Hallo Everybody - Puneh Ansari - E-Book

Hallo Everybody E-Book

Puneh Ansari

0,0
9,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Was Puneh Ansari schreibt, verfolgt eine eingeschworene Fangemeinde seit vielen Jahren auf Facebook. Ihr erstes Buch Hoffnun‘ wurde in Wien mit Erfolg auf die Theaterbühne gebracht. Ihr zweiter Titel Hallo Everybody handelt wieder von allem, etwa von Gott, der Aufforstung, dem Einlegen von Gemüse, Supermärkten, dem Kontrollieren von Wut, Politik-Interviews, dem Sonnenaufgang und verschiedenen Tieren beim Überleben in der Großstadt.

Die Texte von Puneh Ansari sind Mitschriften eines lebens-, wesensfreundlichen Denkens, das sich von nichts korrumpieren lässt. Oft ist es komisch, immer ist es klug und zugewandt, trotz der Kaputtheit der Welt. Das zweite Buch der österreichischen Autorin.


„Ansari prophezeit klimatische Katastrophenzustände und wirft damit einen überraschend angstfreien und poetischen Blick in die Zukunft. Die Wienerin lässt die sozialen Medien regelmäßig an ihrer Zerbrechlichkeit teilhaben.“ Sara Schausberger, Falter
„Eine Gegensprache zum bürokratisch neoliberalen Stumpfsinn.“ Tillmann Severin, Fixpoetry
„Mit Puneh Ansari hat Wien (und die Welt) eine neue Autorin.“ Augustin, Ruth Weismann

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 107

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Puneh Ansari Hallo Everybody

ein mikrotext

ePub-Erstellung: im VerlagCover: Inga Israel

Coverillustration und alle Zeichnungen: Puneh AnsariCovetypo: PTL Attention, Viktor Nübel

Schriften: Gentium Book Basic, PT Attention

www.mikrotext.de

ISBN 978-3-948631-29-1

Alle Rechte vorbehalten.

© mikrotext 2023, Berlin

Inhalt

Was Puneh Ansari schreibt, verfolgt eine eingeschworene Fangemeinde seit vielen Jahren auf Facebook. Ihr erstes Buch HOFFNUN‘ wurde in Wien mit Erfolg auf die Theaterbühne gebracht. Ihr zweiter Titel HALLO EVERYBODY handelt wieder von allem, etwa von Gott, der Aufforstung, dem Einlegen von Gemüse, Supermärkten, dem Kontrollieren von Wut, Politik-Interviews, dem Sonnenaufgang und verschiedenen Tieren beim Überleben in der Großstadt.

Puneh Ansaris Texte sind Mitschriften eines lebens-, wesensfreundlichen Denkens, das sich von nichts korrumpieren lässt. Oft ist es komisch, immer ist es klug und zugewandt, trotz der Kaputtheit der Welt.

„Ansari prophezeit klimatische Katastrophenzustände und wirft damit einen überraschend angstfreien und poetischen Blick in die Zukunft. Die Wienerin lässt die sozialen Medien regelmäßig an ihrer Zerbrechlichkeit teilhaben.“

Sara Schausberger, Falter

„Eine Gegensprache zum bürokratisch neoliberalen Stumpfsinn.“

Tillmann Severin, Fixpoetry

„Mit Puneh Ansari hat Wien (und die Welt) eine neue Autorin.“

Augustin, Ruth Weismann

Puneh Ansari

Hallo Everybody

Das Leben ist kurz, bleibts in eurer Komfortzone.

1

Auf der Antarktis gibts Moostierchen, die CO2 junkfooden.

Sie lagern das Kohlendioxid ein in ihre Körper (& sie haben anscheinend „Schichten“/Rillen so wie Bäume, wo man das Alter feststellen kann oder irgendwas fest­stellen kann), und in letzter Zeit sind sie adipös geworden und bingen unseren Auspuff und werden dick.

Vielleicht sollte man sie züchten und den Adipositaslurchen einen Staat bauen, einen fetten, der die Welt rettet, und ihnen Kathedralen der Dankbarkeit bauen, in denen wir sie worshippen.

2

Ich bild mir ein, früher haben Tintenkiller mal funktioniert.

Tintenkiller waren mal echt.

