Hateful and Loveable Creatures - Jessica Thiem - E-Book

Hateful and Loveable Creatures E-Book

Jessica Thiem

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Beschreibung

In was zum Henker war ich da nur hineingeraten? Da spaziert man in aller Ruhe durch die Gegend, trifft auf einen Seelendieb, der einen zum Abendessen vernaschen will und landet prompt im fucking größten Abenteuer seines Lebens und darf an der Seite von Göttern, Werwölfen und Vampiren gegen das Böse kämpfen. Nebenbei trifft man auf die Liebe seines Lebens (oder doch der Unendlichkeit?). Japp, genau das dachte ich mir auch: krasse Scheiße!

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EPUB
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Seitenzahl: 546

Veröffentlichungsjahr: 2020

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Hateful and Loveable Creatures Teil 1

von Jessica Thiem

©2020 Jessica Thiem

1. Auflage, Mai 2020

Mitwirkende: BooMKeithY

Verlag und Druck: tredition GmbH, Halenreie 40-44, 22359 Hamburg

Umschlaggestaltung/Cover: tredition GmbH

ISBN: Taschenbuch: 978-3-347-06021-0

ISBN: Hardcover 978-3-347-06022-7

ISBN: e-book 978-3-347-06023-4

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Hateful and Loveable Creatures Teil 1

von Jessica Thiem

Prolog

Der Wind pfiff durch das Schilf aus dem mein Dach bestand und die Holzbalken, die mein Haus zusammenhielten knarzten wahnsinnig in dieser stürmischen Nacht.

Ich selbst saß auf meinen Holzstuhl in der Küche und versank in Panik.

Warum?

Ganz einfach: Noch immer war sie nicht aufgetaucht und das obwohl wir uns gegen Sonnenuntergang an der Stadtmauer treffen wollten. Mittlerweile war es schon kurz vor Mitternacht und der Mond stand hell am Himmel.

Genaugenommen war es Vollmond was die Sache nicht besser machte.

Dieses Mädel brachte mich noch um den Verstand.

Wenn ich nicht umgebracht werde, dann würde ich letztendlich an Sorgen sterben. So weit war es schon gekommen, dass ich eine Halbgöttin einer Frau so sehr verfallen war, dass ich mich aufführte wie der letzte Vollidiot.

Passend zum einschlagenden Donner klopfte es an meiner Tür und ich sprang wie besessen auf.

Ich nehme das von eben zurück wahrscheinlich sterbe ich von dem Schock, wenn man mich aus meinen tiefsten Gedanken holte.

Ja ich war ein ziemlicher Angsthase, na und?

Zögernd öffnete ich die Tür und eine zierliche Frau stürzte direkt in meine Arme. Ihre klitschnasse Kleidung klebte an mir und doch gab es für mich kein schöneres Gefühl als sie einfach in meinen Armen halten zu können.

„Sag nicht, dass du dir wieder Sorgen um mich gemacht hast”, stichelte die brünette Frau vor mir wobei ihre Augen leicht aufleuchten.

Ach ja wie ich mich nicht immer wieder in dieses dunkelbraune Paar verlor, das zur Pupille hin immer dunkler wurde wodurch ihre Augen fast schon schwarz wirkten.

„Natürlich nicht”, gab ich schmollend von mir und verzog das Gesicht.

Was dachte sie sich eigentlich dabei mich die ganze Zeit hier warten zu lassen?

„Lügner du hast dir Sorgen gemacht, dass sehe ich dir an. Außerdem zitterst du immer, wenn du Angst hast, so wie jetzt gerade.”

Warum nochmal hatte ich mir Sorgen gemacht? Ihr ging es offensichtlich gut.

„Schmoll nicht du weißt doch, dass ich nie pünktlich bin.”

„Verdammt es ist fast Mitternacht wir waren viel früher verabredet. Es hätte sonst was passieren können-.”

„Ist es aber nicht”, wurde ich unterbrochen und die wunderschöne Frau vor mir nahm zaghaft mein Gesicht in ihren Händen, bevor sie mir einen sanften Kuss auf die Lippen hauchte.

Natürlich mussten dabei in mir kleine Feuerwerkskörper explodieren und alles was eben war, war vergessen.

„Ich liebe dich”, flüsterte sie mir mit ihrer sanften aber auch rauchigen Stimme in mein Ohr und sorgte dabei für sämtliche Nervenausfälle in mir.

Ja man könnte es so sagen: Diese freche, durchtriebene Frau vor mir hatte mich komplett in ihrer Hand.

Wie ich es hasste und trotzdem bekam ich einfach nicht genug von ihr.

„Wo warst du?”, versuchte ich aus ihr herauszubekommen aber mein Gegenüber hatte nicht vor mir zu antworten. Stattdessen ging sie zum Kamin und begann sich auszuziehen.

„Verdammt nochmal schau da nicht so hin!”, ermahnte ich mich selbst, konnte aber meinen Blick nicht von ihr nehmen.

Sie stand mit ihrem Rücken zu mir und begann zu kichern.

„Gefällt dir was du da siehst?”

Knallrot lief ich an und drehte mich kopfschüttelnd um. „Sicher?”

Vorsichtig tapste sie zu mir und begann meinen Hals entlang zu Küssen.

Ich riss mich arg zusammen.

„Jetzt bloß nicht aufstöhnen.”

Zu spät, denn ich stieß einen kleinen verzweifelten Seufzer aus.

Wie stellte sie das bloß an mir allein mit ihrer Anwesenheit jeglichen klaren Verstand zu rauben?

Ich war ihr von dem ersten Moment an in dem wir uns trafen hilflos ausgeliefert.

Aber um unsere Geschichte zu erzählen muss ich euch erst meine erzählen.

Diese begann vor ein paar Jahren.

Mein Name war Yasminan und ich war das einzige Kind meiner Mutter Samira. Meinen Vater kannte ich nicht aber damit hatte ich mich abgefunden.

Naja genaugenommen hatte meine Mutter kein Wort über ihn verloren und wenn ich sie nach ihm fragte endete es immer nur im Streit. Trotzdem konnte ich aber sagen, dass ich eine schöne Kindheit hatte.

Ich hatte viele Freunde und war im Dorf sehr beliebt, weil ich immer für meine Mitmenschen da war und half wo ich nur konnte.

Aber natürlich wie mein bester Freund, dass Schicksal so war blieb natürlich nichts wie zuvor. Mit vierzehn veränderte sich mein Leben schlagartig.

Ich war sauer auf meine Mutter, weil sie mich nicht zu meinen Freunden ließ und machte zum ersten Mal in meinem Leben Gebrauch von meinen noch ungeahnten Fähigkeiten.

Eigentlich wollte ich nur mit meiner Hand auf den Tisch unseres Hauses schlagen, als sich in meiner Hand wie aus dem nichts eine kleine Wasserkugel formte, die nun in meiner Hand schwebte.

Was zur Hölle?

Fragend blickte ich zu meiner Mutter und zurück zu meiner Handinnenfläche. Die kleine Kugel platschte zu Boden und ließ mich völlig verwirrt zurück.

„Yasminan wir müssen reden”, flüsterte Samira und schob mir einen Holzstuhl entgegen auf den ich mich völlig überfordert fallen ließ.

„Was zum Teufel war das!? Ist das eine Krankheit? Bin ich besessen?”

Jeder im Dorf glaubte daran, dass wenn es Dinge gab die man nicht erklären konnte böse Mächte im Spiel sein mussten und ich war in der Hinsicht nicht anders.

„Nein du bist nicht besessen”, meinte meine Mutter und schwieg eine ganze Weile. Ihr Blick war panisch auf den Boden gerichtet, bevor sie ihren Blick anhob und mir direkt in die Augen blickte.

Ich erkannte etwas darin, was ich noch nie zuvor in ihnen gesehen hatte: Angst.

„Du solltest endlich die Wahrheit über dich erfahren”, murmelte sie ohne den Blick von meinen Augen zu lösen und schwerfällig aus zu atmen.

„Das was du gerade gesehen hast, hat nichts damit zu tun das du krank oder besessen bist. Du hast es deinen Idioten von Vater zu verdanken.”

Meinen Vater?

Jetzt wurde ich hellhörig und bekam die Geschichte meines Lebens zu hören.

„Mom du willst mir nicht allen ernst erzählen, dass ich deine Tochter gleichzeitig die Tochter von Triton, einen der Söhne von Poseidon dem Gott des Meeres bin!? Die Geschichte kauf ich dir nicht ab!”

Aufgebracht stand ich auf und warf meiner Mutter einen wütenden Blick zu.

„Dachtest du ich habe anders reagiert, als dein Vater mir sagte er wäre ein griechischer Meeresgott? Ich habe ihm das nicht geglaubt und plötzlich war er weg und ich mit dir schwanger.”

Toll jetzt waren wir beide sauer und ich überfordert.

„Ich bin also demnach eine Halbgöttin?”, flüsterte ich kaum hörbar doch Samira hatte mich anscheinend verstanden, denn sie nickte still.

So ganz kurz und bündig.

