Gesundbeten mit Heiligen - Monika Herz - E-Book

Gesundbeten mit Heiligen E-Book

Monika Herz

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Beschreibung

Eine alte Heiltradition neu entdeckt

Früher gab es in jedem Dorf eine Gesundbeterin, die bei Krankheit konsultiert wurde. Auch heute noch wird Gebetsheilung bei den unterschiedlichsten Leiden praktiziert. Monika Herz und Roland Rottenfußer teilen in diesem Buch ihre persönlichen Erfahrungen und zeigen über den christlichen Kontext hinaus, welche faszinierende Kraft das Beten hat. Sie stellen Heilige aus verschiedenen Kulturen und Religionen vor, ihre Bedeutung, Gebete und Wirkung. Ein inspirierendes Buch über eine Welt, in der altes Heilwissen und moderne Spiritualität im Einklang miteinander sind.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 172

Veröffentlichungsjahr: 2014

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Monika Herz und Roland Rottenfußer

Gesundbeten

mit Heiligen

Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen. Sollte diese Publikation Links auf Webseiten Dritter enthalten, so übernehmen wir für deren Inhalte keine Haftung, da wir uns diese nicht zu eigen machen, sondern lediglich auf deren Stand zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung verweisen. 1. Auflage

Originalausgabe

© 2014 Kailash Verlag, München

in der Verlagsgruppe Random House GmbH,Neumarkter Str. 28, 81673 München.

Redaktion: Birgit Groll Illustration: Silke Weiß

Umschlaggestaltung und Layout: ki 36, Daniela Hofner Editorial Design, München Umschlagmotiv: Matthias Aigner/Getty Images

Satz: EDV-Fotosatz Huber/Verlagsservice G. Pfeifer, Germering

ISBN 978-3-641-14306-0V002

www.kailash-verlag.de

Wir widmen unser Buch

den Heiligen der Zukunft.

Inhalt

Vorwort

Die Kraft des Gebets

Die Tradition des Gesundbetens

Warum wirken Gebete?

Beten – eine Liebesgeschichte

Welche Gebete helfen?

Warum wir zu Heiligen beten

Eine verloren gegangene Kultur

Wie wird man ein Heiliger?

Siegreiche Verlierer

Die Praxis des Gesundbetens

Wie wir »unseren« Heiligen auswählen

Beten heißt, sich in einen heilsamen Geisteszustand zu versetzen

Das traditionelle »Strickmuster« für Heilgebete

Einen Ort für das Gebet auswählen

Häufige Wiederholung von Gebetsversen

Andere Wege, sich Heiligen zu nähern

12 Heilige, zu denen Sie beten können

Atisha

Bernadette

Elias

Elisabeth von Thüringen

Franz von Assisi

Johanna von Orléans

Josef

Machig Labdrön

Maria

Maria Magdalena

Rabia von Basra

Yogananda

Nachwort

Literaturverzeichnis

Die Autoren

Vorwort

Man kann reisen, um sich zu zerstreuen und zu vergnügen oder um einfach Zeit totzuschlagen, die man zuvor »hereingearbeitet« hat. Man kann reisen, um Sensationen zu suchen, sich das höchste Gebäude, die längste Mauer anzuschauen oder den ultimativen Nightlife-Kick zu erleben.

All das ist legitim, aber vielen Reisenden genügt das heute nicht mehr. Sie reisen bewusst an Orte, die anders sind als andere, gleichsam von einer dichteren Energie erfüllt. Solche Orte können uns unverhofft in einen Raum der Stille und der Gottesberührung katapultieren, wie man es sonst nur durch intensives Meditieren erreicht. Für uns ist Assisi, die Geburtsstadt des heiligen Franz, ein solcher Ort.

