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Der Vertrieb ist eine der wichtigsten Funktionen im Unternehmen. Ein zunehmend komplexes Marktumfeld mit steigender Transparenz und immer anspruchsvolleren Kunden stellen das Vertriebsmanagement vor schwierige Herausforderungen. Zugleich fordert die Unternehmensführung immer mehr Produktivität und Effizienz. Für Controller ergeben sich daraus neue Handlungsfelder. Sie können mehr noch als bisher das Management proaktiv begleiten und unterstützen. Der vorliegende Band liefert dazu einige Ansätze. Ausgehend von den Aufgaben des Vertriebsmanagements werden die wesentlichen Probleme genannt, mit denen sich Vertriebsmanager häufig konfrontiert sehen. Eine empirische Erhebung gibt Auskunft darüber, in welchem Maße sie bisher von den Controllern profitieren. Die Autoren zeigen zudem, an welchen Stellen eine stärkere Führungsunterstützung sinnvoll wäre und welche besondere Rolle Controller dabei spielen können.
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Seitenzahl: 139
Inhalt
Vorwort
1 Vertriebsmanagement – neue Aufgabenfelder für Controller?
Ausgangslage und Relevanz
Das Tätigkeitsspektrum des Vertriebsmanagements
Zusammenfassung
2 Controlling – Führungsunterstützung im Vertrieb
Das Tätigkeitsspektrum des Controllings
Ausprägung und Struktur des Controllings im Vertrieb – eine empirische Studie
Das Zusammenspiel von Vertriebsmanagement und Controlling – Führung und Führungsunterstützung
Zusammenfassung
3 Vertriebsmanagement und Controlling – Managementherausforderungen und Status quo der Führungsunterstützung
Aufgabenfeld Vertriebsstrategie und -organisation
Aufgabenfeld Management und Führung
Aufgabenfeld Informationsmanagement
Zusammenfassung
4 Perspektiven des Vertriebscontrollings – mehr Verantwortung als bisher?
Führungsunterstützung durch Controller – Erfolgswirksamkeit und Determinanten
Neue Aufgabenfelder für Controller – Chancen und Voraussetzungen
Zusammenfassung
5 Zusammenfassung und Ausblick
6 Literaturverzeichnis
In eigener Sache
Prof. Dr. Dr. h.c. Jürgen Weber lehrt Controlling an der WHU – Otto Beisheim School of Management in Vallendar. Seine Devise ist: »Nichts ist so gut für die Praxis wie eine gute Theorie«. Er ist Herausgeber der Zeitschrift für Controlling & Management sowie Autor zahlreicher Fachartikel und Bücher, u. a. der Einführung in das Controlling, und darüber hinaus einer der Gründungspartner der Managementberatung CTcon.
Dipl.-Kfm. Andreas Linnenlücke und Dipl.-Kfm. Christian Krügerke sind wissenschaftliche Mitarbeiter am Institut für Management und Controlling (IMC) an der WHU – Otto Beisheim School of Management.
1. Auflage 2009
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
© 2009 WILEY-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim
Alle Rechte, insbesondere die der Übersetzung in andere Sprachen, vorbehalten. Kein Teil dieses Buches darf ohne schriftliche Genehmigung des Verlages in irgendeiner Form – durch Fotokopie, Mikroverfilmung oder irgendein anderes Verfahren – reproduziert oder in eine von Maschinen, insbesondere von Datenverarbeitungsmaschinen, verwendbare Sprache übertragen oder übersetzt werden. Die Wiedergabe von Warenbezeichnungen, Handelsnamen oder sonstigen Kennzeichen in diesem Buch berechtigt nicht zu der Annahme, dass diese von jedermann frei benutzt werden dürfen. Vielmehr kann es sich auch dann um eingetragene Warenzeichen oder sonstige gesetzlich geschützte Kennzeichen handeln, wenn sie nicht eigens als solche markiert sind.
Printed in the Federal Republic of Germany
Gedruckt auf säurefreiem Papier.
Satz Kühn & Weyh, Freiburg
Druck und Bindung CPI – Ebner & Spiegel
GmbH, Ulm
Umschlaggestaltung init GmbH, Bielefeld
ISBN: 978-3-527-50479-4
mobi ISBN: 978-3-527-66654-6
ePub ISBN: 978-3-527-66655-3
Vorwort
Liebe Leser,
Controller sollen das Management umfassend unterstützen. Das gilt für das Topmanagement ebenso wie für das Management in Geschäfts- oder Funktionsbereichen. Controller haben sich in der Vergangenheit entsprechend spezialisiert. In Geschäftsfeldern und Werken sind sie selbstverständlich geworden, in betrieblichen Funktionsbereichen dagegen noch sehr unterschiedlich vertreten.
