Günther G. Bauer, ein "Ewigspielender“ -  - E-Book

Günther G. Bauer, ein "Ewigspielender“ E-Book

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Beschreibung

Günther G. Bauer war von 1983 bis 1991 Rektor der damaligen Hochschule bzw. heutigen Universität Mozarteum. An dieser Institution hat er in jungen Jahren Schauspiel studiert. Später arbeitete er als Schauspieler und Regisseur, bis er schließlich Professor für Schauspiel am Mozarteum wurde. Auch als Organisator war er erfolgreich tätig, so gründete er zum Beispiel das Institut für Spielforschung, das 1990 seine Arbeit aufnahm.
Günther Bauer war auch ein durchaus erfolgreicher Verfasser von Hörspielen, Kindertheaterstücken und Erzählungen. Darüber hinaus schrieb er kulturwissenschaftliche Aufsätze über Zwerge, über Salzburg und vor allem über Mozart.
Die einmalige Chance dieses Buches bestand darin, dass Günther Bauer sein Privatarchiv zur Verfügung gestellt hat. Von den rund 120 Bildern ist der größte Teil aus dieser Sammlung. Außerdem wird hier eine Erzählung erstmals veröffentlicht. Das vorliegende Buch wurde von Günther Bauer persönlich durchgesehen und für den Druck freigegeben.

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Seitenzahl: 424

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Veröffentlichungen zur Geschichteder Universität Mozarteum SalzburgBand 5

Günther G. Bauer, ein „Ewigspielender“

Schauspieler, Rektor, Spiel- und Mozartforscher

Ein Sammelband mit Originalbeiträgen, bisher unveröffentlichten Bildern aus dem Privatarchiv, Textproben und den Erstveröffentlichungen einer Redeund einer Erzählung

herausgegeben vonRainer Buland und Bernadette Edtmaier

Dieses Buch entstand am Institut für Spielforschung der Universität Mozarteum.

Möglich wurde diese Publikation durch die großzügige finanzielle Unterstützung von Senator DDr. Herbert Batliner, Vaduz.

Vielen herzlichen Dank!

Gedruckt aus Budgetmitteln des Instituts für Spielforschung

und der Universität Mozarteum Salzburg.

Für den Inhalt der Beiträge sind die Autorinnen bzw. Autoren verantwortlich.

Die Abbildungen stammen überwiegend aus dem Privatarchiv Günther G. Bauer und aus dem Bildarchiv des Instituts für Spielforschung.

Einige wenige Abbildungen sind älteren Programmen der Hochschule Mozarteum und des Kinder- und Jugendtheaters entnommen, die Abbildungsrechte konnten nicht mehr eruiert werden. Im Falle noch offener, berechtigter Ansprüche wird um Mitteilung des Rechteinhabers ersucht.

Auf dem Umschlag: Pastellkreiden-Zeichnung von Erni Beutel, 1990. Copyright: Günther G. Bauer. Foto: Rainer Buland.

Layout und Satz: Johann Lehner, Wien

Druck und Bindung: Interpress, Budapest

ISBN 978-3-99012-136-8 hbk

ISBN 978-3-99012-137-5 pdf

ISBN 978-3-99012-138-2 epub

Alle Rechte vorbehalten

Inhalt

Vorwort von Rektor Univ.Prof. Reinhart von Gutzeit

Rainer Buland: Facetten eines Kultur-Spielers. Oder: Wie bringe ich einen Ewigspielenden in Buchform?

Festrede Prof. Prinz Rudolf zur Lippe

Eine schöne Kindheit – eine lebensgefährliche Jugend

Rainer Buland: Die Bilder und das Interview mit Günther Bauer seine Kindheit und Jugend betreffend

Eine schöne Kindheit – eine lebensgefährliche Jugend. Günther Bauer erzählt aus seiner Kindheit und Jugend

Student am Mozarteum: 1949–51

Bernadette Edtmaier: Der Student für Schauspiel und Regie: 1949–51

Schauspieler am Theater und im Film

Rainer Buland: Günther Bauer, der Theater- und Filmschauspieler – Einführung

Die Noblesse des Homo ludens. Günther Bauer im Gespräch mit Achim Benning und Christina Kaindl-Hönig

Rainer Buland: Der Filmschauspieler in der Generationenkluft

Professor für Schauspiel am Mozarteum

Bernadette Edtmaier: Einleitung

Bernadette Edtmaier: Günther Bauer, der Professor für Schauspiel am Mozarteum: 1971–83

Günther Bauer: Über die Aufführung des „Urfaust“ von Goethe im Salzburger Traklhof

Verfasser von Hörspielen, Theaterstücken und Erzählungen

Rainer Buland: Der Schriftsteller Günther Bauer – Verfasser von Hörspielen, Theaterstücken und Erzählungen

Günther Bauer: Die letzte Lesung

Günther Bauer: Der „Salzburger Bauer“ Hans Wurst. Sein Ursprung und Werdegang

Günther Bauer: Hans Wursts Abschied

Der Schulspiel-Pädagoge

Rainer Buland: Günther Bauer als Schulspiel- und Theater-Pädagoge – Einführung

Birgit Karoh: Vom Erhalt des Humanen. Über Günther Bauers Dissertation „Das freie Spiel in der Schule. Von Interaktionsspielen zum Schultheater“

Gründer des Salzburger Kinder- und Jugendtheaters

Bernadette Edtmaier: Günther Bauer, der Gründer und Leiter des Salzburger Kinder- und Jugendtheaters – Einführung

Günther Bauer: 18 Jahre Salzburger Kinder- und Jugendtheater

Günther Bauer: „Die lustigen Streiche des Salzburger Hans Wurst“

Walter Riss: Erinnerungen an einige Episoden aus meiner Arbeit am Salzburger Kinder- und Jugendtheater

Rektor des Mozarteums

Rainer Buland: Der Rektor O.H.Prof. Dr. Günther Bauer und seine Amtszeit – Einführung

Günther Bauer: Bericht über meine Amtsperiode als Rektor des Mozarteums

Geehrter Redner und Netzwerker

Rainer Buland: Günther Bauer als Redner und Netzwerker samt seinen Ehrungen und Ehrenmitgliedschaften

Günther Bauer: Frei von Arbeit – frei fürs Spiel

Private Seiten

Bernadette Edtmaier: Günther Bauers private Seiten – Einführung

Hans Jörg Bauer: Günther Georg Bauer – der Bergsteiger

Nurjehan Gottschild: Der spielende Mensch Günther Bauer aus salutogenetischer Sicht

Spielforscher

Rainer Buland: Gründer und Leiter des Instituts für Spielforschung. Eine Geschichte voller Erfolge

Kulturforscher und Sammler mit Schwerpunkten Mozart, Zwerge und Salzburg

Rainer Buland: Der Kultur-Forscher und Sammler Günther Bauer – die Dramaturgie einer Leidenschaft

Lieselotte Eltz-Hoffmann: Der Kulturgeschichtler und Mozart-Forscher

Heidi Knoblich: Stifter des Grundstocks zur „Constanze-Mozart-Bibliothek“ in Zell im Wiesental

Anhang

Rainer Buland: Einleitung zu Bibliographie und Biographie

Clara Plainer und Bernadette Edtmaier: Bibliographie der spielhistorischen und kulturgeschichtlichen Texte von Günther Bauer

Eine Sammlung von Biographien. Zusammengestellt von Bernadette Edtmaier

Franz Mayrhofer: Günther G. Bauer zum 80. Geburtstag. Rede anlässlich der Lesung und Geburtstagsfeier im Salzburger P.E.N.-Club

„Ja, ich habe eigentlich immer gearbeitet und immer gespielt“. Peter Csobádi im Gespräch mit Günther Bauer vor dessen 70. Geburtstag

Faksimiles einiger bemerkenswerter Eintragungen ins Gästebuch des Instituts für Spielforschung

Farbtafeln

Vorwort von Rektor Univ.Prof. Reinhart von Gutzeit

Drei große Rollen hat Günther G. Bauer in vier Jahrzehnten an „seiner“ Hochschule – später Universität – Mozarteum gespielt. In historischer Reihenfolge waren es: die des Professors für Schauspiel, des Rektors in den 1980er Jahren und des Gründers und Leiters des Instituts für Spielforschung und Spielpädagogik nach seinem Übertritt in den Status eines Altrektors im Jahre 1991. Darüber hinaus gab es noch eine Reihe von Nebenrollen, wie in diesem Buch nachzulesen ist. Dabei stellt sich die Frage: Ist das Stichwort „Spiel“ die Klammer zwischen all diesen Rollen?

