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Entspannt und effizient kommunizieren! Die Autoren sind erfahrene Trainer und helfen Ihnen in diesem Buch, Ihre Fähigkeiten zur Kommunikation (wieder) zu entdecken und auszubauen. Sie zeigen, welche Muster jedem Gespräch zugrunde liegen und stellen Ihnen eine Basisausrüstung an Gesprächswerkzeugen zur Verfügung. Inhalte: - Wie Sie Hürden überwinden, Gespräche gezielt steuern und in Gruppendiskussionen sicher auftreten - Die wichtigsten Kommunikationsregeln: Gesprächsfallen vermeiden, Gesprächspannen beheben - Expertentipps für schwierige Gesprächssituationen: verstanden werden und verstehen - Extra: mit zahlreichen Dialogbeispielen aus der Praxis
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Seitenzahl: 602
Haufe-Lexware GmbH & Co. KG, Freiburg
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.
Print: ISBN 978-3-648-08673-5 Bestell-Nr. 00386-0003ePub: ISBN 978-3-648-08674-2 Bestell-Nr. 00386-0102ePDF: ISBN 978-3-648-08675-9 Bestell-Nr. 00386-0152
Christine Scharlau, Michael RossiéGesprächstechniken
3. Auflage 2016© 2016 Haufe-Lexware GmbH & Co. KG, [email protected]
Produktmanagement: Anne Rathgeber
Lektorat: Ulrich Leinz, Berlin
Satz: kühn & weyh Software GmbH, Satz und Medien, FreiburgUmschlag: RED GmbH, KraillingDruck: BELTZ Bad Langensalza GmbH, Bad Langensalza
Alle Angaben/Daten nach bestem Wissen, jedoch ohne Gewähr für Vollständigkeit und Richtigkeit.
Alle Rechte, auch die des auszugsweisen Nachdrucks, der fotomechanischen Wiedergabe (einschließlich Mikrokopie) sowie der Auswertung durch Datenbanken oder ähnliche Einrichtungen, vorbehalten.
Kommunikation gelingt erstaunlich oft. Meistens verständigen wir uns problemlos. Trotz vieler Verständigungsklippen und Verständnisfallen ist es uns in den allermeisten Fällen möglich das auszudrücken, was wir brauchen, und zu verstehen, was andere von uns wollen. Eigentlich ist das nicht so verwunderlich, denn: Wir beginnen vom ersten Augenblick unseres Lebens an, dies zu trainieren. Schon als kleine Kinder, noch keiner Sprache mächtig, sind wir Kommunikationsgiganten. Haben Sie schon einmal erlebt, wie zielstrebig Krabbelkinder ihre Wünsche durchsetzen? Machen Sie sich diese sichere Grundlage bewusst, um in unbehaglichen und schmerzhaften Ausnahmefällen erkennen zu können, woran es beim Misslingen von Gesprächen hapert und wie Verständigungspannen behoben werden können. Und mit diesem Buch wollen wir Sie dabei unterstützen, sich dessen bewusst zu werden, was Ihnen bereits gut gelingt und darauf aufbauend Ihre Kommunikationsfähigkeit weiter zu verbessern.[2]
Im ersten Teil des Buches möchten wir mit Ihnen gemeinsam die kommunikative Wahrnehmung schulen, damit Sie differenzierter bemerken, was abläuft, und passend gegensteuern können; Ihnen eine Basisausrüstung an Gesprächswerkzeugen zur Verfügung stellen und Sie über grundlegende Kommunikationsregeln informieren.
In zweiten Teil dieses Buches stellen wir Ihnen Dialoge vor – konkrete Situationen, wie sie sich täglich in den Büros abspielen. Und anhand dieser Dialoge zeigen wir Ihnen in genauer Analyse, warum das Gespräch jeweils erfolgreich war oder nicht. Dialoge und Analysen helfen Ihnen deshalb ganz konkret, das nächste Mal selbst einen Ausweg aus einer kommunikativen Sackgasse zu finden.
Dieses Buch wird
Sie anregen, Ihr Verhalten zu überdenken und an schwierige Gespräche neu heranzugehen – immer mit dem Ziel, zweckgerichteter und stimmiger zu kommunizieren und damit auch beruflich erfolgreicher zu werden. Denn Sie haben es jederzeit auch selbst in der Hand, wie gut Sie mit anderen zurechtkommen.[3]
Sie stärken für Situationen, vor denen viele Menschen zurückschrecken: wenn es um Kritik geht, um Geldverhandlungen, Beschwerdemanagement oder andere Situationen, die Sie beschwerlich finden mögen.
Wenn Sie Anregungen und Ideen zu diesem Buch haben, so können Sie uns, die Autoren, gerne kontaktieren. Für den ersten Teil schreiben Sie bitte an Christine Scharlau unter [email protected]. Für den zweiten Teil wenden Sie sich bitte an Michael Rossié unter [email protected].
Viel Erfolg bei einer entspannteren und effektiveren Kommunikation im Beruf wünschen Ihnen
Christine Scharlau und Michael Rossié
Christine Scharlau
Wenn Sie Teil 1 dieses Buches von vorn nach hinten durcharbeiten, werden Sie von den Grundlagen bis zu den besonders herausfordernden Anwendungen fortschreiten. Sie können aber ebenso gut dort einsteigen, wo Ihr dringendster Bedarf oder Ihr größtes Interesse liegt und dann eventuell zu vorausgegangenen Abschnitten zurückkehren. Beide Trainingsweisen führen zu mehr Sicherheit und Flexibilität in Gesprächen, damit werden gewünschte Gesprächsergebnisse wahrscheinlicher.
in Kapitel 1 können Sie mittels eines kurzen Tests herausfinden, wo Ihre kommunikativen Stärken liegen, und sich über Ihre Ziele klar werden
Kapitel 2[4] stellt Ihnen wesentliche Wirkfaktoren in Gesprächen vor und die sechs häufigsten Hürden, mit denen Sie es in Gesprächen immer wieder zu tun haben, und es gibt Ihnen Empfehlungen, wie Sie mit diesen Hürden umgehen können.
In Kapitel 3 finden Sie vor allem Basistechniken zur Gesprächsführung.
Kapitel 4 geht auf den Kern der Gesprächskompetenz ein: Die innere Einstellung und eine gute Beziehung zu sich selbst. Außerdem geht es um den Umgang mit inneren Hürden und Energieräubern.
In Kapitel 5 geht es um Arbeitsgespräche mit mehreren Menschen und Sie erhalten Informationen und Werkzeuge für diese speziellen Gesprächssituationen. Zusätzlich erfahren Sie, warum Hürden der Kommunikation in virtuellen Teams besondere Aufmerksamkeit erfordern und finden Regeln zum Verschicken und Beantworten von E-Mails.
Kapitel 6 geht auf das Verbinden von persönlichen und betrieblichen Belangen ein und enthält Hinweise zu besonders anforderungsreichen Gespräche über Kritik, Geld und andere heikle Themen.
Da Wissen und Techniken allein nicht ausreichen, um sich zu verständigen, finden Sie in Kapitel 4 Hinweise zum Umgang mit Ihrer inneren Einstellung. Dieses Kapitel eignet sich ebenso gut wie das erste für Ihren Einstieg in Teil 1 des Buches.
Aufbau von Teil 1: Im Zentrum steht Ihre innere Einstellung.
Der Begriff „Gespräche” bedeutet in diesem Buch zunächst jede Situation, in der mehrere Menschen miteinander sprechen, formalisierte Gespräche wie Besprechungen in großer Runde zählen ebenso dazu wie der informelle Plausch. Mit welchen Unterschieden zu rechnen ist, wenn Menschen miteinander kommunizieren, die sich nicht im selben Raum befinden, ergänzt der Abschnitt über Hürden der Kommunikation in virtuellen Teams. Im Zusammenhang mit der inneren Einstellung spielen auch Zwiegespräche mit sich selbst eine Rolle.[5]
Neben Wissenskomponenten enthält dieses Buch eine Reihe von Selbstbeobachtungsaufgaben und mentalen Übungen. Prüfen Sie kritisch, wie Sie diese am besten gebrauchen können.
