Großelterngeschichten aus der Geschichtenküche - Charlie Hagist - E-Book

Großelterngeschichten aus der Geschichtenküche E-Book

Charlie Hagist

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Beschreibung

Jana und Tim möchten so gern auf den Rummelplatz und dort mit vielen Karussells fahren und Popcorn essen. Opa erfüllt ihnen gern den Wunsch und an einer Ballwerf-Bude räumt er kräftig ab. Wie hat er das bloß gemacht? Klara bringt mit ihrem Papa die Oma zum Zug, denn Oma will nach Karlsruhe verreisen. Sie bringen Oma bis zu ihrem Sitzplatz im Zugabteil. Als sie den Koffer über dem Sitz verstauen stellen sie fest, dass der Zug abgefahren ist. Was nun? Oma, die leider in letzter Zeit etwas verwirrt ist, ist von zu Hause fortgelaufen und nicht mehr aufzufinden. Da kann nur noch eine Schnüffelnase auf vier Beinen helfen. Wie diese das macht, erfährt Alina in der Geschichte.

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Großelterngeschichten aus der Geschichtenküche

Charlie Hagist

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Impressum:

Personen und Handlungen sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind zufällig und nicht beabsichtigt.

Besuchen Sie uns im Internet:

www.papierfresserchen.de

© 2023 – Papierfresserchens MTM-Verlag GbR

Mühlstraße 10, 88085 Langenargen

Alle Rechte vorbehalten.

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt.

Bei der Abfassung der Geschichte „Wo ist Oma?“ war dem Autor Frau Alexandra Busemann, stellvertretende Staffelleiterin der Rettungshundestaffel Stralsund, Rettungshundeführerin, sehr behilflich. Fleißig hat sie den Text auf inhaltliche Richtigkeit geprüft und wertvolle Hinweise gegeben.

Cover: A. Hagist

Bearebitung: CAT creativ - www.cat-creativ.at

ISBN: 978-3-86196-861-0 - Taschenbuch (2019)

ISBN: 978-3-96074-098-8 - E-Book

*

Inhalt

Opa räumt ab

Die Fahrausweise, bitte

Die Geburtstagskarte

Die Wunschfee

Fisch in der Tüte

Gute Reise, Oma

Herbstvergnügen

Opa macht schlapp

Im dunklen Keller

Maria feiert Geburtstag

Opa, die Schlafmütze

Ein Zirkusbesuch

Wo ist Oma?

Opa hat Angst

Urlaubsreise

Autor

Unser Buchtipp

*

Opa räumt ab

Papa wollte Mama überraschen und hatte Kinokarten für einen Liebesfilm gekauft. Mama freute sich riesig. Vor allem, weil Papa auch schon Opa und Oma gefragt hatte, ob die beiden auf Tim und Jana aufpassen könnten. Oma und Opa hatten nichts Besonderes vor und so standen sie um sechs Uhr abends vor der Tür.

„Hallo Papa“, sagte Papa zu Opa. „Die Kinder sollen um acht ins Bett. Und wenn ihr Hunger habt ...“

„... dann nehmen wir uns etwas aus dem Kühlschrank, danke“, sagte Opa freundlich. Er wusste, was jetzt noch kam: Eine Liste von Ermahnungen und Hinweisen, die Papa jedes Mal abspulte, wenn Opa zum Kinderhüten kam.

„Ich seh’ schon“, sagte Papa, „du weißt Bescheid!“ Er grinste, half Mama in den Mantel und machte sich mit ihr auf den Weg ins Kino. Jana und Tim, Oma und Opa winkten zum Abschied.

Kaum war die Tür hinter den beiden zugefallen, fragte Tim: „Können wir nicht noch auf den Rummelplatz auf der Festwiese gehen? Da stehen doch so tolle Karussells und Buden!“

Opa ließ sich nicht lange bitten, aber Oma wollte erst nicht so recht. „Da ist es mir zu voll! Und vom Karussellfahren wird mir immer so schwindelig“, sagte sie. Jana guckte ihre Großmutter mit Bettelaugen an. Sie wusste: Oma konnte diesem Blick schwer widerstehen. Und tatsächlich: Oma gab nach. „Gut, aber nur, wenn ich in nichts steigen muss, das sich bewegt!“

Opa verliert fast Hut und Brille

Du meine Güte, was war denn auf dem Rummelplatz los? Oma hatte es richtig geahnt: Unzählige Menschen drängelten sich auf der Festwiese. Am Kassenhäuschen hatte sich eine lange Schlange gebildet. Die Musik war laut. Oma wollte am liebsten gleich wieder kehrtmachen. Aber Jana hielt ihre Hand ganz fest. „Mmmhh, riecht das lecker hier“, sagte Tim und zog den Duft von gebrannten Mandeln, Äpfeln und Rostbratwürsten in seine Nase.

