Heiratsantrag in Paris - Barbara Hannay - E-Book

Heiratsantrag in Paris E-Book

Barbara Hannay

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Beschreibung

Ganz allein in der Stadt der Liebe! Camille kann Jonno einfach nicht vergessen - obwohl sie doch diejenige war, die sich getrennt hat. Die hübsche Journalistin kann sich nicht vorstellen mit dem attraktiven Rancher - fernab von der Großstadt - auf dem Land zu leben. Traurig bummelt Camille durch Paris, als plötzlich Jonno vor ihr steht. Camille vergisst alle Gedanken an die Zukunft. Die nächsten Tage sollen ausschließlich ihrer Liebe gehören...

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IMPRESSUM

Heiratsantrag in Paris erscheint in der HarperCollins Germany GmbH

Redaktion und Verlag: Postfach 301161, 20304 Hamburg Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0 Fax: +49(0) 711/72 52-399 E-Mail: [email protected]
Geschäftsführung:Thomas BeckmannRedaktionsleitung:Claudia Wuttke (v. i. S. d. P.)Produktion:Jennifer GalkaGrafik:Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn, Marina Grothues (Foto)

© 2003 by Barbara Hannay Originaltitel: „A Parisian Proposition“ erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe ROMANABand 1526 - 2004 by CORA Verlag GmbH, Hamburg Übersetzung: Helga Meckes-Sayeban

Umschlagsmotive: shutterstock / Odrida

Veröffentlicht im ePub Format in 07/2017 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783733778996

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BACCARA, BIANCA, JULIA, ROMANA, HISTORICAL, MYSTERY, TIFFANY

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1. KAPITEL

„He, Jonno, da ist ’ne Frau, die dich sprechen möchte.“

Jonathan Rivers begutachtete die erstklassigen Angusrinder im Pferch und blickte kurz den matschigen Pfad der Viehauktionshöfe entlang.

Eine Frau in einem hellen Kostüm und hochhackigen Schuhen wartete am Ende der Gehege, wo der Betonweg in glitschigen Schlamm überging.

Jonno unterdrückte eine Verwünschung. „Doch nicht schon wieder eine auf der Jagd nach einem Ehemann?“

„Schon möglich.“ Andy Bowen, sein Vieh- und Ranchmanager, zuckte die Schultern. „Aber die hier hat mehr Klasse als alle anderen. Du solltest sie dir mal ansehen, Junge.“

Aufstöhnend schüttelte Jonno den Kopf. „Ich hatte gehofft, das nicht noch mal durchmachen zu müssen.“

„Die dort ist was Besonderes“, beharrte Andy vergnügt. „Und ich hab’ das Gefühl, sie ist so ausdauernd wie du. Die Dame ist klasse, sexy und höllisch beharrlich. Heute könnte dein Glückstag sein.“

„Wenn du so von ihr beeindruckt bist, frag sie, was sie will.“

Andy zwinkerte ihm zu. „Ich hab’ mit ihr gesprochen und weiß genau, was sie will.“ Er sprach lauter, um die dröhnende Stimme des Auktionators im Nebengehege zu übertönen. „Sie will dich.“

Widerstrebend blickte Jonno erneut zu der Frau hinüber und gewann flüchtige Eindrücke – elegante, weltgewandte Städterin inmitten von Vieh und praktisch gekleidetem Landvolk, exotisch wirkendes dunkles Haar, dunkle Augen, voller Mund, helle Haut, schlanke Figur, stolze Haltung.

Sie will dich.

„Hab’ keine Zeit“, wehrte Jonno schroff ab.

