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Von den Fesseln des Kommunismus und der Fremdherrschaft befreit, hat das kleine Land am nordöstlichen Rand Europas eine schier unglaubliche Entwicklung genommen. Das graue Einerlei ist farbenfroher Lebensfreude gewichen. In Riesenschritten haben die Esten den Weg zurück nach Europa geschafft, und selbstbewusst nimmt der "Tigerstaat" seit der herbeigesehnten Unabhängigkeit seine Geschicke in die eigenen Hände. Im Jahr 2004 wurde Estland Mitglied der Europäischen Union, 2011 wurde der Euro eingeführt. Der Aufschwung spiegelt sich auch in der Zahl der Reisenden wider, denn jedes Jahr kommen mehr Touristen, von denen die meisten überrascht und begeistert wieder nach Hause fahren. Kein Wunder, denn Estland steckt voller Schönheiten. Das Schmuckstück und auch das Besuchsziel Nummer eins ist die Hauptstadt Tallinn – seit 1997 UNESCO-Weltkulturerbe – mit mittelalterlichem Altstadtkern und fast südländischem Flair während der hellen Sommermonate. In den engen, mit Kopfsteinen gepflasterten Gassen pulsiert das Leben und in den Restaurants, Cafés und Kneipen findet man kaum einen freien Platz.
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Seitenzahl: 234
ESTLAND
DER AUTOR
Christian Nowak, 1954 in Berlin geboren, veröffentlicht seit 1984 Reportagen und Fotos. Zudem sind bereits mehr als 50 Reiseführer und Bildbände von ihm erschienen. Seine Schwerpunkte liegen in Skandinavien und im Baltikum. Darüber hinaus interessieren ihn Inseln weltweit – von Irland über die Lofoten bis zu den Kapverden. Er ist Mitglied des Berliner Redaktionsbüros »Die Reisejournalisten« (www.die-reisejournalisten.de) und Mitherausgeber des Internetportals WeltreiseJournal (www.weltreisejournal.de).
Top 10: Übersichtskarte
Top 10: Das müssen Sie gesehen haben
Willkommen in Estland
Daten zur Landesgeschichte
Ein Rundgang durch die estnische Hauptstadt
Jenseits der Altstadt: Katharinental/Kadriorg
Service-Informationen Tallinn
Reiseregionen, Orte und Sehenswürdigkeiten
Die Inseln im Westen
Der Westen
Das Zentrum
Der Süden
Der Nordosten
Estland in Zahlen und Fakten
Anreise, Einreise
Auskunft
Automiete, Autofahren
Diplomatische Vertretungen
Einkaufen
Essen und Trinken
Feiertage, Feste, Veranstaltungen
Geld, Kreditkarten
Hinweise für Menschen mit Handicap
Internet
Klima, Kleidung, Reisezeit
Medizinische Versorgung
Mit Kindern in Estland
Nachtleben
Öffnungszeiten
Post, Briefmarken
Presse
Rauchen
Sicherheit
Sport und Erholung
Strände
Strom
Telefonieren
Trinkgeld
Unterkunft
Zeitzone
Verkehrsmittel
Zoll
Die wichtigsten Wörter für unterwegs
Tallinns Mythen und Legenden
Saunieren und Kuren
Die Seto im Südosten Estlands
Die estnischen Gutshöfe
Lesetipps
Register
Bildnachweis und Impressum
Zeichenerklärung
Top 10 Das müssen Sie gesehen haben, siehe vordere innere und hintere Umschlagklappe.Vista Point Reiseregionen, Orte und SehenswürdigkeitenSymbole Verwendete Symbole siehe hintere innere Umschlagklappe.Kartensymbol: Verweist auf den Link zu den Offline-Karten im Buch sowie zu Google Maps.Tallinn
S. 12–25B6/7/Google Map Hier schlägt das Herz des kleinen Landes. Der mittelalterliche Stadtkern und der grüne Vorort Kadriorg wirken wie quicklebendige architektonische Freilichtmuseen.
Hiiumaa
S. 28 ff. C–E1–3/Google Map Die hervorragend zum Fahrradfahren geeignete Ringstraße der Insel erschließt eine abwechslungsreiche Küste mit kleinen Dörfern und einsamen Stränden.
Kuressaare
S. 32 ff. F2/Google Map Eine alte Bischofsburg wie aus dem Bilderbuch findet sich im Hauptort auf Saaremaa, der größten estnischen Insel.
Vilsandi-Nationalpark
S. 34E/F1/Google Map Die Hauptinsel Vilsandi und die rund 160 weiteren kleinen und kleinsten Inseln im Nationalpark sind ein Vogelparadies. Vor allem im Frühjahr und Herbst tummeln sich hier unzählige Wasservögel.
Haapsalu
S. 36 ff. D4/Google Map Auf einer schmalen Landzunge liegt die kleine Altstadt des Kurorts mit der beeindruckenden Ruine einer alten Bischofsburg.
Pärnu
S. 41 ff. F6/Google Map Die Sommerhauptstadt Estlands besitzt – natürlich – einen schönen Sandstrand. Abwechslung bieten die Kurhotels.