In der Unterkirche der Basilica San Francesco in Assisi weist ein kleines Schild mit der Aufschrift »Krypta« den Weg in ein Kellergewölbe. Steigt man hinab, gelangt man in einen Raum mit Wänden aus rohem Stein, nur von ein paar Kerzen erleuchtet. Gebetsbänke vor einem schlichten Altar, hinter dessen turmförmigem Aufbau sich die Überreste des Franz von Assisi befinden sollen. Doch welch ein Schatz ist dort aufbewahrt! Kaum hatten wir damals die Gruft betreten, war es, als wären wir in eine »dichtere«, geradezu leuchtende Atmosphäre eingetaucht. In unseren Händen und Füßen fühlten wir ein starkes Strömen von Energie. Viel bemerkenswerter aber war die Wirkung dieses besonderen »Energiefelds« auf unseren Geist. Ein wunderbares Gefühl von innerem Frieden, von Angekommensein breitete sich in uns aus. Egal, ob wir aufstanden und das Grab umrundeten, oder ob wir einfach still dasaßen, miteinander flüsterten oder beteten – es hörte nicht auf. Ohne dass wir es erwartet hätten, war es, als würde eine tiefe Heilung und Reinigung stattfinden. Als hätte uns der heilige Franz einen Segen erteilt.

Franz von Assisi starb im Jahr 1226. Zwei Jahre danach begann man mit dem Bau einer großen Basilika. 1230 war die Unterkirche so weit fertig, dass man den Leichnam des Heiligen aus San Giorgio hierher überführte. Aus Angst vor Grabschändung hielt man die Stätte lange geheim. Erst 1818 entdeckte man die Gebeine bei Grabungen genau unter dem Altar. Wir können also davon ausgehen, dass wir es hier mit einer echten Reliquie zu tun haben – mit den sterblichen Überresten eines heiligen Mannes.

Eine befriedigende rationale Erklärung für unser Erlebnis haben wir bis heute nicht. Mit Sicherheit kann man aber Folgendes sagen: Das Ereignis kam völlig unerwartet und spontan, Einbildung und Autosuggestion scheiden also weitgehend aus. Und die Erfahrung wurde von mindestens zwei Menschen geteilt. Später berichteten uns noch mehrere Personen von vergleichbaren Erlebnissen rund um die Wirkstätten des Heiligen. Außerdem wiederholte es sich bei weiteren Besuchen in der Krypta.

Damals waren wir noch nicht sehr lange ein Paar.

»Eigentlich«, sagen wir manchmal, wenn wir mit anderen über unser Erlebnis sprechen, »hat uns ja der heilige Franz verheiratet.« Denn dass wir damals in Assisi beide am gleichen Ort das Gleiche gespürt haben, schien uns als wunderbare Bestätigung dafür, dass wir auf dem richtigen Weg sind – auch mit unserer Beziehung. Vielleicht wurde damals auch ein innerer »Grundstein« für dieses Buch über das Gesundbeten mit Heiligen gelegt. Denn seit jenem Erlebnis neigen wir dazu, den Heiligen zu vertrauen. Und Vertrauen ist der wichtigste Leitfaden im Dickicht der widersprüchlichen Forschungsergebnisse, Geschichten und Legenden, die sich um diese besonderen Menschen ranken.

Sie schienen ein wenig aus der Mode gekommen, diese so gütigen und doch manchmal halsstarrigen Gestalten, deren Namen aus dem Dunkel längst vergangener Jahrhunderte zu uns herüberleuchten. Und doch mehren sich die Zeichen, dass die Zeit für eine Wiederentdeckung der Heiligen gekommen ist. Der neue Papst benannte sich nach Franziskus, dem hingebungsvoll Bescheidenen, der die Armut zu seiner einzigen Braut auserkoren hatte. Im Gefolge dieses Ereignisses waren die Zeitungen voll von Porträts des Franz von Assisi. Wenige Jahre zuvor erzielte ein deutscher Fernsehmoderator einen der größten Bucherfolge der letzten Jahre mit einem Werk über das Pilgern auf dem Jakobsweg. Und wenn wir noch ein paar Jahre zurückgehen, stoßen wir auf das furiose Comeback der Maria Magdalena, die in Büchern, Artikeln und Filmen zur wahren Braut Jesu erklärt wurde.