„Natürlich hast du Zeit. Du hast den größten Teil deines Viehs verkauft. Ich kümmer mich um den letzten Pferch hier. Schließlich weiß ich, welche Preise du haben willst. Also geh schon, Jonno. Eine Dame wie die kannst du unmöglich mitten in all dem Matsch und Viehmist warten lassen.“

Die Frau beobachtete ihn immer noch scharf. Ihr musste klar sein, dass Andy ihm ihre Botschaft überbracht hatte. Jonno seufzte schwer. „Na ja, inzwischen sollte ich wirklich genug Übung im Abwimmeln haben.“

In den letzten Monaten hatte er aufgehört, die Frauen zu zählen, die ihm nachjagten, seit der verrückte Artikel über ihn in dieser Frauenzeitschrift erschienen war: Blondinen, Brünette, Rothaarige und alle Schattierungen dazwischen, Ältere und Junge, Hässliche und Wunderschöne, Schüchterne und Draufgängerinnen, Höfliche, Unverschämte …

Alle hatte er zum Teufel geschickt.

Mit grimmiger Miene stapfte Jonno in seinen Gummistiefeln durch den Matsch auf die neueste Kandidatin zu. Der Regen der letzten Tage und Tausende Rinderhufe hatten den Erdboden der Auktionshöfe in einen Morast verwandelt.

Die Frau im cremefarbenen Wollkostüm, blassen Strümpfen und Pumps betrachtete den stinkenden Schlammboden argwöhnisch, während sie am Ende des Pfades wartete, dass Jonno herankam.

Es überraschte ihn selbst, dass er langsamer ging, als er sich ihr näherte, um sie nicht zu bespritzen. Mehr Zugeständnisse machte er nicht. Zu lächeln kam nicht infrage. „Sie wollen mich sprechen?“

„Ja.“ Sie lächelte vorsichtig und reichte ihm die Hand. Direkt über ihrer Oberlippe befand sich ein kleines dunkles Mal, das ihn irritierte. „Guten Tag, Mr. Rivers. Ich bin Camille Devereaux.“

Ihr lockiges Haar war dunkel und seidig, die Augen und Wimpern wirkten fast schwarz, ihre gerade Nase und das Kinn waren fein geschnitten und elegant. Camille Devereaux. Der französische Name passte zu ihr.

Während er ihr die Hand schüttelte, betrachtete Camille Devereaux ihn interessiert und ganz ungeniert.

Und, verflixt, einen Moment lang streifte ihn ein Hauch ihres Parfüms, ehe der durchdringende Matsch- und Viehgestank wieder die Oberhand gewann.

Ihre Finger fühlten sich zart und kühl an. Rasch entzog Jonno ihr seine schwielige Hand und schob sie in die Hüfttasche seiner Jeans. Andy hatte Recht, musste er sich widerwillig eingestehen.

Die Dame hier war eine Klasse für sich.

Sie wirkte exotisch, irgendwie südländisch. Unerwartet sexy.

Er beging den Fehler, ihr eine Sekunde zu lange in die Augen zu sehen. Eine Sekunde länger, als klug gewesen wäre, und …

Und zum Teufel! Noch nie war er sofort sicher gewesen, dass zwischen ihm und dieser Unbekannten etwas geschah, dass sie beide die gleiche Reaktion verspürten. Ein seltsames inneres Erschauern.

Unwillkürliches Erkennen.

„Hören Sie.“ Er sprach schnell. Zu schnell. Obwohl Camille Devereaux ihm noch gar nicht gesagt hatte, warum sie gekommen war, und anders aussah als die anderen, war er sicher, dass sie genauso war. „Ich kann Ihnen nicht helfen. Da liegt ein Irrtum vor. Die Zeitschrift hat das falsch gebracht. Ich suche keine Freundin und erst recht keine Ehefrau.“ Er drehte sich um. „Tut mir Leid, dass ich Sie enttäuschen muss.“

„Nein!“, erwiderte sie heftig. „Bitte gehen Sie nicht.“

Doch er stapfte davon. Das hatte er schon viele Male getan, und es war jedes Mal peinlich.

„Ich habe nicht vor, mit Ihnen auszugehen oder Sie zu heiraten“, rief sie laut. Viel zu laut.

Fasziniert grinsend blickten die Viehtreiber, die sich im Kuhpferch daneben versammelt hatten, von Jonno zu Camille und wieder zu Jonno.