Seine Biografie vor der Mozarteums-Zeit weist aus, dass er ein großartiger Darsteller gewesen sein muss. Dennoch hat man den Eindruck, er habe das Schauspieler-Dasein mit gewisser Leichtigkeit – eben spielerisch – hinter sich gelassen, als das Mozarteum ihm eine andere Rolle und die Verantwortung für die ganze Schule übertrug. Mit großer Leidenschaft wandte er sich seinen neuen Aufgaben und dann auch der Auseinandersetzung mit jener Persönlichkeit zu, die dieser Stadt und dieser Hochschule überhaupt erst zu ihrer Bedeutung verholfen hat.

Da Günther Bauer selbst ein großer Musikliebhaber, aber kein Musiker ist, war er nie versucht, über Mozarts Werke oder deren Interpretation zu arbeiten, aber umso mehr, sich mit seinen Lebensumständen, seiner unendlich vielfältigen Persönlichkeit und eben auch mit seiner Leidenschaft zum Spiel zu beschäftigen. Er förderte immer wieder Erstaunliches zu Tage, und wenn Günther Bauer mit spürbarer Begeisterung über seine Funde und Erkenntnisse erzählt, dann hat man nicht den Eindruck, einem Forscher zuzuhören, der bedachtsam seine Quellen zusammenfügt, sondern einem Zeitgenossen Mozarts, der zur erweiterten Familie gehörte und alles miterlebt hat. Dieses Einfühlungsvermögen und die Darstellungskunst weisen dann doch wieder deutlich auf den Schauspieler zurück.

Wer Günther Bauer in seiner präsidialen Statur erstmalig begegnet, kann sich zunächst schwer vorstellen, dass dieser Mann dem Phänomen des Spiels so große Aufmerksamkeit gewidmet hat und weiterhin entgegenbringt. Aber es ist das Spiel eben auch eine ernste Sache – nicht nur für Kinder, sondern beispielsweise auch für Musikerinnen und Musiker. Wer sich das Spiel eines Instruments ausschließlich auf spielerischem Weg aneignen wollte, hat ja bald ausgespielt! Darum war es ein kluger Gedanke, ein Institut, das sich mit dem Thema des Spiels in allen möglichen Spielarten beschäftigt, an einer Musikuniversität anzusiedeln. Günther Bauer hat dieses Institut konzipiert, gegründet und aufgebaut und – nicht zuletzt mit viel privater Hilfe – eine umfangreiche und wertvolle Bibliothek des Spielens und der Spiele aufgebaut. Wer sich darin umtut, gewinnt einen guten Eindruck davon, wie stark die Freude am Spiel mit unserer kulturellen Entwicklung verwoben ist.

Was an Günther Bauer besonders fasziniert, ist seine unbedingte Ausrichtung in die Zukunft. Auch jetzt, wo er das 85. Lebensjahr beschließt, ist seine Neigung, über Zukunftspläne zu sprechen, viel größer als das Bedürfnis, verklärte Blicke in die Vergangenheit zu richten. Und dass es nicht bei Plänen bleibt, dafür sorgen seine Disziplin und der unverminderte Antrieb, so oft wie möglich ein Archiv, eine Bibliothek, ein Antiquariat zu besuchen oder eben mit den Fundstücken am Schreibtisch zu sitzen und immer weiter an seinen Themen zu arbeiten. Die Mitglieder der Universität Mozarteum verdanken ihrem Altrektor Günter G. Bauer viel und freuen sich, dass noch einiges von ihm zu erwarten sein wird.

Facetten eines Kultur-Spielers.

Oder: Wie bringe ich einen Ewigspielenden in Buchform?

Rainer Buland

Dieses Buch ist keine abschließende Gesamtdarstellung eines Lebenswerkes, sondern stellt eine aufschließende Materialsammlung dar, die einen guten Einblick in Günther Bauers Leben und Werk gibt.

Es ist auch nicht biographisch geschrieben, vielmehr versuchten wir als Herausgeber die vielen Facetten in Günther Bauers Leben und Werk zu systematisieren und in einer überschaubaren Anzahl von Kapiteln darzustellen. Naturgemäß kann dabei nicht alles eine Hauptüberschrift bekommen, nicht einmal alles Wichtige. Wir hoffen dennoch, zumindest einen repräsentativen Teil der Grundzüge dieses vielschichtigen Mannes abgebildet zu haben.

Der äußere Anlass zur Entstehung dieses Buches

Vize-Rektor Prof. Dr. Wolfgang Gratzer hat es sich verdienstvollerweise zur Aufgabe gemacht, die Geschichte des Mozarteums als Institution aufzuarbeiten und die aktuelle Geschichte zu schreiben und zu bewahren. Im Zuge dessen hat das Mozarteum – endlich – ein richtiges Archiv erhalten, die gedruckten Almanache bewahren die wichtigsten Veranstaltungen und Erfolge des jeweiligen Studienjahres und daneben gibt es nun auch eine Buchreihe, die besonders verdienstvolle Persönlichkeiten in der Geschichte des Mozarteums vorstellt. Nach dem ersten derartigen Band über Eberhard Preußner1 sollte nun rund um Günther Bauers 85. Geburtstag auch über ihn ein Buch herausgebracht werden. Dieser äußere Anlass hat jedoch weiter keine Bedeutung, es war längst überfällig, das seit Jahren von mir gesammelte Material zusammenzufassen und in einem Buch zu veröffentlichen.

Zu danken ist an dieser Stelle auch Rektor Prof. Reinhart von Gutzeit, der dieses Buchprojekt in jeder Phase wohlwollend unterstützte und ein Vorwort beisteuerte.

Dank dem Sponsor und Freund Senator DDr. Herbert Batliner

Dieses Buch wäre nicht möglich gewesen ohne die großzügige finanzielle Unterstützung durch Senator DDr. Herbert Batliner. Danke! Einfach: Danke!

Über das Kennenlernen erzählt Günther Bauer folgende launige Geschichte. Als neuer Rektor, es muss also Jahresende 1983 gewesen sein, musste er nach Innsbruck zur Rektorenkonferenz. In den weitläufigen Gängen hatte er sich verlaufen und lief geradewegs Herbert Batliner in die Arme, der auf dem Weg war, seinen Titel als Ehrensenator zu erhalten. Dieser fragte, wohin er wolle. „Zur Rektorenkonferenz“, war die Antwort. „Da muss ich auch hin, kommen Sie mit mir“, war des angehenden Senators Aufforderung.

Das also war das Kennenlernen und in der Folge entwickelte sich ein reger Austausch. DDr. Batliner war speziell dem Institut für Spielforschung in großzügigster Weise zugetan. Ohne ihn gäbe es keine Bibliographie der Spielbücher bis 1700 und die Sammlung historischer Spielbücher wäre um einige Zimelien ärmer. Für seine kontinuierliche Sponsortätigkeit bekam Senator Herbert Batliner in einer schönen Feier am Institut für Spielforschung die „Goldene Eule auf drei Würfeln“ überreicht. Eine unvergessene Feierstunde.

Als es Jahre später an die Herausgabe des vorliegenden Buches ging, fragte ich – ohne große Hoffnung, überhaupt eine Antwort zu erhalten – um eine Beihilfe zur Finanzierung an. Umso überraschter war ich, dass Herbert Batliner sofort nicht nur einen namhaften Betrag zusagte, sondern auch sehr freundliche Zeilen schrieb. Darunter berührte mich der Halbsatz am meisten, er verdanke Günther sehr viel.

Soweit ich Einblick habe, verbindet die beiden Männer bis heute eine erfreuliche Freundschaft.

Die Festrede von Prof. Prinz Rudolf zur Lippe

Zu Günther Bauers 80. Geburtstag im Oktober 2008 habe ich mit freundlicher Unterstützung des Rektors Reinhart von Gutzeit eine Feierstunde im Solitär des Mozarteums organisiert. Ich habe damals den Philosophen Prof. Prinz Rudolf zur Lippe eingeladen, die Festrede zu halten. Rudolf zur Lippe ist dem Institut für Spielforschung seit langer Zeit inhaltlich verbunden, hat er doch schon am 1. Oktober 1992 das erste Symposion für Spielforschung eröffnet. Seine damalige Rede stand unter dem Titel „Der Ernst des Unernsten“.2

Der Förderer der Spielforschung und dieses Buches: Senator Herbert Batliner 1994 beim Studium des neuen Bandes „Homo ludens“.

Die Festrede von 2008 ist in vielerlei Hinsicht eine Weiterführung des Themas, das 16 Jahre zuvor begonnen worden ist. Die Rede aus 2008 ist von mir damals digital aufgezeichnet und transkribiert worden. Die Transkription wurde von Rudolf zur Lippe redigiert und für den Druck in diesem Buch freigegeben.