„Wie gut, dass wir vor dem Abendbrot losgegangen sind“, sagte Opa. „Jetzt können wir Bratwurst essen und uns hinterher noch etwas Süßes teilen!“ Die vier steuerten eine Wurstbude an. Die erstandenen Würste waren eins-fix-drei verspeist.

Dann wollten Jana, Tim und Opa Achterbahn fahren. Oma guckte zu. Alle Mitfahrer juchzten bei jeder Kurve. Und immer, wenn die Bahn senkrecht nach unten sauste, kreischten sie aus Leibeskräften. Plötzlich verlor Opa beinahe seinen Hut und seine Brille! In einer besonders schnellen Kurve nach einem Looping griff er sich im letzten Augenblick an den Kopf und rettete beides gerade noch vor dem Absturz. Trotzdem strahlte er, als der Wagen endlich hielt. „Ach, das habe ich lange nicht mehr gemacht“, seufzte er glücklich.

Tim allerdings hatte genug. „Ich glaube, mir reicht es jetzt, Opa“, sagte er ein wenig grün um die Nase.

„Ich habe da so eine Idee“

Jetzt hatte Jana Appetit auf etwas Süßes. Alle vier steuerten auf die nächste Popcorn-Bude zu. In der Auslage lagen nur noch zwei Portionen Popcorn. Opa wollte aber vier. Der Verkäufer verzog das Gesicht, als habe er Zahnschmerzen. „Ich habe nur diese zwei vorbereitet, weil das Geschäft so schlecht läuft“, sagte er. Man könne das Popcorn ja nicht liegen lassen, sonst werde es pappig und schmecke nicht mehr. „Ich habe von Tag zu Tag weniger Kunden.“

„Na, das ist ja nicht gut für Sie“, sagte Opa. „Da muss man was machen.“

„Wenn ich nur wüsste, was“, klagte der Verkäufer.

„Ich habe da so eine Idee“, sagte Opa und setzte sein listigstes Gesicht auf. „Bereiten Sie schon mal die nächsten Portionen vor. Bald reißen Ihnen die Leute das Popcorn aus den Händen!“ Der Popcorn-Verkäufer guckte Opa ungläubig an, reichte ihm die Tüten mit Popcorn, die er noch hatte, kassierte und begann, frisches Popcorn herzustellen.

Opa verteilte das Popcorn an Oma, Jana und Tim, aß selbst mit großem Appetit und meinte, jetzt habe er Lust zum Büchsenwerfen. „Wenn ich einen Volltreffer lande, dann darfst du dir etwas aussuchen, Jana“, sagte Opa.

Jana zeigte auf den großen Teddybären.

„Dann wollen wir mal“, sagte Opa und rieb sich die Hände.

Um den Bären zu gewinnen, musste er die aufgestapelten sechs Blechbüchsen mit drei tennisballgroßen Stoffkugeln vom Holzbrett werfen. Auf dem Brett standen drei Türme aus jeweils sechs Büchsen: Ganz unten am Fuß eines Turmes standen drei, darüber zwei und ganz oben eine Büchse.

„Guck mal, Opa, das ist ganz schön schwer“, sagte Jana. Sie hatte die Leute gesehen, die vor Opa versuchten, die Dosen mit den Bällen zu treffen. Einem Mann gelang es immerhin, drei Büchsen abzuräumen. Die restlichen blieben stehen.

So ein Getöse hatte der Budenbesitzer noch nie erlebt

Dann war Opa dran. Er griff in die Popcorntüte, steckte sich eine Handvoll in den Mund und kaute. Dann sagte er mit halb vollem Mund: „Bitte Platz da hinter mir“, holte kräftig Schwung und schleuderte die Stoffkugel auf die sechs Büchsen. Rumms! Er hatte die beiden Dosen in der Mitte getroffen. Sie flogen auseinander und auch die oberste Büchse fiel zu Boden. Dann holte Opa zum zweiten Wurf aus. Rumms! Wieder schepperte es. Opa hatte zwei Büchsen getroffen, die die dritte und letzte mit hinunterrissen. Mit zwei Stoffkugeln hatte Opa die Büchsen abgeräumt!