„Noch eine“, bemerkte jemand. „Die Wievielte war das jetzt, Jonno?“

Er biss die Zähne zusammen und drehte sich nicht um, sondern beschleunigte seinen Rückzug durch den Matsch.

„Jonno?“, rief Camille Devereaux. „Mr. Rivers, wir müssen uns unterhalten.“

Irgendwie klang ihr Ton verzweifelt, doch er blickte nicht zurück. Da gab es nichts mehr zu sagen. Er hatte sich deutlich genug ausgedrückt und dachte nicht daran, sich mit einer schönen Fremden abzugeben und wieder einmal zum Gespött der Leute in Mullinjim zu werden.

Es musste der Kaffee sein, der ihr fehlte.

Deshalb diese Abfuhr. So etwas war Camille noch nie passiert. Es war unprofessionell.

Ganz bestimmt lag es nicht daran, dass sie Jonathan Rivers nach wochenlangen Versuchen endlich persönlich getroffen hatte. Sie litt unter Coffeinentzug, deshalb war sie gehemmt und einfallslos gewesen und hatte ihre Redegewandtheit eingebüßt. Mit Jonno hatte das nichts zu tun.

Coffeinmangel und dieser stinkende Schlammweg hatten sie davor zurückschrecken lassen, dem sturen Viehrancher nachzurennen und ihn zu zwingen, sie anzuhören.

Doch nicht umsonst war sie eine erfahrene, abgebrühte Journalistin und würde nicht aufgeben, bis er ihr Gelegenheit gab, ihm ihr Anliegen vorzutragen. Na ja, abgebrüht war vielleicht etwas übertrieben, aber erfahren und tüchtig stimmte.

Trotzdem stand Camille da und sah tatenlos zu, wie Jonno Rivers davonstapfte, ohne ihr auch nur den klitzekleinsten Grund zu nennen, warum er bei dem „Junggesellen-Projekt“ nicht mitmachen wollte.

Wie er sie angesehen hatte, irgendwie seltsam und …

Camille zuckte die Schultern. Sie hatte es verpatzt. Aus irgendeinem Grund hatte die Begegnung mit Jonno sie eingeschüchtert. Was ziemlich idiotisch war, weil sie ein Foto von ihm gesehen hatte und auf seine starke Ausstrahlung, den eindringlichen Blick, seine markanten Züge und den sinnlichen Mund vorbereitet war.

Und auf das leicht amüsierte Lächeln des berühmten Herzensbrechers.

Es war dieses Lächeln, das Jonno Rivers’ Schicksal besiegelt hatte. Na ja, wenn sie ehrlich war, war es wohl eher ein ironisches Lächeln.

Für das Team des Frauenmagazins „Girl Talk“ war es selbstverständlich gewesen, dass Jonathan Rivers an dem von der Zeitschrift ausgeschriebenen Wettbewerb „Australiens begehrtester Junggeselle“ teilnehmen musste. Und alle hatten das Foto, das er eingeschickt hatte, so toll gefunden, dass sie darauf verzichtet hatten, einen professionellen Fotografen zu ihm zuschicken.

Das war der erste große Fehler gewesen, den „Girl Talk“ begangen hatte.

Hätten sie gleich jemanden zu ihm geschickt, wäre Camille dieser Bittgang möglicherweise erspart geblieben.

Den zweiten Fehler hatte sie selbst begangen. Als ihr das Projekt „Junggeselle“ übertragen wurde, war sie einem schwerwiegenden Irrtum erlegen. Sie hatte verschiedene Junggesellen aus unterschiedlichen Lebensbereichen ausgewählt und sich erboten, die Männer, die sie für besonders schwierig hielt, persönlich aufzusuchen: den Staranwalt aus Perth, den Baulöwen in Sydney und den Firmenchef in Melbourne.

Die weniger schillernden Kandidaten hatte sie den Neulingen unter den Journalistinnen überlassen: Männer wie den Touristikunternehmer in Tasmanien, den Krokodiljäger im Northern Territory … und den Viehrancher in Queensland.