Ein solches Funktionscontrolling ist uns in der Schriftenreihe Advanced Controlling nicht fremd: Zwei Bände beschäftigen sich mit Beschaffungscontrolling und mit Logistikcontrolling.
Wie wir aus unserem WHU-Controllerpanel wissen, haben sich Controller in vielen Unternehmen in den letzten Jahren auch auf Vertriebsfragen spezialisiert. Dies wird der hohen Bedeutung dieser Funktion gerecht, die nicht nur in Krisenzeiten eine zentrale Rolle für den Erfolg des Unternehmens spielt. An den Hochschulen steht sie in den Curricula häufig im Schatten des Marketings, was sich auch in der Benennung des Fachs zeigt. In der Praxis sind die Verhältnisse häufig umgekehrt. Der Vertriebsbereich dominiert zumindest von der Zahl der Mitarbeiter her die Marketing-Abteilung deutlich!
Der Vertrieb ist für Controller ein ganz spannender Unternehmensbereich. Gestandene Vertriebler neigen dazu, ihre Profession als Kunst zu sehen, die viel Intuition und Einfühlungsvermögen verlangt. Der Planbarkeit sind danach enge Grenzen gesetzt. Auf der anderen Seite gibt es im Vertrieb auch in hohem Maße das »Standardgeschäft«, das sich für eine Steuerung sehr gut eignet; Ideen, wie wir sie aus der Produktionsplanung und -steuerung kennen, müssen im Vertrieb nicht völlig falsch sein!
Wollen Controller das Management in diesem speziellen Umfeld unterstützen, müssen sie die Spezifika des Vertriebs hinreichend genau kennen. Der Inhalt dieses AC-Bandes soll exakt hierzu beitragen. Zu diesem Zweck verbinden wir konzeptionelle Überlegungen mit empirischer Erfahrung: Wir haben gerade eine großzahlige Erhebung im WHU-Controllerpanel zum Vertriebscontrolling abgeschlossen, deren Ergebnisse in diesen Band einfließen. Sie können also in gewohnter Weise Praxisrelevantes erwarten, das auf einer soliden konzeptionellen und empirischen Basis steht.
Viel Spaß beim Lesen!
Ihr Jürgen Weber
Der Vertrieb ist eine der wichtigsten Funktionen im Unternehmen. Neben Beschaffung, Produktion und Logistik ist er ein zentrales Element im innerbetrieblichen Wertekreislauf und kein Unternehmensbereich ist so nah am Kunden. Schätzungsweise mehr als eine Million Arbeitnehmer sind in Deutschland mit vertrieblichen Tätigkeiten beschäftigt, und für zahlreiche Unternehmen macht der Vertrieb den größten Teil des Marketingbudgets aus (vergleiche Ehrmann 2002, S. 866).
Vertriebsmanager sehen sich dabei mit einigen Herausforderungen konfrontiert. So muss sich beispielsweise der Vertrieb dem Vorwurf aussetzen, im Vergleich zu anderen Funktionsbereichen ein hohes Steigerungspotenzial in Bezug auf die Produktivität aufzuweisen (vergleiche Krafft 2003, S. 500). Gleichzeitig sehen sich Vertriebsmanager einer zunehmenden Komplexität im Marktumfeld gegenüber: Es herrscht ein erhöhter Druck auf Preise, Lebenszyklen der Produkte werden immer kürzer und Kunden äußern immer höhere Ansprüche. Vertriebsmanager sind somit gewissermaßen »Diener zweier Herren«, die gleichzeitig dem Wohl ihrer Kunden, aber auch den Interessen ihres Unternehmens verpflichtet sind. Der Forderung der Unternehmensführung nach mehr Produktivität und Effizienz zu begegnen, ist für Vertriebsmanager vor diesem Hintergrund kein einfaches Unterfangen. Hier setzt der vorliegende Advanced Controlling-Band an. Wir vertreten die These, dass Controller einen sinnvollen Beitrag zur Unterstützung des Vertriebsmanagements leisten können. Durch Übernahme neuer Handlungsfelder können sie mehr noch als bisher das Vertriebsmanagement proaktiv begleiten und einen Beitrag zur Verbesserung der Qualität von Managemententscheidungen leisten.