Heute ist das nimmer so mit die Tintenkiller nach der Konterrevolution & heute sind Füllfedern wieder echt. Wenn man was mit ihnen schreibt, stehts dort für immer. Ohne Entrinnen steht es vor allen, und Gott kräult die Feuerleiter empor und steht am Geländer, den Finger erhoben auf DICH herab, lacht er BÖSE: „Hahahahaaa!!!! > FALSCH!! < gemacht falsch, hehehe, falscjfalxh! So danebeng! Ätschbätschätschbätsch. 1 FEHLER!????“ Und aber dann denkt man sich irgend­wie, wenn wer einen soo deppat auslacht, kann er scheißen gehen ... Außerdem sO deppat kann er nicht sein, der ist ja nicht so.

Jedenfalls, Tintenkiller löschen nimmer, sie sind nur noch so eine 90er-Jahre-Nostalgie: Wirtschaftswunder, Barbiepuppen, COLASCHLANGEN, Tintenkiller, Polly Pocket, Tamagotchis, Schluckimpfungen …

Heute sind Tamagotchis auch pseudo, man kann sie „schon ab 9 Euro“ beim Hofer kaufen, aber dann sind sie noch leblos, dann muss man Chips kaufen, sich wo registrieren und einloggen mit dem Passwort, dann mit dem Code am Kassazettel einsteigen, und dann hat man Datenvolumen für 1 Wort, dein Tamagotchi sagt sein erstes Wort, und dann machts die Wimpern wieder zu, blingbling, und ist wieder zurückgekehrt in den Urzustand von einem Plastik, wie es auf die Erde kam, roh und voll der Unschuld, bevor man es verwirrt und zerschnitten hat, geraspelt und neu zusammengeschweißt, und es ward dunkel um es.

#plastik > ein undankbares Los

3

„Mensch sein“ – Teste jetzt 1 Monat für 1 €

Würd sich vielleicht sogar voll verkaufen, weil man neugierig wär, was kann denn das sein?

Dann sind alle enttäuscht, aber dann kommts nochmal raus und dann würds sich wieder verkaufen, vielleicht, weil man wär neugierig, was könnte das denn dieses Mal sein … Und so geht das weiter mit Konsum & Produktion, eine Reihe an von außen betrachtet immer sinnloser erscheinenden Special Editions von parfümierten Produkten, die kaum jemals besser schmecken als das Originalprodukt. Aber ich weiß schon, ich kann der Versuchung auch oft nicht widerstehen, überhaupt bei Essen … will ich immer kosten, :/ selbst wenn ich fast schon weiß, es wird nicht gut schmecken, es ist einfach der Forscherdrang, sagma, oder einfach der Überraschungsmoment und Sehen-was-hinterm-Vorhang-ist-Kick oder der Dopamin-Kick, vielleicht steht dahinter die Angst, alleine zu sein, und vor dem Tod, das sagen sie immer, dass das hinter allem Möglichen steht.

4

Einmal hab ich auf der Meidlinger Hauptstraße eine eigentlich unfassbare und auch schwer mit Worten zu beschreibende musikalische Darbietung gesehen. Es ist schon länger her, aber ich versuche es irgendwie zu rekonstruieren. Drei Leute oder fünf Leute, vielleicht so zwei Männer und eine Frau mittleren Alters und bisschen hinich haben sie ausgeschaut, ich glaub, der Hauptsänger, dem haben wahrscheinlich ein paar Zähne gefehlt, vielleicht hat einer von ihnen so eine Plastikflöte gehabt, mit einer Klavieroktave-Tastatur drauf, und jemand hat Schellen gehabt und einer ist einfach die Pappen runtergefallen, als hätten sie alle absolut kein Gehör und nix, es war so energisch, in irgendeiner Sprache haben sie Musik gemacht, es hat, glaub ich, nichts gehabt, was es zusammenhält, und es war auch wahrscheinlich, glaub ich, kein Lied, was sie aufgeführt haben. Ich weiß nicht, wie das zustande gekommen ist, dass das, was da passiert ist, passiert ist in der Realität, es war kein Traum, ich mein, vielleicht waren es auch einfach UNFASSBAR schlechte „Nicht-Musiker“, und -innen, die einfach mit einer hohen Energy performt haben am unteren Eingang von der Arcade Meidling, und irgendwann später, beziehungsweise immer wieder später, war dieses Erlebnis, das wahrscheinlich nur ein paar Sekunden gedauert hat. Ich hab es weder aufgenommen, noch bin ich stehengeblieben, noch irgendwas, ich bin einfach wie eine Mischung aus hypnoti- und paralysiert weitergegangen durch diese veränderte Realität, als hätte einem Gott dieses Geschenk gemacht, „die schlechteste musikalische Darbietung aller Zeiten“ gesehen zu haben, in einem wahn­sinnigen Zufall aus Raum und Zeit, ein Funke aus einer anderen Galaxie, der die Welt auf einmal von innen geöffnet hat in die Unendlichkeit, für einen kurzen Fuzzimoment das Gefühl einer Empfängnis, eines Fuzzibewusstseins, dessen, wie viel möglich ist, was man nicht fassen und sich nicht vorstellen kann als Mensch in 1 Universum.