»Unheilig« heißt eine derzeit sehr erfolgreiche Band. Man kann die Frage stellen, ob die »Unheiligkeit« unserer Epoche mit ihrer egomanischen Jagd nach Profit, ihrem Materialismus und ihrem Mangel an persönlichem Mut nicht der segensreichen Energie der Heiligen besonders bedarf.

Dabei gibt es viele Wege, sich ihnen zu nähern. Man kann 1000 Kilometer wandern, um zu einem Grabmal oder einem Bildnis zu gelangen, das Segenskraft ausstrahlt. Der Weg, den wir in diesem Buch vorschlagen, ist jedoch vor allem ein innerer: das Gebet.

Vielfach erprobt als intime Zwiesprache mit Gott, kann es durch Anrufung von Heiligen eine besondere Kraft entfalten. Wir hoffen, mit unserem Buch vielen Leserinnen und Lesern zu helfen, wieder einen Zugang zu dieser unerschöpflichen Quelle der Stärkung und des Trostes zu finden.

Noch eine praktische Anmerkung zum Schluss. Wir haben dieses Buch als Autorenpaar zu ungefähr gleichen Teilen geschrieben. Wenn auf den weiteren Seiten von »ich« die Rede ist, ist damit immer Monika Herz gemeint, die eine größere Anzahl persönlicher Erfahrungen beisteuert. Roland Rottenfußer wird immer als »Roland« bezeichnet, auch wenn er die betreffende Buchpassage vielleicht selbst geschrieben hat.

Nun wünschen wir viel Freude und heil(ig)ende Einsichten bei der Lektüre.

Monika Herz und Roland Rottenfußer im März 2014

Die Kraft des Gebets

Die Tradition des Gesundbetens

Die Tradition des Gesundbetens kenne ich seit meiner Kindheit. Ich wuchs in Hohenpeißenberg auf, einem traditionell katholischen Dorf am Fuße des »Heiligen Berges«. Oben thront die Wallfahrtskirche mit dem berühmten Gnadenbild der Maria, eine Statue der Jungfrau und Mutter. Die Statue zeigt Maria als eine Frau aus dem einfachen Volk. Vielleicht stärkt gerade diese Einfachheit das Vertrauen der Menschen in die Mutter der Gläubigen. Eigentlich ist der Hohe Peißenberg nur ein Hügel, den man in einem Fußmarsch von etwa 30 Minuten besteigen kann. Wenn man aber bei klarem Wetter ins Tal schaut, fällt der Blick ringsherum auf eine herrliche Landschaft – südlich die eindrucksvollen Bergmassive der Alpen, nördlich die flache, aber liebliche Gegend des »Pfaffenwinkels« um Wessobrunn und Weilheim.

In Hohenpeißenberg wirkte ein seltsamer Heiliger, eine Art Wunderheiler, den man in meiner Familie nur »der Lory« nannte. Der Lory war ein »Abbeter«, ein »Gesundbeter«, jemand, den man holte, um Warzen verschwinden zu lassen und Kühen zur reibungslosen Geburt eines Kälbchens zu verhelfen. Als Kind hatte ich vor dem Lory immer besonderen Respekt. Ihn umgab eine geheimnisvolle Aura.

Als ich etwa 25 Jahre alt war, bekam ich vom Lory ein kostbares Geschenk, das ich damals gar nicht so recht zu würdigen wusste. Es handelte sich dabei nicht um Geld oder Schmuck, sondern um einen unschätzbaren geistigen Besitz: Heilgebete – übertragen von Generation zu Generation, die der Gesundbeter im »Schwarzen Buch« gesammelt hatte. Nach und nach übertrug er mir die Gebete, jeweils in einem kleinen Ritual. Der Lory betete mir die Gebete vor, und ich schrieb sie langsam und ehrfürchtig in mein Notizbuch. Die Stimmung während dieser kleinen Zeremonie war auf unvergessliche Weise friedvoll und von Segen erfüllt. Viele der Gebete, die ich auf diese Weise mit der Zeit übertragen bekam, kann ich noch heute auswendig. (Siehe hierzu auch Monika Herz: »Alte Heilgebete«, Heyne Verlag, München 2012)