Und erst kürzlich hatte Camille feststellen müssen, dass der Viehrancher nicht mitspielte. Deshalb hatte sie jetzt die lange Reise von Sydney auf sich nehmen müssen, um dem Problem auf den Grund zu gehen. Nach mehreren falschen Spuren hatte sie ihn endlich, endlich gestellt. Und jetzt hatte sie kaum drei Worte herausgebracht, ehe er ihr wieder entwischt war.

Doch falls Jonno Rivers glaubte, sie würde so schnell aufgeben, konnte er sich auf eine böse Überraschung gefasst machen. Besser gesagt, sogar drei.

Sie war beauftragt worden, ihm klarzumachen, dass er aus der Junggesellenstory jetzt nicht mehr aussteigen konnte. Und auf keinen Fall würde sie zulassen, dass er das Projekt ihrer Zeitschrift oder ihren Job gefährdete.

Er mochte sie nicht zurückgerufen, ihre E-Mails, Faxe und Briefe ignoriert haben. Und er mochte Vorhängeschlösser am Eingangstor seiner Viehranch Edenvale angebracht haben, wie sie am Morgen hatte feststellen müssen, nachdem sie den ganzen weiten Weg hergefahren war.

Sie war über matschige Buschwege geholpert, auf denen der Unterboden ihres kleinen Mietwagens bei jedem Schlagloch geschrammt wurde, um schließlich vor dem verbarrikadierten Tor zu stehen.

Doch von dicken Vorhängeschlössern und rostigen Ketten hatte sie sich nicht abschrecken lassen.

Sie hatte sich auch nicht abwimmeln lassen, als Jonnos Bruder Gabriel sich geweigert hatte, sie mit dem Hubschrauber über das verschlossene Tor hinweg nach Edenvale zu bringen.

Und nachdem sie den berüchtigten, schwer greifbaren Jonathan Rivers jetzt auf diesem Auktionsgelände aufgespürt und endlich persönlich gesprochen hatte, dachte sie nicht daran, sich von Schlamm und Matsch aufhalten zu lassen. Immerhin befanden sich in ihrem Kofferraum kniehohe Stiefel und eine Öljacke.

Während Camille zum Parkplatz zurückhastete, überkam sie beim Anblick der zahlreichen Reiter und mächtigen dreigeschossigen Viehtransporter erneut jenes Gefühl des Fremdseins, das sie seit der Ankunft in Mullinjim verspürt hatte.

Komisch, denn sie hatte sich eigentlich immer als waschechte Australierin gefühlt. Doch dies war ihr erster Vorstoß von Sydney ins Outback, und sie kam sich wie eine Außenseiterin aus einem fremden Land vor.

Während Camille den schlammigen Weg zu den Auktionshöfen zurückstapfte, bemerkte sie erleichtert, dass sie in ihrer Tarnung mit Öljacke und Stiefeln sehr viel weniger Aufmerksamkeit erregte.

Sollte Jonno sich ruhig verstecken. Sie würde ihn finden.

Suchend ließ sie den Blick über die Weiden zwischen den Pferchen voller blökender Rinder gleiten. In allen Gehegen tummelten sich gleich aussehende Viehtreiber in breitkrempigen Akubrahüten, Öljacken und Jeans.

Plötzliches Hufgetrappel veranlasste Camille, sich umzudrehen. Schreckerstarrt blieb sie stehen, als sie eine Viehherde entdeckte, die ein Reiter über den Pfad auf sie zutrieb. Hilfe! Die massigen Tiere waren riesig, und mit ihren mächtigen harten Hufen konnten die Viecher sie mühelos niedertrampeln und zermalmen.

Bisher hatte Camille Kühe immer nur hinter sicheren Zäunen kennen gelernt. Doch jetzt trotteten Dutzende von ihnen brüllend und schnaubend auf sie zu. Einige hatten sogar Hörner! Würde überhaupt noch genug Platz bleiben, dass sie an ihr vorbeiziehen konnten?