Gestützt auf diesen gedanklichen Rahmen haben wir eine empirische branchenübergreifende Erhebung durchgeführt, an der sich 191 überwiegend deutsche Unternehmen beteiligt haben. Ziel der Untersuchung war es, zu einer Bestandsaufnahme zu gelangen, inwieweit Vertriebsmanager bereits heute eine systematische Unterstützung erfahren und an welcher Stelle es sinnvoll ist, diese Unterstützung weiter auszuweiten beziehungsweise welche Rolle Controller dabei spielen können.
Der Band gliedert sich wie folgt: Im nachfolgenden Abschnitt wird kurz auf das Tätigkeitsspektrum des Vertriebsmanagements eingegangen und der Bedarf für eine systematische Führungsunterstützung aufgezeigt.
In Kapitel 2 geht es um Controlling im Vertrieb. Wir stellen kurz die wesentlichen Aufgaben vor, zeigen, welche Strukturen eine Controllingfunktion im Vertrieb annimmt, und diskutieren, warum Controller geeignet sind, eine systematische Unterstützung für das Vertriebsmanagement zu leisten.
In Kapitel 3 gehen wir auf die Herausforderungen im Vertriebsmanagement und das Ausmaß der geleisteten Führungsunterstützung ein. Anhand der Aufgabenfelder des Vertriebsmanagements werden die wesentlichen Herausforderungen und Probleme beleuchtet. Die Ergebnisse der empirischen Erhebung zeigen, in welchem Ausmaß bisher eine Unterstützung durch ein Controlling erfolgt.
In Kapitel 4 werfen wir die Frage nach einer Perspektive für ein Vertriebscontrolling auf. Wir zeigen, inwieweit eine intensive Führungsunterstützung die Vertriebsorganisation und das Unternehmen als Ganzes weiter bringt, an welchen Stellen eine stärkere Führungsunterstützung sinnvoll wäre und welche Rolle Controller dabei spielen können.
Der Band schließt mit einer Zusammenfassung und einem Ausblick.
Das Vertriebsmanagement ist für ein breites Feld an Aufgaben verantwortlich. Es gestaltet die Vertriebsstrategie und Vertriebsorganisation, es führt und managt die Vertriebsmannschaft und es ist verantwortlich für das Informationsmanagement. Im Folgenden werden die Aufgaben kurz vorgestellt.
Das Vertriebsmanagement ist verantwortlich für das Setzen von mittelfristigstrategischen Zielen für den Vertrieb und die Entwicklung von Maßnahmen zur Zielerreichung.
Das Vertriebsmanagement gestaltet die Vertriebsorganisation. Dies betrifft die Aufbauorganisation, die territoriale Struktur, die Vertriebskanäle und die Beziehung zu Vertriebspartnern sowie die Ablauforganisation und das Management von Schnittstellen.
Ein weiteres wichtiges Aufgabenfeld betrifft das Management der Kundenbeziehung. Hier geht es zunächst darum, ein systematisches Kundenbeziehungsmanagement zu verankern, das heißt um die systematische Analyse, Planung, Durchführung und Kontrolle sämtlicher auf den Kundenstamm gerichteten Maßnahmen, mit dem Ziel, die Geschäftsbeziehung aufrechtzuerhalten oder intensiver zu pflegen. Im Rahmen dieses Kundenbeziehungsmanagements sind dann segmentspezifische Maßnahmen zu Verkauf und Betreuung zu entwickeln, was Aktivitäten und Entscheidungen in den Bereichen Segmentierung, Priorisierung, sowie Offerten- und Konditionengestaltung betrifft.
Ein weiterer Verantwortungsbereich ist die jährliche Planung, Zielsetzung und Kontrolle. Dazu gehören die Vornahme der operativen Vertriebsplanung, die Erstellung entsprechender Budgets und die Setzung beziehungsweise Vereinbarung von Zielen für die Vertriebseinheiten. Im Rahmen von Kontrolle und Analyse gilt es, den Grad der Zielerreichung zu messen und die Abweichungen zu analysieren.