Zum Buchtitel: Günther G. Bauer, ein „Ewigspielender“

Die Frage des Buchtitels hat uns als Herausgeber lange beschäftigt. Er sollte doch anschlussfähig an das vorhergehende Buch, „Eberhard Preußner (1899–1964), Musikhistoriker, Musikpädagoge, Präsident“, formuliert sein. Der Beginn des Titels stellte somit keine Frage dar: „Günther G. Bauer“. Die Jahreszahlen würden wir naturgemäß weglassen, aber wie geht es weiter? Eine erste Idee war: Schauspieler, Rektor, Institutsleiter, Spielforscher. Wo bleiben jedoch der Schriftsteller und der Mozartforscher? Um nur die wichtigsten Positionen zu nennen, wären noch der Professor für Schauspiel und der Gründer und Leiter des Kinder- und Jugendtheaters zu nennen. Wo aber sollte die Grenze gezogen werden? Ist seine Zwergenforschung weniger bedeutsam als seine Mozartforschung? Können wir den Sammler, der in kurzer Zeit eine einmalige Sammlung von Spielgraphiken und historischen Spielbüchern zusammenholte, geflissentlich übergehen? Wie steht es mit dem Netzwerker, dem Redner? Und können wir wirklich die weniger offiziellen Seiten unbeachtet lassen, den Wanderer, den Maler, den Atemlehrer?

Wir stellten als Herausgeber bald fest, dass es keine Aufzählung geben wird, die zu einem befriedigenden Ende kommen würde. Wir mussten uns nach einem Überbegriff umsehen. Günther Bauer hat für sich selbst schon immer die Metapher des Spielers verwendet, daher überlegten wir in diese Richtung weiter. Er selbst brachte schließlich die Idee ein, die uns alle sofort überzeugte, ein Zitat von Hugo von Hofmannsthal:

Lebst du noch immer, Ewigspielender?

Der Ewigspielende und das richtige Verständnis des Spielbegriffes

Womit wir bei einer wichtigen Frage, vielleicht sogar bei Günther Bauers Lebensthema angelangt sind, bei dem Thema Spiel und seiner umfassenden Bedeutung. Ein richtiges Verständnis vom Wert des Spiels zu erhalten, ist nicht einfach, selbst die Sprache, sonst häufig ein Garant für die Bewahrung tieferer Weisheit, lässt uns im Stich und führt uns sogar in die Irre. Ein Orchester spielt eine Bruckner-Symphonie, obwohl die Musiker genau genommen arbeiten, doch wenn Bruckner nach Arbeit klingt, dann ist etwas falsch in der Musik, und das trotz böser Kritiker, die den neun Symphonien absprechen, Musik zu sein, sie aber dennoch nicht als Arbeit bezeichnen, sondern als Lärm, welcher gerne produziert wird, um den Arbeitscharakter einer Tätigkeit zu unterstreichen, was jeder Rasenmäher und jeder Staubsauger ideal erfüllt, die wie fast alle Maschinen keinerlei Lärm produzieren müssten, aber Lärm produzieren wollen.

Wir trauen der etwas peripheren Erscheinung Spiel nicht wirklich über den Weg. Es ist eine zu flüchtige Erscheinung in einer Welt, die die Materie wegen ihrer Beständigkeit liebt. Das steht als eigentliche Enttäuschung hinter dem, was 2008 als Finanzkrise bezeichnet wurde: Die Banken, die schon von ihrer architektonischen Erscheinung in der Tradition mittelalterlicher Kathedralen vorgaben, ein Hort der Beständigkeit zu sein, waren leer. Das Geld hat sich als Spielgeld einiger weniger verflüchtigt. Auch hier wieder das Spiel! Solange ich arbeiten muss, um mein Leben zu finanzieren, gehöre ich zu den Verlierern. Der Reichtum beginnt dort, wo ein Teil des Geldes als Spielgeld im internationalen Finanzkasino – oder zumindest in dessen Randbereich – aufs Spiel gesetzt werden kann.

Der deutsche Begriff ‚Spiel‘ changiert auf merkwürdige Weise zwischen fanatischer Verteufelung und einer eigentümlichen Projektion von Heilsversprechungen. Wir müssen dem etwas genauer auf den Grund gehen, um uns der Persönlichkeit Günther Bauer, in deren Zentrum das Spiel steht respektive lebt, überhaupt nähern zu können.

Das Zitat von Hofmannsthal, das diesem Buch den Titel gibt, ist, aus dem Zusammenhang gerissen und in diesen neuen Zusammenhang gestellt, durchaus positiv zu verstehen – oder wir bemühen uns zumindest, es wohlwollend positiv zu verstehen: Eine mit Ehrungen überhäufte Persönlichkeit im Alter der Weisheit darf von sich als einem „Ewigspielenden“ sprechen, das hat was. Jeder weiß, wie viel er in seinem Leben gearbeitet hat, und ein gewisses Understatement kommt immer gut an, zumal sich kein erfolgreicher Mann als „Ewigarbeitender“ bezeichnen würde.

In ähnlicher Weise macht sich ein Zitat von Hofmannsthal immer gut. Eine genauere Betrachtung des Zitates zeigt jedoch die gefährliche Klippe des Spielbegriffes, es ist nämlich negativ gemeint.

In dem lyrischen Drama „Der Tor und der Tod“ von 1893 wird der Edel- und Lebemann Claudio vom Tod geholt. In seiner letzten Stunde erscheinen ihm einige Verstorbene, an deren Unglück er mitschuldig ist.

Es tritt ein Jugendfreund auf, dessen Name nicht genannt wird, der jedoch sehr deutliche Kennzeichen trägt, denn „in seiner linken Brust steckt mit herausragendem Holzgriff ein Messer“ und ohne Begrüßung wirft er Claudio den Satz an den Kopf:

Lebst du noch immer, Ewigspielender?3

Und was meint er damit? Claudio sei ein schlechter Freund gewesen, weil er leichtfertig und unachtsam mit den Gefühlen anderer Menschen umgehe. In der poetischen Sprache Hofmannsthals liest sich dies so:

Halbfertige Gefühle, meiner Seele

Schmerzlich geborne Perlen, nahmst du mir

Und warfst sie als dein Spielzeug in die Luft.

Das Spiel wird hier als Metapher einer unverantwortlichen Lebenshaltung verwendet. „Ewigspielender“ ist ein Synonym für einen Menschen, der nicht erwachsen werden will, immer nur nach seiner Lust strebt, der keine Verantwortung übernehmen will. Das „Ewig-“ betont den Verlust jeder Hoffnung, dass er sich je ändern würde.

Im Gesamten also genau das Gegenteil dessen, was Günther Bauer gelebt hat.

Bevor wir darauf eingehen, machen wir noch kurz Hofmannsthals Szene fertig. Beim nächsten, noch härteren Vorwurf wird wieder die Spielmetapher bemüht.

Claudio hat ihm nämlich die Frau weggeschnappt, und warum? Weil er sie ebenfalls liebte? Nein. Bloß weil es ihn reizte, diese Frau zu verführen, wie er selbst zugab.

Schnell war der Reiz verflogen und Claudio hat sie fallen gelassen, was in dem lyrischen Drama so klingt:

Und sattgespielt warfst du die Puppe mir, mir zu, […]

An noch einer Stelle wird Claudios achtloser Charakter mit einer Spielmetapher umschrieben:

O ja, ein feines Saitenspiel im Wind

Warst du, und der verliebte Wind dafür

Stets eines andern ausgenützter Atem.

Genau dies ist im Falle Günther Bauers nicht gemeint!

Er hat in seinem Lebenswerk und vor allem in seinen Schriften zum Schulspiel einen anderen Spielbegriff formuliert und – „vorgespielt“ kann ich schlecht schreiben – vorgelebt. Da er selbst diesen Spielbegriff an keiner Stelle stringent formuliert hat, sei dies hier zumindest im Ansatz versucht.

Günther Bauers Spiel lässt sich vielleicht am treffendsten als Kultur-Spiel bezeichnen. Damit sind wir nämlich sofort beim Gegenteil von Hofmannsthals Metapher. Kultur beinhaltet nämlich immer, Verantwortung für das Kultivierte zu übernehmen. Auch in der Bodenkultur, woher der Begriff wohl stammt, wächst nichts, wenn ich mich nicht um die Pflanzen kümmere, und zwar beständig. Nur um ein Beispiel anzuführen: Eine Gesprächskultur ist nichts, was in einem Gespräch schnell einmal gemacht werden könnte.

Alle Kulturschaffenden sind geradezu Zwangsneurotiker der Verantwortlichkeit, anders könnte ein Theater oder eine Oper gar nicht funktionieren. Diese Einrichtungen leben davon, dass jede und jeder zu einer ganz bestimmten Zeit an einem ganz bestimmten Ort ist und eine ganz bestimmte Leistung erbringt, die wiederum notwendig ist, damit die anderen auch in ihrer Leistung gesehen werden können. Damit ist noch nicht einmal die künstlerische Leistung angesprochen. In einem kleinen Theater kann bereits das Fehlen des Beleuchters dazu führen, dass die Schauspieler gar nicht gesehen werden.

