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Nach der vorgezogenen Bundestagswahl geht es an die Regierungsbildung, zu der die FDP, die die Ampel-Koalition letztlich zum Platzen gebracht hat, wahrscheinlich nicht mehr gebraucht wird. Aber was ist mit den Grünen, deren klimaneutral moralisierende Besserwisserei mit Hang zum Staatsdirigismus längst zur Bedrohung des Wirtschaftsstandorts Deutschland geworden war? Gar mit der SPD, die eben noch gar nicht wusste, wo ihr der Kopf steht und ihn deshalb in den Treibsand vergangener Klassenkampfzeiten steckte? Der wohl künftige Bundeskanzler Friedrich Merz kämpft derweil nicht nur mit den notorischen Tücken einer Koalitionsbildung, sondern auch mit weit verbreiteten, auch in den öffentlich-rechtlichen Medien virulenten Ressentiments gegen den »herzlosen« Privatflieger mit »neoliberalem« Finanzhintergrund. In diese Gemengelage wollen Henryk M. Broder und Reinhard Mohr, bewährte Beobachter der irren deutschen Zustände, ein wenig Ordnung und Orientierung bringen. Ein Bericht zur Lage der Nation, in der sich der lange vorherrschende grüne Zeitgeist im Sinkflug befindet und neue liberalkonservative Perspektiven sich erst noch in der Realität beweisen müssen. Von rechts und links außen wird es genug Störfeuer geben. Anknüpfend an ihren Bestseller Durchs irre Germanistan. Notizen aus der Ampel-Republik betrachten, protokollieren und resümieren die beiden Autoren mit den Verhältnissen schmerzhaft abgerungenem Resthumor, Ironie und gebotener Schärfe, wie sich das Land im politischen Umbruch präsentiert.
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Seitenzahl: 216
Veröffentlichungsjahr: 2025
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HENRYK M. BRODER
REINHARD MOHR
WIRD JETZT ALLES BESSER?
EUROPAVERLAG
1. eBook-Ausgabe 2025
© 2025 Europa Verlag in der Europa Verlage GmbH, München
Umschlaggestaltung: wilhelm typo grafisch, Zollikon, unter Verwendung einer Abbildung von Uniyok / Harry_de / Shutterstock.com
Layout & Satz: Margarita Maiseyeva
Redaktion: Franz Leipold
Konvertierung: Bookwire
ePub-ISBN: 978-3-95890-647-1
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VORBEMERKUNG
VORWORT
GUTE NACHT, DEUTSCHLAND!
KAPITEL 1 Märchenland im Phrasennebel – das Narrativ zählt, nicht die Wirklichkeit
WAS JETZT GESCHEHEN MUSS!
WO, BITTE, GEHT’S ZUR MITTE?
HEY DIGGA, HIER GIBT’S DIE HARTEN NEWS!
MANNO, ECHT HARTE ZEITEN!
DEUTSCHLAND EINIG PHRASENLAND
UND EWIG BLUBBERT DIE MEDIENBLASE
SO VIEL BEDARFE GAB’S NOCH NIE!
VORWÄRTS IMMER, RÜCKWÄRTS NIMMER!
DISKRIMINIERUNGSERFAHRUNGEN EINES SAUERLÄNDERS
KAPITEL 2 Zeitgeistwandel – kommt jetzt der politische und gesellschaftliche Umschwung?
DIE WEINMESSE – EIN DEUTSCHES KULTURGUT
STOLZ UND VORURTEIL
DIE BANK MUSS WEG!
GRÜNE PARALLELWELTEN
WIR SIND DOCH KEINE BANANENREPUBLIK!
VAMOS A LA PLAYA – GERMANISTAN LEBT AUCH AM STRAND!
UND ERKÄMPFT DAS MENSCHENRECHT!
FRIEDRICH MERZ – EIN BABYBOOMER IM KANZLERAMT
DER TYPUS ROBERT HABECK – ein grüner Wanderprediger, der zum gefallenen Engel wurde
MAL EBEN WAS ZUR WELTLAGE
MEINE KLEINE STRASSE
ENDLICH FREI: DER TYPUS DES EX-POLITIKERS
WO KOMMEN SIE ALLE PLÖTZLICH HER, die friedliebenden Putin-Freunde?
ASIATENSCHWEMME IN DER »ATSCHEL«
DAS LAND, IN DEM DIE MELDESTELLEN BLÜHEN
A BISSEL SCHARIA DARF SCHO SEI
KAPITEL 3 Quo vadis Germanistan – wohin treibt die Republik?
WO IST DER OPTIMISMUS GEBLIEBEN?
KAMPF DEM RECHTSRUCK!
HEIM INS REICH?
WENN DAS MAL KEINE WENDE ZUM BESSEREN IST!