Dummerweise hatte ich zu jenem Zeitpunkt damals meine Fähigkeiten noch nicht unter Kontrolle, was dazu führte, dass ich sie aus Versehen in der Öffentlichkeit anwendete.

Natürlich endete das wiederrum in eine Hetzjagd gegen mich.

Und was machte man wenn einen das Dorf nur tot sehen wollte?

Richtig: man flüchtete, ließ alles hinter sich und zog solange durch die Gegend bis man einen Ort fand an denen einen niemand kannte, führte ein ganz entspanntes und vor allem normales Leben bis man plötzlich auf Shayan traf.

Ja die Frau, welche mich tagtäglich in den Wahnsinn trieb hatte wie ich ein kleines Geheimnis.

Auch sie war vor einiger Zeit, wie ich, auf der Flucht und hatte dieses kleine idyllische Dörfchen im alten England gefunden. Bei unserer ersten Begegnung hatten wir uns beinahe gegenseitig zu Tode erschreckt.

Wie heute war es eine nasse und verregnete Nacht in der sich die normalen Menschen gar nicht erst hinaus trauten.

Ich hingegen schon, denn ich wollte testen wie weit meine Fähigkeiten schon ausgereift waren, indem ich eine größere Wasserkugel in meiner Hand formte und zusah wie sie die Regentropfen vom Himmel förmlich verschlang wobei hinter mir plötzlich ein Wolfsgeheule erklang.

Panisch drehte ich mich um und meine Wasserkugel landete mitten im Gesicht eines schneeweißen Wolfes mit braunen, fast schon schwarzen Augen.

Der Wolf schüttelte sich und verwandelte sich vor meinen Augen in eine junge Frau, welche mich frech von oben bis unten musterte.

Wie auch immer ich mich in diesen Wirbelwind verlieben konnte aber bei einer Sache war ich mir zu hundert Prozent sicher: Mein Geheimnis war bei ihr genauso sicher wie ihres bei mir.

Ein Leben ohne Shayan war für mich nicht mehr möglich, denn ich hatte ihr mein Herz geschenkt und das für die Ewigkeit.

Gerade hatte sie sich zu mir gedreht.

Fürs Protokoll sie war immer noch nackt, was mir eine rote Farbe ins Gesicht trieb bei der selbst eine Tomate neidisch geworden wäre.

„Kannst du dir bitte was anziehen?”, bettelte ich aber Shayan lachte nur.

„Gib doch einfach zu, dass es dir gefällt.”

Natürlich tat ich es nicht, woraufhin sie ihre Augen verdrehte und sich an meinen Klamotten bediente.

„Wir leben im 14. Jahrhundert, da kannst du ruhig aufhören dich wie eine spießige Oma zu benehmen.”

„Ich will einfach nicht, dass du denkst, dass ich dich nur wegen deines Körpers liebe”, rutschte mir heraus und Shayan blickte mich überrascht an.

„Das ich von dir auch mal das L Wort höre ist ja ganz was Neues.”

Als sie sich umgezogen hatte trat ich einen Schritt auf ihr zu, nahm ihre Hand und lächelte sie einfach nur an.

Oh Gott, wenn man uns so sehen könnte, würden alle Menschen um uns herum Regenbögen kotzen.

Gerade als sie mich zu einem zärtlichen Kuss zu sich heranzog flog plötzlich meine Tür aus ihren Angeln und das halbe Dorf hatte sich um meine kleine Hütte versammelt.

Was für eine verdammte Scheiße!?

Schnell fuhren wir auseinander und warfen uns verzweifelte Blicke zu, als das Oberhaupt unseres Dorfes mit vier muskulösen Männern an seiner Seite auf uns zu trat, von denen jeweils zwei uns packten und uns zu Boden drückten.

„Shayan und Yasminan ihr werdet angeklagt wegen Ketzerei und Gleichgeschlechtigem Verkehres. Das Dorf und ich haben über eure Strafe abgestimmt.”

Ich drehte mein auf den Boden gedrücktes Gesicht zu Shayan und flüsterte: „Soll ich?”

Wieder meines Erwartens antwortete sie mit: „Nein, wenn wir das tun müssten wir alle töten.”

Hatte ich sie richtig verstanden? Wir sollten gar nichts tun und hoffen, dass uns dieser Bastard nichts antat? „Ihr Beide werdet noch heute auf den Scheiterhaufen verbrannt.”

„Es regnet”, erwiderte ich spöttisch.

Bloß nicht zeigen wie viel Angst ich eigentlich hatte. Die Situation gerade war einfach beschissen.

„Um den Regen musst du dir keine Sorge machen Kleines, der hat nämlich aufgehört und trockenes Holz haben wir zu tausend.”

Ach ja da war er wieder mein bester Freund das Schicksal.

Alles was mir blieb war der Blick in Shayans Augen, die trotz der aussichtslosen Situation ruhig wirkte.

Ja fast schon so als hätte sie damit gerechnet.

Stunden später befanden Shayan und ich uns zusammengeknotet an einem Holzpfahl und durften die anderen Dorfbewohner beobachten, wie diese um uns herum das Holz für den Scheiterhaufen aufrichteten.

Da wir Rücken an Rücken saßen, konnten sich unsere Finger berühren, was mir immerhin ein kleiner Trost war, nach dieser Entscheidung, die Shayan offensichtlich getroffen hatte: Mit mir gemeinsam drauf zu gehen.

„Ich weiß du verstehst meine Entscheidung nicht aber wir werden niemals glücklich werden, wenn wir so leben müssen. Ausnahmsweise sehe ich den Tod als Chance darauf, dass wir uns wiedersehen oder zumindest nicht getrennt werden.”

Na toll wir standen hier vor unserer Hinrichtung und sie schaffte es allen Ernstes noch, dass ich sie für ihre süße Art zu Tode knuddeln könnte.

Was für ein Wortspiel in dieser Situation.

„Sei froh, dass ich dir mein Herz geschenkt habe und nicht irgendeinen daher gelaufenen Volltrottel, sonst würdest du hier alleine sitzen.”

„Mein Honey ist Charmant wie eh und je”, witzelte Shayan, als unser Dorfoberhaupt und sein Sohn mit Fackeln auf uns zukamen.

Natürlich, wir saßen ja auch nicht hier um zu reden, sondern zu sterben, hätte ich fast vergessen.

Aber für Panik war es nun eh zu spät, denn sie warfen zeitgleich die Fackeln direkt auf uns zu, und die Strohhälfte auf der wir saßen fing Feuer, welches sich sofort im Kreis ausbreitete.

Die Flammen umschlossen uns und breiteten sich auf unsere Körper aus.

Es war unerträglich und doch war ich auf einer Art und Weise glücklich, denn ich war hier bei ihr und konnte in diesem Moment bei Shayan sein, bis unsere Körper und Schreie nachgaben und wir bei lebendigem Leib verbrannten.

Kapitel 1

Sechs Wochen Sommerferien waren vergangen und ich stand mit meiner besten Freundin Ellisa wieder hier.

An dem gleichen Ort, den wir vor sechs Wochen den Rücken gekehrt hatten.

Noch ein letzter Zug von meiner Zigarette und dann hieß es auf, in das neue Jahr unserer Berliner Schule.

Ein neues Jahr in dem ich noch so viel vorhatte.

Gleichzeitig schnipsten wir unsere Zigaretten weg und grinsten uns gegenseitig an: Auf in den Kampf.

Ellisa war in der achten Klasse zu uns gestoßen und wir hatten uns relativ schnell angefreundet, da sie irgendwie wie ich war.

Total durchgeknallt.

Vom Aussehen war sie etwas mollig aber nicht dick und trug sehr figurbetonte Sachen, mit denen sie alle männlichen Blicke auf sich zog.

Ach ja die Kerle.

Wie oft hatte sie sich schon irgendwen angelacht und sich dann bei mir ausgeheult, wenn es nicht geklappt hatte?

Genau jedes Mal.

Ein Blick in ihre kristallblauen Augen sagte mir eins: Sie hatte wie ich keine Lust wieder hier zu sein.

Gähnend richtete ich mein schwarz rotes Cap mit der Aufschrift meines Lieblings Comic Charakters: Harley Quinn und blickte mich um.

Es hatte sich in den sechs Wochen nichts verändert aber hey, wir waren wieder da um die Schule aufzumischen.

„Hast du Bruce gesehen?“, riss mich Ellisa aus meinen Gedanken und ich blickte mich auf den vollen Schulhof um.

„Der Typ aus unserer Klasse, der in deinen Mathe E-Kurs geht?“

Ellisa nickte eifrig und ein leichtes Lächeln huschte über ihre Lippen, bevor sie meinte: „Ich schwöre dieses Jahr wird mein Jahr.“

Bei ihrem entschlossenen Blick konnte ich nicht anders als automatisch loszulachen.

„Du weißt schon, dass er der beliebteste Typ der ganzen Schule ist? Jeder will ihn haben“

Ja Bruce Mashall war der begehrteste Kerl.

Sixpack, Sonnenbrille, die er außer im Unterricht nie abnahm, Designer Lederjacken und kurze braune Wuschelhaare.