Soomaa-Nationalpark
S. 45E/F7/8/Google Map Die fast menschenleere Landschaft lässt bei Moor- und Heidewanderungen oder Kanutouren jeglichen Zivilisationsstress vergessen.
Peipsisee
S. 47, 62D–F11/12/Google Map Der fünftgrößte See Europas wirkt wie ein Binnenmeer. Im Norden gibt es herrliche Sandstrände und an den Seeufern ursprüngliche Dörfer.
Tartu
S. 53 ff. F10/11/Google Map Das Ensemble klassizistischer Bauten rund um den Marktplatz und die studentisch geprägte, äußerst lebendige Kulturszene machen den Reiz Tartus aus.
Lahemaa-Nationalpark
S. 63 ff. A/B8/9/Google Map Im Land der Buchten liegen einige der schönsten Gutshöfe und Fischerdörfer Estlands.
Von den Fesseln des Kommunismus und der Fremdherrschaft befreit, hat das kleine Land am nordöstlichen Rand Europas eine schier unglaubliche Entwicklung genommen. Das graue Einerlei ist farbenfroher Lebensfreude gewichen. In Riesenschritten haben die Esten den Weg zurück nach Europa geschafft, und selbstbewusst nimmt der »Tigerstaat« seit der herbeigesehnten Unabhängigkeit seine Geschicke in die eigenen Hände. Im Jahr 2004 wurde Estland Mitglied der Europäischen Union, 2011 wurde der Euro eingeführt.
Der Aufschwung spiegelt sich auch in der Zahl der Reisenden wider, denn jedes Jahr kommen mehr Touristen, von denen die meisten überrascht und begeistert wieder nach Hause fahren. Kein Wunder, denn Estland steckt voller Schönheiten. Das Schmuckstück und auch das Besuchsziel Nummer eins ist die Hauptstadt Tallinn – seit 1997 UNESCO-Weltkulturerbe – mit mittelalterlichem Altstadtkern und fast südländischem Flair während der hellen Sommermonate. In den engen, mit Kopfsteinen gepflasterten Gassen pulsiert das Leben und in den Restaurants, Cafés und Kneipen findet man kaum einen freien Platz.
Aber auch die anderen Städte brauchen sich nicht zu verstecken: Die Sommerhauptstadt Pärnu lockt mit einem weiten Sandstrand und exzellenten Kureinrichtungen. Tartu, die zweitgrößte Stadt Estlands, besitzt die älteste Universität des Landes und um den Rathausplatz ein wunderschönes Ensemble klassizistischer Häuser. Auch die Altstadt von Haapsalu auf einer ins Meer vorspringenden Landzunge lohnt mit bunt gestrichenen Holzhäusern und der Ruine einer Bischofsburg aus dem 13. Jahrhundert den Besuch. Ebenso sehenswert ist die alte Hansestadt Narva an der russischen Grenze mit einer Festung.
Außerhalb der Städte ist Estland ein Eldorado für Naturliebhaber und Aktivurlauber, dünn besiedelt und mit weitgehend intakter Natur. Schon ein wenig skandinavisch-herb wirken die Wälder und Moore, endlos und menschenleer sind die meisten Strände entlang der Ostseeküste und an so manchem Binnensee warten schöne Sandstrände auf Entdeckung. Tere tulemast!
Kuressaare, die einzige Stadt auf der Ostseeinsel Saaremaa
Ab 4000 v. Chr.
Stämme finno-ugrischer Abstammung wandern aus dem Ural in die Gebiete des heutigen Estland und Finnland ein.
Um 600 v. Chr.
Die Wikinger beginnen ihre Raubzüge durch Nordeuropa und das Baltikum.
Ab 500 v. Chr.
Aufkommender Bernsteinhandel mit Südeuropa.
1202
Gründung des Schwertbrüderordens. In den darauf folgenden Jahren erobert und christianisiert diese Ordensgemeinschaft zusammen mit dem Deutschen Orden den Norden Europas.
Siegel des Schwertbrüderordens
1219
König Waldemar II. von Dänemark bricht zum Eroberungsfeldzug nach Estland auf und besiegt die Esten beim heutigen Tallinn. In der Folgezeit beginnt die Christianisierung Nordestlands.
1230
Die Stadt Reval, das heutige Tallinn, wird vom Schwertbrüderorden und deutschen Kaufleuten gegründet.
1237
Der Schwertbrüderorden geht im Deutschen Orden auf.
1248
Reval erhält Lübisches Recht, das bis ins 19. Jahrhundert Grundlage aller Rechtsgeschäfte blieb.
Um 1280
Reval wird Mitglied der Hanse.
1346
Dänisch-Estland wird von den Dänen an den Deutschen Orden verkauft. Dadurch entsteht der Livländische Staatenbund Altlivland unter politischer und militärischer Führung des Deutschen Ordens. Der Staatenbund ist in fünf Territorien, die Bistümer Dorpat, Oesel-Wiek, Kurland, Deutscher Orden und Riga aufgeteilt.