DER UNTERGANG ALS WAFFE IM KULTURKAMPF
WAS IST EIGENTLICH ÜBERHAUPT NOCH DEUTSCH?
FRAG DOCH MAL DIE MAUS ODER WER WEISS DENN WAS?
GENDER-CHAOS IN DER DAMENUMKLEIDE
DAS SCHAUEN WIR UNS NOCH MAL GENAU AN!
DIE PSYCHIATRIE IST FÜR ALLE DA
LOS WOCHOS ANTIFACISTAS oder die Auschwitzkeule als letzte Waffe einer verkommenen Linken
VON OMAS UND OPAS
EINE DITIB-MOSCHEE BEDROHT AUTONOMES ZENTRUM – bunter geht’s nicht
BLOSS WEG AUS GERMANISTAN!
FRÜHSTÜCKEN SIE UNBEDINGT! Oder lassen Sie es bleiben! Aber essen Sie mehr Senf!
LETZTE MELDUNG
UNSERE DEMOKRATIE
NACHWORT Wie die Zeit vergeht – was kommt, was geht, was bleibt?
»Manchmal beneide ich diese Leute um ihre Sicherheit, mit der sie an Problemen vorbeigehen.«
Brigitte Reimann, DDR-Schriftstellerin, über linientreue SED-Funktionäre, Tagebucheintrag vom 5. März 1963
Große Männer machen Geschichte – so haben es viele in ihrer Schulzeit gelernt. Später hieß es: Nein, Wirtschaft und Gesellschaft, »soziale Strukturen«, sie bestimmen den Lauf der Dinge. Seit Donald Trump zum zweiten Mal amerikanischer Präsident geworden ist, wissen wir: Ja doch, ein einzelner Mensch, wie auch immer er an die Macht gekommen ist, kann die halbe Welt in Turbulenzen und das eigene Land ins Chaos stürzen. Willige Helfer finden sich immer.
Während die einen Trump für einen monströsen Idioten halten und die anderen ihm auf dem Weg ins Gelobte Land der Zukunft fanatisch ergeben sind, ist immerhin ein kleines, aber lange fälliges Wunder passiert: Europa wacht auf, dreht sich um und merkt: Wir sind allein – und wir müssen was tun. Viel mehr als bisher, um uns gegen die russische Aggression zu verteidigen. »Kriegstüchtig« sind wir deshalb noch lange nicht. Wir wollen es auch gar nicht sein, sondern lieber den nächsten Sommerurlaub am Meer planen. Aber Putin – und jetzt auch Trump – zwingen uns zu einer massiven Aufrüstung, die nur einem Ziel dient: den Krieg zu verhindern und die europäische Freiheit zu verteidigen. Die Drohkulisse muss nur stark genug sein.
All das passiert wie im Zeitraffer.
Deshalb auch die Hunderte Milliarden, die die neue schwarzrote Bundesregierung schon vor ihrer Vereidigung geradezu in Lichtgeschwindigkeit mobilisiert hat. Ein echter Parforceritt – und eine Wette auf die Zukunft. Zugleich ein Aufbruchssignal: Der designierte Bundeskanzler Friedrich Merz hat ohne eigenes Zutun den Kairos erwischt, den Augenblick, in dem sich die Dinge entscheiden. Er sollte ihn nutzen. Dann wird nicht alles gut, aber vieles besser.
Der politische Umschwung ist im Gang. Wir zeichnen ihn nach.
Drei Jahre Ampel-Republik hatten genügt, um das Land in einen Zustand aus Wut und Verzweiflung, Resignation und Ratlosigkeit zu versetzen. Nie war eine Bundesregierung unbeliebter gewesen, nie war ihre Inkompetenz offensichtlicher – und nie wurde der Abgrund zwischen Realität und Regierungshandeln, zwischen Wunsch und Wirklichkeit derart virtuos mit Phrasen, Allgemeinplätzen und Kalenderweisheiten zugekleistert. Mississippi, der ärmste Bundesstaat der USA, weist pro Kopf inzwischen ein ähnliches Bruttosozialprodukt auf wie Deutschland, die stärkste Wirtschaftsmacht in der EU.