Wandeln Sie das Angebotene gegebenenfalls so ab, dass Sie bequem und leicht Erfahrungen sammeln können. Prüfen Sie, was für Sie passt, und integrieren Sie, was Ihnen nützt. Handhaben Sie die Übungsanleitungen flexibel und passen Sie die Formulierungsbeispiele Ihrem eigenen Stil an. Lassen Sie sich bei Ihrem bewussteren Umgang mit Gesprächen auch nicht abschrecken von der zwangsläufig damit einhergehenden zeitweiligen Irritation. Jedes Lernen führt dazu, dass das Bisherige, bislang gut Funktionierende, erst einmal in Frage gestellt wird. Es ist normal, dass reflektiertes Üben zunächst bewirken kann, dass man stolpert. Dies stellt eine Bedingung dar, um Neues zu lernen.
Indem Sie sich mit Ihrer individuellen Art zu kommunizieren beschäftigen, werden Sie bemerken, dass es um mehr als um Techniken geht, letztlich nämlich um eine kommunikationsfördernde innere Haltung und den sorgsamen Umgang mit sich selbst. Gerade in heiklen Situationen, z. B. wenn andere uns kritisieren oder wenn wir uns unsicher fühlen, wirkt dieser Faktor besonders stark. Insofern geht es bei den Aufgaben in diesem Teil immer auch darum, sich eine innere Einstellung zu erarbeiten, die zur eigenen Person passt, zu der man sich entscheiden und die man einüben kann.[6]
Tipp 1: Trainieren Sie so, dass es leicht und angenehm ist Sich mit anderen Menschen zu verständigen hat eine interessante und vergnügliche Seite. Wenn Sie diese für sich entdecken, werden Sie nicht nur bessere Gesprächsergebnisse erhalten, sondern auch mehr Arbeitsfreude gewinnen.
Manche Themen werden Ihnen mehr liegen als andere: Üben Sie auch das, was Ihnen weniger liegt, doch bearbeiten Sie die für Sie schwierigeren Themen in kleineren Schritten, zunächst nur die kleinstmögliche Übungseinheit; entwerfen Sie etwa eine Beispielformulierung, spielen Sie eine Situation im Kopf durch. Nutzen Sie für noch ungewohnte Verhaltensweisen unspektakuläre Alltagssituationen, es ist leichter, sich da auszuprobieren, wo Sie nicht viel verlieren können, z. B. wenn Sie Kunde sind.
Tipp 2: Führen Sie ein Journal Je nachdem, welche Art zu lernen Sie bevorzugen, und besonders dann, wenn Sie gern schriftlich nachdenken: Kaufen Sie sich ein Heft, in das Sie Ihre Beobachtungen und Überlegungen eintragen. Sie schaffen sich damit ein persönliches Kommunikationsjournal, das Ihre Vorbereitungen zu geplanten Gesprächen enthält, das, was Sie sich vornehmen, besonders zu üben, und das, was Ihnen besonders gut gelungen ist. So können Sie auch über einen längeren Zeitraum hinweg Ihre Fortschritte und die Differenzierung Ihrer Wahrnehmung dokumentieren, Beispiele, die Sie beobachtet haben, Ihre Gedanken und Erkenntnisse. Ich empfehle Ihnen, ein besonderes Heft dafür zu kaufen, eines, das Ihre Sinne und Ihr ästhetisches Empfinden anspricht – denn immerhin geht es hier um Kommunikationskompetenz, einen zentralen und intimen Bereich Ihrer Person.[7]
Tipp 3: Suchen Sie sich Modelle Wenn Sie sich mit einem Thema dieses Buchs intensiv beschäftigen wollen, kann es nützlich sein, nach Vorbildern Ausschau zu halten. Überlegen Sie, was Sie von anderen lernen können und wer in Ihrer Arbeitsumgebung Gespräche so führt, wie Sie es gern können wollen. Beobachten Sie genau, wie Ihre Kollegen und Vorgesetzten Aufgaben verteilen, eine Besprechung leiten, präsentieren, kritisieren: Was wollen Sie für sich übernehmen und Ihrem Stil anpassen? Wollen Sie bestimmte Themen vertiefen, so finden Sie im Literaturverzeichnis Hinweise dazu.
Tipp 4: Entwickeln Sie Ihren eigenen Stil Auch vorbereitete Gespräche bestehen aus spontanem Sprechen, und zu sprechen ist etwas sehr Persönliches. Jeder Mensch hat eine individuelle Ausdrucksweise, einen eigenen Stil, der wiederum Ausdruck seiner einzigartigen Sicht auf die Welt ist. Auswendig Gelerntes wirkt im Gespräch unecht und behindert einen lebendigen, flexiblen Kontakt zu den Gesprächspartnern. Bitte prüfen Sie deshalb alle in diesem Buch genannten Grundsätze, Leitlinien und Formulierungsbeispiele, wie Sie zu Ihnen passen. Wenn Ihnen ein Aspekt einleuchtet und Sie ihn anwenden wollen, lassen Sie sich von den Beispielen anregen und finden Sie dann Ihre persönliche Ausdrucksweise.[8]
Tipp 5: Üben Sie praktisch und mental Berufliche Gespräche sicher zu führen lernen Sie dadurch, dass Sie es tun. Die Trainingsangebote in diesem Buch dienen Ihnen zur Reflexion und Vorbereitung. Nutzen Sie in Ihrem beruflichen Alltag jede Möglichkeit, sich praktisch zu üben. Wissenschaftlich gesehen bringen Sie Ihrem Gehirn bei, Gespräche zu führen. Nutzen Sie also das immense Potential Ihrer Vorstellungskraft und üben Sie vor Ihrem geistigen Auge, indem Sie Situationen, in denen Sie sich verbessern wollen, immer wieder mental durchgehen. Dazu dienen auch die schriftlichen Übungen in Teil 1 des Buches.
Tipp 6: Geben Sie sich Zeit Eingefahrene Verhaltensweisen, wie sie in Gesprächen ablaufen, ändern Sie nicht von jetzt auf gleich. Auch Grundsätze der Kommunikation brauchen Zeit; in Etappen wandeln Sie rationales Wissen, dem Sie zustimmen, in eine Ihnen hilfreiche innere Einstellung um. Seien Sie also vor allem geduldig mit sich.
Tipp 7: Beginnen Sie bei Ihren Stärken Vieles wird entscheidend einfacher, wenn Sie wissen, was Sie schon können, was Ihnen leicht fällt und auf welche kommunikativen Fähigkeiten Sie sich verlassen können. Deshalb ziehen sich durch den gesamten ersten Teil des Buchs typenspezifische Hinweise, die Ihnen dazu dienen sollen, das, was Sie gut können fest in Ihrem Bewusstsein zu verankern. Hier erhalten Sie auch Hinweise, wo Ihre Entwicklungsbereiche liegen könnten. Entsprechend werden die Übungen für Sie unterschiedliche Bedeutung haben. Entdecken Sie den Punkt, bei dem Ihnen Gespräche als Instrumente des Berufslebens Vergnügen bereiten.[9]
Schätzen Sie sich mit folgendem Test selbst ein und machen Sie sich damit klar, was Ihre Stärken in Gesprächen sind. Finden Sie heraus, welche Bereiche Sie weiterentwickeln wollen und wo beim Training mit diesem Buch Ihr Schwerpunkt liegen soll. Greifen Sie dabei auf Ihre Erfahrungen in beruflich veranlassten Gesprächen zurück: Erinnern Sie sich daran, was Ihnen in Gesprächen leicht fällt oder welche Art von Gesprächen Ihnen mühelos gelingt, erinnern Sie sich an die Ergebnisse, die Sie in Gesprächen unterschiedlicher Art erzielt haben und denken Sie auch an das, was Sie von anderen über Ihre Fähigkeit, Gespräche zu führen, gehört haben. Die Skalen zu den einzelnen Aussagen für Ihre Selbsteinschätzung reichen von 1 bis 10, dabei bedeutet
1 „trifft überhaupt nicht zu” und
10 „trifft ganz und gar zu”.