Die Gesundbeter waren damals in den 1980er-Jahren eine vom Aussterben bedrohte Art. Die Tradition wurde gewöhnlich innerhalb der Familie an eines der Kinder oder Enkelkinder weitergegeben. Die Alten schauten, welcher der Nachkommen die passenden Anlagen dafür mitbrachte. Mitgefühl für die Probleme und Leiden der Mitmenschen war ebenso eine Voraussetzung wie die Hinwendung zu religiösen Inhalten und ein gut verankerter Glaube. Zu jener Zeit aber waren wir Jungen modern und »aufgeklärt«, und es fand sich kaum mehr jemand, der die alte Tradition weiterhin pflegen wollte. Die Tatsache, dass die Gebete offenbar wirkten, schoben »vernünftige« Leute einfach auf den Placebo-Effekt.

Ein Gesundbeter oder eine Gesundbeterin zu sein, kam teilweise eher einem Fluch als einem Segen gleich: Gesundbeter wurden in der alten Zeit schon mal mitten in der Nacht aus dem Bett geholt, wenn zum Beispiel die Geburt eines Kalbes anstand. Nicht immer wurden sie für ihre Dienste bezahlt, wenn alles gut lief; aber man machte sie verantwortlich, wenn das Wunder ausblieb. »Die Gabe«, wie die besondere Kraft der Gesundbeter im Volksmund auch genannt wurde, verlangte viel Einsatz und war natürlich auch nicht immer von dem Erfolg gekrönt, den der Bittsteller sich erhoffte.

Bei mir dauerte es lange, bis ich damit begann, die Heilgebete außerhalb der Familie anzuwenden. Es war ja auch bis zum Jahr 2004 gesetzlich verboten zu heilen, wenn man nicht Arzt oder Heilpraktiker war. Gerade zu dem Zeitpunkt, als ich erfolgreich die schwierigen Prüfungen zur Heilpraktikerin für Psychotherapie bestanden hatte, wurde das alte Gesetz dann vom Bundesverfassungsgericht gekippt.

Heute übe ich das Gesundbeten und andere Formen des geistigen Heilens ganz offiziell in meiner Praxis in Peißenberg aus. Erfolgsberichte gibt es zur Genüge. Vom Depressiven, der sich nach mehreren Gebetsbehandlungen nach und nach stabiler fühlte und weniger Ängste hatte, bis zum dramatischen Fall einer Komapatientin, die von den Ärzten aufgegeben worden war und plötzlich erwachte. Der Beweis für ursächliche Zusammenhänge ist da naturgemäß nicht zu erbringen. Wenn ich Patienten empfange, möchte ich auch nicht durch »Wundergeschichten« überhöhte Erwartungen wecken. In der Regel bewirkt Gebetsheilung eher eine milde Umstimmung, eine allmähliche Gemütsaufhellung, verbunden mit einem wachsenden spirituellen Vertrauen. Im Übrigen ist es ja sowieso nie die Abbeterin, die Heilung bewirkt; es ist das »große Geheimnis«, das Göttliche selbst, das durch eine Heilerin hindurch wirkt. »Nicht ich heile, sondern Gott bzw. die Kraft« – diese Einstellungen finden wir bei den meisten Heilern, vom berühmten Bruno Gröning bis zur Reiki-Meisterin von nebenan.

Warum wirken Gebete?

Sehr rational veranlagte Menschen behaupten gern, dass bei der Wirkung von Gebeten Autosuggestion im Spiel sein könnte. Das ist möglich, spricht aber nicht gegen die Gebetsheilung. Wer für sich oder andere betet, lenkt seine Aufmerksamkeit auf die Möglichkeit einer Wendung zum Besseren. Schon dadurch wird die Chance auf eine Heilung erhöht. Ein einziges Gebet – ob es »erfolgreich« war oder nicht – gibt kaum Aufschluss darüber, welches Potenzial das Beten besitzt. Vielmehr wirkt das Gebet durch Verinnerlichung, vor allem, wenn es zu einer Grundhaltung wird, mit der wir dem Leben begegnen.