Kurz um: Mädchenschwarm und Badboy in einer Person.

Wenn er nicht gerade mit seiner Zwillingsschwester Francis zusehen war, hatte er einen halben Harem an Frauen um sich.

Francis hingegen war das komplette Gegenteil von ihm.

Im Prinzip sahen sie sich nicht einmal ähnlich, was aber auch daran liegen konnte, dass sie ein Gothic war mit Leib und Seele.

Der schöne Badboy und der stille Grufti.

Irgendwie musste ich über diesen Gedanken schmunzeln.

„Yas?“, Ellisa schnipste mit ihren Fingern vor meiner Nase.

„Erde an Yasmin Copper unserer Quotenlesbe.“

Sofort wendete ich mich zu ihr und nahm sie spaßeshalber in den Schwitzkasten.

„Hör auf mich so zu nennen.“

„Ok, Ok, aber du kaufst mir nachher einen Schoko Muffin aus der Cafeteria.“ Lachend ließ ich sie los.

„Deal, aber nenn mich nicht so.“

Ich wusste zwar wie sie es meinte aber mir ging es immer auf den Sack, wenn man auf Grund meiner Homosexualität so etwas zu mir sagte.

Es war genauso nervig, wie wenn man irgendwo von Freunden vorgestellt wurde mit dem Satz: „Das ist Yas und sie ist lesbisch.“

Ich war immer noch ein Mensch und kein Alien.

Aber um mich aufzuregen hatte ich keine Zeit, denn mittlerweile waren wir schon etwas spät dran und ich wusste noch nicht in welchen Raum wir mussten.

„Chill mal. Wir haben in unseren alten Klassenraum. Bevor du fragst, im Gegensatz zu dir habe ich noch eine Internetflat und der Plan stand im Netz.“

Manchmal könnte ich sie knuddeln. Oh wartet, dass tat ich auch.

„Mal sehen was Karamell so getrieben hat“, meinte ich schließlich, als wir uns voneinander lösten.

Die Schule war recht groß aber übersichtlich, modern eingerichtet und hatte ganz individuelle Räume.

Damit meine ich, dass die Mathe, Chemie, Kunst etc. Räume jeweils dem Fach entsprechend dekoriert waren.

Anscheinend war die Tür unseres Klassenzimmers schon offen, denn man hörte eine laute Klasse aus dem Raum. Das konnte nur unser Haufen sein! Eins, zwei, drei: Auf in den Schulalltag!

Ellisa öffnete die angelehnte Tür und wir schlüpften in den Raum.

„Da sind ja unsere Chaosprinces“, kam von ganz hinten hervor und ich erkannte Karamell.

Eigentlich hieß sie Klara, aber durch ihren karamellfarbenen, lockigen Haaren und ihrer Sucht nach Karamellbonbons hatte sie sich schnell diesen Spitznamen eingefangen.

Gerade als wir uns auf den Weg zu ihr machten warf uns Nadine einen gehässigen Blick zu und warf ein: „Da ist ja die Lesbe und ihr Betthäschen“ in den Raum.

Wir hatten, wie ihr eben gemerkt habt nicht nur Freunde, sondern auch ein paar Tussen und Machos die uns nicht mochten.

In mir spielte gerade Teufel und Engel.

Engel sagte: „Geh zu Karamell und lass dich nicht auf eine Diskussion ein.“

Aber der Teufel gefiel mir besser, denn ich lehnte mich zu Nadine auf den Tisch und sagte ihr lautstark, sodass es auch ja jeder mitbekam: „Ist da jemand neidisch oder doch sauer das DU nicht mein Betthäschen bist?“

Grinsend lief ich weiter wobei mir ein: „Wer will schon mit so was Hässliches wie dir vögeln?“ hinterhergerufen wurde.

Darauf ging ich dann lieber doch nicht ein, weil mir die Liste im Kopf mit den ganzen Namen zu lang wurde.

Und bevor es so ausgelegt werden konnte, dass ich eine Schlampe war, beließ ich es dabei.

Vielleicht waren es ein paar Frauen zu viel aber was sollte ich denn machen, wenn die Richtige nicht dabei war?

Eine Beziehung mit jemand eingehen für den ich absolut nichts empfand?

Ich stand weder darauf mich selbst zu belügen noch die Menschen aus meinem Umfeld.

Somit stand es 1:1 gegen meiner Lieblingsrivalin Nadine und mir.

Der erste Schultag ging schon mal gut los.

Das Jahr konnte noch heiter werden aber es standen noch alle Türen offen.

Die Bank vor Karamell war noch frei, was schon mal perfekt schien: Die Gruppe konnte zusammenbleiben.

„Endlich sind wir wieder in der Schule”, stöhnte Karamell auf und Ellisa und ich warfen uns fragende Blicke zu.

„Wie schlimm?”, fragte Elli, so wie ich Ellisa manchmal liebevoll nannte.

„5 Wochen auf den Bauernhof meiner Oma in Bayern und in der letzten Woche hier in Berlin hat sich ernsthaft mein Freund getrennt und das nur, weil wir nichts unternehmen konnten.”

Autsch.

Da war selbst mein Urlaub angenehmer und das obwohl ich größtenteils nur zuhause rumgehangen hatte.

Ich hatte eindeutig zu wenig Hobbies.

„Wenn er sich deshalb von dir getrennt hat, war er es einfach nicht Wert”, sprach ich Karamell zu, die mich ermutigt ansah.

„Du hast Recht.“

Wir redeten noch ein wenig bis wir von unserem Klassenlehrer Herrn Ricke gestört wurden.

„Yas, Elli kommt schon das machen wir jedes Jahr.“

Den ersten Schultag hatten wir mittlerweile hinter uns gebracht und Elli, Karamell und ich befanden uns bei Elli zu Hause.

Ihre Eltern kannten uns schon eine Weile, schließlich waren wir ihre besten Freundinnen und so gut wie regelmäßig hier.

Man könnte auch sagen, dass wir ihre zusätzlichen Töchter waren, da Elli, Einzelkind war.

Ihr Zimmer war riesig und wirkte durch die großen Fenster wahnsinnig hell.

Die Wände waren voller Poster von Miley Cyrus.

Auch wenn sie es nicht zugab war sie wahrscheinlich ihr größter Fan.

„Bitte, bitte…”

Genervt ergriff ich den Stift, den mir Karamell entgegenhielt und schrieb den ersten Satz auf das weiße Papier.

Es war unser Ritual, dass wir jedes Jahr aufschrieben, was wir uns vornahmen.

So eine Art Jahresvorsatz bloß auf das Schuljahr bezogen und wesentlich lustiger.

Oben auf dem Blatt stand in Karamells schönster Schrift: „Ich wünsche mir für dieses Jahr:“

Und darunter mein Satz: „dass, wir wie jedes Jahr alles Gute wie auch schlechte miteinander teilen und uns gegenseitig nicht aus den Augen verlieren.“

„Oh das hast du süß geschrieben”, lächelnd wurde ich von Karamell geknufft und schon bald wurde ich von beiden gleichzeitig durchgeknuddelt.

Oh Mann, hatte ich diesen verrückten Haufen vermisst.

Ich reichte den Stift an Karamell weiter die unter meinem Stichpunkt ein: „dass wir alle einen guten Abschluss bekommen”, schrieb.

„Apropos Abschluss was macht ihr eigentlich nach der Schule?”, warf Elli in die Runde.

„Abitur, wenn es klappt”, kam es prompt aus Karamell während ich auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt wurde.

Ich hatte absolut keinen Plan von meiner Zukunft oder wie ich sie gestalten wollte.

Ich war schon froh, wenn ich einen Plan für die nächsten zehn Minuten hatte, wie sollte ich da noch meine Zukunft planen?

„Yas?”, fragte Elli vorsichtig, weil ich anscheinend mal wieder zu weit abgedriftet war mit meinen Gedanken. Das hatte ich öfters.

Einen Moment nicht aufgepasst und schon war man wie in einer anderen Welt.

„Alles gut es ist nur so, dass ich mir noch gar keine Gedanken gemacht habe”, flüsterte ich etwas verlegen in den Raum hinein.

„Ist doch egal wir packen das alle gemeinsam oder gar nicht.“

„Genau”, sprach Elli Karamell zu und legte ihre Hand auf meiner Schulter.

„Ok.“

Ich wünschte mir, dass sich nichts zwischen uns verändert und, dass wir alle für immer zusammenbleiben könnten.

Aber leider wusste ich genau so gut wie die anderen, dass das nicht möglich war und doch würde ich gerade solche Momente wie diesen hier festhalten wollen.

Jetzt wurde ich aber sentimental.

Eine meiner Eigenschaften die ich absolut nicht ausstehen konnte.

Ich war lieber die Person, die das Chaos hinter sich herzog und mit meiner durchgeknallten Art und Weise für Aufsehen sorgte.

„Lasst uns aus diesem Jahr etwas Unvergessliches machen. Ein Jahr an das wir uns noch erinnern werden, wenn wir alt und verschrumpelt sind.”, warf Elli in die Runde und ich nickte heftig.