1370
Der Friede von Stralsund geht mit der Blütezeit der Hanse einher. Die fünf bedeutendsten Städte Estlands, Reval (Tallinn), Dorpat (Tartu), Fellin (Viljandi), Pernau (Pärnu) und Narva sind Mitglieder der Hanse, deutsch geprägt und organisiert.
1492
Iwan III. lässt am russischen Ufer des Grenzflusses Narva die mächtige Festung Iwangorod errichten. Ihr gegenüber liegt am estnischen Ufer die Ordensfeste. Beide Verteidigungsanlagen sind bis heute erhalten.
1523
Erste lutherische Prediger erreichen Reval (Tallinn) und bringen die Reformation nach Estland, die sich daraufhin sowohl bei den deutschen Kaufleuten als auch bei den Esten durchsetzt und den Katholizismus nach und nach verdrängt.
Deutschordensritter auf einer Miniatur aus dem Codex Manesse (1305–40)
1535
Erstmals erscheint ein Buch, ein lutherischer Katechismus, in estnischer Sprache.
1558–82
Der Livländische Krieg bringt das Ende des Ordensstaates. Zar Iwan IV., genannt der Schreckliche, fällt in Estland und Livland ein und schlägt den Deutschen Orden vernichtend. Reval (Tallinn) unterwirft sich zum Schutz vor den russischen Truppen dem schwedischen König, der die Privilegien der Ritterschaft garantiert. Der Süden Estlands um das heutige Tartu wird zusammen mit Lettland polnisches Lehen.
1582–84
Die Schweden vertreiben die Russen und bringen bis 1645 das gesamte heutige estnische Staatsgebiet unter ihre Herrschaft.
Schweden-König Gustav II. Adolf
In der Folgezeit werden die Machtbefugnisse des deutsch-baltischen Adels eingeschränkt.
1600–29
Polnisch-schwedischer Krieg, der mit dem Frieden von Altmark zu Ende geht. Für Estland und große Teile Lettlands beginnt somit die Schwedenzeit.
1632
Gründung der Universität Dorpat (Tartu) durch den schwedischen König Gustav II. Adolf.
1700–21
Im Nordischen Krieg siegt Russland gegen Schweden. Der russische Zar Peter I. erobert Estland und Reval, das heutige Tallinn. Ab 1710 beginnt die rund 200-jährige Zarenzeit im Baltikum. Im Frieden von Nystad wird Estland 1721 endgültig an das russische Zarenreich angegliedert, dieser Anschluss bleibt bis 1918 bestehen.
Unter Zar Peter I. kann der Adel seine von den Schweden eingeschränkten Privilegien wieder erweitern. Als Ergebnis der Aufklärung und auf Druck von Zar Alexander I. erfolgt eine Agrarreform.
1802
Die im Nordischen Krieg geschlossene Universität von Dorpat (Tartu) kann dank der Hilfe von Kaiser Alexander I. von Russland und der estländischen und livländischen Ritterschaft den Lehrbetrieb wieder aufnehmen.
Zar Peter der Große von Russland (1672–1725)
1802–65
Mehrere Agrarreformen führen zur Bildung eines freien Bauernstandes, zwischen 1816 und 1820 wird die Leibeigenschaft in Estland, Kurland und Livland abgeschafft.
Tallinn und Umgebung auf einer Postkarte aus dem Jahr 1816
1857
Wie in ganz Europa, beginnt auch in Estland die Zeit des nationalen Erwachens. Es erscheint die Volksausgabe des Epos »Das Lied vom Sohn des Kalew« (Kalevipoeg).
Ab 1869
Die Gründung der estnischen Sängerfeste geht einher mit einem »nationalen Erwachen«.
Ab 1885
Die Russifizierung erreicht ihren ersten Höhepunkt. Russisch wird als Behörden- und Unterrichtssprache eingeführt, auch die Universität Dorpat wird russisch.
1914–18
Während des Ersten Weltkriegs wird das gesamte Baltikum von deutschen Truppen besetzt. Mit dem Beginn der Oktoberrevolution 1917 in Russland entsteht in Estland eine nationale Bewegung.
24.2.1918
Ausrufung der Republik Estland, erster Ministerpräsident ist Konstantin Päts. Doch vorerst bleibt dieser Beschluss ohne große Wirkung, die eigentliche Unabhängigkeit wird erst im Freiheitskrieg von 1918–20 erkämpft. Der 24. Februar ist heute der Nationalfeiertag Estlands.
2.2.1920
Im Friedensvertrag von Tartu erkennt die Sowjetunion die Unabhängigkeit Estlands an, die Grenzen werden neu festgelegt.
1920–39
Aufbau des neuen, demokratischen estnischen Staates mit einem starken Parlament. Deutsche werden zur nationalen Minderheit. Schon 1919 führt eine Agrarreform zur Enteignung der deutschen Großgrundbesitzer. 1922 werden die baltischen Staaten in den Völkerbund aufgenommen. In der Folgezeit wird Estland politisch zunehmend instabiler, das Parteiensystem zersplittert. Im Jahr 1934 führt ein Staatsstreich zur Einführung eines autoritären Regimes unter Präsident Konstantin Päts, das sich bis 1939 hält.