Kultur-Spieler beinhaltet also, das bestimmte Kultur-Spiel, für das man sich entschieden hat, mit Verantwortung zu betreiben.

Das Spiel, das hier gemeint ist, beinhaltet aber auch – und darauf weist Rudolf zur Lippe immer wieder, auch in der hier abgedruckten Rede hin –, dass der Mensch sich selbst aufs Spiel setzt. Das eben ist der Unterschied zur negativen Spielmetapher, wie sie Hofmannsthal verwendet hat: Claudio, den wir mit dem Toren des Stücktitels „Der Tor und der Tod“ in Verbindung bringen dürfen, setzt sich selbst nicht aufs Spiel, begibt sich selbst nicht in das Spiel einer Liebesbeziehung hinein, sondern er spielt mit den Menschen lediglich wie mit Puppen und lässt sie fallen, wenn er ihrer überdrüssig ist.

Der Kultur-Spieler begibt sich in das Spiel hinein, stellt sich z. B. auf eine Bühne und stellt damit seine Überzeugungskraft zur Diskussion. Damit sollte auch klar sein, dass dies grundsätzlich verschieden ist vom Glücks-Spieler. Der Glücks-Spieler setzt einen Einsatz auf eine Wette. Verliert er, so tangiert ihn dies nicht, gewinnt er, so schätzt er sich und die anderen ihn glücklich. Verliert er über seine Verhältnisse, so ist es mit dem Spiel vorbei und er wird zum Getriebenen, zum Süchtigen, zum Verbissenen, was das Gegenteil ist vom heiteren Spieler, der sein Spiel aus Freiheit und zur Freude betreibt.

Wir haben also im ersten Schritt das Kultur-Spiel vom Glücks-Spiel und vom verantwortungslosen Umgang mit Dingen und Menschen abgegrenzt.

Kultur-Spiel beinhaltet darüber hinaus den von Johan Huizinga aufgezeigten Sachverhalt, dass die Kultur im Spiel entsteht. Mit den kulturellen Erscheinungsformen zu spielen heißt also auch immer, die Kultur am Leben zu erhalten und weiterzuentwickeln. Im Bereich des Schauspiels heißt dies: Alle Theatertexte existieren bloß als ziemlich schwer zu lesende Dialoge samt einigen Regieanweisungen, die umso spannender sind, je weniger die Regisseure glauben, sich daran halten zu müssen. Sie bekommen den Reiz des Unbekannten und das Lesen der Regieanweisungen bekommt etwas Nostalgisches, doch das nur nebenbei.

Die Schauspieler spielen entlang des Textes und in ihrem Spiel gewinnen die Kulturobjekte ihr Leben. Das Gleiche gilt für die Musik. Die großen Meisterwerke bekommen ihr klingendes Leben erst, wenn sich Menschen die Partituren, die eigentlich Spielanweisungen sind, zu eigen machen und auf ihren Instrumenten zu spielen beginnen, was auch für den Fall gilt, dass sich jemand durch das Studium der Partitur den Klang der Musik vorstellen kann, denn Bedingung für diese Vorstellungsfähigkeit ist, dass ähnliche Klänge bereits gehört worden sind. Auch das größte Musikgenie könnte sich den Klang eines Orchesters nur aufgrund einer Partitur nicht vorstellen. Das unmittelbare Kultur-Erlebnis ist nicht ersetzbar.

Eben deswegen ist für weiter denkende Kultur- – ich wage hier schon statt Kultur-Schaffende Kultur-Spieler zu schreiben – ist also für Kultur-Spieler wichtig, an die nächste Generation zu denken und daran, welche Erfahrung sie mit der Kultur machen und machen sollten. Der Schritt vom Kultur-Spieler zum Pädagogen ist also für verantwortliche und denkende Menschen ein logischer und zwingender Schritt.

So wird Günther Bauers Übergang vom Schau-Spieler zum Schauspiel-Pädagogen und dann zum Gründer und Leiter des Kinder- und Jugendtheaters verständlich. Speziell für die Jugend gilt: Ein Heranführen an die Theaterkultur ist nur im konkreten Spielen möglich.

Aber Kultur-Spieler beinhaltet noch etwas, nämlich Kreativität. Dieser Begriff wird so inflationär gebraucht, dass wir uns kaum noch Gedanken darüber machen. Meist wird er verwendet, um absolut phantasielosen Stumpfsinn zu kaschieren. Wirkliche Kreativität ist nämlich eine gefährliche Sache. Um dies kurz zu beschreiben, erlaube ich mir, ins Volle zu greifen: Kreativ zu sein heißt, Schöpfergott spielen. Gott kreierte alles, das Weltall, die Welt, die Tiere, die Menschen nicht aus Notwendigkeit – Gott ist frei –, sondern aus einer übergroßen Schöpfungslaune heraus, aus Freude am Werden – und wohl auch aus Freude am Vergehen.

Wenn wir Menschen kreativ sein wollen, das heißt eben etwas Neues, noch nie Dagewesenes in die Welt bringen wollen, dann müssen wir spielen wie der Schöpfergott. Wenn wir uns nur in den etablierten Denkbahnen bewegen, wenn wir noch so viel arbeiten, wenn wir uns noch so anstrengen, uns wird nichts Neues einfallen. Ein ganz vorzügliches Verb, „einfallen“. Aus dem Nirgendwo des schöpfergöttlichen Weltalls fällt uns eine Idee zu. Aber, und das ist eben das Entscheidende, wir müssen uns dafür bereit machen. Wir müssen uns eben in ein Spiel mit dem Material und den kulturellen Versatzstücken hineinbegeben, in ein Spielfeld treten, wo der Einfall die Chance bekommt mitzuspielen.

Kreativität erfordert also die spielende Haltung, die Bereitschaft, sich in einen schöpferischen Spielraum hineinzubegeben, ohne zu wissen, was am Ende dabei herauskommen wird. Im zweiten Schritt – meist wird einer dieser beiden Schritte übersehen – folgt die handwerkliche Ausarbeitung. Der Schöpfergott konnte eben die Welt erschaffen. Wenn wir manchmal in allzu technikgläubiger Überheblichkeit meinen, eine zweite Welt erschaffen zu können, dann irren wir uns und werden letztlich für diesen Irrtum bezahlen müssen.

Kunst kommt eben von Können, wie auch der Schauspiel-Professor Bauer immer wieder betonte, aber nur etwas zu können, ist für Kunst auch zu wenig.

Das sind eben die beiden Schritte der Kreativität, die zu Kunst und Kultur führen: frei zu spielen und gleichzeitig das notwendige Handwerk zu beherrschen, um das kreativ-schöpferische Spiel in eine Form bringen zu können. Darum geht es in der Kunst.

Die Verbindung „Kultur-Spieler“ soll eben auch diese Seite des kreativen Spiels enthalten.

Wenn wir diesen Spielbegriff im Auge haben, dann ist die Bezeichnung „Ewigspielender“ tatsächlich eine brauchbare Metapher, um Günther Bauers Arbeitsleben – um hier einmal die Arbeit zu nennen, weil „Spielerleben“ trotz meines umfangreichen Versuchs der Umdeutung falsch verstanden werden könnte – zu beschreiben.

Wobei die Kanalisierung der Kreativität eines Ewigspielenden auch ein immerwährendes Problem darstellt – weniger für ihn selbst als für seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Es kam durchaus vor, dass er an einem Tag die Geschicke einer Abteilung für Schauspiel oder einer ganzen Hochschule lenkte und am nächsten Tag als Schauspieler in einem Film mitwirkte. Nur eines war und ist nicht vorstellbar, nämlich dass er in seinem „Urlaub“ untätig wäre. Entweder schmiedete er Pläne, die sein Team in der Folge ein Jahr lang auf Trab hielten, oder er schrieb kreative Reden, die später Begeisterungsstürme hervorgerufen haben. Dabei habe ich noch gar nicht all die anderen kreativen Tätigkeiten erwähnt, wie das Verfassen von Hörspielen und Erzählungen, das Malen und das Fotografieren.

Günther Bauer ist eben ein mit der Kultur und in der Kultur Spielender, und ob dabei ein Ölbild, eine Zeichnung, ein Hörspiel, ein Theaterstück, eine Erzählung, ein wissenschaftlicher Aufsatz oder ein Mozart-Buch entsteht, ist nebensächlich und überrascht ihn wohl auch selbst immer wieder.

Im vorliegenden Buch wollen wir als Herausgeber versuchen, diese vielen verschiedenen Erscheinungsformen einer Quelle deutlich zu machen. Deswegen haben wir möglichst viele verschiedene Facetten in guten Beispielen versammelt, auch wenn zunächst nicht ganz klar ersichtlich ist, wie sie untereinander zusammenhängen.