Immer neue potemkinsche Kulissen à la »grünes Wirtschaftswunder« wurden vor die politische Trümmerlandschaft geschoben, aber irgendwie ging es immer weiter im Märchenland Germanistan, wo die nachhaltige Produktion von »Narrativen« – ideologischen Nebelschwaden – immer neue Rekorde erklomm. Der Baron von Münchhausen, Felix Krull und Quax, der Bruchpilot, gaben sich die Hand, und noch im freien Fall versprach der Bundeskanzler unverdrossen: »You’ll never walk alone!« – »Niemand wird zurückgelassen!«
Dass da kaum noch jemand mitgehen wollte und die Kanzlerpartei SPD bei rund 15 Prozent, in Sachsen und Thüringen knapp über fünf Prozent herumdümpelte, spielte keine Rolle. Dem unerschütterlichen Selbstvertrauen von Kanzler Scholz mit auffälligen Zügen einer autoimmunen Selbstsuggestion konnte nicht einmal die Tatsache etwas anhaben, dass CDU und CSU in der Wählergunst monatelang doppelt so stark waren wie die drei Parteien der Ampelregierung zusammen – Olaf Scholz setzte auf Zarah Leander, die einst mit dräuender Inbrunst schmetterte: »Ich weiß, es wird einmal ein Wunder gescheh’n!« Freilich hat sie auch das legendäre Lied von Werner Richard Heymann gesungen: »Das gibt’s nur einmal, das kommt nicht wieder!«
Und so kam es schließlich. Die Ampel ist weg und kommt so bald nicht wieder. Und mit ihr ist auch Olaf Scholz in der Versenkung verschwunden, der im November mit seiner vom Teleprompter abgelesenen stillosen Tirade gegen den von ihm entlassenen Finanzminister Christian Lindner noch einmal unter Beweis gestellt hatte, dass er dem Amt des Bundeskanzlers nicht im Ansatz gewachsen war.
Aber auch die Koalitionspartner hatten sich keineswegs mit Ruhm bekleckert: Die vermeintlich Liberalen von der FDP, die so viele rot-grüne Projekte, von der mafiafreundlichen Cannabisfreigabe über das sagenhafte Bürokratiemonster »Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz« bis zum neuen Selbstbestimmungsgesetz (»Ab morgen heiße ich Petra …«) durchgewunken haben, sind aus dem Bundestag geflogen. Und die Grünen, deren regelwütige, marktwirtschaftsfeindliche und klimaneutral moralisierende Besserwisserei inzwischen zur Bedrohung des Wirtschaftsstandorts Deutschland geworden ist, sind krachend an ihren hochfliegenden Ambitionen gescheitert und landeten in der Opposition. Derweil hat die SPD, die gar nicht mehr weiß, wo ihr der Kopf steht, und ihn deshalb zeitweise in den Treibsand vergangener Klassenkampfparolen steckte, eine neue Chance als Co-Regierungspartei neben der erstarkten Union erhalten.
Und der designierte Bundeskanzler Friedrich Merz? Er muss mit diesen – freilich arg gerupften – Sozialdemokraten eine Regierung bilden, die ihn eben noch als jemanden beschimpften, der das »Tor zur Hölle« aufgestoßen habe. Derweil lastet immer noch das schwere Erbe von 16 Merkel-Jahren auf dem Land. Eine Folge: die schiere Verdopplung der AfD, die womöglich nur noch eine Bundestagswahl von der strukturellen Mehrheitsfähigkeit entfernt ist und die politische Mitte immer weiter zusammenschrumpfen lässt – so wie in vielen anderen europäischen Ländern.
In dieser schwierigen Gemengelage geht es darum, ein wenig Orientierung anzubieten, soweit das in diesen irren Zeiten möglich ist, für die auch US-Präsident Donald Trump immer neue, abenteuerliche Überraschungen bereithält, wie der Eklat beim Besuch des ukrainischen Präsidenten Selenskyj im Weißen Haus gezeigt hat, der den Bruch der atlantischen Allianz offenlegte. Eine historische Zäsur mit unabsehbaren Folgen.
Kurz: ein Bericht zur Lage der Nation, in der sich der lange vorherrschende grüne Zeitgeist im Sinkflug befindet und neue liberalkonservative Perspektiven sich erst noch in der auch international aufgewühlten Realität beweisen müssen. Von rechts und links außen wird es genug Störfeuer geben, ganz zu schweigen von den globalen Herausforderungen.
Frei nach Galileo Galilei: Und es bewegt sich doch! Es dreht sich was im Land. Hier und da geht es schon an die ersten Aufräumarbeiten, ob in der Wirtschafts-, Sozial- oder Migrationspolitik. Selbst in den öffentlich-rechtlichen Medien ändert sich allmählich die Tonlage, auch wenn viele festangestellte ARD- und ZDF-Redakteure immer noch glauben, dass sie Botschaften zu überbringen haben und keine Nachrichten.
Bis eben galt noch das, was Jochen Buchsteiner in der FAZ beschrieb: »Wer von robuster Führung träumte oder von mehr Stolz auf die Nation, wer vor kulturellen Unvereinbarkeiten warnte oder vor dem Verlust althergebrachter Werte, galt als gefährlich gestrig. Plötzlich ist es andersherum, und Diskutanten müssen sich rechtfertigen, wenn sie Migrationsprobleme schönreden, aufs Gendern bestehen oder extreme Klimaschutzmaßnahmen fordern. Noch ist das nur eine Tendenz, aber der Wind aus Amerika wird sie verstärken.