1939
Die Sowjetunion und Deutschland verhandeln über die Zukunft des Baltikums. In einem geheimen Zusatzprotokoll zum Hitler-Stalin-Pakt kommen die beiden Großmächte überein, das Baltikum und Finnland der sowjetischen Interessenssphäre zuzuschlagen. Umsiedlung der Deutschbalten aus Estland und Lettland. Allen baltischen Staaten werden von der Sowjetunion Beistandspakte aufgezwungen.
1940
Einmarsch sowjetischer Truppen, Besetzung und Eingliederung in die Sowjetunion als estnische SSR. Erste große Verfolgungs- und Deportationswelle gegen die estnische Intelligenz setzt ein.
1941–44
Die Deutschen besetzen Estland. Selbstständigkeitsbestrebungen des Landes werden unterdrückt, estnische Juden ermordet, Esten zum Militärdienst einberufen und das Land wirtschaftlich ausgebeutet.
1944–49
Erneute Besetzung durch sowjetische Truppen. Es folgen weitere Deportationen und politische Säuberungen. Während des Zweiten Weltkriegs verliert Estland rund ein Viertel seiner Bevölkerung. Ab 1945 Beginn des Partisanenkampfes in allen baltischen Ländern gegen die russischen Besatzer. 1949 erneute Massendeportationen nach Sibirien.
1980
Die Segelwettbewerbe der Olympischen Spiele von Moskau finden in Pirita bei Tallinn statt. Aus diesem Anlass wird der Fernsehturm erbaut und die mittelalterliche Altstadt saniert.
1987
Erste öffentliche Proteste gegen die Sowjetherrschaft in Tallinn. Unter »Glasnost« und »Perestroika« wird die »Singende Revolution« immer stärker.
1988
Gründung von Volksfronten in allen drei baltischen Staaten. Souveränitätserklärung des Obersten Sowjets der Estnischen SSR, der den Vorrang der estnischen Gesetze festlegt.
1989
Rund eine Million Menschen bilden eine 600 Kilometer lange Menschenkette durch das Baltikum von Tallinn über Riga bis nach Vilnius. »Der Baltische Weg« ist auch ein Protest gegen die Nichtannullierung des Hitler-Stalin-Paktes.
1990
Wahlen zum Estnischen Kongress, einem Parallelparlament aller Personen mit estnischer Staatsangehörigkeit nach den Gesetzen der Vorkriegszeit. Dieser Kongress löst den Obersten Sowjet der Estnischen SSR ab.
»Der Baltische Weg«: um für die Unabhängigkeit Estlands zu protestieren, bildeten die Bürger die längste Menschenkette der Geschichte
1991
Der Vorsitzende des Obersten Rates der Republik Estland, Arnold Rüütel, und Präsident Boris Jelzin unterzeichnen in Moskau den estnisch-russischen Grundlagenvertrag. Referenden in allen drei baltischen Ländern ergeben eine deutliche Mehrheit für die Unabhängigkeit. In Estland stimmen 77,8 Prozent der Bevölkerung dafür.
Anerkennung der Unabhängigkeit der drei baltischen Staaten durch die Sowjetunion. Wiederherstellung der diplomatischen Beziehungen mit der Bundesrepublik Deutschland, Akkreditierung des ersten deutschen Botschafters, Unterzeichnung der KSZE-Schlussakte, Aufnahme Estlands in die Vereinten Nationen.
1992
Einführung einer eigenen Währung, der estnischen Krone. Referendum über die neue estnische Verfassung, die am 3. Juli in Kraft tritt. Im September werden Parlaments- und Präsidentschaftswahlen abgehalten. Der in der Protestbewegung der 1980er Jahre aktive Intellektuelle Lennart Meri wird vom Parlament zum Staatspräsidenten gewählt.
1993
Aufnahme Estlands in den Europarat.
1994
Abzug der letzten russischen Truppen aus dem Baltikum. Untergang der »Estonia«. Das schwerste Schiffsunglück der europäischen Nachkriegsgeschichte fordert im September 852 Menschenleben. Auch heute ranken sich noch immer zahlreiche Geschichten und Gerüchte um die Ursache der Katastrophe.
1995
Assoziierungsvertrag der baltischen Staaten mit der EU.
1997
Die Altstadt von Tallinn wird von der UNESCO in die Liste des Weltkulturerbes aufgenommen.
1998
Beginn der Beitrittsverhandlungen Estlands mit der EU.
2003
Referenden in allen drei baltischen Staaten zum EU-Beitritt, in Estland stimmen 67 Prozent mit Ja.
Als besterhaltene mittelalterliche Stadt Nordeuropas steht die Altstadt von Tallinn seit 1997 auf der Liste des UNESCO-Weltkulturerbes
2004
Estland wird im März Mitglied der NATO und tritt im Mai der EU bei. Außenpolitisch orientiert sich Estland an den skandinavischen Ländern.
2005
Bundespräsident Köhler nimmt an der Einweihung der wieder aufgebauten Johanneskirche in Tartu teil.