Er griff nochmals in die Popcorntüte und steckte sich eine gehörige Menge in den Mund. Die Leute um ihn herum klatschten in die Hände, und während Jana den Teddybären bekam, wollten alle wissen, warum er so gut zielen könne.

Opa sagte nur: „Jetzt passen Sie mal auf“, und ließ sich nochmals drei Bälle geben. Dann holte Opa abermals kräftig Schwung – und mit einem Getöse, das der Budenbesitzer noch nie in seiner Bude gehört hatte, stürzten zwölf Büchsen, ja zwölf Büchsen zu Boden! Mit nur einem Wurf.

Opa hatte so geschickt gezielt, dass die Stoffkugel die unterste linke Büchse ganz außen getroffen hatte. Dadurch waren die drei Büchsen der unteren Reihe wie vom Blitz getroffen nach rechts geflogen und gegen den benachbarten Turm geknallt. Der fiel prompt in sich zusammen. Mit einer Kugel hatte Opa zwölf Büchsen abgeräumt!

Der Budenbesitzer traute seinen Augen nicht. „Das ist krass, das habe ich noch nicht erlebt“, stammelte er. „Das muss in die Zeitung.“ Sofort rief er per Telefon einen Reporter der Tageszeitung herbei.

„Wie ... wie haben Sie das bloß geschafft?“, fragten die Menschen, die sich inzwischen um Opa versammelt hatten.

„Ich habe vor jedem Wurf eine Handvoll Popcorn von diesem Stand dort drüben gegessen“, sagte Opa und hielt seine Tüte hoch. „Das gibt Kraft – und außerdem kann man besser zielen.“

Die Leute warfen vor Ungeduld beinahe die Popcornbude um

Sofort stürmte die Menschenmenge zur Popcornbude. Der Popcorn-Budenbesitzer konnte es gar nicht fassen, was da passierte. Die Leute warfen vor lauter Ungeduld beinahe seine Bude um. Der Verkäufer kam fast gar nicht mehr hinterher mit der Produktion. Mit vollen Tüten und mit vollen Backen Popcorn mampfend kehrten die Leute wieder zum Büchsenstand zurück. Dann versuchten sie, ebenfalls solche Treffer wie Opa zu landen. Manchen gelang es. Den meisten jedoch nicht.

Auch Opa und Oma, Jana und Tim schlenderten hinüber zum Popcornstand. „Na, was hab ich gesagt? War doch ein tolles Geschäft für Sie, oder?“, fragte Opa.

„Was haben Sie gemacht?“, fragte der Verkäufer immer noch ein bisschen fassungslos.

„Ich habe gesagt, dass ich so gut treffen kann, weil ich vorher Ihr Popcorn genascht habe“, sagte Opa. „Jetzt wollen sie alle auch beim Büchsenwerfen gewinnen. Deshalb.“

Der Verkäufer freute sich. „Solange das Fest läuft, dürfen Sie und ihre Familie bei mir kostenlos Popcorn essen!“, sagte er. „So viel Sie wollen. Und nochmals vielen Dank.“

Am nächsten Tag stand die Geschichte in der Zeitung. Bis zum Ende des Festes bildeten sich immer wieder lange Schlangen an den Popcorn- und Büchsenwerfen-Buden. Das Geschäft brummte.

Opa ging aus Spaß jeden Tag erneut auf den Rummelplatz und musste den Besuchern immer wieder vorführen, wie er das mit den zwölf Büchsen gemacht hatte. Er wollte vom Budenbesitzer keine Preise mehr bekommen. Und er hatte seine Freude daran zu sehen, wie die anderen versuchten, ebenfalls so geschickt zu werfen.

Übrigens: Am Popcorn lag es ganz gewiss nicht, dass Opa so gut getroffen hatte. Opa hatte einfach nur neben Geschick und einem zielsicheren Auge ganz großes Glück gehabt!

*

Die Fahrausweise, bitte

Emily hat große Mühe, alles, was zu Oma und Opa mit soll, in ihre Tasche zu stopfen. Schlafanzug, frische Bekleidung für den nächsten Tag, ein Buch und anderes Spielzeug mussten in der Tasche Platz finden. Ihre Puppe Pia will sie aber nicht auch noch hineinzwängen, nein, die will sie auf den Arm nehmen. Opa ist auch schon gekommen, um Emily abzuholen. Emily will von heute auf morgen bei ihren Großeltern übernachten, weil ihre Mama und ihr Papa zu einer großen Feier in der Nachbarschaft eingeladen sind, von wo sie erst sehr spät zurückkommen werden. Und bei Oma und Opa übernachtet Emily sowieso gern. Oma hatte versprochen, mit ihr einen kleinen Kuchen zu backen, und Opa will ihr zum Schlafengehen eine Geschichte vorlesen. Die beiden Kinder von den Nachbarn freuen sich auch schon auf Emily. Das werden bestimmt zwei tolle Tage.