Hinzu kommen Personalmanagement sowie Motivation und Führung der Mitarbeiter. Wichtige Aufgaben sind die Gewinnung geeigneten Verkaufspersonals und dessen Weiterentwicklung sowie die Setzung von Anreizen. Daneben sind die persönliche Führung und die Gestaltung und Pflege der Führungskultur andere wichtige Hebel zur Motivation und Koordination der Vertriebsmitarbeiter.
Der dritte große Aufgabenbereich des Vertriebsmanagements betrifft die Gestaltung und das Management von Informationssystemen. Hier gilt es sicherzustellen, dass die für eine professionelle Marktbearbeitung benötigten Informationen bereitstehen.
Das Aufgabenfeld des Vertriebsmanagements ist sehr anspruchsvoll. Das lässt sich schon anhand des oben dargestellten, umfangreichen Aufgabenkataloges ablesen: Das Spektrum reicht von Aufgaben strategisch-organisatorischer Art über Aufgaben des Personalmanagements und der Führung bis hin zu »Routineaufgaben« bei Planung und Budgetierung. Neben der Verantwortung für den eigenen Bereich sind Vertriebsmanager noch in Fragen der Unternehmens- und Marketingstrategie eingebunden, etwa wenn es darum geht, wichtige Weichen im Hinblick auf neue Produkte, Märkte, Werbemaßnahmen oder die Preisgestaltung zu stellen.
Darüber hinaus befinden sich Vertriebsmanager in einem Spannungsfeld: Wie bereits erwähnt, sehen viele Umfragen und Analysen im Vertrieb deutliche Potenziale zur Steigerung von Produktivität und Effizienz. Nachdem sich in den letzten Jahren entsprechende Maßnahmen und Projekte primär auf Verwaltung und Produktion gerichtet haben, wird nun auch zunehmend der Ruf nach einer Kostensenkung im Vertrieb laut. Gleichzeitig verlangt das Marktumfeld aber nach mehr Professionalisierung und Flexibilität im Vertrieb. Diese Entwicklung wird durch eine zunehmende Komplexität des Marktumfeldes getrieben, beispielsweise in Form einer erhöhten Markttransparenz, Änderungen im Verbraucherverhalten, kürzeren Produktlebenszyklen und einer »Anspruchsinflation« auf Kundenseite, die dazu führt, dass Kunden »immer mehr« wollen, aber immer weniger dafür zu zahlen bereit sind. Zunehmende Komplexität ergibt sich aber auch aus neuen Methoden der Kundenanalyse und -ansprache, die zur Verfügung stehen – aber auch beherrscht werden wollen.
Insgesamt zeichnet dieses Bild einen »Spagat«, der unter Umständen nicht leicht zu bewerkstelligen ist – gerade für Vertriebsmanager. Denn in vielen Vertriebsorganisationen liegt traditionell ein vom Ideal der Verkäuferpersönlichkeit und von Improvisation dominiertes Verständnis vor. Eine »Macherkultur« dominiert, und systematisches Management wird oft als Pflichtübung empfunden. Hinzu kommen die Profile von Vertriebsmanagern. Auch sie können erschwerend wirken. In der Regel durchlaufen Vertriebsmanager verschiedene Verkäufer-Karrierestufen, bevor ihnen die Verantwortung für bestimmte Funktionen innerhalb der Vertriebsorganisation übertragen wird. Der Aufstieg auf der Karriereleiter hängt dabei überwiegend von der Verkaufsleistung ab. Die Aufgabenprofile eines Vertriebsmanagers und eines Verkäufers unterscheiden sich jedoch erheblich. Als Vertriebsmanager sind weniger gute Verkaufskünste gefragt als vielmehr die Fähigkeit, eine Organisation zu führen und zu entwickeln. Vielen Vertriebsmanagern fällt es schwer, sich von ihrer »Vergangenheit« zu lösen. Stattdessen bringen sie sich häufig noch stark ins Tagesgeschäft ihrer Mitarbeiter ein.
Das Spannungsfeld, in dem sich Vertriebsmanager befinden, macht den Bedarf für eine Funktion zur systematischen, an den Aufgaben des Vertriebsmanagements orientierten Führungsunterstützung deutlich. Das Controlling ist für eine solche Aufgabe grundsätzlich geeignet, wie wir in Kapitel 2 sehen werden.