Gesellschaftspolitisch erlebt der Westen nicht weniger als ein Gegen-68, auch wenn das linke Erbe in Kulturbetrieben, Universitäten und vielen Redaktionsstuben noch eine Weile nachhallen dürfte. Mit Verzögerung wird der rechte Marsch durch die Institutionen auch dort ankommen. Das Berliner ›Lichtermeer gegen den Rechtsruck‹ verströmt schon heute die Aura der Defensive.«
Wie Goethe nach der Kanonade von Valmy am 20. September 1792 sagte: »Und wir können sagen, wir sind dabei gewesen.« Auch im Rückblick zeigt sich, dass die gesellschaftlichen Veränderungen nicht über Nacht kommen. Die Wirklichkeit braucht Zeit, um ihre Botschaften loszuwerden. Deshalb haben wir noch einmal genau hingeschaut – ob kleine Begebenheiten oder große Auftritte, Parteitage, Talkshows, Straßenumfragen, Shitstorms oder Feuilletondebatten, soweit sie, im Angedenken an Frank Schirrmacher, überhaupt noch stattfinden. Sogar in das eine oder andere Wahlprogramm hatten wir einen kurzen Blick geworfen, stets ein Quell froher Zukunftserwartung, politische Poesiealben in Funktionärsdeutsch. So entsteht ein Kaleidoskop der Post-Ampel-Republik aus der Tiefe des Raumes derart vieler großer und kleiner »Zeitenwenden«, dass man schon mal den Überblick verlieren kann.
Plötzlich können die deutschen Grenzen doch kontrolliert werden, wenn auch mit überschaubarem Erfolg. Asylzentren an den europäischen Außengrenzen sind kein Tabu mehr, ebenso wenig wie der Zusammenhang zwischen illegaler Migration und steigender Gewaltkriminalität. Nun gibt es doch Grenzen der Belastungsfähigkeit unserer Gesellschaft, gescheiterte Integration und einen aggressiven Antisemitismus, der mit der muslimischen Einwanderung angestiegen ist – ebenso wie Homophobie und Frauenfeindlichkeit.
Nicht einmal mehr die teure und ineffektive »Energiewende« ist sakrosankt. Gendern ist nicht mehr obercool, das »Bürgergeld« gilt als »Stuttgart 21« einer aus dem Ruder gelaufenen Sozialpolitik und die deutsche Verwaltungsbürokratie als Monster von Loch Ness, das die wirtschaftliche Dynamik Deutschlands verschlingt. Und dass in vielen Grundschulen ein Großteil der Kinder auch mit zehn Jahren noch nicht richtig lesen und schreiben kann, wird nicht mehr automatisch »fehlenden Lehrern« und der »Schuldenbremse« zugeschrieben.
Als Bob Dylan sein berühmtes Lied des großen Aufbruchs »The Times They Are A-Changin’« sang, hatte er ganz anderes im Sinn. Doch auch im Frühjahr 2025 stehen die Zeichen auf Veränderung. Und die Zeit drängt. Statt um perfekte Gendergerechtigkeit, vierteljährlich wechselnde Geschlechtseinträge und non-binäre Umkleidekabinen geht es nun um die westlich-europäische Freiheit insgesamt.
Anknüpfend an den Bestseller Durchs irre Germanistan. Notizen aus der Ampel-Republik folgt hier ein vorläufiges, hoffentlich unterhaltsames Resümee des politischen Umbruchs – nicht ohne die gewohnte Ironie, aber in gebotener Schärfe.
Reinhard Mohr, Henryk M. Broder Berlin im März 2025
Die Bundestagswahl am 23. Februar war vieles – ein Weckruf, ein Sieg der Demokratie gegen die Kräfte der Finsternis, eine große Wählerwanderung –, nur eines war sie nicht: ergebnisoffen. Schon Wochen vor dem Urnengang stand fest, dass die Union gewinnen, die AfD vor allem im Osten der Republik die Nase weit vorne haben und die SPD tief abstürzen würde. Fraglich war nur, ob die »kleinen Parteien«, also die FDP, die Linke, die Wagenknecht-Truppe und die Grünen, den Einzug in den Bundestag schaffen würden. Es kam wie erwartet. Der FDP ging auf der Zielgeraden die Luft aus, Wagenknecht fehlten nur ein paar Tausend Stimmen zum erhofften Glück, die Grünen mussten Federn lassen. Die einzige echte Überraschung war das unerwartet gute Abschneiden der bereits totgesagten Linken, das von Analysten auf eine kurze Rede der Spitzenkandidatin im Bundestag zurückgeführt wurde, die sie mit den Worten »Gegen den Faschismus in diesem Land, auf die Barrikaden!« beendete. Alles Übrige war das übliche Prozedere. Kaum lagen die ersten Prognosen vor, wurde schon über die möglichen Koalitionen spekuliert. Schwarz-Rot, Rot-Rot-Grün, Schwarz-Rot-Grün. Die einzige Farbe, die in diesen Überlegungen nicht vorkam, war Blau. Mit über 20% der Stimmen war die AfD zur zweitstärksten Kraft aufgestiegen, schaffte aber nicht den Sprung über die »Brandmauer«. Kein Politiker aus der »demokratischen Mitte« mochte sich zur Zusammenarbeit mit »denen da« bekennen, nicht mal ansatzweise.