Wenn Sie sich beispielsweise in der Mitte platzieren, würde das heißen „trifft in der Hälfte der Fälle zu”. Bitte positionieren Sie sich auf jeder Skala in Bezug auf Ihre beruflichen Gespräche.[10]
1. Ich kann anderen etwas so erklären, dass sie genau verstehen, was ich meine.
2. Wenn ich Aufgaben delegiere, bekomme ich genau die Arbeitsergebnisse, die ich mir vorgestellt habe.
3. Ich weiß genau, was mein Vorgesetzter von mir erwartet.
4. Ich weiß von anderen, dass ich gut zuhören kann.
5. Vor jedem Gespräch mache ich mir klar, welches Ziel ich damit verfolge.
6. Ich bereite mich auf schwierige Gespräche gründlich vor.
7. Vor einem wichtigen Gespräch überlege ich, was meine Gesprächspartner brauchen, um mich verstehen zu können.
8. Meine eigenen Anliegen und Interessen kann ich klar und sicher vertreten.
9. Ich kann in Gesprächen die sachliche von der emotionalen Ebene unterscheiden.
10. Falls ich verbal angegriffen werde, kann ich auf unterschiedliche Weise reagieren.
11. Ich kann eine Besprechung mit mehreren Personen so leiten, dass am Ende allen das erarbeitete Ergebnis klar ist.
12. Wenn ich kritisiert werde, bin ich daran interessiert zu hören, wie ich wirke und was ich an meiner Arbeit verbessern kann.
13. Wenn sich andere im Eifer einer Auseinandersetzung emotional äußern, nehme ich das nicht persönlich.
14. Ich akzeptiere die Bedürfnisse und Interessen meiner Gesprächspartner, auch wenn ich sie inhaltlich nicht billige.
15. Ich scheue mich nicht, jemanden zu kritisieren, damit die Arbeitsergebnisse besser werden.
16. Ich gehe freundlich mit mir selbst um und spreche in meinen inneren Selbstgesprächen ermutigend mit mir.[11]
17. Ich kann meine Arbeitsergebnisse sicher präsentieren.
18. Wenn ich feststelle, dass andere Menschen anders denken, reden und verstehen als ich, werde ich neugierig und will verstehen, wie sie „funktionieren”.
Auf der nächsten Seite finden Sie einen Karriereplaner, in den mögliche Karriereziele schon eingetragen sind. Da Sie jedoch ganz individuelle Ziele haben, empfiehlt es sich, sich einen eigenen Planer nach diesem Schema anzufertigen.
Gesprächstechniken sind Verhaltensweisen, die lernbar sind, um Gespräche zu gestalten. 2005 erschien dieses Buch zum ersten Mal und seitdem haben es viele Menschen genutzt, um damit ihr Verhalten zu reflektieren und Neues auszuprobieren. Seine Kernaussage passt zu den Forschungsperspektiven, die in den letzten zehn Jahren an Bedeutung gewonnen haben: Miteinandersprechen gelingt vor allem dann, wenn die Beteiligten insgesamt mit sich stimmig sind.
Eine gute Beziehung zu sich selbst, die innere Einstellung, die Sie zu sich und Ihrem Anliegen haben, ist die Basis aller Verständigung.
Dabei spielen sowohl Ihre Körpersignale als auch der Kontext des Geschehens eine große Rolle. Deshalb finden Sie in Kapitel 4, dem Kernstück dieses Buches, ausführliche Hinweise dazu, wie Sie sich durch wohlwollende Zwiesprache mit sich selbst stärken können.[12]
Wann ein Blick auf den Kontext erhellend sein kann, finden Sie am Ende von Kapitel 6, wo es um die Verbindung von persönlichen und beruflichen Belangen geht.
Und warum der Körper eine viel gewichtigere Rolle spielt, als in unserer Gesellschaft bisher angenommen, finden Sie anschließend. Denn sowohl im Umgang mit sich selbst, als auch in Gesprächen mit anderen erschließen Sie sich eine reiche Wissensquelle, wenn Sie Ihre Körpersignale beachten.
„Der Mensch ist kein Kopf am Stiel”1, Menschen handeln, fühlen und denken mit ihrem Körper, sie sind Körper. Kennen Sie ähnliche Situationen, wie diese?
Sie sehen das Auto, dass Sie sich schon immer gewünscht haben und lächeln. Sie riechen einen Duft, den Sie mit einer unbehaglichen Begegnung verbinden – Ihre Schultern werden starr und die Stirn runzelt sich. Sie hören die Ansage, dass der Zug mit doch nur drei Minuten Verspätung nun eintrifft, und merken am erleichterten Ausatmen die Spannung, die Sie ohne es zu bemerken aufgebaut hatten. Sie erinnern sich an den Applaus nach Ihrem Vortrag und richten sich unwillkürlich stolz auf.
„Der Körper ist die Bühne der Gefühle”, damit fasst der portugiesische Neurowissenschaftler António Dámasio2 zusammen, dass innere, zumeist nicht bewusst ablaufende Reaktionen und Bewertungsprozesse, sich über sinnlich wahrnehmbare Körpersignale ausdrücken. Sobald Sie diese Körpersignale bemerken, können Sie lernen, sie zu nutzen. Solche körperlichen Empfindungen, die spüren lassen, was sich auf unserer Körper-Bühne abspielt, werden „somatische Marker” genannt (siehe Kapitel 4[13], Training 14). In jeglicher Beziehung und somit auch in allen Gesprächen spielen sie eine große Rolle, denn alle emotional relevanten Erfahrungen sind in Ihrem Körpergedächtnis gespeichert, samt der dazugehörigen positiven oder negativen affektiven Bewertung, ob Sie also das Erlebte toll oder scheußlich fanden3. Das, was Sie aussprechen, speist sich aus dem Fundus Ihrer gesamten Erfahrung. Und wie Sie auf äußere Ereignisse reagieren, geschieht ebenso auf der Basis der bisher gemachten und gespeicherten Erfahrungen.
Wenn Sie darauf achten, werden Sie wahrscheinlich Ihre Reaktionen auf die Sie umgebende Welt körperlich spüren, zum Beispiel so:
Sie bemerken in der Post einen Brief vom Finanzamt. Je nachdem, ob Sie eine Rückzahlung erwarten oder eine Mahnung, greifen Sie freudig zum Brieföffner oder nicht.
In der Kantine sehen Sie den Kollegen, über den Sie sich am Vormittag geärgert haben. Da das schon häufiger der Fall war und Sie sich selbst noch nicht klar sind, ob und wie Sie das Thema jetzt ansprechen wollen, würden Sie ihm am liebsten ausweichen.
Es dauert nur Millisekunden bis Sie merken können, ob Sie dem, was Sie gerade wahrnehmen, ausweichen wollen, oder ob es Sie dorthin lockt. Diese körperliche Bewertung ist das schnellste Orientierungsinstrument, über das sowohl Menschen als auch Tiere verfügen. Seine Ansage ist längt da, bevor sich der langsamere Verstand ein Bild gemacht und abgewogen hat, denn es unterscheidet nur zwischen zwei Möglichkeiten, hin oder weg. Dieses elementare Bewertungssystem verfügen veranlasst zwei Impulse: der Gefahr auszuweichen und Angenehmes aufzusuchen. Kostbare Steuerimpulse sind das, die unwillkürlich entstehen und viel schneller sind, als jedes bewusste, rationale Auswerten von Erfahrungen sein kann. Manchmal können sie in die Irre führen, weil sie auf vermeintliche Gefahren anspringen, die aktuell keine mehr sind. Immer lohnt es sich, sie als Hinweise wahrzunehmen. Und am meisten profitieren Sie, wenn alle Wissensquellen zusammenspielen, wenn es gelingt, unwillkürliche Steuerung und rationales Wissen miteinander zu verbinden4[14].
Die meisten Menschen können sich solche Signale bewusst machen – wenn sie darauf achten; und sehr häufig sind sie auch von außen sichtbar. Es sei denn, Sie haben lange trainiert, solche kleinen Körperzeichen zu verbergen. Das kann in manchen Situationen, nicht nur beim Karten spielen, klug sein.
Der Begriff „Embodiment” weist auf die ständigen Wechselwirkungen dessen hin, was wir gewohnt sind Körper, Geist und Seele zu nennen, und auf die grundlegende menschliche Fähigkeit, im Kontakt mit anderen auf sich wechselseitig beeinflussendes Geschehen blitzschnell zu reagieren5. Wenn Sie Ihre Körpersignale in Ihren Gesprächen als Wegweiser beachten, können sie hochnützliche Hinweise sein für das, was gerade gebraucht wird. Und sehr wahrscheinlich tun Sie das bereits viel häufiger, als es Ihnen bewusst ist. Wahrscheinlich fallen Ihnen ähnliche Situationen ein wie diese:[15]
Nachdem Sie wahrgenommen haben, wie sich ein entspanntes Grinsen auf dem Gesicht Ihres Gesprächspartners ausbreitet, können Sie die vorsichtig abwägenden Argumente, die Sie vorbereitet haben, zunächst zurückstellen.