Opa und Oma wohnen sieben Bahnstationen von Emily entfernt. Das ist für sie jedes Mal, als wenn sie verreist. Sieben Stationen heißt siebenmal Zug bremsen, anhalten, die Trillerpfeife des Zugabfertigers hören, siebenmal langsam abfahren und dann wieder mit irrer Geschwindigkeit über die Schienen sausen und dabei die Landschaft mit den Feldern und den Häusern am Zugfenster vorbeihuschen sehen. Emily findet die Fahrt überhaupt nicht langweilig. Und Opa hat, wie jedes Mal, auch für einen kleinen Proviant gesorgt. Er hat einen Keks mitgebracht, in dem die Schokoladenfüllung immer besonders lecker schmeckt.

An vier Stationen haben sie schon gehalten. Emily sitzt auf dem Fensterplatz, ihre Puppe Pia auf ihrem Schoß und Opa neben ihr. In dem Waggon sitzt weit hinten nur noch ein junger Mann und liest in einem Buch. Emily, Pia und Opa haben gar nicht bemerkt, dass sich ein Mann in blauer Uniform mit umgehängter Tasche und dickem Block in der Hand genähert hatte. Wie aus dem Nichts steht er plötzlich da und sagt: „Die Fahrausweise, bitte.“

Emily erschrickt und auch Opa dreht ruckartig seinen Kopf zu diesem Mann. Es ist der Zugbegleiter, der die Fahrscheine kontrollieren will. Opa hatte die Fahrscheine in seine Geldbörse gesteckt, die er jetzt erst umständlich aus seiner Hosentasche hervorholen muss. Nachdem er sein Taschenmesser und sein Taschentuch hervorgekramt hat, kommt auch seine Geldbörse zum Vorschein. Er nimmt die beiden Fahrscheine, ein Erwachsenenschein für ihn und ein Kinderfahrschein für Emily, und reicht sie dem Kontrolleur. Der schaut sich die Fahrscheine an und reißt sie oben ein wenig ein. Dann gibt er sie Opa mit einem Augenzwinkern zurück.

„Na, junge Dame“, wendet er sich nun Emily zu, „wie heißt denn deine flotte Begleiterin?“

„Das ist Pia“, antwortet Emily etwas zurückhaltend. „Die fährt jetzt mit mir zu Oma und Opa. Dort wollen wir übernachten und morgen fahren wir wieder zurück.“

„Das ist ja ganz toll. Und dann hast du bestimmt auch einen Fahrschein für deine Pia“, fährt der Kontrolleur fort.

Emily erschrickt. „Nein“, sagt sie leise und zieht dabei ihren Kopf ein wenig ein, „hab’ ich nicht.“

„Aber jeder Fahrgast der Bahn muss doch einen gültigen Fahrschein haben, sonst darf er nicht mitfahren.“

„Aber wir haben doch noch nie einen Fahrschein für Pia gekauft. Immer wenn ich zu Oma und Opa gefahren bin, hatte Opa nur einen Fahrschein für sich und einen für mich. Pia ist immer ohne Fahrschein gefahren, sie sitzt doch auf meinem Schoß. Und sie ist auch schon mal im Rucksack mitgefahren, da hat sie gar keiner gesehen.“

Der Zugbegleiter schaut Emily ernsthaft an. „Na das ist ja ein Ding, mehrmals ohne gültigen Fahrschein gefahren, das wird ja für deinen Opa ziemlich teuer“, entgegnet er und schaut dabei Emily mit Pia und Opa an.

„Aber Opa hat sicherlich gar nicht so viel Geld bei sich. Dann müssen wir jetzt bestimmt aussteigen und den Rest der Strecke laufen“, sagte sie zaghaft. Dabei ist ihr beinahe zum Heulen zumute. Sie denkt nämlich gleich daran, dass Oma bestimmt mit dem Mittagessen auf sie wartet und das nun kalt werden wird.

„Das ist durchaus möglich“, erwidert der Kontrolleur.