2006
Das Estnische Kunstmuseum KUMU im Tallinner Vorort Katharinental wird feierlich eröffnet. Der Name KUMU ist die Abkürzung von Kunstmuseum.
Sängerfest in Tallinn im Jahr 2014
2007
Andrus Ansip von der Reformpartei gewinnt die Wahlen und bleibt somit Premierminister.
Nach der Demontage eines sowjetischen Kriegerdenkmals kommt es zu gewalttätigen Auseinandersetzungen in Tallinn sowie zu Hackerangriffen auf staatliche Organe.
2011
Am 1. Januar wird der Euro eingeführt. Tallinn ist Europäische Kulturhauptstadt. Im Laufe des Jahres finden rund 7000 Veranstaltungen statt, wie ein roter Faden zieht sich durch alle Tallinns Beziehung zum Meer. Die Lage am Meer ist Segen und Fluch zugleich, weil seit jeher sowohl der Reichtum – die Europäische Kultur – als auch die fremden Invasionen über das Meer nach Estland kamen.
Bei der Parlamentswahl wird das bisherige Regierungsbündnis aus der liberalen Estnische Reformpartei und der konservativen Isamaa ja Res Publica Liit bestätigt. Ministerpräsident bleibt der seit 2005 regierende Andrus Ansip (Reformpartei).
2014
An dem alle fünf Jahre in Tallinn stattfindenden Liederfest nehmen mehr als 20 000 Sänger teil.
2015
Aus den Parlamentswahlen geht die Reformpartei mit 30 Sitzen als stärkste Partei hervor. Die zweitstärkste Fraktion stellt mit 27 Sitzen das Zentrum vor den Sozialdemokraten mit 15 Sitzen und der Union Pro Patria mit 14 Sitzen. Neu ins Parlament gewählt wurden die Freie Partei mit 8 Sitzen und die Konservative Volkspartei mit 7 Mandaten. Ministerpräsident ist seit 2013 Taavi Roivas von der Reformpartei.
2016
Der seit 2006 amtierende Staatspräsident Toomas Hendrik Ilves von den Sozialdemokraten darf bei den Wahlen nicht mehr antreten. Neue Präsidentin Estlands wird Kersti Kaljulaid, eine Wissenschaftlerin.
2017
Nach dem Verzicht Großbritanniens in Folge des Brexit-Votums übernimmt Estland in der zweiten Jahreshälfte die EU-Ratspräsidentschaft.
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Vormittag: Unterstadt
Virutor – Katharinengasse – Dominikanerkloster – Dicke Margarete – Olaikirche – Tallinner Stadttheater – Museum für Estnische Geschichte – Heiliggeistkirche – Rathaus.
Mittag
Einkehren mit Mittelalterflair im Olde Hansa (vgl. S. xx).
Nachmittag: Domberg
Langes Bein/Kurzes Bein – Burg – Alexander-Newski-Kathedrale – Domkirche.
TallinnB7/Google Map ist nicht nur auf dem Papier die Hauptstadt Estlands. Mit rund 440 000 Einwohnern ist es die größte Stadt des Landes, besitzt den wichtigsten Hafen, fungiert als Verkehrsknotenpunkt und Kulturmetropole. Es ist aber auch eine Stadt mit zwei Gesichtern – einem historischen und einem modernen. Seit der Unabhängigkeit hat Tallinn sich verändert und mächtig herausgeputzt.
In den hellen Sommernächten sind die Altstadtgassen voller Touristen, die das vielfältige Angebot an Restaurants, Cafés und Kneipen nutzen und auch die Kassen der Antiquitätenläden, Galerien und Kunsthandwerker füllen. Außerhalb der Altstadt boomt das moderne Tallinn, entstehen immer mehr Büro- und Warenhäuser, entwickelt sich die Stadt zu einer europäischen Metropole. Allerdings leidet auch Tallinn unter der Wirtschaftskrise, die den Bauboom deutlich verlangsamt hat.
Am Finnischen Meerbusen, estnisch »Soome Laht«: die estnische Hauptstadt Tallinn
Schon im Mittelalter begann man den Stadtkern zu befestigen, bis schließlich eine 2,4 Kilometer lange, bis zu 16 Meter hohe und zwei bis drei Meter dicke Mauer die Altstadt vollständig umschloss. Dank dieser mächtigen Stadtmauer, in die mehr als 40 Türme integriert waren, war Tallinn einst eine der am besten befestigten Städte im Ostseeraum. Heute ist der Ring der Stadtmauer ein wenig löchrig und auch von den Türmen ist nur noch gut die Hälfte erhalten geblieben.
Innerhalb der Mauern kann man durch Kopfsteinpflastergassen schlendern, die von schönen Häusern aus dem 11. bis 15. Jahrhundert gesäumt sind. Dieses mittelalterliche Kleinod hat die Jahrhunderte fast unbeschadet überstanden, dank der starken Mauern und der Verwendung nichtbrennbarer Baumaterialien. So ist es auch nicht verwunderlich, dass die UNESCO Tallinn 1997 als besterhaltene mittelalterliche Stadt Nordeuropas in die Liste des Weltkulturerbes aufgenommen hat.