Für Menschen, die es nicht gewohnt sind, braucht das Beten ein wenig Übung. Allmählich aber wird unsere Beziehung zum Beten zu einer echten Liebesbeziehung. Wir verstehen dann nicht mehr, wie wir vorher ohne Gebete leben konnten.

Homöopathen bestätigen, dass zuerst die Seele und dann, als Folge, der Körper heilt. Ähnlich wirkt auch das Gebetsheilen, indem es zunächst unseren Geist berührt und in uns vor allem Vertrauen wachsen lässt. Es vermittelt uns Geborgenheit, das Gefühl, in einem höheren, dem Wesen nach gütigen Zusammenhang aufgehoben zu sein. Es befreit uns vom Festhalten am vordergründigen Leid und schenkt uns Zuversicht. Ist es da überhaupt überraschend, dass Gebete heilen können?

Als Affront gegen »richtige« Ärzte ist das Gesundbeten im Übrigen nicht gemeint. Als ich einmal Zahnschmerzen hatte, wandte ich ein Anti-Schmerz-Gebet an. Die Schmerzen verschwanden, kehrten dann aber nach drei Tagen zurück. Der Lory schimpfte über so viel Unverstand und schickte mich zum Zahnarzt. Wir Gesundbeter arbeiten nicht gegen die Schulmedizin, sondern wir ergänzen sie. Ich hoffe sehr, dass dieses Verständnis immer mehr auch von Seiten der Schulmediziner angenommen wird. Ich möchte gern noch erleben, dass geistige Heiler und Heilerinnen ganz selbstverständlich in den Krankenhäusern aus- und eingehen und zum Beispiel nach schwierigen Operationen das Ihrige zum Gesundwerden der Patienten beitragen dürfen.

Manchmal wird uns auch vorgeworfen, »politisch unkorrekt« zu sein.

»Diese spirituellen Überflieger wollen sich nur vor der Realität drücken«, könnten Aktivisten fluchen. »Statt auf die Straße zu gehen und zu demonstrieren, bleiben sie daheim und beten – so verändert sich nie was.«

Unserer Meinung nach kann man für alles beten, was man sich in der Politik wünscht: den Frieden, mehr Achtung vor den Tieren und der Erde, mehr Vernunft für die politischen Führer, mehr Mitgefühl mit sozial Schwachen usw.

Ganz im Sinn des Lory würden wir sagen: Natürlich musst du demonstrieren gehen, wenn du politische Veränderungen anstrebst. Du solltest aber auch für dein Anliegen beten. Beides zusammen wirkt wahrscheinlich am besten. So habe ich zum Beispiel in den 1980er-Jahren im Kampf gegen die Wiederaufbereitungsanlage in Wackersdorf sowohl demonstriert als auch zu Franz von Assisi gebetet. Der Bau der Anlage wurde eingestellt.

Kann man Gebetsheilung beweisen? Manche Menschen freuen sich ja über Heilung nur dann, wenn die Wissenschaft ihnen die Seriosität der Methode bestätigt, und es gibt tatsächlich einige entsprechende Studien. Das Verfahren ist folgendermaßen: Für eine Patientengruppe wird gebetet, für die andere nicht. Nach einem gewissen Zeitraum stellt man dann fest, bei welcher Gruppe sich bessere Heilerfolge einstellen.

Als Beispiel sei hier das Experiment von Dr. Mitchell W. Krucoff von der Universität Durham (North Carolina) genannt. Er überprüfte an einer Gruppe von 150 an Angina Pectoris erkrankten Patienten verschiedene alternative Zusatztherapien. Darunter waren liebevolle Pflege, Entspannungsübungen, Berührungstherapie und eben Gebetsheilung. Für die Kranken beteten Christen, Juden und Buddhisten aus aller Welt. Betende und Patienten befanden sich also weder im selben Zimmer noch stimmten ihre Glaubensvorstellungen überein. Die Betenden kannten von den Patienten nur die Namen. Die Kranken wussten vorher, dass gebetet würde, aber nicht, ob die Gebete speziell ihnen galten. Das Ergebnis war: Bei der Gruppe, für die Fürbitten gebetet wurden, traten nur halb so viele gefährliche Ischämien (Durchblutungsstörungen im Gewebe) auf wie bei der Vergleichsgruppe. Es kam zu keinen gefährlichen Nebenwirkungen bei Operationen, und die Gebetsgruppe fühlte sich subjektiv wohler. Dr. Krucoff wollte sich nicht auf eine bestimmte Deutung des erstaunlichen Geschehens festlegen. »Nennen Sie es spirituelle Energie, nennen Sie es göttlich, ich weiß es nicht«, sagte er.