„Oh ja. Lasst uns darauf anstoßen!“

„Hast du ein Glück, dass meine Eltern mir zum Geburtstag eine Minibar geschenkt haben.“

Grinsend hüpfte Elli zu dem kleinen Minikühlschrank in ihrem Zimmer und zog eine Flasche Rotkäppchen Mango hervor.

Unser Lieblingssekt.

„Bin gleich wieder da”, flötete sie und verließ das Zimmer während Karamell sich auf Ellis Computerstuhl fallen ließ und ich es mir auf ihrem Bett bequem machte.

Mein gegenüber spielte mit ihren langen lockigen Haaren und ich nahm kurz mein Cap ab um durch meine schulterlangen schwarzen Haare zu fahren.

Dann betrachtete ich mein Cap und erinnerte mich an den Moment in dem ich es zum ersten Mal in der Hand hatte.

Genervt stand ich neben Elli im Saturn, während sie durch die CD Abteilung schlenderte. Am Morgen hatte sich meine Freundin von mir getrennt und ich war nicht wirklich in der Stimmung etwas zu unternehmen, da mir die Sache doch mehr zugesetzt hatte als gedacht.

Ich hatte mir so ziemlich den Arsch für die Beziehung aufgerissen aber sie hatte anscheinend schon seit längerem eine Affäre mit ihrem besten Freund.

„Komm schon Yas. Es gibt so viele Mädels da draußen die auf dich warten. Trauer nicht so was wie Alice hinterher.”

Den Namen hatte sie förmlich ausgespuckt, was mich kurz auflachen ließ.

Na gut die Beziehung war nicht gerade die beste aber die einzige die ich jemals geführt hatte. Oh Gott ich war vierzehn.

„Sie hat dich total um verändert. Tu dies, mach das, dass warst doch nicht du. Die Yas sie ich kenne macht nur, dass was sie will und wozu sie gerade Lust hat.”

„Du hast ja recht”, brummte ich während wir durch die Heavy-Metal Abteilung liefen und ich nach CDs von Disturbed suchte.

Ich liebte diese Band.

Eigentlich hatte ich alle Alben und schaute nur so nach bis mir auffiel, dass Elli nicht mehr neben mir stand.

Ich lief weiter und fand sie schließlich vor einem Regal mit Game-Caps.

„Ich weiß du zockst nicht aber fucking shit das passt perfekt.

Warte”, murmelte sie und setzte mir das Ding auf.

Erst gerade, dann nach hinten aber irgendwie schien es ihr noch nicht zu gefallen.

„Hm”, gab sie von sich und setzte es nochmals nach hinten auf allerdings schob sie es nun etwas schief und betrachtete ihr Werk.

„Perfekt.”

Ich war noch völlig überrumpelt, als sie ihr Handy hervorzog und ein Foto von mir schoss.

„Boa du wirkst voll gefährlich damit”, grinsend zeigte sie mir das Bild und fügte ein: „So verarscht dich ganz sicher keine mehr“ hinzu.

Sofort riss ich ihr das Handy aus der Hand.

Etwas entgeistert sah sie mich an, weil sie dachte, dass ich das Bild löschen wollte allerdings nahm ich Elli, kuschelte mich kurzerhand an ihr und schoss davon ein Bild.

„Das ist für meine dumme Ex”, meinte ich und zeigte

meiner besten Freundin das Bild.

„Das sieht aus als hättest du was am Laufen”, meinte sie lachend und sendete mir das Foto, welches natürlich sofort verschickt wurde.

Was für eine Aktion.

„Da bin Ich wieder!!!”, kündigte sich Ellisa mit 3 Sektgläsern in der Hand an. Natürlich drückte sie Karamell und mir eins in die Hand und öffnete die Flasche.

Überschwänglich goss sie die Gläser voll, wodurch wir mehr oder weniger Probleme mit der Kohlensäure hatten aber zum Glück hatte Elli keinen Teppich in ihrem Zimmer.

Nun standen wir da mit unseren bis zum Rand gefüllten Sektgläsern und sahen uns an.

„Da ich kein Fan von langen Reden bin: Auf uns und darauf, dass wir es das neue einsame Jahr so richtig krachen lassen. Cheers.”

„Cheers”, kamen von Karamell und mir gleichzeitig und schon wenige Sekunden später hatten wir alle die Gläser geleert. Na gut, dass war gar nichts im Vergleich dazu was wir sonst alles weggesoffen hatten, wenn wir mal zusammen feiern waren. Plötzlich vibrierte mein Handy.

Es war mein Vater.

„Komm bitte nach Hause wir fahren bald weg und wollten, dass du auf deinen kleinen Bruder aufpasst”, stand dort in der Nachricht die ich geöffnet hatte.

Na toll Mom und Dad machten sich einen schönen Abend und ich musste nach Hause, dabei hätte das hier noch nicht enden sollen.

„Leute ich muss los”, meinte ich leicht traurig und nahm meine schwarze Umhängetasche.

„Ach nö”, erklang es in einem Chor und die Beiden brachten mich zur Tür vor der ich erst einmal meine Boots anzog.

„Wir sehen uns morgen in der Schule”, flüsterte Elli während sie mich umarmte.

Karamell tat es ihr nach und ich ging hinaus.

Weit hatte ich es nicht.

Ich wank ihnen zum Abschied von der Straße hoch, da die Beiden aus dem Fenster sahen und machte mich auf dem Heimweg.

Die Straße war plötzlich wie leergefegt und das obwohl es gerade mal spät am Nachmittag war, was mich ein wenig wunderte sowie die kalte Luft die mich plötzlich umgab.

Immerhin war es Hochsommer.

Leicht fröstelnd lief ich weiter als ich ein lautes Zischen hinter mir hörte.

Ich fuhr herum, doch da war nichts.

Etwas schneller lief ich weiter, als ich plötzlich einen festen Schlag auf den Hinterkopf bekam und zu Boden fiel.

Kapitel 2

Als ich meine von dem Schock geweiteten Augen aufriss befand ich mich durch einen Würgegriff an einer Hauswand gepresst.

Ich suchte nach den Augen von meinem Gegenüber doch da waren keine.

Keine Pupillen, keine Iris, nur eine schwarze leere Hülle.

Was auch immer gerade vor mir stand war kein Mensch, was in mir eine nie dagewesene Panik auslöste.

Das Ding vor mir sah so aus, als wenn es nur aus einem schwarzen Schatten geformt wurde aber dafür war es eindeutig zu stark.

Der Griff von dem Wesen vor mir wurde kräftiger und meine Luft weniger.

Ich versuchte mich zu wehren und aus den eisernen Klauen zu befreien aber langsam blieb mir der Sauerstoff komplett aus und ich war kurz davor bewusstlos zu werden.

Die schwarze rauchige Hand meines Gegenübers legte sich auf meinen Kopf und sein Atem schien etwas aus mir herauszuziehen.

Etwas, dass mehr Schmerz verursachte als tausende von Messerstichen.

Ich schrie auf.

Wenn man das was ich von mir gab Schreien nennen konnte, denn es klang mehr wie ein gequältes Gurgeln.

Fucking Shit, dass müsste mein Ende sein.

Ich wollte doch nur nach Hause um auf meinen kleinen Bruder aufzupassen.

Als ich langsam begann mich mit der Situation abzufinden und meine kleine Wenigkeit mehr tot als lebendig da hing, vernahm ich ein lautes Zischen vor mir und einen Pfeil, der den Rauch in zwei Hälften spaltete.

Ich fiel hinab und rollte mich über den staubigen Boden.

Hustend röchelte ich mir dabei die Seele aus dem Leib und schnappte verzweifelt nach Luft.

Erschrocken fuhr ich auf, als die Gestalt, welche mich eben angegriffen hatte sich auflöste und verschwand.

Verschwand als hätte sie niemals existiert und doch spürte ich ganz klar den Griff um meinen Hals und meine bebende Lunge, die sich gar nicht mehr beruhigen wollte.

„What the Hell!?“ brachte ich mit einer krächzenden Stimme hervor, als ich verschwommen die Gesichter von Bruce und Francis ausmachen konnte.

Allerdings sahen sie nicht so aus wie in der Schule, sondern hatten eine Ausstrahlung, die im wahrsten Sinne des Wortes die Luft um sie herum zum Aufleuchten brachte.

Francis stand mir mit Pfeil und Bogen gegenüber, was mich noch mehr verunsicherte, als das Ding welches mich gerade angegriffen hatte.

„Apollon das mit den Erinnerungen löschen überlass ich dir”, meinte Francis gelassen und klopfte Bruce auf die Schulter.

„Wie jetzt? Apollon Erinnerungen?”, wiederholte ich ihre Worte.

Ich war mit der Situation dezent überfordert!

Bruce trat auf mich zu und nahm meinen Kopf zwischen den Händen.

„Pscht. Du wirst dich gleich an nichts mehr erinnern”, sprach er mir beruhigend zu und nahm seine Sonnenbrille ab.

Waren seine Augen schon immer so rot? Ich glaubte nicht.