Nehmen wir als Beispiel die Federzeichnungen. Günther Bauer hat sich immer wieder in seinem Leben mehr oder weniger intensiv in Malerei und Zeichnung versucht. Im Jahre 1949 hat er viele Federzeichnungen angefertigt. Einige davon sind als Abbildungen hier im Buch enthalten. Wir haben sie bewusst in das Kapitel gesetzt, das sich mit seiner Studienzeit am Schauspiel-Seminar beschäftigt. Die Zeichnungen sollen weniger als selbständige Kunstwerke wahrgenommen werden als vielmehr dazu dienen, diese Facette von Bauers Kreativität nicht zu vergessen. Es ist nämlich so: Künstler und Kulturschaffende müssen spielen, müssen kreativ tätig sein, damit sich zeigen kann, welches Potenzial wirklich in ihnen steckt. Bevor jemand nicht probiert hat, ein Instrument zu spielen oder zu malen, kann er nicht wissen, ob er dafür Talent hat. Und wenn er dafür ein gewisses Talent zeigt, dann stellt sich erst im Tun heraus, wie weit das Talent tatsächlich trägt. Wie hätte der Student Günther Bauer wissen sollen, ob er mehr Talent zum Schauspieler denn als Maler hat, wenn er nicht beides intensiv probiert hätte? Das eine, die Schauspielerei, hat er offiziell studiert, das andere, so wollen wir als Herausgeber einmal argumentieren, hat er inoffiziell studiert. Wie es letztlich ausging, das wissen wir heute, Günther Bauer wurde Schauspieler, aber es hätte auch anders kommen können. Und jetzt sind wir bei der tiefsten Schicht des Spielbegriffes, dem Spiel als Lebenshaltung. Das Leben als Spiel aufzufassen, ist eine Aussage in Reden, die immer wieder auf Zustimmung stößt, dies jedoch tatsächlich zu tun, ist etwas anderes. Das Leben als Spiel zu leben, bedeutet, nicht festzuhalten an Situationen, die kein Entwicklungspotenzial mehr haben, sondern offen zu werden, zu sein, für das Spiel des Lebens, neugierig zu sein für das, was noch kommen wird. Es heißt auch mitzuspielen, mit den je eigenen Talenten und Fähigkeiten, in der je eigenen Weise, verantwortlich und kreativ. Das Leben als Spiel aufzufassen – und das wage ich hier lediglich zu schreiben, weil ich um Günther Bauers christliche Weltsicht weiß – heißt nicht in vermessener Weise Schöpfergott zu spielen, es heißt vielmehr mit dem Schöpfergott, der uns als Spielpartner in seiner Schöpfung entgegentritt, gemeinsam Leben zu spielen.

Im Zentrum des Spiels: die Kultur

Die Kultur ist oben bereits erwähnt, aber lediglich im Zusammenhang des Kultur-Spiels. Es ist notwendig, die Kultur selbst in den Blick zu nehmen.

Günther Bauer ist auf vielen kulturellen „Spielfeldern“ tätig. Er schauspielert, forscht, organisiert, schreibt und vieles andere mehr, es ist ein stetiger Strom des Schaffens und Wirkens. So verschieden die Gebiete seiner Tätigkeit auch sind, sie haben eine gemeinsame Richtung, oder noch besser könnten wir von einer Ausrichtung sprechen, die unter dem großen Wort „Kultur“ zusammengefasst werden kann. All sein Werken und Wirken bezieht sich in der einen oder anderen Weise auf die Tradition österreichischer bürgerlicher Kultur. Er wechselt mitunter die Seiten, vom Kulturschaffenden (als Schauspieler, Autor, Regisseur) zum Kulturmanager (als Theaterdirektor, Rektor einer Kunsthochschule), dann wieder zum Pädagogen (als Schauspiel-Lehrer, Spielpädagoge), bis hin zum Forscher, Sammler und Kulturwissenschaftler im Allgemeinen und über Spiel, Zwerge und Mozart im Speziellen, er bleibt jedoch immer in den Bahnen und ausgerichtet auf die Werte der bürgerlichen Kultur. Dies ist zwar eine sehr allgemeine Aussage, sie kann jedoch in jedem Detail belegt werden und das vorliegende Buch wird eben dies detailreich zeigen.

Damit sind wir bei der großen Schwierigkeit der Darstellung.

Der verzweigte und vernetzte Strom der Kreativität und die Linearität der Sprache

„Ach, hätte er doch eines nach dem anderen gemacht!“ So möchte man händeringend ausrufen. Hätte er zuerst auf den Theaterbrettern gestanden und von mir aus nebenbei einige Filme gedreht, hätte dann den Studenten das Handwerk beigebracht und hätte sich anschließend als Rektor betätigt, um letztlich als Spielforscher sein Lebenswerk wie in einem Glasperlenspiel ausklingen zu lassen – wir hätten als Herausgeber keine Probleme gehabt. Eines nach dem anderen, das ist eine Folge und Linearität, die die Sprache gut darstellen kann.

Günther Bauer aber unterrichtet vormittags in der Schauspielklasse, schreibt nachmittags an einem Theaterstück und steht abends auf der Bühne. Während er als Rektor seinen Tätigkeiten nachgeht, spielt er nebenbei noch in einem Film mit. Das wäre noch gar nicht das größte Problem, das ließe sich abstrahieren. Problematisch bis unlösbar wird die Sache, wenn wir versuchen wollten, Entwicklungen nachzuzeichnen. Allzu vieles verzahnt sich, ist aufeinander bezogen, entwickelt sich aus dem anderen heraus.

Greifen wir nur ein Beispiel heraus:

Üblicherweise hält der angehende Rektor bei seiner Inauguration eine programmatische Rede, die seine Arbeitsschwerpunkte oder seine Amtsauffassung darlegt. Nicht so Günther Bauer. Seine Inaugurationsrede, die in Druck vorliegt,4 sagt nichts, aber schon gar nichts aus über den Rektor, sie ist vielmehr der ideelle Grundstein für die Gründung des Instituts für Spielforschung, das sieben Jahre später seine Arbeit aufnimmt. Am Beginn seiner Zeit als Rektor hält er also eine Rede, die sich am Ende seiner Amtszeit verwirklicht.

Nun stellt sich für uns als Herausgeber die Frage, in welchem Kapitel wir die Inaugurationsrede platzieren wollen und sollen? Soll sie am Beginn des Rektor-Kapitels stehen, wo sie biographisch hingehört, aber inhaltlich rein gar nichts beiträgt? Oder soll sie am Beginn des Spielforschung-Kapitels stehen, wo sie inhaltlich hingehört, aber biographisch nicht passt.

Im konkreten Fall entschieden wir uns für eine sehr einfache Lösung: Wir drucken diese Rede hier gar nicht ab, weil sie ohnehin relativ leicht zugänglich ist.

Dies lediglich als ein Beispiel für ein generelles Problem.

Die Kapitel-Einteilung

Aus heutiger Sicht, kurz vor Beendigung des Buches, ist es geradezu heiter, auf den großen Plan aus jener Zeit zu blicken, als wir mit viel Begeisterung, aber wenig Wissen darum, welche Materialfülle zu bewältigen uns noch bevorstehen würde, eine Kapitel-Einteilung vornahmen, die als Arbeitsgrundlage diente. Diese Einteilung sah folgendermaßen aus:

Kindheit und Jugend bis Matura

Student am Mozarteum

Schauspielerjahre

Schauspiel-Lehrer und Abteilungsleiter

Autor von Literatur

Student und Schul-Spiel-Pädagoge

Inaugurationsrede

Rektor

Gründer und Organisator

Gründer und Leiter des Kinder- und Jugendtheaters

Spielforscher

Kulturforscher (Mozart, Zwerge, Salzburg) und Sammler

Geehrter Netzwerker

Redner

Günther Bauer privat

15 Kapitel wären doch etwas unübersichtlich geworden, und wir erkannten zudem, dass, egal wie viele Kapitel wir noch erfinden würden, wir immer zu wenige haben würden. Letztlich haben wir uns für ein pragmatisches Vorgehen entschieden. Wir haben Material gesammelt und den einzelnen Kapiteln zugeordnet. Manche Kapitel wollten sich nicht und nicht füllen, während andere völlig ausuferten. Wir legten daher, wenn es uns inhaltlich vertretbar erschien, Kapitel zusammen. So entstand mit der Zeit die hier vorliegende Einteilung, mit der wir als Herausgeber recht gut leben können, weil uns klar ist, dass jede Einteilung eines Lebens und Lebenswerkes in Kapitel immer eine reine Konstruktion ist, und insofern auch ganz anders konstruiert sein könnte; entscheidend ist lediglich, wie gut es konstruiert ist, um Leben und Werk für die Leserin, den Leser nachvollziehbar und interessant zu machen.