Eine gute Möglichkeit, den Stadtrundgang durch die Unterstadt zu beginnen, bietet sich am VirutoraE3/Google Map, durch das man von Osten die Altstadt betritt. Biegt man hinter dem Virutor sofort nach rechts in die Müürivahe-Straße ein, kommt man zum Wollmarkt. Hier werden an Ständen, die sich an der Innenseite der Stadtmauer entlangziehen, in erster Linie handgestrickte Pullover, Mützen, Schals und Handschuhe mit typisch estnischen Mustern angeboten.
Nur wenige Schritte weiter kommt man zur Katharinengasse (Katariina käik) aD3/Google Map, die die Straßen Müürivahe und Vene miteinander verbindet. Wo einst die Gilden ihren Sitz hatten, verkaufen heute Kunsthandwerkerinnen hochwertige Souvenirs. In den mittelalterlichen Häusern entlang der engen Gasse kann man z. B. Schneiderinnen und Töpferinnen bei der Arbeit zuschauen. Auf der Vene-Straße, die lange den Namen Mönchsstraße trug, kommt man gleich hinter der Katharinengasse zum Dominikanerkloster (Dominiiklaste kloostri), einem der wichtigsten Kulturdenkmäler Tallinns. Während und nach der Reformation wurde ein Großteil des Klosters zerstört, bis heute sind ein Teil der Kirche, der Kreuzgang, der Kapitelsaal und Reste des Ostflügels erhalten geblieben.
Nun geht man die Vene-Straße weiter in nördlicher Richtung und folgt danach der Pikk-Straße. Hier geht es vorbei an den Drei SchwesternaC3/Google Map. Die besonders schönen Häuser, die ein Kaufmann im 14. Jahrhundert für seine drei Töchter errichten ließ, sind das Gegenstück zu den »Drei Brüdern« in Riga und beherbergen heute eines der besten und interessantesten Hotels der Stadt. Gleich darauf erreicht man schließlich die Dicke Margarete (Paks Margareeta) aC3/Google Map, einen Geschützturm aus dem 16. Jahrhundert. In seinem Inneren befindet sich das durchaus sehenswerte Museum für Seefahrt (Meremuuseum). Direkt neben der Dicken Margarete schließt sich die Große Strandpforte an. Sie war im Mittelalter eine von nur sechs Pforten, durch die man die Stadt betreten oder verlassen konnte. Durchschreitet man sie, kommt man zum Hafen.
Vom nördlichsten Punkt der Altstadt wendet man sich nun in Richtung Süden und folgt der Lai-Straße, in der einige sehr schöne mittelalterliche Bürgerhäuser zu bewundern sind. Doch zunächst gelangt man zur Olaikirche (Oleviste kirik) aC3/Google Map. Seit der erstmaligen Erwähnung Mitte des 13. Jahrhunderts ist sie mehrmals bis auf die Grundmauern abgebrannt. Ihr heutiges neogotisches Aussehen erhielt sie in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Berühmt war sie seit dem Mittelalter wegen ihres damals 159 Meter hohen Turmes, der bis ins 17. Jahrhundert der höchste der Welt gewesen sein soll.
Die Hausnummer 29 der Lai-Straße trägt das so genannte Huecksche HausaD2/3/Google Map. Laut einer Legende soll einst Zar Peter I. das Haus besucht und auch die beiden Linden davor gepflanzt haben. Das Gebäude mit der Hausnummer 23 und der breiten Vordertreppe beherbergt das Tallinner Stadttheater (Linnateater) aD2/Google Map.
Nun biegt man nach links in die Vaimu-Straße ein und gelangt bald wieder zur Pikk-Straße, die man weiter in südlicher Richtung entlanggeht. Mit dem Haus der Schwarzhäupterbruderschaft (Nr. 26), dem Haus der Olaigilde (Nr. 24), dem Haus der Kanutgilde (Nr. 20) und dem Haus der Großen Gilde (Nr. 17) kommt man zu einer ganzen Reihe bedeutender Häuser der Tallinner Stadtgeschichte. Im Schwarzhäupterhaus residierten einst die unverheirateten deutschen Kaufleute. Die Fassade ist im Stil der niederländischen Renaissance gehalten und zeigt die Wappen der Hansekontore von Brügge, Novgorod, London und Bergen. In der Olaigilde waren Handwerker schwedischer, finnischer und estnischer Herkunft, in der Kanutgilde deutschstämmige Handwerker und in der Großen Gilde die einflussreichsten Kaufleute und Reeder der Stadt organisiert. Heute ist in dem Gebäude das Estnische Historische Museum (Eesti Ajaloomuuseum) aD2/Google Map untergebracht.