Nun schloss er seine Augen und schien sich zu konzentrieren, während ich einfach nur dastand und absolut keine Ahnung hatte was er da gerade tat.

Nach einer gefühlten Ewigkeit hörte er auf mich anzustarren und wirkte nun etwas entspannter an, als zuvor.

„Was hast du da versucht?”, fragte ich vorsichtig und Bruce blickte mich geschockt an, bevor er seine wieder Sonnenbrille aufsetzte.

„Artemis komm mal her!”, rief Bruce überfordert und Francis tauchte neben seiner rechten Seite auf.

„Was zum Teufel bist du!?“

Ich konnte Verwirrung in Francis Stimme heraushören.

Dabei musste ich doch die Person sein, die völlig verwirrt war!

„Was seid ihr?”, stellte ich also die Gegenfrage und Francis knabberte an ihre Unterlippe, wobei sie Bruce etwas ins Ohr flüsterte. Still nickte er und Francis reichte mir ihre Hand.

„Bruce, so wie du ihn kennengelernt hast und ich sind Götter, die vor langer Zeit auf diese Welt gekommen sind um uns den Schutz der Erde zu widmen.“

Heilige scheiße.

„Danke das ihr mich gerettet habt”, kam es halb dankbar, halb verwirrt aus mir heraus.

„Das was dich gerade angegriffen hat, war ein Seelendieb. Die Viecher tauchen zurzeit häufiger auf und versuchen die Seelen der Menschen zu fressen”, erklärte mir Bruce seelenruhig und ich taumelte zurück.

Ganz klasse ich wollte nur nach Hause und bin beinahe als Abendessen für theoretisch nicht existentes Wesen geendet.

„Und was bist du jetzt?”, wiederholte Francis ihre Frage und sah mich nachdenklich an.

„Wie wär’s mit einem ganz normalen Menschen, der mit der Situation überfordert ist?”, antwortete ich wahrheitsgemäß. Irgendwo musste doch eine Versteckte Kamera sein. Nur wo? Und warum ich?

Kurz lachte Bruce auf, wurde dann aber wieder ernst.

„Normal und Mensch kannst du schon mal vergessen. Nur ein nichtmenschliches Wesen kann meinen Fähigkeiten umgehen, also sag: Wie hast du das grade gemacht?“

„Ich habe keine Ahnung!”, schrie ich aufgebracht und Bruce knickte ein.

„So kommen wir nicht weiter. Ich würde sagen du gehst erst einmal nach Hause und lässt das ganze Sacken. Ganz wichtig: Rede mit niemand darüber und wir erklären dir Morgen in der Mittagspause ein paar Dinge. Vielleicht finden wir dann heraus was das gerade war”, warf Francis ruhig ein und zog Bruce zu sich.

„Bis Morgen”, flüsterte ich benommen und nahm meine Beine in die Hand um so schnell wie ich konnte von meinen seltsamen Klassenkameraden wegzukommen.

Gerade noch rechtzeitig kam ich zuhause an und lief direkt in die Arme von meiner Mom. Anscheinend waren sie und Dad gerade dabei sich zu Recht zu machen.

„Na ihr”, begrüßte ich die Beiden mit einer noch etwas zittrigen Stimme.

Den gesamten restlichen Weg war ich gerannt und sah alle paar Sekunden hinter mir. Wahrscheinlich sah ich aus als hätte ich mir irgendwelche Drogen eingeworfen.

„Ist alles in Ordnung bei dir? Du siehst so blass aus”, meinte meine Mom besorgt und sah mich prüfend an.

„Es ist alles gut”, murmelte ich.

Was hätte ich auch großartig sagen sollen?

'Ein Seelendieb war hinter mir her und wollte meine Seele vernaschen ‘ oder noch besser: ‘Zwei meiner

Schulkameraden haben mir das Leben gerettet und sich als die zwei griechischen Götter Artemis und Apollon herausgestellt'

Wer würde mir diese krasse Geschichte abkaufen?

Richtig: Kein einziger, halbwegs normal denkender Mensch mit logischem Verstand! Oder war in Wahrheit ich es, die langsam durchdrehte?

Dad trat neben Mom und sah mich mit einem ähnlichen Blick an.

„Es ist wirklich alles gut”, ich zwang mich zu einem Lächeln, welches Wirkung zeigte, denn mein Vater lächelte zurück.

Nur Mom blickte noch etwas skeptisch zu mir aber Dad nahm ihre Hand und meinte: „Langsam müssen wir wirklich.“

„Du hast recht”, erwiderte sie und beide umarmten mich herzlich zum Abschied.

Als die Tür endlich ins Schloss gefallen war atmete ich erleichtert auf und streifte meine Schuhe von den Füßen.

Nun tapste ich über das dunkle Laminat unseres weiß gestrichenen Flures, vorbei an den an der Wand hängenden Familienbildern und öffnete eine der drei aneinander gereihten Türen.

Sofort wurde ich von einem fünfjährigen Kind an die Hand genommen und in das Zimmer gezogen.

„Wo warst du so lange?”, maulte er herum und ich begann zu lachen.

Schuld daran war das Gesicht das er dazu zog.

Er war es wirklich nicht mehr gewohnt, dass ich länger weg war.

Kein Wunder eigentlich, da ich die Sommerferien quasi nur zu Hause verbracht hatte.

Wenn Mom und Dad weggegangen waren, so wie heute, hatten wir uns jedes Mal Pizza bestellt und uns irgendwelche Disney Filme angeschaut.

„Ich war noch bei meinen Freunden”, beantwortete ich schließlich seine Frage und wuschelte den Kleinen durch seine kurzen blonden Haare.

„Wie war dein allererster Schultag?”, fragte ich Paul schließlich und seine hellbraunen Kulleraugen leuchteten auf. Jetzt gab es bestimmt einiges was er zu erzählen hatte.

Heute war nämlich der erste Schultag seines jungen Lebens.

Der erste Tag, der ihn bald an die Realität heranführte.

„Ich habe heute ganz viele neue Leute kennengelernt und meine Lehrerin ist total nett. Schule ist doch nicht so schlimm wie ich dachte”, sprudelte es aus ihm heraus und er erzählte was er heute so erlebt hatte.

Irgendwie beneidete ich ihn.

Am Anfang der Grundschule war auch ich jeden Tag Feuer und Flamme gewesen in die Schule zu gehen.

Das war zumindest so lange so bis ich in der dritten Klasse stark gemobbt wurde.

Erst fehlte ich für längere Zeit, weil ich mir vor Mom und Dad immer neue Ausreden einfallen lassen hatte um nicht hinzugehen und wenn ich dann wieder in der Schule war, schrieb ich nur schlechte Noten, bis ich nicht mal mehr in die vierte Klasse versetzt wurde.

Erst dann hatte ich unseren Eltern erzählt was mit mir los war.

Zwar zu spät aber sie suchten mir eine neue Schule, in der ich mich wohler fühlte und Anschluss fand.

Da ich die Klasse wiederholen musste war ich irgendwie immer die Älteste.

Auch auf dieser Schule war es so.

Während alle anderen bald 16 wurden war ich schon 17 und im Februar würde ich 18 werden.

„Lass uns Mario Kart spielen”, wurde ich von Paul aus meinen Gedanken gerissen und grinste.

„Diesmal lass ich dich aber nicht gewinnen.“

„Gut dann habe ich endlich mal einen ebenbürtigen Gegner”, lachend stolperten wir ins Wohnzimmer und schmissen unsere Konsole an.

Die ersten Runden verliefen ziemlich gut für mich und schon fast glaubte ich das Spiel zu gewinnen, doch mein kleiner Bruder hatte anscheinend heimlich geübt, denn schon ein paar Minuten später lag ich hinter ihm.

Zum Ende hin wurde es ein ziemliches Kopf Rennen, welches ich verlor.

Geschlagen legte ich den Controller zur Seite und grinste Paul an. Er grinste zurück, weil er wusste was nun kam.

„Diesmal musst du nicht dein Taschengeld ausgeben wir haben noch eine im Kühlschrank.“

Nach einem leichten Handschlag stürzten wir auch schon in die Küche und Paul nahm den Pizzakarton aus dem Tiefkühler, während ich den Backofen einstellte.

Gemeinsam setzten wir uns nun an den Küchentisch und fieberten mit bis der Backofen endlich die richtige Temperatur erreicht hatte.

Nachdem Essen putzte ich mir mit meinem kleinen Bruder die Zähne und alberte noch ein wenig mit ihm herum, bis ich ihn ein wenig später ins Bett brachte und noch eine kleine Gutenachtgeschichte vorlas.

Als Pauls neugierigen Augen endlich zufielen machte ich mich auf den Weg in mein Zimmer, welches genau neben seines lag.

Es war zwar nicht ganz so groß aber ich hatte alles was ich brauchte.

Wenn man hineinkam war links mein Kleiderschrank und mein Bett während auf der rechten Seite neben dem Fenster mein Schreibtisch stand.

Wenn ich meine Hausaufgaben erledigte saß ich allerdings meistens auf meinem Fensterbrett und sah nebenbei hinaus.