Während Sie sehen, dass Ihr Gesprächsbeginn Ihrem Gegenüber keinerlei Reaktion entlockt, kommt Ihnen in den Sinn, ob es möglicherweise von eigenen Themen in Beschlag genommen ist. Sie entscheiden daraufhin, dies anzusprechen. Je nach Reaktion, werden Sie das aktuelle Thema Ihres Gegenübers vorziehen, da es ohnehin im Vordergrund ist, oder Ihr Gespräch verschieben.
Solche rasend schnellen Wahrnehmungen und dann Reaktionen geschehen unentwegt, und zwar sowohl in Richtung der inneren Wechselwirkungen, die sich zwischen Ihrem Verstand, Ihren Gefühlen und Ihrem Körper abspielt, als auch in Richtung der Außenwelt, bei dem, was zwischen Ihnen und Ihren Gesprächspartnern geschieht. Dafür ein weiteres Beispiel:
Angenommen, einer Ihrer Kollegen betritt gerade den Raum, über den Sie sich kurz zuvor geärgert haben. Falls Sie sich selbst noch nicht klar sind, ob und wie Sie Ihren aktuellen Ärger ihm gegenüber ansprechen wollen, wird diese unklare innere Haltung wahrscheinlich auch in Ihrer Körperhaltung sichtbar: durch ein winziges Zucken vielleicht oder durch ein minimales Abwenden. Falls der Kollege das bemerkt, wird er möglicherweise seinerseits dafür sorgen, Ihnen nicht zu begegnen. Solche Abläufe können bewusst wahrgenommen werden, häufig geschehen sie auf der Hinterbühne des Bewusstseins.[16]
Auch die Heilmittel bei Gesprächsstörungen sind überwiegend körperlich und was hilft, haben Sie wahrscheinlich selbst schon erlebt: wirkliches Zuhören und waches Hingucken. Und falls in Auseinandersetzung die Wogen hoch schlagen sollten, ist ein klarer Körperausdruck ebenfalls das, was wirkt. Beobachten Sie, welche Ausdrucksweise für Sie passt, um die Grenzen des für Sie Zumutbaren körperlich zu markieren – durch eine stoppende Handbewegung vielleicht oder indem Sie aufstehen.
Haben Sie schon einmal erlebt, dass Sie sich an etwas Unangenehmes oder Ärgerliches in der Vergangenheit erinnerten – und Ihre aktuelle gute Laune war weg? Oder dass Ihnen etwas rundum Wohltuendes in den Sinn kam, dass Sie in der Vergangenheit erlebt hatten, und die miese Stimmung von vorher war verflogen?
Im Moment des erinnerten Ärgers werden Sie wahrscheinlich auch dem Gefühl entsprechende körperliche Signale gezeigt haben: gerunzelte Stirn, zusammengepresste Lippen, hochgezogene Schultern. Im Moment des Schwelgens in froher Erinnerung haben Sie wahrscheinlich andere somatische Marker gespürt: Lächeln, ein strahlendes Gesicht, eine tragende, optimal entspannte Stimme, während Sie vielleicht über die Weite der Landschaft berichten, die Sie im Urlaub genossen haben, über die wohltuende Wärme, das feine Essen. Aus einem Fetzchen Erinnerung sind mental ganze Geschichten entstanden mitsamt dazugehörigem Körperausdruck. Dieses Beispiel zeigt, was Neurowissenschaftler und Psychologen mit dem Satz meinen: Für das Gehirn ist immer Gegenwart. Inneres Erleben kann sich genauso anfühlen, wie Erleben, das von außen ausgelöst wurde.[17]
Die Wechselwirkungen von Psyche und Körper funktionieren nämlich auch in umgekehrter Richtung: Nicht nur können Gedanken Körperhaltungen auslösen, auch eine bestimmte Körperhaltung kann psychische Effekte hervorrufen. Wer lange genug in einer bestimmten Körperhaltung verweilt, erlebt wahrscheinlich die dazugehörigen Stimmung. Was der Ratschlag „Kopf hoch, Brust raus!” meint, ist heute hirnphysiologisch erklärbar, ebenso wie die Strategie des „So-tun-als-ob”. Das bedeutet, Sie können sich mit der Körperhaltung, die für eine bestimmte Aufgabe zweckdienlich ist, in die passende Stimmung bringen. Das haben Sie wahrscheinlich schon häufig getan, wenn Sie jedoch wissen wie es funktioniert und es gezielt tun, wirkt es noch besser.
Nachdem im Labor die Funktionsweisen von Nervenzellen beobachtbar waren, belegte nach langen Versuchsreihen Donald Hebb Zusammenhänge, die heute als Hebbsche Regel bekannt sind: Neuronen, die gleichzeitig „feuern” (also elektrisch erregt sind), vernetzen sich.6 Wenn verschiedene Nervenzellen dann miteinander vernetzt sind, ein neuronales Netzwerk bilden, dann stecken sie sich untereinander alle an, wenn auch nur eine von ihnen aktiviert wird. Es ist wie mit einem Wirrwarr von Wollfäden, die ein lockeres Knäuel bilden: Wenn Sie an einem Fadenende ziehen, haben Sie das ganze Ding in der Hand.[18]
Wer am Fadenende zieht, hat das Ganze
Dies gilt sowohl für angenehme als auch für unangenehme Erlebnisse. Hier ein Beispiel für eine als negative erlebte Situation: „Haben Sie die Präsentation fertig?” Die unerwartete und vielleicht etwas schroff klingende Frage des Chefs versetzt den Trainee in Schockstarre. Er guckt erschreckt, druckst herum und bleibt eine klare Antwort schuldig. Was ist geschehen? Der Tonfall der Frage erinnerte den jungen Mann an eine sehr unangenehme Prüfungssituation, die er nur knapp bestanden hat. Die alte Angst zu versagen, übernimmt das mentale Ruder und blockiert blitzschnell eine realitätsgerechtere Einschätzung der Situation: Er ist in keiner Prüfung, sein Chef will zu seiner Orientierung etwas wissen. Eine einzige Wahrnehmung, der gehörte Tonfall, der so ähnlich war, wie in der Prüfung erlebt, aktiviert das gesamte neuronale Netzwerk, das in der angespannten Prüfungssituation aktiv war, im Bild das Wollknäuel. Und das blockiert aktuell umsichtiges Reagieren, wie zum Beispiel: „Geplant war sie für übermorgen. Brauchen Sie sie jetzt schon? Sie ist fast fertig.”
Diese Funktionsweise des Gehirns, dass eine einzige Erinnerung das gesamte zugehörige neuronale Netzwerk aktiviert, kennen Sie womöglich aus eigener Erfahrung. Sie können sie sich aktiv zunutze machen, wenn Sie auf eine gute Verfassung angewiesen sind. Abgesehen von solchen automatischen Reaktionen, die aktuell behindernd wirken, wie im Beispiel oben, (wie Sie solche auflösen und sinnvollere Muster lernen können, erfahren Sie in Kapitel 3[19]), haben Sie die Wahl, zu entscheiden, worauf Sie Ihre Aufmerksamkeit richten. Sehen Sie den Mangel, oder sehen Sie das was da ist? Ist Ihr Glas halbleer oder halbvoll? Beide Wahrnehmungsarten können sinnvoll sein, je nach Umstand. Regie führen Sie selbst, Sie können das in Ihren Vordergrund holen, was Ihnen zweckdienlich ist, ob Skepsis oder Zuversicht. Sie können sich einstellen auf das, was momentan nötig ist, zum Beispiel bei einem Sicherheitscheck ein unbestechlicher Blick auf Fehlerquellen und Risiken oder bei einem Vortrag eine ansteckende Stimmung. Je nachdem, welche Aufgabe Sie gerade erfüllen wollen, können Sie sich mit der mentalen Brille ausstatten, die Ihnen hilft, sich in Ihren Kompetenzzustand zu versetzen. Kompetenzzustand bedeutet, dass Sie Zugriff auf all’ Ihr Wissen und Können haben und flexibel auf das reagieren können, was auf Sie zukommt. Erinnern Sie sich an das, was hilft!