Heute ein exklusives Hotel: die Drei Schwestern
Bevor man zum Rathauplatz geht, lohnt noch ein kurzer Abstecher in die Pühavaimu-Straße zur Heiliggeistkirche (Pühavaimu kirik) aD2/3/Google Map. Es ist die einzige Kirche Tallinns, die ihr Aussehen aus dem 14. Jahrhundert unverändert bewahrt hat. Auffällig ist die bunt bemalte Uhr an der nördlichen Außenwand aus dem Jahr 1864. Das Kircheninnere ist reich im Stil der Gotik verziert. Herausragend wegen seiner Gemälde und farbigen Holzskulpturen ist der Flügelaltar des Lübeckers Bernt Notke aus dem Jahre 1483.
Von der Heiliggeistkirche sind es nur noch wenige Schritte bis zum Rathausplatz (Raekoja plats), der seit Jahrhunderten das Zentrum der Altstadt bildet. Hier wurde schon immer gefeiert und Markt abgehalten, aber in früheren Zeiten diente er auch als Hinrichtungsstätte. Heute nehmen im Sommer die Freiluftcafés den Platz in Beschlag, auf ihm finden außerdem Open-Air-Konzerte, der Mittelaltermarkt, das Stadtfest und viele andere Kulturveranstaltungen statt.
Gerahmt wird der Rathausplatz lückenlos von mittelalterlichen Häusern, in einem der schönsten ist die Ratsapotheke (Raeapteek) untergebracht, die erstmals 1422 erwähnt wurde und damit eine der ältesten Apotheken der Welt ist. Sie verkauft immer noch Arzneimittel, ein kleines Museum zeigt medizinische Kuriositäten vergangener Jahrhunderte.
Der Turm des Rathauses
Das gotische Rathaus (Raekoda) ist eines der Wahrzeichen Tallinns und wurde erstmals 1322 urkundlich genannt. Noch heute wird es für feierliche Empfänge genutzt. Lohnend ist der Aufstieg über die Wendeltreppe des schlanken, achteckigen Rathausturmes, denn von der Aussichtsplattform überblickt man die ganze Stadt.
Den Rundgang durch die Unterstadt sollte man mit einem Besuch des Restaurants Olde HansaaE3/Google Map beschließen. Im Kerzenlicht sitzt man an langen Holztischen auf Wildschweinfellen und lässt sich bei leiser mittelalterlicher Musik saftige Stücke von Wildschwein oder Lachs schmecken. Dazu passt vorzüglich ein Honigbier.
Im Mittelalter existierten innerhalb der Altstadtmauern zwei getrennte Siedlungen: die Unterstadt und der Domberg (Toompea) aD/aE1/2/Google Map. In der Unterstadt wohnten und arbeiteten die Kaufleute und Handwerker, auf dem Domberg residierten die Adligen und die Geistlichkeit.
Von der Unterstadt erreicht man den Domberg auf zwei verschiedenen Wegen, über das Lange Bein (Pikk jalg) und das Kurze Bein (Lühike jalg). Über das Lange Bein gelangten früher die Kutschen auf den Domberg, Fußgänger nahmen die Treppenstufen des Kurzen Beins.
Schon Anfang des 11. Jahrhunderts begannen die Dänen nach der Eroberung der estnischen Festung auf dem Domberg eine Burg zu errichten. Sie sollte für mehrere Jahrhunderte der Sitz der jeweiligen Staatsmacht werden – hier residierten deutsche Ordensritter, dänische und schwedische Könige und russische Kaiser. Die Burg wurde im Laufe ihrer langen Geschichte mehrfach zerstört und umgebaut, ihr heutiges, spätbarockes Aussehen erhielt sie im 18. Jahrhundert von Katharina II. Heute wird der Bau als Sitz der estnischen Regierung und des Parlaments genutzt. Die mittelalterliche Ordensburg besaß einst vier Wehrtürme, von denen nur der Lange Hermann (Pikk Hermann) aE1/Google Map an der Südwestspitze der Festung vollständig erhalten geblieben ist, auf dessen Spitze weht seit 1989 wieder die blau-schwarz-weiße Staatsfahne von Estland.
Die orthodoxe Alexander-Newski-Kathedrale in Tallinn
Gegenüber der Burg erhebt sich die reich geschmückte, orthodoxe Alexander-Newski-Kathedrale (Aleksander Nevskin katedraali) aE2/Google Map. Sie wurde Ende des 19. Jahrhunderts an prominenter Stelle errichtet, um der Russifizierungspolitik des Zarenreiches Nachdruck zu verleihen. Die größte Kuppelkirche Tallinns prägt schon aus der Ferne die Silhouette der Stadt.
Über die Toom-Kooli tänav, die Schulstraße, gelangt man zur Domkirche (Toomkirik) St. Marien aD/aE2/Google Map. Eine Holzkirche hat hier wohl schon Anfang des 11. Jahrhunderts gestanden, der Dom, wie er sich heute präsentiert, stammt aus der Mitte des 15. Jahrhunderts. Erst 1779 wurde der spätbarocke Westturm hinzugefügt. Im Inneren der Kirche fallen an den Wänden die aufwändig verzierten Wappen deutschbaltischer Adelsfamilien auf, sehenswert sind auch die Grabplatten bekannter Persönlichkeiten.