Wir wohnten in dem vierten Stock eines Wohnblockes, also konnte ich sagen, dass sich die Aussicht zumindest lohnte.

Zum besagten Fensterbrett lief ich nun zu und schwang mich hinauf.

Mit angewinkelten Beinen sah ich hinaus und dachte über das nach was mir vorhin passiert war.

Konnte das wirklich passiert sein oder war ich in den letzten paar Stunden vielleicht komplett wahnsinnig geworden?

Allerdings sagten mir die Schürfwunden an meinem Arm und das Gefühl an meinem Hals eindeutig, dass das auf dem Heimweg wirklich geschehen war.

Somit kam mir auch wieder Francis, also Artemis, wie ihr eigentlicher Name zu sein schien, in den Sinn.

Ja das war eine sehr gute Frage die sie mir gestellt hatte, denn ich hatte keine Ahnung was ich war.

Zugegeben wenn ich ganz allein und zurückgezogen nachdachte, hatte ich schon öfters das Gefühl gehabt, dass ich irgendwie anderes war. Nur war ich nie darauf gekommen was das sein könnte.

Vielleicht würde ich endlich herausfinden woher diese abgefahrenen Träume kamen, die ich manchmal hatte und die ich mir nie erklären konnte.

Träume aus einer anderen Zeit.

Kapitel 3

Am nächsten Morgen wurde ich von dem Song Schrei nach Liebe von den Ärzten geweckt, welchen ich als mein Handyweckton eingestellt hatte.

Zwar war dieses Lied nicht gerade eines der Lieder auf meinem Handy, die mich sanft weckten aber ich brauchte das Laute am Morgen.

Gequält stellte ich meinen Wecker aus und warf meinen Kopf auf mein weiches Kissen.

Mein Bedarf aufzustehen und dieses flauschige Bett aufzugeben hielt sich in Grenzen, darum kuschelte ich mich noch kurz in meine Bettdecke ein und genoss die letzten Momente hier.

Hauptsächlich dachte ich dabei über einen neuen fragwürdigen Traum nach.

Ich stand auf einen Felsen und blickte hinab auf das grenzenlose Meer.

Die Sonne neigte sich zum Untergang und ich betrachtete gedankenverloren diesen Werdegang.

Es war einfach zu schön.

Die Wellen, die an den unteren Felsen brachen und die Sonne, welche das Meer in einer rötlichen Farbe tauchte.

Nicht einmal Vincent Van Gogh hätte diese Farben trotz seiner Liebe zur Natur besser treffen können.

Meine Gedanken waren da draußen auf dem Meer.

Nur zu gern wäre ich jetzt dort gewesen. Vielleicht mit einem Schiff.

Einfach ein Teil dieses Schauspiels sein.

Völlig in Gedanken verloren bemerkte ich nicht, wie sich jemand hinter mir anschlich und vorsichtig, die neben meinen Körper hängende Hand ergriff.

Leicht zuckte ich zusammen doch viel mehr begann mein Inneres zu kribbeln.

Die weichen Hände umschlossen meine und wir standen Hand in Hand dort auf den Felsen und genossen die Aussicht.

Kein Wort fiel und doch hätte ich ein ganzes Buch über meine Gefühle schreiben können.

Allein über dieses warme, geborgene Gefühl, welches ich gerade hatte und welches mich mit einem seligen Gemüt umhüllte.

Weder hatte ich ihr Gesicht gesehen noch konnte ich mir erklären was dieser Traum zu bedeuten hatte.

Alles was ich wusste war, dass: Wer auch immer diese Person war hatte mir ein vertrautes Gefühl gegeben.

Ein Gefühl, dass ich bis jetzt bei niemand hatte.

Es war nicht das erste Mal das diese ominöse Frau in meinen Träumen auftauchte.

Aber diese Person, die ich dort sah existierte nicht und damit musste ich mich abfinden.

„Yas komm es gibt Frühstück!”, rief mein Vater Franklin von der Küche aus.

„Bin gleich da!”, brummte ich noch etwas verschlafen, bevor ich mich aufrappelte und in den Klamotten, in den ich geschlafen hatte, den Geruch von fischen Kaffee folgte.

Meine Eltern saßen schon mit meinem kleinen Bruder am Tisch und hatten anscheinend auf mich gewartet.

Wir frühstückten jeden Morgen gemeinsam in Familie, da mein Vater als Hausmeister einer Grundschule arbeitete und Mom als Bürokauffrau für Versicherungen.

Kurz und knapp wir mussten so zu sagen alle zur selben Zeit los.

„Morgen”, warf ich in die Runde und ließ mich neben meinen Vater auf den Stuhl plumpsen. Er war schon in seiner Arbeitskleidung und sah somit komplett anderes aus als gestern.

Wenn er mit Mama ausging hatte er immer einen schwarzen eleganten Anzug an und machte einen seriösen Eindruck.

Völlig elanlos griff ich nach der Kaffeekanne und goss den Inhalt in meine Tasse.

Mit dem Löffel rührte ich Milch und Zucker unter und fragte mich wie mein kleiner Bruder um diese Uhrzeit schon so munter sein konnte, denn er erzählte ganz aufgeregt, dass er heute in der Schule das Schreiben lernt.

Zumindest ein paar Buchstaben.

Meine Mom und mein Dad hörten ihn zwar interessiert zu aber ihre Gesichter sahen genauso fröhlich aus wie The Walking Dead.

Anscheinend hatten sie gestern doch noch eine sehr lange Nacht gehabt.

Eine halbe Stunde später im Bus zeigte ich dem Busfahrer meinen Fahrschein und eine muntere Elli winkte mir schon vom Weiten zu.

„Morgen”, murmelte ich in die Umarmung hinein und bekam einen leichten Schlag auf die Schulter.

„Immer noch derselbe Morgenmuffel?”, grinste Elli und ich nahm mit einem: „Hör bloß auf“ neben ihr Platz.

„Hier”, meinte Elli und reichte mir ihren linken Kopfhörer, während sie den rechten in ihrem Ohr hatte.

Sie wusste einfach, dass ich morgens etwas Musik brauchte um wirklich wach zu werden.

Und da sie auch wusste, dass ich laute Musik brauchte um wach zu werden, stellte sie die Musik bis zum Anschlag und Skillet schrie mir den Song: Monster ins Ohr.

„ The secret Side of me, I will never let you see but I can’t control it“

Ich hatte nicht mal Ansatzweise eine Ahnung davon wie sehr dieser Satz einmal zu mir passen würde.

Kurz spielte ich mit dem Gedanken Elli von dem Vorfall von gestern zu erzählen, erinnerte mich aber an Franics Worte: Erzähl bitte keinen davon.

Auf der anderen Seite: Elli war meine beste Freundin.

Aber ich wusste nicht wie sie darauf reagieren würde, wenn sie früh am Morgen so eine Geschichte zu hören bekam oder ob sie mir überhaupt Glauben schenkte.

Darum behielt ich es für mich und hoffte, dass Bruce und Francis mir in der großen Pause sagen konnten was mit mir los war.

Nur stellte sich bei mir die Frage ob mir das, was sie mir zu sagen hatten gefiel sowie die Frage ob ich ihnen vertrauen konnte.

Sie hatten mich zwar gerettet, was dafürsprach, dass ich ihnen zumindest ein wenig Vertrauen entgegenbringen sollte.

Schließlich hätten sie mich auch einfach sterben lassen können.

Nachdem Elli und ich ausgestiegen waren und uns zum Schultor bewegten, reichte mir meine Beste eine Zigarette.

Dankbar ergriff ich diese und steckte sie mir an.

Es gehörte zu unseren morgendlichen Ritualen vor und nach der Schulzeit eine zu rauchen.

Meine Eltern würden mich eigenhändig umbringen, wenn sie das herausfinden würden aber zum Glück war ich gut darin den Geruch zu überdecken.

Bei Elli war es anders, da ihre Mutter ihr die Zigaretten holte. Während wir so da standen trudelte auch Karamell ein.

Sie wohnte keine zehn Minuten von der Schule entfernt, deshalb fuhr sie nie mit dem meist überfüllten Bus, wie Elli und ich.

„Morgen Bitches”, begrüßte sie uns und streckte frech ihre Zunge aus.

„Ich gebe dir gleich Bitch”, kam gespielt aufgebracht von Elli bevor wir alle zur selben Zeit loslachten.

Aus dem Augenwinkel bemerkte ich wie Bruce uns beobachtete und warf ihm einen kurzen Blick zu.

Durch seine Sonnenbrille sah ich nicht seine Augen und doch wusste ich, dass er mich ansah. Naja ehr anstarrte.

„Was ist denn mit dem?”, raunte Karamell, die nun auch zu Bruce sah.

Er ignorierte sie allerdings völlig und nickte mir zu, bevor er sich umdrehte und in einer Menge von Schülern verschwand.

„Ok, das war beängstigend”, murmelte Elli und Karamell knuffte mir in die Seite mit einem quietschend fröhlichen:

„Du hast einen Verehrer.“

„Garantiert nicht”, flüsterte ich trocken.