5

„Communism“ ist so „in“ geworden im „Kapitalismus“ anscheinend, dass man sich die ganze Zeit seit zwei Wochen „Bella Ciao“ wegklickt auf Youtube in der Möbelwerbung, aber ich mein, dort gehts halt um „die größte Auswahl, und die kleinsten Preise, die gibt’s nur bei blablablaa“.

6

Schade, dass man nicht um alles, was verletzlich ist, eine Bandage aus einem angenehmen, sich an alles anpassenden, gallertartigen Material gibt zum Schutz, dass man das verteilen und alles damit einwickeln kann, damit nichts verletzt wird.

7

Man kann ja angeblich gratis Humus von den Wiener Mistplätzen abholen, aber kann man Humus auch einfach, sagen wir 3 oder 5 Kilo, abholen für die Topfpflanzen zum Erde-neu-Aufmischen oder muss man einen Garten haben, und wenn ich hingeh und keinen Garten hab, fragen sie, warum ich Erde haben will, und werden streng und es wird so amtshandlungsmäßig, und sie schreiben sich alles auf und machen dann eine Razzia, für was ich den Humus denn brauch, ich mein, hoffentlich nicht, aber ich mein, wie ist das so, gehen Leute ganz normal echt zum Mistplatz Blumenerde ho­len oder isses auffällig und weird und man wirkt „verdächtig“ und überhaupt in der hitzigen Zeit. Sie sagen ja, die Leute sind auch anfälliger für Aggressivität, bei einer Hitzewelle zusätzlich, und kriegen alles in den falschen Hals, und wenn man an einem anderen Tag in einer anderen Welt irgendwo hingeht, mit eigentlich allem, dann würden sie einem Humus geben: „Alles kein Problem, das machma schon. Hast du ein Sackel mit? Na, dann schau, kriegst du auch ein Sackel, passt dieses Sackel?“ „Danke :)!“ „Gerne :).“

Wiedersehen, bis bald am Mistplatz.

Dann geben sie einem eine Visitenkarte mit und laden einen zu einem Konzert ein am Wochenende von der Mistplatzkapelle mit einer Grillerei und Tombola, mit einem Mistplatzchor, einem Mistballett, einem Kinderprogramm mit Mistquiz, einer Upcyclingstation, einer Schminkfee und Heliumluftballons, und alles ist ok,

aber ich mein, was soll schon am Mistplatz sein, bis auf dass sie sagen, sie haben keinen Humus halt und, lol, es ist ja nicht das Internet oder das Fernsehen. Die Leute wollen ja auch alle leben trotzdem.

8

American Football ist ein ziemlich komplexer Sport.

Es gibt viele verschiedene Regeln, die einem Steine in den Weg legen sollen, damit man das, was man will, nicht sofort einfach kriegt.

Das ist die Essenz des Spiels.

In dem Fall ist das Ziel so:

Die Leute stellen sich gegenüber voneinander auf und es gibt einen Ball, und der, der den Ball kriegt, muss mit ihm so weit wie möglich weglaufen und sich mit dem Kopf voran auf den Boden werfen.

Das ist ein Touchdown und der Erfolgsmoment jedes Baseballspielers.

9

Vielleicht mag ich auf meine alten Tage Marillenknödel doch noch irgendwie, irgendwann jetzt dann, kann ich mir vorstellen.