Wie Millionen anderer Wähler saß auch ich vor dem Fernseher, einem nagelneuen Samsung-Gerät, und schaltete zwischen der ARD, dem ZDF und Welt TV hin und her. Hieß es auf einem Kanal, das BSW wäre »drin«, wechselte ich zu einer Station, deren Vorhersagen mir besser gefielen – und später tatsächlich eintrafen. Als Zuschauer am Abend nach einer Wahl ist man in einer kommoden Situation: mittendrin und doch nicht dabei. Und immer in einem Déjà-vu, weil man alles, das gesagt wird, schon gehört hat, einmal, zweimal, immer wieder. Ein Politikwissenschaftler sprach von einem »Regierungswechsel ohne Regierungsauftrag« in einem »Wettbewerb der Unbeliebten«; Thorsten Frei, Parlamentarischer Geschäftsführer der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag, sagte, es gehe jetzt »um die Zukunft unseres Landes«; Matthias Miersch, kommissarischer Generalsekretär der SPD, räumte eine »historische Niederlage« seiner Partei ein; Alice Weidel, die Vorsitzende der AfD, gab sich versöhnlich und versprach: »Unsere Hand wird immer ausgestreckt bleiben«; der neue Co-Vorsitzende der Linken, Jan van Aken, konnte sich vor Freude über das »unvorstellbar« gute Ergebnis der SED-Erben kaum beruhigen; Wolfgang Kubicki, Stellvertreter von Christian Lindner, gab zu, er und die FDP wären »unter unseren Erwartungen geblieben«, er sei aber »solche Abende gewöhnt«; Robert Habeck, der Kanzlerkandidat der Grünen, zeigte sich »stolz, dass wir uns aus dem Umfrageloch herausgekämpft haben«; Olaf Scholz, amtierender Bundeskanzler, blickte kurz zurück (»Das letzte Mal war das Ergebnis besser«) und versprach, er werde sich »mit dem Ergebnis der AfD niemals abfinden«. Annalena Baerbock nahm das Ende der Ampel stoisch zur Kenntnis: »Immer, wenn man die Regierung bildet, schlägt man ein neues Kapitel auf.«
Saskia Esken, Co-Vorsitzende der SPD, antwortete auf die Frage, ob es ein Fehler gewesen wäre, mit Olaf Scholz als Spitzenkandidaten anzutreten, es sei »ein bitterer Abend für die SPD« gewesen. Und: »Wir haben gemeinsam verloren.«
Und so ging es Stunde um Stunde weiter. Was ich sah und hörte, war zugleich ernüchternd und einschläfernd; in Tabletten gepresst, könnte man es wie Neurexan bei nervösen Unruhezuständen und Schlafstörungen einsetzen. Der einzige Politiker, der wie ein Kernkraftwerk strahlte, war der bereits erwähnte Jan van Aken, ein promovierter Biologe und kurzfristig auch als Biowaffeninspekteur für die Vereinten Nationen tätig.
Im Wahlkampf stellte er sich bei seinen Auftritten mit dem Satz vor: »Mein Name ist Jan van Aken, und ich finde, es sollte keine Milliardäre geben«, denn: »Milliardäre sind eine echte Gefahr für diese Demokratie«, Leute wie Elon Musk, der »Rechte in der ganzen Welt unterstützt«, allein deswegen dürfe es »keine Milliardäre mehr geben«. Worauf ihm jedes Mal ein Beifall entgegenschlug, als hätte er die Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens für alle vorgeschlagen, die seine Partei wählen würden.
Das waren also die ersten wegweisenden Wahlen nach der von Kanzler Scholz ausgerufenen Zeitenwende, denen alle entgegengefiebert hatten. Weg mit der Ampel, die sich selbst im Wege stand, hin zu klaren Verhältnissen! Um die parlamentarische Arbeit zu optimieren, hatte man sogar das Wahlgesetz geändert und den Bundestag von 735 auf 630 Sitze rückgebaut.