Erinnern Sie sich an eine Episode, in der Sie erfolgreich gehandelt haben und mit dem Ergebnis zufrieden waren. Verweilen Sie eine kurze Zeit lang dabei und stellen Sie sich möglichst genau vor, was Sie damals erlebten. Wenn Sie mögen, schließen Sie für einen Moment die Augen und lassen Sie die Szene, die Ihnen in den Sinn gekommen ist, noch einmal an sich vorbeiziehen.[20]
Welche Körpersignale bemerken Sie? Wenn Sie angenehme Empfindungen spüren, vielleicht ein Sich-Aufrichten des Oberkörpers, ein Weit-werden der Brust, ein Lächeln – dann erleben Sie sich in Ihrem Kompetenzzustand. Locker und bereit, das, was Sie wahrnehmen, mit dem, was Sie wissen, zu verbinden.
Wie sehr sich Gehirn und Körper wechselseitig beeinflussen kann durch diese Übung erlebt werden. Und wenn Sie sich daran erinnern, wie sich Ihre Kompetenz anfühlt, können Sie das für sich nutzen. Sie können selbst einiges für Ihren guten Zustand tun, indem Sie sich daran erinnern und das dazugehörige Körpergefühl wieder aufrufen. Dieses Körpererleben ist die Basis, von der aus Sie Ihren Kompetenzzustand in eine aktuelle Situation übertragen können, etwa vor wichtigen Gesprächen und Auftritten. In Kapitel 4 finden Sie dazu noch weitere Übungen.
Körper, Geist und Seele sind vielfältig miteinander verflochten. Wenn Sie mit sich selbst freundliche Beziehungen pflegen, können Sie angenehme und unangenehme Körpersignale als wertvolle Informationen nutzen. Wenn Sie daran denken, dass Stimmungen auch durch Körperhaltung beeinflusst werden, können Sie in vielen Situationen selbst Regie übernehmen und sich aktiv in einen guten Zustand versetzten. Sie nutzen damit Wissensquellen, die Sie immer bei sich haben. So können Sie auch unter unübersichtlichen Umständen und in vielschichtigen Gesprächen klug handeln.[21]
Sprechen und Zuhören sind die Basisfähigkeiten verbaler Kommunikation. Als erwachsener, berufstätiger Mensch üben Sie diese Fähigkeiten schon seit einigen Jahren aus. Der Hebel, Ihre Gesprächskompetenz deutlich zu verbessern, liegt im Verfeinern dieser beiden Grundfertigkeiten. Hier können Sie sich ein genaueres Verständnis erschließen und Grundlagenwissen auffrischen, das Ihnen hilft, Gespräche künftig besser zu steuern.
Als Einstieg erinnern Sie sich bitte an ein Gespräch, das Sie in Ihrem beruflichen Alltag geführt haben und das nicht zu Ihrer Zufriedenheit verlaufen ist. Der Anlass für das Gespräch könnte eine Frage, die Sie gestellt, oder ein mündlicher Auftrag, den Sie erteilt haben, gewesen sein.
Überlegen Sie, warum Sie mit dem Ergebnis nicht zufrieden waren. Schreiben Sie mögliche Ursachen auf, die dazu beigetragen haben könnten, dass die Situation nicht in Ihrem Sinn gelungen ist. Notieren Sie auch die Folgen der analysierten Ursachen.
Schreiben Sie zusätzlich auf, an welchem Verhalten Ihres Gegenübers Ihnen das Misslingen Ihrer Kommunikationsabsicht deutlich geworden ist.
Genau betrachtet ist es geradezu verwunderlich, wenn Verständigung reibungslos funktioniert, wo es doch so viele Hürden gibt, an denen sie scheitern kann. Ein dem Verhaltensforscher Konrad Lorenz zugeschriebenes Zitat, das ich erweitert habe, fasst diese Verständigungshürden prägnant zusammen:[22]
Gedacht ist nicht gesagt,
gesagt ist nicht gehört,
gehört ist nicht verstanden,
verstanden ist nicht einverstanden,
einverstanden ist nicht ausgeführt,
ausgeführt ist nicht beibehalten.
Die folgenden Abschnitte beziehen sich auf diese Stolpersteine auf dem Weg zur Verständigung und begründen sie Satz für Satz einzeln. Zunächst sollen aber noch zwei grundsätzliche Aspekte beleuchtet werden.
Gerade im Berufsleben geht es vorrangig darum, mit Worten etwas zu bewirken. Kommunikation ist dann erfolgreich, wenn das intendierte Handeln schließlich auch eintritt. Sie haben Ihre Kommunikationsabsicht erreicht, wenn Sie sagen „Gib mir mal bitte die Akte Luxemburg” und der Adressat dieses Satzes reicht sie Ihnen herüber. Wenn jedoch eine S-Bahn am Gebäude vorbeifuhr oder das Telefon klingelte, während Sie sprachen, wenn Ihr Adressat Sie also nicht hören konnte oder abgelenkt war, hatte Ihr Kommunikationsversuch keinen Erfolg.
Aus Ihren Kommunikationstrainings oder aus der Schule wird Ihnen das „Sender-Empfänger-Modell” bekannt sein. Das Gesagte wird als Nachricht bezeichnet, die der Sender durch Sprechen (verbal) sowie durch Gestik, Mimik und Tonfall (nonverbal) an einen oder mehrere Empfänger abschickt. Dieses Modell unterscheidet vereinfachend zwischen zwei Klassen von Beteiligten: diejenigen, die etwas sagen und erreichen wollen – und diejenigen, die hören und darauf reagieren (sollen).[23]
Ein Gespräch unter Anwesenden kennzeichnet, dass beides gleichzeitig geschieht: Während Sie etwas kundtun, nehmen Sie auf, was Ihr Gegenüber tut, sehen z. B. aufmunternde oder desinteressierte Blicke. Dieses gleichzeitige Wahrnehmen und Ausdrücken geschieht unwillkürlich und sehr schnell. Inzwischen wird in der Kommunikationspsychologie betont, dass sich die Gesprächspartner dabei unablässig gegenseitig beeinflussen und somit ihre Rollen gar nicht genau zu trennen sind. Gleichwohl scheint es mir sinnvoll, zu Lernzwecken den Blick abwechselnd auf die eine und die andere Seite zu richten und beide Perspektiven einzeln zu betrachten, wohl wissend, damit nicht das ganze Geschehen erfasst zu haben.
Bevor Sie sich mit den Hürden der Kommunikation beschäftigen, möchte ich Sie noch auf einen zweiten interessanten Aspekt hinweisen: Sachinhalte, die zwischen den Beteiligten ausgetauscht werden, sind nicht unbeeinflusst von ihnen, wie es beispielsweise Signalflaggen wären oder Bälle, die hin- und herrollen. Die Äußerungen in Gesprächen werden sowohl vom Sender als auch vom Empfänger modelliert. Während der Signalflaggen-Code der Schifffahrt im Flaggenalphabet festgeschrieben ist, ist die Bedeutung einer Nachricht im persönlichen Umgang viel weniger festgelegt, sondern stark kontextabhängig.
Wer etwas
wie,
in welcher Umgebung,
mit welcher Vorgeschichte und
wann
zu wem
sagt,
erzeugt vielfältige Unterschiede.
Der Satz „Sind Sie fertig?” kann, je nach Kontext und mitgesendeten nonverbalen Zeichen, geradezu gegenteilig ausgesprochen und aufgefasst werden: nämlich mit der Bedeutung „Sind Sie schon fertig?” oder „Sind Sie endlich fertig?”. Diese Abhängigkeit von Begleitumständen ist der Grund für die Störanfälligkeit von Kommunikation. Die Begleitumstände verteilen sich auf alle am Gespräch beteiligten Menschen; zwar sind sie, wenn sie miteinander reden, aufeinander bezogen, handeln aber doch weitgehend unabhängig voneinander. Gesprächspartner können einander nicht in den Kopf schauen, folglich können sie oft nicht wissen und einschätzen, in welcher (inneren) Lage sich ihr Gegenüber befindet. In diesem Buch wird immer wieder auf die unterschiedlichen Blickwinkel der Gesprächspartner eingegangen, auf das notwendig beschränkte Wissen, das Gesprächsteilnehmer voneinander haben.