Wir könnten Seiten mit solchen Beispielen füllen, es gibt sie im Internet und in Büchern in großer Menge. Wichtiger ist uns aber, Sie dazu anzuregen, selbst darüber nachzudenken, was Sie für plausibel halten.

Beten – eine Liebesgeschichte

Roland erfuhr die Liebe zum Beten anders und später. Er wuchs in einer Familie auf, die von christlichen Wertvorstellungen geprägt war, in der aber nicht streng auf die Einhaltung kirchlicher Rituale gepocht wurde. Somit näherte sich Roland dem Thema eher experimentell. Als Schüler und Student pflegte er einen rebellischen Jugendatheismus. Dann verliebte er sich in eine sehr gläubige junge Frau. Er spekulierte, dass mehr Religiosität seinen Absichten nützen könnte, wollte dabei aber nicht unehrlich sein. So kam Roland an einen Punkt, an dem er glauben wollte, es aber nur bedingt konnte. Er begann zu beten, ohne zu wissen, ob »am anderen Ende der Leitung« überhaupt jemand zuhörte. Zwischen Glauben und Unglauben gibt es ein Patt, dachte er. Weder konnte man die Existenz eines Gottes beweisen noch widerlegen. Für den Glauben sprach aber, dass man sich damit besser fühlte, also entwickelte er eine provisorische »Als ob«-Religiosität. Er betete, als ob er glaubte.

Nun, die Frau, die Roland damals verehrte, kam ihm abhanden, das Beten aber blieb. Und der Glaube, dass es durchaus ein »Gegenüber« gibt – so groß und so unfassbar es auch sein mochte.

Das Beten blieb weiterhin Bestandteil seines Lebens, selbst als das Gottesverständnis sich veränderte. Roland beschäftigte sich ausführlich mit verschiedenen Religionen und ihrem Gottesverständnis, mit den Begriffen »Gott«, »Allah«, »Tao« oder »Leere«. Jeder dieser Begriffe enthält andere Bedeutungsschattierungen. Jeder erfordert eigentlich ein Studium für sich und füllt Bibliotheken. Viele Menschen sagen vielleicht zu leichtfertig: »Ich glaube an Gott« oder »Ich glaube nicht an ihn.« Dazu müssten sie erst einmal wissen, von welchem Gott sie sprechen. Man kann seriöserweise nicht behaupten: »Ich glaube an die Kraft von Ganesha«, ohne zu wissen, dass es sich dabei um eine indische Göttergestalt mit Elefantenkopf handelt. Ähnlich ungenau ist oft der Glaube an »Gott«.

Natürlich sollte man nicht studieren müssen, um beten zu können. Man kann Gott und die Wirkung des Gebets auch fühlen, wortlos – gerade dies ist mystisches Erleben. Wenn man bewusst den Weg des Betens beschreiten will, kann es hilfreich sein, eine Vorstellung vom »Adressaten« des Gebets zu entwickeln. Beim Beten zu Heiligen ist der Adressat des Gebets der Geist des Heiligen. Sie selbst sind ja schon längst tot. Was aber von ihnen immer noch übrig ist, das ist der Geist, aus dem heraus sie ihre Rolle in der Geschichte der Menschheit spielten. Ich stelle mir vor, dass der Geist von Heiligen wie eine Art »feinstoffliche Wolke« im Geist des Planeten gespeichert ist. Mit diesem Geist verbinde ich mich und lasse ihn wirken.