Emily beginnt schon, ihre Sachen zu greifen und Pia die Angelegenheit zu erklären, weshalb sie diesmal früher als sonst aussteigen müssen. Auch Pia scheint darüber traurig zu sein, so sieht es jedenfalls Emily in deren Augen.

„Ich habe wirklich nicht so viel Geld mit“, muss Opa dem Kontrolleur gegenüber zugeben.

„Na dann wollen wir mal nicht so sein“, erklärt der Kontrolleur und drückte bei seinem Kugelschreiber auf den Knopf, damit die Miene unten herauskommt, und nimmt seinen dicken Block. „Ich schreib deinem Opa die Kontonummer auf, damit der den Betrag überweisen kann. Aber bei der nächsten Fahrt bitte daran denken, dass jeder Fahrgast einen Fahrausweis benötigt.“ Dann schreibt er einen langen Text auf das Papier. Er reicht das Blatt Emily, die diese Krakelschrift nicht entziffern kann. Danach verabschiedet er sich und geht in den nächsten Wagen.

„Opa“, bittet Emily, „Opa lies uns doch bitte mal vor, was der Mann da eben geschrieben hat. Ich kann diese Kritzelei nicht lesen.“ Sie übergibt Opa den Zettel und der liest dann vor:

Lieber Klaus, es war nett, dich nach so langer Zeit mal wiederzusehen. Leider haben wir keine Zeit zum ausführlichen Gespräch, aber wie wäre es denn, wenn du mich zusammen mit deiner Frau, deinem süßen Enkelkind und natürlich auch mit Pia besuchen würdest? Ich würde mich darüber genauso freuen wie meine Frau. Melde dich doch bitte unter meiner dir bestimmt noch bekannten Telefonnummer. Bis dann, dein Richard. Und Pia braucht natürlich keinen Fahrschein.

„Opa, du kennst den Mann und ihr habt mir einfach nur einen Schreck einjagen wollen. Na, ihr seid ja zwei Ganoven“, entfährt es Emily.

„Ja, meine liebe Emily, das war mein Schulfreund. Den kenne ich schon lange.“

„Ist ja auch egal, ich komme gerne mit zu ihm, das ist ja ein lustiger Typ und vielleicht hat er auch ein Enkelkind. Das wird dann bestimmt ganz toll.“

Opa strahlt. Für heute hat er seinen Spaß gehabt, Emily und Pia sind auch glücklich, dass die Kontrolle so gut verlaufen ist und auf den Besuch bei Richard freuen sich alle.

Na dann, gute Weiterfahrt und zwei fröhliche Tage bei Oma und Opa!

*

Die Geburtstagskarte

Marie hat in diesem Jahr Glück. Ihr Geburtstag, es ist der neunte Geburtstag, fällt auf einen Sonnabend. Glück hat sie deshalb, weil bei einem Geburtstag an einem Sonnabend nicht nur ihre kleinen Gäste, also ihre Freundinnen und Freunde aus der Klasse oder aus der Nachbarschaft, sondern auch die großen Gäste, also Onkel, Tanten, Oma und Opa, schon am Nachmittag kommen können. Na da wird es voll werden im Haus. Da wird ein Jubel und Trubel herrschen und dabei wird es manchmal so laut werden, dass man sein eigenes Wort nicht verstehen kann. Aber es ist ja auch ganz lustig, wenn alle durcheinander quatschen und man öfters fragen muss: „Wie bitte, das habe ich nicht verstanden.“ Marie ist schon ganz aufgeregt. Obwohl ihr Geburtstag ja erst morgen ist. Sie fiebert dem Tag richtig entgegen. Ist ja auch klar, wenn so viel Gäste kommen, dann ist nicht nur viel Trubel im Haus, dann gibt es sicherlich auch viele Geschenke. Das wird spannend.

Am Freitagabend, also am Abend vor ihrem Geburtstag, geht sie zur gleichen Zeit ins Bett wie immer. Mama und Papa kommen zusammen, um Marie eine gute Nacht zu wünschen und um ihr einen Gutenachtkuss zu geben. Weil Marie so aufgeregt ist, will sie die beiden gar nicht aus dem Zimmer lassen und erzählt unentwegt, was sie morgen alles spielen will, was sie denkt, wer was vielleicht als Geschenk mitbringt und vieles mehr. Mama aber deckt auch Flummi, ihr Stoffbärchen, das sie fest an sich gedrückt hält, zu, und knipst das Licht aus.