Im Folgenden werden die bereits genannten sechs Hürden der Kommunikation anhand eines Beispiels bearbeitet, das sich in sechs Teilen durch das Kapitel zieht. Jeweils beide Seiten werden beleuchtet, die Sender- und die Empfängerperspektive. Beide Seiten erhalten Empfehlungen, wie mit den Hürden umzugehen ist. Weitere kürzere Beispiele verdeutlichen spezielle Aspekte.
Frau Brose, die Inhaberin eines größeren Herrenausstatter-Geschäfts, möchte die Kundschaft langfristig an ihr Unternehmen binden und legt deshalb Wert auf gute persönliche Beratung. Um ihr Team zu verjüngen, hat sie kürzlich Herrn Martinov eingestellt, der 24 Jahre alt und noch etwas schüchtern ist. Er arbeitet jetzt seit einer Woche im Geschäft; ob seine Chefin mit seiner Art, die Kunden zu bedienen, zufrieden ist, weiß er nicht. Frau Brose schätzt seinen unaufdringlichen Umgang mit den Kunden, hat aber bemerkt, dass er einige Gelegenheiten nicht wahrgenommen hat, aktiv passende Ware zum Kombinieren anzubieten.[25]
In einer solchen Situation geht es darum, dass die Beteiligten miteinander ins Gespräch kommen. Frau Brose bemerkt, dass Herr Martinov nicht von sich aus Kunden auf Bekleidungskombinationen hinweist. Sie muss es ihm sagen.
Herr Martinov weiß nicht, ob seine Chefin mit seiner Kundenberatung zufrieden ist. Er muss sie fragen.
Wenn keiner der beiden die Initiative zu einem Gespräch ergreift – die eine vielleicht, weil so viel anderes zu tun ist, der andere, weil er sich nicht traut –, kann Ärger entstehen: auf Seiten der Chefin, wenn sie immer wieder sieht, dass ihr Verkäufer etwas unterlässt, was ihr wichtig ist, auf der Seite des Angestellten, wenn seine Chefin irgendwann unkontrolliert reagiert und ihm Vorwürfe macht.[26]
Aus der Senderperspektive: Sprechen Sie aus, was andere wissen müssen, um ihre Arbeit nach Ihren Vorstellungen zu erledigen.
Aus der Empfängerperspektive: Fragen Sie nach, wenn Sie nicht sicher sind, was von Ihnen erwartet wird.
Was einfach klingt, ist manchmal gar nicht so leicht. Häufig wird etwas nicht ausgesprochen oder hinterfragt, weil es selbstverständlich zu sein scheint.
Achten Sie auf die nächste Unklarheit in einem Gespräch, die entsteht, weil etwas nicht gesagt wurde. Damit schärfen Sie Ihr Verständnis für die Bedeutsamkeit ungenannter Voraussetzungen. Wenn dann in wichtigen Gesprächen Missverständnisse auftreten, können Sie schneller überprüfen, ob die aktuelle Verständigungshürde aufgrund einer nicht ausgesprochenen scheinbaren Selbstverständlichkeit entstanden ist.
Neben den vermeintlichen Selbstverständlichkeiten, die jemand zu erwähnen für unnötig hält, beinhaltet die Aussage „gedacht ist nicht gesagt” noch eine weitere Art von Verständigungshürde: Manche Menschen neigen dazu, zwar intensiv zu denken, aber wenig zu sprechen. Dies führt bisweilen dazu, dass etwas Wichtiges unbeabsichtigt nicht ausgesprochen wird.
Ist es Ihnen selbst schon einmal so gegangen, dass Sie etwas so lebhaft gedacht haben, dass Sie sicher waren, Sie hätten es auch ausgesprochen? Aber niemand der – wohlwollenden – Anwesenden hatte es gehört? Neigen Sie dazu, nur das Notwendigste zu sagen, Ihnen Selbstverständliches nicht zu wiederholen? Dann beherzigen Sie bitte folgende Empfehlung.
Missverständnisse und Zeitverlust bei wichtigen Angelegenheiten lassen sich oftmals dadurch vermeiden, dass Sie andere an etwas erinnern, auch wenn Sie es für selbstverständlich halten. Wenn Sie sicher sein wollen, dass Ihre Botschaft auch eine Chance hat, gehört zu werden: Schauen Sie Ihr Gegenüber an und stellen Sie innerlich bewusst um von Denken auf Kommunizieren. Nehmen Sie wahr, dass Sie jetzt etwas sagen.
Kennen Sie Menschen, die so sparsam in ihrem sprachlichen Ausdruck sind, dass sie der festen Ansicht sind, etwas gesagt zu haben, was sie aber bisher nur gedacht hatten? Im Umgang mit ihnen hilft folgende Vorgehensweise.
Sie arbeiten mit Menschen zusammen, die häufiger mit ihrer inneren Welt beschäftigt zu sein scheinen als mit der äußeren? Sie haben die Erfahrung gemacht, dass manches Wichtige von Ihren Gesprächspartnern nicht ausgesprochen wird, oder Sie bekommen oft zu hören, dass man Ihnen etwas Bestimmtes doch schon gesagt habe? Dann fragen Sie am besten aus eigener Initiative nach, wenn Sie eine Information brauchen, vermuten, dass Sie eine brauchen könnten, oder wenn Ihnen etwas unklar ist. Schlimmer als die Antwort „Das habe ich doch schon gesagt” ist es, hinterher zu hören „Da hätten Sie eben fragen sollen.”[28]
Wo mehrere Menschen zusammenarbeiten, ist nicht immer allen klar, wer welche Nachricht tatsächlich gehört hat. Gerade bei Mitteilungen von mittlerem Wichtigkeitsgrad besteht die Gefahr, aus dem Auge zu verlieren, dass nicht alle, die das Thema anging, anwesend waren.
Um zu hören, was ein anderer gesagt hat, müssen Sie aber anwesend sein – physisch und mental. Diese Bedingung ist nicht trivial. Wenn nämlich Anwesenheit fälschlich vorausgesetzt wird, können Irritationen und Missverständnisse entstehen.
Arne Kraus sitzt mit Kollegen am Mittagstisch. Eine Kollegin erwähnt den bevorstehenden Betriebsausflug. Herr Kraus: „Seit wann steht denn der Termin fest?” Die Kollegin antwortet: „Der wurde auf der Sitzung am Montag besprochen, du warst doch dabei.” Herr Kraus: „Nein, war ich nicht. Ich war beim Kunden.”
Eine Nachricht soll alle erreichen, die von ihr betroffen sind. Besonders dann, wenn eine Information nur mündlich verbreitet wird, besteht die Gefahr, dass abwesende Adressaten nicht unterrichtet werden. Wenn Sie auf einen vollständigen Informationsfluss angewiesen sind, können Sie so vorbeugen:[29]
Für die beiden Protagonisten aus dem Beispiel „Kundenberatung” hätten diese Erkenntnisse folgende Bedeutung:
Frau Brose hatte auf einer internen Fortbildung die Art der Kundenberatung erläutert, die sie von ihrem Personal erwartet. Ihr ist allerdings nicht gegenwärtig, dass Herr Martinov dabei nur zeitweise anwesend sein konnte.
Herr Martinov fragt seine Chefin, was er auf der Fortbildung, die er wegen einer Beerdigung vorzeitig verlassen musste, inhaltlich verpasst hat. Sie verabreden deshalb ein Gespräch zu zweit zum Thema Kundenberatung.
Nicht allein dadurch, dass Menschen sich im gleichen Raum und in Hörweite aufhalten, ist gesichert, dass sie tatsächlich hören, was gesagt wird. Vielfältige Gründe können ihre Aufmerksamkeit anders steuern: Auch wenn die Schallwellen des Gesagten ihr Ohr erreichen, wenn sie innerlich mit anderem beschäftigt sind, hören sie nicht zu.[30]
Iris Soltan arbeitet gemeinsam mit einer Kollegin im gleichen Raum, sie ist ganz in ihre Aufgabe vertieft. Da bemerkt sie, ganz am Rand ihrer Wahrnehmung, dass die Kollegin sie fragend und erwartungsvoll anschaut. „Hast du etwas gesagt?”, erkundigt sich Iris und kann sich nicht erinnern, etwas gehört zu haben.
In entspannten Situationen ist eine solche zeitweilige Abwesenheit des Gesprächspartners belanglos. Wenn es Ihnen aber wichtig ist, dass Ihre Information die Empfänger sicher erreicht, ist es nützlich, sich die Hürde „Gesagt ist nicht gehört” in Erinnerung zu rufen.