Dumm nur, dass man die Reform nicht ganz durchdacht hat. Entsprechend dem neuen Wahlgesetz kann es vorkommen, dass ein Kandidat, der die meisten Stimmen bekommen hat, seinen Wahlkreis nicht im Bundestag vertreten kann. Warum das so ist, kann ich nicht erklären, weil ich die Erklärungen, die in den Tagesthemen und im heute-journal verbreitet wurden, nicht verstanden habe. Alle anderen Wahlberechtigten, also 59 Millionen und 200000, vermutlich auch nicht. Aber es ist so. »23 Bewerberinnen und Bewerber für ein Abgeordnetenmandat ziehen nicht in den 21. Deutschen Bundestag ein, obwohl sie in ihren Wahlkreisen die meisten Erststimmen auf sich versammeln konnten. Grund ist das im Juni 2023 in Kraft getretene neue Wahlrecht zur Verkleinerung des Bundestages«, meldete der Pressedienst des Bundestages nach der Auszählung der Stimmen.
Ist der Tatbestand schon seltsam, so ist es die Begründung noch mehr. Hier ist sie: »Stehen einer Partei nach der Zweitstimmendeckung in einem Bundesland weniger Sitze zu als die Zahl der Wahlkreise, in denen sie die Erststimmenmehrheit hat, so bleiben die Wahlkreise mit dem geringsten Erststimmenanteil unbesetzt. Mit anderen Worten: Das Direktmandat, wie man es von vergangenen Wahlen her kannte, gibt es nicht mehr. Damit entfallen auch Überhang- und Ausgleichsmandate.«
Jede Erklärung, in der die Worte »mit anderen Worten« vorkommen, disqualifiziert sich selbst, weil sie undurchdacht und verschwurbelt ist. Wäre sie durchdacht und gradlinig, käme sie ohne das alberne Intro aus und würde mit dem loslegen, was nach dem Einschub »mit anderen Worten« kommt.
Ich frage mich, wer sich solche Regelungen ausdenkt und wer über die Berufung von Lingo-Sadisten in Positionen entscheidet, in denen sie ihre Neigungen ausleben können. Ich vermute – nein, ich bin mir sicher, dass es die gleichen Wichtigtuer sind, die schon das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz, abgekürzt Lieferkettengesetz, auf den Weg gebracht haben, das »die unternehmerische Verantwortung für die Einhaltung von Menschenrechten in globalen Lieferketten« regelt. Mit anderen Worten: Entlang des Weges, den eine in Bangladesch produzierte Jeans in einen Hosenladen in Regensburg nimmt, sind alle »Akteure«, die mit Herstellung und Transport der Hose zu tun haben, verantwortlich dafür, dass »der Schutz vor Kinderarbeit, das Recht auf faire Löhne und der Schutz der Umwelt« gewährleistet sind. »Das betrifft z. B. auch die Herstellung von Fußballtrikots.« Und das ist, freundlich ausgedrückt, eine »Mission impossible«, mit anderen Worten: Augenwischerei, Betrug und Etikettenschwindel. Mehr noch: Die Verantwortlichen, die solche Regeln in den Rang von EU-Richtlinien und Verordnungen erheben, wissen es.
Und deswegen haben sie das Lieferkettengesetz kurz nach seiner Einführung entschärft. Seit dem 1. Januar 2024 gilt es nur »für Unternehmen mit mindestens 1000 Beschäftigten«. Wenn das kein Etikettenschwindel ist, dann ist jedes Zeugnis, das eine Scientology-Kirche vergibt, eine akademische Auszeichnung.
Ich stelle das deswegen so ausführlich dar, weil ich solche Phänomene wie das neue Wahlgesetz und das Lieferkettengesetz nicht für Ausrutscher, sondern für systemische Fehlleistungen halte, die mit der Natur der deutschen Bürokratie zu tun haben. Es wird jeden Tag darüber geredet, dass die Bürokratie verschlankt werden muss, um die deutsche Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten bzw. wiederherzustellen. Tatsächlich passiert das Gegenteil: Die Bürokratie wird ausgebaut.
Allein für die Bundesregierung, das heißt das Bundeskanzleramt und die 15 Ministerien mit ihren nachgeordneten Behörden wie die dem Innenministerium unterstellten Dienste, arbeiteten im Jahre 2023 über 30000 Angestellte und Beamte, so viele wie nie zuvor. Im Laufe der ersten zweieinhalb Jahre der Ampel wurden mehr als 1700 neue Kräfte eingestellt, wobei das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz sich mit 249 neuen Stellen als besonders schöpferisch hervortat.