Eine schöne Kindheit – eine lebensgefährliche Jugend

Student am Mozarteum: 1949–51

Schauspieler am Theater und im Film

Professor für Schauspiel am Mozarteum

Verfasser von Hörspielen, Theaterstücken und Erzählungen

Der Schulspiel-Pädagoge

Gründer des Salzburger Kinder- und Jugendtheaters

Rektor des Mozarteums

Geehrter Redner und Netzwerker

Private Seiten

Spielforscher

Kulturforscher und Sammler mit Schwerpunkten Mozart, Zwerge und Salzburg

Die größte Umstellung der Kapitel betrifft „Private Seiten“. Letztlich schien es mir nicht richtig, sozusagen das Private irgendwie verschämt am Ende anzuhängen. Außerdem stimmt es inhaltlich nicht. Das Buch muss – um Günther Bauer gerecht zu werden – mit einem Blick in die Zukunft enden. Was wäre dafür besser geeignet als das Kapitel über den Forscher und Sammler, beides Tätigkeiten, die in die Zukunft weisen.

Über den Zeitpunkt der Publikation

Aus der Idee zu einer Festschrift für Günther Bauer, die Aufsätze verschiedener Autorinnen und Autoren über das Thema Spiel enthalten hätte, wurde ein Buch über ihn.

Diese Sammlung von Zeugnissen, Dokumenten und Bildern eines überaus reichen, aber eben auch heterogenen Lebens, konnte nur zu diesem Zeitpunkt gemacht werden. Günther Bauer überrascht seine Kollegen und Leser alle paar Jahre mit einem neuen Forschungsthema, das erst im Nachhinein eine dann doch erstaunliche Folgerichtigkeit zeigt. Nach Jahren der Tätigkeit als Rektor, in einem Alter, da in unserer Gesellschaft bereits ein Ruhestand ins Auge gefasst wird, gründet der Nimmermüde ein Forschungsinstitut, wie es auf der Welt tatsächlich kein zweites gibt. Oder ein anderes Beispiel: Nach erfolgreicher Tätigkeit als Institutsleiter schreibt er in einem unruhigen Alter von 80 und mehr Jahren Buch um Buch über Mozarts Spiele und Alltagsleben.

Eine schreckliche Vorstellung: Hätten wir das vorliegende Buch vor einigen Jahren herausgegeben, hätten wir das Bild einer völlig anderen Persönlichkeit gezeichnet, die Mozartforschung hätte dabei noch gar nicht den Stellenwert eingenommen, die nun doch als Krönung eines Lebenswerks bezeichnet werden muss und die damit alles Vorangegangene in einem neuen Licht erscheinen lässt. Alle frühere Forschung wird für den Biographen ex post zu einer Vorstufe eines Hauptwerkes, und eine gewisse Folgerichtigkeit wird deutlich. Ohne das Hauptwerk erscheinen die Vorstufen als Ansammlung von Einzelheiten, von denen niemand recht weiß, worauf all das hinauslaufen soll. Letztlich war es also richtig, nicht schon zu seinem 80. Geburtstag ein Buch über Günther Bauer herausgebracht zu haben. Ich habe so um 2008 begonnen, Material zu sammeln, und auch die hier veröffentlichte Festrede des Philosophen Rudolf zur Lippe ist bereits damals gehalten worden, aber bei der Zusammenstellung merkte ich, dass sich kein konsistentes Bild ergab. Die Schwerpunkte lagen falsch verteilt. Zu viel Gewicht lag auf der Spielforschung, zu wenig war abgerundet. Was ist ein König ohne seine Krone? Was ist ein Autor ohne sein krönendes Hauptwerk?

Auf der anderen Seite besteht für einen Biographen immer noch genug Grund zur Befürchtung, dass dieser leidenschaftliche Forscher noch ein neues Forschungsgebiet auftut und ein Alterswerk schreibt, das alles Bisherige wieder in einem ganz neuen Licht erscheinen lässt.

Dieses Risiko einzugehen schien mir nun doch angebracht, weil auf der anderen Seite Material zugänglich war, das posthum in dieser Form gar nicht mehr besteht: das geradezu unerschöpfliche Text- und Bildmaterial aus dem privaten Archiv. Wie dies in privaten Bildersammlungen meist der Fall ist, gibt es zu den Fotos weder eine Jahreszahl noch einen Hinweis auf die abgebildeten Persönlichkeiten. Das war die große Chance, und das muss am Beginn des Buches mehrfach betont werden, alle notwendigen Angaben aus erster Hand zu bekommen.

Wir geben hier eine Materialsammlung heraus, die keine abschließende Gesamtschau darstellt, aber immerhin etwas bietet, was keine spätere Forscherin oder kein Forscher zu leisten imstande wäre, nämlich eine beglaubigte Materialfülle. Alles, was in diesem Buch geschrieben steht und abgebildet ist, wurde von demjenigen beglaubigt, der es als einziger sicher bezeugen kann, weil er es selbst erlebt hat. Dies schließt naturgemäß Fehler ein, aber immerhin Unwissen aus.

Titulatur und Name

Bei Günther Bauers vielen Titeln geht leicht der Überblick verloren und sie werden fast immer unvollständig und wenn vollständig, dann falsch angegeben. Aus diesem Grund sei hier gleich zu Beginn des Buches ein diesbezüglicher Absatz eingefügt.

Die Titulatur änderte sich im Laufe der Jahre, nicht nur kamen neue Titel hinzu, sondern der Professorentitel änderte sich auch mit den Universitäts-Organisationsgesetzen.

Es seien hier auch nur die akademischen Titel, die als Namenszusatz fungieren, in die Betrachtung aufgenommen und ehrenhafte Bezeichnungen wie „Alt-Rektor“ übergangen.

Beginnen wir im Jahr 1980: O.H.Prof. Dr. Günther Bauer

Das Mozarteum war damals eine Hochschule. Dies wurde dem Professorentitel vorangestellt: Ordentlicher Hochschul-Professor, abgekürzt O.H.Prof., jeweils mit Punkt dazwischen! Der zweite Punkt ist eine gewisse Streitfrage, oft ist auch zu lesen O.HProf, eine Verkürzung, die sich etabliert hat, wenn sie auch nicht ganz korrekt ist.

Der Doktortitel ist ein Doktor der Philosophie, abgekürzt Dr.phil., meist einfach mit Dr. angegeben.

Ab 1. Oktober 1983 steht der Funktionstitel Rektor davor:

Rektor O.H.Prof. Dr. Günther Bauer

Nach zwei Perioden übergab er die Amtsgeschäfte an seinen Nachfolger O.H.Prof.Dr. Wolfgang Roscher und bekam den Ehrentitel eines Alt-Rektors. Da es sich dabei um keinen offiziellen Titel handelt, wird er hier nicht weiter geführt.

Anfang der 1990er Jahre kamen noch die beiden Titel Magister artium (Mag.art.) und Hofrat (HR) hinzu.

In den Instituts-Nachrichten von 1991 ist zu lesen:

Das Institut in Salzburg bekam – noch – keinen personellen Zuwachs, sehr wohl aber einen Zuwachs an Titeln, Institutsvorstand Prof. Dr. Günther Bauer schloß sein künstlerisches Studium (endlich) mit dem Titel eines Magister artium ab, und für seine Verdienste als Gründer und Leiter des Salzburger Kinder- und Jugendtheaters wurde ihm der Titel eines Hofrats verliehen, wozu das Institut ihm nochmals sehr herzlich gratuliert.5

Der vollständig ausgeschriebene Titel lautet daher:

Ordentlicher Hochschul-Professor Hofrat Magister artium Doktor der Philosopie Günther Bauer

Die erster Stufe der Abkürzung: O.H.Prof. Hofrat Mag.art. Dr.phil. Günther Bauer

Die zweite Stufe der Abkürzung: O.H.Prof. HR Mag. Dr. Günther Bauer

Damit sind wir jedoch noch nicht am Ende. Die nächste Veränderung ist dadurch bedingt, dass 1998 mit dem neuen Universitäts-Gesetz die Kunsthochschulen zu Universitäten wurden, womit sich der Titel ergab:

Ordentlicher Universitäts-Professor Hofrat Magister artium Doktor der Philosophie Günther Bauer

In der verkürzten Gestalt der zweiten Stufe:

Univ.Prof. HR Mag. Dr. Günther Bauer

Bei Universitäts-Professoren wird angenommen, dass sie „ordentlich“ sind, weswegen es nicht mehr gesondert geschrieben wird.

Mit der Emeritierung und bis 2013 in der Letztfassung mit dem Vorsatz „emeritierter Universitäts-Professor“:

em.Univ.Prof. HR Mag. Dr. Günther Bauer

Das ist also die genaue derzeitige Bezeichnung. Das „derzeitig“ kennzeichnet einen bestimmten Vorbehalt, der bei einem Menschen wie Günther Bauer angebracht ist, kann es doch nicht ausgeschlossen werden, dass er in einigen Jahren z. B. einen weiteren Doktortitel bekommt.