„Nicht mal für Bruce steigst du auf Kerle um? OMG du bist wirklich lesbisch”, witzelte Karamell und ich zwang mich zu einem gefälschten Lachen.

Verdammt ich hatte keine Ahnung warum er mich so angesehen hatte, als ob er einer von diesen unheimlichen Stalkern wäre, die man aus Filmen kennt, wo junge Frauen in einem dunklen, schlecht beleuchteten Park umherliefen.

Meistens nahmen diese Filme für die Frauen kein gutes Ende also hoffte ich inständig, dass er nicht noch komischer wurde.

Obwohl fast vergessen: Natürlich würde es noch komischer werden, schließlich war er kein Mensch!

Aber das konnte ich Elli und Karamell nicht erzählen.

Vielleicht irgendwann oder vielleicht auch nie aber auf gar keinen Fall jetzt.

„Langsam müssen wir aber”, holte Elli mich in die Realität zurück und hakte sich spielerisch bei mir ein.

„Bevor du mir Bruce wegschnappst”, meinte sie grinsend und ich sah sie irritiert an.

„Stehst du jetzt wirklich auf ihn?”, fragte ich überrascht und Elli wurde rot.

Scheiße…

„Sieh ihn dir an. Er kann jede haben, da wird er sich garantiert nicht in mich verlieben”, flüsterte sie mir leicht deprimiert zu.

Ich hasste diesen traurigen Gesichtsausdruck, denn sie immer bekam, wenn sie sich meist hoffnungslos verknallt hatte.

Bis zur großen Pause hatte ich meine Nervosität vor das, was nun kommen würde sehr gut verdrängt.

Karamell und Elli hatte ich gesagt, dass ich eine Verabredung mit einer Schülerin aus einer anderen Klasse hatte und deshalb die Pause nicht mit ihnen verbringen würde.

Zwar waren sie etwas skeptisch doch ich glaubte, dass sie es mir abkauften.

Noch dazu kam aber, dass mir niemand gesagt hatte wo wir uns nun trafen darum irrte ich etwas verloren in den Schulgängen umher, bis ich schließlich mit jemand zusammenstieß.

Das schlanke Mädchen vor mir mit ihren schulterlangen, knallroten Haaren und schwarzen enganliegenden Kleid, musterte mich aus ihren undurchdringlichen dunkelgrünen Augen und seufzte schließlich.

„Du bist Yasmin oder?”, kam schließlich von meinem

Gegenüber und ich nickte.

„Ich bin Lizzy aus der achten.”

Formell reichte sie mir ihre Hand und ich ergriff sie zögernd.

Das zierlich wirkende Mädchen hatte einen verdammt festen Händedruck.

Ich glaubte beinahe, dass sie meine ehr zerquetschen wollte statt zu schütteln.

„Du willst bestimmt zu Bruce und Francis?“

Wieder nickte ich, denn mein gegenüber machte mich irgendwie nervös.

Aber nicht dieses schwärmerische nervös, sondern ehr ein angst nervös.

„Komm mit ich bring dich zu ihnen.“

Das Mädchen, welches sich mir als Lizzy vorgestellt hatte deutete an mir an ihr zu folgen. Wir hielten abrupt vor der Schulbibliothek, welche so gut wie nie besucht wurde. Zweimal klopfte sie in kurzen Abständen an die Tür, bis diese geöffnet wurde.

Francis begrüßte mich und deutete an mich auf einen der bequemen Lesesessel zu setzten.

„Gut Lizzy hast du ja schon kennenglernt. Bruce und mich kennst du auch schon, fehlt nur noch George.“

Francis deutete hinter sich und ein Junge mit einem braunen Lockenkopf und Nerdbrille winkte mir schüchtern zu.

Er hing an dem einzigen Computer der hier stand und hatte sich nach dem Winken sofort wieder dem Bildschirm zugewendet.

„Keine Sorge der ist nur schüchtern”, meinte Bruce lachend und reichte mir seine Hand.

Irgendwie ein komischer Haufen, bestehend aus einem Nerd, einer angsteinflößenden Schönheit und Zwillingen die unterschiedlicher gar nicht aussehen konnten.

„Gehört ihr alle zusammen?”, fragte ich unsicher und blickte in die Runde.

Bruce nickte. „Also seid ihr alle Götter?”, fragte ich weiter und Francis begann zu lachen.

„Nein, Bruce und ich sind die einzigen, keine Sorge”, versuchte sie beruhigend zu sagen doch nun hatte ich nur noch mehr bedenken.

In Sekundenschnelle war Lizzy bei mir und setzte sich auf meine Sessellehne.

„Eigentlich riecht sie ganz gut, ich könnte sie als Snack benutzen.

„Lizzy lass das, nimm deine verdammten Konserven”, wies Francis an und seufzte genervt. Bruce richtete sich auf und deutete auf Lizzy.

„Die Nervensäge ist ein Vampir also schön vorsichtig sonst endest du als Nachtisch. Der Nerd da hinten mit dem Lockenkopf ist auch nicht so harmlos wie er aussieht. Er ist ein Werwolf.“

Na Klasse.

Zwei Götter ein Werwolf und ein Vampir?

In was zum Henker war ich da nur reingeraten?

Verstört saß ich da und bekam keinen Laut aus meinen Mund.

„Ganz toll Lizzy, jetzt sagt sie gar nichts mehr.“

Sauer sah Francis sie an und schüttelte mit dem Kopf bevor sie sich auf die andere Lehne des Sessels setzte und mich ruhig ansah.

Wie auch immer sie das machte aber ich fühlte mich nur noch halb so auf den Arm genommen.

„Wir haben dich herbestellt, weil wir mit dir über die Sache von gestern reden wollten. Du hast bestimmt einige Fragen, die du uns natürlich stellen kannst, wenn du magst.“

Gutmütig sah sie mich weiter an.

„Was bin ich?”, flüsterte ich kaum hörbar aber alle im Raum hatten mich verstanden, denn selbst George drehte sich zu uns um und beobachtete das Ganze.

Ich hatte Angst vor der Antwort und doch bohrte die Neugierde in meinem Schädel.

„Ich habe wirklich alles recherchiert. Es gibt kaum Fotos und auch sonst keinen Anhaltspunkt darauf was du bist”, kam plötzlich von hinten.

Alle Blicke lagen auf George, der aus seiner Schultasche etwas hervorholte und mir zögernd überreichte.

In der Hand hielt ich gut fünf verschiedene ausgedruckte Bilder in einer ziemlich beschissenen Auflösung, die allesamt eine ältere oder jüngere Ausgabe von jemandem zeigten, der mir recht Ähnlich sah, nur in verschiedenen Zeiten.

„Auf der Rückseite habe ich das Datum geschrieben.”

„Ok”, entwich mir und hastig drehte ich die Bilder um.

Auf ihnen standen Daten vom 12.06.1880 bis hin zum 20.01.1985.

Geschockt sah ich auf die Bilder.

Jedoch setzte mein logischer Verstand ein und ich sprang auf.

„Ihr verarscht mich doch oder?“

Sauer lief ich zur Tür als Lizzy ebenfalls aufsprang und mich an die Wand drückte. Gefährlich blinzelten ihre Augen auf aber mein Blick lag auf ihren spitzen Eckzähnen. „Muss ich wirklich erst zubeißen bis du uns glaubst?“

Ängstlich schüttelte ich mit dem Kopf und Bruce zog Lizzy vorsichtig von mir weg.

„Du sollst ihr nicht noch mehr Angst machen. Sie zittert schon.“

„Außerdem zitterst du immer, wenn du Angst hast, so wie jetzt gerade.”

Dieser Satz schoss mir plötzlich durch den Kopf.

Ich wusste nicht wo er herkam, denn es gab niemanden der ihn mir jemals gesagt hatte. Verwirrt stand ich da und blickte ins Leere.

„Willst du wirklich wissen was du bist oder ist dir Unwissenheit lieber?”, stellte mir Bruce eine Frage und ich sah ihn an.

Ich dachte nach.

Wollte ich überhaupt, dass sich mein Leben von jetzt auf gleich veränderte? Wollte ich wissen woher diese abgefuckten Träume kamen?

„Denk gut darüber -…” setzte Francis an aber wurde von einem entschlossenen: „Ja“ unterbrochen. Ich konnte nicht sagen wer erschrockener war.

Ich über mich selbst oder die anderen über mich.

„Was muss ich tun?”, fragte ich und versuchte meine Entschlossenheit aufrecht zu erhalten obwohl ich das Gefühl hatte mich selbst Kilometer tief in die Scheiße geritten zu haben.

„Schließ dich uns an”, meinte Bruce trocken.

„Aber ich habe keine Fähigkeiten.“

Kurz dachte Bruce nach, dann lief er zu einem Schrank und schob ihn einfach zur Seite. Dahinter befand sich ein Loch in der weißen Wand, aus der er etwas hervorholte.

„Fang!”, rief er und plötzlich hielt ich etwas Metallisches in meinen Händen.

„Eine Knarre!?”, panisch blickte ich ihn an und alle im Raum begannen zu lachen.