Der Vertrieb ist eine der wichtigsten und vielfältigsten Funktionen im Unternehmen. Vertriebsmanager tragen Verantwortung für ein breites und anspruchsvolles Feld an Aufgaben, deren Erfüllung durch mehrere Sachverhalte erschwert wird:
Der Vertriebsbereich steht zunehmend im Fokus von Initiativen zur Steigerung von Produktivität und Senkung der Kosten. Vertriebsmanager sehen sich hier mit stärker werdenden Forderungen der Unternehmensleitung nach mehr Effizienz im Vertrieb konfrontiert.
Dem gegenüber steht ein komplexes Marktumfeld mit einer verschärften Wettbewerbssituation und steigenden Kundenerwartungen. Dies erfordert eine weitere Flexibilisierung und Professionalisierung des Vertriebs.
Ein Vertriebscontrolling ist dazu geeignet, das Management in seinen Aufgaben zu begleiten und zu unterstützen. Was die Aufgaben eines Controllings sind und warum dieses das Management sinnvoll ergänzen kann, ist unter anderem Thema des folgenden Kapitels.
In der Literatur wird der Begriff Vertriebscontrolling häufig unter primär funktionalen Aspekten gesehen. Vertriebscontrolling wird dabei als eine führungsunterstützende Funktion für das Vertriebsmanagement verstanden, deren Erfüllung in der Praxis nicht unbedingt durch die Institution Controller, sondern auch durch verschiedene andere Akteure erfolgen kann. In einem sehr kleinen Unternehmen mag sich der Einsatz eines separaten Vertriebscontrollers nicht lohnen, und der Vertriebsmanager oder der Geschäftsführer übernehmen die Funktion des Vertriebscontrollings im Rahmen ihrer Tätigkeit mit. In einem großen Konzern hingegen werden vertriebsspezifische Controllingaufgaben häufig gemeinsam durch das zentrale Controlling, spezialisierte Vertriebscontroller im Vertrieb und andere Instanzen wie zum Beispiel Produktcontroller wahrgenommen.
Vor dem Hintergrund der hohen Bedeutung des Vertriebscontrollings erstaunt der geringe Wissensstand sowohl zu funktionalen wie auch zu institutionalen Aspekten. Die Forschung zum Vertriebscontrolling ist stark fragmentiert und es überwiegen qualitative Fallschilderungen. Großzahlige Untersuchungen sind selten und liefern zumeist nur beschreibende Darstellungen von Praktiken und Instrumenten, ohne Aussagen zu Erfolgsauswirkungen oder Bestimmungsfaktoren zu treffen. Speziell die Beteiligung von Controllern als mögliche Aufgabenträger vertriebsspezifischer Controllinghandlungen stellt ein nahezu »weißes Feld« in der Controllingforschung dar. Zudem lässt der hohe Anteil an branchenspezifischen Beiträgen und qualitativen Fallstudien bisher keine generalisierbaren, übergeordneten Aussagen zum Status quo der Involvierung von Controllern im Vertrieb über den Einzelfall hinaus zu.
Der geringe Erkenntnisstand zum Vertriebscontrolling und die Komplexität von in der Praxis denkbaren Wahrnehmungszusammenhängen haben uns motiviert, eine auf Controller fokussierte empirische Studie durchzuführen. Ziel ist zum einen eine umfassende Bestandsaufnahme der Controllerbeteiligung im Vertrieb und zum anderen die Untersuchung der Bestimmungsfaktoren und möglicher Erfolgsauswirkungen einer Controllerbeteiligung.
Als Tätigkeiten des Vertriebscontrollings werden in der Literatur – weitgehend aus den allgemeinen Controllingaufgaben abgeleitet – vorwiegend die Unterstützung bei Informationsversorgung, Planung, Kontrolle, Koordination und die Wahrnehmung von Beratungsaufgaben für den Vertriebsbereich genannt. Aufbauend auf den unterschiedlichen Controllingkonzeptionen ergeben sich jedoch sehr unterschiedliche Gestaltungsvorschläge und Involvierungsgrade für die konkrete Ausgestaltung des Vertriebscontrollings, die von reiner Informationsdienstleistung bis hin zu betriebswirtschaftlicher Beratung und kritischer Counterpart-Funktion reichen. Der Aufgabenschwerpunkt des Vertriebscontrollings wird dabei zumeist in Aufgaben der Informationsversorgung und Aufgaben der Planungsunterstützung gesehen. So sieht zum Beispiel der Internationale Controller Verein (ICV) die Rolle des Vertriebscontrollings in der Bereitstellung »bedarfsgerechter Steuerungsinformationen und Ergebnistransparenz nach Produkten/Produktgruppen, Kunden/Kundengruppen, Verantwortungsbereichen/Märkten, Sparten/Profitcentern, Vertriebswegen/ -kanälen [sowie] Marken« (Bornmann et al. 2007, S. 5).