Um Himmels willen! Klopfenden Herzens drückte Camille sich ganz dicht an den Zaun des nächsten Pferchs. Dennoch sah ein schwarzes Biest sie beim Näherkommen drohend an. Unwillkürlich hörte sie zu atmen auf und zog den Bauch krampfhaft ein, um sich noch flacher zu machen.

Wie festgenagelt stand sie am Zaun, und ihr schlug das Herz bis zum Hals. Was würden die Mädchen in der Redaktion sagen, wenn sie sie jetzt sehen könnten? Dafür verdiente sie glatt eine Tapferkeitsmedaille für außerordentliche Verdienste um ihren Berufsstand.

STÄDTERIN VON RINDERHERDEZERTRAMPELT …

Die Journalistin Camille Devereaux aus Sydney wurde heute auf dem Viehauktionsgelände von Mullinjim von einer durchgehenden Viehherde niedergetrampelt. Leb wohl, Camille. Auf der Jagd nach einer großen Story für die Zeitschrift „Girl Talk“ hat sie ihr Leben gelassen.

In ihrer Panik steigerte Camille sich immer mehr in ihre Märtyrerrolle hinein und bemerkte erst verspätet, dass die Tiere vorbeitrotteten, ohne sie weiter zu beachten. Der Mann auf dem Pferd nickte ihr im Vorbeireiten kurz zu und trieb die Herde auf eine andere Weide.

Matt ließ Camille sich an den Zaun sinken und atmete aus. Sie lebte. Die Rinder hatten ihr nichts getan, und der Typ auf dem Pferd hatte ihr nur flüchtig zugenickt, als wäre sie durchaus berechtigt, hier zu sein.

Wieso das? Es musste an ihrer Jacke und den Stiefeln liegen. Damit sah sie aus, als gehörte sie hierher. Richtig stolz war Camille jetzt auf sich.

Etwas stieß gegen ihren Ellenbogen, und sie wirbelte herum. Ein mächtiges Rind schnüffelte mit seiner feuchten Nase an ihrem Ärmel. Meine Güte! Der Pferch, an dem sie lehnte, war ebenfalls voller Rinder. Wieder stieg Panik in ihr auf. Doch diesmal brauchte sie sich nicht zu ängstigen. Diese vierbeinigen Kameraden befanden sich sicher im Gehege, nicht draußen.

Einige Augenblicke wartete Camille, bis sie wieder normal atmete, dann wurde ihr bewusst, dass Leute sich für den Pferch zu interessieren begannen, an dem sie lehnte. Ein halbes Dutzend oder mehr Cowboys gesellten sich zu ihr und begutachteten die Tiere über den Zaun hinweg.

Ihr selbst schenkten die Männer kaum einen Blick.

Toll! Die Bestätigung, dass sie wie eine von ihnen wirkte, verlieh Camille neues Selbstvertrauen. Jetzt konnte kein Matsch sie mehr davon abhalten, Jonno Rivers aufzuspüren.

Die Stimmen um sie her wurden lauter und lebhafter, und ein Auktionator rasselte mit dröhnender Stimme Viehpreise herunter. „Einsvierzig, einsvierzig! Einsvierzig zum Ersten!“

Camille kümmerte sich nicht weiter um das Geschehen. Sie suchte die Metalllaufstege oberhalb der Pferche nach Anzeichen von Jonno ab und glaubte, ihn erspäht zu haben. Diesmal würde sie ihn nicht entkommen lassen, bis sie ihre Mission erfüllt hatte.

Ihre Sicht wurde durch eine Gruppe Männer verdeckt, die um den Pferch herumstanden, und sie stellte sich auf die unterste Zaunlatte, um besser sehen zu können. Etwas oberhalb von sich entdeckte sie auf einem Metallsteg einen Mann mit den typischen breiten Schultern, der langsam, fast herausfordernd daherschritt. Ja, es war Jonno.

„Einsfünfundfünzig!“, rief der Auktionator.

Camille hatte keine Ahnung, wie sie zu dem oberen Laufsteg gelangen konnte. Wenn sie Jonno wenigstens auf sich aufmerksam machen könnte … Sie stellte sich auf die Zehenspitzen und winkte.

