann?

Spät stand ich auf und strich tagsüber durch die Felder, ich kam auch zu der alten Eiche am Waldrand und sah mich aufmerksam um. Als es auf den Abend ging, saß ich lange in meinem Arbeitszimmer am offenen Fenster. Meine alte Haushälterin brachte mir ein Glas Tee - aber ich trank keinen Schluck ... Mich beschäftigte nur ein Gedanke: Bin ich von Sinnen oder nicht?

Die Sonne ging derweil unter, nicht nur der Himmel loderte auf - auch die ganze Luft war mit einem Male von einem fast übernatürlichen Purpur gesättigt. Regungslos ruhten Gras und Blatt, und ein Glanz lag auf ihnen, als wären sie mit frischem Lack überzogen; aber in ihrer versteinerten Unbeweglichkeit, in der grellen Schärfe ihrer Konturen, in dieser Vereinigung heftigen Leuchtens und toter Ruhe war etwas sehr Sonderbares und Rätselhaftes. Ein großer grauer Vogel lies sich lautlos herab und setzte sich auf den äußersten Rand des Fensterbrettes ... Ich sah ihn an, und auch er musterte mich von der Seite mit seinen runden und dunklen Augen. Bist du vielleicht abgesandt, mich zu mahnen? ging es mir durch den Kopf. Da schwang der Vogel seine weichen Flügel und flog lautlos fort, wie er gekommen. Aber lange noch blieb ich am Fenster - und doch war kein Überlegen in mir: ich war, so schien es, in einen Zauberkreis geraten, wie ein Boot, das lange vor dem Wasserfall schon von der Strömung ergriffen wird, so riss auch mich eine sanfte und unüberwindliche Kraft mit fort.