Am nächsten Tag, es ist ja nun Sonnabend, hat Marie keine Schule. Toll. Marie könnte heute etwas länger schlafen, aber vor Aufregung ist sie sogar früher aufgewacht als an den anderen Tagen. Hätte sie heute nicht Geburtstag, dann hätte sie sich aber furchtbar darüber geärgert – keine Schule und früh aufwachen. Aber heute ist ihr das sogar ganz recht. Sie geht ins Schlafzimmer ihrer Eltern. Vorsichtig hebt sie die Bettdecke von Mama an, schummelt sich ganz behutsam unter die Decke und legt sich neben Mama. Sie schnurrt wie eine Katze, weil es neben Mama im Bett so kuschelig warm und gemütlich ist.

Aber plötzlich greift sich Mama ihre Marie, hebt sie mit einem Ruck in die Mitte zwischen sich und Papa und drückt Marie ganz fest, gratuliert ihr und drückt ihr einen dicken Kuss auf die Wange. Dann greift Papa nach ihr und drückt und herzt sie ebenfalls und auch er landet einen dicken Schmatzer auf Maries Wange. Sie waren beide schon wach, als Marie ins Zimmer schlich und sich bei Mama einkuschelte. Sie hatten nur so getan, als würden sie noch schlafen. Marie erschrickt ein wenig, dann aber juchzt sie und alle drei toben im Bett herum.

Pünktlich zur Kaffeezeit bzw. Kakaozeit stellen sich alle Gäste ein. Die Schulfreundinnen und Schulfreunde sind pünktlich und auch Oma und Opa klingeln rechtzeitig. Nur Tante Elsbeth, die es eigentlich gar nicht so weit hat, die kommt zu spät. Die kommt nämlich, als alle schon gratuliert und ihre Geschenke abgegeben hatten. Aber egal, nun ist sie endlich da, gratuliert, überreicht ihr Geschenk dem Geburtstagskind und nimmt am Tisch Platz. Tante Elsbeth ist bei jeder Feier eine Stimmungskanone. Sie ist ein so fröhlicher Mensch, dass sie mit ihrer Aufgeschlossenheit und ihrem Lachen alle ansteckt. Auch der größte Miesepeter, der vielleicht die Feier mit seiner schlechten Laune stören könnte, wird durch sie zu einem fröhlichen Gast. Der größte Fehler, den man machen kann, wenn man eine Party veranstalten will, ist, Tante Elsbeth nicht einzuladen. Dann kann ein Fest auch schon mal vollkommen schiefgehen. Aber hier, keine Bange, Tante Elsbeth ist da!

Als ihr erstes Stück Kuchen auf dem Teller nicht mehr zu sehen ist, weil sie es schon weggegabelt hat, erbittet sie sich ein zweites Stück. Auch das ist nach kurzer Zeit verputzt, samt Schlagsahne.

Tante Elsbeth hat vielleicht zu viel Kuchen gegessen oder die Sahne darauf ist ihr nicht bekommen, egal, Tante Elsbeth ist ein wenig unwohl und sie verlangt nach einem Schnaps. Kaum hat sie den Wunsch geäußert, schon ist Papa aufgesprungen, holt die Schnapsflasche aus dem Schrank und gießt der Tante einen Verdauungsschnaps ein. Er fragt in die Runde der Erwachsenen, ob denn noch jemand einen Schnaps will, aber keiner verlangt danach. Nur Tante Elsbeth hebt den Finger. Die bekommt auch ihren zweiten Schnaps und dann stellt Papa die Flasche wieder weg. „Mehr gibt’s nicht“, sagt er zu Tante Elsbeth und die ist einverstanden.

„So, nun wollen wir aber mal deine Geschenke und deine Geburtstagskarten sehen“, fordert Tante Elsbeth Marie auf.

Das lässt sich Marie nicht zweimal sagen. Ein Geschenk nach dem anderen wird aus dem Papier gewickelt. Manches Papier wird fein säuberlich wieder zusammengelegt, während sie bei anderen Paketen das Papier derart zerreißt, dass man davon dann aber auch nicht den kleinsten Fetzen wieder verwenden kann.

Nach dem Auspacken jedes einzelnen Geschenks geht Marie zu ihrem Gast, der das Geschenk gebracht hat, bedankt sich und drückt immer ein Dankeschön-Küsschen auf die Wange. Tante Elsbeth ist die letzte, deren Geschenk ausgepackt wird. Auch sie wird geherzt und geküsst.