Nun noch zu den Vornamen: Da „Bauer“ in Österreich kein seltener Familienname und „Günther“ ein beliebter Vorname ist, fügt Günther Bauer vor allem bei Publikationen gerne seinen zweiten Vornamen, Georg, in Abkürzung ein:

em.Univ.Prof. HR Mag. Dr. Günther G. Bauer

Das Bildmaterial

Die große Chance dieser Publikation war die Möglichkeit aus dem Vollen zu schöpfen, nämlich Günther Bauers privates Bildarchiv plündern zu dürfen. Dies ist ein tatsächlich treffender Ausdruck dafür, wie wir in Hunderten von Bildern stöberten und versuchten, eine sinnvolle und interessante Auswahl zu treffen. Besonders Bilder aus der Kindheit und Jugend wären über andere Quellen gar nicht zu bekommen gewesen. Ebenso sind viele Fotos von Schauspiel-Produktionen aus dem Privatarchiv.

Die ganz große Chance bestand jedoch darin, nicht nur die Bilder zur Verfügung zu haben, sondern auch alle Informationen für die Bildunterschriften, wie Datierung, Namen der Abgebildeten und zusätzliche Angaben wie Filmtitel, Theaterstück und Rolle.

Das Bildmaterial vor 1990 liegt fast ausschließlich in Form von Papierbildern vor. Ein großes Problem stellte dabei die Qualität dar. Nicht nur waren die Abzüge selbst mitunter wenig sorgfältig hergestellt, sondern sie waren zum Teil schon vergilbt, was bei 60 und mehr Jahre alten Bildern nicht verwunderlich ist. Auch die Verwendung hat über die Jahrzehnte ihre Spuren hinterlassen, wie Fingerabdrücke, Kratzer, Risse und Verunreinigungen.

Die Papierbilder wurden eingescannt. Als wir die Ergebnisse das erste Mal genauer am Bildschirm betrachteten, zeigte sich, dass die Qualität für den Abdruck in einem Buch nicht befriedigend war. Daher haben wir beschlossen, retuschierend einzugreifen. Wir haben alle Bildfehler und Unreinheiten mit dem Bildbearbeitungsprogramm GIMP beseitigt. Natürlich haben wir nicht in den Bildinhalt eingegriffen, sondern waren lediglich bildkosmetisch tätig.

Etwa die Hälfte aller Abbildungen in diesem Buch stammt aus Günther Bauers Privatarchiv.

Einen anderen großen Teil stellte das Bildarchiv des Instituts für Spielforschung zur Verfügung. Beides zusammen erleichterte die Arbeit bezüglich der Bildrechte ganz enorm, denn bei den älteren Aufnahmen waren die Autorenrechte verjährt und Günther Bauer stellte uns das Material uneingeschränkt zur Verfügung; die jüngeren Fotos hingegen waren fast ausschließlich von mir selbst aufgenommen worden.

Einige wenige Aufnahmen haben wir vom Archiv der Universität Mozarteum und vom Archiv der Salzburger Festspiele bekommen, doch wir haben sie letztlich nicht gebraucht, weil sich dieselben Bilder in einem anderen Abzug in Bauers Privatarchiv fanden. Dennoch herzlichen Dank an Susanne Prucher und Franziska Lettowsky für die geduldige und freundliche Hilfestellung.

Die Herausgeberinnen und Herausgeber und ihre Verantwortung

Herausgeber sind für vieles, was ein Buch betrifft, verantwortlich, für einiges jedoch nicht. Die Herausgeber sind verantwortlich für die Zusammenstellung der Inhalte und für die verwendete Sprache. Die Herausgeber sind nicht verantwortlich für die Inhalte der einzelnen Beiträge, oder genauer gesagt, sie sind lediglich zum Teil mitverantwortlich. Diese drei Verantwortlichkeiten möchte ich hier noch ausführen.

Wie die Zusammenstellung der Inhalte zustande kam und wie sie zu argumentieren ist, habe ich bereits beschrieben. Die Einführungen zu den einzelnen Kapiteln tragen ein Übriges dazu bei, die Auswahl und Anordnung nachvollziehbar zu machen. Es liegt in der Natur der Sache, dass dieses Buch, von anderen Herausgebern gemacht, gänzlich anders aussehen würde, aber wir können versichern, unser Bestes gegeben zu haben, und hoffen, dass ein inhaltlich spannendes und gut zu lesendes Buch entstanden ist.

Die Herausgeber sind auch für die Sprache verantwortlich, und das nicht nur in Bezug auf fremdsprachige Texte, die im Original belassen oder übersetzt werden, sondern auch in Bezug auf die Frage der Geschlechtergerechtigkeit. Wir haben als Herausgeber in diesem Buch keine geschlechtergerechte Sprache verwendet, weil sie der flüssigen Lesbarkeit entgegensteht und im Deutschen der Plural das grammatikalische Geschlecht beider Geschlechter umfasst. Sie können sofort die Probe aufs Exempel machen: Beim ersten Satz dieses Abschnitts

Herausgeber sind für vieles, was ein Buch betrifft, verantwortlich […]

da haben Sie sicherlich nicht nur an den männlichen Herausgeber gedacht, oder?

Zuletzt noch zur Frage der Mitverantwortlichkeit den Inhalt betreffend. Naturgemäß kann der Herausgeber nur mit Einwilligung des Autors in den Inhalt eingreifen. Wir als Herausgeber sind nicht für den Inhalt der Beiträge verantwortlich. Um künftigen Forschern und Interessierten ein interessantes Material an die Hand zu geben, haben wir alle Texte möglichst unverändert belassen, wenn wir uns auch bei manchen Stellen gedacht haben, dass dies durchaus auch anders gesehen werden könnte. Jede und jeder soll sich ein eigenes Urteil bilden.

Die Heterogenität der Textsorten und Autoren

Noch ein Wort über die in diesem Buch versammelten Textsorten.

Ich würde sagen, bis auf Lyrik ist alles vertreten: Berichte, Aufzählungen, Transkriptionen von Reden und Interviews, Erzählungen, Theaterszenen, Essays, Einführungstexte und wissenschaftliche Aufsätze, um lediglich die wichtigsten zu nennen und die peripheren wie Bildunterschriften und Gästebucheintragungen unerwähnt zu lassen.

Diese Vielfalt an Textsorten war uns als Herausgeber wichtig, um der vielschichtigen Persönlichkeit Günther Bauer auch auf diesem Wege etwas näher zu kommen. Wir haben versucht, aus allen Bereichen seines umfangreichen Schaffens zumindest ein beispielhaftes Werk, ganz oder in Auszügen, wiederzugeben, mit Ausnahme der wissenschaftlichen Aufsätze und Bücher, die allesamt publiziert und leicht greifbar sind. Aber gerade Bauers literarische Werke sind kaum publiziert und schwer erhältlich. Deshalb freuen wir uns sehr, hier die Erstveröffentlichung der Erzählung „Die letzte Lesung“ bringen zu können. Außerdem ist hier die ganze erste Szene des Theaterstücks „Die lustigen Streiche des Salzburger Hans Wurst“ abgedruckt, samt der dazugehörigen theaterwissenschaftlichen Recherche über den historischen Hans Wurst. Dieses Stück ist lediglich in kleiner Auflage im Eigenverlag des Kinder- und Jugendtheaters erschienen.

Manchmal fällt einem Forscher etwas unverhofft zu. Zufällig entdeckte ich beim Aufräumen am Institut ein maschinegeschriebenes Manuskript. Es handelt sich dabei um eine unveröffentlichte Rede, die Günther Bauer am 5. Dezember 1984 vor der Polyästhetischen Gesellschaft gehalten hat. Diese Rede ist hier gleichsam als Zeitdokument erstmals publiziert.

Wir haben am Institut auch eine formal sehr reizvolle Rede als handschriftliches Manuskript, eine Laudatio für den Generaldirektor der Casinos Austria Leo Wallner, aber ein Faksimile hätte den Umfang dieser Arbeit gesprengt.

Aber Günther Bauer hat nicht nur Texte produziert. Er war auch als Maler und Zeichner tätig. Bei den Farbtafeln findet sich die Abbildung eines Aquarells und auch mehrere Zeichnungen aus der Bauer’schen Feder sind in diesem Buch zu finden.