Auf dem Domberg residierte seit dem Mittelalter der estnische Landadel, so ist es kein Wunder, dass im Laufe der Zeit viele prachtvolle Stadtpaläste entstanden. Die meisten erhielten nach dem Brand von 1684 ihr heutiges, klassizistisches Äußeres. Eines der schönsten Häuser, Mitte des 19. Jahrhunderts für die estnische Ritterschaft im Stil eines italienischen Palazzo erbaut, befindet sich am Kiriku plats gegenüber dem Domchor. Viele der prächtigen Häuser erhielten ihr klassizistisches Aussehen nach dem Brand von 1684. Bekannte Adelsfamilien nutzten sie als Winterdomizil: In der Kohtu 2 wohnte der Polarforscher Eduard von Tolli, in der Kohti 4 residierten die von Uexkülls, in der Kohtu 6 die von Ungern-Sternbergs und in der Kohtu 8 die von Kaulbars.
Von der Aussichtsplattform am Ende der Gerichtsstraße genießt man einen schönen Blick auf die Unterstadt, den Hafen und die Bucht von Tallin bis hinaus nach Pirita. Aus der Vogelperspektive wirkt das Altstadtpanorama wie ein Meer aus eng beieinander liegenden roten Dächern, das von den Türmen der Olaikirche, Nikolaikirche und Heiliggeistkirche sowie des Rathauses überragt wird. Der Blick kann bei klarer Sicht aber noch viel weiter schweifen, mit etwas Glück sieht man auch große Teile des modernen Tallinn wie die Vororte Pirita, Kadriorg und Lasnamäe.
Besonders zum Sonnenuntergang ist die Aussichtsplattform ein beliebter Treffpunkt.
Eine weitere Aussichtsplattform befindet sich an der Nordspitze des Domberges nahe der Patkulschen Treppe. Von hier bietet sich ein etwas anderer Blickwinkel auf die Unterstadt, zudem ist linker Hand die Fassade des Stenbockschen Hauses zu sehen. Dieser dreistöckige klassizistische Bau mit sechs dorischen Säulen ist eines der auffälligsten Gebäude auf der Nordseite des Dombergs. Geplant als Gerichtsgebäude, wurde es 1792 der Stadtpalast des Grafen Stenbock. Heute wird es von der Regierung genutzt.
Tallinns Mythen und Legenden
Nach einer Legende ist der DombergaD/aE1/2/Google Map der Grabhügel des mythischen Königs Kalev. Als Kalevs Witwe Linda das Grab für ihren Mann fast fertig hatte, fiel sie erschöpft zu Boden und brach in Tränen aus. Sie vergoss so viele Tränen, dass sich aus ihnen der Ülemiste-SeeB7/Google Map in der Nähe des heutigen Flughafens bildete. Nach einer weiteren Sage lebt im Ülemiste-See ein böses grünes Männchen, das jedes Jahr in der dunkelsten Herbstnacht aus dem Wasser steigt und den Stadtwächter fragt, ob denn Tallinn schon fertig sei. Doch dies verneint der Wächter jedes Mal, wohlwissend, dass sich das Männchen geschworen hat, die fertige Stadt mit dem Seewasser zu überfluten.
Sagenumwoben: der Bau der Olaikirche
Auch um den Erbauer der OlaikircheaC3/Google Map rankt sich ein Mythos. Die Stadtväter beschlossen, den höchsten Kirchturm der Welt von einem geheimnisvollen Fremden bauen zu lassen. Er verlangte allerdings viel mehr Lohn, als die Stadtherren zahlen konnten. Doch er versprach auf seinen Lohn zu verzichten, wenn jemand seinen Namen erraten würde. Erst als der Fremde das Kreuz auf der Turmspitze aufrichtete, fanden sie seinen Namen heraus und riefen: »Olaf, das Kreuz sitzt schief!« Vor Schreck verlor der Fremde das Gleichgewicht und stürzte hinab. Als er sterbend auf dem Pflaster lag, entwichen aus seinem Mund eine Schlange und eine Kröte – ein untrügliches Zeichen, dass er sich mit dem Teufel verbündet hatte. Noch heute gibt es einen Zenotaph aus dem 16. Jahrhundert – ein Skelett mit Schlange und Kröte – an der Außenseite der Kirche.
Der grüne Stadtteil Katharinental liegt ca. drei Kilometer östlich der Altstadt und ist gut zu Fuß oder mit der Tram Nummer 1 und 3 zu erreichen. Wegen der Nähe zum Meer und den ausgedehnten Parks schätzen die Tallinner Kadriorg am Wochenende als Naherholungsgebiet. Die größte Sehenswürdigkeit ist das prächtige Barockschloss KadriorgbB1/Google Map, das Zar Peter I. Anfang des 18. Jahrhunderts für seine Frau Katharina als Sommerresidenz errichten ließ. Mit dem Bau des Schlosses beauftragte er den italienischen Architekten Niccolo Michetti. Für Michetti war es der erste Auftrag am Zarenhof, doch Kadriorg gefiel dem Herrscher so gut, dass weitere Aufträge folgten. Bald stieg Michetti zu einem der bekanntesten Architekten Russlands auf.