„Einssechzig zum Ersten!“

Jonno blickte auf etwas direkt hinter ihr. Wieder winkte Camille.

„Einssechzig zum Zweiten!“

Nur kurz blickte sie in die Richtung der dröhnenden Stimme. Der Auktionator stand auf demselben Steg wie Jonno oberhalb von ihr und deutete genau auf sie. Alle Männer um sie her verließen den Pferch und schlenderten weiter zum nächsten.

Ein schrecklicher Verdacht drängte sich Camille auf. Der Mann dachte doch nicht etwa, sie …

„Einssechzig!“, rief der Auktionator und sah sie direkt an. „Und einssechzig zum Dritten! Verkauft für einssechzig!“

„Gratuliere“, sagte jemand neben ihr.

Sie drehte sich um und hatte den rotgesichtigen Mann vor sich, der Jonno für sie geholt hatte.

„Wie bitte?“ Sie atmete tief durch. „Sie gratulieren doch hoffentlich nicht mir?“

Sein gutmütiges Lächeln wurde breiter. „Klar doch. Sie haben gerade ’nen Pferch voll erstklassiger Jungbullen ersteigert.“

„Nein!“ Sie stöhnte auf. „Das darf nicht wahr sein! Sagen Sie, dass das nur ein Scherz ist.“

Der Mann legte die Hand aufs Geländer. „Die ganze Prachtherde hier gehört jetzt Ihnen.“

„Aber ich hatte Jonno Rivers zugewinkt. Ich …“ Hektisch sah Camille sich nach dem Auktionator um, doch der winkte dem Mann an ihrer Seite nur kurz zu und ging zu einem anderen Pferch weiter. „Das ist unmöglich!“, ereiferte Camille sich. „Ich will doch gar nichts kaufen. Wie konnte er nur glauben, ich wollte einen Pferch voller Jungbullen haben?“

„Sie standen neben mir.“

„Was hat das denn damit zu tun?“

„Ich bin Vieh- und Ranchmanager. Da muss Brian gedacht haben, Sie gehörten zu meinen Kunden.“

„Meine Güte!“ Mit bebender Hand fuhr Camille sich über die Stirn. „Gehen Sie, und sagen Sie ihm, da liegt ein Irrtum vor, ja?“

„Sie wollen die Jungbullen nicht?“

„Natürlich nicht.“ Sie warf einen abschätzigen Blick auf die Kälber und stöhnte auf. „Was soll ich damit? Ich wohne in einem Einzimmerapartment in Kings Cross. Der Hof dort ist nicht mal so groß wie der Pferch hier.“

„Sie könnten einen Weidevertrag abschließen.“

Hinter Camille mischte sich eine dunkle Stimme ein. „Belästigt diese Frau dich, Andy?“

Sie wirbelte herum und hatte Jonno Rivers vor sich. Sein Blick war kalt genug, um einen Ozean gefrieren zu lassen. Zwei Ozeane.

„Jonno“, sagte der freundliche Andy. „Du bist genau der Mann, den wir brauchen.“

Dessen war Camille sich gar nicht mehr sicher. Sie hatte genug von diesem verflixten Rancher, seiner arroganten Art und dem stinkenden Vieh. Wütend ballte sie die Hände an den Seiten zu Fäusten und hätte Jonno Rivers am liebsten die Nase eingeschlagen.

„Die junge Dame hier scheint ein kleines Problem zu haben“, erklärte Andy ruhig. „Aber ich bin mir nicht sicher, ob ich ihr helfen kann.“ Er blickte auf die Uhr. „Tut mir Leid, Jonno, muss mit einem Mann über ’nen Ochsen sprechen. Bis später.“ Nach einer kurzen Handbewegung eilte er davon.

Verstört blickte Camille ihm nach, dann wandte sie sich erschöpft wieder Jonno zu. „Wenigstens hatten Sie den Mut herzukommen“, hielt sie ihm vor. „An dem ganzen Schlamassel sind nur Sie schuld. Also müssen Sie die Sache in die Hand nehmen.“

2. KAPITEL

Es dauerte eine Ewigkeit, ehe Jonno reagierte.