Um die Beteiligung von Controllern an vertriebsspezifischen Controllingaufgaben zu untersuchen, müssen in einem ersten Schritt vertriebsspezifische Controllingaufgaben definiert, das heißt ein entsprechender Aufgabenkatalog gebildet werden. Als Grundlage der Bildung eines Aufgabenkataloges vertriebsspezifischer Controlleraufgaben dient die allgemeine Controllingliteratur. Hierbei wurde wesentlich auf die Arbeit von Spatz zurückgegriffen, die sich mit den allgemeinen Aufgaben der Controller beschäftigte (vergleiche Spatz 2008). Aufbauend auf den allgemeinen wurden vertriebsbezogene Controlleraufgaben gebildet, spezifiziert und angepasst. Dazu wurde auch die Arbeit von Kalweit herangezogen, der auf der Grundlage einer Analyse von Stellenanzeigen für Marketing- und Vertriebscontroller als wichtige Aufgaben die Erstellung und Pflege des Berichtswesens, die Unterstützung des Datenmanagements, den Aufbau und die Pflege von Kennzahlensystemen, die Unterstützung der operativen und strategischen Marketing- und Absatzplanung, aber auch Beratungs- und Coachingaufgaben nennt (vergleiche Kalweit 2001). Im Folgenden werden die einzelnen Aufgabenfelder vertriebsspezifischer Controllerunterstützung im Rahmen der Informationsversorgung im Vertrieb, der Vertriebsplanung, der Vertriebskontrolle, der Beratungsleistungen für den Vertrieb und des kritischen Hinterfragens vertrieblicher Entscheidungen kurz vorgestellt.
Im Rahmen der Informationsversorgung gilt es, dem Vertriebsmanagement entscheidungsrelevante und adressatengerecht aufbereitete Informationen für die Steuerung des Vertriebs zu liefern. Vielfach wird die Nützlichkeit von Controllinginformationen zur Entscheidungsunterstützung der Marketing- und Vertriebsleitung betont (vergleiche Cuganesan 2008). Eine wichtige Informationsquelle ist oft das Rechnungswesen. Insbesondere benötigt das Management detaillierte Informationen nach Segmenten wie Produkten, Kunden, Distributionskanälen, Regionen oder Vertriebsmitarbeitern. Controllinginformationen stellen für Entscheidungen des Vertriebsmanagements wie Preis- und Vertriebskanalgestaltung oder die Neuproduktentwicklung eine unverzichtbare Grundlage dar. Einen wichtigen Beitrag leisten in diesem Zusammenhang oft Kennzahlensysteme des Controllings.
Planungsunterstützung ist traditionell eine Kernaufgabe des Controllings. Auch die Marketing- und Vertriebsplanung kann durch das Controlling auf vielfältige Weise unterstützt werden (vergleiche Homburg/Krohmer 2006, S. 1206f.). Im Rahmen der Vertriebsplanung kommt dem Controlling in erster Linie eine systemgestaltende und koordinierende Rolle zu. Die inhaltliche Planung obliegt dem Vertriebsmanagement; die Informationen für den Vertriebsplan werden in erster Line durch das Vertriebsmanagement, den Außendienst oder die Key-Account-Manager geliefert. Wie sehr dem Controlling eine beratende Mitwirkung bei der Erarbeitung von Zielvorgaben und Strategien zugebilligt wird, hängt stark vom konkreten Einzelfall ab. Insbesondere unterstützt das Controlling das Vertriebsmanagement durch die Ausgestaltung des Planungssystems. Das Controlling legt hierbei die Planungsabläufe und -methoden fest, erarbeitet die Planungsrichtlinien, dokumentiert den Planungsprozess und führt die Teilplanungen für die verschiedenen Bereiche zusammen. Auch die Planungstermine behält das Controlling im Auge. Gleichzeitig koordiniert das Controlling die Beschaffung von Informationen für die Planung, unterstützt den Vertrieb bei der Anwendung von Planungstechniken und -methoden und pflegt das Planungshandbuch.