Für Sie als Sender einer Nachricht bedeutet dies, dass Sie sich vergewissern müssen, was die anderen verstanden haben. Überprüfen Sie die Voraussetzungen Ihrer Zuhörer und klären Sie im Zweifelsfall, ob Sie wirklich über denselben Sachverhalt, dieselbe Person sprechen.
Wenn Sie der Empfänger einer Nachricht und sich nicht sicher sind, ob Ihr Gegenüber gemeint hat, was Sie verstanden haben, müssen Sie unbedingt nachfragen.
Vergleichen Sie, welche der folgenden Aspekte in Ihrer Antwort vorkommen:[31]
Wer von den Anwesenden soll die Aufgabe übernehmen? Sie allein? Alle Anwesenden?
Um welche Publikationen handelt es sich im Einzelnen?
Für welchen Zeitraum gilt diese Anweisung? Bis zur nächsten Sitzung oder bis zum Ende des Projekts? Ist es eine Daueraufgabe?
Welches Handeln soll daraus folgen? Sich selber auf dem Laufenden zu halten, Kollegen zu informieren oder dem Chef zu berichten? Soll dies regelmäßig geschehen oder nur, wenn Ihnen etwas besonders wichtig für Ihr Unternehmen erscheint?
Wissen Sie, mit welchem Ziel dieser Auftrag verbunden ist?
So viel an Präzisierung findet in den meisten Fällen nicht statt. Aus gutem Grund: Geteilte – oder vermeintlich geteilte – Selbstverständlichkeiten werden häufig nicht ausgesprochen, um Energie und Zeit zu sparen. Dies funktioniert jedoch nur, wenn alle Beteiligten von identischen Voraussetzungen ausgehen.
Bei Ihrer Antwort zu Training 3 kommt es nicht auf die Vollständigkeit der genannten Aspekte an: Es zählt vor allem, ob Ihr Auftraggeber genau das gemeint hat, was Sie verstanden haben. Hier passieren häufig Fehleinschätzungen, denn Menschen neigen dazu, die eigenen Selbstverständlichkeiten auch bei anderen zu unterstellen. Wir alle denken Voraussetzungen mit, ohne uns darüber im Einzelnen klar zu sein. Wenn Gesprächsteilnehmer dieselben Annahmen voraussetzen, gelingt die Verständigung. Ist dies nicht der Fall, ist Missverstehen programmiert. Sobald Sie darauf bewusst achten, werden Sie täglich in Gesprächen unterschiedliche Bedeutungszuschreibungen und unterschiedliche Gewichtungen wahrnehmen.[32]
Wenden wir nun zur Veranschaulichung diese Erkenntnisse wieder auf das Beispiel mit der Ladeninhaberin Frau Brose und ihrem Verkäufer Herrn Martinov an:
Frau Brose erläutert im Gespräch mit Herrn Martinov die Art, Kunden zu beraten, die sie erwartet, und vergewissert sich, ob Herr Martinov sie verstanden hat.
Herr Martinov hört seiner Chefin gut zu und gibt, was er verstanden hat, abschließend in seinen Worten wieder.
Manche Menschen befürchten, sich durch Nachfragen bloßzustellen, besonders wenn sie sich noch unsicher fühlen. Die Außenwirkung ist jedoch meist gegenteilig, denn rechtzeitiges Nachfragen beugt Zeitverschwendung vor. Das wissen gute Führungskräfte zu schätzen.
Sie können Ihre Nachfrage auf verbindliche Art einleiten, z. B. so: „Ich möchte mich gern vergewissern, ob ich Sie richtig verstanden habe.”
Die bisher erläuterten unterschiedlichen Bedeutungszuschreibungen sind im Berufsalltag die Haupthindernisse, wenn Verständigung nicht ausreichend funktioniert. Außerdem beeinträchtigen noch weitere Erschwernisse ganz unterschiedlicher Art den Weg zum Verstehen:
akustische, wenn die Lautstärke des Senders und die Hörfähigkeit des Empfängers nicht zusammenpassen (Alter) oder Umgebungsgeräusche die Nachricht übertönen;[33]
sprachliche, wenn der Empfänger die Sprache der Nachricht nicht verstehen kann; das kann auch auf Dialektausdrücke und Fachbegriffe zutreffen und auf körpersprachliche Gesten, die regional unterschiedliche Bedeutungen haben (kultureller Hintergrund);
intellektuelle, wenn Sender und Empfänger im Abstraktionsgrad, in der Verfügung über Wissen oder in ihrem Gebrauch sprachlicher Bilder nicht aneinander anschließen können (Bei sehr jungen Menschen fallen das logische Vermögen und die Vorstellungskraft oft weit auseinander.);
emotionale, wenn eine Situation durch starke Gefühle derart geprägt ist, dass die Wahrnehmung der beteiligten Personen eingeschränkt ist (z. B. durch Angst, Hierarchiegefälle), oder wenn das Einfühlungsvermögen in das Befinden anderer noch nicht entwickelt oder blockiert ist (noch nicht ausreichende Selbststeuerung, mangelnde Fortbildung).
Wenn es zu Ihren Aufgaben gehört, andere anzuleiten oder einzuarbeiten, ist es sinnvoll, anhand der oben stehenden Liste zu prüfen, welche Hindernisse das Verstehen erschweren könnten und wie Sie das, was Sie vermitteln wollen, besser an die Fähigkeiten Ihrer Zielgruppe anpassen können.
Frau Brose hat mit Herrn Martinov seine Art besprochen, Kunden zu beraten. Sie hat dazu Verbesserungsvorschläge gemacht: Er möge aus eigener Initiative mehr Alternativvorschläge machen, und zwar solche, die zum Stil der Kunden passen. Danach hat sie sich vergewissert, ob er ihre Vorschläge verstanden hat.[34]
Herr Martinov hat das, was Frau Brose sich vorstellt, in seinen Worten zu ihrer Zufriedenheit wiedergegeben.
An das skizzierte Gespräch zwischen Frau Brose und Herrn Martinov sollte sich folgender Schritt anschließen:
Frau Brose vergewissert sich, ob Herr Martinov ihre Sicht teilt. Was hält er von ihren Vorschlägen, wie kann er sie umsetzen? Wenn er Einwände hat, was wäre ein Vorgehen, das seine innere Zustimmung fände?
Herr Martinov bringt seine Bedenken zum Ausdruck und erklärt, welche Schwierigkeiten er sieht.
Im Beispiel könnte das so aussehen:
Frau Brose bemerkt an der Art, wie Herr Martinov das Geforderte schildert, seine Skepsis und fragt ihn nach seiner Einstellung dazu.
Herr Martinov erklärt Frau Brose, dass er bezweifelt, ihre Anforderungen umsetzen zu können. Er erläutert ihr, dass er bei Kunden schon schlechte Erfahrungen mit aktiven Vorschlägen gemacht hat und befürchtet, aufdringlich zu wirken.
Gemeinsam erarbeiten Frau Brose und Herr Martinov nun ein Beratungsverhalten, das seinem Umgangsstil eher entspricht: Seine Stärke ist es, zu fragen und genau herauszuhören, was Menschen sich wünschen; diese Fähigkeit soll er verstärkt einsetzen. Außerdem wird er eine Fortbildung zu den Themen Stil und Farbtypen besuchen, um sicherer zu werden.[35]
Wenn Sie sich vergewissert haben, dass Sie verstanden haben, was Ihr Gegenüber Ihnen mitgeteilt hat, oder dass Sie verstanden worden sind, ist ein Gespräch, das etwas bewirken soll, also noch nicht vollständig. Zumindest im Berufsleben geht es weiter, Kommunikation ist kein Selbstzweck. Fördern Sie das Umsetzen Ihrer Absichten in Handeln und verschaffen Sie sich zunächst die Sicherheit, dass Ihr Gegenüber das, was zu tun ist, so sieht wie Sie.
Aus der Senderperspektive: Überprüfen Sie, ob die Zustimmung Ihres Gesprächspartners „Ja, verstanden” oder „Ja, einverstanden” heißt.
Aus der Empfängerperspektive: Teilen Sie mit, was Ihre Zustimmung konkret bedeutet.