„Jetzt will ich aber auch noch die Karten sehen“, bittet Tante Elsbeth Marie.

Marie holt den Stapel von Briefen und Karten, die sie zu ihrem heutigen Geburtstag bekommen hat, und Tante Elsbeth liest Brief für Brief und Karte für Karte laut vor.

Plötzlich klingelt es an der Tür. „Nanu“, denkt Marie, „wer soll denn das noch sein, sind doch alle hier, die eingeladen wurden.“ Sie öffnet vorsichtig die Haustür und vor ihr steht ein kleiner Junge, den sie hier noch nie gesehen hatte.

In seiner Hand hält er einen Briefumschlag. „Den soll ich dir geben“, sagt er mit leiser Stimme. Marie nimmt den Umschlag, der Junge dreht sich um und rennt eilig weg. Marie will ihn noch fragen, wer er ist und woher er den Brief hat, aber das geht nicht mehr. Der Junge ist verschwunden, wie vom Erdboden verschluckt.

Marie schließt die Tür und geht zu ihren Geburtstagsgästen ins Zimmer. Hier muss sie erklären, wer da soeben geklingelt hat und woher der Brief ist.

„Ich weiß nicht, wer das war“, sagt sie, „ich weiß auch noch nicht, von wem der Brief ist.“

„Na dann gib ihn mal her“, sagt Tante Elsbeth. „Ich werde ihn euch mal vorlesen.“

Tante Elsbeth öffnet den Briefumschlag mit dem Griff ihrer Kuchengabel. „Merkwürdig“, sagt sie, „hier ist ja auf dem Briefumschlag gar kein Absender vermerkt. Von wem der wohl sein mag?“ Sie fasst mit zwei Fingern die im Umschlag befindliche Karte und zieht sie heraus. Dann schaut sie kurz auf das Bild, auf dem eine Gruppe von Menschen gezeichnet ist, die alle fröhlich singen und hält die Karte hoch, damit alle Gäste das Bild auch sehen können. Als sie meint, alle haben das Bild gesehen, nimmt sie die Karte wieder herunter, schaut nochmals auf das Bild auf der Vorderseite und steckt dann den Daumen ihrer linken Hand zwischen die beiden Seiten der Karte und öffnet sie.

In diesem Augenblick erklingt aus der Karte heraus das Geburtstagslied Happy birthday to you, happy birthday to you ... Tante Elsbeth findet das zuerst ganz lustig – eine Karte aus der Musik kommt. Aber dann beginnt sie zu singen, einfach laut zu singen. Und das, obwohl sie nie so richtig singen konnte. Das Verwunderliche ist, dass sie mit dem Singen nicht mehr aufhören kann. Sie gibt vor lauter Schreck darüber die Karte weiter an Marie und auch die beginnt sofort das Geburtstagslied zu singen und kann nicht mehr aufhören. Sie reicht die Karte weiter an ihre Mama und auch sie wiederum beginnt zu singen und hört damit nicht mehr auf. Jeder, der die Karte in die Hand bekommt, beginnt zu singen und kann nicht mehr aufhören. Schließlich singen alle Gäste und das Geburtstagskind selbst ununterbrochen Happy birthday to you, happy birthday to you ... Na das ist ein gemischter toller Chor.

Jeder der Sängerinnen und Sänger schaut zu seinem Gegenüber oder Nachbarn und aus ihren Blicken kann man erkennen, dass sie Fragen wollen, wie denn der Gesang gestoppt werden kann. Einmal, vielleicht auch zweimal Singen ist ja schön, aber nun könnte auch Schluss damit sein. Aber wie?

Papa hat eine Idee. Er klappt die Karte zu, legt sie auf den Kaffeetisch und schlägt mit der Faust auf sie. Das Einzige, was passiert, ist, dass der Deckel auf der Kaffeekanne fürchterlich klappert. Mehr nicht. Aus der Karte erklingt immer noch die Melodie und alle Gäste singen unentwegt.

„Das ist ja wie verhext“, denkt sich Papa. Und auch Marie kann sich das anders gar nicht erklären, als dass die Karte verhext sein muss. Warum zum Teufel hört die Melodie nicht auf? Den Gästen stehen inzwischen vom anstrengenden Singen die Schweißperlen auf der Stirn. Opa hat sich ebenso wie Tante Elsbeth und Tante Frieda die Tropfen mit einem Taschentuch aus dem Gesicht gewischt.

Dann nimmt Marie die Karte nochmals in die Hand und dreht sie um. Das hatte nämlich noch keiner getan. Und was liest sie während des Singens dort?