Als Kind ja nicht so wegen dem gekochten Obst und dann rinnt das so hin und ist 1 Gatsch, aber jetzt dann schon mehr, jetzt find ich, gekochte Marillen haben eine unaufgedrängte, gewaltfreie, zeitlose und universelle Schönheit, sie stehen für Frieden und ewiges Leben, gleichzeitig geht von dem mit feinen, aderartigen Fäden durchzogenen zarten Gewebe auch eine Stärke und Kraft aus, eine In-die-Zukunft-Gerichtetheit, ein sanfter Geschmack mit duftigem Aroma und bisschen saurer Note und süß, aber nicht ur arg süß, auch die Farbe ist elegant, positive Vibes, aber irgendwie auch nicht UR aufgedreht positive Vibes, es ist nicht alles triple choc und gesalzen und paniert und quasi eine Geschmacksexplosion, aber es ist auch nicht fad, ich mein, es ist eigentlich für heutige Verhältnisse schon bisschen fad wahrscheinlich, aber das ist vielleicht die Stärke von Marillenknödeln oder von Klassikern überhaupt, sie sind bisschen fad, aber man erinnert sich an sie, sie sind wie Cheeseburger auf so eine Art, die sie aus gutem Grund so lassen, denk ich mir, seit 30 Jahren, das ist nicht unwichtig, Erinnerungen, die Menschen teilen können über die Zeit hinweg und sogar über den Tod hinaus, da kann man sich denken: „Cool, XY ist seit 200 Jahren tot, aber XY hat auch Wasser getrunken oder so“, dann ist man nicht so alleine, wie man sonst ja bisschen ist in der Beschränktheit auf den eigenen Körper und so, und man findet wahrscheinlich genau das irgendwie das Coole an ihnen, dass sie quasi drauf sch§ßen, das Rezept zu ändern, sie schmecken dann sowieso bei jedem nochmal anders, also Marillenknödeln mein ich jetzt, und Knödeln mag ich ja überhaupt, eine der besten Erfindungen der Menschheit, ideengeschichtlich vielleicht am Mond orientiert, von der Form her, also, es schmeckt quasi überall alles trotzdem anders, sogar Wasser schmeckt in verschiedenen Städten anders und alles Mögliche, da schmecken wahrscheinlich Cheeseburger immer und überall gleich. Könnte man eigentlich überlegen, was das mit der Cheeseburgerrezeption und Wahrnehmung macht, wenn sie überall wirklich gleich schmecken von einer Kette über Jahrzehnte, ob das dann nicht quasi wieder im Wert fällt bei einem.

10

Vor zehn Jahren oder so im Internet >

Irgendein Boyfriend liked auf Facebook JEDES einzelne Posting und jeglichen sinnlosen Content von irgend­einer „halt guten Freundin“ auf Facebook und NICHTS von der eigenen Freundin. Von außen würd man sich nicht denken, dass die überhaupt zam sind oder sich überhaupt kennen. Mit der „guten halt Freundin“ 50 Kommentare pro Tag, Anzüglichkeiten, expliziter Content, Melanzanis, Gurken und … sie treffen sich die ganze Zeit, sie schreiben die ganze Zeit, was weiß ich was alles. Die Leute und Freundinnen beruhigen: „Ahhh, pffffff ... Was auf Facebook passiert, das muss echt gaaaaar nichts bedeuten. Chill!“

Jemand wird paranoid.

„Oida, XY wird wegen einem Scheiß-Facebook-Like paranoid! Die ist ja voll gestört!“

Ich mein, viele liken eine Seite ja auch nur aus Interesse, weil sie das halt verfolgen wollen, nicht, weil sie davon ur überzeugt sind. Viele liken irgendeinen Status auch nur wegen irgendwas halt, das ihnen drin gefallen hat und so, halt 1 (EINEN) Aspekt davon oder überhaupt nur extra, weil der so deppat ist, manche liken gerne das Deppatste am meisten oder loven es sogar.

„Das ist quasi so ein eigener Humor beim Liken, Facebook ist echt wurscht! Bitte! Ist doch kindisch irgendwie. Politische Sachen werden nicht auf Facebook oder Twitter verkündet.“

Heute >

Irgendwer liked irgendwas.

„Ich sehe einige von euch liken XY: Ich weiß nicht, ob ihr mitbekommen habts, dass die Person irgendwas über irgendwas in Zusammenhang mit irgendwas gepostet und auch geliked hat, andere Seiten zum Beispiel bla und bla. Also, ich wollte nur drauf hinweisen, gell, falls das noch nicht alle wissen, ich finde das problematisch in folgender Hinsicht: „(10 Seiten) … man kann natürlich sagen, dass, wenn jemand im Jahr sowieso dieses Posting geliked hat und es ja noch nicht … (10 Seiten) ... jedenfalls, es ist alles so richtig NICHT egal. Jeder Millimeter, den man sich bewegt, ist ein Statement. Nicht­liken ist wahrscheinlich auch ein Statement. Aus was für einem Motiv oder sonst jemand liked oder auch nicht liken könnte, ist nicht mehr überall so eine Grauzone in der Tradition von ‚ist ja wurscht‘, wie damals, ‚man spielt an Knöpfen halt herum und alles hat eine Leichtig­keit und ist nicht so schlimm‘.“