Verstehen ist schon viel, doch allein damit ist es nicht getan. Es wird nichts (oder zu wenig) geschehen, wenn jemand Sie zwar sachlich versteht, aber nicht der Ansicht ist, dass auch geschehen sollte, was Sie vorschlagen oder fordern. Bestenfalls erreichen Sie halbherziges Handeln. Nur wenn es Ihnen gelingt, Ihren Gesprächspartner zu überzeugen, wird er offensiv vertreten, was Sie anstreben, und selbst dafür sorgen, dass es beibehalten wird.
Dieser Aspekt ist besonders bedeutsam, wenn Sie mit hierarchisch untergeordneten Menschen sprechen. Angst vor negativen Konsequenzen, falsch verstandene Anpassungsbereitschaft und generell die Angst vor Veränderung bringt Menschen, die sich abhängig fühlen, dazu, ihre Einwände nicht oder nicht deutlich genug zu äußern. Damit geht dem Unternehmen eine wertvolle Perspektive verloren und es werden Lösungsmöglichkeiten verpasst, die erst durch die Auseinandersetzung mit beiden Perspektiven entwickelt werden können.[36]
Fragen Sie interessiert und neugierig, was Ihre Gesprächspartner von Ihren Vorschlägen halten. Wenn Sie Vorgesetzter oder Vorgesetzte sind, geben Sie sich nicht mit förmlicher Zustimmung zufrieden, sondern interessieren Sie sich dafür, was die Menschen, die Sie anleiten, wirklich denken. Schätzen Sie das Verbesserungspotential, das in Bedenken und Einwänden liegt. Es gibt oft gute Gründe für Vorbehalte. Die Realität ist so komplex, dass niemand alle Auswirkungen allein überblicken kann. Und denken Sie daran: Niemand weiß über die Zustände in Ihrer Organisation besser Bescheid als Ihre Mitarbeiter.
Tun Sie eindeutig kund, ob Sie dem, was Ihr Gegenüber gesagt hat, inhaltlich zustimmen oder ob Sie es ablehnen. Wenn Sie nicht einverstanden sind: äußern Sie Ihre Einwände und Bedenken. Werben Sie dafür, dass diese berücksichtigt werden. Und halten Sie sich vor Augen: Erst aus der Vielfalt der Perspektiven aller Beteiligter entstehen für die gesamte Organisation gute Lösungen.
Im Gespräch mit Herrn Martinov hat Frau Brose mit ihm verabredet, wie er seine persönliche Art, Kunden zu beraten, zukünftig noch verbessern kann. Nun kommt es darauf an, die Vereinbarungen im Arbeitsalltag umzusetzen[37]
Frau Brose nimmt in ihre Agenda auf, Herrn Martinov bei mindestens zwei Beratungsgesprächen wöchentlich zu beobachten. Außerdem will sie ihn nach seiner Fortbildung fragen, was er gelernt hat. Herr Martinov bittet Frau Brose, ihm einmal pro Woche direktes Feedback zu seinen Kundengesprächen zu geben. Er wird sich selbst ein Fortbildungsseminar aussuchen.
Aus der Senderperspektive: Verhelfen Sie Ihren Zielen aktiv zur Umsetzung.
Aus der Empfängerperspektive: Teilen Sie mit, was Sie als Nächstes tun wollen, um die Vereinbarungen zu erfüllen.
In diesem Abschnitt ist deutlich geworden: Einverständnis allein reicht nicht. Jedenfalls dann nicht, wenn es um Ergebnisse, insbesondere Geschäftsergebnisse geht. Und auch wenn es sich um Ihre eigene Weiterentwicklung handelt (Selbstmanagement), in privaten Beziehungen und in der Kindererziehung – Verstehen und Einverständnis allein sind zu wenig. Was soll geschehen? Was sind die ersten Schritte zum Ziel? Wie und wann wollen Sie diese tun? Letztlich geht es ja um das Handeln, wenn Sie etwas erreichen oder verändern wollen – ob es nun Ihre Mitarbeiter oder Ihre eigene Person betrifft. Da Menschen aber dazu neigen, Gewohntes beizubehalten, erfordert jede Verhaltensänderung besondere Aufmerksamkeit.[38]
Fragen Sie sich selbst, was der erste Schritt zur Umsetzung ist. Fragen Sie Ihren Gesprächspartner dasselbe.
Überlegen Sie, wie Sie diesen Schritt unterstützen können, vor allem, wenn Sie Führungsverantwortung tragen. Das heißt nicht, dass Sie selbst einen Teil der Arbeit erledigen sollten, sondern dass Sie Vorbereitung und Durchführung begleiten, damit getan werden kann, was Ihnen wichtig ist.
Vereinbaren Sie konkret, was wann durchgeführt wird.
Fragen Sie sich selbst, was der erste Schritt zur Umsetzung ist. Fragen Sie Ihren Gesprächspartner dasselbe.
Überlegen Sie, ob Ihr Gesprächspartner Sie unterstützen kann. Scheuen Sie sich nicht, Vorgesetzte um Hilfe bei der Umsetzung zu bitten. Das gehört zu deren Aufgaben. Verabreden Sie etwas, was realistisch möglich ist.
Sie werden sich wundern, wie viele Menschen, auch Kollegen und Vorgesetzte, zur Unterstützung bereit sind, wenn Sie aktiv fragen.
Wenn Sie Ihr eigenes Verhalten verändern wollen und gute Gründe haben, nicht in Ihrem beruflichen Umfeld um Hilfe zu bitten, suchen Sie sich externe Unterstützung – im privaten Kreis oder durch professionelle Beratung.[39]
Frau Brose hat mit Herrn Martinov besprochen, wie er seine persönliche Art, Kunden zu beraten, zukünftig verbessern kann. Sie haben dazu ganz konkrete Umsetzungsschritte vereinbart. Was ist jetzt noch nötig?
Zum Gespräch zwischen Frau Brose und Herrn Martinov gehört eine Nachbereitung, die sicherstellt, dass die verabredeten Schritte auch längerfristig umgesetzt werden. Das könnte zum Beispiel so aussehen:
Frau Brose vereinbart mit Herrn Martinov ein nächstes Gespräch in sechs Wochen, in dem sie gemeinsam seine Erfahrungen und Fortschritte auswerten wollen. Sie notiert sich einen möglichen Termin und dazu den Vermerk, Herrn Martinov spätestens dann danach zu fragen, welches Fortbildungsseminar er gebucht hat.
Herr Martinov schreibt sich in seinen Kalender, in den nächsten sechs Wochen Frau Brose einmal wöchentlich nach ihrem Feedback zu fragen. Er notiert auf seiner To-Do-Liste, noch heute mit der Suche nach Fortbildungsinformationen zu beginnen und eine Freundin anzurufen, die ihm von einem Seminar erzählt hat, das passen könnte.[40]
Aus der Senderperspektive: Unterstützen Sie die Umsetzung von Zielen durch Kontrolle und Etappenziele.
Aus der Empfängerperspektive: Schaffen Sie sich Selbstkontrollen, besonders bei neuen Aufgaben und Arbeitsabläufen.
Kontrolle und Selbstkontrolle sichern Gesprächsergebnisse, sie unterstützen und machen wahrscheinlicher, dass angestrebte Ziele erreicht werden. Kontrolle gibt Orientierung: Sind die Arbeitsergebnisse in Ordnung, ist das für alle Beteiligten entlastend. Sind sie es noch nicht, ist das Anlass, darüber nachzudenken, wie das gewünschte Ergebnis erreicht werden kann oder ob es Gründe gibt, die Bedingungen zu überprüfen und eventuell die Vorgaben zu ändern.
Nachdem Sie nun die hier zugrunde gelegten sechs Hürden der Kommunikation kennengelernt und bearbeitet haben, wird am Beispiel von Frau Brose und Herrn Martinov im Zusammenhang dargestellt, wie man sie überwindet.[41]
Schauen Sie nun noch einmal nach, was Sie sich zum ersten To-do dieses Kapitels, in dem Sie ein gescheitertes Gespräch analysieren sollten, notiert haben. Ordnen Sie die Ursachen, die Sie für das Misslingen gefunden haben, den hier beschriebenen sechs Hürden der Kommunikation zu.
Zum raschen Nachschlagen und Wiederholen dient die folgende Tabelle. Hier sind alle sechs Kommunikationshürden in Kurzfassung aufgeführt und dazu Empfehlungen gegeben, wie man sie überwinden kann. Sowohl die Sender- als auch die Empfängerperspektive sind berücksichtigt.[43]