Zum Beenden des Liedes klappe einfach die Karte anders herum wieder zu.

Marie tut das auch sofort. Und tatsächlich, die Melodie verstummt und die Gäste beenden augenblicklich das Singen. Mitten im Wort. Sie schauen sich mit hochroten Gesichtern und durchgeschwitzt an. Inzwischen haben sie nämlich befürchtet, sie müssten nun bis an ihr Lebensende dieses Geburtstagslied singen.

„Das ist ja ein Ding“, sagt Papa, „die Karte ist wohl verhext?“ Das glauben die anderen Geburtstagsgäste auch. „Wenn man bloß wüsste, wer dir die Karte geschrieben oder gebracht hat.“

Marie hat keine Antwort. Sie weiß es auch nicht. Aber ein wenig lustig findet sie es schon, wie alle Erwachsenen und alle Kinder gemeinsam das Geburtstagslied schmettern.

Gerade als sich Marie zu Mama umdreht und fragen will, ob sie noch etwas Kakao bekommen kann, bemerkt sie, dass etwas ihr Gesicht berührt. Es ist die Hand von Mama. Sie streichelt Maries Gesicht. „Nanu“, denkt Marie, „habe ich das alles nur geträumt, das mit der verhexten Karte und dem Singen der Gäste.“ Nun erst bemerkt sie, dass sie noch im Bett liegt und Mama auf der Bettkante sitzt. Und dann gratuliert Mama ihrer Tochter zum Geburtstag.

Ja, es war nur ein Traum.

Marie hat erst heute Geburtstag und die Gäste kommen erst heute Nachmittag und vielleicht singen sie auch ein Lied für sie. Aber eins ist gewiss: Marie wird Tante Elsbeth keine Geburtstagskarte zum Lesen geben. Ganz bestimmt nicht.

*

Die Wunschfee

Alicia hatte heute viel erlebt. Sie hatte in der Schule die Aufgabe, an der Tafel eine ganz schwierige Rechenaufgabe anzuschreiben und zu lösen. Nach Schulschluss waren die Hausaufgaben zu machen und im Hort hatte sie anschließend mit der Erzieherin einen Schmetterling aus Seidenpapier gebastelt. Als sie schließlich von Opa abgeholt wurde, hatte sie nicht einmal mehr Lust, mit Lisa und Mara von nebenan zu spielen. Sie legte sich lieber ein wenig auf ihr Bett und döste so vor sich hin.

Als es Zeit war, deckte sie den Abendbrottisch, denn sie wusste, dass Mama und Papa bald von der Arbeit kommen würden. Sie wollte die beiden überraschen.

Mama und Papa kamen pünktlich wie immer, begrüßten Alicia und Opa. Nachdem Opa die Neuigkeiten des Tages berichtet hatte und auch Mama und Papa ihre Erlebnisse kurz geschildert hatten, verabschiedete sich Opa von den dreien und fuhr nach Hause.

Alicia erzählte beim Abendbrot ihre Erlebnisse in Schule und Hort. Mama und Papa hörten interessiert zu und lobten sie für ihre Leistungen.

Nach dem Abendbrot spielte Alicia noch ein wenig Karten mit Mama und Papa. Als dann das Zubettgehen angesagt war, ließ Alicia heute gar keinen Widerspruch hören. Sie zog sich aus, wusch sich, putzte die Zähne und ging ins Bett. Mama kam, um ihr ein Gutenachtküsschen zu geben und ihr schöne Träume zu wünschen. Dann kam Papa. Bevor er „Gute Nacht“ sagen konnte, bat ihn Alicia, doch noch eine Geschichte vorzulesen. Nachdem sie ein Buch ausgesucht hatten, las Papa eine Geschichte aus dem großen Märchenbuch vor. Dann beugte er sich zu Alicias Kopf und Alicia schlang ihre Arme um Papas Hals und hielt ihn ganz fest.

„Na mein kleines Mädchen“, fragte er leise, „was hast du denn? Du bist heute nicht so fröhlich wie sonst. Was ist los?“

„Papa“, begann Alicia zögerlich, „du müsstest zaubern können – so wie eine Fee. Du müsstest mir sagen, dass ich drei Wünsche frei habe. Dann würde ich dir drei Wünsche ins Ohr flüstern, du schnippst nach jedem Wunsch mit dem Finger und dann geht jeder der drei Wünsche in Erfüllung.

---ENDE DER LESEPROBE---