Und hätte die für Frauen, Familie, Senioren und Jugend zuständige Ministerin Lisa Paus ihren Plan, eine eigene Behörde für Kindergrundsicherung (»Das größte sozialpolitische Reformprojekt der Ampel«) zu etablieren, nicht gegen die Wand gefahren, würden inzwischen mehr als 35000 Frauen, Männer und non-binäre Personen der Bundesregierung zuarbeiten.
Der deutsche Staat ist ein Kümmerer, dem das Wohl seiner Bürger ein Anliegen ist. Das bereits erwähnte Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend hat vor Kurzem in Zusammenarbeit mit dem Bundesministerium des Innern und für Heimat ein Joint Venture aus der Taufe gehoben. Unter dem sperrigen Namen »Beratungskompass Verschwörungsdenken« agiert ein »Netzwerk aus erfahrenen und kompetenten Beratungsstellen im ganzen Bundesgebiet«, die eine »Kooperationsvereinbarung mit dem Beratungskompass Verschwörungsdenken eingegangen sind«. Es ist, ähnlich wie Pizza Hut und McDonald’s, ein Franchise-Unternehmen, das Lizenzen an lokale Subunternehmen vergibt, darunter die »Fachstelle für politische Bildung und Entschwörung« der Berliner Amadeu Antonio Stiftung, die »Angehörigenberatung bei demokratiefeindlichen Einstellungen« in Rheinland-Pfalz, die »Mobile Beratung gegen Rechtsextremismus in Bayern« und etwa 80 weitere »Beratungsstellen, die zum Thema Verschwörungsdenken oder Verschwörungsideologien beraten und arbeiten«. Das ist an Absurdität nicht mehr zu toppen. Fachstellen für Entschwörung, Angehörigenberatung bei demokratiefeindlichen Einstellungen, mobile Beratung gegen Rechtsextremismus – macht demnächst der mobile Entschwörungsberater Hausbesuche, um demokratiefeindliche Einstellungen zu exorzieren? Können diese Leistungen bei den Krankenkassen abgerechnet oder als Sonderausgaben bei der Steuer geltend gemacht werden?
Schon Heinrich Heine wusste: »Franzosen und Russen gehört das Land, das Meer gehört den Briten. Wir aber besitzen im Luftreich des Traums die Herrschaft unbestritten.«
Mir ist klar, dass man bei Heine für alles das passende Zitat findet; dieses hier ist Robert Habeck auf den Leib geschrieben. Der hatte in der ARD-Wahlarena einen markigen Auftritt, in dem er vor einer »Kettenreaktion« in der Klimapolitik warnte: »Mit dem Umfallen Deutschlands bei den Klimazielen wird Europa umfallen. Und dann ist es vorbei mit dem Kampf gegen die Erderwärmung.« In den »aufbrausenden Applaus aus dem Publikum« (Hannelore Crolly in der WELT) legte der Minister nach: »Amerikas Ausfall ist schlimm, aber noch auszuhalten. Aber wenn sich Europa verabschiedet, ist es vorbei. Und ob sich Europa verabschiedet, hängt an der deutschen Bundestagswahl. Wenn Deutschland sagt, wir sind draußen, dann ist Europa nicht mehr zu halten.« Das ist schon starke Hausmannskost für ein Land, das nicht imstande ist, seine Brücken zu reparieren, bevor sie kollabieren.
Das Schicksal Europas und damit auch der Welt hängt an einem dünnen Faden. Und der ist »Made in Germany«. Einmal mehr hat die Vorsehung Deutschland dazu bestimmt, Europa und die Welt zu retten.
Das war schon der Fall, als Kaiser Wilhelm II. am 27. Juli 1900 in Bremerhaven anlässlich der Verabschiedung des deutschen Ostasiatischen Expeditionskorps zur Niederschlagung des Boxeraufstandes im Kaiserreich China seine berühmt gewordene »Hunnenrede« hielt, um die kaiserlichen Soldaten auf ihre Aufgabe einzustimmen: »Kommt ihr vor den Feind, so wird derselbe geschlagen! Pardon wird nicht gegeben! Gefangene werden nicht gemacht! Wer euch in die Hände fällt, sei euch verfallen! Wie vor tausend Jahren die Hunnen unter ihrem König Etzel sich einen Namen gemacht, der sie noch jetzt in Überlieferung und Märchen gewaltig erscheinen läßt, so möge der Name Deutscher in China auf 1000 Jahre durch euch in einer Weise bestätigt werden, daß es niemals wieder ein Chinese wagt, einen Deutschen scheel anzusehen!«
Drei Jahre zuvor, am 6. Dezember 1897, hatte sich der Staatssekretär des Auswärtigen Amtes, Bernhard von Bülow, im Rahmen einer Reichstagsdebatte zur deutschen Kolonialpolitik ähnlich geäußert: »Wir wollen niemand in den Schatten stellen, aber wir verlangen auch unseren Platz an der Sonne.«
Kann man also sagen, der fesche, unkonventionelle, meist gut gelaunte Minister Robert Habeck stehe mit mindestens einem Bein in der Tradition des deutschen Imperialismus? Ja, man kann, wobei man natürlich den Unterschied nicht übersehen sollte. Habecks grüner Imperialismus entfaltet sich im Luftreich der Träume.