Oder anders ausgedrückt: Wenn ich mit dem Geist von Heiligen in Verbindung treten möchte, markiere ich zuerst das geistige Feld, ähnlich wie ich einen Suchbegriff im Internet eingebe. Wenn ich dann die gesuchte Informations-Einheit gefunden habe, verbindet sich mein Geist mit dem Geist des Gesuchten. Ich integriere den Inhalt der »feinstofflichen Wolke« der Heiligen in meine eigene »Wolke«.

Skeptiker argumentieren gegenüber Betenden: »Du redest doch eigentlich nur mit dir selbst.« Das ist in gewisser Weise sogar wahr. Unmittelbar gegenwärtig sind im Gebet nur Sie selbst mit Ihren Gefühlen und Gedanken. Allerdings im Verbund mit jenem »größeren Geist«, der unsterblich ist. Aber selbst wenn die Skeptiker Recht hätten und wirklich niemand unserem Gebet zuhören würde – könnte es dann nicht trotzdem sinnvoll sein? Wer dankt, richtet seinen Geist darauf aus, was positiv war, schärft seinen Blick für das Schöne. Wer andere Menschen segnet, fühlt sich in sie ein und begegnet ihnen mit einer freundlichen Grundeinstellung. Dadurch wird es wahrscheinlicher, dass auch die anderen Menschen ihm freundlich begegnen. Wer betet, lenkt seine Aufmerksamkeit auf die Möglichkeit der Erfüllung. Man schärft seine Sinne für Anzeichen einer Besserung und versucht das Gute gleichsam in einen Menschen »hineinzugeben«.

Es gibt im Grunde so viele verschiedene Gottesbilder wie es Menschen gibt. Das traditionelle Bild im Westen ist »Gottvater« als menschenähnliche, jedoch allmächtige »Person«. Man denkt hier an Michelangelos Bilder eines weißbärtigen alten Herrn.

Geht man darüber hinaus, gelangt man zu »Awuun«, dem ersten Wort des aramäischen Vaterunsers. Der Begriff ist geschlechtsneutral, meint also ungefähr: »Das Eine, das überall im Universum gegenwärtig ist.« Dieses Awuun lebt nicht »im Himmel«, sondern überall in der Schöpfung, auch in uns selbst. Eine ähnliche Bandbreite hat »Allah« bei den Sufis. Allah durchdringt alles. Mehr noch: Allah ist alles. Gott im Sufismus ist sowohl persönlich als auch unpersönlich – scheinbar ein Widerspruch.

Noch abstrakter ist das altchinesische Konzept des »Tao«. Lao Tse hat diese geheimnisvolle Kraft hinter den Dingen in vielen Varianten beschrieben. Gemeint ist ein alles durchdringender, namenloser und unpersönlicher schöpferischer Geist. »Der Weg ist wie ein leeres Gefäß, man schöpft aus ihm, doch er bleibt unerschöpflich«, heißt es im Tao Te King. (zitiert aus: Lao Tse: Tao-Te-King, Übersetzung: Hans Knose und Odette Brändli, Diogenes Verlag, 1996)

Hier sind wir schon sehr nah am buddhistischen Begriff der »Leere«, der oft missverstanden wird. Er bedeutet nämlich nicht dasselbe wie »Nichts«; eher ist der namenlose, ungeschaffene und unsterbliche »Hintergrund« unserer Realität gemeint.

Der Physiker Hans-Peter Dürr meint etwas Ähnliches, wenn er von »Unauftrennbarer Potenzialität« spricht. »Es« ist unteilbar und zugleich Quelle von unbegrenztem Potenzial. Wie man sieht, betritt man mit dem Thema »Gottesbilder« ein weites Feld. In allen genannten Varianten ist jedoch das Gebet möglich und sinnvoll. Menschen, die christlich aufgewachsen sind, wird es vermutlich leichter fallen, sich an den »lieben Gott« zu wenden als an eine »liebe unauftrennbare Potenzialität«. Dennoch können wir all diese Bedeutungsschattierungen beim Beten mitdenken und empfinden.