Ich verstand gar nichts mehr.

Wieso hielt ich eine Pistole in der Hand und warum zu Geier lachten die anderen über mich?

„Yasmin, ziel einmal auf das Loch in der Wand und drück ab”, meinte Bruce und trat ein paar Schritte zu Seite. Das konnte nicht sein Ernst sein.

Mir erst eine Waffe in die Hand drücken und dann sollte ich sie auch noch benutzen!?

Was wenn es schief ging oder ich irgendwen verletzte, weil ich überhaupt nicht zielen konnte? Oder noch schlimmer was wenn uns jemand hörte?

„Vertrau uns einfach”, sprach mir Francis zu und ich nahm all meinen Mut zusammen, zielte auf das Loch in der Wand und drückte ab.

Zu meinem Erstaunen war da nichts.

Kein Rückstoß, kein Knall und auch keine Munition. Offensichtlich wollten die mich doch verarschen.

Bruce trat an mir heran und nahm mir die Pistole aus der Hand.

„Dreimal kannst du raten warum du plötzlich allein warst auf den Heimweg. Leichter kalter Wind im Hochsommer? Keiner der außer dir da war?“

„Ja aber wieso?”, flüsterte ich, weil ich nicht verstand was

Bruce mir sagen wollte.

„Sobald jemand von uns angegriffen wird öffnet sich eine Parallelwelt, die unserer Identisch ist, mit der einzigen Ausnahme, dass kein Mensch hineingelangt. Du hast es nicht bemerkt, weil dein logischer Verstand es so wollte, bis dich der Seelendieb angegriffen hat. Die Pistole hier ist im Kampf deine Lebensversicherung.“

Verwirrt sah ich Bruce an, der mir die Pistole zurückgab.

„Solange du und wir nicht wissen was du bist müssen wir auf dich aufpassen und mit der Knarre kannst du dich wenigstens minimal selbst verteidigen”, flüsterte mir Lizzy spielerisch ins Ohr und leckte mit der Zunge über ihre tiefroten Lippen.

Hätte sie nicht so eine gefährliche Ausstrahlung würde ich sie wahrscheinlich ziemlich heiß finden.

Aber ich hatte Twillight noch nie besonders gemocht und wollte nicht, dass mein Leben plötzlich einem Film ähnelte.

Ich blickte in die Runde und dann auf die Pistole in meiner Hand, legte sie leicht auf meiner Schulter und sah noch mal zu den anderen.

Auf gute Zusammenarbeit”, kam grinsend aus mir und plötzlich sprang George auf und gab mit ein High-Five. „Willkommen im Team.“

Was auch immer auf mich zukam, ich wusste es nicht.

Nicht mal ansatzweise und doch hatte ich das Gefühl das richtige zu tun. Klang das ironisch wenn ich sagte: Das richtige zu tun?

Ich meine ich schloss mich einer Gruppe von Vampiren, Werwölfen und Göttern an aber hey, was hatte ich denn schon zu verlieren?

Außer vielleicht meinen Verstand.

Zumal ich bis gestern nicht einmal wusste, dass diese Wesen in unserer Welt existierten und plötzlich war ich der einzige Mensch in einer Gruppe voller menschlich aussehenden Wesen.

„Haben wir einen Namen?”, warf ich in die Runde und alle Blicke lagen auf mir.

„Wie Namen? Sehen wir aus wie eine Rockband?”, meinte Bruce streng und Francis stieß ihn in die Seite.

„So was wie Fantastic Five oder wie?”, lachend drehte sich Bruce zu Lizzy.

Etwas beleidigt blickte ich zu Boden.

„Was war deine Idee?”, wollte George von mir wissen und drehte sich zu uns. Nun dachte ich nach.

Es musste etwas sein das alle beschrieb und etwas das irgendwie außergewöhnlich klang.

„Hateful and Loveable Creautures”, sprach ich mehr zu mir als zu den anderen aber sofort war Lizzy wieder bei mir und fauchte:

„Willst du damit sagen, dass ich aussehe wie ein Monster?“

„Nein”, stammelte ich unsicher und blickte zu den anderen, weil Lizzy mir nach wie vor Angst machte.

„Ich fand den Namen gut”, mischten sich die beiden Zwillinge ein.

„Wenn auch etwas gewöhnungsbedürftig”, fand George.

„Ach kommt etwas Humor tut uns auch mal gut nach den letzten Ereignissen”, Francis stand auf und klopfte mir leicht auf die Schulter.

Da waren wir nun die Hateful and Loveable Creatures.

Kapitel 4

Mit einem vollen Kopf saß ich wieder im Unterricht.

Karamell und Elli redeten ununterbrochen und doch konnte ich mich nicht auf das Gespräch mit ihnen konzentrieren.

Meine Gedanken hingen an der großen Pause.

Nie hätte ich gedacht, dass mir so etwas passieren würde.

Oder besser gesagt, dass ich mich spontan entschied dieser abgefahrenen Gruppe beizutreten.

Ich fragte mich seit gut zwanzig Minuten inwiefern sich mein Leben verändern würde und auch ob ich nicht dich etwas vorschnell gehandelt hatte.

Was würde auf mich zu kommen? Und was, wenn ich nie wieder ein normales Leben führen würde?

Zu viele Fragen, die ich mir sicher mit der Zeit beantworten konnte aber wollte ich darauf wirklich eine Antwort haben?

„Yas, was ist mit dir los?”, erschrocken blickte ich in Ellis besorgte Augen.

„Es ist nichts”, flüsterte ich ihr zu aber das kaufte mir meine Beste natürlich nicht so einfach ab.

„Ist dein Date so schlecht verlaufen?”, harkte sie weiter nach.

Dachte sie wirklich ich hatte ein Date?

Musste ich als Lesbe wirklich was von jedem Mädchen wollen, mit dem ich mich traf?

Aber an sich klang das besser als die Wahrheit.

„Es ist kompliziert”, gab ich schnell als Antwort und wendete meinen Blick zu meinen Deutsch Aufgabenblatt.

Es waren alles Wiederholungsaufgaben vom letzten Jahr und trotzdem hatte ich absolut nichts davon verstanden.

Unbemerkt schob mir Elli ihr Blatt entgegen und zwinkerte mir zu.

Ich verstand und schrieb dankbar die Ergebnisse auf mein Blatt ab.

Außer Deutsch hatten wir nicht viele Kurse gemeinsam, weil sie in Mathe und Physik den Leistungskurs besuchte und ich nur den Grundkurs.

Da die Stunden ebenfalls unterschiedlich ausfielen konnte es auch passieren, dass wir uns manchmal nur für eine Stunde am Tag sahen.

Dabei fiel mir auf, dass ich mit Francis im gleichen Englisch Kurs war.

Vielleicht konnte man das ja ein wenig ausnutzen, wenn man in der gleichen paranormalen Scheiße steckte.

Als ich fertig war legte ich meinen Kugelschreiber zu Seite und wendete mich zu Elli.

„So schlecht war das Date gar nicht aber sie hat Angst, wie die Öffentlichkeit darüber denkt, dass sie auf Frauen steht”, log ich und Elli schüttelte sich.

„Deine Eltern hast du bis heute noch nichts gesagt, dabei weiß es die ganze Schule.” Stimmt das Outing vor meinen Eltern stand noch aus.

Aber was sollte ich schon sagen?

Ich war nicht Fähig eine Beziehung zu führen, weil ich die richtige noch nicht gefunden hatte? Nein danke.

„Also wer ist es? Kenne ich sie? Du musst sie mir auf jeden Fall vorstellen”, fragte mich Elli eifrig aus und ich verschluckte mich an meiner eigenen Spucke.

Fuck was hatte ich bloß getan!?

Elli glaubte mir wirklich, dass ich jemand kennenglernt hatte.

„Demnächst stell ich sie dir mal vor.”, meinte ich knapp.

Jetzt brauchte ich nur noch ein Mädel das sich freiwillig als meine Freundin ausgab, damit ich nicht komplett in der Scheiße steckte.

Aber das tat ich!

Also bloß nicht durchdrehen nur, weil mein Leben gerade dem blanken Chaos glich.

Nach der Schule fing mich Lizzy am Schultor ab, als ich gerade mit Elli meine Feierabendzigarette rauchte.

„Ist sie das?”, flüsterte mir Elli ins Ohr und natürlich nickte ich spontan, weil mir sonst keine Erklärung einfiel warum ich sie kannte.

„Kommst du mit zu mir?”, fragte mich Lizzy zögernd und ich schluckte.

War das ihr ernst?

Ich allein mit einem Vampir?

Wahrscheinlich würde ich als ihr verspätetes Mittagessen enden.

„Das ist schon ok. Geh schon”, meinte Elli und schubste mich leicht in ihre Richtung.

Sie wollte ja nur mein bestes aber ich wollte mich am liebsten in irgendeinem Loch verkriechen und nie wieder hervorkommen.

Allerdings war für kindisches Verhalten jetzt keine Zeit, darum umarmte ich Elli zum Abschied und lief mit einem gefälschten Lächeln zu Lizzy.