Ein Land, das mit gerade 1,5% zum globalen CO2-Ausstoß beiträgt, soll »klimaneutral« umgebaut werden, um anderen Ländern als Vorbild zu dienen. Der Preis dafür ist hoch – Arbeitslosigkeit, Deindustrialisierung, Inflation, Zerstörung sozialer Strukturen. Um den Traum zu finanzieren, müssen neue Schulden, sogenannte »Sondervermögen«, aufgenommen werden. Derzeit ist von zweimal 400 Milliarden Euro die Rede, für Verteidigung und Infrastruktur. Nur zum Vergleich: Der Bundeshaushalt 2024 betrug 466 Milliarden Euro.
Es gibt aber auch positive Nachrichten. Migration und Integration sind auf einem guten Weg, ganz im Sinne von Olaf Scholz und seinem Versprechen: »You never walk alone!«
Kurz vor der Bundestagswahl reiste der Kanzler nach Nürnberg, um dort eine 93 Jahre alte Türkin zu treffen, die eben eingebürgert worden war. Um sich mit ihr unterhalten zu können, war er auf die Hilfe eines Übersetzers angewiesen. Scholz sagte: »Ich bin sehr dankbar für die große Lebensleistung, die Sie zustande gebracht haben. Ich finde das ganz toll, und dass Sie sich nach Ihrem langen Leben in Deutschland entschieden haben, die Staatsbürgerschaft zu werden [sic!], das ist eine gute Entscheidung.« Nachdem ihr die frohe Botschaft übersetzt wurde, soll Fatma T. »gerührt« genickt und auf Türkisch versprochen haben, die SPD zu wählen.
Jaaa, das ist Politik mit menschlichem Antlitz. Hätte sich Olaf Scholz mehr Zeit genommen, um jeden potenziellen SPD-Wähler mit Migrationshintergrund persönlich zu besuchen, wäre ihm vielleicht die Schmach am 23. Februar erspart geblieben.
In diesem Sinne: Gute Nacht, Deutschland!
Der Bundestag ist gewählt, die parlamentarischen Mehrheiten haben sich geändert, eine neue Regierung nimmt alsbald ihre Arbeit auf. Die drängenden Probleme, die angepackt werden müssen, liegen auf dem Präsentierteller. Wie gut, dass es kluge Zeitungskommentare, Titelgeschichten, Podcasts, Blogs und ganze Bücher gibt, die uns erklären, »was jetzt geschehen muss«.
Besonders beliebt ist das Spiel mit Zahlen à la »Die zehn wichtigsten Sofortmaßnahmen!« oder »Wie die Wirtschaft wieder in Schwung kommt – sieben goldene Regeln« oder auch »Die Migrationskrise – wie man sie in drei Monaten in den Griff bekommt«. All den Wirtschafts- und Politikexperten ist freilich Donald Trump um Meilen voraus, der den Ukrainekrieg in einem einzigen Tag beenden und Millionen illegaler Einwanderer deutlich schneller abschieben wollte, als sie zu Fuß über die mexikanische Grenze gekommen sind. Das sieht nun auch ein bisschen anders aus. Trumps finale Lösung: ein politisches Kettensägen-Massaker – national wie international. Was den Ukrainekrieg betrifft, hat er inzwischen offen die Seiten gewechselt und hofiert Putin.
Bei den deutschen Spezialisten für die Lösung schier unlösbarer Probleme, darunter etliche »Topjournalisten«, fällt auf, dass sie noch nie für ein politisches Spitzenamt kandidiert haben, um ihre ultimativen Ratschläge in die Praxis umzusetzen. Das könnte freilich auch daran liegen, dass sie schon in der Vergangenheit mit Vorschlägen wie »Acht Schritte zu einer radikalen Steuerreform« und »Zweiundzwanzig Wege, um die Gesundheitsreform vom Kopf auf die Füße zu stellen« gescheitert sind, weil sich die Wirklichkeit nicht nach ihren Ideen gerichtet hat, was im letzten Fall am gesammelten Widerstand von Ärzten, Krankenkassen, Patientenvereinigungen und Klinikleitungen gelegen haben mochte.
Die älteren Zeitgenossen erinnern sich vielleicht noch daran, wie der legendäre Gründer des Nachrichtenmagazins Der Spiegel,