Breitbeinig stand er da, die Arme vor der breiten Brust verschränkt, und blickte Camille ohne das geringste Anzeichen von Mitgefühl an. „Ehe Sie mich beschuldigen“, sagte er endlich, „erklären Sie mir bitte erst mal, was eigentlich los ist.“

„Ich habe Ihnen einfach zugewinkt“, erwiderte Camille. „Und …“ Nervös fuhr sie sich mit den Fingern durch die Locken.

„Und?“

„Und anscheinend habe ich die Kühe hier ersteigert.“

Nur kurz blickte er in den Pferch neben ihr. „Das sind Bullen.“

„Kühe, Bullen, was auch immer. Alle haben vier Beine und machen ‚muh‘, und ich will sie nicht.“

Um seine Lippen zuckte es verdächtig, dann seufzte er schwer und blickte auf etwas in der Ferne. „Ich wusste gleich, dass Sie mehr Ärger machen würden als die anderen.“

„Wie bitte?“

Er sah sie wieder an und betrachtete sie kalt. „Dachten Sie, ich würde Sie attraktiver finden, wenn Sie mich mit einem Pferch voll Jungbullen bestechen?“

Fassungslos blickte Camille ihn an. „Sie glauben, ich hätte sie gekauft, um sie als eine Art … Köder zu benutzen, damit ich für Sie interessanter werde?“

Statt zu antworten, nickte er nur leicht.

Die Einbildung dieses Mannes war größer als das Outback. „Denken Sie wirklich, ich sei hinter Ihnen her?“

Er zuckte die Schultern. „Sie laufen mir nach, oder etwa nicht?“

Camille zwang sich, die Fäuste tief in die Taschen zu schieben, um zu verhindern, dass sie etwas Unverzeihliches tat. Im Übrigen war Jonno Rivers viel zu groß, als dass sie es riskiert hätte, ihn anzugreifen. „Säubern Sie sich lieber die Ohren, und hören Sie mir zu, mein Lieber“, sagte sie langsam und laut und, wie sie hoffte, eindrucksvoll drohend. „Ich bin hier, weil Sie Ihre Vereinbarung mit der Zeitschrift ‚Girl Talk‘ nicht eingehalten haben. Ich habe nicht das geringste Interesse daran, mich mit Ihnen zu verabreden.“

Mit einer ausladenden Handbewegung, die den Matsch und das Vieh einschloss, betonte sie: „Glauben Sie allen Ernstes, ich würde hier draußen im Schlamm herumwaten, wenn mir eine andere Wahl geblieben wäre? Das hier ist für mich alles andere als Spaß. Und was Männer betrifft, ich habe in Sydney so viele, wie ich … brauche. Aber der letzte, der wirklich allerletzte Mann, der mir vorschwebt, ist ein Cowboy!“

Um dem noch eins draufzusetzen, fügte sie hinzu: „Außerdem habe ich nicht die leiseste Absicht zu heiraten. Weder jetzt noch irgendwann. Falls Sie die jüngsten Statistiken noch nicht kennen, es gibt eine ganze Generation von Frauen, wie ich es bin, die alles andere als versessen darauf sind, sich auf dem Altar der Ehe zu opfern.“

Zufrieden bemerkte sie, dass Jonno Rivers überrascht zu sein schien. Und zum ersten Mal vermeinte sie, in seinen Augen so etwas wie ein amüsiertes Funkeln zu entdecken.

„Ich glaube Ihnen“, sagte er.