Nicht nur die Textsorten, auch die Zusammenstellung der Autorinnen und Autoren ist überaus heterogen. Es wurde und es sollte keine wissenschaftliche Publikation werden, das muss immer wieder betont werden, was nicht ausschließt, dass einige Beiträge wissenschaftlichem Standard genügen. Solange die verschiedenen Texte als das zu erkennen sind, was sie sind, schien uns als Herausgeber dies weniger ein Problem denn vielmehr eine hoffentlich erfreuliche Abwechslung für die Leserin, für den Leser zu sein. Für die Kenntlichmachung haben wir jedem Kapitel eine Einleitung vorangestellt.

Da die Autorinnen und Autoren jeweils am Beginn eines Kapitels kurz vorgestellt werden, kann hier darauf verzichtet werden.

Letztlich bildet die Vielfalt der Textsorten und der Autorinnen und Autoren die Vielseitigkeit und die vielfältigen Kontakte von Günther Bauers Leben und Werk ab.

Festrede Prof. Prinz Rudolf zur Lippe

(Diese Rede wurde zur Eröffnung der Festveranstaltung der Universität Mozarteum anlässlich von Alt-Rektor Prof. Günther G. Bauers 80. Geburtstag am 12.Oktober 2008 im Solitär gehalten. Die Rede wurde aufgenommen, vom Herausgeber Rainer Buland transkribiert und von Prof. Rudolf zur Lippe überarbeitet. Die manchmal unübliche Satzstellung der frei gesprochenen Rede wurde beibehalten, um den Eindruck des Gedankenstroms nicht zu verfälschen.)

Hochansehnliche Festgesellschaft!

Die größte Freude hätte ich Dir, Günther, heute bereitet, wenn ich eine Taxi-Quittung von Mozart gefunden hätte. Ich habe es nicht geschafft. Und wer sonst als Du, ein mit so viel Spürsinn und so viel Leidenschaft ausgestatteter und engagierter Forscher, würde das zustande bringen.

Das Rektorat, die Schauspiel-Unterrichts-Klasse, der Burgschauspieler. Ich bin nicht, wie manche in der Stadt erwartet haben, gebeten worden, eine Laudation auf Dich zu halten. Das wäre sicher nicht gut, denn ich habe diese Phasen nur von Weitem erlebt. Ich bin gebeten worden, eine Festrede zu halten, und will diese Stationen nur erwähnen, mit den Eigenschaften, die wir an Dir kennen, lieben und bewundern und die wir irgendwie diesen Phasen zuzuordnen geneigt sind.

Genauigkeit und Vorschau. Gerechtigkeit und genaues Hinschauen auf die Einzelnen. Wer wäre geeigneter gewesen zum Rektor einer – heute – Universität Mozarteum als ein großer Schauspieler, der immerhin als Schauspieler noch sein Doktorat in der Philosophie gemacht hat. Schauspiel-Unterricht an diesem Hause, sicher denken wir an Handwerk höchster Präzision und an Leidenschaft genauester Töne. Und wir denken sicher an intensivstes Fragen und mutige Entwürfe.

Ich glaube, dass es in Deinem Leben, so wie wir es heute an Dir miterleben dürfen und wie ich es auch schon seit einigen Jahren habe miterleben können, eigentlich nichts gegeben hat und nichts geben wird, das nicht dazugehört das Leben selbst zu lernen. Ich glaube, das ist das, was wir von Dir am meisten lernen sollten: Das Leben zu lernen.

Aber Du bist eben auch der große Burgschauspieler, der sicher hohe Präzision und einen Dienst an überzeugender Gegenwart verbunden haben wird.

Nun ist die Phase der hiesigen Arbeit sicherlich auch die Arbeit eines kollegialen Zusammenspiels gewesen und geblieben. Selten kann man dieses Überleben über die eigentliche Amtszeit des lebendigen Zusammenspiels so wunderbar beobachten, wie bei Dir und diesem Hause. Immer war Dein Engagement für das Besondere, aber zugleich bis ins Ganze hinein. Das Burgtheater war das Besondere, aber die ganze Kultur sollte vom Jugend- und Laientheater her mit dem Spiel sich verbinden. Wir vermuten auch, wir haben Dich im Verdacht, dass Du wahrscheinlich auch eine geheime Gesellschaft zur Protektion der Zwerge gegründet hast. Vom barocken Phänomen zur Erkundung der anthropologischen Falten auch bis in diese Variante.

Und immer ist das alles irgendwie auch im Stile eines Bergwanderers. Ich habe von Dir gelernt, dass die Unbeirrtheit und das Hinauf-Wollen nur die eine Seite ist und dass wir lernen müssen, geduldig zu sein, um stetig hinaufzukommen, weil es den Knien und dem Herzen besser bekommt, wenn sie sich für die immer neuen Höhen und damit auch die immer neuen Aufgaben eines Lebens immer wieder vorbereiten können. Das scheint mir der Erfolg auch dieser Deiner Lebendigkeit zu sein.

Schließlich kam die Gründung des Spielinstituts und dies gibt mir vielleicht die Chance, hier etwas zu würdigen, das ich selbst miterlebt und beobachtet habe. Du hast in Deiner Inaugurationsrede, der Gründungsschrift des Instituts, die beiden Worte von den Irrwegen und den Auswegen geprägt. Wenn man sich heute noch einmal vergegenwärtigt, woran Dir schon damals sehr ausdrücklich lag, dann ist das auch hier von einer – leider – geradezu atemberaubenden Aktualität. Wir haben in den letzten Tagen angesichts der Finanzkrise von den Irrwegen, die Du damals gemeint hast, ein damals von niemandem vorgestelltes Szenario bekommen. Du hast die Auswege in einer ganz anderen, in einer Dimension der Lebendigkeit und der menschlichen Maßstäbe gesehen, die das Spiel bedeuten. Wir können natürlich fragen, ob wir angesichts von Katastrophen solchen Ausmaßes und des viel schlimmeren Problems noch, wie sie von Menschen gemacht worden sind, man kann fragen, ob es da Auswege gibt. Vor allen Dingen in einem Maßstab, der nicht den weltglobalen Strategien pari bietet. Ich mute zu, und die Gewissheit, dieses tun zu dürfen und darum tun zu müssen, hast Du mit dem Umstand, dass Du noch einmal ein Kind in die Welt gesetzt hast, das Spielinstitut, dokumentiert, und wir sind daran engagiert.

Ich glaube, Du hast mich damals zu so etwas wie einen Taufpaten des Instituts gemacht.

Der Philosoph Prinz Rudolf zur Lippe (links) und Günther Bauer in der Schweisfurth-Stiftung München, um 1994.

Als Du mich damals am ersten Symposion um eine Festrede gebeten hast, habe ich geantwortet mit dem Begriff des Zufalls. Die Katastrophen und die Irrwege, von denen wir heute bestimmt sind, nicht nur diese merkwürdige, schon virtuelle Finanzkatastrophe, sondern die Katastrophen, die wir in der wirklichen und menschlichen Welt anrichten, sind natürlich die viel bestimmenderen. Du hast damals diesem Irrweg gegenüber gesagt, wir müssen das Spiel als Ausweg suchen, und das hieß für mich, nicht mehr wie im Glücksspiel gegen den Zufall spielen, Systeme entwickeln, mit denen wir den Zufall, und das heißt ja immer auch das Leben selbst, ausgrenzen, um es kontrollieren zu können, sondern mit dem Zufall, mit dem, was uns zufällt, spielen, zu leben. Das heißt immer auch lernen. Dabei ist diese große Einheit von Leben und Lernen und Spielen in ihrer Grundlage deutlich geworden. Inzwischen sind Systemtheorien, Spieltheorien entwickelt worden, die den Zufall dann viel raffinierter eben doch wieder in den Griff bekommen sollen. Aber wir wissen, diese kybernetischen Ansprüche hindern sie daran, die wirkliche Offenheit gegenüber dem Leben zu einem Grundprinzip zu machen. Fehler möglich zu machen, ist dem Spiel erlaubt und aufgegeben. Das lernen wir daran: Die Fehler in einem Umfang zu halten, der noch zum Lernen auffordern kann und nicht in die Katastrophe mündet, weil die Schritte die kürzeren, die überschaubareren sind und bleiben.

Chancen da zu entdecken, wo sie unvermutet kommen, und beides mit Achtsamkeit aufzunehmen, mit Mut und Behutsamkeit zu reagieren, dies ist, was wir vom Spiel erwarten. Es ist ein Freudiges, weil dieses Freudige genauso dazugehört. Das Leben hat es verdient, uns als Freudige zu treffen, wo immer es geht. Wenn mich junge Leute fragen, warum behauptest du, es ginge dir fabelhaft, dann sage ich: Naja, ich habe inzwischen ausprobiert, alles zu genießen, was ich genießen kann, und was ich nicht genießen kann, versuche ich interessant zu finden.

Ich glaube, darin sind wir uns ziemlich nah, und Du bist ein paar Schritte voraus, aber es sind nicht so viele, dass wir nicht noch vieles gemeinsam zu erleben und zu bedenken hätten.