„Halleluja!“ Camille deutete mit dem Kopf auf die Kälber und setzte abschließend hinzu: „Sie dürfen mir auch glauben, dass ich diese Viecher rein zufällig und ohne es zu wollen ersteigert habe. Damit hat der sowieso schon verkorkste Tag sich für mich zur Katastrophe entwickelt.“

Jetzt lächelte der Mann sogar fast. „Haben Sie sie zu einem guten Preis bekommen?“

„Keine Ahnung. Aber das spielt hier auch keine Rolle.“

„Es spielt sogar eine große Rolle. Und auch, ob Sie das Geld besitzen, um sie zu bezahlen.“

„Ich will sie doch gar nicht haben.“ Finster blickte Camille ihn an, dann die Kälber, die lammfromm in ihrem Pferch standen. „Ich habe keine Ahnung, ob ich sie bezahlen kann“, gestand sie. „Wie viel kosten sie denn?“

Jonno zuckte die Schultern. „Fünfzehn Jungbullen … gutes Gewicht. Ich würde sagen, was Sie hier vor sich haben, dürfte um die sechstausend Dollar wert sein.“

„Kommt nicht infrage!“ Sie verzichtete auf die Schimpftirade, die ihr auf der Zunge lag. „Ich spare für eine Reise nach Paris, und das sind praktisch meine gesamten Ersparnisse. Die werde ich doch nicht für einen Pferch Kälber verschleudern.“

Seit einem Jahr hatte sie unbarmherzig gespart und sich nicht einmal neue Klamotten gegönnt. Na ja, kaum. Und jetzt zerplatzten ihre Träume wie Seifenblasen.

All ihre wunderschönen Träume … ihren Vater zu besuchen, den sie zwölf Jahre nicht mehr gesehen hatte, ihre Lieblingsskulpturen im Rodin-Museum und aufregende kleine Cafés in den Gassen des Montmartre zu besuchen, sich auf den Champs-Élysées etwas Schickes, Ausgefallenes zu leisten …

Innerhalb weniger Minuten waren diese Träume verpufft, und ein Albtraum wurde Wirklichkeit: ein Pferch mit fünfzehn Jungbullen im Outback von Queensland.

Verzweifelt wandte sie sich Jonno zu. „Wie komme ich aus der Sache wieder raus?“

Er zuckte nur die Schultern. „Keine Ahnung.“

„Kann ich jemanden verklagen?“

„Der Verkäufer könnte Sie verklagen, wenn Sie nicht bezahlen.“

„Verflixt!“ Camille schloss die Augen und kämpfte gegen die aufsteigende Panik an. Nur nicht den Kopf verlieren. Ruhig nachdenken. Es musste eine Lösung für diese vertrackte Situation geben. Ihr schwirrte der Kopf. „Ich brauche einen Kaffee, um vernünftig nachdenken zu können.“

„Auf dem Gelände gibt’s eine Kantine.“

Sie öffnete die Augen und sah Jonno unsicher an. „Gut. Ich lade Sie zu einem Kaffee ein.“ Als er nicht antwortete, setzte sie hinzu: „Nur zu einem Kaffee. Keine Verabredung. Kein Heiratsantrag. Sie sollen sich mit mir nur an einen Tisch setzen und mir raten, was ich tun soll, während ich einen Kaffee trinke. Wenn Sie in Sydney verzweifelt ein Taxi suchen würden oder sich in Kings Cross verlaufen hätten, würde ich auch versuchen, Ihnen zu helfen.“

Ein, zwei Augenblicke lang blickte er sie seltsam an, dann nickte er zu ihrer Erleichterung. „Zur Kantine geht’s hier entlang.“

Schweigend führte Jonno Camille über schlammige Pfade, die von Pferchen mit brüllenden Bullen gesäumt wurden, bis sie Betonwege und Gebäude erreichten, in denen sich die Verwaltungsbüros der Auktionshöfe befanden. Nachdem sie sich die Stiefel auf einer groben Matte vor dem Eingang abgestreift hatten, stieß Jonno die große gläserne Doppeltür auf.

Im Inneren der Kantine saßen dicht gedrängt hungrige Viehleute und ihre Frauen. Doch wenigstens war es hier warm und sauber. Camille entdeckte eine Theke mit blitzenden Ausschankvorrichtungen, denen Dampf entströmte, und endlich nahm sie auch den Duft von aromatischem Kaffee wahr.